Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62006TJ0040

    Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 13. September 2010.
    Trioplast Industrier AB gegen Europäische Kommission.
    Wettbewerb - Kartelle - Markt für industrielle Sackverpackungen aus Kunststoff - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird -Dauer der Zuwiderhandlung - Geldbußen - Schwere der Zuwiderhandlung - Mildernde Umstände - Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens - Verhältnismäßigkeit - Gesamtschuldnerische Haftung - Grundsatz der Rechtssicherheit.
    Rechtssache T-40/06.

    Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-04893

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2010:388

    Rechtssache T‑40/06

    Trioplast Industrier AB

    gegen

    Europäische Kommission

    „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Industriesäcke aus Kunststoff – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Verhältnismäßigkeit – Gesamtschuldnerische Haftung – Grundsatz der Rechtssicherheit“

    Leitsätze des Urteils

    1.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Umfang der Beweislast

    (Art. 81 Abs. 1 EG)

    2.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Unternehmen, das im Laufe der Zuwiderhandlung mehrfach veräußert wird – Zeitliche Aufeinanderfolge von mehreren Muttergesellschaften

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)

    3.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 3; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)

    4.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Mitwirkung oder Mitläufertum des Unternehmens – Beurteilungskriterien

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Randnr. 3, erster Gedankenstrich)

    5.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Ermessen der Kommission – Pflicht, sicherzustellen, dass der Betrag der Geldbußen im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Markts des betreffenden Erzeugnisses steht – Fehlen

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 3)

    6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Höchstbetrag – Berechnung – Zu berücksichtigender Umsatz – Geldbuße, die den mit dem betreffenden Produkt erzielten Jahresumsatz übersteigt – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)

    7.      Wettbewerb – Geldbußen – Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung – Festsetzung der Höhe der von dem gesamtschuldnerisch haftenden Unternehmen zu zahlenden Geldbuße – Unternehmen, das im Laufe der Zuwiderhandlung mehrfach veräußert wird – Zeitliche Aufeinanderfolge von mehreren Muttergesellschaften

    (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)

    1.      Die Kommission hat nicht nur das Bestehen eines Kartells, sondern auch dessen Dauer zu beweisen. Soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist.

    In einem Fall, in dem feststeht, dass ein Unternehmen sowohl vor als auch nach einem bestimmten Zeitraum an einer Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, indem es an einer Reihe wettbewerbswidriger Sitzungen teilgenommen hat, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren, kann angenommen werden, dass die Zuwiderhandlung ohne Unterbrechung erfolgte, wenn das Unternehmen zu den in diesem Zeitraum stattfindenden wettbewerbswidrigen Sitzungen eingeladen wurde und sein Fehlen mehrmals entschuldigte.

    (vgl. Randnrn. 41-42, 46-48)

    2.      Im Rahmen der Berechnung des Betrags der wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln verhängten Geldbußen kann der Ansatz der Kommission, für eine Muttergesellschaft denselben Ausgangsbetrag anzusetzen wie für die unmittelbar am Kartell beteiligte Tochtergesellschaft, ohne diesen Betrag bei einer zeitlichen Aufeinanderfolge von mehreren Muttergesellschaften aufzuteilen, für sich genommen nicht als ungeeignet angesehen werden. Die Kommission will mit dieser Berechnungsmethode nämlich erreichen, dass für eine Muttergesellschaft, die im Wege der Zurechnung für eine Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird, derselbe Ausgangsbetrag angesetzt werden kann, als wäre sie selbst unmittelbar am Kartell beteiligt gewesen. Dies steht aber in Einklang mit dem Ziel der Wettbewerbspolitik, und insbesondere mit dem Instrument dieser Politik, das die Geldbußen darstellen, nämlich, das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten.

    Allein daraus, dass die für die aufeinander folgenden Muttergesellschaften festgesetzten Beträge insgesamt den für ihre Tochtergesellschaft festgesetzten Betrag übersteigen, lässt sich nicht schließen, dass diese Berechnungsmethode offensichtlich falsch ist. Denn im Hinblick auf die Anwendung des in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, festgelegten Verfahrens und den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen auf die Umstände des Einzelfalls darf die Kommission, wenn erwiesen ist, dass eine wirtschaftliche Einheit an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, eine der juristischen Personen, die zu dieser Einheit gehört oder gehört hat, sei es die Mutter- oder eine Tochtergesellschaft, für einen höheren Betrag haften lassen als die andere juristische Person oder die anderen juristischen Personen, die diese wirtschaftliche Einheit bilden oder gebildet haben. Somit kann im Fall einer Zuwiderhandlung, die von einer Tochtergesellschaft begangen worden ist, die während der Zuwiderhandlung nacheinander mehreren wirtschaftlichen Einheiten gehört hat, nicht von vornherein angenommen werden, dass es unangemessen wäre, dass die für die Muttergesellschaften festgesetzten Beträge insgesamt höher ausfallen als der Betrag oder die Beträge, die für diese Tochtergesellschaft insgesamt festgesetzt worden sind.

    (vgl. Randnrn. 74, 76)

    3.      Im Rahmen der Berechnung des Betrags der wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln verhängten Geldbußen muss sich die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage zur Zeit ihrer Begehung beziehen. Die insoweit relevanten Gesichtspunkte sind insbesondere die Größe und die Wirtschaftskraft jedes Unternehmens sowie das Ausmaß der von jedem von ihnen begangenen Zuwiderhandlung. Bei der Beurteilung dieser Gesichtspunkte ist zwangsläufig der während der in Rede stehenden Zeit erzielte Umsatz heranzuziehen.

    Das Referenzjahr muss nicht stets das letzte volle Jahr sein, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat.

    Wenn die Kommission im Rahmen der Berechnung der Geldbußen einem individualistischen Ansatz folgt, um die nur als Muttergesellschaften haftenden Adressaten der Entscheidung als unmittelbare Teilnehmer an der Zuwiderhandlung zu behandeln, kann das Referenzjahr nicht ohne Weiteres ein Jahr sein, in dessen Verlauf die durch die Muttergesellschaft und die Tochtergesellschaft gebildete wirtschaftliche Einheit noch nicht bestand.

    (vgl. Randnrn. 91, 93, 95)

    4.      Nach Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, stellt die „ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum“ eines Unternehmens bei der Zuwiderhandlung – sofern erwiesen – einen mildernden Umstand dar. Eine passive Rolle impliziert, dass sich das betroffene Unternehmen nicht hervorgetan hat, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrige(n) Absprache(n) teilgenommen hat.

    Als Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells kann berücksichtigt werden, dass es im Vergleich zu den gewöhnlichen Mitgliedern des Kartells deutlich seltener an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt.

    Zudem bedeutet die Tatsache, dass andere Unternehmen, die an ein und demselben Kartell beteiligt gewesen sind, aktiver gewesen sein mögen als ein bestimmter Teilnehmer, noch nicht, dass dieser ausschließlich passiv mitwirkte oder reiner Mitläufer war. Denn nur seine völlige Passivität könnte berücksichtigt werden und müsste von der Partei, die sich darauf beruft, bewiesen werden.

    (vgl. Randnrn. 106-108)

    5.      Bei der Festlegung der Höhe einer wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln verhängten Geldbuße verfügt die Kommission über ein Ermessen und ist nicht verpflichtet, hierbei eine exakte mathematische Formel anzuwenden. Gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln richtet sich die Höhe der Geldbuße nach der Schwere der Zuwiderhandlung und deren Dauer. Ferner ist dieser Betrag das Ergebnis einer Reihe von zahlenmäßigen Bewertungen, die die Kommission entsprechend den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, vornimmt. Für die Festlegung dieses Betrags sind u. a. verschiedene Umstände maßgeblich, die mit dem individuellen Verhalten des fraglichen Unternehmens zusammenhängen, etwa dem Vorliegen von erschwerenden oder mildernden Umständen.

    Aus diesem rechtlichen Rahmen lässt sich nicht ableiten, dass die Kommission sicherstellen müsste, dass der Gesamtbetrag der solchermaßen errechneten und gegen die Kartellteilnehmer verhängten Geldbußen im Verhältnis zum Marktvolumen des betreffenden Erzeugnisses in einem bestimmten Jahr der Zuwiderhandlung steht, wenn die Zuwiderhandlung mehr als 20 Jahre angedauert hat und die Höhe der Geldbußen auch von anderen Umständen abhängt, die mit dem individuellen Verhalten der betroffenen Unternehmen zusammenhängen.

    (vgl. Randnrn. 141-142)

    6.      Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln soll verhindern, dass Geldbußen unverhältnismäßig sind. In einem Fall, in dem die endgültige Geldbuße die Umsatz-Obergrenze von 10 % nicht übersteigt, kann sie nicht deswegen als unverhältnismäßig angesehen werden, weil die Geldbußen insgesamt das Gesamtvolumen des relevanten Markts oder die Geldbuße den mit dem betreffenden Produkt erzielten Jahresumsatz eines Unternehmens übersteigen. Die Umsatz-Obergrenze von 10 % ist anzuwenden, ohne dass die besondere Rolle eines Unternehmens in dem Kartell berücksichtigt werden müsste.

    Was den Vergleich zwischen den Unternehmen angeht, die Adressaten einer Bußgeldentscheidung sind, kann eine unterschiedliche Behandlung die unmittelbare Folge der in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegten Obergrenze für Geldbußen sein, die offensichtlich nur für die Fälle gilt, in denen die vorgesehene Geldbuße 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens überschreiten würde. Eine solche unterschiedliche Behandlung kann keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung darstellen.

    (vgl. Randnrn. 144, 147)

    7.      Bei dem Grundsatz der Rechtssicherheit handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der insbesondere verlangt, dass jede Maßnahme der Organe der Union, insbesondere wenn sie Sanktionen verhängt oder die Verhängung gestattet, klar und bestimmt ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen können.

    Wenn eine Muttergesellschaft und eine Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden oder gebildet haben, die an einem Kartell beteiligt gewesen ist, kann die Kommission diese Gesellschaften als Gesamtschuldner für die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verantwortlich machen.

    In dem Fall einer Tochtergesellschaft, die nacheinander verschiedenen Muttergesellschaften gehört hat, steht nichts dem entgegen, dass die Kommission die verschiedenen Muttergesellschaften als Gesamtschuldner für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft festgesetzten Geldbuße verantwortlich macht. Dagegen hängt bei einer Entscheidung, die der Kommission bei der Beitreibung der Geldbuße bei der einen oder anderen der betreffenden juristischen Personen alle Freiheiten lässt, und in Anwendung derer die Kommission folglich die Geldbuße nach ihrer Wahl ganz oder zu einem Teil bei der Tochtergesellschaft oder bei einer oder allen Muttergesellschaften beitreiben kann, die die Tochtergesellschaft nacheinander kontrolliert haben, bis sie vollständig befriedigt ist, der tatsächlich bei der einen der Muttergesellschaften beigetriebene Betrag von den bei den anderen beigetriebenen Beträgen ab, ohne dass dies in irgendeiner Weise mit dem abschreckenden Charakter der Geldbußen gerechtfertigt werden könnte. Da aber diese aufeinander folgenden Muttergesellschaften zu keinem Zeitpunkt zusammen eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben, haften sie in keiner Weise untereinander gesamtschuldnerisch. Nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen darf der tatsächlich von einer der Muttergesellschaften gezahlte Betrag deren Anteil an der gesamtschuldnerischen Haftung nicht übersteigen. Eine Entscheidung, in der der auf die Muttergesellschaften entfallende Anteil nicht angegeben wird und die der Kommission bei der Umsetzung der jeweiligen gesamtschuldnerischen Haftung der einzelnen aufeinander folgenden Muttergesellschaften, die zu keinem Zeitpunkt zusammen eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben, eine umfassende Freiheit einräumt, ist mit der aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgenden Verpflichtung der Kommission nicht vereinbar, es diesen Gesellschaften zu ermöglichen, unzweideutig zu erkennen, welchen genauen Betrag sie für den Zeitraum, für den sie zusammen mit der Tochtergesellschaft gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich sind, zu zahlen haben. Eine solche Entscheidung verstößt sowohl gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit als auch gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen.

    (vgl. Randnrn. 161, 163-167, 169-170)







    URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

    13. September 2010(*)

    „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Industriesäcke aus Kunststoff – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Verhältnismäßigkeit – Gesamtschuldnerische Haftung – Grundsatz der Rechtssicherheit“

    In der Rechtssache T‑40/06

    Trioplast Industrier AB mit Sitz in Smålandsstenar (Schweden), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Pettersson und O. Larsson,

    Klägerin,

    gegen

    Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Castillo de la Torre, P. Hellström und V. Bottka, dann durch F. Castillo de la Torre, L. Parpala und V. Bottka als Bevollmächtigte,

    Beklagte,

    wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/38354 – Industriesäcke) betreffend ein Kartell auf dem Markt für Industriesäcke aus Kunststoff sowie, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße

    erlässt

    DAS GERICHT (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij (Berichterstatter) sowie der Richter V. Vadapalas und L. Truchot,

    Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2010

    folgendes

    Urteil

     Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1        Die Klägerin, die Trioplast Industrier AB, ist die Muttergesellschaft der Trioplast-Gruppe. Adressatin der mit der vorliegenden Klage angefochtenen Entscheidung ist sie in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft der Trioplast Wittenheim SA mit Sitz in Wittenheim (Frankreich), die Industriesäcke, Folien und Schlauchfolien herstellt.

    2        Die Klägerin erwarb Trioplast Wittenheim, damals Silvallac, 1999 über ihre Tochtergesellschaft Trioplanex France SA von der Nyborg Plast International A/S, einer Gesellschaft dänischen Rechts, die später in FLS Plast A/S umbenannt wurde. Diese Veräußerung erfolgte am 19. Januar 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1999.

    3        FLS Plast ihrerseits hatte im Dezember 1990 60 % der Aktien der Trioplast Wittenheim sowie im Dezember 1991 die restlichen 40 % von der La Cellulose du Pin SA, einem Unternehmen der Compagnie de Saint-Gobain SA Gruppe, erworben.

     Verwaltungsverfahren

    4        Im November 2001 unterrichtete die British Polythene Industries PLC die Kommission von der Existenz eines Kartells im Sektor Industriesäcke (im Folgenden: Kartell). Sie bekundete ihren Wunsch nach Zusammenarbeit im Rahmen der Bestimmungen der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit).

    5        Am 26. und 27. Juni 2002 nahm die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), bei dreizehn Unternehmen Nachprüfungen vor. Eines dieser Unternehmen war Trioplast Wittenheim.

    6        Die Kommission richtete vom 14. November 2002 bis zum 21. Februar 2003 gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an mehrere Unternehmen Auskunftsverlangen, u. a. an Trioplast Wittenheim.

    7        Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002, ergänzt mit Schreiben vom 16. Januar 2003, teilte Trioplast Wittenheim mit, dass auch sie bei der Untersuchung im Rahmen der Mitteilung über die Zusammenarbeit mit der Kommission zusammenarbeiten wolle, und machte schriftliche Angaben.

