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Document 62007CJ0141

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 11. September 2008.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Maßnahmen gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung - Schutz der Gesundheit der Bevölkerung - Rechtfertigung - Apotheken - Direktbelieferung von Krankenhäusern mit pharmazeutischen Produkten - Nähe zum betreffenden Krankenhaus.
Rechtssache C-141/07.

Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-06935

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2008:492

Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache C‑141/07

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 9. März 2007,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch B. Schima als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland , vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. April 2008

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

1. Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen hat, indem sie in § 14 Abs. 5 und 6 des Apothekengesetzes in seiner seit dem 21. Juni 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: ApoG) kumulative Anforderungen an einen Arzneimittelversorgungsvertrag stellt, die dazu führen, dass die reguläre Versorgung eines Krankenhauses durch Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland praktisch unmöglich gemacht wird.

Nationales Recht

2. § 14 Abs. 1 bis 6 ApoG enthält die Bestimmungen über die Arzneimittelversorgung der Krankenhäuser.

3. Nach dieser Vorschrift können die Krankenhäuser wählen, ob sie ihre Arzneimittelversorgung einer internen Apotheke, d. h. einer in den Räumen des betreffenden Krankenhauses betriebenen und im Allgemeinen der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Apotheke, oder der Apotheke eines anderen Krankenhauses oder einer Apotheke außerhalb eines Krankenhauses (im Folgenden: externe Apotheke) anvertrauen wollen. Entscheidet sich ein Krankenhaus dafür, sich durch die Apotheke eines anderen Krankenhauses oder über eine externe Apotheke mit Arzneimitteln versorgen zu lassen, muss es mit dieser Apotheke einen Vertrag schließen, der den in § 14 Abs. 4 bis 6 ApoG (im Folgenden: streitige Bestimmungen) aufgeführten Bedingungen unterliegt.

4. § 14 Abs. 1 bis 6 ApoG lautet:

„(1) Dem Träger eines Krankenhauses ist auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke zu erteilen, wenn er

1. die Anstellung eines Apothekers, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3, auch in Verbindung mit Abs. 2 oder 2a, erfüllt, und

2. die für Krankenhausapotheken nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume nachweist.

Der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel zu informieren und zu beraten, insbesondere im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie. Dies gilt auch insoweit, als die ambulante Versorgung berührt ist.

(2) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei der Erteilung eine der nach Absatz 1 Satz 1 erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hat. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 weggefallen ist oder wenn der Erlaubnisinhaber oder eine von ihm beauftragte Person den Bestimmungen dieses Gesetzes, der auf Grund des § 21 erlassenen Rechtsverordnung oder den für die Herstellung von Arzneimitteln oder den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften gröblich oder beharrlich zuwiderhandelt. Entsprechend ist hinsichtlich der Genehmigung nach Absatz 5 Satz 1 und 3 zu verfahren, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 5 Satz 2 nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

(3) Wer als Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke nach Absatz 1 beabsichtigt, ein weiteres, nicht von ihm selbst getragenes Krankenhaus mit Arzneimitteln zu versorgen, hat dazu mit dem Träger dieses Krankenhauses einen schriftlichen Vertrag zu schließen.

(4) Wer als Träger eines Krankenhauses beabsichtigt, das Krankenhaus von dem Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 1 Abs. 2 oder nach den Gesetzen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum versorgen zu lassen, hat mit dem Inhaber dieser Erlaubnis einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Erfüllungsort für die vertraglichen Versorgungsleistungen ist der Sitz des Krankenhauses. Anzuwendendes Recht ist deutsches Recht.

(5) Der nach Absatz 3 oder 4 geschlossene Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Diese Genehmigung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass das Krankenhaus mit einer Apotheke nach Absatz 3 oder 4 einen Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses durch diese Apotheke geschlossen hat, der folgende Voraussetzungen erfüllt:

1. Die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung ist gewährleistet, insbesondere sind die nach der Apothekenbetriebsordnung oder bei Apotheken, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, nach den in diesem Staat geltenden Vorschriften erforderlichen Räume und Einrichtungen sowie das erforderliche Personal vorhanden;

2. die Apotheke liefert dem Krankenhaus die von diesem bestellten Arzneimittel direkt oder im Falle des Versandes im Einklang mit den Anforderungen nach § 11a;

3. die Apotheke stellt Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung;

4. eine persönliche Beratung des Personals des Krankenhauses durch den Leiter der Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder den von ihm beauftragten Apotheker der versorgenden Apotheke erfolgt bedarfsgerecht und im Notfall unverzüglich;

5. die versorgende Apotheke gewährleistet, dass das Personal des Krankenhauses im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie von ihr kontinuierlich beraten wird;

6. der Leiter der versorgenden Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder der von ihm beauftragte Apotheker ist Mitglied der Arzneimittelkommission des Krankenhauses.

