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Document 61996CC0044

Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 16. September 1997.
Mannesmann Anlagenbau Austria AG u. a. gegen Strohal Rotationsdruck GesmbH.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesvergabeamt - Österreich.
Öffentliche Aufträge - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge - Staatsdruckerei - Gewerblich tätige Tochtergesellschaft.
Rechtssache C-44/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 I-00073

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1997:402

61996C0044

Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 16/09/1997. - Mannesmann Anlagenbau Austria AG u. a. gegen Strohal Rotationsdruck GesmbH. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesvergabeamt - Österreich. - Öffentliche Aufträge - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge - Staatsdruckerei - Gewerblich tätige Tochtergesellschaft. - Rechtssache C-44/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-00073


Schlußanträge des Generalanwalts


1 In der vorliegenden Vorabentscheidungssache geht es um die Auslegung des Begriffes "Einrichtung des öffentlichen Rechts", mit dem der Gemeinschaftsgesetzgeber den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge(1) (Richtlinie) begrenzt.

2 Nach der Richtlinie ist eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" ein "öffentlicher Auftraggeber"; dieser Begriff bezeichnet diejenigen Stellen, deren Beteiligung an einem Vertragsabschluß über die Ausführung von Bauarbeiten zur Anwendung der Richtlinie auf diesen Vertrag führt.

I - Gemeinschaftsrecht

Die Richtlinie 93/37/EWG

3 Die Richtlinie 93/37 kodifiziert die Richtlinie 71/305/EWG des Rates(2); sie ist die gemeinschaftsrechtliche Grundvorschrift über öffentliche Bauaufträge.

4 Die Richtlinie enthält die die Mitgliedstaaten bindenden gemeinsamen Vorschriften auf technischem Gebiet, auf dem Gebiet der Bekanntmachung der Aufträge, die die öffentlichen Auftraggeber vergeben wollen, und auf dem Gebiet der Teilnahme der Unternehmer an dem Auftrag. Sie legt fest, welche Verfahren die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe der Aufträge anwenden müssen, ferner deren Informationspflichten gegenüber den Bewerbern, den Bietern und der Kommission sowie die Informationspflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission.

5 In Artikel 1 der Richtlinie werden die wesentlichen Begriffe definiert, die ihren Anwendungsbereich bestimmen.

6 Nach Artikel 1 Buchstabe a "gelten als ffentliche Bauaufträge: die zwischen einem Unternehmer und einem unter Buchstabe b näher bezeichneten öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Ausführung und die Planung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang II genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks im Sinne des Buchstabens c oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen"(3).

7 Nach Artikel 1 Buchstabe b Absatz 1

"gelten als ffentliche Auftraggeber: der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen".

8 Als "Einrichtung des öffentlichen Rechts", die damit ebenso wie die herkömmlichen öffentlich-rechtlichen Körperschaften öffentliche Auftraggeber sind, gilt nach Artikel 1 Buchstabe b Absatz 2

"jede Einrichtung,

- die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind, und

- die Rechtspersönlichkeit besitzt und

- die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind".

9 Nach Artikel 1 Buchstabe b Absatz 3 sind

"die Verzeichnisse der Einrichtungen und Kategorien des öffentlichen Rechts, die die in Unterabsatz 2 genannten Kriterien erfuellen, ... in Anhang I enthalten. Diese Verzeichnisse sind so vollständig wie möglich und können nach dem Verfahren des Artikels 35 geändert werden. Zu diesem Zweck geben die Mitgliedstaaten der Kommission regelmässig die Änderungen an ihren Verzeichnissen bekannt".

Die Richtlinie 89/665/EWG

10 Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(4) verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, "um sicherzustellen, daß ... die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch ... auf Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können"(5). Nach Artikel 5 treffen die Mitgliedstaaten vor dem 21. Dezember 1991 alle erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie nachzukommen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2052/88

11 Artikel 7 Absatz 1 neuer Fassung - Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht und Kontrolle - der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988(6) (Verordnung) lautet wie folgt:

"Die Aktionen, die Gegenstand einer Finanzierung durch die Strukturfonds oder einer Finanzierung der EIB oder eines sonstigen vorhandenen Finanzinstruments sind, müssen den Verträgen und den aufgrund der Verträge erlassenen Rechtsakten sowie den Gemeinschaftspolitiken, einschließlich der Wettbewerbsregeln, der Vergabe öffentlicher Aufträge, des Umweltschutzes und der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit für Männer und Frauen entsprechen."

II - Nationales Recht

12 In seinem Vorlageschreiben legt das Bundesvergabeamt dar, daß die Republik Österreich mit dem Inkrafttreten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum am 1. Januar 1994 verpflichtet war, die im Anhang XVI dieses Abkommens genannten Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften in nationales Recht umzusetzen. Dabei habe es sich vor allem um die Richtlinien 71/305 und 89/665 gehandelt(7).