    8        Am 4. August 2003 forderte die Kommission Trioplast Wittenheim und die anderen betroffenen Unternehmen auf, ihre Angaben zu ergänzen.

    9        Am 29. April 2004 leitete die Kommission das Verwaltungsverfahren ein und erließ gegen mehrere Unternehmen, u. a. gegen die Klägerin und Trioplast Wittenheim, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Vom 26. bis zum 28. Juli 2004 fand eine Anhörung statt.

     Angefochtene Entscheidung

    10      Am 30. November 2005 erließ die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) die Entscheidung K(2005) 4634 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/38354 – Industriesäcke), die in einer Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 26. Oktober 2007 (ABl. L 282, S. 41) veröffentlicht wurde. Die angefochtene Entscheidung ist u. a. an Trioplast Wittenheim, an deren Beteiligung an der Zuwiderhandlung nach Auffassung der Kommission kein Zweifel bestehen kann, sowie an die Klägerin gerichtet, die nach den Feststellungen der Kommission zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörte, die von 1999 bis 2002 für die Zuwiderhandlung verantwortlich war. Die angefochtene Entscheidung ist auch an die FLS Plast und FLSmidth & Co. A/S (im Folgenden: FLSmidth), die Holdinggesellschaft der FLS-Gruppe, ehemals FLS Industries A/S, gerichtet. Diese Unternehmen sollen von 1990 bis 1999 mit Trioplast Wittenheim eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben.

    11      Die Kommission stellt in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in den Erwägungsgründen 417 bis 548, fest, dass sich mehrere Unternehmen unter Verstoß gegen Art. 81 EG an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hätten, die sich auf Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich und Luxemburg erstreckt hätten. Nach den Erwägungsgründen 549 bis 576 der angefochtenen Entscheidung fand die Zuwiderhandlung von Januar 1982 bis Juni 2002 statt, wobei die einzelnen Unternehmen jeweils unterschiedlich lange beteiligt waren.

    12      Nach den Erwägungsgründen 3 bis 14 der angefochtenen Entscheidung besteht der für die Entscheidung relevante Produktmarkt aus industriellen Sackverpackungen aus Kunststoff, die sich zur Verpackung von Grund- bzw. Rohstoffen, Düngemitteln, Polymeren, Baustoffen, Agrar- und Gartenbauerzeugnissen sowie von Tierfutter eignen. Diese Säcke, die aus demselben Rohstoff, nämlich Polyethylen, aber im Wege verschiedener Verfahren hergestellt werden, lassen sich nach der angefochtenen Entscheidung in vier Kategorien einteilen: offene Säcke, Ventilsäcke, FFS-Schlauchfolien („form, fill and seal“, d. h. thermisches Formen, Füllen und dichtes Verschließen) und Blockbeutel. Nach Auffassung der Kommission bildeten diese Sackarten, auch wenn sie sich in einzelnen Punkten voneinander unterscheiden mochten, ein relativ homogenes Ganzes.

    13      Nach den Erwägungsgründen 165 bis 186 der angefochtenen Entscheidung funktionierte das Kartell grob gesehen auf zwei Ebenen, nämlich auf

    –        der globalen Ebene der Association européenne des fabricants de sacs à valve en matière plastique (Europäischer Verband der Hersteller von Kunststoffventilsäcken, im Folgenden: Valveplast) und deren funktionellen Untergruppen, u. a. der Untergruppe „Blockbeutel“, und

    –        der Ebene der regionalen Untergruppen, die teils im Rahmen von Valveplast, teils davon unabhängig agierten, nämlich der Untergruppe „Benelux“, der Untergruppe „Belgien“, der Untergruppe „Deutschland“, der Untergruppe „Frankreich“ und der Gruppe „Teppema“ (von den niederländischen Herstellern von offenen Säcken gegründete Organisation, die hauptsächlich den niederländischen Markt und punktuell den belgischen Markt betraf).

    14      Nach den Erwägungsgründen 187 bis 416 der angefochtenen Entscheidung nahmen die wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und Verhaltensweisen folgende Formen an:

    –        regelmäßiger systematischer Austausch nicht anonymer Informationen über Absatz und Marktanteil aller Mitglieder der einzelnen Gruppen und Untergruppen;

    –        Gesamtsystem der Festsetzung und Kontrolle von Absatzquoten nach geografischen Gebieten und innerhalb dieser nach Unternehmen;

    –        gemeinsame Modelle zur Berechnung der Verkaufspreise für Abnehmer;

    –        Einrichtung eines Koordinatorensystems für große Abnehmer auf Ebene der Gruppen und der Untergruppen;

    –        Sanktionsmechanismus bei Überschreiten der Quote oder Nichteinhaltung der festgesetzten Preise;

    –        Abstimmung und Vereinbarung von Preisen und Liefermengen für einzelne Abnehmer und

    –        gegenseitige Zuteilung von Aufträgen und abgestimmte Einreichung von Angeboten und Scheinangeboten.

    15      Nach den Erwägungsgründen 443 und 459 der angefochtenen Entscheidung bewertete die Kommission das Verhalten sämtlicher Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist – mit Ausnahme von Stempher – und die alle in unterschiedlichem Ausmaß an den Sitzungen von Valveplast und/oder den Treffen einer oder mehrerer Untergruppen teilgenommen hätten, als einzigen und fortdauernden Verstoß.

    16      Im Erwägungsgrund 765 wertet die Kommission die Zuwiderhandlung als sehr schwerwiegend und kommt zu dem Ergebnis, auch wenn die konkreten Auswirkungen aller in Rede stehenden Kartellvorkehrungen nicht mit Genauigkeit messbar seien, könne dennoch festgestellt werden, dass diese tatsächlich umgesetzt worden seien und sich deshalb zwangsläufig auf den Markt ausgewirkt hätten.

    17      Sodann teilt die Kommission in den Erwägungsgründen 766 bis 777 der angefochtenen Entscheidung die betroffenen Unternehmen nach ihrem jeweiligen Gewicht auf dem relevanten Markt auf der Grundlage des jeweiligen Marktanteils für das relevante Produkt im Jahr 1996 in dem relevanten Gebiet in sechs Kategorien ein. Auf dieser Grundlage setzte die Kommission Ausgangsbeträge der Geldbußen von 5,5 bis 35 Mio. Euro fest. Den Ausgangsbetrag der Geldbuße von Trioplast Wittenheim setzte die Kommission ausgehend von einem Marktanteil dieses Unternehmens im Jahr 1996 von 2,8 % auf 8,5 Mio. Euro (fünfte Kategorie) fest. Da die Klägerin sowie FLS Plast und FLSmidth als Muttergesellschaften von Trioplast Wittenheim beteiligt waren, wurde bei ihnen derselbe Ausgangsbetrag angesetzt.

    18      Nach den Erwägungsgründen 779 bis 783 der angefochtenen Entscheidung wurden die Ausgangsbeträge der Geldbußen für jedes volle Jahr der Zuwiderhandlung um 10 % und für jeden zusätzlichen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten, aber weniger als einem Jahr, um 5 % erhöht. So wurde der Ausgangsbetrag der Geldbuße bei Trioplast Wittenheim entsprechend einer Dauer der Zuwiderhandlung von 20 Jahren und 5 Monaten um 200 % erhöht, so dass sich ein Grundbetrag der Geldbuße von 25,50 Mio. Euro ergab. Bei FLS Plast (und FLSmidth) und der Klägerin wurden die Ausgangsbeträge der Geldbußen um 80 % bzw. 30 % erhöht, so dass sich für FLS Plast und FLSmidth ein Grundbetrag der Geldbuße von 15,30 Mio. Euro und für die Klägerin von 11,05 Mio. Euro ergab.

    19      Wie aus den Erwägungsgründen 802 und 812 bis 822 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, wurden die Grundbeträge der gegen Trioplast Wittenheim und ihre Muttergesellschaften festgesetzten Geldbußen wegen erschwerender oder mildernder Umstände oder in Anwendung der Regel gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, mit der die Obergrenze der Geldbuße auf 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens festgesetzt wird (im Folgenden: Obergrenze von 10 % des Umsatzes), weder erhöht noch herabgesetzt. Allerdings wandte die Kommission Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit an, um die Zusammenarbeit von Trioplast Wittenheim zu berücksichtigen. Im Erwägungsgrund 841 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, dass Trioplast Wittenheim und die Klägerin wegen dieser Zusammenarbeit Anspruch auf Herabsetzung der Geldbuße um 30 % hätten. Hingegen sind die Grundbeträge von FLS Plast und FLSmidth nicht aufgrund dieser Regelung herabgesetzt worden.

    20      Folglich wurde der Endbetrag der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße auf 17,85 Mio. Euro festgesetzt. Von diesem Betrag haften FLS Plast und FLSmidth gesamtschuldnerisch für 15,30 Mio. Euro. Die Klägerin haftet gesamtschuldnerisch für 7,73 Mio. Euro.

    21      Schließlich enthält der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung u. a. folgende Bestimmungen:

    „Artikel 1

    (1)      Die nachstehenden Unternehmen haben durch ihre Mitwirkung an einem System aus Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Industriesacksektor in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden, zur Festsetzung von Preisen, Erarbeitung gemeinsamer Preisberechnungsmethoden, Aufteilung von Märkten, Zuweisung von Verkaufskontingenten, Kunden und Aufträgen, Abstimmungen von Angeboten auf Ausschreibungen und zum Austausch sensibler Informationen über einzelne Verkäufe gegen Artikel 81 EG-Vertrag verstoßen:

    g)      Trioplast Wittenheim … vom 6. Januar 1982 bis 26. Juni 2002 und [die Klägerin] vom 21. Januar 1999 bis 26. Juni 2002;

    h)      FLS Plast … und FLSmidth … vom 31. Dezember 1990 bis 19. Januar 1999;

    Artikel 2

    Für die in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen werden folgende Geldbußen festgesetzt:

    f)      Trioplast Wittenheim …: 17,85 Mio. EUR. Davon entfallen auf FLSmidth … und FLS Plast … gesamtschuldnerisch 15,30 Millionen Euro sowie auf [die Klägerin] gesamtschuldnerisch ein Betrag von 7,73 Millionen Euro.

    Artikel 3

    Die in Artikel 1 genannten Unternehmen haben die betreffende Zuwiderhandlung unverzüglich einzustellen, falls dies noch nicht erfolgt ist.

    Sie sehen künftig von der Wiederholung der in Artikel 1 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen und Verhaltensweisen ab, die denselben oder einen ähnlichen Zweck oder dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.

    …“

     Verfahren und Anträge der Parteien

    22      Mit Klageschrift, die am 9. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

    23      Die Klägerin beantragt:

    –        Art. 1 Abs. 1 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung insoweit teilweise für nichtig zu erklären, als es um den Zeitraum geht, für den ihr eine Zuwiderhandlung zur Last gelegt wird;

    –        Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung insoweit teilweise für nichtig zu erklären, als es um den Betrag der gegen sie festgesetzten Geldbuße geht, hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen;

    –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    24      Die Kommission beantragt:

    –        die Klage abzuweisen;

    –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

    25      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

    26      Mit Beschluss vom 15. Juni 2010 hat der Präsident der Sechsten Kammer die vorliegende Rechtssache und die Rechtssache T‑26/06 (Trioplast Wittenheim/Kommission) nach Anhörung der Parteien gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden.

    27      Die Parteien haben in der Sitzung vom 30. Juni 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

     Rechtliche Würdigung

    28      Die Klägerin stützt ihre Anträge auf sechs Klagegründe.

    29      Der erste Klagegrund betrifft die Rechtmäßigkeit von Art. 1 Abs. 1 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung und die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Geldbuße der Klägerin durch die Kommission. Die Klägerin bestreitet mit dem dritten Teil dieses Klagegrundes die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, da diese die Dauer der von ihr begangenen Zuwiderhandlung nicht richtig festgesetzt habe. Der erste und der zweite Teil dieses ersten Klagegrundes betreffen die Rechtmäßigkeit der von der Kommission bei der Berechnung der Geldbuße angewandten Methode bzw. die Rechtmäßigkeit der Bemessung der Schwere der Zuwiderhandlung, insbesondere im Hinblick auf die Wahl des Referenzjahrs. Folglich ist zunächst der dritte Teil des ersten Klagegrundes zu prüfen und dann dessen erster und zweiter Teil.

    30      Die übrigen fünf Klagegründe zielen auf die Nichtigerklärung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung ab, soweit dieser die Höhe der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße betrifft. Mit dem zweiten Klagegrund bestreitet die Klägerin die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission, ihr keine mildernden Umstände zuzubilligen. Mit dem dritten Klagegrund wird die Nichtbeachtung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes gerügt. Mit dem vierten Klagegrund soll dargetan werden, dass die Kommission die Zusammenarbeit der Klägerin im Rahmen der Mitteilung über die Zusammenarbeit nicht richtig beurteilt habe. Mit dem fünften Klagegrund wird geltend gemacht, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen. Mit dem sechsten Klagegrund wird schließlich gerügt, die Kommission habe bei der Bestimmung der gesamtschuldnerischen Haftung der Klägerin gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit verstoßen.

    31      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den dritten Klagegrund fallengelassen. Dieser ist folglich nicht mehr zu prüfen.

    1.     Die Anträge auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

     Der erste Klagegrund: Fehler bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung und der Festsetzung der Höhe der Geldbuße

     Der dritte Teil des ersten Klagegrundes: Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung

    –       Vorbringen der Parteien

    32      Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Kommission, die von Trioplast Wittenheim begangene Zuwiderhandlung habe 20 Jahre und 5 Monate gedauert, nämlich von Januar 1982 bis Juni 2002. Sie vertritt die Auffassung, die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei entsprechend den von ihr im Hinblick auf die Beteiligung von Trioplast Wittenheim an der Zuwiderhandlung behaupteten Tatsachen herabzusetzen.

    33      Die Klägerin behauptet zunächst, die Beteiligung von Trioplast Wittenheim an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen habe mit der Sitzung von Valveplast am 23. März 1999 geendet. Die Zuwiderhandlung von Trioplast Wittenheim habe mithin 17 Jahre und 2 Monate gedauert; der Zeitraum, für den sie gesamtschuldnerisch hafte, reiche vom 21. Januar bis zum 23. März 1999. Sie habe von den in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen nämlich zum ersten Mal auf der Sitzung vom 23. März 1999, wenige Wochen nach ihrem Erwerb der Trioplast Wittenheim, erfahren. Herr B., Mitglied ihrer Geschäftsführung, der der neue Präsident des Verwaltungsrats von Trioplast Wittenheim geworden sei und dieses Unternehmen vertreten habe, habe sich an den rechtswidrigen Besprechungen nicht beteiligt. Sie habe dann in einer internen Richtlinie ihre Mitarbeiter angewiesen, die Zuwiderhandlung zu beenden.