Eine Genehmigung der zuständigen Behörde ist auch für die Versorgung eines anderen Krankenhauses durch eine unter derselben Trägerschaft stehende Krankenhausapotheke erforderlich. Für die Erteilung der Genehmigung gilt Satz 2 entsprechend.

(6) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder einer Apotheke nach Absatz 4 oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Arzneimittelvorräte des zu versorgenden Krankenhauses nach Maßgabe der Apothekenbetriebsordnung zu überprüfen und dabei insbesondere auf die einwandfreie Beschaffenheit und ordnungsgemäße Aufbewahrung der Arzneimittel zu achten. …“

Vorverfahren

5. Bis zum 20. Juni 2005 enthielt die ursprüngliche Fassung des Apothekengesetzes eine unter dem Namen „Regionalprinzip“ bekannte Regelung, die den Abschluss von Arzneimittelversorgungsverträgen mit externen Apotheken allein auf diejenigen Apotheken beschränkte, die ihren Sitz in derselben Stadt oder demselben Kreis wie das zu versorgende Krankenhaus hatten. Mit Aufforderungsschreiben vom 11. Juli 2003 und später mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 19. Dezember 2003 stellte die Kommission fest, dass dieser Grundsatz mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere mit den Bestimmungen des EG‑Vertrags über den freien Warenverkehr nicht vereinbar sei.

6. Am 4. November 2004 billigte die deutsche Regierung einen Gesetzentwurf zur Änderung von § 14 ApoG, der den Krankenhäusern ermöglichen sollte, auch getrennte Versorgungsverträge mit verschiedenen Apotheken zu schließen. Der Bundesrat versagte diesem Gesetzentwurf jedoch seine Zustimmung. Daher nahm die deutsche Regierung einige Änderungen an dem genannten Entwurf vor, die am 21. Juni 2005 zum Erlass von § 14 ApoG in seiner in Randnr. 4 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Fassung führten.

7. Die Kommission war der Ansicht, dass die Bundesrepublik Deutschland trotz der in § 14 ApoG vorgenommenen Änderungen die beanstandete Vertragsverletzung immer noch nicht beseitigt habe, und sandte diesem Mitgliedstaat daher am 18. Oktober 2005 ein ergänzendes Aufforderungsschreiben. In diesem stellte sie fest, dass die kumulativen Voraussetzungen, denen der Abschluss eines Arzneimittelversorgungsvertrags nach § 14 ApoG unterliege, der Beibehaltung des „Regionalprinzips“ in versteckter Form gleichkämen, das mit den Bestimmungen des Vertrags über den freien Warenverkehr in Art. 28 EG nicht vereinbar sei.

8. In ihrer Antwort vom 14. Dezember 2005 auf dieses Aufforderungsschreiben äußerte die Bundesrepublik Deutschland Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 28 EG und vertrat die Auffassung, dass jedenfalls die nationalen Rechtsvorschriften im Hinblick auf Art. 30 EG gerechtfertigt seien. Am 10. April 2006 sandte die Kommission diesem Mitgliedstaat eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie an der in dem genannten Aufforderungsschreiben vertretenen Sichtweise festhielt.

9. Am 2. Juni 2006 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission mit, dass auch sie an ihrem Standpunkt hinsichtlich § 14 ApoG festhalte.

10. Daraufhin hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

11. Die Kommission begründet ihre Klage damit, dass die in den streitigen Bestimmungen vorgesehenen kumulativen Anforderungen an den Arzneimittelversorgungsvertrag zwar eine Verkaufsmodalität im Sinne des Urteils vom 24. November 1993, Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, Slg. 1993, I‑6097), darstellten, trotzdem aber in den Anwendungsbereich von Art. 28 EG fielen, weil sie den Marktzugang von Waren aus anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland stärker behinderten als den von inländischen Erzeugnissen.