13 Auf Ebene des Bundes sei die Umsetzung dieser Richtlinien durch das Bundesvergabegesetz (BVergG)(8) erfolgt, das am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten sei; aus Gründen der innerstaatlichen Kompetenzverteilung sei die Auftragsvergabe der Länder durch eigene Landesvergabegesetze geregelt.

14 Mittlerweile seien im Anhang XVI nicht enthaltene Richtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens ergangen. Sie seien noch nicht in das österreichische Recht umgesetzt worden. Gleichwohl gehe das Bundesvergabeamt "bei seiner rechtlichen Betrachtung davon aus, daß die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes nunmehr an den Bestimmungen der einschlägigen europäischen Richtlinien zu messen" seien(9). Die wesentlichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes sind die folgenden.

15 § 1 Absatz 2 Nummer 3 BVergG lautet:

"Dieses Bundesgesetz gilt für entgeltliche Bauaufträge, deren Vertragsgegenstand

...

3. die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen, gleichgültig mit welchen Mitteln dies erfolgt,

ist."

16 In § 3 BVergG heisst es:

"(1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Vergabe von Bauaufträgen und Baukonzessionsaufträgen dann, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer mindestens fünf Millionen Ecu beträgt.

...

(3) Bauaufträge, insbesondere die von diesen erfassten Bauwerke, dürfen nicht in der Absicht aufgeteilt werden, sie der Anwendung dieses Bundesgesetzes zu entziehen."

17 § 6 Absatz 1 Nummer 3 lautet wie folgt:

"Dieses Bundesgesetz gilt für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, das sind

...

3. (Verfassungsbestimmung) Unternehmungen gemäß Artikel 126 b Absatz 2 B-VG[(10)], soweit sie zu dem Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind, zu erfuellen, und die finanzielle Beteiligung des Bundes jene der anderen Rechtsträger überwiegt - für sonstige, der Rechnungshofkontrolle unterliegende Unternehmungen, soweit sie zu dem genannten Zweck gegründet wurden, obliegt die Regelung der Auftragsvergabe in Gesetzgebung und Vollziehung den Ländern -"(11).

18 Das Bundesvergabegesetz sieht zwei Rechtsschutzmöglichkeiten vor: ein Schlichtungsverfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission und ein Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt. Das Schlichtungsverfahren muß dem Nachprüfungsverfahren vorausgehen. Nur wenn das Schlichtungsverfahren nicht zu einer gütlichen Einigung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bewerbern oder Bietern führt, kann das Bundesvergabeamt befasst werden.

III - Sachverhalt und Ausgangsverfahren

Die österreichische Staatsdruckerei

19 Die österreichische Staatsdruckerei wurde 1804 gegründet; sie war ursprünglich ein Staatsbetrieb. Seit 1981 wurde ihr Rechtszustand durch das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Österreichische Staatsdruckerei (Staatsdruckereigesetz; StDrG) geändert. § 1 StDrG lautet wie folgt:

"(1) Unter der Firma $Österreichische Staatsdruckerei` wird ein eigener Wirtschaftskörper - im folgenden $Staatsdruckerei` genannt - gebildet. Er hat seinen Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit.

(2) Die Staatsdruckerei gilt als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches. Sie ist in die Abteilung A des Handelsregisters beim Handelsgericht Wien einzutragen.

(3) Die Geschäfte der Staatsdruckerei sind nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen."

20 Die Aufgaben der Staatsdruckerei sind in § 2 StDrG festgelegt. Nach Absatz 1 hat sie die Herstellung von Druckprodukten für die Bundesverwaltung, bei deren Herstellungsprozeß Geheimhaltung bzw. die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften (Sicherheitsdruck) geboten ist - u. a. von Reisepässen, Führerscheinen, Personalausweisen, vom Bund herausgegebenen Rechts- und Entscheidungssammlungen, Formularen und der Wiener Zeitung - als sogenannte Pflichtaufträge wahrzunehmen. Diese Tätigkeiten werden von einem staatlichen Kontrolldienst überwacht(12). Die Preise werden auf Antrag des Generaldirektors der Staatsdruckerei nach kaufmännischen Grundsätzen(13) durch den Wirtschaftsrat festgesetzt, der aus zwölf Mitgliedern besteht, von denen acht vom Bundeskanzler und verschiedenen Bundesministern und vier vom Betriebsrat entsandt werden(14).

21 Nach § 2 Absatz 2 StDrG kann die Staatsdruckerei weitere Tätigkeiten, etwa die Herstellung sonstiger Druckprodukte oder den Verlag und den Vertrieb von Büchern oder Zeitungen, ausüben.

22 Nach § 3 "ist die Staatsdruckerei [unter Beachtung des Unternehmenszwecks] auch zur Beteiligung an Unternehmungen befugt".

Die Strohal Gesellschaft mbH und die Strohal Rotationsdruck GmbH

23 Die Staatsdruckerei erwarb im Februar 1995 die Strohal Gesellschaft mbH, die ihrerseits im Oktober 1995 die Strohal Rotationsdruck GmbH (Antragsgegner) gründete, von deren Stammkapital von 1 000 000 ÖS(15) sie 999 000 ÖS hält.

