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Document 62003CC0264

    Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 24. November 2004.
    Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik.
    Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Öffentliche Aufträge - Richtlinie 92/50/EWG - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge - Dienstleistungsfreiheit - Baubetreuungsauftrag - Personen, denen die Aufgabe der Baubetreuung übertragen werden kann - Abschließende Liste juristischer Personen französischen Rechts.
    Rechtssache C-264/03.

    Sammlung der Rechtsprechung 2005 I-08831

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2004:747

    Conclusions

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
    M. POIARES MADURO
    vom 24. November 2004(1)



    Rechtssache C-264/03



    Kommission der Europäischen Gemeinschaften
    gegen
    Französische Republik


    „Vertragsverletzungsverfahren – Öffentliche Aufträge – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge – Richtlinie 92/50/EWG – Öffentliche Bauherrschaft – Erschöpfende Liste juristischer Personen französischen Rechts“






    1.        Mit der vorliegenden Vertragsverletzungsklage begehrt die Kommission die Feststellung, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (2) , insbesondere aus den Artikeln 8 und 9 dieser Richtlinie, sowie gegen Artikel 49 EG verstoßen hat, indem sie in Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 vom 12. Juli 1985 über die öffentliche Bauherrschaft und ihre Beziehungen zur privaten Bauleitung in der Fassung der Gesetze Nr. 91‑662 vom 13. Juli 1991 und Nr. 96‑987 vom 14. November 1996 (3) die Aufgabe der Baubetreuung einer erschöpfenden Liste juristischer Personen französischen Rechts vorbehalten hat.

    2.        Diese Klage ermöglicht es, den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 und insbesondere den Begriff des Auftrags genauer abzugrenzen. Außerdem bezieht sie sich sowohl auf die Beachtung der genannten Richtlinie als auch auf den in Artikel 49 EG niedergelegten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs, was eine Bestimmung des Zusammenhangs zwischen diesen beiden Regelungen erforderlich macht.

    I – Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

    3.        Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704, um den es in der Klage geht, gerade neu gefasst wird. Mit der Verordnung Nr. 2004‑566 vom 17. Juni 2004 wird dieser Artikel dahin geändert, dass mit der Baubetreuung nunmehr sowohl öffentliche Rechtssubjekte als auch Privatpersonen beauftragt werden können (4) . Nach der Verordnung ist die Funktion des Beauftragten jetzt unvereinbar mit „der Bauleitung, der Durchführung von Arbeiten oder der technischen Kontrolle hinsichtlich des Bauwerks oder der Bauwerke, auf die sich die Beauftragung bezieht“, um Situationen zu vermeiden, in denen Interessenkonflikte auftreten (5) . Die Unvereinbarkeit erstreckt sich auf mit dem Beauftragten verbundene Unternehmen. Eine Gesetzesvorlage zur Bestätigung dieser Verordnung wurde am 15. September 2004 in die Nationalversammlung eingebracht. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vertragsverletzung jedoch zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem die Frist von zwei Monaten nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme, hier mit Datum vom 27. Juni 2002, abläuft. Deshalb werde ich in diesen Schlussanträgen im Folgenden auf das französische Gesetz in der Fassung Bezug nehmen, die zu diesem Zeitpunkt galt.

    4.        Vor der Erläuterung der Standpunkte der Französischen Republik und der Kommission zu den beiden o. g. Punkten werde ich kurz die relevanten Bestimmungen des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts darstellen.

    5.        Mit der Richtlinie 92/50 wird die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge koordiniert. Sie soll „die Hemmnisse für den freien Dienstleistungsverkehr beseitigen und somit die Interessen der in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer schützen, die den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen öffentlichen Auftraggebern Waren oder Dienstleistungen anbieten möchten“ (6) . Damit dieses Ziel erreicht wird, wird mit der Richtlinie versucht, „zu gewährleisten, dass sich Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten um einzelne oder mehrere Aufträge bewerben können, die aus objektiven Gründen, die mit ihrem Wert zusammenhängen, von Interesse sein könnten“ (7) . Die Richtlinie sieht unterschiedliche Regelungen für zwei Kategorien von Dienstleistungen vor, die in ihren Anhängen IA und IB aufgeführt sind. Nach Artikel 9 der Richtlinie betreffen die Vorschriften, die für die im Anhang IB verzeichneten Dienstleistungen gelten, nur das Erfordernis der Festlegung technischer Spezifikationen und die Übermittlung einer Bekanntmachung über die Ergebnisse des Vergabeverfahrens. Dagegen gelten bei den im Anhang IA der Richtlinie verzeichneten Dienstleistungen nach ihrem Artikel 8 umfangreichere Verpflichtungen: Die entsprechenden Aufträge müssen z. B. entsprechend präziser Modalitäten und innerhalb festgesetzter Fristen vorab bekannt gemacht werden.

    6.        Der in Artikel 49 EG niedergelegte Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs gilt für alle Dienstleistungen, soweit sie nicht unter die in den Artikeln 45 EG und 46 EG vorgesehenen Ausnahmen fallen. Da die Richtlinie 92/50 nur auf solche Dienstleistungen Anwendung findet, die aufgrund eines öffentlichen Auftrags erbracht werden (8) , gilt für die auf anderen Grundlagen geleisteten Dienste nur der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs. Aufträge, mit denen die in Artikel 13 der Richtlinie 92/50 festgelegten finanziellen Schwellenwerte nicht überschritten werden, unterliegen ebenfalls Artikel 49 EG.

    7.        Mit dem Gesetz, das Gegenstand der vorliegenden Klage ist, wird die öffentliche Bauherrschaft geordnet und geregelt. Es gilt für die Erstellung aller Bauwerke, bei denen es sich um Gebäude oder Infrastruktureinrichtungen handelt und deren Bauherr der Staat, öffentliche Einrichtungen oder bestimmte bezeichnete private Einrichtungen ist, sowie für gewerbliche Einrichtungen zu ihrem Betrieb (9) . Innerhalb dieses Rahmens kann der Bauherr entsprechend den Bestimmungen des genannten Gesetzes einen Beauftragungsvertrag schließen.

    8.        Die Merkmale eines solchen Vertrages werden in Artikel 5 des Gesetzes Nr. 85‑704 aufgeführt: „Die Beziehungen zwischen dem Bauherrn und [dem Beauftragten] werden durch einen Vertrag geregelt, der nur dann wirksam ist, wenn er Folgendes enthält: … das Bauwerk, das Gegenstand des Vertrages ist, die dem Beauftragten übertragenen Aufgaben, die Bedingungen, unter denen der Bauherr die Erfüllung der Aufgabe des Beauftragten feststellt, die Modalitäten der Vergütung des Beauftragten, die von diesem im Fall der Missachtung seiner Verpflichtungen zu zahlenden Vertragsstrafen und die Voraussetzungen, unter denen der Vertrag gekündigt werden kann …“

    9.        Das genannte Gesetz zählt in seinem Artikel 3 die Aufgaben auf, die der Bauherr einem Beauftragten übertragen kann:

    „1°
    Festlegung der verwaltungsmäßigen und technischen Bedingungen, unter denen das Bauwerk geplant und erstellt wird;

    Vorbereitung der Wahl des Bauleiters, Unterzeichnung des Bauleitervertrags nach der Genehmigung der Wahl des Bauleiters durch den Bauherrn sowie Durchführung dieses Vertrages;

    Genehmigung von Vorentwürfen und Vereinbarungen über das Vorhaben;

    Vorbereitung der Wahl des Bauunternehmers, Unterzeichnung des Vertrages über die Bauleistungen nach der Genehmigung der Wahl des Unternehmers durch den Bauherrn sowie Durchführung dieses Vertrages;

    Zahlung der Vergütung für die Bauleitung und die Bauausführung;

    Abnahme des Bauwerks und Vornahme aller Handlungen in Verbindung mit den oben aufgeführten Aufgaben“.

