Conclusions
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JACOBS
vom 20. Januar 2005(1)
Rechtssache C-434/03
P. Charles und T. S. Charles-Tijmens
gegen
Staatssecretaris van Financiën
„“
1.
In dieser Rechtssache ersucht der Hoge Raad der Nederlanden den Gerichtshof um Erläuterungen einiger Aspekte der Bestimmungen
über den Vorsteuerabzug bei der Mehrwertsteuer und dessen Berichtigungen, wenn Investitionsgüter teilweise für besteuerte
(2)
Umsätze und teilweise für private Zwecke verwendet werden.
2.
Er möchte wissen, ob eine nationale Bestimmung, die es nicht zulässt, solche Gegenstände als vollständig zum Unternehmensvermögen
gehörend zu betrachten, wobei ihre private Verwendung als Lieferung gegen Entgelt betrachtet wird, mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar ist.
Mehrwertsteuerregelung der Gemeinschaft
Die grundlegenden Bestimmungen
3.
Das Wesen des Mehrwertsteuersystems wird in Artikel 2 der Ersten Mehrwertsteuerrichtlinie
(3)
beschrieben:
„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl
der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine
zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchssteuer anzuwenden ist.
Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz
auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der
die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird bis auf die Einzelhandelsstufe einschließlich angewandt.“
4.
Somit bleibt in diesem System aufeinander folgender Erhebungen und Abzüge der Steuer ein Händler nicht mit der Mehrwertsteuer
auf die Gegenstände und Dienstleistungen belastet, die er für die Zwecke seines Unternehmens erwirbt. Nach der Einzelhandelsstufe
jedoch – und für alle Umsätze außerhalb des Unternehmensbereichs – wird Mehrwertsteuer weder erhoben, noch ist sie abziehbar.
5.
Eingehendere Bestimmungen sind in der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie
(4)
enthalten.
6.
Der Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer wird in Artikel 2 festgelegt, wonach zu den der Mehrwertsteuer unterliegenden Vorgängen
„Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen“ sowie die Einfuhr von Gegenständen gehören.
7.
Als Steuerpflichtiger gilt nach Artikel 4 Absatz 1, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck
und mit welchem Ergebnis. Wirtschaftliche Tätigkeiten sind nach Artikel 4 Absatz 2 „alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers
oder Dienstleistenden“, und zwar auch „die Nutzung von körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung
von Einnahmen“.
8.
Die Grundzüge des Rechts auf Vorsteuerabzug sind in Artikel 17 der Sechsten Richtlinie geregelt: Artikel 17 Absatz 2 bestimmt:
„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige
befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer
für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw.
erbracht wurden oder erbracht werden …“ Dieses Recht entsteht nach Artikel 17 Absatz 1, wenn der Anspruch auf die abziehbare
Steuer entsteht.
9.
Da das Abzugsrecht nur in Bezug auf Lieferungen gilt, die für die Zwecke besteuerter Umsätze verwendet werden, besteht dieses
Recht nicht, wenn sie für die Zwecke steuerbefreiter Umsätze, also insbesondere von in Artikel 13 der Richtlinie aufgeführten
Umsätzen, oder für die Zwecke von Umsätzen verwendet werden, die überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer
fallen, wie solche, die nicht gegen Entgelt oder nicht von einem Steuerpflichtigen getätigt werden, der als solcher tätig
wird, insbesondere als Teil einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Artikel 4.
Die Probleme der „gemischten“ Verwendung
10.
Eine Reihe von Bestimmungen behandelt Aspekte der Schwierigkeiten, die daraus entstehen können, dass, aus welchem Grund auch
immer, besteuerte Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen an einen Steuerpflichtigen teilweise für besteuerte Umsätze
und teilweise für andere Zwecke verwendet werden. Eindeutig ist es in solchen Situationen wichtig, die Unterscheidung zwischen
besteuerten und anderen Umsätzen und die Entsprechung zwischen Vorsteuerabzug und Belastung von Ausgangsumsätzen mit Mehrwertsteuer
aufrechtzuerhalten.
11.
Es werden zwei Arten der „gemischten“ Verwendung behandelt. Zum einen gibt es Sachverhalte, bei denen ein Steuerpflichtiger
im Laufe seiner Geschäftstätigkeit Lieferungen erwirbt und sie teilweise für Unternehmenszwecke und teilweise für unternehmensfremde
Zwecke verwendet. Auf der anderen Seite gibt es Sachverhalte, bei denen ein Unternehmen sowohl besteuerte als auch nicht besteuerte
Umsätze erzielt.
12.
Erstens sieht daher Artikel 5 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie in Bezug auf die private Nutzung von Unternehmensgegenständen
und vergleichbare Sachverhalte vor: „Einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird die Entnahme eines Gegenstands durch
einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche
Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder
teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben.“
13.
Ähnlich bestimmt Artikel 6 Absatz 2 in Bezug auf Dienstleistungen: „Dienstleistungen gegen Entgelt werden gleichgestellt:
- a)
- die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf
seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der
Mehrwertsteuer berechtigt hat;
- b)
- die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, oder für den Bedarf
seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke.
Die Mitgliedstaaten können Abweichungen von diesem Absatz vorsehen, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen
führen.“
14.
Daher bedeuten diese beiden Bestimmungen, vorbehaltlich der erwähnten Möglichkeit von Abweichungen in Artikel 6 Absatz 2,
dass ein Steuerpflichtiger, wenn er sich selbst aus seinem Unternehmen für unternehmensfremde Zwecke Gegenstände liefert oder
Dienstleistungen erbringt, nachdem er von den zu diesem Zweck erworbenen Lieferungen Vorsteuer abgezogen hat, sich im Ergebnis
selbst Mehrwertsteuer auf den Umsatz in Rechnung stellen muss.
15.
Die Besteuerungsgrundlage bestimmt sich in solchen Fällen nach Artikel 11 Teil A Absatz 1, wonach sie
„…
- b)
- bei den in Artikel 5 [Absatz] 6 … genannten Umsätzen der Einkaufspreis für die Gegenstände oder für gleichartige Gegenstände
oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung
dieser Umsätze festgestellt werden;
- c)
- bei den in Artikel 6 Absatz 2 genannten Umsätzen der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistung;
…“
ist.
16.
Zweitens behandelt Artikel 17 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie Sachverhalte, bei denen Gegenstände oder Dienstleistungen von
einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze,
für die dieses Recht nicht besteht. In solchen Fällen ist nach Unterabsatz 1 „der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer
zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt“.
17.
Nach Unterabsatz 2 wird dieser Pro-Rata-Satz nach Artikel 19 – der diesen Satz im Kern als Bruch definiert, der im Zähler
den Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze und im Nenner den Gesamtbetrag der nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigenden Umsätze führt – für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt
(5)
.
18.
Ferner sieht Artikel 20 der Sechsten Richtlinie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor, wenn dies angebracht ist:
„(1)
Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt, und zwar insbesondere:
- a)
- wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war;
- b)
- wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugs berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert
haben ...
(2)
Für Investitionsgüter wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres,
in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel der Steuer,
mit der diese Güter belastet waren. Die Berichtigung erfolgt unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug
in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden.