    34      Trioplast Wittenheim habe 2001 zwar an drei Sitzungen von Valveplast teilgenommen; bei diesen Sitzungen seien bei Valveplast aber Verbandsgespräche über zwei für rechtmäßig gehaltene Vorhaben geführt worden, nämlich zum einen über eine Methode für die Berechnung der Preise für FFS-Schlauchfolien zur Erleichterung des Übergangs zu dünneren Folien und zum anderen über die festzulegenden Parameter für Versteigerungen im Internet. Soweit sich der wettbewerbswidrige Charakter der Gespräche herausgestellt habe, habe Trioplast Wittenheim dem keine Bedeutung beigemessen. Trioplast Wittenheim habe somit nicht das Ziel verfolgt, einen eigenen Vorteil aus dem Kartell zu ziehen.

    35      Für den Fall, dass Trioplast Wittenheim nach Auffassung des Gerichts dadurch an der Zuwiderhandlung mitgewirkt habe, dass sie an den drei Sitzungen von Valveplast im Jahr 2001 teilgenommen habe, macht die Klägerin weiter geltend, dass sich Trioplast Wittenheim vom 23. März 1999 bis zum 27. März 2001 vom Kartell zurückgezogen habe und ihre Beteiligung an dem Kartell spätestens im Juli 2001 beendet habe. In diesem Fall hätte die Zuwiderhandlung von Trioplast Wittenheim höchstens 17 Jahre und 6 Monate gedauert.

    36      Zur fehlenden Beteiligung ihres Tochterunternehmens an dem Kartell von 1999 bis 2001 macht die Klägerin geltend, dass Trioplast Wittenheim in diesem Zeitraum das Ziel verfolgt habe, die von den früheren Eigentümern oder der früheren Geschäftsführung begonnene rechtswidrige Zusammenarbeit zu beenden, selbständig und marktkonform zu agieren und somit ihren Umsatz und ihren Marktanteil zu steigern sowie bei ihrem geschäftlichen Verhalten die im Zusammenhang mit den in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen erlangten Informationen nicht zu berücksichtigen.

    37      Schließlich macht die Klägerin zum endgültigen Rückzug von Valveplast geltend, dass Trioplast Wittenheim nach der Sitzung vom 12. Juli 2001 an keinen weiteren Sitzungen teilgenommen habe. Die Trioplast-Gruppe habe im November 2001 ein Programm der Konformität mit dem Wettbewerbsrecht erlassen, woraus ersichtlich sei, dass sie sich von jeglichem wettbewerbswidrigen Verhalten distanziert habe. Trioplast Wittenheim habe zu keinem Zeitpunkt an etwaigen Absprachen von Geboten im Internet teilgenommen, auch wenn das Thema bei den Sitzungen, bei denen sie anwesend gewesen sei, angesprochen worden sei. Trioplast Wittenheim habe damals nur an einer Versteigerung teilgenommen; diese sei nicht Gegenstand von Absprachen gewesen.

    38      Nach Auffassung der Kommission ist dieser Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    39      Nach der Rechtsprechung hat die Kommission nicht nur das Bestehen eines Kartells, sondern auch dessen Dauer zu beweisen. Soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinanderliegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79, und vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51). Zudem kann, auch wenn der Zeitraum, der zwischen zwei Ausdrucksformen einer Zuwiderhandlung liegt, ein relevantes Kriterium für den Nachweis der Kontinuität einer Zuwiderhandlung ist, die Frage, ob dieser Zeitraum hinreichend lang ist, um als Unterbrechung der Zuwiderhandlung zu gelten, nicht abstrakt beantwortet werden. Sie ist vielmehr im Zusammenhang der Funktionsweise des fraglichen Kartells zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, IMI u. a./Kommission, T‑18/05, Slg. 2010, II-0000, Randnr. 89).

    40      Demgemäß kann die Beweislastverteilung Änderungen unterliegen, da tatsächliche Gesichtspunkte, die eine Partei anführt, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen können, weil sonst der Schluss zulässig ist, dass der Beweis erbracht wurde (Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 39 angeführt, Randnr. 53; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 79, und vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 21).

    41      So ist, wenn die Beteiligung am Kartell oder deren Grad oder Dauer bestritten wird, davon auszugehen, dass ein ausreichender Beleg für die Teilnahme eines Unternehmens am Kartell erbracht ist, wenn die Kommission nachweist, dass dieses an Sitzungen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen. Ist die Teilnahme an solchen Sitzungen erwiesen, so obliegt es dem fraglichen Unternehmen, Indizien dafür vorzutragen, dass die Teilnahme an den Sitzungen ohne jegliche wettbewerbswidrige Einstellung erfolgt ist, indem es nachweist, dass es seine Wettbewerber darauf hingewiesen hat, dass es an den Sitzungen mit einer anderen Zielsetzung als diese teilnimmt (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 81).

    42      Wenn ein Unternehmen an einer bestimmten Sitzung teilnimmt, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren, gibt es den anderen Teilnehmern nämlich Anlass zu der Annahme, dass es dem Ergebnis der Sitzung zustimme und sich daran halten werde (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 82).

    43      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass Trioplast Wittenheim von Januar 1982 bis zum 23. März 1999 an dem Kartell beteiligt war und dass die Klägerin vom 21. Januar 1999 bis zum 23. März 1999, da sie zur selben wirtschaftlichen Einheit wie Trioplast Wittenheim gehört hat, gegen Art. 81 EG verstoßen hat. Die Klägerin bestreitet aber, dass Trioplast Wittenheim in dem Zeitraum vom 23. März 1999 bis Juni 2002 an dem Kartell beteiligt gewesen sei. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, Trioplast Wittenheim habe sich in dem Zeitraum vom 23. März 1999 bis zum 27. März 2001 vom Kartell zurückgezogen und seit dem 12. Juli 2001 endgültig nicht mehr an den Sitzungen von Valveplast teilgenommen.

    44      Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin einräumt, dass Trioplast Wittenheim am 23. März 1999, am 27. März 2001, am 8. Juni 2001 und am 12. Juli 2001 an den wettbewerbswidrigen Sitzungen von Valveplast teilgenommen hat, bei denen es u. a. um die Methode der Berechnung der Preise für FFS-Schlauchfolien und die Abstimmung von Geboten im Internet ging. Aus den Akten geht hervor, dass Herr B., damals Mitglied der Geschäftsführung der Trioplast-Gruppe und Präsident des Verwaltungsrats von Trioplast Wittenheim, dieses Unternehmen bei diesen Sitzungen vertreten hat, mit Ausnahme der Sitzung vom 12. Juli 2001, an der ein Herr W. teilgenommen haben soll.

    45      Da die Teilnahme von Trioplast Wittenheim an diesen Sitzungen also unstreitig ist, oblag es der Klägerin, Indizien für ihre fehlende wettbewerbswidrige Einstellung bei der Teilnahme an diesen Sitzungen vorzutragen. Die Klägerin macht zwar geltend, Trioplast Wittenheim sei zu den in Rede stehenden Sitzungen nicht mit der Absicht erschienen, sich an einem rechtswidrigen Kartell zu beteiligen, und habe an den rechtswidrigen Gesprächen nicht teilgenommen; sie belegt aber nicht, dass sich Trioplast Wittenheim offen von dem Inhalt dieser Zusammenkünfte distanziert hätte. Somit ist die Behauptung der Klägerin, Trioplast Wittenheim habe ihre Beteiligung an dem Kartell am 23. März 1999 beendet, nicht belegt.

    46      Zweitens ist im Hinblick auf den Zeitraum vom 23. März 1999 bis zum 27. März 2001 festzustellen, dass aus der angefochtenen Entscheidung, insbesondere aus deren Anhang 1, der die Einzelheiten der Sitzungen von Valveplast betrifft, hervorgeht, dass die Kommission über keine unmittelbaren Beweise für eine Teilnahme von Trioplast Wittenheim an den Sitzungen von Valveplast verfügt, die in diesem Zeitraum stattgefunden haben sollen. Die Kommission bestreitet dies nicht.

    47      Hingegen ist erwiesen, dass Trioplast Wittenheim zu diesen Sitzungen eingeladen wurde und ihr Fehlen mehrmals entschuldigte. Die Kommission hat dies zum einen nämlich nicht nur in ihren Schriftsätzen, sondern auch in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt, ohne dass die Klägerin das in irgendeiner Weise bestritten hätte. Zum anderen wird die Behauptung der Kommission durch mehrere Aktenstücke belegt, deren Existenz und Inhalt von der Klägerin nicht bestritten werden. Es handelt sich dabei insbesondere um die Berichte über die Sitzungen vom 27. August 1999, vom 25. November 1999, vom 23. März 2000 und vom 18. August 2000, aus denen hervorgeht, dass Trioplast Wittenheim ihr Fehlen entschuldigte, und den Bericht über die Sitzung vom 5. Dezember 2000, aus dem hervorgeht, dass Trioplast Wittenheim zu dieser Sitzung zumindest eingeladen wurde.

    48      Deshalb erlauben die von der Kommission beigebrachten Beweise den Schluss, dass die Zuwiderhandlung vom 23. März 1999 bis zum 27. März 2001 ohne Unterbrechung erfolgt ist. Im Übrigen hat die Klägerin keinerlei Nachweis dafür erbracht, dass sich Trioplast Wittenheim bei der Sitzung vom 23. März 1999 oder danach vom Kartell distanziert hätte. An dieser Feststellung ändert auch die Behauptung der Klägerin nichts, Trioplast Wittenheim habe unabhängig auf dem Markt agiert, ohne bei seinem geschäftlichen Handeln die vorher durch die Kontakte mit den anderen Kartellteilnehmern erhaltenen Informationen zu berücksichtigen.

    49      Was drittens den Zeitraum zwischen der Sitzung vom 12. Juli 2001 und dem 26. Juni 2002 angeht, genügt die Feststellung, dass die Klägerin nicht den Nachweis dafür erbracht hat, dass sich Trioplast Wittenheim bei diesem Zusammentreffen oder danach ausdrücklich gegenüber den anderen Teilnehmern vom Inhalt der Sitzung vom 12. Juli 2001 distanziert hätte. Es ist auch nicht erwiesen, dass Trioplast Wittenheim sich in dem Zeitraum vom 12. Juli 2001 bis zum 26. Juni 2002 im Sinne der Rechtsprechung vom Kartell distanziert hätte.

    50      In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass aus den Akten hervorgeht, dass Herr T. Trioplast Wittenheim am 10. Dezember 2001 schriftlich zu der Sitzung, die am folgenden Tag in Paris stattfinden sollte, einlud. Zudem geht aus den bei dieser Sitzung gemachten Aufzeichnungen hervor, dass die anderen Teilnehmer nicht wussten, welche Absichten Trioplast Wittenheim im Hinblick auf die Beteiligung am Kartell hatte. In der Einleitung zu diesen Aufzeichnungen heißt es nämlich: „Teilnehmer: nur Fardem, B-K, RKW, Cofira und wir, BPI macht nicht mehr mit, und bei TRIO [Trioplast] weiß man es nicht.“

    51      Somit kann nicht angenommen werden, dass Trioplast Wittenheim, ihre Beteiligung an dem Kartell am 12. Juli 2001 endgültig beendet hätte, wie die Klägerin behauptet.

    52      Die Klägerin macht also zu Unrecht geltend, dass die angefochtene Entscheidung, was die Bestimmung der Dauer der von ihrer Tochtergesellschaft, Trioplast Wittenheim, begangenen Zuwiderhandlung und somit die Bestimmung ihrer eigenen Zuwiderhandlung als Muttergesellschaft, angehe, rechtswidrig sei.

    53      Folglich ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes und somit auch der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

     Der erste Teil des ersten Klagegrundes: Rechtmäßigkeit der Berechnungsweise der Geldbuße

    –       Vorbringen der Parteien

    54      Die Klägerin macht geltend, die Methode, die die Kommission bei der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße angewandt habe, beruhe auf einem grundlegenden Fehler; außerdem stehe sie im Widerspruch zur Rechtsprechung. Sie sei vorher noch nie angewandt worden.

    55      Die Klägerin stellt klar, dass sie nicht wegen eines ihr selbst vorgeworfenen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln haften solle. Ihre gesamtschuldnerische Haftung sei nur wegen der Beteiligung von Trioplast Wittenheim an dem wettbewerbswidrigen Verhalten während der Zeit, in der sie Eigentümerin dieses Unternehmens gewesen sei, also vom 21. Januar 1999 bis zum 26. Juni 2002, angenommen worden.

    56      Die Kommission habe aber fehlerhaft bei der Berechnung der Geldbuße nicht berücksichtigt, dass sich die von Trioplast Wittenheim begangene Zuwiderhandlung auf drei Zeitabschnitte erstreckt habe, nämlich die Zeit, in der dieses Unternehmen der Compagnie de Saint-Gobain gehört habe, die Zeit, in der es FLS Plast und FLSmidth gehört habe, und die Zeit, in der es zur Trioplast-Gruppe gehört habe. Nach der Berechnungsweise der Kommission hafteten FLS Plast, FLSmidth und die Klägerin gesamtschuldnerisch insgesamt für einen Betrag, der die gegen Trioplast Wittenheim festgesetzte Geldbuße übersteige; das sei abwegig. Gegen diese Unternehmen sei auch für die Zeit, in der keines von ihnen Eigentümer von Trioplast Wittenheim gewesen sei, eine gesamtschuldnerische Geldbuße verhängt worden. Dies stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung, insbesondere zu dem Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission (C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693).

    57      Zum einen entspreche die gesamtschuldnerische Haftung nach ihren Grundprinzipien der Haftung desjenigen, mit dem zusammen gesamtschuldnerisch gehaftet werde; sie könne nicht gesondert angeordnet werden. Mithin hätte sie zusammen mit Trioplast Wittenheim für den Teil der Geldbuße gesamtschuldnerisch haften müssen, der auf den Zeitraum entfalle, in dem sie alleinige Anteilseignerin dieser Tochtergesellschaft gewesen sei, also drei Jahre. Zum anderen würden die drei Jahre, in denen sie alleinige Anteilseignerin von Trioplast Wittenheim gewesen sei, nach der von der Kommission angewandten Methode doppelt berücksichtigt, da diese Jahre sowohl Trioplast Wittenheim als auch ihr zugerechnet worden seien.

    58      Zu ihrem Vortrag, die Berechnungsmethode sei vorher noch nicht angewandt worden, führt die Klägerin aus, die Behauptung der Kommission, dass diese Methode seit der Sache AstraZeneca (Sache COMP/A.37.507/F3 – AstraZeneca, ABl. 2006, L 332, S. 24) in einer Reihe von Entscheidungen angewandt worden sei, sei nicht erheblich. Diese Entscheidungen seien nicht durch die Gemeinschaftsgerichte geprüft worden und stellten keine ständige Praxis dar.

