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Document 61998CJ0055

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 28. Oktober 1999.
Skatteministeriet gegen Bent Vestergaard.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Højesteret - Dänemark.
Dienstleistungsfreiheit - Einkommensteuer - Steuerpflichtiges Einkommen - Abzug von Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen - Unterscheidung nach dem Land, in dem die Veranstaltungen staattfinden.
Rechtssache C-55/98.

Sammlung der Rechtsprechung 1999 I-07641

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1999:533

61998J0055

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 28. Oktober 1999. - Skatteministeriet gegen Bent Vestergaard. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Højesteret - Dänemark. - Dienstleistungsfreiheit - Einkommensteuer - Steuerpflichtiges Einkommen - Abzug von Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen - Unterscheidung nach dem Land, in dem die Veranstaltungen staattfinden. - Rechtssache C-55/98.

Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-07641


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkungen - Abzug der Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen vom steuerpflichtigen Einkommen - Nationale Rechtsvorschriften, wonach vermutet wird, daß Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen in anderen Mitgliedstaaten nicht abzugsfähig sind - Unzulässigkeit - Keine Rechtfertigung durch Gründe des Gemeinwohls oder die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu wahren

(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG])

Leitsätze


Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, daß Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, daß die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.

Eine solche Regelung, die den steuerlichen Abzug von Ausgaben für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Ausland schwieriger macht als den von Ausgaben für solche Veranstaltungen in dem betreffenden Mitgliedstaat, enthält nämlich eine Ungleichbehandlung je nach dem Ort der Erbringung der Dienstleistung, die weder durch die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu wahren, noch durch das Erfordernis wirksamer Steuerkontrollen gerechtfertigt ist.

Entscheidungsgründe


1 Das Höjesteret (Dänemark) hat mit Urteil vom 18. Februar 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Februar 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 6 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG und 49 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Skatteministeriet (Finanzministerium) und Herrn Vestergaard über die Weigerung des Ministeriums, Ausgaben von Herrn Vestergaard für seine Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung im Ausland von den zu versteuernden Einkünften der Bent Vestergaard A/S, deren einziger Aktionär er ist, als Betriebsausgaben abzuziehen.

Vorschriften des nationalen Rechts

3 In Dänemark sind nach Artikel 4 des Statßkattelov (Gesetz Nr. 149 vom 10. April 1922 über die an den Staat zu entrichtenden Steuern; im folgenden: Gesetz) Geldeinnahmen und Einnahmen geldwerter Güter steuerpflichtige Einkünfte.

4 Artikel 6 des Gesetzes bestimmt:

"(1) Von den zu versteuernden Einkünften sind abzuziehen:

a) berufliche Aufwendungen, d. h. Ausgaben im Steuerjahr für die Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einkünften einschließlich planmässiger Abschreibungen;

...

(2) Das steuerpflichtige Einkommen wird unabhängig davon festgesetzt, ob es für persönliche oder familiäre Zwecke, für Dienstleistungen, Gebrauchsartikel oder Freizeitzwecke, zur Vermögensbildung, Verbesserung von Vermögensgütern, in einem Handels- oder sonstigen Betrieb, für Ersparnisse oder ähnliche Vermögensanlagen, Geschenke oder sonstwie verwendet wird."

5 Welche beruflichen Aufwendungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes abzugsfähig sind, ergibt sich im einzelnen aus der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung. So heisst es in den Richtlinien des Skatteministeriet für das Steuerjahr 1988:

"Abzugsfähig sind Ausgaben für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, mit denen die Fach- und theoretischen Kenntnisse der Teilnehmer erhalten und aktualisiert werden sollen ...

Findet eine berufliche Zusammenkunft oder ein Seminar im Ausland (insbesondere an üblichen Urlaubsorten) statt, so sind die Ausgaben nicht abzugsfähig, es sei denn, die Wahl des Reiseziels und Veranstaltungsorts ist aus beruflichen Gründen gerechtfertigt."

6 In den Richtlinien für die Steuerjahre nach demjenigen, um das es im Ausgangsverfahren geht, so für das Steuerjahr 1996, wurde hinzugefügt:

"Es wird somit vermutet, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem ausländischen Urlaubsort in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dient, daß die Teilnahmekosten nicht als abzugsfähige berufliche Aufwendungen gelten können."