    10.      Nach Artikel 2 des genannten Gesetzes kann der Bauherr bestimmte Aufgaben nicht übertragen. Dabei handelt es sich um die allgemeine Planung des Bauwerks und die Steuerung seiner Erstellung.

    11.      Wie sich aus den oben aufgeführten Bestimmungen des mit der Klage beanstandeten Gesetzes ergibt, kann der Bauherr dem Beauftragten sehr umfassende Aufgaben übertragen. Das Spezifische des Beauftragungsvertrags liegt jedoch in der Person des Beauftragten, den der Bauherr nur aus einer der in Artikel 4 des fraglichen Gesetzes abschließend aufgelisteten Kategorien auswählen kann:

    „a)
    die in Artikel 1 Nummern 1 und 2 dieses Gesetzes genannten juristischen Personen [d. h. der Staat und seine öffentlichen Einrichtungen, die Gebietskörperschaften, ihre öffentlichen Einrichtungen, die öffentlichen Einrichtungen zur Stadtneugestaltung, ihre Vereinigungen sowie die gemischten Zweckverbände] mit Ausnahme der öffentlichen Einrichtungen des Gesundheits‑ und Sozialwesens, die nur für andere derartige öffentliche Einrichtungen Beauftragte sein können;

    b)
    die juristischen Personen, an denen die in Artikel 1 Nummern 1 und 2 genannten juristischen Personen direkt oder über eine andere Person mindestens die Hälfte der Anteile halten und die den Zweck verfolgen, Bauherren zu unterstützen, sofern sie nicht als Bauleiter oder Unternehmer für einen Dritten tätig werden;

    c)
    die in Artikel L. 411‑2 des Bau- und Wohngesetzbuchs genannten privaten Einrichtungen für preiswerten Wohnraum, jedoch nur, soweit sie für andere Einrichtungen für preiswerten Wohnraum oder im Bereich von Bauwerken im Zusammenhang mit der Erstellung bezuschussten Wohnraums tätig werden;

    d)
    die lokalen gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften nach dem Gesetz Nr. 83‑597 vom 7. Juli 1983 über lokale gemischtwirtschaftliche Gesellschaften;

    e)
    die nach Artikel L. 321‑1 des Städtebaugesetzbuchs gegründeten öffentlichen Einrichtungen sowie die nach den Artikeln L. 322‑1 ff. des Städtebaugesetzbuchs genehmigten oder von Amts wegen gegründeten städtischen Liegenschaftsvereinigungen;

    f)
    die nach Artikel 9 des Gesetzes Nr. 51‑592 vom 24. Mai 1951 über Sonderkonten des Fiskus für das Jahr 1951 in der Fassung des Artikels 28 des Gesetzes Nr. 62‑933 vom 8. August 1962 zur Ergänzung des Gesetzes über die Ausrichtung der Landwirtschaft gegründeten Gesellschaften;

    g)
    jede öffentliche oder private Person, die mit der Verwirklichung einer Zone abgestimmter Entwicklung oder einer Parzellierung im Sinne des Ersten Titels des Buches III des Städtebaugesetzbuchs betraut ist, in Bezug auf die davon umfassten Bauwerke;

    h)
    die Gesellschaften, die den in Artikel L. 222‑1 des Bau- und Wohngesetzbuchs vorgesehenen Vertrag über die Durchführung von Arbeiten zur städtischen Restrukturierung der in Artikel 1466 A Absatz 1 des Allgemeinen Steuergesetzbuchs genannten großen Einheiten oder heruntergekommenen Wohnviertel abschließen.“

    12.      Die Beauftragungsverträge, die nach dem Gesetz Nr. 85‑704 geschlossen werden, unterliegen nicht dem französischen Gesetzbuch über öffentliche Aufträge (10) . Der Bauherr ist vor der Wahl seines Beauftragten zu keiner Ausschreibung verpflichtet. Dagegen ist der Beauftragte bei den Verträgen, die er im Namen des Bauherrn abschließt, an das französische Gesetzbuch über öffentliche Aufträge gebunden (11) . Somit stellt sich die Frage, ob die nach dem Gesetz Nr. 85‑704 geschlossenen Beauftragungsverträge den Grundsätzen der Ausschreibung und der vorherigen Bekanntmachung nach der Richtlinie 92/50 und den Bestimmungen des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr unterliegen müssen.

    13.      Nachdem die Kommission die Französische Republik mit Schreiben vom 31. Mai 2000 um Informationen ersucht hatte, schickte sie dieser, da die übermittelten Antworten sie nicht zufrieden stellten, am 25. Juli 2001 ein Mahnschreiben. Da die Kommission die Antworten der französischen Behörden nicht für überzeugend hielt, gab sie am 27. Juni 2002 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab. Obwohl die Französische Republik die baldige Aufhebung der streitigen Bestimmungen in Aussicht stellte, beschloss die Kommission, den Gerichtshof anzurufen.

    14.      Die Vorwürfe der Kommission drehen sich um zwei Aspekte. Zum einen falle der Beauftragungsvertrag, so wie er in dem französischen Gesetz beschrieben werde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50, und die entsprechenden Regelungen verstießen gegen deren Artikel 8 und 9. Was zum anderen die Fälle betreffe, in denen die Richtlinie 92/50 keine Anwendung finde, so verstoße Artikel 4 des in Rede stehenden Gesetzes gegen die Bestimmungen des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr, indem er die Beauftragungsverträge bestimmten juristischen Personen vorbehalte.

    15.      Soweit die Richtlinie 92/50 anwendbar ist, werde ich ihre Beachtung prüfen. Anschließend wird für die Fälle, in denen die Richtlinie nicht anwendbar ist, zu bestimmen sein, ob das Gesetz Nr. 85‑704 mit Artikel 49 EG vereinbar ist.

    II – Unvereinbarkeit des Gesetzes Nr. 85‑704 mit der Richtlinie 92/50

    16.      Um festzustellen, ob Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 mit den Bestimmungen der Richtlinie 92/50 unvereinbar ist, wie die Kommission mit ihrer Klage geltend macht, ist zunächst zu prüfen, ob die von diesem Gesetz geregelten Fälle in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

    A – Einschluss des Beauftragungsvertrags nach dem Gesetz Nr. 85‑704 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50

    17.      Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Frage, ob die Beauftragungsverträge nach dem Gesetz Nr. 85‑704 in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fallen. Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie wird in ihrem Artikel 1 definiert. Für die Feststellung einer möglichen Vertragsverletzung ist daher zunächst zu prüfen, ob der Beauftragungsvertrag nach dem Gesetz Nr. 85‑704 die Kriterien des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 erfüllt.

    18.      Nach der Definition dieses Artikels „gelten als ‚ öffentliche Dienstleistungsaufträge ‘ die zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge“. Diese Kriterien scheinen hier erfüllt zu sein.

    19.      Erstens gelten nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie als öffentliche Auftraggeber „der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen“. Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts werden in demselben Artikel funktionsbezogen definiert als „jede Einrichtung,die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind“, und die vom Staat kontrolliert wird, weil sich ihr Kapital mehrheitlich in staatlicher Hand befindet oder weil dieser die Mitglieder der geschäftsführenden Organe der betreffenden Einrichtung bestimmen kann. Nach Artikel 1 des Gesetzes Nr. 85‑704 können folgende Personen die Funktion des Bauherrn ausüben: der Staat und seine öffentlichen Einrichtungen, die Gebietskörperschaften, ihre öffentlichen Einrichtungen, die öffentlichen Einrichtungen zur Stadtneugestaltung, ihre Vereinigungen sowie die gemischten Zweckverbände. Baubetreuungsverträge nach dem Gesetz Nr. 85‑704 können außerdem abschließen die in Artikel L. 64 des Sozialversicherungsgesetzbuchs aufgeführten privaten Einrichtungen und ihre Zusammenschlüsse und Verbände sowie die privaten Einrichtungen für preiswerten Wohnraum und die gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften in Bezug auf staatlich unterstützten Wohnraum, der von diesen Einrichtungen und Gesellschaften erstellt wird. Es unterliegt keinem Zweifel, dass alle diese Einrichtungen öffentliche Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 92/50 sind.