24 Aus den schriftlichen Erklärungen des Antragsgegners geht hervor, daß der Erwerb der Strohal Gesellschaft mbH durch die Staatsdruckerei sich aus den Erfahrungen der erworbenen Gesellschaft in einem Druckverfahren, in dem die Staatsdruckerei nicht tätig war, sowie aus einem ausländischen Kundenstamm erklärte(16).

25 Der Antragsgegner führt aus, er sei am 4. November 1995 ins Firmenbuch beim LG Eisenstadt zur Herstellung von Druck-Erzeugnissen im fraglichen Verfahren eingetragen worden(17).

Das Druckzentrum Müllendorf

26 Um die Vorlaufzeit für die Aufnahme des Betriebes des als "Druckzentrum Müllendorf" bezeichneten Druckbetriebs zu verkürzen, erteilte die Staatsdruckerei im Namen des Antragsgegners bereits während dessen Gründungsvorgangs einzelne Aufträge hierfür.(18)

27 So schrieb die Staatsdruckerei am 18. Oktober 1995 die Vergabe der haustechnischen Anlage des Druckzentrums Müllendorf aus, zog sie aber im Rahmen eines von der Wirtschaftskammer Österreich eingeleiteten Schlichtungsverfahrens wieder zurück.

28 In der Folge wurde eine beschränkte Ausschreibung eröffnet, für die die Staatsdruckerei den Bietern mitteilte, der Antragsgegner sei der ausschreibende und beauftragende Bauherr(19).

29 Auf Ersuchen des Verbandes der Industriellen Gebäudetechnikunternehmen Österreichs vom 15. November 1995 wurde ein Schlichtungsverfahren eingeleitet; die Einschreiterin vertrat die Ansicht, daß das Vorhaben eine öffentliche Auftragsvergabe im Sinne des Bundesvergabegesetzes sei und damit dessen persönlichen Geltungsbereich unterliege(20).

30 Die Bundes-Vergabekontrollkommission kam zu dem Ergebnis, daß mangels eines öffentlichen Auftraggebers im Sinne des Bundesvergabegesetzes kein öffentlicher Bauauftrag vorliege und sie daher nicht zuständig sei. Sie wollte jedoch nicht ausschließen, daß die vergebende Stelle im Falle der Inanspruchnahme von Gemeinschaftsmitteln gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung die Bestimmungen der Richtlinie einzuhalten habe(21).

31 In Ermangelung einer gütlichen Einigung brachten am 7. Dezember 1995 die Firmen Mannesmann Anlagenbau Austria AG, J. L. Bacon Gesellschaft mbH, Haustechnische Gesellschaft für sanitär-, wärme- und lufttechnische Anlagen GmbH und Sulzer Infra Anlagen- und Gebäudetechnik Gesellschaft mbH (Antragsteller) bei der Geschäftsführung des Bundesvergabeamts einen Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 92 BVergG ein(22).

IV - Die Vorlagefragen

32 Das Bundesvergabeamt führt aus, die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes seien zur Umsetzung der Richtlinie 71/305 in ihrer geänderten Fassung erlassen worden; für die Interpretation dieser Bestimmungen sei daher eine Interpretation der Bestimmungen der Richtlinie Voraussetzung. Es hat folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Vermag eine Bestimmung in einem nationalen Gesetz, wie sie im vorliegenden Fall § 3 des Staatsdruckereigesetzes darstellt, durch die einem Unternehmen besondere und ausschließliche Rechte verliehen werden, für dieses Unternehmen im Allgemeininteresse liegende Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind, im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37/EWG zu begründen und ein solches Unternehmen als Ganzes dem Geltungsbereich dieser Richtlinie zu unterwerfen, auch wenn diese Tätigkeiten nur einen Teil des Geschäftsbereichs des Unternehmens ausmachen und dieses Unternehmen darüber hinaus als kommerzielles Unternehmen am Markt teilnimmt?

2. Für den Fall, daß ein solches Unternehmen nur hinsichtlich der ihm übertragenen besonderen und ausschließlichen Rechte dem Geltungsbereich der Richtlinie 93/37/EWG unterliegen sollte, ist ein solches Unternehmen gehalten, organisatorische Voraussetzungen zu treffen, die eine Verlagerung von finanziellen Mitteln, die aus den Erträgen aus diesen besonderen und ausschließlichen Rechten erzielt wurden, auf andere Geschäftsbereiche verhindern?

3. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber ein Vorhaben beginnt und dieses damit als öffentlicher Bauauftrag im Sinne der Richtlinie 93/37/EWG zu qualifizieren ist, vermag der Eintritt eines Dritten, der prima facie nicht dem persönlichen Geltungsbereich der Richtlinie unterliegt, Änderungen an der Qualifikation eines Vorhabens als öffentlicher Bauauftrag zu bewirken, oder ist ein solches Vorgehen als Umgehung des persönlichen Geltungsbereichs der Richtlinie zu qualifizieren, die mit Ziel und Zweck der Richtlinie nicht vereinbar wäre?

4. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber zur Vornahme kommerzieller Aktivitäten Unternehmen gründet und an diesen Mehrheitsanteile hält, die ihm eine wirtschaftliche Beherrschung dieser Unternehmen ermöglichen, bezieht sich dann die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber auch auf diese verbundenen Unternehmungen?

5. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber Geldmittel, die er aus ihm übertragenen besonderen und ausschließlichen Rechten erzielt hat, auf rein kommerziell tätige Unternehmen überträgt, an denen er mehrheitlich beteiligt ist, beeinflusst dies die Rechtsstellung des verbundenen Unternehmens dahin gehend, daß es sich als Ganzes wie ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 93/37/EWG behandeln lassen und verhalten muß?

6. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber, der sowohl im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art als auch kommerzielle Aktivitäten wahrnimmt, Betriebseinrichtungen schafft, die beiden Zwecken dienen können, ist die Beauftragung der Errichtung derartiger Betriebseinrichtungen als öffentlicher Bauauftrag im Sinne der Richtlinie 93/37/EWG zu qualifizieren, oder finden sich im Gemeinschaftsrecht Maßstäbe, nach denen eine derartige Betriebseinrichtung entweder als den öffentlichen Aufgaben oder den kommerziellen Aktivitäten dienend qualifiziert werden kann, wenn ja, welche?

7. Unterstellt Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente die Empfänger von Gemeinschaftsbeihilfen den Nachprüfungsverfahren im Sinne der Richtlinie 89/665/EWG, auch wenn sie selbst keine öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 93/37/EWG sind?

33 Vor der Beantwortung dieser Fragen ist die Vorlagefähigkeit des Bundesvergabeamts zu erörtern.

V - Die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

34 Das Bundesvergabeamt hat dargelegt, aus welchen sachlichen Gründen es sich für ein "Gericht" im Sinne des Artikels 177 EG-Vertrag und sein Ersuchen für zulässig hält.

35 Die Streitteile, die Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission widersprechen dem nicht.

36 Nach der Rechtsprechung ist eine Einrichtung ein Gericht, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, auf Dauer angelegt ist, obligatorische Gerichtsbarkeit hat, Rechtsnormen anwendet, einen Rechtsstreit bindend entscheiden kann, wenn ihre Mitglieder unabhängig sind und ein streitiges Verfahren stattfindet(23).

37 Die Einrichtung des Bundesvergabeamts wird in § 78 Absatz 1 Satz 1 BVergG geregelt. Nach §§ 91 ff. BVergG, die die Zuständigkeit des Bundesvergabeamts regeln, entscheidet es über Streitigkeiten betreffend die Vergabe öffentlicher Aufträge, wie sie im Bundesvergabegesetz geregelt sind. Seine gesetzliche Grundlage und seine obligatorische Gerichtsbarkeit stehen damit ausser Zweifel.

38 Dem Bundesvergabegesetz lässt sich nichts dafür entnehmen, daß das Bundesvergabeamt eine vorläufige Einrichtung wäre. Seine Errichtung durch Gesetz belegt die Absicht der Republik Österreich, eine ständige Einrichtung zu schaffen, die ohne zeitliche Beschränkung über Streitigkeiten im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen entscheidet.

39 Im übrigen ergibt sich aus § 78 Absatz 2, wonach das Bundesvergabeamt die ihm auf Grund des Bundesvergabegesetzes zugewiesenen Zuständigkeiten ausübt, und aus den §§ 91 ff. über seine Zuständigkeit, daß es seine Entscheidungen in Anwendung von Rechtsnormen trifft, da es Streitigkeiten entscheidet, die aus der Verletzung des Bundesvergabegesetzes entstanden sind.

40 Nach den §§ 91 und 92 Absatz 2 BVergG kann das Verfahren vor dem Bundesvergabeamt eingeleitet werden, wenn das vorgeschaltete Schlichtungsverfahren gescheitert ist. Anders als die Entscheidungen der Bundes-Vergabekontrollkommission sind diejenigen des Bundesvergabeamts bindend, wie sich insbesondere aus seiner gesetzlich niedergelegten Befugnis ergibt, Entscheidungen für nichtig zu erklären(24).

41 Die Unabhängigkeit des Bundesvergabeamts und seiner Mitglieder ist unbestreitbar. Sein Vorsitzender und dessen Stellvertreter werden aus dem Richterstand ernannt(25); bei der Bestellung der sonstigen Mitglieder ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Anzahl der Mitglieder der Auftragnehmer- und Auftraggeberseite gleich ist(26); die Gründe für die Abberufung der Mitglieder sind abschließend aufgezählt und objektiv bestimmt; der Grund der groben Pflichtverletzung entspricht Verfehlungen, deren gesetzlich vorgeschriebene Bedeutung die Gefahr der Willkür oder des Eingreifens von Verwaltungsbehörden verringert(27). Zudem sind die Mitglieder des Bundesvergabeamts in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden(28); seine Bescheide unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg(29).