    59      Wegen der Unzuträglichkeiten der angewandten Methode hätte die Kommission die Methode anwenden müssen, die sie in einigen früheren Sachen, u. a. der Sache Organische Peroxide (Sache COMP/E‑2/37.857 – Organische Peroxide, ABl. 2005, L 110, S. 44), angewandt habe. In dieser Sache, in der es um eine Tochtergesellschaft gegangen sei, die länger als ihre Muttergesellschaft an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, habe die Kommission nur einen Ausgangsbetrag der Geldbuße festgesetzt und diesen – anders als bei Trioplast Wittenheim und ihren Muttergesellschaften – auf die beiden nacheinander beteiligten wirtschaftlichen Einheiten aufgeteilt, nämlich die durch die Tochtergesellschaft gebildete und die durch die Tochtergesellschaft und ihre Muttergesellschaft gebildete. Sodann sei der Ausgangsbetrag bei diesen wirtschaftlichen Einheiten jeweils nach der Dauer der Zuwiderhandlung, erschwerenden und mildernden Umständen und der Obergrenze von 10 % des Umsatzes angepasst worden. Ausgehend von den Parametern, die von der Kommission für sie festgesetzt worden seien, hätte sie, die Klägerin, nach dieser Methode zusammen mit Trioplast Wittenheim gesamtschuldnerisch für 2,58 Mio. Euro gehaftet.

    60      Eine zweite Methode, nach der die Kommission hätte vorgehen können, hätte darin bestanden, den Gesamtbetrag der Geldbuße von Trioplast Wittenheim, also 17,85 Mio. Euro, durch 20 Jahre, d. h. die Gesamtdauer der Zuwiderhandlung, zu dividieren, was 0,89 Mio. Euro pro Jahr ergebe. Um den Betrag der gesamtschuldnerischen Haftung von FLS Plast und FLSmidth einerseits und ihr, der Klägerin, andererseits zu bestimmen, hätte die Kommission nach dieser Methode den Jahresbetrag von 0,89 mit 8 bzw. 3 Jahren multiplizieren müssen. Nach dieser Methode hätte sie, die Klägerin, zusammen mit Trioplast Wittenheim gesamtschuldnerisch für 2,67 Mio. Euro gehaftet.

    61      Für den Fall, dass das Gericht die im vorliegenden Fall angewandte Methode der Berechnung der Geldbußen billigen sollte, macht die Klägerin geltend, dass sie gegenüber Unternehmen diskriminiert worden sei, gegen die Geldbußen nach den beim Erlass der Entscheidungen in den Sachen Organische Peroxide und Kupferinstallationsrohre (Sache Nr. C.38.069 – Kupferinstallationsrohre, ABl. 2006, L 192, S. 21) maßgeblichen Grundsätzen festgesetzt worden seien. Außerdem sei sie gegenüber denjenigen Unternehmen diskriminiert worden, gegen die Geldbußen gemäß den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: neue Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen) festgesetzt worden seien, nach denen sie eine wesentlich niedrigere Geldbuße zu zahlen gehabt hätte.

    62      Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    63      Nach Art. 1 der angefochtenen Entscheidung haben Trioplast Wittenheim, FLS Plast, FLSmidth und die Klägerin gegen Art. 81 EG verstoßen. In diesem Artikel wird weiter festgestellt, dass die Zuwiderhandlung bei Trioplast Wittenheim vom 6. Januar 1982 bis zum 26. Juni 2002, bei FLS Plast und FLSmidth vom 31. Dezember 1990 bis zum 19. Januar 1999 und bei der Klägerin vom 21. Januar 1999 bis zum 26. Juni 2002 gedauert hat. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung wird gegen Trioplast Wittenheim eine Geldbuße in Höhe von 17,85 Mio. Euro festgesetzt und entfallen davon gesamtschuldnerisch 15,30 Mio. Euro auf FLS Plast und FLSmidth und 7,73 Mio. Euro auf die Klägerin.

    64      Mit dem vorliegenden Klagegrund zieht die Klägerin im Wesentlichen die Richtigkeit der von der Kommission bei der Festsetzung der Höhe der „Geldbußen“ angewandten Methode in Zweifel. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission insbesondere in Randnr. 879 der angefochtenen Entscheidung zwischen den gegen bestimmte Adressaten festgesetzten Geldbußen einerseits und den Beträgen, bis zu denen andere Adressaten der angefochtenen Entscheidung gesamtschuldnerisch haften, andererseits unterscheidet. Hierbei fällt auf, dass die Kommission in dieser Randnr. 879 der angefochtenen Entscheidung die Beträge, zu denen sie nach ihrer Berechnungsmethode gelangt ist, in einigen Fällen bei den Tochtergesellschaften, die sich unmittelbar an dem Kartell beteiligt haben, als Geldbuße und bei den Muttergesellschaften als Betrag, bis zu dem sie gesamtschuldnerisch haften, festsetzt. In anderen Fällen werden diese Beträge umgekehrt bei den Muttergesellschaften als Geldbuße festgesetzt und bei den Tochtergesellschaften, die unmittelbar an dem Kartell beteiligt waren, als Betrag, bis zu dem sie gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haften.

    65      Im Übrigen verwendet die Kommission den Ausdruck „Geldbuße“ unterschiedslos sowohl für die Bezeichnung der Geldbuße als solcher als auch des Betrags, bis zu dem der Adressat gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haftet. Diese unterschiedslose Verwendung des Ausdrucks „Geldbuße“ zeigt sich insbesondere in den Erwägungsgründen 784, 841 oder 867 der angefochtenen Entscheidung, in denen die Kommission mit den festgesetzten Beträgen, wie aus dem verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung ersichtlich ist, sowohl Geldbußen als auch die gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung dieser Geldbuße meint.

    66      Somit ist festzustellen, dass sich die von der Kommission angewandte Berechnungsmethode nur auf die Ermittlung der für die Adressaten der angefochtenen Entscheidung festzusetzenden Beträge bezieht, unabhängig davon, als was diese Beträge festgesetzt werden. Da mit dieser Methode nicht bestimmt wird, als was die ermittelten Beträge für die Adressaten der angefochtenen Entscheidung festgesetzt werden, d. h. als Geldbuße oder als Betrag, bis zu dem das Unternehmen gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haftet, beschränkt sich das Gericht im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes somit darauf, die beanstandete Berechnungsmethode der Kommission insoweit auf ihre Richtigkeit zu prüfen, als mit dieser Methode die Ermittlung der festgesetzten Beträge bestimmt wird.

    67      Was zunächst die Berechnung des für Trioplast Wittenheim festgesetzten Betrags angeht, gelangte die Kommission, wie oben in den Randnr. 17 bis 20 ausgeführt, zu einem Endbetrag von 17,85 Mio. Euro, indem sie dieses Unternehmen im Rahmen einer differenzierten Behandlung nach dem mit dem relevanten Produkt in dem relevanten Gebiet erzielten Marktanteil in die fünfte Kategorie einstufte und bei ihm einen Ausgangsbetrag von 8,5 Mio. Euro ansetzte. Die Kommission erhöhte den Ausgangsbetrag von 8,5 Mio. Euro dann wegen der festgestellten Dauer der Beteiligung an dem Kartell von 20 Jahren und 5 Monaten um 200 %, so dass sich ein Grundbetrag von 25,5 Mio. Euro ergab. Mangels erschwerender und mildernder Umstände und weil die Obergrenze von 10 % des Umsatzes nicht zum Tragen kam, setzte die Kommission den Grundbetrag nur um 30 % herab, und zwar gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit.

    68      Was dann die Berechnung des für die Klägerin festgesetzten Betrags angeht, setzte die Kommission denselben Ausgangsbetrag an wie bei Trioplast Wittenheim. Dann erhöhte sie den Ausgangsbetrag um 30 %, um der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung von drei Jahren Rechnung zu tragen. Der Grundbetrag von 11,05 Mio. Euro wurde gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 30 % herabgesetzt. Mithin beläuft sich der für die Klägerin festgesetzte Betrag auf 7,73 Mio. Euro.

    69      Dieselbe Methode wurde für die ehemalige Muttergesellschaft von Trioplast Wittenheim, FLS Plast, und deren Holdinggesellschaft, FLSmidth, angewandt, für die ein Betrag von 15,30 Mio. Euro festgesetzt wurde. Bei diesen Unternehmen wurde keine Erhöhung oder Herabsetzung wegen erschwerender oder mildernder Umstände vorgenommen, auch – anders als bei der Klägerin – keine Herabsetzung auf der Grundlage der Mitteilung über die Zusammenarbeit.

    70      Somit ist festzustellen, dass die Klägerin – vorbehaltlich der Prüfung der anderen von ihr geltend gemachten Klagegründe – nicht den Nachweis dafür erbracht hat, dass die Kommission bei der Ermittlung der für Trioplast Wittenheim und die Klägerin festgesetzten Beträge gegen die Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen hat oder von den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen), abgewichen ist. Die Klägerin hat im Rahmen des vorliegenden Teils des ersten Klagegrundes nämlich in keiner Weise dargetan, dass die Berechnungsweise als solche auf einem grundliegenden Fehler beruht oder im Widerspruch zur Rechtsprechung steht.

    71      Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Behauptung der Klägerin, sie selbst habe nicht gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen, nicht zutrifft. Für die Klägerin, der die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Trioplast Wittenheim in dem Zeitraum vom 21. Januar 1999 bis zum 26. Juni 2002 zugerechnet wurden, ist nämlich gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein Betrag festgesetzt worden wegen ihrer Verantwortung für eine Zuwiderhandlung, die ihr aufgrund dieser Zurechnung selbst zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065, Randnr. 28). Die Zurechnung des Verhaltens von Trioplast Wittenheim an die Klägerin wird aber in keiner Weise bestritten.

    72      Als Zweites ist festzustellen, dass die Klägerin zu Unrecht behauptet, die Kommission habe die Tatsache, dass Trioplast Wittenheim während der über zwanzigjährigen Dauer des Kartells nacheinander drei Muttergesellschaften gehört habe, nicht berücksichtigt. Aus der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Kommission sich bei der Ermittlung der für die Klägerin sowie FLS Plast und FLSmidth festgesetzten Beträge jeweils stark an der Dauer der Beteiligung dieser Muttergesellschaften von Trioplast Wittenheim orientiert hat. Wie oben in Randnr. 68 ausgeführt, hat die Kommission im Fall der Klägerin den Ausgangsbetrag von 8,5 Mio. Euro um 30 % erhöht, d. h. um 10 % für jedes volle Jahr, in dem die Klägerin alleinige Anteilseignerin von Trioplast Wittenheim war. Genauso ist die Kommission bei FLS Plast und FLSmidth verfahren.

    73      Somit trifft die Behauptung der Klägerin, sie werde für eine andere Zuwiderhandlung als diejenige verantwortlich gemacht, die sie begangen habe, nicht zu. Insoweit gibt das von der Klägerin angeführte Urteil Cascades/Kommission (oben in Randnr. 56 angeführt) nichts her; anders als im vorliegenden Fall geht es diesem Urteil nämlich um die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft für von den Tochtergesellschaften vor ihrem Erwerb durch diese begangenen Zuwiderhandlungen.

    74      Soweit die Klägerin im Übrigen geltend macht, die Kommission hätte den Ausgangsbetrag durch drei dividieren müssen, bevor sie ihn nach anderen Gesichtspunkten angepasst habe, legt die Klägerin zum einen keine Vorschrift und keinen Rechtsgrundsatz dar, wonach die Kommission hierzu verpflichtet gewesen wäre. Zum anderen kann der Ansatz, für eine Muttergesellschaft denselben Ausgangsbetrag anzusetzen wie für die unmittelbar am Kartell beteiligte Tochtergesellschaft, ohne diesen Betrag bei einer zeitlichen Aufeinanderfolge von mehreren Muttergesellschaften aufzuteilen, für sich genommen nicht als ungeeignet angesehen werden. Die Kommission will mit dieser Berechnungsmethode nämlich erreichen, dass für eine Muttergesellschaft, die im Wege der Zurechnung für eine Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird, derselbe Ausgangsbetrag angesetzt werden kann, als wäre sie selbst unmittelbar am Kartell beteiligt gewesen. Dies steht aber in Einklang mit dem Ziel der Wettbewerbspolitik, und insbesondere mit dem Instrument dieser Politik, das die Geldbußen darstellen, nämlich, das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59).

    75      Eine Verpflichtung, den Ausgangsbetrag unter den oben in Randnr. 74 dargelegten Umständen zu dividieren, kann sich jedenfalls nicht allein daraus ergeben, dass eine solche Division bei der Bearbeitung von früheren Sachen wie der Sache Organische Peroxide vorgenommen worden sein soll. Soweit zu dem für die von der Klägerin genannten Entscheidungen maßgeblichen Zeitpunkt eine Entscheidungspraxis der Kommission zur Methode der Berechnung der Beträge bestanden haben sollte, könnte von dieser Praxis im vorliegenden Fall ohne Weiteres abgewichen werden oder sie könnte geändert werden. Nach ständiger Rechtsprechung bildet die frühere Entscheidungspraxis der Kommission als solche nämlich nicht den rechtlichen Rahmen für die Festsetzung von Geldbußen in Wettbewerbssachen, da dieser allein in der Verordnung Nr. 1/2003 geregelt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Bank der österreichischen Sparkassen/Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 233 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. entsprechend auch Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 234).

    76      Als Drittes ist anknüpfend an die vorstehenden Randnummern festzustellen, dass sich allein daraus, dass die für die Klägerin einerseits und FLS Plast und FLSmidth andererseits festgesetzten Beträge insgesamt den für ihre Tochtergesellschaft, Trioplast Wittenheim, festgesetzten Betrag übersteigen, nicht schließen lässt, dass die von der Kommission angewandte Methode offensichtlich falsch gewesen wäre. Bei der Anwendung des Verfahrens, das in den Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen festgelegt ist, und des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen auf die Umstände des Einzelfalls darf die Kommission nämlich, wenn erwiesen ist, dass eine wirtschaftliche Einheit an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, eine der juristischen Personen, die zu dieser Einheit gehört oder gehört hat, sei es die Mutter- oder eine Tochtergesellschaft, für einen höheren Betrag haften lassen als die andere juristische Person oder die anderen juristischen Personen, die diese wirtschaftliche Einheit bilden oder gebildet haben. Somit kann im Fall einer Zuwiderhandlung, die von einer Tochtergesellschaft begangen worden ist, die während der Zuwiderhandlung nacheinander mehreren wirtschaftlichen Einheiten gehört hat, nicht von vornherein angenommen werden, dass es unangemessen wäre, dass die für die Muttergesellschaften festgesetzten Beträge insgesamt höher ausfallen als der Betrag oder die Beträge, die für diese Tochtergesellschaft insgesamt festgesetzt worden sind.

    77      Als Viertes ist zu der Behauptung der Klägerin, die Kommission habe gegen die Grundprinzipien der gesamtschuldnerischen Haftung verstoßen, festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes weder etwas zu der Art noch zum Inhalt dieser Grundsätze ausführt. Sollte die Klägerin geltend machen wollen, dass die drei oben in den Randnrn. 71 bis 76 wiedergegebenen Argumente tatsächlich einen Verstoß gegen diese Prinzipien darstellen, so sind diese Argumente, wie bereits dargelegt, nicht stichhaltig, ganz gleich, welcher Art die in Rede stehenden Grundsätze sein sollten und welchen Inhalt sie haben sollten. Somit ist diese Rüge zurückzuweisen.