…
Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf zehn Jahre verlängert
werden.
…“
„Übergangs“-Bestimmungen für den Ausschluss vom Vorsteuerabzug
19.
Nach Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie legt der Rat auf Vorschlag der Kommission fest, bei welchen Ausgaben die
Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist, doch sind danach auf jeden Fall diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen,
die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
20.
Zur Regelung des Sachverhalts bis zur Entscheidung des Rates sieht Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 vor: „Bis zum Inkrafttreten
der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.“
21.
Die in Rede stehenden Bestimmungen sind tatsächlich nicht erlassen worden, so dass die Übergangsregelung anwendbar bleibt.
22.
Unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie bestand die Rechtsgrundlage für die Mehrwertsteuerregelung der damaligen
zehn Mitgliedstaaten (einschließlich der Niederlande) in der Zweiten Richtlinie
(6)
. Artikel 11 dieser Richtlinie sah im Einzelnen Folgendes vor:
„(1)
Soweit Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke des Unternehmens verwendet werden, wird der Steuerpflichtige befugt, von
der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
- a)
- die Mehrwertsteuer, die ihm für an ihn gelieferte Gegenstände und an ihn erbrachte Dienstleistungen in Rechnung gestellt wird;
…
(4)
Bestimmte Gegenstände und bestimmte Dienstleistungen können vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden, und zwar insbesondere
die Gegenstände und Dienstleistungen, die ganz oder teilweise für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals
verwendet werden können.“
23.
Artikel 11 Absatz 1 war somit der Vorläufer von Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie
(7)
, und Artikel 11 Absatz 4 verfolgte einen ähnlichen Zweck wie die Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie,
jedoch in anderer Formulierung.
Anwendbares niederländisches Recht
24.
In den Niederlanden wird die Mehrwertsteuer durch die Wet op de Omzetbelasting (Umsatzsteuergesetz) 1968 und die dazu ergangene
Durchführungsverordnung, die Uitvoeringsbeschikking Omzetbelasting, geregelt. Der Hoge Raad erläutert deren Wirkungsweise
wie folgt.
25.
Nach den Artikeln 2 und 15 Absatz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1968 kann ein Händler die Mehrwertsteuer, mit der er für Gegenstände
oder Dienstleistungen, die ihm ein anderer Händler liefert bzw. erbringt, belastet wird, abziehen, soweit diese Lieferungen
im Rahmen seines Unternehmens verwendet werden. Daher ist, wenn Gegenstände oder Dienstleistungen sowohl für Zwecke des Unternehmens
als auch für unternehmensfremde (insbesondere private) Zwecke verwendet werden, der Abzug im Umfang der unternehmensfremden
Verwendung ausgeschlossen.
26.
Nach Artikel 15 Absatz 4 des Gesetzes muss das Verhältnis zwischen der Verwendung für das Unternehmen und der unternehmensfremden
Verwendung festgelegt werden, wenn die Lieferungen zur Verwendung gelangen. Nach Artikel 12 Absatz 3 der Uitvoeringsbeschikking,
die aufgrund von Artikel 15 Absatz 6 des Gesetzes erlassen wurde, ist in der Anmeldung für den letzten Steuerzeitraum eines
Steuerjahres die abgezogene Vorsteuer auf der Grundlage der Angaben für das gesamte Steuerjahr neu zu berechnen. Danach ist
keine Neuberechnung oder Änderung des Vorsteuerabzugs mehr möglich, und das Gesetz sieht keine nachfolgende Steuerbelastung
für Eigenlieferungen wie in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie vor.
27.
Die Bestimmungen in der Uitvoeringsbeschikking wurden 1969 zur Umsetzung von Artikel 11 Absatz 1 der Zweiten Mehrwertsteuerrichtlinie
festgelegt. Sie traten daher für die Zwecke von Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie vor dieser Richtlinie in Kraft.
Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefragen
28.
Im März 1997 erwarben P. Charles und T. S. Charles-Tijmens (die Kassationsbeschwerdeführer) gemeinsam einen Ferienbungalow
in den Niederlanden. Er war für die Vermietung und für die private Verwendung bestimmt und wurde im fraglichen Zeitraum in
dieser Weise zu 87,5 % für die Vermietung und zu 12,5 % für private Zwecke verwendet.
29.
Nach dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht ist die Vermietung ein besteuerter Umsatz, und die Kassationsbeschwerdeführer
stellen für diese Zwecke einen einzelnen Steuerpflichtigen dar.
30.
In ihrer Mehrwertsteuererklärung für das zweite Quartal 1997 zogen die Kassationsbeschwerdeführer zunächst 87,5 % der ihnen
für den Bungalow berechneten Mehrwertsteuer ab, was zu einer Erstattung von 91 NLG führte, die mit Bescheid vom 1. Oktober
1997 erfolgte. Später nahmen sie jedoch den Standpunkt ein, dass die Vorsteuer zu 100 % abziehbar sei, und legten dementsprechend
Einspruch gegen diesen Bescheid mit dem Antrag auf Erstattung weiterer 13 NLG ein. Der Steuerinspekteur erklärte diesen Einspruch
für unzulässig.
31.
Die Kassationsbeschwerdeführer riefen dann den Gerechtshof Herzogenbusch an, der den Bescheid vom 1. Oktober 1997 bestätigte.
Er führte aus, dass die Kassationsbeschwerdeführer den Bungalow für der Mehrwertsteuer unterliegende Unternehmenszwecke, aber
auch für private Zwecke verwendeten und daher nicht die gesamte ihnen für den Bungalow berechnete Mehrwertsteuer abziehen
könnten. Er nahm den Standpunkt ein, dass die Artikel 6 Absatz 2 und 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie Beschränkungen des
Vorsteuerabzugs nicht ausschlössen, während nach Artikel 17 Absatz 6 die Mitgliedstaaten alle beim Inkrafttreten der Richtlinie
vorgesehenen Ausschlusstatbestände beibehalten dürften. Da die einschlägigen niederländischen Bestimmungen inzwischen nicht
geändert worden seien, könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs wie im Ausgangsverfahren
zulässig sei.
32.
Die Rechtssache ist jetzt in der Kassationsinstanz beim Hoge Raad anhängig, nach dessen Ansicht zwei der Kassationsgründe
Fragen des Gemeinschaftsrechts aufwerfen.
33.
Erstens, so machen die Kassationsbeschwerdeführer geltend, verstoße der teilweise Ausschluss vom Vorsteuerabzug gegen die
Sechste Richtlinie. Aus Artikel 6 Absatz 2 ergebe sich, dass die private Verwendung des Bungalows eine besteuerte Dienstleistung
sei, weil sie sich dafür entschieden hätten, die Wohnung insgesamt in ihr Unternehmensvermögen einzubeziehen. Nach Artikel
17 Absatz 2 bestehe daher ein Recht auf vollständigen Vorsteuerabzug.
34.
Zweitens beanstanden sie die Auslegung von Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie durch den Gerechtshof. Als die Sechste
Richtlinie in Kraft getreten sei, sei im niederländischen Recht außer bei Kraftfahrzeugen kein Ausschluss vom Vorsteuerabzug
in dem in dieser Bestimmung geregelten Sinne vorgesehen gewesen. Artikel 17 Absatz 6 betreffe nur Ausschlüsse der in Artikel
11 Absatz 4 der Zweiten Mehrwertsteuerrichtlinie geregelten Art in Bezug auf „bestimmte Gegenstände und bestimmte Dienstleistungen“.