12. Nach den streitigen Bestimmungen sei die vertragschließende Apotheke zur Erbringung sämtlicher mit der Arzneimittelversorgung zusammenhängender Leistungen verpflichtet. Da einige Leistungen, etwa die Notfallversorgung, nur von einem Apotheker erbracht werden könnten, dessen Apotheke nahe dem zu versorgenden Krankenhaus liege, beschränke sich die Auswahl einer derartigen Apotheke notwendigerweise auf diejenigen in der Nähe dieses Krankenhauses, was auf ein „ungeschriebenes“ Regionalprinzip hinauslaufe. Auf diese Weise werde der Marktzugang von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert als der von inländischen Erzeugnissen.

13. Die genannten Bestimmungen stellten deshalb eine nach Art. 28 EG verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen dar.

14. Die genannten kumulativen Anforderungen könnten außerdem nicht aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt werden. Hierzu stellt die Kommission klar, dass sie nicht das Erfordernis, dass das Krankenhaus nur durch einen Apotheker mit Arzneimitteln versorgt werde, in Frage stelle, sondern lediglich rüge, dass nur ein örtlicher Apotheker einen Versorgungsvertrag mit einem deutschen Krankenhaus abschließen könne.

15. Zur Erforderlichkeit des Abschlusses eines globalen Versorgungsvertrags macht die Kommission geltend, dass eine Trennung der Standardversorgung von der Notfallversorgung die Qualität der Versorgung des betreffenden Krankenhauses nicht beeinträchtige. Außerdem müssten, auch wenn ein Krankenhaus unbestreitbar zur Auswahl seiner Arzneimittel die Beratung durch einen Apotheker, der mit den Bedürfnissen der Einrichtung vertraut sei, benötige, derartige Beratungen nicht notwendig durch denjenigen Apotheker erfolgen, der dieses Krankenhaus in der Folge auch beliefere. Ebenso wenig mindere es die Qualität der Versorgung, wenn ein zweiter Apotheker mit der Überwachung der Arzneimittelvorräte betraut werde. Es sei im Gegenteil ratsam, die Überwachungs- von den Lieferaufgaben zu trennen, um in beiderlei Hinsicht eine optimale Qualität sicherzustellen. Schließlich sei es im Hinblick auf die vorhandenen technischen Kommunikationsmittel nicht erforderlich, die Beratung vor Ort durchzuführen, um einen hohen Qualitätsstandard der Versorgung zu sichern. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gerichtshof in Randnr. 113 des Urteils vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C‑322/01, Slg. 2003, I‑14887, Randnr. 113), eingeräumt habe, dass Arzneimittel an Patienten über das Internet verkauft werden könnten.

16. Die Bundesrepublik Deutschland tritt dem Vorbringen entgegen, dass die streitigen Bestimmungen eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung seien. Diese Bestimmungen erfüllten die vom Gerichtshof im oben genannten Urteil Keck und Mithouard aufgestellten Voraussetzungen für die Nichtanwendbarkeit von Art. 28 EG.

17. Hierzu macht die Bundesrepublik Deutschland zunächst geltend, eine Apotheke, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sei, führe im Allgemeinen keine Arzneimittel mit deutscher Zulassung. Folglich sei der Umstand, dass weniger Arzneimittel aus den übrigen Mitgliedstaaten an deutsche Krankenhäuser geliefert würden, nicht auf die streitigen Bestimmungen zurückzuführen. In diesen Staaten niedergelassene Apotheken hätten außerdem die Möglichkeit, die interne Krankenhausapotheke oder eine externe Apotheke, die die in den streitigen Bestimmungen vorgesehenen Anforderungen erfülle, mit Arzneimitteln zu beliefern, ohne dass sie hierzu zwingend einen Versorgungsvertrag schließen müssten. Art. 28 EG verlange nicht, dass die in einem Mitgliedstaat gelegenen Krankenhäuser von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Apotheken mit Arzneimitteln beliefert werden könnten. Die Bundesrepublik Deutschland macht auch geltend, dass der Verkauf von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten nicht stärker betroffen sei als der Verkauf von Arzneimitteln aus Gegenden Deutschlands, die von dem zu versorgenden Krankenhaus weiter entfernt lägen. Außerdem könne eine außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets niedergelassene Apotheke mit einem deutschen Krankenhaus einen Versorgungsvertrag schließen, wenn sie die genannten Voraussetzungen erfülle.