    78      Im Übrigen ist, soweit die Klägerin den Betrag beanstandet, bis zu dem sie gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen Trioplast Wittenheim festgesetzten Geldbuße haftet, mit der Begründung, dass die Beträge, bis zu denen sie einerseits und FLS Plast und FLSmidth andererseits gesamtschuldnerisch hafteten, insgesamt die gegen Trioplast Wittenheim als Hauptschuldnerin verhängte Geldbuße überstiegen, festzustellen, dass diese Rüge Gegenstand des sechsten Klagegrundes ist. Auf sie wird also bei der Prüfung dieses Klagegrundes eigens eingegangen werden.

    79      Als Fünftes ist zu der Behauptung, die drei Jahre, in denen die Klägerin alleinige Anteilseignerin von Trioplast Wittenheim gewesen sei, seien bei der Anwendung der Berechnungsmethode doppelt berücksichtigt worden, festzustellen, dass die Kommission durch nichts daran gehindert war, diesen Zeitraum von drei Jahren sowohl bei der Ermittlung des für die Klägerin festgesetzten Betrags als auch bei der Ermittlung des für Trioplast Wittenheim festgesetzten Betrags zu berücksichtigen. Denn da bei einer gesamtschuldnerischen Haftung die Forderung eines jeden Gläubigers sowohl gegenüber den Mitschuldnern des Hauptschuldners als auch Letzterem gegenüber durch jegliche Zahlung, gleich durch welche Person, erlischt, kommt es bei einer Gesamtschuld nicht zu einer Verdopplung.

    80      Als Letztes ist festzustellen, dass die Behauptung der Klägerin, die Berechnungsmethode sei vorher nicht angewandt worden, in tatsächlicher Hinsicht nicht zutrifft; in der mündlichen Verhandlung hat sich nämlich herausgestellt, dass die Kommission diese Berechnungsmethode vor der angefochtenen Entscheidung in einer Reihe von Entscheidungen angewandt hat. Diese Feststellung kann nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, dass diese Entscheidungen damals von den Unionsgerichten nicht überprüft worden sind. Im Übrigen kann nach der oben in Randnr. 75 angeführten Rechtsprechung dahinstehen, ob die Kommission in den der Sache AstraZeneca vorausgegangen Sachen eine andere Methode angewandt hat oder nicht.

    81      Mit dem, was die Klägerin im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes vorgebracht hat, hat sie somit nicht dargetan, dass die Kommission die vorliegende Berechnungsmethode zur Ermittlung des für die Klägerin festgesetzten Betrags zu Unrecht angewandt hätte. Auch die Rüge, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die neuen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen verstoßen, ist zurückzuweisen; Letztere sind im vorliegenden Fall im Übrigen nicht anwendbar. Insofern genügt es, auf die oben in Randnr. 75 angeführte Rechtsprechung zur Entscheidungspraxis der Kommission zu verweisen und auf diejenige, nach der allein der Umstand, dass die Anwendung der in den neuen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen vorgesehenen Methode zur Festsetzung eines niedrigeren Betrags als des in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten führen kann, nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit dieses letzteren Betrags zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnr. 380).

    82      Mithin ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, die von der Klägerin vorgeschlagenen Berechnungsmethoden zu prüfen.

     Der zweite Teil des ersten Klagegrundes: Rechtswidrigkeit der Bemessung der Schwere der Zuwiderhandlung bei der Festsetzung der Geldbuße

    –       Vorbringen der Parteien

    83      Die Klägerin wirft der Kommission vor, bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags auf den Marktanteil von Trioplast Wittenheim im Jahr 1996 abgestellt zu haben, bei dem es sich nach der angefochtenen Entscheidung um das letzte Jahr der Zuwiderhandlung handelt, in dem sämtliche Unternehmen, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet ist, noch auf dem Markt der Industriesäcke aktiv waren.

    84      Indem sie im Rahmen der differenzierten Behandlung das Jahr 1996 als Referenzjahr gewählt habe, habe sich die Kommission über die Praxis hinweggesetzt, die sie im Hinblick auf die Bemessung der Schwere einer Zuwiderhandlung selbst begründet habe. Nach dieser Praxis, die von den Gemeinschaftsgerichten gebilligt worden sei, sei das letzte volle Jahr, in dem die Zuwiderhandlung angedauert habe, als Referenzjahr heranzuziehen, um die Wirtschaftskraft der einzelnen Teilnehmer so angemessen wie möglich zu beurteilen. Demgemäß hätte im vorliegenden Fall das Jahr 2001 das Referenzjahr sein müssen.

    85      Die Klägerin macht ferner geltend, dass, wenn die Kommission mit der von ihr angewandten Methode tatsächlich bei FLS Plast und FLSmidth sowie bei ihr einen eigenen Ausgangsbetrag habe ansetzen wollen, d. h. einen von dem bei Trioplast Wittenheim angesetzten verschiedenen, hätte dieser Betrag auf den Zeitraum bezogen werden müssen, in dem die Muttergesellschaften jeweils alleinige Anteilseigner von Trioplast Wittenheim gewesen seien. Der bei ihr angesetzte Ausgangsbetrag könne deshalb nicht rechtmäßig auf den Marktanteil gestützt werden, den Trioplast Wittenheim 1996 gehabt habe, da sie dieses Unternehmen erst 1999 erworben habe.

    86      Für den Fall, dass das Gericht die Wahl des Jahres 1996 als Referenzjahr dennoch billigen sollte, macht die Klägerin geltend, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe. Indem sie auf den Marktanteil von Trioplast Wittenheim im Jahr 1996 abgestellt habe, d. h. 2,8 %, habe die Kommission die Herstellung von offenen Säcken und Ventilsäcken mit einbezogen, die Trioplast Wittenheim 1997 eingestellt habe. Nach dem Marktanteil von Trioplast Wittenheim im Jahr 2001, der etwa 0,4 % betragen habe, hätte die Kommission Trioplast Wittenheim in die sechste Unternehmenskategorie, wenn nicht gar in eine siebte Kategorie einordnen müssen, und nicht in die fünfte.

    87      Die Kommission verweist auf ihren Ermessensspielraum; die Wahl des Jahres 1996 als Referenzjahr sei rechtmäßig, da es ihr die Heranziehung des in diesem Jahr erzielten Umsatzes ermöglicht habe, die Größe und die Wirtschaftskraft jedes Unternehmens in dieser Branche sowie das Ausmaß der von jedem von ihnen begangenen Zuwiderhandlung einzuschätzen. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung sei sie verpflichtet, auf ein einheitliches Referenzjahr abzustellen, auch wenn die Entscheidung für ein bestimmtes Jahr als Referenzjahr zwangsläufig bedeute, dass bestimmte Unternehmen möglicherweise einen höheren oder niedrigeren Umsatz als in anderen Jahren zu verzeichnen hätten.

    88      Die Entscheidung für das Jahr 1996 als Referenzjahr sei gerechtfertigt gewesen, auch wenn die Klägerin Trioplast Wittenheim in der Tat 1999 von FLS Plast erworben habe. Trioplast Wittenheim habe sich nämlich auch nach dem Wechsel der Muttergesellschaft weiter an dem Kartell beteiligt. Das Referenzjahr könne entweder in den Zeitraum fallen, in dem FLS Plast beteiligt gewesen sei, oder in denjenigen, in dem die Klägerin beteiligt gewesen sei, aber nicht in beide gleichzeitig.

    89      Was den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeht, macht die Kommission geltend, die Tatsache, dass Trioplast Wittenheim die Herstellung eines bestimmten Produkts 1997 eingestellt habe, spreche eher für die Wahl des Jahres 1996 als Referenzjahr, da dieses Jahr besser die Marktposition von Trioplast Wittenheim im Verhältnis zu den anderen Kartellteilnehmern während des größten Teils (etwa drei Viertel) der Gesamtdauer der Zuwiderhandlung widerspiegele.

    –       Würdigung durch das Gericht

    90      Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission, wie oben in Randnr. 75 ausgeführt, nicht an ihre früheren Entscheidungen gebunden ist. Selbst wenn die Festsetzung des Referenzjahrs im vorliegenden Fall also eine Änderung einer gefestigten Praxis darstellen sollte, hätte dies allein keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

    91      Außerdem muss sich die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung nach ständiger Rechtsprechung auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage zur Zeit ihrer Begehung beziehen; die insoweit relevanten Gesichtspunkte sind insbesondere die Größe und die Wirtschaftskraft jedes Unternehmens sowie das Ausmaß der von jedem von ihnen begangenen Zuwiderhandlung (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Sarrió/Kommission, T‑334/94, Slg. 1998, II‑1439, Randnr. 397 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei der Beurteilung dieser Gesichtspunkte ist zwangsläufig der während der in Rede stehenden Zeit erzielte Umsatz heranzuziehen (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    92      Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass in der Sache, in der die Urteile vom 14. Mai 1998, Sarrió/Kommission (oben in Randnr. 91 angeführt), und vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission (oben in Randnr. 91 angeführt), ergangen sind, bei der Berechnung auf den Umsatz im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung abgestellt worden sei. Das bedeutet aber nicht, dass immer so verfahren werden müsste. Nach diesen Urteilen ist nämlich eine Berechnungsmethode zu wählen, die es ermöglicht, Größe und Wirtschaftskraft eines jeden betroffenen Unternehmens sowie das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen (Urteil vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 88). Zudem hat das Gericht festgestellt, dass der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden muss, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T‑319/94, Slg. 1998, II‑1331, Randnr. 42).

    93      Folglich kann der Auffassung der Klägerin, dass das Referenzjahr stets das letzte volle Jahr sein muss, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat, nicht gefolgt werden.

    94      Im vorliegenden Fall ist allerdings festzustellen, dass die Zuwiderhandlung mehr als 20 Jahre lang gedauert hat und dass die Zahl der Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung mitgewirkt haben, und die Gestalt eines jeden von ihnen sich im Laufe dieser 20 Jahre möglicherweise verändert haben, ebenso wie die Größe und die Wirtschaftskraft eines jeden von ihnen. Die Klägerin, obwohl eigens unter den Adressatinnen der angefochtenen Entscheidung aufgeführt, gehört nicht, wie es in Erwägungsgrund 767 der angefochtenen Entscheidung heißt, zu jenen sämtlichen Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, die in dem als Referenzjahr gewählten Jahr 1996 auf dem Markt für Industriesäcke vertreten waren. Zudem geht aus den Akten hervor, dass die wirtschaftliche Einheit, zu der die Klägerin vom 21. Januar 1999 bis zum 26. Juni 2002, also in der Schlussphase der Zuwiderhandlung, gehörte, zwei Produkte des Sektors Industriesäcke, die vorher von Trioplast Wittenheim hergestellt worden waren, nicht mehr herstellte und ihr Marktanteil in diesem Zeitraum zwischen 0,4 % und 0,5 % betrug. Deshalb lässt sich nicht sagen, dass der Umsatz und der Marktanteil, von denen die Kommission ausgegangen ist, d. h. der Umsatz und der Marktanteil von Trioplast Wittenheim im Jahr 1996, die Größe und Wirtschaftskraft des Unternehmens widerspiegeln könnten, zu dem die Klägerin seit 1999 gehörte.

    95      Ebenso ist festzustellen, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen einem individualistischen Ansatz gefolgt ist, um die nur als Muttergesellschaften haftenden Adressaten der angefochtenen Entscheidung als unmittelbare Teilnehmer an der Zuwiderhandlung zu behandeln. Da die Klägerin und Trioplast eine wirtschaftliche Einheit bildeten, die vor 1999 nicht bestand, kann, wenn bei einer solchen Einheit das Jahr 1996 als Referenzjahr gewählt wird, nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dies der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Beteiligung dieses Unternehmens an der Zuwiderhandlung entspräche. Dieses Referenzjahr kann folglich für den Umfang der der Klägerin zuzurechnenden Zuwiderhandlung nicht aussagekräftig sein.

    96      Die Argumente, die die Kommission hierzu vorbringt, sind nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Soweit sich die Kommission nämlich insbesondere in ihrer Antwort auf Fragen des Gerichts auf ihren Ermessensspielraum in diesem Bereich beruft, ist festzustellen, dass die Kommission, wie oben in den Randnrn. 94 und 95 ausgeführt, dadurch, dass sie die Klägerin im Rahmen der differenzierten Behandlung in dieselbe Kategorie eingeordnet hat, in die sie Trioplast Wittenheim nach ihrem Marktanteil im Jahr 1996 eingeordnet hat, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Im Übrigen kann bei einer Situation, die sich – wie im vorliegenden Fall – entwickelt hat, das Abstellen auf den Marktanteil in einem Referenzjahr, das nicht mit späteren zu vergleichen ist, eine Diskriminierung schaffen, indem Situationen, die sich in zeitlicher Hinsicht unterscheiden, auf der Grundlage ein und desselben Referenzkriteriums behandelt werden.

    97      Außerdem übersieht die Kommission, wenn sie geltend macht, dass das Jahr 1996 die Position von Trioplast Wittenheim auf dem relevanten Markt während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung besser widerspiegele, als es die Position dieses Unternehmens nach der Einstellung der Herstellung bestimmter Produkte des Sektors Industriesäcke im Jahr 1997 tun könne, dass im vorliegenden Fall bei der Berechnung der Geldbuße bei der Klägerin ein von dem von der Kommission bei ihrer Tochtergesellschaft angesetzten Betrag verschiedener Betrag angesetzt worden ist. Hierbei ist das Argument, dass der Marktanteil von Trioplast Wittenheim im Rahmen der differenzierten Behandlung der Klägerin berücksichtigt worden sei, nicht stichhaltig, da bei dieser differenzierten Behandlung von einem Umsatz ausgegangen wird, an dem die Klägerin nicht beteiligt gewesen ist. Folglich kann dieser Umsatz nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zu der Zeit entsprechen, in der die Klägerin und Trioplast Wittenheim eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben.

    98      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes begründet. Folglich ist die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als der bei der Klägerin angesetzte Ausgangsbetrag auf dem Marktanteil von Trioplast im Referenzjahr 1996 beruht.

     Der zweite Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Weigerung der Kommission, mildernde Umstände zuzubilligen

     Vorbringen der Parteien

    99      Nach Auffassung der Klägerin hätte die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die mildernden Umstände berücksichtigen müssen, durch die die Beteiligung von Trioplast Wittenheim an der Zuwiderhandlung gekennzeichnet gewesen sei.

    100    Als Erstes macht die Klägerin geltend, Trioplast Wittenheim habe nur sporadisch an den rechtswidrigen Sitzungen teilgenommen. Insoweit beruft sich die Klägerin auf mehrere Sitzungsberichte, aus denen insbesondere hervorgehen soll, dass die Beteiligung von Trioplast Wittenheim von den anderen Unternehmen angezweifelt worden sei und dieses Unternehmen bei den Sitzungen immer wieder gefehlt habe. Diese Dokumente bestätigten außerdem, dass es sich bei Trioplast Wittenheim um eine Wirtschaftsteilnehmerin von untergeordneter Bedeutung mit einem geringen Marktanteil gehandelt habe und dass dieses Unternehmen im Hinblick auf die im Rahmen der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen besprochenen Fragen keinen proaktiven Ansatz verfolgt habe.