    20.      Zweitens ergibt sich aus Artikel 5 des Gesetzes Nr. 85‑704, dass alle Beauftragungsverträge schriftlich abgeschlossen werden müssen. Damit ist die zweite in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 aufgestellte Bedingung erfüllt.

    21.      Drittens sieht Artikel 5 des genannten Gesetzes eine Vergütung des Beauftragten vor, wenn der Beauftragungsvertrag nicht nichtig sein soll. Der Beauftragungsvertrag ist daher ein entgeltlicher Vertrag.

    22.      Viertens scheinen die dem Beauftragten übertragenen Aufgaben, so wie sie in Artikel 4 des genannten Gesetzes beschrieben werden, in der Erbringung von Dienstleistungen zu bestehen.

    23.      Bei Anwendung dieser Kriterien ergibt eine erste Analyse, dass der Beauftragungsvertrag nach französischem Recht ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 ist.

    24.      Die Französische Republik bringt jedoch zwei Argumente gegen diese Einordnung vor. Sie macht zunächst geltend, dass der Beauftragungsvertrag nach dem Gesetz Nr. 85‑704 angesichts seiner vielfältigen Eigenarten nicht als öffentlicher Dienstleistungsauftrag beurteilt werden könne. Außerdem ist sie der Ansicht, dass auch die auf den vorliegenden Fall übertragbaren Ausführungen des Gerichtshofes im Urteil Ordine degli Architetti u. a. (12) dazu führten, dass der Beauftragungsvertrag nach dem Gesetz Nr. 85‑704 vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 auszuschließen sei.

    1. Wird mit dem Beauftragungsvertrag öffentliche Gewalt übertragen?

    25.      Nach Ansicht des beklagten Staates unterscheidet sich der Beauftragungsvertrag in mehrfacher Hinsicht von einem Dienstvertrag. Das Wesen des Beauftragungsvertrags liege darin, dass er dem Beauftragten die Befugnis verleihe, den Bauherrn zu vertreten. Eine unauflösliche Verbindung verknüpfe diese Vertretungsfunktion mit den anderen Aufgaben, die dem Beauftragten übertragen würden. So sei der Beauftragte mit einer Aufgabe im Allgemeininteresse betraut und habe sogar ein Mitentscheidungsrecht zusammen mit dem Bauherrn inne. Die Beziehungen, die der Bauherr mit dem Beauftragten unterhalte, seien ganz anderer Art als die, die sich aus einem gewerblichen Vertrag ergäben. Als Ganzes betrachtet verwehrten es diese Eigenarten, den Beauftragungsvertrag einem Dienstvertrag gleichzustellen.

    26.      Die Kommission widerspricht all dem. Dass eine Dienstleistung in Erfüllung eines Beauftragungsvertrags erbracht werde, reiche nicht aus, um sie vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 auszunehmen. So unterlägen z. B. die Geschäftsbesorgungsverträge zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten der genannten Richtlinie nach Nummer 21 ihres Anhangs IB. Diese Beurteilung entspreche im Übrigen der des Conseil d’État in seinem Urteil vom 5. März 2003 (13) , in dem er ausgeführt habe, dass ein allgemeiner und systematischer Ausschluss der Verträge der entsprechenden Kategorie – „mandat“ – vom französischen Gesetzbuch über öffentliche Aufträge nicht mit der Richtlinie 92/50 vereinbar sei. Auch das Vorhandensein von Erwägungen des Allgemeininteresses schließe die Einstufung als Dienstleistungsauftrag im Sinne der Richtlinie nicht aus; derartige Elemente träten bei den der Richtlinie unterliegenden Verträgen sehr häufig auf (14) . Somit könne keine der von der Französischen Republik angeführten Eigenarten diese Verträge vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 ausnehmen.

    27.      Die erste zu beantwortende Frage betrifft die Natur des zwischen dem Bauherrn und seinem Beauftragten geschlossenen Vertrages. Auch wenn es für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung eines Vertrages zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Dienstleistungserbringer grundsätzlich nicht darauf ankommt, wie dieser Vertrag im nationalen Recht eingestuft wird, so ist doch darauf zu verweisen, dass die Richtlinie nur auf Dienstleistungs„aufträge“ Anwendung findet, unter Ausschluss insbesondere von Konzessionen für öffentliche Aufgaben.

    28.      Die Französische Republik behauptet nicht, dass die in Rede stehende Vertragsbeziehung einer Konzession gleichzustellen sei (15) , macht aber geltend, dass dennoch öffentliche Gewalt vom Bauherrn auf den Beauftragten übertragen werde. Auf diese Weise versucht sie, eine Parallele zu ziehen zwischen der zu Konzessionen ergangenen Rechtsprechung und der Linie, die der Gerichtshof in Bezug auf den Beauftragungsvertrag verfolgen könnte. Aus der Analyse der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass gerade das Vorhandensein einer solchen Übertragung öffentlicher Gewalt auf den Konzessionär es rechtfertigt, ihn vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 auszunehmen. Ich werde zunächst die Gemeinschaftsrechtsprechung zu Konzessionen darstellen und sodann prüfen, ob sie sich möglicherweise auf den hier in Rede stehenden Beauftragungsvertrag übertragen lässt.

    29.      Während öffentliche Baukonzessionen ausdrücklich der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge unterstellt sind (16) , werden Dienstleistungskonzessionen in der Richtlinie 92/50 nicht geregelt. Es wurde festgestellt, dass diese vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind (17) . Auch die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (18) , die u. a. die Richtlinie 92/50 ersetzt, schließt Dienstleistungskonzessionen weiterhin von ihrem Anwendungsbereich aus.

    30.      Das Kriterium der Konzession lässt sich, obwohl es nicht in Rechtsnormen festgelegt ist, durch einen Vergleich mit der Definition in der Richtlinie 93/37 bestimmen (19) . In ihrer Mitteilung zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht (20) versucht auch die Kommission, eine Definition dieses Begriffes zu erarbeiten, und stellt auf das Vorhandensein eines Nutzungsrisikos als entscheidendes Kriterium ab. Die Richtlinie 2004/18 beseitigt in dieser Hinsicht jede Unsicherheit, da sie „Dienstleistungskonzessionen“ in ihrem Artikel 1 Absatz 4 definiert als „Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“.

    31.      Der Gerichtshof hat in seinem Urteil BFI Holding entschieden, dass ein im nationalen Recht als Konzessionsvertrag eingestufter Vertrag über die Abfuhr von Müll in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fallen könne (21) . Der Gerichtshof hat nämlich, ohne sich an die nationale Einstufung zu halten, allein auf die in Artikel 1 der Richtlinie 92/50 aufgestellten Voraussetzungen abgestellt.

    32.      In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Telaustria und Telefonadress hatte Generalanwalt Fenelly vorgeschlagen, in erster Linie darauf abzustellen, ob „der Konzessionär selbst das hauptsächliche … wirtschaftliche Risiko … trägt“ (22) . Dass der Konzessionsvertrag zugunsten von dritten Benutzern geschlossen werde, sei ein Kriterium von untergeordneter Bedeutung, und darauf, dass der übertragene Dienst im öffentlichen Interesse liege, komme es nicht an. Der Gerichtshof hat sich in dieser Rechtssache nicht zur genauen Abgrenzung des Begriffes geäußert, jedoch entschieden, dass eine Konzession vorliege, wenn „die Gegenleistung, die das erstgenannte Unternehmen dem zweitgenannten erbringt, darin besteht, dass Letzteres als Vergütung das Recht zur Verwertung seiner eigenen Leistung erhält“ (23) .