18. Die Bestimmung der Modalitäten für die Versorgung der Krankenhäuser falle, da es sich um eine gesetzgeberische Grundsatzentscheidung handele, gemäß Art. 152 Abs. 5 EG ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Klage der Kommission, mit der die Feststellung begehrt werde, dass die streitigen Bestimmungen Art. 28 EG widersprächen, sei eine Form, die den Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung gesetzten Grenzen zu umgehen.

19. Hilfsweise trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, dass die genannten Bestimmungen aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung im Sinne von Art. 30 EG gerechtfertigt seien und nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstießen. Denn sie seien geeignet, eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu garantieren, weil die umfassende Versorgung des Krankenhauses mit Arzneimitteln in den Händen eines verantwortlichen Apothekers liege.

20. Hierzu macht der genannte Mitgliedstaat insbesondere geltend, dass die Trennung von Standard- und Notfallversorgung nicht praktikabel und unsachgemäß sei. Außerdem sei eine Trennung zwischen Standardversorgung und Arzneimittelauswahl den Bedürfnissen sämtlicher Dienste des Krankenhauses in der Praxis nicht angemessen und auch nicht wirtschaftlich. Auch die Trennung zwischen den Aufgaben der Standardversorgung und denen, die mit der Qualität und der ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Arzneimittelvorräte zusammenhingen, gewährleiste nicht eine optimale Versorgung. Ein Kontakt zwischen dem Apotheker, der die Arzneimittel liefere, und dem Krankenhauspersonal ermögliche ferner eine Verbesserung der Versorgungssicherheit. Schließlich ermögliche der Grundsatz der Versorgung aus einer Hand eine optimale Synergie zwischen Arzneimittellieferung, Beratung und Überwachung.

Würdigung durch den Gerichtshof

Vorbemerkungen

21. Vorab ist auf das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland einzugehen, wonach die Klage der Kommission, mit der die Feststellung begehrt werde, dass die streitigen Bestimmungen Art. 28 EG widersprächen, eine Form sei, die den Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung gesetzten Grenzen zu umgehen.

22. Zwar geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und aus Art. 152 Abs. 5 EG hervor, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit und insbesondere zum Erlass von Vorschriften zur Regulierung des Arzneimittelverbrauchs im Hinblick auf die Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts ihrer Krankenversicherungssysteme sowie zur Organisation und Erbringung der Dienstleistungen im Gesundheitswesen und der medi zinischen Versorgung unberührt lässt (Urteile vom 7. Februar 1984, Duphar u. a., 238/82, Slg. 1984, 523, Randnr. 16, und vom 16. Mai 2006, Watts, C‑372/04, Slg. 2006, I‑4325, Randnrn. 92 und 146).

23. Jedoch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Bestimmungen des Vertrags über den freien Warenverkehr beachten (vgl. Urteil vom 28. April 1998, Decker, C‑120/95, Slg. 1998, I‑1831, Randnrn. 23 bis 25). Diese Bestimmungen untersagen es den Mitgliedstaaten, ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung dieser Freiheit im Bereich der Gesundheitsversorgung einzuführen oder beizubehalten (vgl. zum freien Dienstleistungsverkehr Urteil Watts, Randnr. 92).

24. Somit ist die vorliegende Klage der Kommission im Rahmen der Erfüllung der ihr insbesondere nach Art. 211 EG obliegenden Aufgabe, für die Anwendung der Bestimmungen des Vertrags Sorge zu tragen, nur im Hinblick auf die Frage zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten in Einklang mit den Vorschriften des Vertrags über den freien Warenverkehr vorgegangen sind.

25. Außerdem sind die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts, das den Bereich der Versorgung der Krankenhäuser mit Arzneimitteln auf Gemeinschaftsebene nicht harmonisiert hat, vorbehaltlich der Beachtung der Vertragsbestimmungen, insbesondere derjenigen über den freien Warenverkehr, weiterhin für den Erlass der entsprechenden Rechtsvorschriften zuständig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 1991, Delattre, C‑369/88, Slg. 1991, I‑1487, Randnr. 48).