7 Wie sich aus der Akte ergibt, geht dieser Zusatz auf die Rechtsprechung des Vestre Landsret zurück (Urteile vom 17. April und 8. Oktober 1984, Tidßkrift for Skatteret 1984, Nrn. 238 und 471), die das Höjesteret bestätigte (Urteil vom 19. Oktober 1994, Ugeskrift for Retsväsen 1994, 970). Im Vorlageurteil heisst es dazu:

"Findet eine Fortbildungsveranstaltung an einem üblichen Urlaubsort im Ausland statt und lässt sich die Wahl dieses Ortes nicht aus beruflichen Gründen rechtfertigen, so wird vermutet, daß die Fortbildungsveranstaltung in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dient, daß die Teilnahmekosten nicht als abzugsfähige berufliche Aufwendungen betrachtet werden können.

Diese Vermutung kann durch Nachweise insbesondere zu den Fortbildungsinhalten und dem Verhältnis zwischen Veranstaltungs- und Aufenthaltsdauer widerlegt werden ...

Wird die Fortbildung an einem üblichen Urlaubsort in Dänemark durchgeführt, so gilt diese Vermutung nicht.

Es gibt keinerlei Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis, wonach die Teilnahmekosten für Fortbildungsveranstaltungen auch in Dänemark nicht abzugsfähig wären, weil der Veranstaltungsort ein typischer Urlaubsort war."

Sachverhalt und Ausgangsverfahren

8 Herr Vestergaard ist zugelassener Wirtschaftsprüfer und bei der ihm vollständig gehörenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bent Vestergaard A/S angestellt.

9 Vom 3. bis 10. Oktober 1988 nahm Herr Vestergaard an einer steuerrechtlichen Fortbildungsveranstaltung auf Kreta teil, bei der alle Teilnehmer Dänen waren und die - in Zusammenarbeit mit einem Reisebüro - von einer dänischen Wirtschaftsprüfungssozietät organisiert wurde. Von dem siebentägigen Aufenthalt in Griechenland waren drei ganze und zwei halbe Tage der eigentlichen Veranstaltung gewidmet.

10 Die Teilnahme-, Reise- und Aufenthaltskosten von Herrn Vestergaard in Höhe von 5 516 DKR wurden von der Bent Vestergaard A/S übernommen. Seine Ehefrau nahm ebenfalls an der Reise teil und gab dafür privat 3 700 DKR aus.

11 Mit Bescheid vom 29. Juni 1993 stellte das Landßkatteret (oberste Steuerbehörde) fest, daß die Ausgaben für die Teilnahme von Herrn Vestergaard an der Fortbildungsveranstaltung auf Kreta als zusätzliche Vergütung anzusehen seien, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bent Vestergaard A/S ihm als ihrem einzigen Aktionär gewährt habe; deshalb seien sie nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes abzugsfähig.

12 Herr Vestergaard erhob gegen diesen Bescheid Klage beim Vestre Landsret, das mit Urteil vom 3. Mai 1995 entschied, daß Herr Vestergaard die Vermutung, die Veranstaltung diene in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken, daß die Teilnahmekosten nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig seien, habe widerlegen können. Die Steuerverwaltung habe die streitigen Kosten deshalb zu Unrecht als zusätzliche Vergütung von Herrn Vestergaard bewertet.

13 Das Skatteministeriet legte gegen das Urteil des Vestre Landsret Rechtsmittel beim Höjesteret ein. Da Herr Vestergaard vor dem vorlegenden Gericht erstmals geltend machte, die Versteuerung der fraglichen Fortbildungsausgaben als zusätzliche Vergütung sei mit den Artikeln 6 und 59 EG-Vertrag unvereinbar, hat das Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die dänische Rechtsprechung (vgl. Urteil des Höjesteret vom 19. Oktober 1994, Ugeskrift for Retsväsen 1994, 970), wonach vermutet wird, daß eine Fortbildungsveranstaltung an einem üblichen Urlaubsort im Ausland, sofern sich die Ortswahl nicht fachlich rechtfertigen lasse, in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken diene, daß die Teilnahmekosten nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig seien, mit den Artikeln 6 und 59 EG-Vertrag vereinbar?