Der teilweise Ausschluss vom Vorsteuerabzug in Artikel 15 Absatz 1 des Mehrwertsteuergesetzes 1968 sei nicht auf diese Bestimmung
gestützt und sei nicht von dieser Art. In Bezug auf Gegenstände wie den in Rede stehenden Bungalow habe gesetzlich kein Ausschluss
vom Abzugsrecht im Sinne von Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie bestanden, so dass Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten
Richtlinie nicht zu einem teilweisen Ausschluss vom Vorsteuerabzug ermächtige.
35.
Der Hoge Raad vergleicht die einschlägige Gemeinschaftsregelung und die einschlägige nationale Regelung und führt sodann aus,
dass beide den gleichen Zweck verfolgten und die gleichen Auswirkungen hätten und dass, soweit keine Wettbewerbsverzerrung
vorliege, Unterschiede als nach Artikel 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie mögliche Abweichungen zu betrachten seien.
36.
Allerdings seien die Auswirkungen nicht immer die gleichen. Nach der Richtlinie habe der Steuerpflichtige einen unmittelbaren
Anspruch auf vollständigen Vorsteuerabzug, und es finde keine Berichtigung in Bezug auf private Verwendung statt, bis eine
solche stattfinde. Nach dem niederländischen Recht müsse der Umfang der zukünftigen privaten Verwendung im ersten Jahr festgelegt
werden, der Vorsteuerabzug sei insoweit ausgeschlossen, und es gebe keine Bestimmung über eine Berichtigung, wenn der Umfang
der Verwendung in den folgenden Jahren abweiche. Der Steuerpflichtige ziehe einen ungerechtfertigten Vorteil, wenn er später
den Umfang seiner privaten Verwendung erhöhe, und es gebe noch keine Regelung, um entsprechende Manipulationen zu verhüten,
so dass eine Wettbewerbsverzerrung möglich sei. Umgekehrt erlege eine Verringerung der privaten Verwendung dem Steuerpflichtigen
eine ungerechtfertigte Mehrwertsteuerbelastung auf.
37.
Der Hoge Raad ersucht daher den Gerichtshof um Vorabentscheidung, ob mit der Sechsten Richtlinie – insbesondere deren Artikel
17 Absätze 1, 2 und 6 und Artikel 6 Absatz 2 – eine gesetzliche Regelung der beschriebenen Art vereinbar ist, die bereits
vor dem Erlass der Sechsten Richtlinie bestand und folgende Merkmale hat:
- –
- Es besteht keine Möglichkeit der Entscheidung, Investitionsgüter oder gleichgestellte Gegenstände oder Dienstleistungen ganz
dem Vermögen eines Unternehmens zuzuordnen, wenn der Erwerber diese Gegenstände oder diese Dienstleistungen sowohl innerhalb
des Unternehmens als auch außerhalb davon (insbesondere für private Zwecke) verwendet;
- –
- damit verbunden besteht auch keine Möglichkeit, die beim Erwerb dieser Gegenstände oder Dienstleistung in Rechnung gestellte
Steuer unmittelbar und vollständig abzuziehen;
- –
- die Erhebung von Mehrwertsteuer im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist nicht vorgesehen.
38.
Die niederländische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht; beide haben auch, wie die Kassationsbeschwerdeführer
des Ausgangsverfahrens und die deutsche Regierung, schriftliche Fragen des Gerichtshofes beantwortet. In der Sitzung haben
die Kassationsbeschwerdeführer, die deutsche und die niederländische Regierung sowie die Kommission mündliche Ausführungen
gemacht.
Würdigung
39.
Die Fragen des Hoge Raad und die vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen werfen eine Reihe von Problemen auf, deren Zusammenhang
untereinander nicht einfach ist, und eine kurze Darstellung der Art und Weise, in der ich sie behandeln möchte, dürfte in
diesem Stadium hilfreich sein.
40.
Nachdem ich zunächst die relevanten Merkmale des niederländischen Rechts darstellen werde
(8)
, werde ich das nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes geltende Erfordernis prüfen, dass es einem Steuerpflichtigen erlaubt
sein muss, einen Vermögensgegenstand, der teilweise für private Zwecke genutzt wird, seinem Unternehmen zuzuordnen
(9)
. Dies wird eine Prüfung der verschiedenen relevanten Regelungen der Sechsten Richtlinie
(10)
und des Umfangs der Ausnahme in Artikel 6 Absatz 2 letzter Satz
(11)
sowie eine Betrachtung der Wirkungen, die diese Mechanismen hervorrufen, je nachdem, ob Gegenstände in das Unternehmens-
oder in das Privatvermögen einbezogen werden
(12)
, bedingen. Ich werde auch insbesondere die unterschiedlichen Wirkungen der Ausnahme von Gegenständen vom Unternehmensvermögen
einerseits und ihrer Einbeziehung, jedoch unter Behandlung ihrer privaten Nutzung als nicht gegen Entgelt erfolgt, betrachten
(13)
. Schließlich werde ich den Geltungsbereich der Ermächtigung nach Artikel 17 Absatz 6 zur Beibehaltung vor der Richtlinie
bestehender Regelungen behandeln
(14)
.
Wahlmöglichkeit nach niederländischem Recht
41.
Vorab bestreitet die niederländische Regierung, dass nach niederländischem Recht ein Steuerpflichtiger, der sowohl für Unternehmens-
als auch für private Zwecke verwendete Investitionsgüter erwirbt, sich nicht dafür entscheiden könne, sie vollständig seinem
Unternehmensvermögen zuzuordnen. Sie hat eine Kopie eines Runderlasses vorgelegt, der eine Entscheidung des Staatssekretärs
für Finanzen vom 27. November 2002 wiedergibt, in der das Bestehen der Wahlmöglichkeit bestätigt wird. In der Sitzung hat
der Prozessbevollmächtigte der Kassationsbeschwerdeführer dieser Behauptung widersprochen, und die niederländische Regierung
hat wiederholt, dass diese Wahlmöglichkeit nach einer Verwaltungsregelung bestehe.
42.
Der Gerichtshof ist nicht für die Auslegung des niederländischen Rechts zuständig. Er muss auf der Grundlage der Darstellungen
des nationalen Rechts durch das vorlegende Gericht vorgehen. Die Frage des Hoge Raad betrifft ausdrücklich eine Rechtslage,
bei der die Möglichkeit ausgeschlossen ist, „sich bei einem Investitionsgut … für die vollständige Zugehörigkeit zum Unternehmensvermögen
zu entscheiden, falls der Erwerber diesen Gegenstand … sowohl innerhalb seines Unternehmens als auch außerhalb davon (namentlich
für den privaten Bedarf) verwendet“.
43.