26. Somit ist zu prüfen, ob die streitigen Bestimmungen mit den Art. 28 EG und 30 EG vereinbar sind.

Zum Vorliegen eines Hindernisses für den innergemeinschaftlichen Handel

27. Der freie Warenverkehr ist ein elementarer Grundsatz des Vertrags, der in dem in Art. 28 EG niedergelegten Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung seinen Ausdruck gefunden hat (Urteil vom 5. Juni 2007, Rosengren u. a., C‑170/04, Slg. 2007, I‑4071, Randnr. 31).

28. Das in Art. 28 EG aufgestellte Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen erfasst nach ständiger Rechtsprechung jede Regelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. u. a. Urteile vom 11. Juli 1974, Dassonville, 8/74, Slg. 1974, 837, Randnr. 5, Deutscher Apothekerverband, Randnr. 66, Rosengren u. a., Randnr. 32, vom 20. September 2007, Kommission/Niederlande, C‑297/05, Slg. 2007, I‑7467, Randnr. 53, und vom 8. November 2007, Ludwigs-Apotheke, C‑143/06, Slg. 2007, I‑9623, Randnr. 26).

29. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass nationale Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten und die zum einen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und zum anderen den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren, nicht geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne der Dassonville-Rechtsprechung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. in diesem Sinne Urteil Keck und Mithouard, Randnr. 16).

30. Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass § 14 ApoG die Anforderungen definiert, denen die externen Apotheken genügen müssen, wenn sie Krankenhauseinrichtungen in Deutschland mit Arzneimitteln versorgen wollen.

31. Die streitigen Bestimmungen beziehen sich nicht auf Merkmale der Arzneimittel, sondern betreffen lediglich die Modalitäten für deren Verkauf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Dynamic Medien, C‑244/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 31). Folglich beziehen sie sich auf Verkaufsmodalitäten im Sinne des Urteils Keck und Mithouard, was überdies von den Parteien des Rechtsstreits nicht in Abrede gestellt wird.

32. Wie aus dem Urteil Keck und Mithouard hervorgeht, fallen derartige Verkaufsmodalitäten nur dann nicht unter das in Art. 28 EG vorgesehene Verbot, wenn sie die beiden in Randnr. 29 des vorliegenden Urteils aufgeführten Voraussetzungen erfüllen.

33. Zur ersten Voraussetzung ist zu bemerken, dass die streitigen Bestimmungen unterschiedslos für sämtliche betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit in deutschem Hoheitsgebiet ausüben, da sie für alle Apotheken gelten, die deutsche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen möchten, ganz gleich, ob sich ihre Niederlassung in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat befindet.

34. In Bezug auf die zweite Voraussetzung steht fest, dass die streitigen Bestimmungen eine Reihe kumulativer Kriterien aufstellen, die de facto , wie die Bundesrepublik Deutschland im Übrigen ausdrücklich eingeräumt hat, eine gewisse räumliche Nähe zwischen der Apotheke, die die Arzneimittel liefert, und dem Krankenhaus, für das sie bestimmt sind, verlangen.

35. Die streitigen Bestimmungen sind also geeignet, die Versorgung der deutschen Krankenhäuser mit Arzneimitteln für in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland niedergelassene Apotheken schwieriger und kostspieliger als für in Deutschland niedergelassene Apotheken zu gestalten. Abgesehen von den Apotheken, die sich in einer Grenzregion nahe dem betreffenden deutschen Krankenhaus befinden, müssen in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Apotheken, die einen Versorgungsvertrag mit diesem Krankenhaus schließen möchten, entweder ihre Niederlassung in die Nähe des betreffenden Krankenhauses verlegen oder in dessen Nähe eine weitere Apotheke eröffnen.

36. Bezüglich der Arzneimittelversorgung der deutschen Krankenhäuser berühren somit die genannten Bestimmungen die Erzeugnisse, die von in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassenen Apotheken vertrieben werden, nicht in gleicher Weise wie die Erzeugnisse, die von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Apotheken vertrieben werden.

37. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die von der Bundesrepublik Deutschland angeführte Tatsache hinfällig, dass die streitigen Bestimmungen die außerhalb Deutschlands niedergelassenen Apotheken beim Verkauf von Arzneimitteln an deutsche Krankenhäuser nicht gegenüber inländischen Apotheken, deren Niederlassung von dem Krankenhaus, für das die Arzneimittel bestimmt sind, weiter entfernt liegt, benachteiligen.