    101    Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass Trioplast Wittenheim nur in drei der sechs Untergruppen, nämlich den Untergruppen „Frankreich“, „Benelux“ und „Blockbeutel“, mitgewirkt habe und diese Untergruppen spätestens im Februar 1997 verlassen habe. Soweit die Mitgliedschaft in den Untergruppen einen Verstoß gegen Art. 81 EG darstelle, macht die Klägerin geltend, diese Zuwiderhandlung von Trioplast Wittenheim sei verjährt. Jedenfalls stellten sowohl die auf die Ebene der Untergruppen beschränkte Mitwirkung von Trioplast Wittenheim als auch der verhältnismäßig frühe Rückzug dieses Unternehmens mildernde Umstände dar.

    102    Als Drittes macht die Klägerin für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass Trioplast Wittenheim über den 23. März 1999 hinaus an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, geltend, dass die besondere Rolle dieses Unternehmens bei Valveplast in der Zeit, in der es ihre Tochtergesellschaft gewesen sei, als mildernder Umstand hätte angesehen werden müssen. Die Klägerin habe von den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Valveplast zum ersten Mal in der Sitzung am 23. März 1999 erfahren. Das ergebe sich aus dem zwischen FLS Plast und Trioplanex France geschlossenen Vertrag über die Übertragung von Aktien und dem Schiedsspruch aus einem Verfahren über eine etwaige Verletzung dieses Vertrags. Im Übrigen sei es bei Trioplast Wittenheim nach dieser Sitzung zu einem Einstellungswandel gekommen; den Beschäftigten sei nämlich verboten worden, an wettbewerbswidrigen Tätigkeiten von Valveplast teilzunehmen; zu drei Sitzungen, die 2001 stattgefunden hätten, sei Trioplast Wittenheim ausschließlich in redlicher Absicht erschienen, nämlich in der Hoffnung, über rechtmäßige Fragen diskutieren zu können.

    103    Die Klägerin führt hierzu weiter aus, die gegen das Vorliegen mildernder Umstände sprechenden Tatsachen, die von der Kommission geltend gemacht würden, wie die Mitwirkung in den Untergruppen, seien, was sie angehe, unerheblich, da sie sich auf eine Zeit bezögen, in der sie Trioplast Wittenheim noch nicht erworben gehabt habe. Für den Fall, dass das Gericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass gegen sie eine eigene Geldbuße festzusetzen sei, macht die Klägerin geltend, dass die Kommission die mildernden Umstände hätte berücksichtigen müssen, die nach diesem Erwerb vorlagen, zumindest was ihre Verantwortlichkeit angehe.

    104    Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    105    Wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden ist, ist nach der Rechtsprechung die relative Schwere der Beteiligung eines jeden einzelnen von ihnen an der Zuwiderhandlung zu prüfen (Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623), um festzustellen, ob mildernde oder erschwerende Umstände zu berücksichtigen sind.

    106    Nach Nr. 3, erster Gedankenstrich, der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen stellt die „ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum“ eines Unternehmens bei der Zuwiderhandlung – sofern erwiesen – einen mildernden Umstand dar. Eine passive Rolle impliziert, dass sich das betroffene Unternehmen nicht hervorgetan hat, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrige(n) Absprache(n) teilgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 167).

    107    Nach der Rechtsprechung kann als Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells berücksichtigt werden, dass es im Vergleich zu den gewöhnlichen Mitgliedern des Kartells deutlich seltener an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt (Urteile des Gerichts Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 106 angeführt, Randnr. 168, und vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 331).

    108    Zudem hat das Gericht bereits entschieden, dass die Tatsache, dass andere Unternehmen, die an ein und demselben Kartell beteiligt gewesen sind, aktiver gewesen sein mögen als ein bestimmter Teilnehmer, noch nicht bedeutet, dass dieser ausschließlich passiv mitwirkte oder reiner Mitläufer war. Denn nur seine völlige Passivität könnte berücksichtigt werden und müsste von der Partei, die sich darauf beruft, bewiesen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, Slg. 2007, II‑947, Randnr. 611).

    109    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass keinem der Argumente, die die passive Mitwirkung und das Mitläufertum betreffen, wodurch die Beteiligung der Klägerin am Kartell gekennzeichnet gewesen sein soll, gefolgt werden kann. Diese Argumente lassen sich in drei Gruppen aufteilen: Die erste betrifft namentlich das Fehlen von Trioplast Wittenheim bei den Sitzungen von Valveplast und die Marktposition dieses Unternehmens, die zweite die Mitwirkung dieses Unternehmens in den Untergruppen und die letzte die Ereignisse nach 1999.

    110    Als Erstes geht aus Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung, der zahlreiche Einzelheiten der Sitzungen von Valveplast von 1984 bis 2002 enthält, hervor, dass Trioplast Wittenheim außer in der Zeit nach 1999, worauf oben in den Randnrn. 44 bis 50 hingewiesen worden ist, regelmäßig zu den Sitzungen von Valveplast erschien und mehrmals ihr Fehlen entschuldigte. Da diese Tatsachen nicht bestritten werden, kann der Kommission, ohne dass es in diesem Stadium erforderlich wäre, die Häufigkeit der Teilnahme von Trioplast Wittenheim an den Sitzungen der Untergruppen von Valveplast zu prüfen, im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden, eine passive Mitwirkung oder Mitläufertum dieses Unternehmens wegen einer begrenzten Häufigkeit seiner Teilnahme an den Sitzungen von Valveplast nicht festgestellt zu haben.

    111    Die Kommission hatte im Übrigen auch keinen Grund anzunehmen, dass die anderen Wirtschaftsteilnehmer ernsthaft Zweifel an der Mitwirkung von Trioplast Wittenheim gehabt hätten. Die Klägerin hat hierfür keine Beweise geliefert, wie z. B. Aussagen anderer Kartellteilnehmer zu der Sonderrolle, die Trioplast Wittenheim gespielt haben soll. Die Klägerin stützt ihre Behauptungen ausschließlich auf die Sitzungsberichte von Valveplast, aus denen sich nicht schließen lässt, was die Klägerin daraus schließen will. Die in dem Bericht über die Sitzung vom 2. März 1993 enthaltene Feststellung über den Wechsel von einer „passiven Teilnahme“ von Herrn G., dem Vertreter von Trioplast Wittenheim, hin zu einer „aktiven Teilnahme“, stellt nämlich nicht unbedingt ein Indiz für Zweifel der anderen Teilnehmer im Hinblick auf die Mitwirkung dieses Unternehmens als solchem dar, da dieses vor 1992 durch andere Personen vertreten worden war. Jedenfalls wird in dem Bericht festgestellt, dass sich die Teilnahme von Herrn G. in Richtung einer aktiven Beteiligung am Kartell ab März 1993 entwickelt habe. Auch daraus, dass 2000 ein Teilnehmer von Valveplast beauftragt worden sein soll, sich mit dem Vertreter von Trioplast Wittenheim in Verbindung zu setzen, um über die zukünftige Vertretung dieses Unternehmens zu reden, lässt sich noch nicht schließen, dass die Beteiligung dieses Unternehmens am Kartell bezweifelt worden wäre.

    112    Die Behauptung, Trioplast Wittenheim sei auf dem Markt ein Wirtschaftsteilnehmer von untergeordneter Bedeutung gewesen, trifft nicht zu; Trioplast Wittenheim ist sowohl auf dem relevanten Markt als auch bei Valveplast und in den Untergruppen durchaus aktiv gewesen. Aus den Erwägungsgründen 134, 135 und 400 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass Trioplast Wittenheim alle vier Produkte, die Gegenstand des Kartells gewesen sind, nämlich offene Säcke, Ventilsäcke, FFS-Schlauchfolien und Blockbeutel, herstellte. Dabei hat Trioplast Wittenheim, wie aus den Erwägungsgründen 173, 176, 185 und 205 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, nicht nur bei Valveplast mitgewirkt, sondern auch in den Untergruppen „Blockbeutel“, „Frankreich“ und „Benelux“.

    113    Auch die Behauptung, Trioplast Wittenheim habe im Hinblick auf die im Rahmen der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen besprochenen Fragen keinen proaktiven Ansatz verfolgt, ist nicht haltbar. Wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, insbesondere aus deren Randnr. 802, war Trioplast Wittenheim, eines der Gründungsmitglieder des Kartells, wiederholt an mehreren der in Rede stehenden Kartellverstöße beteiligt, insbesondere an dem systematischen Austausch von Informationen über Absatz und Marktanteile und der Aufteilung der Kunden.

    114    Was als Zweites die Behauptung angeht, Trioplast Wittenheim habe nur in drei der sechs Untergruppen mitgewirkt und diese Untergruppen spätestens 1997 verlassen, ist zum einen festzustellen, dass die Mitwirkung in drei Untergruppen im Vergleich zu den anderen Kartellteilnehmern nicht gerade selten ist, was für einen vergleichbaren Grad der Mitwirkung auf der Ebene der Untergruppen spricht. Aus den Erwägungsgründen 173 bis 185 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass lediglich Wavin und Fardem Packaging an den Sitzungen von mehr als drei Untergruppen teilnahmen. Zum anderen kann, da Trioplast Wittenheim während ungefähr drei Vierteln der Dauer der Zuwiderhandlung tatsächlich in den genannten drei Untergruppen mitgewirkt hat, nicht angenommen werden, dass der Rückzug aus diesen Untergruppen eine passive Mitwirkung von Trioplast Wittenheim bedeutet hätte.

    115    Was das Vorbringen der Klägerin angeht, die Zuwiderhandlung von Trioplast Wittenheim sei, soweit sie die Mitwirkung in den Untergruppen angehe, verjährt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin nicht gegen die Einstufung als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung wendet. Da die – einzige und fortgesetzte – Zuwiderhandlung am 26. Juni 2002 aufgehört hat und somit nicht als verjährt angesehen werden kann, kommt es auf das Ende der Teilnahme von Trioplast Wittenheim an den Untergruppen nicht an.

    116    Als Drittes ist festzustellen, dass, selbst wenn angenommen würde, dass die Klägerin beim Erwerb von Trioplast Wittenheim 1999 keinerlei Kenntnis von den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen bei Valveplast gehabt hätte, sie nicht bewiesen hat, dass bei ihrer Tochtergesellschaft im Hinblick auf deren Beteiligung am Kartell in dem Zeitraum von Januar 1999 bis Juni 2002 völlige Passivität im Sinne der oben in Randnr. 108 angeführten Rechtsprechung vorgelegen hätte. Wie aus der Würdigung des dritten Teils des ersten Klagegrundes, insbesondere den Randnrn. 44 und 45 des vorliegenden Urteils, hervorgeht, hat Trioplast Wittenheim 2001 an drei Sitzungen teilgenommen, bei denen zwei wesentliche Bestandteile des Kartells erarbeitet worden sind, nämlich die Preisberechnungsmethode und die Absprache der Gebote im Internet.

    117    Da die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Kommission dadurch, dass sie den Betrag, bis zu dem die Klägerin gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße haftet, nicht wegen mildernder Umstände herabgesetzt hat, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

     Der vierte Klagegrund: der Kronzeugenantrag

    –       Vorbringen der Parteien

    118    Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Ausgangsbetrag der Geldbuße hätte gemäß Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit um mehr als die ihr von der Kommission zugebilligten 30 % herabgesetzt werden müssen.

    119    Die Klägerin macht zunächst geltend, dass Trioplast Wittenheim und sie selbst nach ihrem Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße wirksam mit der Kommission zusammengearbeitet hätten. Zum einen habe sie Angaben gemacht und Unterlagen vorgelegt, die bei der Feststellung der Zuwiderhandlung durch die Kommission sachdienlich gewesen seien; zum anderen hätte die Herabsetzung der Geldbuße nicht deshalb beschränkt werden dürfen, weil sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt in bestimmten Punkten bestritten habe. Sie habe nämlich nur bestimmte Umstände hervorgehoben, die die Kommission nicht richtig verstanden gehabt habe, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt das Vorliegen des wettbewerbswidrigen Verhaltens zu bestreiten. Die Kommission habe die Darstellung des Sachverhalts dann in mehreren Punkten geändert. Sie müsse das Recht haben, den Sachverhalt „im Randbereich“ anders zu beurteilen als die Kommission, ohne dass sich dies negativ auf die Behandlung ihres Kronzeugenantrags auswirke.

    120    Sodann weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission Bischof+Klein eine Herabsetzung in Höhe von 25 % gewährt habe und dass die Geldbuße dieses Unternehmens nach der angefochtenen Entscheidung u. a. deshalb herabgesetzt worden sei, weil es den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nicht bestritten habe. Da auch sie das Vorliegen des wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht bestritten habe und mehr Beweismittel geliefert habe als Bischof+Klein, müsse ihr eine höhere Herabsetzung gewährt werden.

    121    Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    122    Der Kommission steht hinsichtlich der Methode der Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zu; sie kann dabei eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von ihren Dienststellen durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Rahmen muss die Kommission komplexe Tatsachenwürdigungen, wie die Würdigung der jeweiligen Kooperationsbeiträge dieser Unternehmen, vornehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 81).

    123    Die Kommission verfügt bei der Beurteilung der Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen (Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 88). Bei dessen Ausübung darf sie jedoch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen (Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, BST/Kommission, T‑452/05, Slg. 2010, II-0000, Randnr. 142).

    124    In der Mitteilung über die Zusammenarbeit hat die Kommission die Voraussetzungen genannt, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können.

    125    Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit lautet:

    „1.      Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt.

    2.      Dies gilt insbesondere, wenn:

    –      ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen;

    –      ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“

    126    Im vorliegenden Fall stellt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zum einen fest, dass die detaillierten Angaben der Klägerin zum Funktionieren des Kartells auf der Ebene von Valveplast und auf der Ebene der Untergruppen, insbesondere der Untergruppe „Frankreich“, und zu den Verkaufkontingenten, den Mechanismen der Zuteilung von Abnehmern und der Bedeutung der Tabellen über die Marktanteile zur Feststellung des Vorliegens des Verstoßes betragen haben. Zum anderen hat die Kommission berücksichtigt, dass die Klägerin den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt in manchen Punkten bestritten hat. Sie hat die Geldbuße gegen die Klägerin deshalb um 30 % herabgesetzt.

    127    Zunächst stellen die Feststellung der Kommission, die Klägerin habe den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt in manchen Punkten bestritten, und die entsprechend geringere Herabsetzung des Betrags, bis zu dem die Klägerin gesamtschuldnerisch haftet, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission dar.

    128    Aus der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Klägerin den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt in bestimmten Punkten in einer Weise bestritten hat, die über den bloßen Hinweis auf Tatsachen, die die Kommission nicht richtig verstanden haben soll, hinausgeht. Nach den Erwägungsgründen 275 und 276 der angefochtenen Entscheidung behauptete die Klägerin, dass Trioplast Wittenheim an der Einrichtung eines Systems der Absprache von Geboten im Internet nicht beteiligt gewesen sei. Es ist aber erwiesen, dass Trioplast Wittenheim an der Sitzung von Valveplast vom 8. Juni 2001 teilgenommen hat, bei der diese Frage angesprochen wurde, und dass sie sich nicht offen vom Inhalt der Sitzung distanziert hat. Nach der Randnr. 301 der angefochtenen Entscheidung bestritt Trioplast Wittenheim, in irgendeiner Form an der Erarbeitung der Methode zur Berechnung der Preise von FFS-Schlauchfolien beteiligt gewesen zu sein, obwohl unstreitig ist, dass dieses Unternehmen an der Sitzung von Valveplast am 15. September 2000 teilgenommen hat, in der beschlossen wurde, eine entsprechende Arbeitsgruppe zu bilden. Trioplast Wittenheim hat sich auch von dem Inhalt dieser Sitzung nicht distanziert.