2. Wenn nicht, lässt sich eine solche nationale Steuerregelung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere den Urteilen Bachmann (C-204/90) und Futura Participations SA (C-250/95), rechtfertigen?

Zu den Vorlagefragen

14 Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das nationale Gericht im wesentlichen wissen, ob die Artikel 6 und 59 EG-Vertrag der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, daß Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, daß die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.

15 Erstens ist festzustellen, daß zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, daß die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse jedoch unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen (vgl. u. a. Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96, Safir, Slg. 1998, I-1897, Randnr. 21).

16 Zweitens kann nach ständiger Rechtsprechung Artikel 6 Absatz 1 EG-Vertrag, in dem das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit niedergelegt ist, selbständig nur in gemeinschaftsrechtlich geregelten Fällen angewandt werden, für die der Vertrag kein besonderes Diskriminierungsverbot vorsieht (vgl. u. a. Urteil vom 16. September 1999 in der Rechtssache C-22/98, Becu, Slg. 1999, I-0000, Randnr. 32).

17 Für die Dienstleistungsfreiheit wird dieses Verbot aber durch Artikel 59 EG-Vertrag näher geregelt und konkretisiert. Über die Auslegung von Artikel 6 EG-Vertrag braucht deshalb nicht entschieden zu werden.

18 Drittens fallen Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, also die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen, unabhängig davon, wo der Dienstleistende oder der Dienstleistungsempfänger ansässig ist, bereits dann in den Geltungsbereich von Artikel 59 EG-Vertrag, wenn diese Dienstleistungen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werden.

19 Artikel 59 EG-Vertrag ist nämlich nicht nur dann anwendbar, wenn der Erbringer und der Empfänger der Dienstleistung in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind, sondern auch in den Fällen, in denen der Erbringer die Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als dem seiner Niederlassung anbietet (vgl. u. a. Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-381/93, Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 14), und zwar unabhängig davon, wo die Empfänger dieser Dienstleistungen ansässig sind (vgl. u. a. Urteil vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-398/95, SETTG, Slg. 1997, I-3091, Randnr. 8).

20 Ausserdem umfasst das Recht auf freie Dienstleistung die Freiheit der Dienstleistungsempfänger, sich zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch irgendwelche Beschränkungen daran gehindert zu werden (vgl. u. a. insbesondere Urteil vom 29. April 1999 in der Rechtssache C-224/97, Ciola, Slg. 1999, I-0000, Randnr. 11).

21 Was die Frage angeht, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die des Ausgangsverfahrens eine gemäß Artikel 59 EG-Vertrag verbotene Beschränkung enthält, so ist festzustellen, daß diese Regelung die Dienstleistungen der Organisation von Fortbildungsveranstaltungen einer unterschiedlichen Steuerregelung unterwirft, je nachdem, ob sie in anderen Mitgliedstaaten oder in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden, da sie nämlich den steuerlichen Abzug der Ausgaben für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen an einem üblichen ausländischen Urlaubsort nur zulässt, wenn der Steuerpflichtige die Vermutung widerlegt, die Veranstaltung diene in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken, daß diese Kosten nicht als abzugsfähige berufliche Aufwendungen betrachtet werden könnten, während für Fortbildungsveranstaltungen an einem üblichen Urlaubsort in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.

22 Die Regelung eines Mitgliedstaats, die wie die des Ausgangsverfahrens den steuerlichen Abzug von Ausgaben für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Ausland schwieriger macht als den von Ausgaben für solche Veranstaltungen in dem betreffenden Mitgliedstaat, enthält jedoch eine nach Artikel 59 EG-Vertrag verbotene Ungleichbehandlung je nach dem Ort der Erbringung der Dienstleistung.

23 Diese Ungleichbehandlung ist weder durch die Notwendigkeit, die Kohärenz eines Steuersystems zu wahren, noch durch die Wirksamkeit der Steuerkontrollen gerechtfertigt, die nach den - vom vorlegenden Gericht erwähnten - Urteilen vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249) und vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95 (Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471) als mögliche Rechtfertigungsgründe für Regelungen anerkannt worden sind, die die vom Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten einschränken können.

