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Document 62007CO0073

Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. September 2007.
Tietosuojavaltuutettu gegen Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Korkein hallinto-oikeus - Finnland.
Vorabentscheidungsersuchen - Antrag auf Zulassung als Streithelfer - Unzulässigkeit.
Rechtssache C-73/07.

Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-07075

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:507

Rechtssache C-73/07

Tietosuojavaltuutettu

gegen

Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus)

„Vorabentscheidungsersuchen – Antrag auf Zulassung als Streithelfer – Unzulässigkeit“

Leitsätze des Beschlusses

Verfahren – Streithilfe – Vorabentscheidungsverfahren

(Art. 234 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 23 und 40)

Der Antrag des Europäischen Datenschutzbeauftragten auf Zulassung als Streithelfer in einer nach Art. 234 EG anhängig gemachten Rechtssache ist unzulässig. Denn das Recht, als Streithelfer vor dem Gerichtshof aufzutreten, ist in Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs geregelt, der dieses Recht natürlichen und juristischen Personen zuerkennt, wenn diese glaubhaft machen, ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits zu haben. Dieser Artikel bestimmt außerdem, dass mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können. Somit gilt dieser Artikel für Streitverfahren vor dem Gerichtshof zur Entscheidung eines Rechtsstreits. Art. 234 EG eröffnet aber kein Streitverfahren zur Entscheidung eines Rechtsstreits, sondern führt ein Verfahren ein, das den nationalen Gerichten, um eine einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und ihnen zu gewährleisten, ermöglichen soll, um eine Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften zu ersuchen, die sie auf die bei ihnen anhängigen Streitsachen anwenden. Daraus folgt, dass ein Beitritt im Vorabentscheidungsverfahren nicht möglich ist.

Da außerdem der Datenschutzbeauftragte in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs nicht ausdrücklich erwähnt wird und im Ausgangsverfahren keine „beteiligte Partei“ im Sinne dieses die Beteiligung am Verfahren in den in Art. 234 EG genannten Fällen regelnden Artikels ist, ist er nicht befugt, beim Gerichtshof Erklärungen zu den Vorabentscheidungsfragen des vorlegenden Gerichts abzugeben.

(vgl. Randnrn. 8-13)







BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

12. September 2007(*)

„Vorabentscheidungsersuchen – Antrag auf Zulassung als Streithelfer – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache C‑73/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 8. Februar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Februar 2007, in dem Verfahren

Tietosuojavaltuutettu

gegen

Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

auf Vorschlag des Berichterstatters E. Levits,

nach Anhörung der Generalanwältin J. Kokott

folgenden

Beschluss

1        Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2007 hat der Europäische Datenschutzbeauftragte (im Folgenden: Datenschutzbeauftragter) beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zugelassen zu werden, um zu den vom Korkein hallinto-oikeus vorgelegten Fragen Erklärungen abzugeben.

2        Dieser Antrag ist auf der Grundlage von Art. 47 Abs. 1 Buchst. i der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8, S. 1) gestellt worden.

3        Der Datenschutzbeauftragte stützt seinen Antrag darauf, dass der Gerichtshof in früheren Beschlüssen das Recht des Datenschutzbeauftragten anerkannt habe, als Streithelfer in beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zugelassen zu werden. Er verweist dazu auf die Beschlüsse vom 17. März 2005, Parlament/Rat (C‑317/04, Slg. 2005, I‑2457) und Parlament/Kommission (C‑318/04, Slg. 2005, I‑2467).

4        In diesen Rechtssachen habe der Gerichtshof den Datenschutzbeauftragten als Streithelfer zugelassen, obwohl dieser nicht in Art. 7 Abs. 1 EG aufgeführt werde und obwohl dieses Recht weder auf die genannte Bestimmung noch auf Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs gestützt werden könne. Der Gerichtshof sei der Auffassung gewesen, dass Art. 47 Abs. 1 Buchst. i der Verordnung Nr. 45/2001 eine hinreichende Rechtsgrundlage darstelle.

