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Document 62006CO0525
Order of the Court (Second Chamber) of 24 March 2009.#De Nationale Loterij NV v Customer Service Agency BVBA.#Reference for a preliminary ruling: Rechtbank van koophandel te Hasselt - Belgium.#Appeal against a judgment making a reference for a preliminary ruling - Appeal court giving judgment itself in the main proceedings - No need to reply.#Case C-525/06.
Beschluss des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 24. März 2009.
De Nationale Loterij NV gegen Customer Service Agency BVBA.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van koophandel te Hasselt - Belgien.
Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt wird - Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits durch das Rechtsmittelgericht selbst - Erledigung der Vorlagefragen.
Rechtssache C-525/06.
Beschluss des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 24. März 2009.
De Nationale Loterij NV gegen Customer Service Agency BVBA.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van koophandel te Hasselt - Belgien.
Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt wird - Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits durch das Rechtsmittelgericht selbst - Erledigung der Vorlagefragen.
Rechtssache C-525/06.
Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-02197
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:179
*A9* Rechtbank van koophandel Hasselt, uitspraak van 15/12/2006 (AR 06/02792 ; Rep. 8785)
*I1* Hof van beroep Antwerpen, 5e bis kamer, arrest van 08/11/2007 (2007/AR/540 ; 2007/8322 ; Nummer 367)
Rechtssache C-525/06
De Nationale Loterij NV
gegen
Customer Service Agency BVBA
(Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank van koophandel te Hasselt)
„Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt wird – Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits durch das Rechtsmittelgericht selbst – Erledigung der Vorlagefragen“
Leitsätze des Beschlusses
Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Abänderung einer Vorlagefrage durch das Rechtsmittelgericht, das den Rechtsstreit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens selbst entschieden hat – Fehlen eines beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits – Erledigung
(Art. 234 EG)
1 Die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens liegt nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass das Ersuchen für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist. Daher braucht der Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen eines Gerichts nicht zu beantworten, wenn die Entscheidung über die Vorlage von einem Rechtsmittelgericht geändert wurde, das den Rechtsstreit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens selbst entschieden und damit die Verantwortung für die Wahrung des Gemeinschaftsrechts übernommen hat, und es den Rechtsstreit vor dem vorlegenden Gericht aufgrund des Rechtsmittels nicht mehr gibt.
Ein solches Vorabentscheidungsersuchen ist nicht zu beantworten, auch wenn es an einer Rücknahme dieses Ersuchens durch das vorlegende Gericht fehlt, dessen Sache es grundsätzlich ist, die Konsequenzen aus einem Urteil über das Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der das Vorabentscheidungsersuchen beschlossen wird, zu ziehen und insbesondere zu entscheiden, ob sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten, abzuändern oder zurückzuziehen ist.
(vgl. Randnrn. 8-11 und Tenor)
BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
24. März 2009(*)
„Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt wird – Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits durch das Rechtsmittelgericht selbst – Erledigung der Vorlagefragen“
In der Rechtssache C‑525/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Rechtbank van koophandel te Hasselt (Belgien) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Dezember 2006, in dem Verfahren
De Nationale Loterij NV
gegen
Customer Service Agency BVBA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann (Berichterstatter), P. Kūris und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.
2 Es ergeht im Rahmen des Verfahrens De Nationale Loterij NV (im Folgenden: Nationale Loterij) gegen die Customer Service Agency BVBA, das zum einen auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Tätigkeiten der Customer Service Agency BVBA, die darin bestehen, Personen für die Einzel- oder Gruppenteilnahme an Euro Millions, einer Art Lotterie auf europäischer Ebene, anzuwerben, gegen die lauteren Handelsbräuche und gegen das gesetzliche Monopol der Nationale Loterij für die Veranstaltung von öffentlichen Lotterien verstoßen, und zum anderen auf die Anordnung der sofortigen Einstellung dieser Tätigkeiten.
3 Die Rechtbank van koophandel te Hasselt hat Zweifel an der Vereinbarkeit der von ihr anzuwendenden belgischen Glücksspielregelung, namentlich des Gesetzes zur Rationalisierung der Tätigkeit und der Verwaltung der Nationale Loterij (Wet tot rationalisering van de werking en het beheer van de Nationale Loterij) vom 19. April 2002 (Belgisch Staatsblad, 4. Mai 2002, S. 18828), mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere an der Vereinbarkeit des gesetzlichen Monopols der Nationale Loterij für die Veranstaltung öffentlicher Lotterien mit Art. 49 EG; sie hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 49 EG dahin auszulegen, dass beschränkende nationale Bestimmungen wie Art. 37 des Gesetzes vom 19. April 2002, die den Marktzugang eines Unternehmens im Hinblick auf einen auf Gewinnerzielung gerichteten Verkauf von Gruppenteilnahmeformularen an Euro Millions behindern, dennoch unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses (Verhinderung von Geldverschwendung durch Spielen) in Anbetracht dessen zulässig sind, dass
a) die Nationale Loterij, die vom belgischen Staat ein gesetzliches Monopol erworben hat und dafür eine Monopolabgabe entrichtet und die sich die Kanalisierung der dem Menschen angeborenen Spielsucht zum Ziel setzt, regelmäßig Werbung für die Teilnahme an Euro Millions betreibt, wodurch die Spielsucht in Wirklichkeit angefacht wird;
b) die von der Nationale Loterij regelmäßig betriebene Werbung und ihre Verkaufsmethoden markterweiternd wirken, wobei sich die Nationale Loterij von der Gewinnmaximierung (finanzielle Gründe) leiten lässt, anstatt die angeborene Spielsucht der Bürger zu kanalisieren;
c) weniger beschränkende Maßnahmen wie die Begrenzung von Einsatz- und Gewinnmöglichkeiten das verfolgte Ziel, nämlich die Kanalisierung der angeborenen Spielsucht, besser eingrenzen können?