Es sei jedoch Folgendes bemerkt:
- –
- Die niederländische Regierung bezieht sich auf eine Verwaltungsentscheidung, und der Gerichtshof hat wiederholt entschieden,
dass sich die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts letztlich nur durch verbindliche nationale Bestimmungen ausräumen lässt,
die denselben rechtlichen Rang haben wie die fraglichen Bestimmungen
(15)
;
- –
- die in Rede stehende Verwaltungsentscheidung wurde 2002 erlassen, während im Ausgangsverfahren das Steuerjahr 1997 der maßgebliche
Zeitraum ist;
- –
- in der Entscheidung wird ausdrücklich ausgeführt, dass dann, wenn sich der Steuerzahler für die vollständige Zugehörigkeit
eines Investitionsguts zum Unternehmensvermögen entscheidet, der Vorsteuerabzug insoweit ausgeschlossen ist, als der Gegenstand
nicht für Unternehmenszwecke verwendet wird, und dass dieser Ausschluss auf Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie gestützt
wird, und
- –
- die Möglichkeit einer ursprünglichen Wahl in dieser Hinsicht bedingt offensichtlich nicht die Möglichkeit einer späteren Berichtigung
zur Berücksichtigung einer anderen Verwendung.
Streitige Merkmale des niederländischen Systems
44.
Eindeutig unterscheidet sich das beschriebene System von der in Artikel 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie beabsichtigten
Regelung. Beide mögen weitgehend das gleiche Ziel verfolgen, doch führen beide, wie der Hoge Raad erläutert hat, in der Praxis
zu unterschiedlichen Wirkungen, insbesondere dann, wenn sich der Umfang der privaten Verwendung von Investitionsgütern, die
sowohl für Unternehmens- als auch für private Zwecke erworben worden sind, im Laufe der Zeit ändert.
45.
Es ist zu entscheiden, ob die Merkmale des niederländischen Systems dennoch mit den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie vereinbar
sind.
46.
Die vom Hoge Raad in seiner Frage beschriebenen Merkmale bestehen darin, dass (i) Investitionsgüter, die sowohl für Unternehmens-
als auch für unternehmensfremde Zwecke verwendet werden, nicht insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden können,
dass deshalb (ii) die Vorsteuer für solche Gegenstände nicht insgesamt abgezogen werden kann und dass (iii) nicht vorgesehen
ist, dass Mehrwertsteuer auf ihre private Verwendung erhoben wird. Das zweite und das dritte dieser Merkmale sind eindeutig
unmittelbare und automatische Folgen des ersten, doch möchte ich ein weiteres bedeutsames Merkmal hinzufügen, auf das dies
weniger offenkundig zutrifft und auf das der Hoge Raad in seiner Begründung aufmerksam macht: (iv) Sobald die Gegenstände
zwischen Unternehmens- und Privatvermögen aufgeteilt worden sind, kann diese Aufteilung nach dem Ende des ersten Jahres nicht
mehr berichtigt werden.
Erfordernis der Wahlmöglichkeit
47.
Wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, hat ein Steuerpflichtiger „die Wahl, ob der privat genutzte Teil eines Gegenstands
für die Anwendung [der Sechsten] Richtlinie zu seinem Unternehmen gehören soll oder nicht“
(16)
.
48.
Daher dürfte die niederländische Regelung, soweit dies nach ihr nicht möglich ist, mit der Richtlinie unvereinbar sein.
49.
Allerdings macht die niederländische Regierung geltend, dass die Regelung zum einen die Anforderungen in Artikel 17 Absatz
2 der Sechsten Richtlinie erfülle, dass kein Vorsteuerabzug für Lieferungen erfolgen dürfe, die von einem Steuerpflichtigen
für die Zwecke von Umsätzen verwendet würden, die nicht steuerpflichtig seien, und auf der anderen Seite den Zweck von Artikel
6 Absatz 2, die Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen und der Endverbraucher zu gewährleisten
(17)
. Wie die Kommission ist sie der Ansicht, dass Unterschiede zwischen der niederländischen Regelung und Artikel 6 Absatz 2
durch die Möglichkeit der Abweichung im letzten Satz dieses Absatzes zugelassen sind
(18)
. In der Sitzung hat die deutsche Regierung den Gerichtshof eigens gebeten, seine Rechtsprechung zu überdenken, wonach Steuerpflichtigen
die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmensvermögen in allen Fällen freistehen müsse.
50.
Diese Frage ist daher näher zu betrachten.
Die relevanten Probleme und Lösungen im System der Mehrwertsteuerrichtlinien
51.
Das durch die Mehrwertsteuerrichtlinien errichtete System beruht auf dem Grundsatz, dass auf der einen Seite die Vorsteuer
für Lieferungen, die von einem Steuerpflichtigen für die Zwecke seiner besteuerten Unternehmensumsätze verwendet werden, abziehbar
sein muss, während auf der anderen Seite der Endverbrauch für private Zwecke in vollem Umfang der Steuer unterliegen muss.
52.
Der Vorsteuerabzug steht im Zusammenhang mit der Erhebung der Mehrwertsteuer, so dass dann, wenn von einem Steuerpflichtigen
erworbene Lieferungen für die Zwecke von Umsätzen verwendet werden, die von der Mehrwertsteuer befreit sind oder von ihrem
Anwendungsbereich nicht erfasst werden, keine Mehrwertsteuer erhoben und keine Vorsteuer abgezogen werden kann.
53.
Schwierigkeiten können dann entstehen, wenn zwischen den Arten der Verwendung, der Lieferungen unterzogen werden, Überschneidungen
oder Wechselwirkungen bestehen.
54.
Die Sechste Richtlinie bietet zwei Wege an, mit denen solche Schwierigkeiten zu verhindern sind, doch unterscheiden sich die
Umstände ihrer Anwendung, und sie sind nicht einfach gegeneinander austauschbar.
55.
Der erste Weg betrifft die Situation, bei der ein Steuerpflichtiger in seiner Eigenschaft als Privatperson Gegenstände oder
Dienstleistungen entnimmt, die ursprünglich als für besteuerte Unternehmenszwecke bestimmt galten und für die daher ursprünglich
Vorsteuer abgezogen wurde. Nach den weitgehend parallelen Bestimmungen von einerseits Artikel 5 Absatz 6, wenn es um die Entnahme
von Gegenständen geht, oder andererseits Artikel 6 Absatz 2 in Fällen wie dem vorliegenden, in dem es um Dienstleistungen
geht, gilt im Ergebnis, dass der Steuerpflichtige in der doppelten Eigenschaft als Unternehmenslieferant und privater Abnehmer
auftritt, so dass er Mehrwertsteuer auf den „Umsatz“ zu entrichten hat.
56.
Der zweite Weg ist das System des anteiligen Abzugs nach den Artikeln 17 Absatz 5 und 19, wenn ein Unternehmen sowohl besteuerte
als auch nicht besteuerte Umsätze tätigt. Nach der Grundregel ist, berechnet auf jährlicher Grundlage, ein Teil der Vorsteuer,
der dem Nettowert der besteuerten Umsätze geteilt durch den Nettowert sämtlicher Umsätze des Unternehmens entspricht, absetzbar.
57.
Artikel 20 sieht ferner vor, dass der Vorsteuerabzug u. a. dann berichtigt wird, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung
des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, geändert haben. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Änderung ist im Fall
von Investitionsgütern erheblich, die oft eine Reihe von Jahren lang genutzt werden, während deren sich die Zwecke ändern
können, für die sie verwendet werden. Daher gibt es einen Berichtigungszeitraum von fünf Jahren, der bei Grundstücken auf
20 Jahre erweitert werden kann, mit unterschiedlichen Vorsteuerabzügen, die während des ganzen Zeitraums schwanken
(19)
.