5        Aus diesen Beschlüssen ergebe sich auch, dass das Recht des Datenschutzbeauftragten, als Streithelfer zugelassen zu werden, dort seine Grenzen finde, wo die ihm übertragene Aufgabe ende. Wie aus Art. 41 Abs. 2 der Verordnung Nr. 45/2001 hervorgehe, bestehe diese Aufgabe insbesondere darin, die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und die betroffenen Personen bei allen Fragen hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten.

6        Die dem Gerichtshof im Rahmen der vorliegenden Rechtssache vorgelegten Fragen betreffen die Auslegung von Art. 3 Abs. 1, 9 und 17 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31). Nach ihrem Art. 1 soll diese Richtlinie sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gewährleisten.

7        Dem Datenschutzbeauftragten zufolge fällt somit der Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens klar in den Rahmen der ihm übertragenen Aufgabe.

8        Hinsichtlich des Antrags des Datenschutzbeauftragten auf Zulassung als Streithelfer in der vorliegenden Rechtssache ist daran zu erinnern, dass das Recht, als Streithelfer vor dem Gerichtshof aufzutreten, in Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs geregelt ist, der dieses Recht natürlichen und juristischen Personen zuerkennt, wenn diese glaubhaft machen, ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits zu haben. Dieser Artikel bestimmt außerdem, dass mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können. Somit gilt dieser Artikel für Streitverfahren vor dem Gerichtshof zur Entscheidung eines Rechtsstreits (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 30. März 2004, ABNA u. a., C‑453/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 14, vom 25. Mai 2004, Parking Brixen, C‑458/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 5, und vom 9. Juni 2006, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a. [Antrag der französischen Anwaltskammer], C‑305/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7).

9        Art. 234 EG, auf dessen Grundlage die vorliegende Rechtssache anhängig gemacht worden ist, eröffnet kein Streitverfahren zur Entscheidung eines Rechtsstreits, sondern hat ein Verfahren eingeführt, das den nationalen Gerichten, um eine einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und ihnen zu gewährleisten, ermöglichen soll, um eine Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften zu ersuchen, die sie auf die bei ihnen anhängigen Streitsachen anwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 1973, Bollmann, 62/72, Slg. 1973, 269, Randnr. 4, und Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 2. Mai 2006, SGAE, C‑306/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 4, und Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., Randnr. 8).

10      Daraus folgt, dass ein Beitritt im Vorabentscheidungsverfahren nicht möglich ist (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. Juni 1964, Costa, 6/64, Slg. 1964, 1309, und Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., Randnr. 9).

11      In den in Art. 234 EG genannten Fällen wird die Beteiligung am Verfahren durch Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs geregelt, wonach das Recht, beim Gerichtshof Schriftsätze einzureichen oder Stellungnahmen abzugeben, nur den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften sowie gegebenenfalls dem Rat der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament, der Europäischen Zentralbank, den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, der EFTA‑Überwachungsbehörde und Drittstaaten zusteht. Mit dem Ausdruck „beteiligte Parteien“ meint diese Bestimmung nur diejenigen Personen, die in dem Verfahren vor dem nationalen Gericht Parteistellung haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Bollmann, Randnr. 4, und Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs SGAE, Randnr. 5).

12      Da der Datenschutzbeauftragte in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs nicht ausdrücklich erwähnt wird und im Ausgangsverfahren keine „beteiligte Partei“ im Sinne dieses Artikels ist, ist er nicht befugt, beim Gerichtshof Erklärungen zu den Vorabentscheidungsfragen des vorlegenden Gerichts abzugeben.

13      Da dem Antrag des Datenschutzbeauftragten weder auf der Grundlage von Art. 40 noch auf der von Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs stattgegeben werden kann, ist er als unzulässig zurückzuweisen.

Zu den Kosten

14      Da keine Kosten angefallen sind, ist hierüber nicht zu entscheiden.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

beschlossen:

1.      Der Antrag des Europäischen Datenschutzbeauftragten auf Zulassung als Streithelfer wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Über die Kosten ist nicht zu entscheiden.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Finnisch.

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