2. Steht eine beschränkende nationale Bestimmung wie Art. 37 des Gesetzes vom 19. April 2002, die den Marktzugang eines Unternehmens im Hinblick auf einen auf Gewinnerzielung gerichteten Verkauf von Gruppenteilnahmeformularen an Euro Millions verhindert, in Anbetracht dessen, dass die Beklagte selbst keine Lotterie veranstaltet, sondern nur die Teilnahme in Gruppen an Euro Millions über eigene Teilnahmeformulare der Nationale Loterij in gewinnbringender Weise zu organisieren sucht, im Widerspruch zum freien Dienstleistungsverkehr (Art. 49 EG)?
4 Nach Anrufung des Gerichtshofs legte die Nationale Loterij beim Hof van beroep te Antwerpen Berufung gegen die Vorlageentscheidung ein.
5 Mit Urteil vom 8. November 2007 änderte das Berufungsgericht die Vorlageentscheidung ab und verurteilte die Customer Service Agency BVBA wegen Verstoßes gegen die nationale Regelung unter Androhung eines Zwangsgelds von 5 000 Euro je festgestellter Zuwiderhandlung zur Einstellung ihrer Tätigkeiten. In seinem Urteil stellte der Hof van beroep te Antwerpen fest, dass das erstinstanzliche Gericht die Frage nach der Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit Art. 49 EG zu Recht aufgeworfen habe. Die Antwort auf diese Frage sei jedoch offensichtlich, so dass es nicht erforderlich sei, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen. Nach einer Prüfung der nationalen Regelung im Licht des Urteils des Gerichtshofs vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C‑243/01, Slg. 2003, I‑13031), kam er zu dem Ergebnis, dass sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.
6 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass Art. 234 EG im Hinblick auf ein Gericht, dessen Entscheidungen mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nicht ausschließt, dass gegen die Entscheidungen, mit denen ein solches Gericht den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht, die normalen Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts gegeben sind (Urteile vom 12. Februar 1974, Rheinmühlen-Düsseldorf, 146/73, Slg. 1974, 139, Randnr. 3, und vom 16. Dezember 2008, Cartesio, C‑210/06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 89).
7 Die Auslegung des Art. 234 EG in Randnr. 98 des Urteils Cartesio ist für das Ausgangsverfahren nicht relevant. In der Rechtssache, in der das Urteil Cartesio ergangen ist, sah sich der Gerichtshof nationalen Rechtsvorschriften gegenüber, die das Recht zum Gegenstand hatten, gegen eine Entscheidung, mit der ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt wird, Rechtsmittel einzulegen, und die dadurch gekennzeichnet waren, dass das Ausgangsverfahren insgesamt beim vorlegenden Gericht anhängig blieb und nur die Vorlageentscheidung Gegenstand eines beschränkten Rechtsmittels war. In Randnr. 98 des Urteils hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 234 Abs. 2 EG dahin auszulegen ist, dass die mit dieser Vertragsbestimmung den nationalen Gerichten eingeräumte Befugnis zur Anrufung des Gerichtshofs nicht durch die Anwendung dieser Rechtsvorschriften in Frage gestellt werden darf, nach denen das Rechtsmittelgericht die Entscheidung, mit der die Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof beschlossen wird, abändern, außer Kraft setzen und dem Gericht, das diese Entscheidung erlassen hat, aufgeben kann, das ausgesetzte nationale Verfahren fortzusetzen. Eine solche Auslegung lässt sich nicht auf das Ausgangsverfahren übertragen, weil dort der Rechtsstreit nicht mehr beim vorlegenden Gericht anhängig ist.
8 Der Hof van beroep te Antwerpen hat nämlich den Rechtsstreit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens selbst entschieden und damit die Verantwortung für die Wahrung des Gemeinschaftsrechts übernommen.
9 Daher ist festzustellen, dass es den Rechtsstreit vor dem vorlegenden Gericht nicht mehr gibt.
10 Da die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen liegt, sondern darin, dass das Ersuchen für die tatsächliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. u. a. Urteil vom 20. Januar 2005, García Blanco, C‑225/02, Slg. 2005, I‑523, Randnr. 28), erübrigt sich somit die Beantwortung der Vorlagefragen.
11 Trotz fehlender Rücknahme des Vorabentscheidungsersuchens durch das vorlegende Gericht, dessen Sache es grundsätzlich ist, die Konsequenzen aus einem Urteil über das Rechtsmittel gegen die Entscheidung, mit der das Vorabentscheidungsersuchen beschlossen wird, zu ziehen und insbesondere zu entscheiden, ob sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten, abzuändern oder zurückzuziehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Cartesio, Randnr. 96), ist daher im vorliegenden Fall festzustellen, dass das Vorabentscheidungsersuchen nicht zu beantworten ist.
12 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) beschlossen:
Das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-525/06 ist nicht zu beantworten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Niederländisch.