42 Mangels gesetzlicher Bestimmungen mag hingegen zweifelhaft erscheinen, ob ein streitiges Verfahren vorgesehen ist.

43 Daß eine Befassung des Bundesvergabeamts nur möglich ist, wenn ein Schlichtungsverfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission stattgefunden hat, und daß diese die Streitteile zu hören hat(30), sichert eine streitige Verhandlung nur vor dieser Stelle, nicht aber vor dem Bundesvergabeamt. Auch die Vorschrift, daß das Bundesvergabeamt von den Auftraggebern und den Unternehmen Auskünfte einholen kann(31), stellt nicht sicher, daß alle Streitteile vollständig über das Vorbringen der anderen Streitteile unterrichtet werden, da dem Wortlaut nach das Bundesvergabeamt einziger Adressat der ihm auf Verlangen erteilten Auskünfte ist. Eine streitige Verhandlung liegt jedoch nur vor, wenn die Parteien auf das Gegenvorbringen antworten können.

44 Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus dem Aussetzungsbeschluß, daß das vorliegende Verfahren auf eine streitige Erörterung zurückgeht, wie sie vor Gerichten stattfindet, da zum einen die Streitteile Schriftsätze eingereicht haben und zum anderen, wenn auch über den Austausch dieser Schriftsätze nichts bekannt ist, doch wenigstens vor dem Bundesvergabeamt eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat(32). Daher hat das Bundesvergabeamt der Sache nach in jeder Hinsicht wie ein Gericht im Sinne des Artikels 177 EG-Vertrag gehandelt.

45 Aus diesen Gründen beantrage ich, die Vorlage als zulässig zu behandeln.

VI - Die Vorlagefragen

46 Öffentliche Auftraggeber neigen von Natur aus dazu, nationale Firmen zu bevorzugen, um Arbeitsplätze zu erhalten und die Wirtschaftsentwicklung im eigenen Staat zu fördern; das ist mit der Verwirklichung des Binnenmarktes nicht vereinbar.

47 Das Gemeinschaftsrecht über öffentliche Aufträge soll auf Gemeinschaftsebene die Beachtung der Grundsätze des freien Wettbewerbs sowie der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs fördern, die durch diese herkömmlichen Verhaltensmuster gefährdet sind(33). Ziel ist es, den Wirtschaftsunternehmen unabhängig von ihrem Sitzland gleichen Zugang zu den von der öffentlichen Hand für die Verwirklichung ihrer Vorhaben ausgeschriebenen Aufträge unabhängig von deren Form zu sichern(34).

48 Die Richtlinie ist gemäß diesem Ziel auszulegen.

49 Ein öffentlicher Bauauftrag, wie ihn die Richtlinie voraussetzt, liegt nur vor, wenn einer der Vertragspartner "öffentlicher Auftraggeber" im Sinne der Richtlinie ist.

50 Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie ist nicht auf die herkömmlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts - Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Sektors - beschränkt, sondern erfasst auch öffentliche oder private Einrichtungen, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfuellen, sogenannte "Einrichtungen des öffentlichen Rechts".

51 Die vorgelegten Fragen betreffen diesen Begriff. In ihrer Mehrzahl lassen sie sich aufgrund ihres engen Zusammenhangs nach ihrem Ziel zusammenfassen.

Die erste, die zweite und die sechste Frage

52 Diese Fragen gehen dahin, ob ein Unternehmen, dessen Tätigkeit teilweise der Erfuellung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nicht gewerblicher Art dient, zum anderen Teil aber gewerblicher Natur ist, die Richtlinie auf sämtliche Bauaufträge, die es vergibt, oder nur auf diejenigen anzuwenden hat, bei denen es um Ausrüstungen geht, die ausschließlich der ersten Gruppe von Tätigkeiten dienen.

53 Es geht nicht nur darum, ob ein Unternehmen wie die Staatsdruckerei Merkmale aufweist, nach denen es als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" und damit als "öffentlicher Auftraggeber" zu qualifizieren ist, sondern auch darum, ob bejahendenfalls alle von ihm vergebenen Bauaufträge unabhängig von ihrem Wesen unter die öffentlichen Bauaufträge fallen, die als solche der Richtlinie unterliegen.

54 Niemand vertritt die Auffassung, die Richtlinie sei nach Maßgabe der jeweiligen Tätigkeit des Auftraggebers selektiv anzuwenden. Die Antragsteller, die Kommission und die französische Regierung in ihren mündlichen Erklärungen zur sechsten Frage führen aus, eine Stelle wie die Staatsdruckerei übe eine gewerbliche Tätigkeit zusätzlich zu ihrem Daseinszweck - Erfuellung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art - aus; der gewerbliche Teil ihrer Tätigkeit falle damit auch unter die Richtlinie, da nur der Zweck, zu dem die Stelle gegründet worden sei, entscheidend sei(35). Der Antragsgegner, die österreichische und die niederländische Regierung vertreten die Auffassung, die in Artikel 1 Buchstabe b Absatz 2 der Richtlinie aufgeführten Kriterien erlaubten es nicht, die Staatsdruckerei als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" zu betrachten; ihre Tätigkeiten fielen sämtlich nicht unter die Richtlinie.