    129    Dieses Bestreiten der Klägerin im Verwaltungsverfahren kann nicht als eine Würdigung des Sachverhalts angesehen werden, die nur „im Randbereich“ von derjenigen der Kommission abwiche. Es betrifft zwei wesentliche Bestandteile des Kartells, nämlich die Absprache der Gebote im Internet und die Preisberechnungsmethode. Dem steht nicht entgegen, dass die angefochtene Entscheidung bei der Darstellung des Sachverhalts aufgrund der Erwiderung der Klägerin in bestimmten Punkten von der Mitteilung der Beschwerdepunkte abweicht.

    130    Was sodann den Vergleich der Situation der Klägerin mit derjenigen von Bischof+Klein angeht, einem Unternehmen, dem übrigens eine geringere Herabsetzung gewährt worden ist als diejenige in Höhe von 30 %, die der Klägerin gewährt worden ist, ist festzustellen, dass aus Randnr. 851 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass Bischof+Klein in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärte, dass sie den Sachverhalt, wie er in dieser Mitteilung dargestellt sei, nicht bestreite. Mithin hat dieses Unternehmen Abschnitt D Nr. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über die Zusammenarbeit beachtet – anders als die Klägerin, die sich, wie sich aus den Akten ergibt, zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich auf diese Bestimmung berufen hat.

    131    Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargetan, dass Bischof+Klein im Verwaltungsverfahren den Sachverhalt entgegen ihrer Erklärung in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestritten hätte, während erwiesen ist, dass sie selbst den Sachverhalt in diesem Verfahren in bestimmten Punkten bestritten hat. Selbst wenn die Kommission einerseits Bischof+Klein eine Herabsetzung der Geldbuße gewährt hätte oder die Geldbuße stärker herabgesetzt hätte, weil dieses Unternehmen den Sachverhalt nicht bestritten hat, andererseits der Klägerin eine solche Herabsetzung nicht gewährt hätte, läge mithin kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vor.

    132    Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan und erst recht nicht bewiesen hat, dass sie durch die Beweismittel, die sie der Kommission geliefert hat, in höherem Maße zur Feststellung des Vorliegens des Verstoßes beigetragen hätte als Bischof+Klein. Somit kann der Kommission auch insoweit kein Fehler angelastet werden.

    133    Mithin ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

     Der fünfte Klagegrund: die Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung

    –       Vorbringen der Parteien

    134    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen.

    135    Sie macht als Erstes geltend, es sei unverhältnismäßig, dass die Geldbußen aller Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hätten, zusammen genommen mit 290,71 Mio. Euro nach Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes und der Mitteilung über die Zusammenarbeit (und mit über 600 Mio. Euro vorher), den Jahresumsatz des gesamten relevanten Markts von etwa 250 Mio. Euro überstiegen. Außerdem seien die gegen Trioplast Wittenheim und gegen sie als Gesamtschuldnerin festgesetzten Geldbußen im Verhältnis zu dem auf dem relevanten Markt erzielten Umsatz zu hoch. Insoweit sei das Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission (T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597), nicht einschlägig, da Archer Daniels Midland in dem in Rede stehenden Kartell – anders als sie im vorliegenden Fall – eine führende Rolle gespielt habe.

    136    Als Zweites vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Kommission vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt habe und sich nicht an die eigene Praxis der Festsetzung von Geldbußen gehalten habe. Die Klägerin verweist zum einen auf andere Sachen wie z. B. die Sache Methionin (Sache C.37.519 – Methionin, ABl. 2003, L 255, S. 1), in denen das Verhältnis zwischen festgesetzten Geldbußen und den auf den relevanten Märkten erzielten Umsätzen angemessener gewesen sei. Zum anderen macht die Klägerin geltend, im Fall von Trioplast Wittenheim stehe die Geldbuße in höherem Maße außer Verhältnis zum Umsatz als bei den anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung, wie z. B. Bischof+Klein, Nordenia International und Cofira-Sac.

    137    Die bei den Unternehmen der ersten Kategorie angesetzten Ausgangsbeträge stünden zu denen der bei den Unternehmen der vierten Kategorie angesetzten im Verhältnis von etwa vier zu eins. Der Endbetrag der Geldbuße von Trioplast Wittenheim hätte mindestens auf einen (ungefähr) einem Viertel des Endbetrags der Geldbuße von Bischof+Klein entsprechenden Betrag herabgesetzt werden müssen, einem Unternehmen, das in die erste Kategorie eingeordnet worden sei.

    138    Als Drittes macht die Klägerin geltend, dass es sich bei Trioplast Wittenheim um einen Wirtschaftsteilnehmer von untergeordneter Bedeutung gehandelt habe, der keinen entscheidenden Einfluss auf den Markt gehabt habe, und dass sie aus ihrer Beteiligung an dem wettbewerbswidrigen Verhalten keinerlei Vorteil gezogen habe. Die Geldbuße in Höhe von 7,3 Mio. Euro, bis zu der sie gesamtschuldnerisch hafte, übersteige den von der Trioplast-Gruppe mit dem Verkauf der betreffenden Produkte in den Jahren 1999, 2000 und 2001 erzielten Gesamtgewinn um das Einundzwanzigfache. Außerdem habe die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße die tatsächliche Fähigkeit von Trioplast Wittenheim, diese zu zahlen, nicht berücksichtigt. Die Insolvenz dieses Unternehmens hätte vermieden werden können, wenn die Kommission dessen prekäre Lage berücksichtigt und beim Erlass der angefochtenen Entscheidung die unmittelbare finanzielle Verantwortlichkeit des vorherigen Eigentümers dieses Unternehmens, d. h. FLS Plast, anerkannt hätte.

    139    Als Viertes macht die Klägerin geltend, die im vorliegenden Fall festgesetzten Geldbußen wären wesentlich niedriger ausgefallen, wenn die neuen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen angewandt worden wären.

    140    Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    141    Erstens ist, soweit mit dem fünften Klagegrund ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt wird, festzustellen, dass die Kommission bei der Festlegung der Höhe der einzelnen Geldbußen nach der Rechtsprechung über ein Ermessen verfügt und nicht verpflichtet ist, hierbei eine exakte mathematische Formel anzuwenden (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Mo och Domsjö/Kommission, C‑283/98 P, Slg. 2000, I‑9855, Randnr. 47, und Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnr. 151). Außerdem richtet sich die Höhe der Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nach der Schwere der Zuwiderhandlung und deren Dauer. Ferner ist dieser Betrag das Ergebnis einer Reihe von zahlenmäßigen Bewertungen, die die Kommission entsprechend den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen vornimmt. Für die Festlegung dieses Betrags sind u. a. verschiedene Umstände maßgeblich, die mit dem individuellen Verhalten des fraglichen Unternehmens zusammenhängen, etwa dem Vorliegen von erschwerenden oder mildernden Umständen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Randnrn. 82 und 85).

    142    Aus diesem rechtlichen Rahmen lässt sich nicht ableiten, dass die Kommission sicherstellen müsste, dass der Gesamtbetrag der solchermaßen errechneten und gegen die Kartellteilnehmer verhängten Geldbußen im Verhältnis zum Marktvolumen des betreffenden Erzeugnisses in einem bestimmten Jahr der Zuwiderhandlung steht, wenn die Zuwiderhandlung mehr als 20 Jahre angedauert hat und die Höhe der Geldbußen auch von anderen Umständen abhängt, die mit dem individuellen Verhalten der betroffenen Unternehmen zusammenhängen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 342).

    143    Zu dem Verhältnis zwischen dem Jahresumsatz der Klägerin und der Höhe der gegen sie festgesetzten Geldbuße ist zum einen festzustellen, dass die Kommission bei der Bemessung der Schwere der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung in der Tat auf den im Jahr 1996 erzielten Umsatz abgestellt hat, zum anderen, dass der entsprechende Ausgangsbetrag von 8,5 Mio. Euro geringer war als derjenige, den die Kommission nach Abschnitt A dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen hätte ansetzen können, nämlich 20 Mio. Euro (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II-0000, Randnr. 180). Der Umstand, dass die Kommission den Umsatz eines Jahres hätte berücksichtigen müssen, in dem die Klägerin auf dem relevanten Markt vertreten war, ist insoweit für sich genommen unerheblich.

    144    Im Übrigen soll Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhindern, dass Geldbußen unverhältnismäßig sind. Da die endgültige Geldbuße im vorliegenden Fall die Umsatz-Obergrenze von 10 % nicht übersteigt, kann sie nicht deswegen als unverhältnismäßig angesehen werden, weil die Geldbußen insgesamt das Gesamtvolumen des relevanten Markts oder die gegen Trioplast Wittenheim bzw. die Klägerin verhängte Geldbuße jeweils den mit dem betreffenden Produkt erzielten Jahresumsatz dieser Unternehmen übersteigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 135 angeführt, Randnr. 200). Anders als die Klägerin geltend macht, ist die Umsatz-Obergrenze von 10 % anzuwenden, ohne dass die besondere Rolle eines Unternehmens in dem Kartell berücksichtigt werden müsste.

    145    Zweitens ist zu dem behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen festzustellen, dass, soweit die Klägerin die Entscheidung mit anderen Bußgeldentscheidungen der Kommission vergleicht, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zwischen dem Gesamtbetrag der Geldbußen und dem Volumen des relevanten Markts, diese Entscheidungen im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur relevant sein können, wenn dargetan wird, dass die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind wie im vorliegenden Fall (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnr. 316).

    146    Die Klägerin hat aber nur angegeben, welche Geldbußen in den in Rede stehenden Entscheidungen insgesamt festgesetzt und welche Umsätze auf den relevanten Märkten erzielt worden sind; allein aufgrund dieser Angaben kann nicht angenommen werden, dass im vorliegenden Fall dieselben Voraussetzungen vorlägen. Die Klägerin hat nämlich nicht bewiesen, dass die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen wären wie im vorliegenden Fall.

    147    Zum anderen ist zu dem von der Klägerin angestellten Vergleich mit anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf Bischof+Klein, Nordenia International und Cofira-Sac angewandt worden ist. Der Betrag, bis zu dem die Klägerin gesamtschuldnerisch haftet, ist hingegen nicht aufgrund dieser Regelung herabgesetzt worden. Zum größten Teil hierauf ist zurückzuführen, was die Klägerin als Missverhältnis zwischen den Endbeträgen einstuft. Nach der Rechtsprechung kann dies aber nicht als Diskriminierung angesehen werden. Die unterschiedliche Behandlung ist nämlich die unmittelbare Folge der in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegten Obergrenze für Geldbußen, deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage gestellt worden ist und die offensichtlich nur für die Fälle gilt, in denen die vorgesehene Geldbuße 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens überschreiten würde (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 185).

    148    Drittens ist zu dem Vorbringen, die Klägerin habe aus dem Kartell keinen Vorteil gezogen, festzustellen, dass die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegensteht, da diese sonst ihren abschreckenden Charakter verlieren würde. Folglich braucht die Kommission für die Festsetzung der Geldbußen weder nachzuweisen, dass die Zuwiderhandlung den betreffenden Unternehmen einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat, noch gegebenenfalls das Fehlen eines aus der fraglichen Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils zu berücksichtigen (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 4881). Dieses Vorbringen geht daher ins Leere.

    149    Zu der Rüge, die Kommission habe die prekäre finanzielle Lage von Trioplast Wittenheim zum Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens nicht berücksichtigt, ist festzustellen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, bei der Festsetzung der Geldbuße die defizitäre Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 1983, IAZ International Belgium u. a./Kommission, 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, Slg. 1983, 3369, Randnrn. 54 und 55).

    150    Im Übrigen ist es nicht erforderlich, auf den von der Kommission vorgenommenen, aber von der Klägerin nicht geltend gemachten Verweis auf Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen einzugehen, wonach die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu berücksichtigen ist, denn diese Rechtsprechung wird durch diese Leitlinie nicht in Frage gestellt. Diese Leistungsfähigkeit ist nämlich nur im „gegebenen sozialen Umfeld“ relevant, d. h. im Licht der Folgen, die die Zahlung der Geldbuße u. a. in Form einer Zunahme der Arbeitslosigkeit oder einer Beeinträchtigung der dem betreffenden Unternehmen vor- und nachgelagerten Wirtschaftssektoren hätte (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnrn. 105 und 106). Im vorliegenden Fall ist im Vorverfahren aber keinerlei Beweismittel für das Vorliegen eines solchen Umfelds vorgebracht worden.

    151    Zu dem Hinweis der Klägerin auf die Situation von FLS Plast ist festzustellen, dass die Klägerin, obwohl sie vom Gericht in der mündlichen Verhandlung aufgefordert worden ist, insoweit nähere Angaben zu machen, einen Zusammenhang zwischen der Insolvenz von Trioplast Wittenheim und der Behandlung von FLS Plast durch die Kommission nicht dargetan hat.

    152    Viertens ist der von der Klägerin befürwortete Vergleich zwischen den Geldbußen, die im vorliegenden Fall festgesetzt worden sind, und denjenigen, die nach den neuen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen festzusetzen gewesen wären, nicht anzustellen. Den rechtlichen Rahmen für den vorliegenden Fall stellen nämlich die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen dar; dass die Kommission später neue Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen veröffentlicht hat, lässt die zeitliche Anwendbarkeit der früheren Leitlinien unberührt.

    153    Nach alledem ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

     Der sechste Klagegrund: die Beachtung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit

    –       Vorbringen der Parteien

    154    Die Klägerin rügt zum einen einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 und die Art. 23 Abs. 1 dieser Verordnung zugrunde liegenden Grundsätze, zum anderen einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, wie er in der Rechtsprechung und der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) Ausdruck gefunden hat. Die Klägerin macht geltend, nach diesen Grundsätzen müsse jede Maßnahme der Organe, die Rechtswirkungen entfalte, klar und deutlich sein und dem Adressaten so zur Kenntnis gebracht werden, dass dieser die Auswirkungen und Folgen dieser Maßnahme sicher erkennen könne.

    155    Die Klägerin macht hierzu geltend, in der angefochtenen Entscheidung sei nicht klar bestimmt, inwieweit sie für die Zuwiderhandlung von Trioplast Wittenheim hafte und welche Geldbuße sie schließlich zu zahlen habe. Es sei nämlich nicht angegeben, wie die Zahlung der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße in Höhe von 17,85 Mio. Euro zwischen der Klägerin einerseits und FLS Plast und FLSmidth andererseits aufzuteilen sei, da die Beträge, bis zu denen diese Muttergesellschaften hafteten, den für Trioplast Wittenheim festgesetzten Betrag insgesamt überstiegen. Durch die angefochtene Entscheidung sei so Rechtsunsicherheit begründet worden, die möglicherweise zu einem Rechtsstreit zwischen den verschiedenen Muttergesellschaften vor den nationalen Gerichten oder einem Schiedsgericht führen könne, da diese noch die Aufteilung ihrer gegenseitigen Verantwortlichkeiten bestimmen müssten.