58.
Es ist nützlich, die entscheidenden Punkte der beiden Systeme zu vergleichen.
59.
Erstens finden beide Systeme nur dann Anwendung, wenn besteuerte Lieferungen innerhalb des Unternehmensbereichs erworben werden.
Die Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 betreffen Gegenstände, die Teil des Unternehmensvermögens bilden, oder Dienstleistungen,
die von einem Unternehmen erbracht werden. Artikel 17 Absatz 5 betrifft Gegenstände oder Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen
sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte – d. h. befreite – Umsätze verwendet werden. Keine der beiden Regelungen
kann Anwendung finden, wenn ein Steuerpflichtiger Gegenstände als Privatperson erwirbt oder sie für Umsätze außerhalb des
Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer verwendet. In solchen Fällen kann Vorsteuer niemals abziehbar sein, und die Umsätze
müssen bei der Berechnung des abzugsfähigen Pro-Rata-Satzes unberücksichtigt bleiben
(20)
. Ferner fiele, wenn ein Steuerpflichtiger Gegenstände, die er in privater Eigenschaft erworben hat, auf sein Unternehmen
übertragen würde, dies ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, da er nicht „als solcher“, sondern in
privater Eigenschaft handeln würde.
60.
Zweitens sollen beide Systeme den Zusammenhang zwischen dem Vorsteuerabzug und der Belastung der Mehrwertsteuer gewährleisten,
wirken jedoch im Ergebnis jeweils spiegelbildlich. Die Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 schreiben vor, dass, wenn Vorsteuer
abgezogen worden ist, Mehrwertsteuer auf Umsätze erhoben werden muss, die sonst – da sie nicht gegen Entgelt getätigt werden
– nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fielen. Nach Artikel 17 Absatz 5 kann in dem Umfang, in dem keine Mehrwertsteuer
erhoben wird, weil ein Umsatz von der Steuer befreit ist, kein entsprechender Vorsteuerabzug vorgenommen werden. Daher muss,
wenn sich die beiden Systeme überschneiden, der erste Schritt darin bestehen, die Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 anzuwenden,
so dass private Nutzung zu einem besteuerten Umsatz wird; dann müssen alle besteuerten Umsätze einschließlich der privaten
Nutzung zusammengezählt und für die Anwendung von Artikel 17 Absatz 5 von befreiten Umsätzen unterschieden werden.
61.
Schließlich lassen beide Systeme die Anpassung an veränderte Umstände zu, obwohl der Mechanismus in beiden Fällen ein anderer
ist. Im Fall der Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 erfolgt die Berichtigung automatisch, da die Steuer zum Zeitpunkt der Entnahme
erhoben wird. Im Fall von Artikel 17 Absatz 5 wird das Recht auf Vorsteuerabzug auf jährlicher Basis berechnet und kann daher
von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein, und Artikel 20 sieht zusätzlich einen Berichtigungszeitraum von mehreren Jahren für
Investitionsgüter vor.
Umfang der Abweichungsmöglichkeit nach Artikel 6 Absatz 2
62.
Artikel 6 Absatz 2 definiert bestimmte Gruppen von „Umsätzen“, die Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt werden, obwohl
sie normalerweise nicht gegen Entgelt erfolgen und daher sonst in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen würden.
63.
Nach Artikel 6 Absatz 2 letzter Satz können die Mitgliedstaaten „Abweichungen von diesem Absatz vorsehen“, sofern es nicht
zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt.
64.
Meines Erachtens kann sich der Umfang dieser Ermächtigung nur soweit erstrecken, als die in Rede stehenden Kategorien von
Umsätzen ganz oder teilweise nicht als Lieferungen oder Dienstleistungen gegen Entgelt und damit als nicht in den Anwendungsbereich
der Mehrwertsteuer fallend gelten. Die Mitgliedstaaten werden nicht ermächtigt, andere, in der Sechsten Richtlinie nicht vorgesehene
Bestimmungen hinzuzufügen oder statt deren anzuwenden.
65.
Diese Sicht folgt aus dem Wortlaut der Bestimmung und wird durch das Urteil Cookie’s World
(21)
des Gerichtshofes bestätigt.
66.
Daher erscheint Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 nicht geeignet, die Mitgliedstaaten zu ermächtigen, Steuerpflichtigen die
Entscheidung, Investitionsgüter, die sowohl für Zwecke des Unternehmens als auch für private Zwecke verwendet werden, ihrem
Unternehmensvermögen zuzuordnen, zu versagen.
67.
Andererseits ermächtigt diese Bestimmung, die unentgeltliche private Verwendung dieser Gegenstände als Lieferung zu betrachten,
die nicht gegen Entgelt erfolgt und deshalb nicht besteuert wird, so dass bei Lieferungen, die nicht dieser Verwendung zuzuordnen
sind, kein Recht auf Vorsteuerabzug entsteht.
68.
Allerdings sind zu diesem Punkt drei weitere Bemerkungen erforderlich.
69.
Erstens mag zwar Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 die Mitgliedstaaten nicht ermächtigen, Steuerpflichtigen die Entscheidungsmöglichkeit
zu verweigern, sowohl für Unternehmens- als auch für private Zwecke verwendete Gegenstände ihrem Unternehmensvermögen zuzuordnen,
doch steht er – oder eine andere Bestimmung in diesem Absatz – dem nicht ausdrücklich entgegen. Artikel 6 Absatz 2 behandelt
einfach Sachverhalte, bei denen Gegenstände dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden sind und dann für private Zwecke verwendet
werden.
70.
Zweitens sind Gegenstände allgemein vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer ausgeschlossen, wenn sie nicht zum Unternehmensvermögen
eines Steuerpflichtigen gehören; daher gelten für sie weder die Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 noch Artikel 17 Absatz 5.
71.
Drittens ist der Fall, dass ein Mitgliedstaat von Artikel 6 Absatz 2 dadurch abweicht, dass er einige oder alle der in Rede
stehenden Lieferungen als unentgeltlich und daher außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer liegend betrachtet,
in seiner Wirkung in gewisser Weise mit dem Fall des Ausschlusses der betreffenden Waren oder Dienstleistungen von Unternehmensvermögen
vergleichbar: Es besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug, doch sind die in Rede stehenden Umsätze auch von der Berechnung des
abziehbaren Anteils im Sinne von Artikel 17 Absatz 5 ausgeschlossen.
72.
Daher müssen die Wirkungen der Zuordnung von Gegenständen, die sowohl für Unternehmens- als auch für private Zwecke verwendet
werden, zum Unternehmensvermögen einerseits und zum Privatvermögen andererseits näher betrachtet werden.
Folgen der Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmens- oder zum Privatvermögen
73.
Werden Gegenstände als Teil des Unternehmensvermögens eines Steuerpflichtigen erworben, so ist die bei ihrem Erwerb entrichtete
Mehrwertsteuer sofort abziehbar, sofern sie nicht ganz oder teilweise für die Zwecke nicht besteuerter Umsätze verwendet werden.