38. Diese Bestimmungen verlieren nämlich ihren beschränkenden Charakter nicht schon dadurch, dass sie in einem Teilgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, nämlich dem, das von dem zu versorgenden Krankenhaus weiter entfernt ist, den Vertrieb von Arzneimitteln durch in Deutschland niedergelassene Apotheken in gleicher Weise wie den Vertrieb durch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Apotheken beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Januar 2000, TK-Heimdienst, C‑254/98, Slg. 2000, I‑151, Randnr. 28).

39. Ebenso wenig kann geltend gemacht werden, dass der Vertrieb von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten nicht stärker betroffen sei als der Vertrieb von Arzneimitteln aus Gegenden Deutschlands, die von dem zu versorgenden Krankenhaus weiter entfernt lägen. Denn für die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als diskriminierend oder protektionistisch im Sinne der Vorschriften über den freien Warenverkehr ist es nicht erforderlich, dass diese Maßnahme sämtliche inländischen Erzeugnisse begünstigt oder nur eingeführte Erzeugnisse, nicht aber die nationalen Erzeugnisse benachteiligt (Urteile vom 25. Juli 1991, Aragonesa de Publicidad Exterior und Publivía, C‑1/90 und C‑176/90, Slg. 1991, I‑4151, Randnr. 24, und TK-Heimdienst, Randnr. 27).

40. Ebenso wenig relevant ist der von der Bundesrepublik Deutschland angeführte Umstand, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland niedergelassene Apotheke die Möglichkeit hat, Arzneimittel an die interne Krankenhausapotheke oder eine externe Apotheke, die die Voraussetzungen in den streitigen Bestimmungen erfüllt, zu liefern.

41. Wie nämlich der Generalanwalt in Nr. 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, öffnet ein Mitgliedstaat, auch wenn die Gemeinschaftsvorschriften über den freien Warenverkehr nicht verlangen, dass Krankenhäuser in den Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben müssen, sich durch externe Apotheken beliefern zu lassen, in dem Moment, in dem er eine solche Möglichkeit vorsieht, dieses Tätigkeitsfeld für den Markt und ist damit gehalten, die genannten Vorschriften zu beachten.

42. Ebenso wenig vermag das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland durchzudringen, dass die Tatsache, dass weniger Arzneimittel von Apotheken außerhalb Deutschlands an deutsche Krankenhäuser geliefert würden, nicht auf die streitigen Bestimmungen zurückzuführen sei, weil diese Apotheken im Allgemeinen nicht in hinreichender Menge über in Deutschland zugelassene Arzneimittel verfügten.

43. Da nämlich die streitigen Bestimmungen geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern, sind sie als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 28 EG anzusehen, ohne dass nachgewiesen werden müsste, dass sie sich spürbar auf diesen Handel ausgewirkt haben (vgl. Urteil vom 8. Juli 2004, Kommission/Frankreich, C‑166/03, Slg. 2004, I‑6535, Randnr. 15).

44. Aus der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen folgt, dass die streitigen Bestimmungen geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern, und eine nach Art. 28 EG verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung darstellen.

45. Demnach ist zu prüfen, ob die streitigen Bestimmungen aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung, wie sie die Bundesrepublik Deutschland angeführt hat, gerechtfertigt werden können.

Zum Vorliegen einer Rechtfertigung aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung

46. Es ist daran zu erinnern, dass unter den in Art. 30 EG geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den ersten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll (Urteile Deutscher Apothekerverband, Randnr. 103, vom 13. Juli 2004, Kommission/Frankreich, C‑262/02, Slg. 2004, I‑6569, Randnr. 24, Rosengren u. a., Randnr. 39, sowie Ludwigs‑Apotheke, Randnr. 27).

47. Es steht fest, dass die streitigen Bestimmungen, die nach Aussage der Bundesrepublik Deutschland gewährleisten sollen, dass die Arzneimittelversorgung der Krankenhäuser durch eine externe Apotheke sicher und qualitativ hochwertig ist, den in Art. 30 EG anerkannten Belangen des Gesundheitsschutzes Rechnung tragen und somit grundsätzlich eine Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs rechtfertigen können.