    33.      Bei der Prüfung der Lotto-Konzession in Italien (24) hat der Gerichtshof entschieden, dass diese angesichts der fehlenden Übertragung von öffentlicher Gewalt auf den Konzessionär als Vertrag anzusehen sei, der der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge unterliege (25) .

    34.      Das Kriterium hinsichtlich der Vergütung des Konzessionärs lässt sich nicht auf eine Argumentation zum Beauftragungsvertrag übertragen. Denn im Rahmen eines Vertrages über die Beauftragung mit der Baubetreuung kann kein Nutzungsrecht bestehen. Dagegen ist zu prüfen, ob mit dem Beauftragungsvertrag öffentliche Gewalt vom Bauherrn auf den Beauftragten übertragen wird. Das wäre ein Hinweis darauf, dass ein solcher Vertrag tatsächlich kein Auftrag im Sinne der Richtlinie 92/50 wäre. Dagegen könnte das Argument der Französischen Republik nicht durchdringen, wenn es an einer derartigen Übertragung fehlte.

    35.      Die Schwierigkeit des vorliegenden Falles liegt in der spezifischen Natur des Beauftragungsvertrags, kraft dessen der Beauftragte den Bauherrn vertritt. Allerdings – und aus diesem Grund kann die Argumentation des beklagten Staates mit dieser Besonderheit nicht durchgreifen – ist der Beauftragungsvertrag nach dem Gesetz Nr. 85‑704 nicht nur ein Vertrag, mit dem sich der Beauftragte verpflichtet, den Bauherrn zu vertreten. Wie sich aus der Liste der verschiedenartigen Aufgaben ergibt, die dem Beauftragten nach Artikel 3 des genannten Gesetzes übertragen werden können, übt dieser parallel dazu Unterstützungsfunktionen für den Bauherrn aus (26) .

    36.      Die Französische Republik trägt vor, dass die beiden vom Beauftragten ausgeübten Funktionen untrennbar seien. Gegen diese Auslegung spricht jedoch, dass Artikel 3 des Gesetzes Nr. 85-704 lediglich eine nicht verbindliche Liste der Funktionen enthält, die dem Beauftragten übertragen werden können. Nach dieser Vorschrift des fraglichen Gesetzes kann der Bauherr für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durchaus auf einen Dienstleistungserbringer zurückgreifen und den Beauftragten nur mit Vertretungsfunktionen betrauen. Umgekehrt kann er sämtliche in Artikel 3 des genannten Gesetzes aufgeführten Aufgaben ein und derselben Person übertragen. Sein Handlungsspielraum wird nur durch Artikel 2 dieses Gesetzes begrenzt, der es ihm verwehrt, sich seiner Funktion als „Hauptverantwortlicher des Bauwerks“ zu entledigen. Die dem Bauherrn belassene Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Aufgaben, die er dem Beauftragten übertragen möchte, belegt, dass es ohne weiteres denkbar ist, die verschiedenen Aufgaben, die diesem obliegen können, zu trennen: die Aufgaben, die Dienstleistungen entsprechen, einerseits und die Aufgaben, die eine Vertretung des Bauherrn bedeuten, andererseits.

    37.      Da sich die beiden dem Beauftragten anvertrauten Aufgabentypen trennen lassen, gibt es keinen Grund, der es ausschlösse, dass für diese beiden Aufgabenkategorien möglicherweise unterschiedliche Regelungen gelten. Was die Dienstleistungen betrifft, die aufgrund eines Beauftragungsvertrags erbracht werden, so entsprechen sie dem Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50. Folglich unterliegt ein nach dem Gesetz Nr. 85‑704 geschlossener Beauftragungsvertrag jedenfalls insoweit, als er Dienstleistungen betrifft, den Vorschriften dieser Richtlinie.

    38.      Prüfen wir nun die zweite Kategorie der dem Beauftragten anvertrauten Aufgaben, um festzustellen, ob diese deshalb vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein können, weil sie eine Übertragung öffentlicher Gewalt bedeuten. Der Beauftragte vertritt den Bauherrn in zwei Fällen: zum einen bei der Unterzeichnung der Verträge über die Bauleitung und die Bauleistungen und zum anderen bei der Zahlung der Vergütung an die ausgewählten Dienstleistungserbringer und Unternehmer.

    39.      Auch wenn der Beauftragte befugt ist, die Verträge über die Bauleitung und die Bauleistungen im Namen des Bauherrn zu unterzeichnen, so kann er dies erst tun, wenn er dessen Einverständnis eingeholt hat (27) . Unter diesen Umständen liegt keine echte Übertragung öffentlicher Gewalt vor, da der Beauftragte diese Entscheidungen nicht autonom treffen kann.

    40.      Was die Zahlung der Vergütung an die Dienstleistungserbringer und Unternehmer betrifft, so wird die entsprechende Finanzierung vom Bauherrn gewährleistet, so dass der Beauftragte auch hier keinen Handlungsspielraum besitzt. Er streckt lediglich Mittel vor, die ihm vom Bauherrn erstattet werden.

    41.      So kann der Beauftragte zwar bestimmte Rechtshandlungen im Namen des Bauherrn vornehmen, er verfügt jedoch bei der Ausführung dieser Handlungen über keine hinreichende Autonomie, um als Begünstigter einer Übertragung öffentlicher Gewalt angesehen zu werden (28) . Daher ist das Vorbringen der Französischen Republik zur Eigenart des Beauftragungsvertrags zurückzuweisen und der Vertrag insgesamt der Richtlinie 92/50 zu unterstellen.

    2. Mögliche Auswirkungen des Urteils Ordine degli Architetti u. a. 

    42.      Die Französische Republik vertritt den Standpunkt, dass der Gedankengang des Urteils Ordine degli Architetti u. a. entsprechend heranzuziehen sei und zum Ausschluss aller Beauftragungsverträge vom Anwendungsbereich der Richtlinien über öffentliche Aufträge führe. In der entsprechenden Rechtssache hatte ein italienisches Gericht den Gerichtshof nach der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht befragt, wonach ein Bauantragsteller von den für die Baugenehmigung geschuldeten Beiträgen ganz oder teilweise befreit werden kann, wenn er eine Erschließungsanlage unmittelbar errichtet (etwa Gemeindestraßen, Parkflächen oder Gasversorgung).