Werden sie ganz oder teilweise so verwendet, ist überhaupt kein Vorsteuerabzug möglich. Werden sie teilweise so verwendet,
bestimmt sich der abziehbare Anteil nach Artikel 17 Absatz 5. Bei dieser Berechnung bleibt die Vorsteuer abziehbar, wenn zur
nachfolgenden Verwendung private Entnahme gehört, sofern die Entnahme gemäß den Artikeln 5 Absatz 6 oder 6 Absatz 2 besteuert
wird.
74.
Beim letztgenannten Sachverhalt kann der Steuerpflichtige auch dann, wenn seine private Entnahme, wie bei jedem anderen Endverbraucher,
der Mehrwertsteuer unterliegt, in bestimmten Fällen bestimmte Steuervergünstigungen durch die Anwendung der Artikel 5 Absatz
6 und 6 Absatz 2 erlangen, weil u. a.
- –
- der Vorsteuerabzug sofort erfolgt, die Besteuerung aber während der Zeit der privaten Verwendung aufgeschoben ist und schwankt,
was zu einem Liquiditätsvorteil führen kann;
- –
- die Mehrwertsteuer von den Kosten der verwendeten Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben wird, die wahrscheinlich niedriger
als der Preis sind, zu dem sie von einer Privatperson von einem anderen Händler hätten erworben werden können;
- –
- bei Investitionsgütern einschließlich Grundstücken die Kosten der Inanspruchnahme der „Dienstleistung“ der Verwendung der
Gegenstände oder des Grundstücks (und somit die Mehrwertsteuer) für den Steuerpflichtigen im Vergleich zu den Kosten des Erwerbs
(und somit der abziehbaren Vorsteuer) besonders niedrig sein können, so dass die private Verwendung tatsächlich unter einer
verringerten Steuerbelastung erfolgt – ein Vorteil, der wahrscheinlich mit dem Anteil der privaten Verwendung steigt.
75.
Werden Gegenstände als Teil des Privatvermögens eines Steuerpflichtigen erworben, so fallen sie nicht in den Anwendungsbereich
der Mehrwertsteuer, und ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich. Werden sie sodann für Unternehmenszwecke verwendet, besteht
immer noch kein Recht auf Vorsteuerabzug, weil die Eigenschaft, in der eine Person Gegenstände erwirbt, das Bestehen des anfänglichen
Vorsteuerabzugsrechts bestimmt
(22)
und weil eine Person, die Gegenstände aus ihrem Privatvermögen in ihr Unternehmensvermögen überführt oder sie ihrem Unternehmen
zur Verwendung zur Verfügung stellt, keine Lieferung gegen Entgelt in ihrer Eigenschaft als Steuerpflichtiger tätigt. Vorsteuer
auf Lieferungen, die privat erworben und dann für Unternehmenszwecke verwendet werden, geht daher in die Kosten dieser Lieferungen
ein, wodurch dem Steuerpflichtigen eine Belastung auferlegt wird, die im Licht des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer
als unangemessen betrachtet werden kann.
76.
Somit erleidet der Steuerpflichtige einen Nachteil, wenn sowohl für private als auch für Unternehmenszwecke verwendete Gegenstände
dem Privatvermögen zugeordnet werden. Werden sie dem Unternehmensvermögen zugeordnet, kann er einen Vorteil erlangen, wenn
die private Verwendung als Lieferung gegen Entgelt gemäß den Artikeln 5 Absatz 6 und 6 Absatz 3 betrachtet wird.
77.
Dem Vorteil oder Nachteil für den Steuerpflichtigen entspricht natürlich ein ebenso hoher Verlust oder Gewinn von Steuereinkünften
für die Steuerbehörde.
78.
Daher ist klar, dass die Möglichkeit einer Wahl, Gegenstände mit gemischter Verwendung dem Unternehmens- oder dem Privatvermögen
zuzuordnen, den Steuerpflichtigen begünstigt, von dem erwartet werden kann, dass er sich stets für die Zuordnung zu seinem
Unternehmensvermögen entscheidet. Umgekehrt werden die Steuerbehörden eine bindend vorgeschriebene Zuordnung eines der privaten
Verwendung entsprechenden Anteils zum Privatvermögen bevorzugen.
79.
Zwar mag zu Recht die Ansicht vertreten werden, dass Gegenstände, die privat verwendet werden, oder der Anteil, der so verwendet
wird, vom Zeitpunkt des Erwerbs an vom Mehrwertsteuersystem ausgenommen werden sollten, so dass es nie zu einem Vorsteuerabzug
kommt, doch trägt dies nicht dem Umstand Rechnung, dass es bei der Zuordnung von Gegenständen zum Privatvermögen keine Berichtigungsregelung
für die Behandlung von Sachverhalten gibt, bei denen diese Gegenstände nachträglich zur Verwendung im Unternehmen bestimmt
werden.
80.
Konkret könnten die Kassationsbeschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens den Bungalow zu dem Zweck erworben haben, dort
den überwiegenden Teil des Jahres zu verbringen und ihn für beispielsweise eineinhalb Monate zu vermieten. Nach der beschriebenen
niederländischen Regelung hätten sie 12,5 % dem Unternehmensvermögen und 87,5 % dem Privatvermögen zuzuordnen, woraus sich
ein Abzug von nur 12,5 % der Mehrwertsteuer beim Erwerb ergibt. Im folgenden Jahr hätten sie zu der Ansicht gelangen können,
dass sie lieber anderswo wohnen oder dass die Einkünfte aus der Vermietung unzureichend seien, und hätten den Bungalow danach
vollständig vermieten können. Es gibt weder nach der beschriebenen niederländischen Regelung noch nach der Sechsten Richtlinie
einen Mechanismus, wonach die Überführung in das Unternehmensvermögen zum Abzug des restlichen Teils der Vorsteuer führen
könnte. Wenn sie den Bungalow anschließend als Vermietungsunternehmen verkaufen würden, müssten sie sogar Mehrwertsteuer beim
Verkauf entrichten.
81.
Wenn dagegen Gegenstände dem Unternehmensvermögen zugeordnet sind und anschließend zur privaten Verwendung bestimmt werden,
so stellt die Sechste Richtlinie in den Bestimmungen der Artikel 5 Absatz 6 und 6 Absatz 2 einen allerdings unvollkommenen
Berichtigungsmechanismus zur Verfügung.
82.
Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach ein Steuerpflichtiger wählen können muss,
ob sowohl für Unternehmens- als auch für private Zwecke verwendete Investitionsgüter entweder seinem Unternehmens- oder seinem
Privatvermögen zugeordnet werden, dadurch gerechtfertigt ist, dass ihm dies zwar möglicherweise einen steuerlichen Vorteil
verschafft, ihm jedoch andernfalls ein Nachteil aufgebürdet würde, der mit den Grundsätzen der Mehrwertsteuer unvereinbar
ist und dem nicht abgeholfen werden kann. Es zeichnet sich auch im Rahmen der geltenden Regelung – oder vielleicht überhaupt
– keine Lösung ab, die mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität vereinbar wäre.
Folgen einer Abweichung von Artikel 6 Absatz 2
83.