48. Jedoch lässt sich eine Regelung, die eine durch den Vertrag gewährleistete Grundfreiheit wie den freien Warenverkehr beschränken kann, nur dann rechtfertigen, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteile vom 8. Mai 2003, ATRAL, C‑14/02, Slg. 2003, I‑4431, Randnr. 64, vom 7. Juni 2007, Kommission/Belgien, C‑254/05, Slg. 2007, I‑4269, Randnr. 33, vom 13. März 2008, Kommission/Belgien, C‑227/06, Randnr. 61, und vom 10. April 2008, Kommission/Portugal, C‑265/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 37).

49. Zur Geeignetheit der streitigen Bestimmungen ist zu bemerken, dass derartige Bestimmungen, soweit sie verlangen, dass sämtliche mit dem Versorgungsvertrag zusammenhängenden Leistungen einem Apotheker in der Nähe übertragen werden, geeignet sind, das Ziel einer sicheren und qualitativ hochwertigen Versorgung der deutschen Krankenhäuser zu erreichen und somit die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, was im Übrigen von der Kommission nicht bestritten wird.

50. Bezüglich der Frage der Erforderlichkeit der genannten Bestimmungen ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 30 EG eine eng auszulegende Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft ist und daher die nationalen Behörden darzutun haben, dass diese Bestimmungen erforderlich sind, um das geltend gemachte Ziel zu erreichen, und dass dieses Ziel nicht durch Verbote oder Beschränkungen erreicht werden kann, die weniger weit gehen oder den innergemeinschaftlichen Handel weniger beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 1994, van der Veldt, C‑17/93, Slg. 1994, I‑3537, Randnr. 15, vom 23. Oktober 1997, Franzén, C‑189/95, Slg. 1997, I‑5909, Randnrn. 75 und 76, vom 28. September 2006, Ahokainen und Leppik, C‑434/04, Slg. 2006, I‑9171, Randnr. 31, sowie Rosengren u. a., Randnr. 50).

51. Nach der in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung beachtet worden ist, zu berücksichtigen, dass der Mitgliedstaat bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da dieses Niveau sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein entsprechender Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2004, Kommission/Niederlande, C‑41/02, Slg. 2004, I‑11375, Randnrn. 46 und 51), so dass der Umstand, dass ein Mitgliedstaat Vorschriften erlässt, die weniger streng sind als die in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen, nicht bedeutet, dass Letztere unverhältnismäßig wären (Urteile vom 13. Juli 2004, Kommission/Frankreich, Randnr. 37, und vom 15. Juli 2004, Schreiber, C‑443/02, Slg. 2004, I‑7275, Randnr. 48).

52. Im vorliegenden Fall können deutsche Krankenhäuser nach § 14 ApoG wählen, ob sie ihre Arzneimittelversorgung einer in den Räumen des Krankenhauses betriebenen Apotheke (im Folgenden: System der internen Versorgung) oder aber der Apotheke eines anderen Krankenhauses bzw. einer externen Apotheke (im Folgenden: System der externen Versorgung) anvertrauen wollen.

53. Im System der internen Versorgung ist der Krankenhausapotheker für sämtliche Leistungen verantwortlich, die mit der Arzneimittelversorgung in Zusammenhang stehen. Da sich seine Apotheke im Krankenhaus befindet, steht er diesem weitgehend und schnell zur Verfügung. Die Kommission hat die verschiedenen Bestandteile dieses Systems nicht kritisiert.

54. Entscheidet sich ein Krankenhaus für das System der externen Versorgung, muss es einen Vertrag mit der Apotheke, für die es sich entschieden hat, schließen; dieser Vertrag unterliegt den in § 14 ApoG vorgesehenen kumulativen Voraussetzungen, die ebenfalls verlangen, dass sämtliche mit dieser Art der Versorgung in Zusammenhang stehenden Leistungen von einem vertragsschließenden Apotheker erbracht werden, der weitgehend und schnell vor Ort zur Verfügung steht.

55. Somit übertragen die streitigen Bestimmungen in Wirklichkeit Anforderungen auf das System der externen Versorgung, die denen entsprechen, die das System der internen Versorgung kennzeichnen.

56. Da der Abschluss des Versorgungsvertrags mit der Apotheke eines anderen Krankenhauses oder mit einer externen Apotheke den streitigen Bestimmungen unterliegt, die die gleichen Voraussetzungen aufstellen, die im Rahmen des Systems der internen Versorgung gelten – dass nämlich zum einen ein Apotheker für die Versorgung mit Arzneimitteln verantwortlich sein muss und zum anderen dieser Apotheker weitgehend und schnell vor Ort zur Verfügung stehen muss –, stellen diese Bestimmungen die Gleichwertigkeit und Vereinbarkeit sämtlicher Bestandteile des Arzneimittelversorgungssystems für die Krankenhäuser in Deutschland sicher und garantieren somit die Einheit und das Gleichgewicht dieses Systems.