    43.      Der Gerichtshof gelangt zunächst zu dem Ergebnis, dass die Durchführung solcher Arbeiten in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 fällt, und zieht sodann den Schluss, dass eine nationale Bestimmung wie die in Rede stehende gegen diese Richtlinie verstößt, sowie der Wert des fraglichen Bauwerks den in dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert übersteigt (29) . Der Gerichtshof ist mit anderen Worten der Ansicht, dass der Vertrag, der zwischen einer Gemeinde und dem Grundstückseigentümer und Bauantragsteller geschlossen wird, in den Anwendungsbereich der genannten Richtlinie fällt. Bevor er zu diesem Schluss kommt, macht der Gerichtshof in Randnummer 100 des Urteils eine Einschränkung: „Dies heißt nicht, dass es bei der Erstellung einer Erschließungsanlage zur Einhaltung der Richtlinie auch erforderlich wäre, dass die Gemeindeverwaltung die in der Richtlinie vorgesehenen Verfahren selbst durchführt. Die praktische Wirksamkeit der Richtlinie wäre auch dann gewahrt, wenn nach nationalem Recht die Gemeindeverwaltung den Bauträger und Genehmigungsinhaber in den mit ihm geschlossenen Vereinbarungen dazu verpflichten könnte, für die Erstellung der fraglichen Anlagen die in der Richtlinie festgelegten Verfahren anzuwenden, um so die Verpflichtungen der Gemeindeverwaltung gemäß der Richtlinie zu erfüllen. In diesem Fall ist der Bauträger aufgrund seiner Vereinbarung mit der Gemeinde, die ihn als Gegenleistung für die Erstellung einer Erschließungsanlage von der Entrichtung des Erschließungsbeitrags befreit, als von der Gemeinde ausdrücklich zur Erstellung der Anlage ermächtigt anzusehen. Eine solche Anwendung der Bekanntmachungsvorschriften der Richtlinie durch andere Personen als den öffentlichen Auftraggeber sieht Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie im Übrigen für öffentliche Bauvorhaben, die Gegenstand einer Konzession sind, ausdrücklich vor.“

    44.      Die Kommission und die Französische Republik legen diesen Abschnitt unterschiedlich aus.

    45.      Die Französische Republik möchte aus dieser Randnummer eine allgemeine Theorie der Beauftragung ableiten (30) . Nach dem von ihr vertretenen Verständnis dieser Randnummer genügt es für eine Beachtung der in der Richtlinie 93/37 oder der Richtlinie 92/50 enthaltenen Vorschriften, dass der Beauftragte an diese Richtlinien gebunden ist. Das Gesetz Nr. 85‑704 sei folglich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, da es für alle von dem Beauftragten geschlossenen Verträge die Verpflichtungen vorsehe, die gelten würden, wenn der Bauherr die Verträge selbst abgeschlossen hätte (31) .

    46.      Die Kommission versucht, die Unterschiede zwischen der vorliegenden und der dem Urteil Ordine degli Architetti u. a. zugrunde liegenden Rechtssache herauszuarbeiten. Zunächst gehe es um verschiedene Richtlinien. Weiterhin könne in einem Fall, wie er dem Urteil Ordine degli Architetti u. a. zugrunde gelegen habe, die Gemeinde den Bauträger nicht wählen; es handele sich notwendigerweise um den Beitragspflichtigen, dem die Baugenehmigung erteilt worden sei. Schließlich regele der zwischen einer Gemeinde und dem Grundstückseigentümer und Bauantragsteller geschlossene Vertrag nur den Abzug einer geschuldeten Belastung im Gegenzug zur Erstellung von Erschließungsanlagen, unter Ausschluss jeder anderen zugunsten der Gemeinde erbrachten Dienstleistung.

    47.      Angesichts dieser Umstände scheint es mir, dass das Urteil Ordine degli Architetti u. a. nicht so ausgelegt werden kann, wie es die Französische Republik anregt. Denn entsprechend den Erläuterungen der Kommission bleibt die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 93/37 gewahrt, da die von dem Eigentümer geschlossenen Verträge über Bauaufträge den Vorschriften dieser Richtlinie unterliegen (32) . Für die Beachtung der Ziele der Richtlinie 93/37 ist es, anders gesagt, ohne Bedeutung, ob es sich bei dem der Ausschreibungsverpflichtung unterliegenden Bauherrn um die Gemeinde oder den Grundstückseigentümer und Bauantragsteller handelt.

    48.      Wenn man dagegen analog dazu akzeptieren würde, dass der zwischen dem Bauherrn und dem Beauftragten abgeschlossene Vertrag über Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 ausgeschlossen sein könnte, so liefe dies der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie zuwider. Anders als in dem Fall, den der Gerichtshof in der Rechtssache Ordine degli Architetti u. a. geprüft hat, ist nämlich zu unterscheiden zwischen Vertretungsaufgaben wie der Unterzeichnung der im Namen des Bauherrn geschlossenen Verträge einerseits und den entgeltlichen Dienstleistungen des Beauftragten für den Bauherrn andererseits. Nur in Bezug auf die erstgenannten Aufgaben ließe sich das Urteil Ordine degli Architetti u. a. möglicherweise heranziehen. Sofern öffentliche Gewalt vom Bauherrn auf den Beauftragten übertragen werden sollte, ließe sich vertreten, dass die Anwendung der Richtlinie 92/50 allein auf den Beauftragten ausreichte, um ihre praktische Wirksamkeit zu gewährleisten. Dagegen können die dem Bauherrn geleisteten Dienste nicht allein aufgrund des Umstands, dass sie im Rahmen eines Beauftragungsvertrags erbracht wurden, dem Anwendungsbereich der Richtlinie entzogen werden.

    49.      Was die Vertretungstätigkeiten des Beauftragten anbelangt, so können sie angesichts der fehlenden Übertragung von öffentlicher Gewalt nur Dienstleistungen gleichgestellt werden. Da der Bauherr ferner durch nichts daran gehindert wird, einem Dienstleistungserbringer im Rahmen der Vergabe eines Auftrags und nicht aufgrund eines Beauftragungsvertrags Unterstützungsleistungen anzuvertrauen, die denen entsprechen, die ein Beauftragter erbringen könnte, kann kein Zweifel an der Anwendbarkeit der Richtlinie 92/50 auf den Beauftragungsvertrag bestehen. Es steht fest, dass die Einstufung eines Vertrages nach nationalem Recht nicht dazu führen kann, die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts zu umgehen. Folglich ist die Richtlinie 92/50 auf Dienstleistungen anwendbar, die der Beauftragte gegenüber dem Bauherrn erbringt, ohne dass die Einstufung der Vertragsbeziehung nach nationalem Recht darauf irgendeinen Einfluss haben könnte.

    50.      Auch wenn der Beauftragungsvertrag, so wie er im französischen Recht ausgestaltet ist, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen sollte, so unterläge er jedenfalls, wie wir im dritten Teil noch genauer sehen werden, den Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr.

    B – Unvereinbarkeit des Artikels 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 mit der Richtlinie 92/50

    51.      Da der Beauftragungsvertrag nach dem Gesetz Nr. 85‑704 in den Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fällt, ist zu prüfen, ob die französischen Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704, der Gegenstand der vorliegenden Klage ist, behält die Funktion des Beauftragten abschließend aufgeführten Kategorien juristischer Personen französischen Rechts vor.

    52.      Das steht in klarem Widerspruch zum Ziel der Richtlinie 92/50, allen Dienstleistungserbringern den gleichen Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu gewährleisten (33) . Wie der Gerichtshof zur Richtlinie 71/305/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (34) ausgeführt hat, gilt nämlich, „dass die Richtlinie den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter zwar nicht ausdrücklich erwähnt, dass aber die Pflicht zur Beachtung dieses Grundsatzes gleichwohl dem Wesen dieser Richtlinie selbst entspricht“ (35) . Das gilt in gleicher Weise für die Richtlinie 92/50. Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 steht somit in klarem Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, da danach Beauftragungsverträge ausschließlich mit bestimmten Kategorien juristischer Personen französischen Rechts abgeschlossen werden können.

    53.      Ferner schreibt das Gesetz Nr. 85‑704 bei der Vergabe eines Beauftragungsvertrags keinerlei vorherige Ausschreibung vor, so dass der Bauherr innerhalb der in Artikel 4 des Gesetzes genannten Kategorien öffentlicher Personen völlig freie Wahl hat, auch wenn mit den entsprechenden Dienstleistungen der in Artikel 13 der Richtlinie 92/50 vorgesehene Schwellenwert überschritten wird.