Der Begriff "Einrichtung des öffentlichen Rechts": Häufung von Tatbestandsmerkmalen

55 Die Richtlinie findet auf öffentliche Bauaufträge Anwendung, die sie als Verträge zwischen einem Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber definiert. Unter den letzteren Begriff fallen auch die "Einrichtungen des öffentlichen Rechts".

56 In seiner ersten Frage verweist das Bundesvergabeamt auf die "besonderen und ausschließlichen Rechte" der Staatsdruckerei, um deren Sonderstellung zu kennzeichnen.

57 Der Begriff der "besonderen und ausschließlichen Rechte" findet sich in Artikel 90 Absatz 1 EG-Vertrag. Er bezeichnet Unternehmen, die Inhaber eines Monopols oder sonst vom Staat als Gegenleistung für eine staatliche Abhängigkeit privilegiert sind. Die Vorschrift befiehlt den Mitgliedstaaten, in bezug auf solche Unternehmen keine der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik widersprechenden Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten.

58 Selbst wenn nach dem Vortrag der österreichischen Regierung die Herstellung und der Verlag der Drucksachen privilegiert ist(36), was die Anwendung des Begriffes der besonderen und ausschließlichen Rechte auf die Aufgaben der Staatsdruckerei rechtfertigen könnte, so entscheidet dieser Ausdruck doch nicht über die Anwendung des Rechts der öffentlichen Bauaufträge, so daß er zur Auslegung der Richtlinie nichts beiträgt.

59 Der zentrale Begriff hier ist die "Einrichtung des öffentlichen Rechts", als die jede Einrichtung gilt, "die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind"(37).

60 Zwei weitere Tatbestandsmerkmale kommen hinzu: Eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" muß Rechtspersönlichkeit besitzen und eng mit dem Staat, Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts verbunden sein(38).

61 Schon nach dem Wortlaut des Artikels 1 Buchstabe b Absatz 2 der Richtlinie müssen diese drei Tatbestandsmerkmale gleichzeitig vorliegen.

62 Die in Artikel 1 Buchstabe b Absatz 3 genannten Verzeichnisse führen die Einrichtungen auf, die diese Tatbestandsmerkmale erfuellen.

63 Die Definition der betroffenen österreichischen Einrichtungen nennt "alle Körperschaften ohne industriellen oder kommerziellen Charakter, die der Finanzkontrolle des Rechnungshofs unterstehen"(39). Nach § 15 Absatz 6 StDrG unterliegt die Gebarung der Staatsdruckerei der Kontrolle des Rechnungshofes. Aber das andere in der Vorschrift genannte Kriterium, das dem ersten Tatbestandsmerkmal des Artikels 1 Buchstabe b Absatz 2 der Richtlinie vergleichbar ist, bedarf wie dieses der Erläuterung.

Die Erfuellung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind

64 Der Ausdruck "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind", ist nicht leicht verständlich.

65 Generalanwalt Van Gerven hat zum Begriff des "allgemeinen wirtschaftlichen Interesses" in Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag ausgeführt, hierunter fielen "Tätigkeiten, die der Allgemeinheit [- im Gegensatz zu Individual- oder Gruppeninteressen -] unmittelbar zugute kommen"(40). So gesehen, ist es sachgerecht, die Tätigkeit der Staatsdruckerei, die dem Druck amtlicher Papiere wie etwa von Pässen, Personalausweisen oder Gesetzessammlungen gewidmet ist, als Erfuellung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben anzusehen.

66 Schwierigkeiten bereitet im vorliegenden Zusammenhang namentlich die Abgrenzung von Tätigkeiten im Allgemeininteresse, die nicht gewerblicher Art sind, von solchen, die es sind.

67 In einem anderen, wenn auch verwandten rechtlichen Zusammenhang - es ging um die Beziehungen zwischen Staat und öffentlichen Unternehmen - hat der Gerichtshof eine Reihe von Anhaltspunkten benannt, die den Versuch einer Abgrenzung erlauben.

68 Er hat ausgeführt, "der Staat [könne] sowohl als öffentliche Hand als auch in der Weise handeln, daß er wirtschaftliche Tätigkeiten industrieller oder kommerzieller Art ausübt, die darin bestehen, Güter und Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten"(41). In einem anderen Urteil heisst es, "die privaten Unternehmen legen ... ihre Produktions- und Vertriebsstrategie insbesondere mit Rücksicht auf Rentabilitätsanforderungen fest. Die Entscheidungen der öffentlichen Unternehmen dagegen können im Zusammenhang mit der Verfolgung der Interessen des Allgemeinwohls durch die öffentlichen Stellen, die auf diese Entscheidungen einwirken können, dem Einfluß anders gearteter Faktoren ausgesetzt sein"(42).