57. Daher erweisen sich die streitigen Bestimmungen als erforderlich, um das Ziel zu erreichen, für die Gesundheit der Bevölkerung ein hohes Schutzniveau sicherzustellen, und gehen nicht über das hierzu Erforderliche hinaus.

58. Der Ansatz der Kommission, der es erlaubt, die Erbringung von Leistungen, die mit dem System der externen Versorgung in Zusammenhang stehen, vertragsschließenden Apothekern anzuvertrauen, deren Apotheke nicht in der Nähe des zu versorgenden Krankenhauses liegt, liefe demgegenüber Gefahr, die Einheit und das Gleichgewicht des Arzneimittelversorgungssystems für die Krankenhäuser in Deutschland und somit das hohe Niveau des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu beeinträchtigen, das die Bundesrepublik Deutschland erreichen möchte.

59. Außerdem würde in der Praxis der von der Kommission bevorzugte Ansatz die deutschen Krankenhäuser, die sich dafür entscheiden, sich über externe Apotheken oder Apotheken eines anderen Krankenhauses zu versorgen, dazu zwingen, zur Sicherstellung der verschiedenen mit der Versorgung zusammenhängenden Aufgaben mehrere Apotheken vertraglich zu verpflichten, was, wie der Generalanwalt in Nr. 122 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zusätzliche Kosten als Folge einer derartigen Verpflichtung verursachen würde.

60. Der Gerichtshof hat jedoch, auch wenn rein wirtschaftliche Ziele kein dem fundamentalen Grundsatz des freien Warenverkehrs entgegenstehendes Hindernis zu rechtfertigen vermögen, in Bezug auf die wirtschaftlichen Interessen, die auf die Aufrechterhaltung einer ausgewogenen und allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung gerichtet sind, anerkannt, dass ein derartiges Ziel auch zu den Ausnahmen aus Gründen der Gesundheit der Bevölkerung zählen kann, soweit dieses Ziel zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beiträgt (vgl. entsprechend Urteile vom 28. April 1998, Kohll, C‑158/96, Slg. 1998, I‑1931, Randnr. 50, und vom 19. April 2007, Stamatelaki, C‑444/05, Slg. 2007, I‑3185, Randnr. 31).

61. Die Zahl der Krankenhäuser, ihre geografische Verteilung, ihr Ausbau und die Einrichtungen, über die sie verfügen, oder auch die Art der medizinischen Leistungen, die sie anbieten können, müssen nämlich Gegenstand einer Planung sein, die zum einen in der Regel im betreffenden Mitgliedstaat gewährleisten soll, dass ein ausgewogenes Angebot qualitativ hochwertiger Krankenhausversorgung ständig in ausreichendem Maße zugänglich ist, und die zum anderen von dem Willen getragen wird, die Kosten zu beherrschen und so weit wie möglich jede Vergeudung finanzieller, technischer und menschlicher Ressourcen zu vermeiden (vgl. Urteile vom 12. Juli 2001, Smits und Peerbooms, C‑157/99, Slg. 2001, I‑5473, Randnrn. 76 bis 80, vom 13. Mai 2003, Müller-Fauré und van Riet, C‑385/99, Slg. 2003, I‑4509, Randnrn. 77 bis 80, sowie Watts, Randnrn. 108 und 109).

62. Unter diesen beiden Aspekten erweist sich das Erfordernis, dass einem Apotheker in der Nähe zum Krankenhaus die Verantwortung über sämtliche Aufgaben übertragen wird, die zur Arzneimittelversorgung des betreffenden Krankenhauses gehören, auch nicht als Maßnahme, die über das hinausgeht, was zur Erreichung des von der Bundesrepublik Deutschland verfolgten Ziels, nämlich des Erreichens eines hohen Niveaus des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung, erforderlich ist.

63. Im Hinblick darauf ist festzustellen, dass die streitigen Bestimmungen als aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt anzusehen sind.

64. Somit ist die Klage der Kommission abzuweisen.

Kosten

65. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland beantragt hat, die Kommission entsprechend zu verurteilen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.

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