    54.      Wie oben ausgeführt wurde, unterscheiden sich die Verpflichtungen zu Ausschreibung und vorheriger Bekanntmachung danach, ob die den öffentlichen Auftraggebern geleisteten Dienste in der Liste des Anhangs IA oder der des Anhangs IB der Richtlinie 92/50 verzeichnet sind. Die Frage, ob eine Dienstleistung in die Kategorie IA oder IB fällt, wirkt sich daher auf die darauf anwendbare Regelung aus. Für Aufträge über Dienstleistungen des Anhangs IB gelten geringere Verpflichtungen als für solche über Dienstleistungen nach Anhang IA. Für gemischte Verträge sieht Artikel 10 der Richtlinie 92/50 vor: „Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs IA und des Anhangs IB sind, werden nach den Vorschriften der Abschnitte III bis VI vergeben, wenn der Wert der Dienstleistungen des Anhangs IA größer ist als derjenige der Dienstleistungen des Anhangs IB. Ist dies nicht der Fall, so werden sie gemäß den Artikeln 14 und 16 vergeben.“

    55.      Vorliegend genügt die Feststellung, dass das beanstandete Gesetz kein Verfahren zur Ausschreibung der Position des Beauftragten vorsieht, ohne dass bestimmt werden müsste, welches Verfahren auf den Beauftragungsvertrag anzuwenden wäre. Unabhängig davon, ob die diesem anvertrauten Dienstleistungen in den Anhang IA oder den Anhang IB einzureihen sind, ist festzustellen, dass das Gesetz Nr. 85‑704 nicht mit den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 92/50 vereinbar ist.

    56.      Auch wenn die Einreihung der vom Beauftragten erbrachten Leistungen sich in Bezug auf die Unvereinbarkeit des nationalen Gesetzes mit der Richtlinie 92/50 kaum auswirkt, ist eine Klärung angebracht, da die Parteien gegensätzliche Standpunkte vertreten (36) . Der beklagte Staat macht hilfsweise geltend, die vom Beauftragten erbrachten Leistungen seien im Wesentlichen solche der Rechtsberatung, wie sie in Nummer 21 des Anhangs IB der Richtlinie 92/50 genannt werde, und in zweiter Linie Verwaltungsaufgaben, etwa Vorbereitung von Ausschreibungs- und Auftragsvergabeverfahren sowie Buchführungsaspekte, die in die Kategorie 27 (sonstige Dienstleistungen) desselben Anhangs einzureihen seien. Die Kommission meint, der Beauftragte leiste überwiegend Dienste in den Bereichen Architektur und technische Beratung, die zu Nummer 12 des Anhangs IA gehörten. Die reinen Vertretungsfunktionen des Beauftragten könnten nach Ansicht der Kommission unter Nummer 27 des Anhangs IB der Richtlinie 92/50 – „Sonstige Dienstleistungen“ – fallen.

    57.      Liest man den in Nummer 9 dieser Schlussanträge wiedergegebenen Artikel 3 des Gesetzes Nr. 85‑704, in dem die Aufgaben beschrieben werden, die auf den Beauftragten übertragen werden können, so dürfte sich nur schwer vertreten lassen, dass die dem Beauftragten anvertrauten Aufgaben, wie die Kommission meint, allein im Entwurf architektonischer Pläne oder in technischer Beratung entsprechend der Kategorie 12 des Anhangs IA bestehen, auch wenn die „Festlegung der verwaltungsmäßigen und technischen Bedingungen, unter denen das Bauwerk geplant und erstellt wird“ (37) sowie die „Abnahme des Bauwerks“ (38) in diese Kategorie zu fallen scheinen. In dieser Hinsicht kommt man um eine Einzelfallprüfung nicht herum. Der Bauherr kann nach Artikel 10 der Richtlinie 92/50 feststellen, welche Regelung auf den fraglichen Beauftragungsvertrag anzuwenden ist, da es angesichts der vielfältigen Gegenstände derartiger Verträge offenbar nicht möglich ist, diese einer einheitlichen Regelung zu unterwerfen (39) .

    58.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass Artikel 4 des in Rede stehenden Gesetzes nicht mit den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 92/50 vereinbar ist (40) . Für die Fälle, in denen die Richtlinie nicht anwendbar ist, bleibt zu klären, ob Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar ist.

    III – Unvereinbarkeit des Artikels 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 mit Artikel 49 EG

    59.      Es könnte die Frage auftauchen, welches Interesse daran bestehen kann, die Vorschriften des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit kumulativ zu den Richtlinien über öffentliche Aufträge, hier zur Richtlinie 92/50, anzuwenden. Doch sind auf alle öffentlichen Aufträge, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien fallen, natürlich die Bestimmungen des Vertrages über den freien Verkehr anwendbar (41) . Ebenso bleiben Verträge, die – wie etwa Konzessionsverträge – vom Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 nicht erfasst werden, den allgemeinen Vorschriften des Vertrages unterworfen (42) . Für den Fall, dass ein Beauftragungsvertrag nicht die finanziellen Schwellenwerte der Richtlinie 92/50 (43) erreichen oder dass für ihn eine Ausnahme von der Richtlinie gelten sollte, ist daher zu bestimmen, ob Artikel 4 des fraglichen Gesetzes mit Artikel 49 EG vereinbar ist.

    60.      Die Französische Republik ist der Ansicht, dass Artikel 49 EG im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da der Beauftragte keine Dienstleistungen erbringe. Im Gegensatz zu einem Dienstleistungserbringer habe der Beauftragte an einer Aufgabe im Allgemeininteresse teil, übe die Funktion der Vertretung einer öffentlichen Person aus und erhalte Aufgaben übertragen, die mit Entscheidungsbefugnis einhergingen.

    61.      Wie oben bereits dargestellt wurde, spricht offensichtlich nichts dagegen, die vom Beauftragten erledigten Aufgaben als Dienstleistungen einzustufen.

    62.      Im Übrigen wiederholt der beklagte Staat seine auf das Urteil Ordine degli Architetti u. a. gestützte Argumentation und vertritt den Standpunkt, dass sein Recht mit Artikel 49 EG vereinbar sei, da der Beauftragte in Bezug auf die Verträge, die er im Namen des Bauherrn schließe, den Vorschriften über öffentliche Aufträge unterliege.

    63.      Das Verständnis dieses Urteils durch die Französische Republik überzeugt nicht. Wie oben ausgeführt wurde, schließt der Beauftragte nämlich nicht nur Verträge für den Bauherrn ab, sondern erbringt diesem auch zahlreiche vergütete Dienstleistungen. Die Beanstandungen der Kommission beziehen sich ausnahmslos auf diese Vertragsbeziehung, in der es sich bei dem Beauftragten in Wirklichkeit um einen Dienstleistungserbringer handelt. Im Urteil Ordine degli Architetti u. a. wird dagegen nur eine Beauftragung im engen Sinn geprüft, d. h. der Fall, dass der Handelnde sich darauf beschränkt, anstelle der von ihm vertretenen Person tätig zu werden. Überdies schließt es dieses Urteil zu keiner Zeit aus, einen Geschäftsbesorgungsvertrag als Dienstleistung einzustufen. Da der Beauftragte auch als Dienstleistungserbringer tätig wird, unterliegt er als solcher Artikel 49 EG.

    64.      Dass das Recht zum Abschluss von Beauftragungsverträgen nach Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 bestimmten juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorbehalten ist, stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Auch wenn in der streitigen Bestimmung nicht ausdrücklich auf die Nationalität der zu dieser Dienstleistung Berechtigten abgestellt wird, so ist es in der Praxis für ein Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats quasi unmöglich, die Rechtsstellung einer juristischen Person des französischen öffentlichen Rechts zu erlangen (44) .