69 Diese Beschreibung öffentlicher und privater Tätigkeiten erlaubt es, den Bereich der von der Richtlinie bezeichneten "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" besser zu erfassen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber wollte die Richtlinie auf Einrichtungen Anwendung finden lassen, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfuellen, die ganz oder teilweise nicht den Marktgesetzen unterliegen. Bestimmte Tätigkeiten können ihrer Natur nach, derentwegen sie zu den wesentlichen Aufgaben der öffentlichen Hand gehören, keinem Rentabilitätskriterium unterworfen werden und unterliegen somit nicht dem Gewinnstreben(43). Daß der Gesetzgeber die Einrichtungen, deren Tätigkeit der Regelung für öffentliche Aufträge unterliegt, von anderen Einrichtungen mit Hilfe des Tatbestandsmerkmals "Erfuellung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nicht gewerblicher Art" abgegrenzt hat, lässt sich mit der Überlegung erklären, daß die letzteren mit anderen Unternehmen im Wettbewerb stehen, was sie daran hindert, ihre Vertragspartner aufgrund diskriminierender Kriterien auszuwählen. Gesetzlicher Beschränkungen bedarf es deshalb insoweit weniger.

70 Das Staatsdruckereigesetz hat die Staatsdruckerei mit der Herstellung amtlicher Druckprodukte betraut, die teilweise der Identifizierung von Personen, teilweise der Veröffentlichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates dienen, und die damit eng mit der öffentlichen Ordnung und dem institutionellen Funktionieren der Republik Österreich zusammenhängen. Die besondere Natur der Aufgaben, die die Staatsdruckerei erfuellen soll und die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verknüpft sind, erklärt, daß ihre Tätigkeit unter Bedingungen geschieht, die zum grossen Teil ausserhalb des Wettbewerbs liegen, da sie zum einen die Form eines Monopols(44) annehmen und zum anderen ihre Preise - wenn auch nach käufmännischen Grundsätzen - von einer Behörde festgesetzt werden, die hauptsächlich von der öffentlichen Hand besetzt wird(45). Dem Staat kommen sowohl eine Versorgungsgarantie wie Produktionsbedingungen zugute, die die Beachtung der Vorschriften über die Geheimhaltung sichern und der Gefahr rechtswidrigen Nachdrucks der Druckwerke vorbeugen.

71 Aus diesen Gründen bin ich der Auffassung, daß die Staatsdruckerei im Sinne der Richtlinie im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfuellt, die nicht gewerblicher Art sind.

Die Zielrichtung

72 Zu prüfen bleibt, ob die Staatsdruckerei "zu dem besonderen Zweck" gegründet wurde, die Aufgaben zu erfuellen, mit deren Wahrnehmung sie betraut ist.

73 Nach der Richtlinie ist das Ziel der Gründung einer Einrichtung allein entscheidend dafür, daß diese im Sinne der Richtlinie als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" betrachtet werden kann. Maßgeblich ist der Natur der Sache nach das tatsächlich verfolgte Ziel. Auf nur vorgeschützte gewerbliche Zwecke, die Tätigkeiten im Allgemeininteresse in der Absicht verhüllen, zwingenden Rechtsvorschriften zu entgehen, darf das nationale Gericht nicht abstellen.

74 Dieses Tatbestandsmerkmal setzt voraus, daß die Gründung der Einrichtung der Ausübung einer solchen Tätigkeit dient.

75 Sicherlich bedeutet "besonders" nicht "ausschließlich", so daß die Einrichtung andere Tätigkeiten wahrnehmen kann, ohne deswegen aus dem Begriff der "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" herauszufallen. Es muß aber festgestellt werden, daß sie ihre Gründung diesem besonderen Zweck verdankt.

76 Wenn das der Fall ist, ist die besondere Natur ihrer Aufgabe erwiesen, die es rechtfertigt, daß die von ihr vergebenen Aufträge unter das Gemeinschaftsrecht fallen.

77 Auf die Bedeutung des Teils der Tätigkeit der Einrichtung, der der Erfuellung von Aufgaben nicht gewerblicher Art gewidmet ist, stellt die Richtlinie ihrem Wortlaut nach nicht ab. Darüber hinaus erleichterte dieses Kriterium, das für die österreichische und die niederländische Regierung maßgeblich ist(46), die Gesetzesumgehung. Eine Einrichtung kann nämlich sehr wohl mit dem Ziel gegründet worden sein, öffentliche Aufgaben zu erfuellen, auch wenn sie daneben rein gewerbliche Tätigkeiten wahrnimmt. Wenn diese letzteren bestimmend sind, würde die vorgeschlagene Auslegung dazu führen, daß die Einrichtung insgesamt der Richtlinie entzogen würde. Eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bräuchte daher nur systematisch derart vorzugehen, um sämtliche öffentlichen Bauaufträge dem Gemeinschaftsrecht zu entziehen.

78 Freilich darf man nicht übersehen, daß die Erstreckung der Anwendung der Richtlinie auf rein gewerbliche Tätigkeiten eine erhebliche Belastung darstellt, die ungerechtfertigt erscheinen mag, da Einrichtungen, die zur Ausübung gleicher Tätigkeiten geschaffen wurden, ihr nicht unterliegen.