Ich habe ausgeführt, dass die nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 3 zulässige Abweichung nur so weit gehen kann, dass die
in Rede stehende private Verwendung als nicht entgeltlich und damit nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallend
behandelt wird. Ich habe auch ausgeführt, dass eine solche Behandlung ähnliche Folgen haben kann wie der Ausschluss der verwendeten
Gegenstände vom Unternehmensvermögen des Steuerpflichtigen.
84.
Zwischen den beiden Situationen ist jedoch zu unterscheiden.
85.
Werden Gegenstände vom Unternehmensvermögen ausgeschlossen, so stellt sich die Frage des Vorsteuerabzugs niemals. Werden sie
dem Unternehmensvermögen zugeordnet, so ist die Vorsteuer grundsätzlich sofort entweder vollständig oder zu einem nach den
Artikeln 17 Absatz 5 und 19 bestimmten Teil abziehbar – dieser Anteil kann keine Lieferungen berücksichtigen, die nicht in
den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen.
86.
Betrachtet ein Mitgliedstaat die private Verwendung von Unternehmensvermögen als außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer
liegend, so treten Schwierigkeiten auf, weil ein späteres Ereignis – die private Verwendung – sich rückwirkend auf die Einstufung
und damit die Abziehbarkeit der entsprechenden Vorsteuer auswirkt, auch wenn diese Steuer grundsätzlich sofort abziehbar war.
Wie wir gesehen haben, kann nicht im Voraus der wirkliche künftige Umfang der privaten Verwendung zu dem Zweck bestimmt werden,
den richtigen Anteil der Vorsteuer vom sofortigen Abzug auszunehmen.
87.
In dieser Hinsicht kann erheblich sein, dass keine Möglichkeit der Abweichung von Artikel 5 Absatz 6 besteht, der den privaten
Verbrauch und nicht die Verwendung von Gegenständen, die Teil des Unternehmensvermögens bilden, betrifft. Die Mehrwertsteuer
wird deshalb immer auf den privaten Verbrauch erhoben, und das Problem, das ich dargestellt habe, wird vermieden.
88.
Im Hinblick auf Dienstleistungen, die in der Verwendung von Unternehmensvermögen gemäß Artikel 6 Absatz 2 bestehen, kann unterstellt
werden, dass die in Rede stehende Verwendung stets eine Verwendung von Investitionsgütern sein wird. Die Verwendung anderer
Gegenstände beinhaltet entweder eine Entnahme oder entzieht sich jedem realistischen Berechnungsmechanismus für steuerliche
Zwecke.
89.
Zwar kann die Verwendung von Unternehmensvermögen, die von einem Mitgliedstaat als nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer
fallend behandelt wird, bei der Berechnung des abziehbaren Anteils gemäß den Artikeln 17 Absatz 5 und 19 nicht berücksichtigt
werden, doch kann sie immer noch im Kontext des Artikels 20 berücksichtigt werden, der Berichtigungen des ursprünglichen Vorsteuerabzugs
betrifft, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung dieses ursprünglichen Betrages des Vorsteuerabzugs berücksichtigt
werden, später geändert haben.
90.
Wenn es um Investitionsgüter und insbesondere Grundstücke geht, gestattet der Berichtigungszeitraum nach Artikel 20 daher
eine flexiblere Lösung, wenn private Verwendung nicht als Leistung gegen Entgelt behandelt wird, als wenn die verwendeten
Vermögensgegenstände vom Unternehmensvermögen ausgeschlossen würden, womit sowohl der Nachteil, der dem Steuerzahler in diesem
Fall entstünde, und der Vorteil, der ihm in bestimmten Fällen aus der bloßen Anwendung des Artikels 6 Absatz 2 zufiele, weitgehend
vermieden würden.
Ergebnis in Bezug auf Artikel 6 Absatz 2
91.
Ich komme zu dem Ergebnis, dass eine nationale Regelung, die einem Steuerpflichtigen nicht die Wahl einräumt, Investitionsgegenstände
vollständig seinem Unternehmensvermögen zuzuordnen, wenn er diese Gegenstände sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb
desselben, insbesondere für private Zwecke, verwendet, weder mit Artikel 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie vereinbar noch
nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 3 zulässig ist.
92.
Eine Regelung, die die Verwendung solcher Gegenstände nicht als Leistung gegen Entgelt und somit als nicht in den Anwendungsbereich
der Mehrwertsteuer fallend betrachtet, ist allerdings nach diesem Unterabsatz zulässig, sofern sie nicht zu Wettbewerbsverzerrungen
führt und in Verbindung mit dem Berichtigungsmechanismus gemäß Artikel 20 der Sechsten Richtlinie angewandt wird.
Artikel 17 Absatz 6
93.
Es bleibt zu prüfen, ob die in Rede stehende niederländische Regelung nach Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten
Richtlinie zulässig ist, da sie einen Ausschluss vom Vorsteuerabzugsrecht beinhaltet, der vor dem Inkrafttreten der Richtlinie
bereits nach nationalem Recht vorgesehen war.
94.
Da das Königreich der Niederlande vor dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie an die harmonisierte Mehrwertsteuerregelung
in der Zweiten Richtlinie gebunden war, ist klar, dass nur mit der Zweiten Richtlinie vereinbare Ausschlüsse auf diesem Weg
zugelassen werden können.
95.
In dieser Richtlinie schuf Artikel 11 Absatz 1 ein allgemeines Vorsteuerabzugsrecht, soweit Gegenstände und Dienstleistungen
für Zwecke des Unternehmens des Steuerpflichtigen verwendet wurden, doch ermächtigte Artikel 11 Absatz 4 zu Ausschlüssen vom
Vorsteuerabzug, und zwar „insbesondere [für] Gegenstände und Dienstleistungen, die ganz oder teilweise für den privaten Bedarf
des Steuerpflichtigen oder seines Personals verwendet werden können“.
96.
Sowohl das vorlegende Gericht als auch die niederländische Regierung führen aus, dass die streitigen nationalen Bestimmungen
in Durchführung von Artikel 11 Absatz 1 der Zweiten Richtlinie erlassen worden seien. Auch ohne diese Stellungnahme erscheint
dieser Schluss dadurch gerechtfertigt, dass die in Rede stehenden Bestimmungen den Abzug auf Fälle beschränken sollen, bei
denen Lieferungen für Unternehmenszwecke verwendet werden.
97.
Die Kommission macht geltend, dass nur nach Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie zulässige Ausschlüsse gemäß Artikel
17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie beibehalten werden dürften. Die niederländische Regierung meint jedoch, dass diese Bestimmung
auch für gemäß Artikel 11 Absatz 1 erlassene Bestimmungen gelte.
98.
Ich stimme mit der Kommission überein. Artikel 17 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie geht Artikel 11 Absatz 1 der Zweiten Richtlinie
vor. Nationale Regelungen müssen nun der letztgenannten Bestimmung – in Verbindung mit u. a. den Artikeln 5 Absatz 6 und 6
Absatz 2 – in dem Anwendungsbereich entsprechen, den diese Bestimmung von ihrer Vorgängerin unverändert übernommen hat. Zwar
ist Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie Nachfolgebestimmung zu Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie, doch lässt
er die Beibehaltung von Ausnahmen zu, die nach dieser Bestimmung gültig waren.
99.