    65.      Zudem verstieße es, auch wenn es für ein ausländisches Unternehmen möglich sein sollte, zu einer der in Artikel 4 des in Rede stehenden Gesetzes aufgeführten Kategorien juristischer Personen zu gehören, gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs, wenn von ihm eine Änderung seiner Rechtsstellung verlangt würde, damit es die fraglichen Dienstleistungen erbringen kann. Wie Generalanwalt Lenz in Nummer 22 seiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑360/89 (45) betont hat, „liegt [es] im Rahmen der unternehmerischen Freiheit, die Artikel 59 gerade schützen soll, … von einem derartigen Schritt abzusehen“.

    66.      Im Ergebnis stellt Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, da er dazu führt, Verträge über die in Artikel 3 dieses Gesetzes aufgeführten Dienstleistungen französischen Dienstleistungserbringern vorzubehalten.

    67.      Nachdem die Unvereinbarkeit des Gesetzes Nr. 85‑704 mit Artikel 49 EG feststeht, ist die Frage nach einer möglichen Anwendbarkeit des Artikel 45 Absatz 1 EG zu stellen, wonach „dieses Kapitel“ „[a]uf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, … keine Anwendung [findet]“. Die Kommission zieht die Anwendung dieser Ausnahme in Erwägung, verwirft sie aber dann. Nachdem sie darauf verwiesen hat, dass diese Ausnahme eng auszulegen ist und nur „Tätigkeiten [betrifft], die für sich genommen eine unmittelbare … Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt mit einschließen“ (46) , stellt die Kommission fest, dass die dem Beauftragten anvertrauten Aufgaben im Wesentlichen technischer Art sind, was nicht unter diese Definition fällt.

    68.      Hinsichtlich der Tätigkeiten, bei denen der Beauftragte den Bauherrn vertritt, etwa die Unterzeichnung der Verträge über die Bauleitung und die Bauleistungen sowie die Vergütung der Unternehmer und Dienstleistungserbringer, kommt die Kommission ebenfalls zu dem Schluss der Unanwendbarkeit des Artikels 45 EG. Die Unterzeichnung der Verträge sei von der Zustimmung des Bauherrn abhängig, so dass sich nicht sagen lasse, dass dem Beauftragten tatsächlich öffentliche Gewalt übertragen werde. Auch die Zahlung von Vergütungen an Unternehmer und Dienstleistungserbringer sei keine Ausübung öffentlicher Gewalt durch den Beauftragten, da die Finanzierung durch den Bauherrn sichergestellt werde.

    69.      Wie oben dargelegt wurde, hat der Beauftragte bei den ihm übertragenen Aufgaben nicht an der Ausübung öffentlicher Gewalt teil, und zwar weder bei der Unterstützung noch bei der Stellvertretung. Folglich kann die in Artikel 45 EG vorgesehene Ausnahme auf ihn nicht angewandt werden (47) .

    70.      Auch die Ausnahme nach Artikel 46 EG ist nicht anwendbar, da der beklagte Staat keine Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit zur Rechtfertigung geltend gemacht hat.

    IV – Ergebnis

    71.      Angesichts des Vorstehenden schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, insbesondere aus den Artikeln 8 und 9 dieser Richtlinie, sowie gegen Artikel 49 EG verstoßen hat, indem sie in Artikel 4 des Gesetzes Nr. 85‑704 vom 12. Juli 1985 über die öffentliche Bauherrschaft und ihre Beziehungen zur privaten Bauleitung in der Fassung der Gesetze Nr. 91‑662 vom 13. Juli 1991 und Nr. 96‑987 vom 14. November 1996 die Aufgabe der Baubetreuung einer erschöpfenden Liste juristischer Personen französischen Rechts vorbehalten hat.


    1
    Originalsprache: Portugiesisch.


    2
    ABl. L 209, S. 1.


    3
    JORF vom 13. Juli 1985, S. 7914, vom 19. Juli 1991, S. 9524, und vom 15. November 1996, S. 16656, im Folgenden: Gesetz Nr. 85‑704.


    4
    JORF Nr. 141 vom 19. Juni 2004.


    5
    Zuvor war eine solche Unvereinbarkeit nur hinsichtlich der Beauftragten vorgesehen, die in Artikel 4 Buchstabe b des Gesetzes in seiner früheren Fassung aufgeführt waren.


    6
    Urteil vom 10. November 1998 in der Rechtssache C‑360/96 (BFI Holding, Slg. 1998, I‑6821, Randnr. 41).


    7
    Urteil vom 5. Oktober 2000 in der Rechtssache C‑16/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I‑8315, Randnr. 44). Das Urteil betraf die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84).


    8
    Achte Begründungserwägung der Richtlinie 92/50.


    9
    In Artikel 1 des Gesetzes Nr. 85‑704 heißt es: „Bauherren sind: 1° der Staat und seine öffentlichen Einrichtungen; 2° die Gebietskörperschaften, ihre öffentlichen Einrichtungen, die nach Artikel L. 321‑1 des Städtebaugesetzbuchs gegründeten öffentlichen Einrichtungen zur Stadtneugestaltung, ihre Vereinigungen sowie die gemischten Zweckverbände nach Artikel L. 166‑1 des Gemeindegesetzbuchs; 3° die in Artikel L. 64 des Sozialversicherungsgesetzbuchs aufgeführten privaten Einrichtungen und ihre Zusammenschlüsse oder Verbände; 4° die in Artikel L. 411‑2 des Bau- und Wohngesetzbuchs genannten privaten Einrichtungen für preiswerten Wohnraum sowie die gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften in Bezug auf staatlich unterstützten Wohnraum, der von diesen Einrichtungen und Gesellschaften erstellt wird“.


    10
    Das ergab sich aus Artikel 3 Absatz 7 des Gesetzbuchs über öffentliche Aufträge, das mit dem Dekret Nr. 2001‑210 vom 7. März 2001 über das Gesetzbuch über öffentliche Aufträge erlassen wurde (JORF vom 8. März 2001, S. 3700). Vgl. dazu L. Richer, „Le contrat de mandat au risque du droit administratif“, CJEG 1999, S. 127. Diese Bestimmung wurde durch Urteil des Conseil d’État (Frankreich) vom 8. März 2003 aufgehoben. Das Gesetzbuch über öffentliche Aufträge, das mit dem Dekret Nr. 2004‑15 vom 7. Januar 2004 (JORF vom 8. Januar 2004, S. 703) erlassen wurde, berücksichtigt diese Aufhebung: Ihm unterfallen nunmehr auch die Beauftragungsverträge.


    11
    Artikel 4 letzter Absatz des Gesetzes Nr. 85‑704.


    12
    Urteil vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C‑399/98 (Slg. 2001, I‑5409).


    13
    Rechtssache Nr. 233372, Union nationale des services publics industriels et commerciaux u. a.


    14
    Vgl. dazu Urteil vom 5. Dezember 1989 in der Rechtssache C‑3/88 (Kommission/Italien, Slg. 1989, 4035).


    15
    .   – Dazu ist zu bemerken, dass verschiedene im französischen Recht vorhandene Vertragstypen über die Übertragung von öffentlichen Aufgaben im Gemeinschaftsrecht Konzessionen gleichgestellt werden können. Der Begriff der Konzession ist im Gemeinschaftsrecht weiter als im französischen Recht.


    16
    Artikel 3 der Richtlinie 93/37 (ABl. L 199, S. 54); diese Richtlinie wurde zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 zur Änderung des Anhangs IV der Richtlinie 93/36/EWG des Rates, der Anhänge IV, V und VI der Richtlinie 93/37/EWG des Rates, der Anhänge III und IV der Richtlinie 92/50/EWG des Rates, in der durch die Richtlinie 97/52/EG geänderten Fassung, sowie der Anhänge XII bis XV, XVII und XVIII der Richtlinie 93/38/EWG des Rates, in der durch die Richtlinie 98/4/EG geänderten Fassung (Richtlinie über die Verwendung von Standardformularen für die Bekanntmachung öffentlicher Aufträge) (ABl. L 285, S. 1).