24 In den Ausgangsverfahren, die dem Urteil Bachmann und dem am gleichen Tag ergangenen Urteil in der Rechtssache C-300/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-305) zugrunde lagen, bestand zwischen der Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen und der Besteuerung der Beträge, die von den Versicherern nach den Alters- und Todesfallversicherungsverträgen geschuldet wurden, ein unmittelbarer Zusammenhang, der notwendig war, um die Kohärenz der fraglichen Steuerregelung zu wahren (vgl. insoweit Urteile vom 14. November 1995 in der Rechtssache C-484/93, Svensson und Gustavsson, Slg. 1995, I-3955, Randnr. 18, vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089, Randnr. 58, und vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 29). Im vorliegenden Fall besteht jedoch, wie der Generalanwalt in Nummer 39 seiner Schlussanträge dargelegt hat, kein solcher unmittelbarer Zusammenhang zwischen irgendeiner Besteuerung und der Abzugsfähigkeit der Ausgaben für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.

25 Im übrigen erlaubt zwar die Wirksamkeit der Steuerkontrollen einem Mitgliedstaat die Anwendung von Maßnahmen, die die klare und präzise Feststellung der Höhe der in diesem Staat als berufliche Aufwendungen abziehbaren Ausgaben, u. a. auch die für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, ermöglichen (in diesem Sinne Urteile Futura Participations und Singer, Randnr. 31, und vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-254/97, Baxter, Slg. 1999, I-0000, Randnr. 18); sie kann es jedoch nicht rechtfertigen, daß der Staat diesen Abzug von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig macht, je nachdem, ob die Fortbildungsveranstaltungen in dem betreffenden Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat stattfinden.

26 Insoweit ist daran zu erinnern, daß nach der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) ein Mitgliedstaat die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats um alle Auskünfte ersuchen kann, die er für die ordnungsgemässe Bemessung der Einkommensteuer benötigt. Die beteiligten Steuerbehörden hindert auch nichts daran, vom Steuerpflichtigen selbst alle Belege zu verlangen, die ihnen für die Beurteilung der Frage notwendig erscheinen, ob der verlangte Abzug gewährt werden kann (in diesem Sinne Urteile Bachmann, Randnrn. 18 und 20, und Kommission/Belgien, Randnrn. 11 und 13).

27 Das Skatteministeriet macht geltend, der Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden gemäß der Richtlinie 77/799 reiche nicht aus, um diesen Behörden die Lösung von Problemen zu ermöglichen, die wie diejenigen, die sich im Ausgangsverfahren stellten, eine Beurteilung insbesondere der Art der fraglichen Fortbildung und des Verhältnisses zwischen Veranstaltungs- und Aufenthaltsdauer im Licht der Bestimmungen und der Rechtsprechung des Mitgliedstaats, zu dem sie gehören, erforderlich machten.

28 Die Auskünfte, deren Einholung die Richtlinie 77/799 den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, sind aber gerade jene, die ihnen notwendig erscheinen, um den korrekten Betrag der Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen gemäß den von ihnen selbst anzuwendenden Rechtsvorschriften ordnungsgemäß festzusetzen (in diesem Sinne Urteil Futura Participations und Singer, Randnr. 41), und die Richtlinie berührt in keiner Weise die Befugnis dieser Behörden, u. a. zu prüfen, ob die in diesen Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen für den steuerlichen Abzug bestimmter Ausgaben erfuellt sind.

29 Auf die Vorlagefragen ist deshalb zu antworten, daß Artikel 59 EG-Vertrag der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, daß Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, daß die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.

Kostenentscheidung


Kosten

30 Die Auslagen der niederländischen Regierung und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

auf die ihm vom Höjesteret mit Urteil vom 18. Februar 1998 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach für die Bestimmung des zu versteuernden Einkommens vermutet wird, daß Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten in so erheblichem Umfang Urlaubszwecken dienen, daß die Ausgaben für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind, während für Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in dem betreffenden Mitgliedstaat eine solche Vermutung nicht gilt.

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