Dem Wortlaut nach stellt Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie auf den Ausschluss bestimmter Arten von Waren und Dienstleistungen
– beispielsweise Kraftfahrzeuge – und nicht auf einen pauschalen Ausschluss jeder privater Verwendung ab, wie die Rechtsprechung
des Gerichtshofes zu Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie und der gesetzgeberische Kontext dieser Bestimmung
bestätigen.
100.
In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Lennartz
(23)
habe ich ausgeführt, dass Artikel 17 Absatz 6 die Beibehaltung einer allgemeinen Ausnahme nicht rechtfertigen kann, die für
Ausgaben sowohl im Zusammenhang mit der Verwendung für das Unternehmen als auch für private Zwecke gilt, und der Gerichtshof
hat den gleichen Standpunkt eingenommen
(24)
, jedoch ohne besondere Bezugnahme auf Artikel 17 Absatz 6.
101.
In der Rechtssache Kommission/Frankreich
(25)
habe ich die erwähnte Bestimmung und ihren Gesetzeskontext eingehender geprüft, und den von mir angeführten Quellen kann
entnommen werden, dass die vom Gesetzgeber erwogenen Arten des Ausschlusses Ausgabenkategorien betreffen, die nach Maßgabe
der Natur der erworbenen Lieferungen und nicht nach dem Zweck, für den sie bestimmt sind, festgelegt werden. Es sei darauf
hingewiesen, dass es sich in den Fällen, in denen der Gerichtshof entschieden hat, dass sich ein Mitgliedstaat auf Artikel
17 Absatz 6 Unterabsatz 2 berufen kann
(26)
, um die betreffende Art des Ausschlusses handelte.
102.
Wie sowohl der Hoge Raad in seiner Vorlageentscheidung als auch die Kommission in ihren Erklärungen ausgeführt haben, hat
der Gerichtshof diesen Standpunkt insbesondere in seinem Urteil in der Rechtssache Royscot Leasing
(27)
bestätigt.
103.
Daher kann meines Erachtens die in Rede stehende Regelung nicht von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie
erfasst werden.
Ergebnis
104.
Nach allem bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof die Fragen des Hoge Raad wie folgt beantworten sollte:
Eine nationale Regelung, die einem Steuerpflichtigen nicht die Wahl einräumt, Investitionsgüter vollständig seinem Unternehmensvermögen
zuzuordnen, wenn er diese Gegenstände sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb desselben, insbesondere für private
Zwecke, verwendet, ist weder mit Artikel 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage vereinbar, noch kann sie in den Anwendungsbereich der in Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 3 vorgesehenen
Abweichung fallen.
Eine nationale Regelung, die die Verwendung solcher Gegenstände nicht als Leistung gegen Entgelt und somit als nicht in den
Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallend betrachtet, kann jedoch in den Anwendungsbereich dieser Abweichung fallen, sofern
sie nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt und in Verbindung mit dem Berichtigungsmechanismus gemäß Artikel 20 der Sechsten
Richtlinie angewandt wird.
Eine vor dem Inkrafttreten der Sechsten Richtlinie bestehende nationale Regelung, die einen allgemeinen Ausschluss aller für
unternehmensfremde Zwecke verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen vom Recht auf Vorsteuerabzug vorsieht, fällt nicht
in den Anwendungsbereich von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Richtlinie.
- 1 –
- Originalsprache: Englisch.
- 2 –
- Betrifft nur die englische Fassung.
- 3 –
- Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuer (ABl. Nr. 71, S. 1301).
- 4 –
- Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145,
S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
- 5 –
- Allerdings ermächtigt Artikel 17 Absatz 5 ebenfalls die Mitgliedstaaten, diese Regel innerhalb bestimmter Grenzen zu ändern.
Insbesondere besteht die Möglichkeit der getrennten Berechnung der besteuerten und der nicht besteuerten Teile des Unternehmens
und eine Möglichkeit der Bestimmung des abziehbaren Anteils der Vorsteuer je nach der Verwendung der Lieferungen – beispielsweise
wäre die Hälfte der Vorsteuer bei Gegenständen abziehbar, die zur Hälfte für besteuerte Umsätze und zur Hälfte für nicht besteuerte
Umsätze verwendet werden, unabhängig vom anteiligen Wert der beiden Umsatzarten.
- 6 –
- Zweite Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer
– Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, ABl. Nr. 71, S. 1303.
- 7 –
- Angeführt in Nr. 8.
- 8 –
- Nrn. 41 bis 46.
- 9 –
- Nrn. 47 ff.
- 10 –
- Nrn. 51 bis 61.
- 11 –
- Nrn. 62 bis 71.
- 12 –
- Nrn. 73 bis 82.
- 13 –
- Nrn. 83 bis 90.
- 14 –
- Nrn. 93 bis 103.
- 15 –
- Vgl. z. B. Urteil C-160/99 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I‑6137, Randnr. 23).
- 16 –
- Urteil C-269/00 (Seeling, Slg. 2003, I‑4101, Randnr. 40); vgl. auch Urteile C‑291/92 (Armbrecht, Slg. 1995, I‑2775, Randnr.
20) und C‑415/98 (Bakcsi, Slg. 2001, I‑1831, Randnr. 25).
- 17 –
- Urteil C‑230/94 (Enkler, Slg. 1996, I‑4517, Randnr. 35). Für eine vollständigere Erläuterung der Art und Weise, in der die
Gleichbehandlung gewährleistet wird, vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo in der Rechtssache C‑412/03 (Hotel
Scandic Gåsabäck), vorgetragen am 23. November 2004, Nrn. 24 bis 32.
- 18 –
- Siehe oben, Nr. 13.
- 19 –
- Für praktische Beispiele, wie das System funktioniert, wenn die Verwendung von Investitionsgütern sich von Jahr zu Jahr ändert,
vgl. P. Farmer und R. Lyal, EC Tax Law (1994), S. 196, und B. J. M. Terra, Europees indirect belastingrecht (2002), S. 459.
- 20 –
- Vgl. zuletzt Urteil vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-77/01 (EDM, Randnrn. 53 und 54).
- 21 –
- Urteil C‑155/01 (Slg. 2003, I‑8785, Randnrn. 58 und 59); vgl. auch Urteil 50/88 (Kühne, Slg. 1989, 1925, Randnrn. 16 bis 19).
- 22 –
- Urteil C-97/90 (Lennartz, Slg. 1991, I‑3795).
- 23 –
- Angeführt in Fußnote 22, Nrn. 76 bis 79.
- 24 –
- Randnr. 35 des Urteils.
- 25 –
- Rechtssache C‑43/96 (Slg. 1998, I‑3903, Nrn. 12 ff. der Schlussanträge).
- 26 –
- Ich beziehe mich auf die Urteile C‑305/97 (Royscot Leasing, Slg. 1999, I‑6671), C‑177/99 (Ampafrance, Slg. 2000, I‑7013),
C‑345/99, (Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I‑4493), C‑409/99 (Metropol, Slg. 2002, I‑81), C‑40/00 (Kommission/Frankreich,
Slg. 2001, I‑4539) und Cookie’s World, angeführt in Fußnote 21.
- 27 –
- Angeführt in Fußnote 26, Randnrn. 20 ff des Urteils.