    156    Da die Beträge, bis zu denen die aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften gesamtschuldnerisch hafteten, insgesamt die gegen Trioplast Wittenheim festgesetzte Geldbuße überstiegen, könne sich die Kommission nicht auf ihre Freiheit berufen, die Geldbuße von dem Unternehmen einzufordern, das aller Voraussicht nach in der Lage sei, zu zahlen. Die Muttergesellschaften hafteten zusammen mit Trioplast Wittenheim gesamtschuldnerisch jeweils nur für einen verschiedenen Teil der Zuwiderhandlung. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung sei die Kommission lediglich befugt, einen Teil der Geldbuße je nach dem Zeitraum, auf den diese entfalle, entweder von FLS Plast und FLSmidth oder Trioplast Wittenheim bzw. von der Klägerin oder Trioplast Wittenheim einzufordern. Im vorliegenden Fall habe die Kommission eine faktische gesamtschuldnerische Haftung von FLS Plast und FLSmidth einerseits und der Klägerin andererseits erfunden, für die es keinerlei Rechtsgrundlage gebe.

    157    Zum anderen wiederholt die Klägerin Argumente, die sie im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes vorgebracht hat, nämlich, dass die Kommission verkannt habe, dass Trioplast Wittenheim zur Compagnie de Saint-Gobain gehört habe, und dass die Haftung der Muttergesellschaften insgesamt über den Betrag der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße hinausgehe. Nach ihrer Auffassung hätte die Kommission eine der von ihr vorgeschlagenen Methoden anwenden müssen.

    158    Die Kommission stellt zunächst fest, dass Trioplast Wittenheim nach der angefochtenen Entscheidung einen Betrag von 17,85 Mio. Euro schulde. Von diesem Betrag hätten FLS Plast und FLSmidth gesamtschuldnerisch höchstens 15,30 Mio. Euro zu zahlen und die Klägerin höchstens 7,73 Mio. Euro. Jede Zahlung durch eines dieser vier Unternehmen sei auf den Gesamtbetrag von 17,85 Mio. Euro anzurechnen. Sie, die Kommission, verfüge über das Ermessen, die Zahlung von dem Unternehmen zu verlangen, das am ehesten in der Lage sei, diese Verpflichtung zu erfüllen. Wenn eines oder mehrere der gesamtschuldnerisch haftenden Unternehmen gezahlt hätten, sei es deren Sache, zu bestimmen, in welchem Verhältnis die Adressaten jeweils die Zahlung zu tragen hätten und welche Ausgleichungen gegebenenfalls unter ihnen vorzunehmen seien.

    159    Die Kommission stellt klar, dass sie nicht behaupte, dass FLS Plast und FLSmidth zusammen mit der Klägerin gesamtschuldnerisch hafteten. Die Klägerin hafte zusammen mit Trioplast Wittenheim gesamtschuldnerisch nur für den sie betreffenden Anteil an der Dauer der Zuwiderhandlung. Außerdem habe sie, die Kommission, nicht bestimmen müssen, wie die Verpflichtung zur Zahlung letztlich zwischen der Klägerin und Trioplast Wittenheim bzw. FLS Plast und FLSmidth und Trioplast Wittenheim aufzuteilen sei.

    160    Sodann tritt die Kommission unter Verweis auf ihr Vorbringen im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes dem Vorbringen zur Haftung für die Zeit, in der Trioplast Wittenheim der Compagnie de Saint-Gobain gehörte, und zum Übersteigen der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße entgegen.

    –       Würdigung durch das Gericht

    161    Bei dem Grundsatz der Rechtssicherheit handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der insbesondere verlangt, dass jede Maßnahme der Organe der Europäischen Union, insbesondere wenn sie Sanktionen verhängt oder die Verhängung gestattet, klar und bestimmt ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission und Rat, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43, und Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 66).

    162    Die Klägerin rügt im Wesentlichen, dass die Beträge, bis zu denen einerseits sie und andererseits FLS Plast und FLSmidth nach der angefochtenen Entscheidung gesamtschuldnerisch hafteten, insgesamt die gegen Trioplast Wittenheim verhängte Geldbuße überstiegen, so dass der Betrag, den sie letztlich zu zahlen habe, nicht genau bestimmt sei und faktisch die Kommission eine gesamtschuldnerische Haftung von ihr zusammen mit FLS Plast und FLSmidth geschaffen habe.

    163    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission, wenn eine Muttergesellschaft und eine Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden oder gebildet haben, die an einem Kartell beteiligt gewesen ist, diese Gesellschaften als Gesamtschuldner für die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verantwortlich machen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑0000, Randnrn. 58 und 59).

    164    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Trioplast Wittenheim zunächst in dem Zeitraum vom 31. Dezember 1990 bis zum 19. Januar 1999 mit FLS Plast und FLSmidth, dann in dem Zeitraum vom 21. Januar 1999 bis zum 26. Juni 2002 mit der Klägerin eine wirtschaftliche Einheit gebildet hat. Somit steht nichts dem entgegen, dass die Kommission sowohl FLS Plast und FLSmidth als auch die Klägerin als Gesamtschuldner für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft Trioplast Wittenheim festgesetzten Geldbuße verantwortlich macht. Die Kommission hat so gegen Trioplast Wittenheim eine Geldbuße in Höhe von 17,85 Mio. Euro verhängt und FLS Plast und FLSmidth einerseits und die Klägerin andererseits als Gesamtschuldner in Höhe von 15,30 Mio. Euro bzw. 7,73 Mio. Euro für die Zahlung dieser Geldbuße verantwortlich gemacht.

    165    Im Übrigen lässt Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung, wie die Kommission geltend macht, dieser bei der Beitreibung der Geldbuße bei der einen oder anderen der betreffenden juristischen Personen je nach deren Leistungsfähigkeit alle Freiheiten. So kann die Kommission die Geldbuße nach ihrer Wahl ganz oder zu einem Teil bei der Tochtergesellschaft oder bei einer oder allen Muttergesellschaften beitreiben, die die Tochtergesellschaft nacheinander kontrolliert haben, bis sie vollständig befriedigt ist. Falls sich die Kommission dafür entscheidet, die gesamte Geldbuße bei den Muttergesellschaften beizutreiben, kann sie sich gegebenenfalls veranlasst sehen, bei der Klägerin den Höchstbetrag, bis zu dem diese gesamtschuldnerisch haftet, beizutreiben, d. h. 7,73 Mio. Euro, und den Rest der Geldbuße bei FLS Plast und FLSmidth, wobei dieser Rest den Betrag von 15,30 Mio. Euro notwendigerweise unterschreiten wird, bis zu dem diese Unternehmen gesamtschuldnerisch haften. Umgekehrt kann die Kommission es auch vorziehen, bei FLS Plast und FLSmidth den Höchstbetrag, bis zu dem diese Unternehmen gesamtschuldnerisch haften, beizutreiben. In diesem Fall könnte sie bei der Klägerin nur einen Betrag beitreiben, der den Betrag, bis zu dem diese gesamtschuldnerisch haftet, unterschreitet.

    166    Aufgrund der Wahlfreiheit der Kommission bei der Durchführung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung hängt der tatsächlich bei der Klägerin beigetriebene Betrag also ganz klar von den bei FLS Plast und FLSmidth beigetriebenen Beträgen ab und umgekehrt, ohne dass dies in irgendeiner Weise mit dem abschreckenden Charakter der Geldbußen gerechtfertigt werden könnte.

    167    Die Klägerin einerseits und FLS Plast und FLSmidth andererseits haben aber zu keinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Einheit gebildet. Diese Muttergesellschaften haben nacheinander mit Trioplast Wittenheim zwei gesonderte wirtschaftliche Einheiten gebildet, die jeweils zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen für das Kartell verantwortlich gewesen sind. Da die aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften untereinander somit in keiner Weise gesamtschuldnerisch haften, kann die angefochtene Entscheidung der Kommission nicht die Befugnis geben, den tatsächlich bei der Klägerin beigetriebenen Betrag von dem bei den anderen Muttergesellschaften beigetriebenen abhängig zu machen und umgekehrt.

    168    Zwar wird die persönliche Verantwortlichkeit bei der Begehung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung für jede einzelne Muttergesellschaft festgestellt, jeweils unter Berücksichtigung der Dauer, während der sie Trioplast Wittenheim kontrolliert hat, des Fehlens von erschwerenden oder mildernden Umständen in ihrem Fall und ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission während der Untersuchung, wie aus den Erwägungsgründen 782, 783, 785 bis 812, 836 bis 841 und 862 bis 865 der Entscheidung hervorgeht. Bei den so festgesetzten Beträgen handelt es sich aber um Höchstbeträge der jeweiligen gesamtschuldnerischen Haftung der einzelnen aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften für Trioplast Wittenheim.

    169    Da die Klägerin einerseits und FLS Plast und FLSmidth andererseits aber zu keinem Zeitpunkt zusammen eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben, darf der tatsächlich von der Klägerin gezahlte Betrag nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen deren Anteil an der gesamtschuldnerischen Haftung nicht übersteigen. Dieser Anteil entspricht dem Verhältnis des für die Klägerin festgesetzten Betrags zum Gesamtbetrag, bis zu dessen Höhe die aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften jeweils gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße haften. Der Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, nach dem gegen eine wirtschaftliche Einheit nur Sanktionen für die Handlungen verhängt werden können, die ihr individuell zur Last gelegt worden sind, gilt in allen Verwaltungsverfahren, die aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften zu Sanktionen führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnr. 119).

    170    Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung, der den auf die Klägerin entfallenden Anteil nicht angibt und der der Kommission bei der Umsetzung der jeweiligen gesamtschuldnerischen Haftung der einzelnen aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften, die zu keinem Zeitpunkt zusammen eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben, eine umfassende Freiheit einräumt, ist daher nicht mit der aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgenden Verpflichtung der Kommission vereinbar, es der Klägerin zu ermöglichen, unzweideutig zu erkennen, welchen genauen Betrag sie für den Zeitraum, für den sie zusammen mit Trioplast Wittenheim gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich ist, zu zahlen hat. Somit verstößt die angefochtene Entscheidung sowohl gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit als auch gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen.

    171    Aus allen diesen Gründen hat der sechste Klagegrund Erfolg. Somit ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung, ohne dass der vorliegende Klagegrund unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung geprüft werden müsste, für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft.

    2.     Der Hilfsantrag auf Herabsetzung der Geldbuße

    172    Soweit die von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe zur Stützung ihres Antrags auf Herabsetzung der Geldbuße geltend gemacht werden, enthält die angefochtene Entscheidung, wie oben in den Randnrn. 94 bis 98 ausgeführt, insoweit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als die Kommission bei der Klägerin das Jahr 1996 als Referenzjahr für die Bemessung der Schwere der Zuwiderhandlung gewählt hat. Somit hat das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 einen neuen Ausgangsbetrag für die Berechnung des Betrags, bis zu dem die Klägerin gesamtschuldnerisch für die gegen ihre Tochtergesellschaft festgesetzte Geldbuße haftet, zu bestimmen. Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen erscheint es unter Berücksichtigung der im vorliegenden Fall gegebenen Umstände, wie sie sich aus den Akten ergeben, angemessen, den Ausgangsbetrag der Klägerin auf 3 Mio. Euro festzusetzen.

    173    Entsprechend ist für die Klägerin unter Berücksichtigung des gebotenen Aufschlags für die Dauer der Beteiligung der Klägerin am Kartell einerseits und der gebotenen Herabsetzung wegen der Mitteilung über die Zusammenarbeit andererseits ein Betrag von 2,73 Mio. Euro festzusetzen. Aus dem Ergebnis, zu dem das Gericht oben in Randnr. 171 gelangt ist, nämlich, dass der sechste Klagegrund Erfolg hat, ergibt sich, dass der Anteil der Klägerin an der gesamtschuldnerischen Haftung der aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften für die Zahlung der gegen Trioplast Wittenheim verhängten Geldbuße auf der Grundlage dieses Betrags zu bestimmen ist.

    174    Da die anderen für die Berechnung des auf die Klägerin entfallenden Anteils im Sinne von Randnr. 169 maßgeblichen Faktoren, vor allem der für die anderen Muttergesellschaften von Trioplast Wittenheim festgesetzte Betrag, nicht rechtskräftig festgestellt sind und im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht ermittelt werden können, ist es Sache der Kommission, gemäß ihrer Verpflichtung aus Art. 266 AEUV die sich aus dem vorliegenden Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen und den Anteil der Klägerin nach den maßgeblichen Faktoren zu bestimmen, sobald diese rechtskräftig festgestellt sind.

     Kosten

    175    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

    176    Da die Klägerin im vorliegenden Fall mit ihrer Klage teilweise obsiegt hat, erscheint es angemessen, ihr die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Kommission aufzuerlegen, während die Kommission die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Klägerin trägt.

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Sechste Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

    1.      Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG (Sache COMP/F/38.354 – Industrielle Sackverpackungen) wird für nichtig erklärt, soweit er die Trioplast Industrier AB betrifft.

    2.      Der Trioplast Industrier zugeschriebene Betrag, auf dessen Grundlage ihr Anteil an der gesamtschuldnerischen Haftung der aufeinanderfolgenden Muttergesellschaften für die Zahlung der gegen die Trioplast Wittenheim SA verhängten Geldbuße zu bestimmen ist, wird auf 2,73 Millionen Euro festgesetzt.

    3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    4.      Trioplast Industrier trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Kommission.

    5.      Die Kommission trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Trioplast Industrier.

    Meij

    Vadapalas

    Truchot

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2010.

    Inhaltsverzeichnis


    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    Verwaltungsverfahren

    Angefochtene Entscheidung

    Verfahren und Anträge der Parteien

    Rechtliche Würdigung

    1.  Die Anträge auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

    Der erste Klagegrund: Fehler bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung und der Festsetzung der Höhe der Geldbuße

    Der dritte Teil des ersten Klagegrundes: Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der erste Teil des ersten Klagegrundes: Rechtmäßigkeit der Berechnungsweise der Geldbuße

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der zweite Teil des ersten Klagegrundes: Rechtswidrigkeit der Bemessung der Schwere der Zuwiderhandlung bei der Festsetzung der Geldbuße

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der zweite Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Weigerung der Kommission, mildernde Umstände zuzubilligen

    Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der vierte Klagegrund: der Kronzeugenantrag

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der fünfte Klagegrund: die Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    Der sechste Klagegrund: die Beachtung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit

    –  Vorbringen der Parteien

    –  Würdigung durch das Gericht

    2.  Der Hilfsantrag auf Herabsetzung der Geldbuße

    Kosten


    * Verfahrenssprache: Schwedisch.

    Top