    17
    Urteil vom 7. Dezember 2000 in der Rechtssache C‑324/98 (Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000, I‑10745, Randnr. 48) und Beschluss vom 30. Mai 2002 in der Rechtssache C‑358/00 (Buchhändler-Vereinigung, Slg. 2002, I‑4685, Randnrn. 27 und 28).


    18
    ABl. L 134, S. 114. In Artikel 17 dieser Richtlinie heißt es nämlich: „[D]iese Richtlinie [gilt] nicht für Dienstleistungskonzessionen“.


    19
    In Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 93/37 werden öffentliche Baukonzessionen definiert als „Verträge, die von den unter Buchstabe a) genannten Verträgen [d. h. den öffentlichen Bauaufträgen] nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Arbeiten ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“.


    20
    ABl. 2000, C 121, S. 2.


    21
    Das Urteil wird oben in Fußnote 5 zitiert. Anders hatte Generalanwalt La Pergola den Fall beurteilt: „Im vorliegenden Fall liegt daher meines Erachtens die ‚Drittstellung‘ und damit die wesenhafte Eigenständigkeit der Einrichtung ARA gegenüber den beiden Gemeinden nicht vor. Wir haben es hier mit einer Form zwischenorganschaftlicher Delegation zu tun, die den Verwaltungsbereich der Gemeinden nicht verlässt, die mit der Übertragung der betreffenden Tätigkeiten auf ARA keineswegs die Aufgaben, die sie selbst bis dahin in diesem Bereich wahrgenommen hatten, privatisieren wollten. Die Beziehung zwischen den Gemeinden und ARA kann daher meines Erachtens letztlich nicht als ein Auftrag im Sinne der Richtlinie angesehen werden“ (Nr. 38 der Schlussanträge).


    22
    Schlussanträge vom 18. Mai 2000 in der Rechtssache C‑324/98 (Telaustria und Telefonadress, Urteil vom 7. Dezember 2000, zitiert in Fußnote 16), Nr. 30.


    23
    Urteil Telaustria und Telefonadress, Randnr. 58.


    24
    Urteil vom 26. April 1994 in der Rechtssache C‑272/91 (Kommission/Italien, Slg. 1994, I‑1409, Randnr. 24).


    25
    ABl. 1977, L 13, S. 1, geändert durch die Richtlinie 88/295/EWG des Rates vom 22. März 1988 zur Änderung der Richtlinie 77/62 und zur Aufhebung einiger Bestimmungen der Richtlinie 80/767/EWG (ABl. L 127, S. 1).


    26
    Z. B. die Festlegung der verwaltungsmäßigen und technischen Bedingungen, unter denen das Bauwerk geplant und erstellt wird, oder die Durchführung der Verträge über die Bauleitung und die Bauleistungen.


    27
    Demgegenüber kann sich der Beauftragte einer Entscheidung des Bauherrn nicht widersetzen.


    28
    Zur fehlenden Autonomie eines Wirtschaftsprüfers gegenüber dem Versicherungsaufsichtsamt vgl. Urteil vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache C‑42/92 (Thijssen, Slg. 1993, I‑4047, Randnrn. 20 bis 22). Vgl. auch die bereits erwähnten Urteile Kommission/Italien vom 5. Dezember 1989 und vom 26. April 1994.


    29
    Urteil Ordine degli Architetti u. a., Randnr. 103.


    30
    In der mündlichen Verhandlung hat die Französische Republik ergänzt, dass die Richtlinie 2004/18 in ihrem Artikel 11 diese Theorie übernommen und auf zentrale Beschaffungsstellen angewandt habe.


    31
    Artikel 4 letzter Absatz des Gesetzes Nr. 85‑704.


    32
    Zu einem anderen Schluss käme man natürlich, wenn der Grundstückseigentümer und Bauantragsteller hinsichtlich der Verträge, die er mit Unternehmern abschließt, nicht den Verpflichtungen aus der Richtlinie unterläge, da die Anwendung der Richtlinie dann gänzlich ausgeschlossen wäre, obwohl es sich bei den zu erstellenden Bauwerken um „öffentliche Bauaufträge“ im Sinne der Richtlinie handelt.


    33
    Vgl. insbesondere die 20. Begründungserwägung der Richtlinie.


    34
    ABl. L 185, S. 5.


    35
    Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1993 in der Rechtssache C‑243/89 (Kommission/Dänemark, Slg. 1993, I‑3353, Randnr. 33). Vgl. auch Nummer 18 der Schlussanträge von Generalanwalt Tesauro in derselben Rechtssache: „Es braucht kaum betont zu werden, dass im Rahmen einer Ausschreibung, bei der verschiedene Bieter miteinander konkurrieren, die Gleichheit aller an diesem Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen gewährleistet sein muss: Anderenfalls würde es sich nicht um die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags handeln, sondern eher um private Verhandlungen. Alles in allem ist Gleichbehandlung die Grundlage jeglicher Ausschreibungsregelung, da sie das Wesen einer Ausschreibung ausmacht.“


    36
    Außerdem ist dies nicht ohne Bedeutung für die Frage, ob das Gesetz Nr. 85‑704 in der Fassung der Verordnung Nr. 2004‑566 mit der Richtlinie 92/50 vereinbar ist.


    37
    Artikel 3 Nummer 1 des Gesetzes Nr. 85‑704.


    38
    Artikel 3 Nummer 6 des Gesetzes Nr. 85‑704.


    39
    Urteil vom 14. November 2002 in der Rechtssache C‑411/00 (Felix Swoboda, Slg. 2002, I‑10567).


    40
    Hierzu sei angemerkt, dass nach Artikel 2 Absatz 2 des französischen Gesetzbuchs über öffentliche Aufträge, so wie es mit dem Dekret Nr. 2004‑15 erlassen wurde, den Bestimmungen dieses Gesetzbuchs „die Aufträge [unterliegen], die aufgrund eines Beauftragungsvertrags, der von einer der in Nummer 1 dieses Artikels genannten öffentlichen Personen abgeschlossen wurde, vergeben werden“.


    41
    Urteil vom 9. Juli 1987 in den Rechtssachen 27/86 bis 29/86 (CEI u. a., Slg. 1987, 3347, Randnr. 15) und Beschluss vom 3. Dezember 2001 in der Rechtssache C‑59/00 (Vestergaard, Slg. 2001, I‑9505, Randnrn. 19 bis 21).


    42
    Urteile vom 9. September 1999 in der Rechtssache C‑108/98 (RI.SAN., Slg. 1999, I‑5219, Randnr. 20) und Telaustria et Telefonadress (Randnr. 60). Vgl. auch P. Cassia: „Contrats publics et principe communautaire d’égalité de traitement“, RTDEur. 2002, S. 413.


    43
    Artikel 7 der Richtlinie 92/50.


    44
    Urteile Kommission/Italien vom 5. Dezember 1989 und vom 26. April 1994. Im Bereich des freien Warenverkehrs verfolgt der Gerichtshof denselben Ansatz: Urteil vom 20. März 1990 in der Rechtssache C‑21/88 (Du Pont de Nemours Italiana, Slg. 1990, I‑889). Vgl. dazu auch die Studie von R. Noguellou: „La délégation de maîtrise d’ouvrage publique face au droit communautaire: un conflit latent“, in: Problèmes actuels de droit communautaire , LGDJ, 1998.


    45
    Urteil vom 3. Juni 1992 (Kommission/Italien, Slg. 1992, I‑3401).


    46
    Urteil Kommission/Italien vom 5. Dezember 1989.


    47
    Vgl. dazu die in Fußnote 27 zitierte Rechtsprechung.

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