79 Dieser Nachteil lässt sich jedoch vermeiden, wenn die öffentlich-rechtlichen Körperschaften das den verfolgten Zwecken angemessene rechtliche Instrumentarium wählen. Da das für die Gründung der Einrichtung maßgebliche Ziel die Regelung bestimmt, die für die von ihr vergebenen Aufträge gilt, ist es Aufgabe ihrer Gründer, das Gesellschaftsziel zu beschränken, um unerwünschte Wirkungen dieser Regelung auf Tätigkeiten zu vermeiden, die nicht dazu gehören. Ihnen obliegt auch die Entscheidung, ob die Anwendung des Rechts der öffentlichen Aufträge auf den rein gewerblichen Teil der Unternehmenstätigkeit als zu belastend betrachtet wird.

Rechtsnatur der Staatsdruckerei und anwendbare Regelung

80 Die Staatsdruckerei wurde gegründet, um Druckaufträge des Staates auszuführen(47). Sie hat Rechtspersönlichkeit(48). Sie unterliegt im übrigen der Überwachung sowohl durch einen staatlichen Kontrolldienst(49) wie dem Rechnungshof(50), was sich nach den Erklärungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung daraus erklärt, daß die Aktienmehrheit in den Händen des österreichischen Staates verblieben ist. Daher ist die Staatsdruckerei als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" zu betrachten.

81 Aufgrund dieser Qualifikation unterliegen sämtliche Bauaufträge des Unternehmens der Richtlinie. Artikel 1 Buchstabe a definiert nämlich die öffentlichen Bauaufträge nicht nach der Tätigkeit, in deren Rahmen die Aufträge vergeben werden, sondern nach Maßgabe der Einrichtung, die mit dem Unternehmer Verträge abschließt; dementsprechend bestimmt sich auch der Anwendungsbereich der Richtlinie. Demgemäß ist die erste und die sechste Frage zu beantworten.

82 Die zweite Frage, die für den Fall gestellt ist, daß die Staatsdruckerei nur für ihre öffentliche Tätigkeit der Richtlinie unterliegt, bedarf keiner Antwort.

Die dritte, die vierte und die fünfte Frage

83 Diese Fragen betreffen die Voraussetzungen, die Tochterunternehmen eines "öffentlichen Auftraggebers" erfuellen müssen, um selbst als "öffentliche Auftraggeber" betrachtet zu werden, sowie die Auswirkungen des Tätigwerdens einer Tochtergesellschaft, die diese Voraussetzungen nicht erfuellt, auf die Qualifizierung eines öffentlichen Bauauftrags, den ein "öffentlicher Auftraggeber" eingeleitet hat.

84 Insbesondere möchte das Bundesvergabeamt zunächst wissen, ob nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie als "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" Einrichtungen zu betrachten sind, die zu einer der folgenden Gruppen gehören:

- Unternehmen, die von einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts" zur Vornahme gewerblicher Tätigkeiten gegründet wurden und an denen diese Mehrheitsanteile hält;

- gewerbliche Unternehmen, an denen eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" mehrheitlich beteiligt ist und die von ihr Geldmittel erhält, die aus einer Tätigkeit herrühren, die zur Erfuellung von Aufgaben im Allgemeininteresse erbracht wurden, die nicht gewerblicher Art sind.

85 Die Richtlinie berücksichtigt bei ihrer Definition der Einrichtung des öffentlichen Rechts bereits den Fall, daß eine juristische Person mehrheitlich von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts" finanziert wird. Wie wir gesehen haben, müssen die drei in Artikel 1 Buchstabe b Absatz 2 aufgeführten Tatbestandsmerkmale jedoch gleichzeitig vorliegen; es genügt nicht, daß eine Einrichtung Rechtspersönlichkeit besitzt und mehrheitlich von einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts" finanziert wird, um sie als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" zu qualifizieren. Hinzu kommen muß, daß sie zu dem Zwecke gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind.

86 Der Begriff des "öffentlichen Auftraggebers" wurde 1989 ausgedehnt, um das Gemeinschaftsrecht nicht nur auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beschränken(51), da zahlreiche juristische Einrichtungen, die dieses formelle Kriterium nicht erfuellten, mit Aufgaben betraut waren, die traditionell zu den Aufgaben öffentlich-rechtlicher Körperschaften gehören. Damit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur funktionellen Auslegung des Begriffes des "öffentlichen Auftraggebers" übernommen(52). Es entspricht diesem Gedankengang, daß Einrichtungen, die zwar von einem öffentlichen Auftraggeber abhängen, aber rein private Tätigkeiten ausüben, nicht unter diesen Begriff fallen(53).

87 Folglich führt auch die Zuführung finanzieller Mittel eines "öffentlichen Auftraggebers" an ein Unternehmen ebensowenig wie dessen wirtschaftliche Beherrschung durch einen "öffentlichen Auftraggeber" dazu, daß das öffentliche Auftragsrecht auf dieses Unternehmen Anwendung findet, so lang seine Tätigkeit rein gewerblich bleibt. Wie die österreichische Regierung zu Recht vorträgt, fällt eine solche Unterstützung vielmehr unter das Gemeinschaftsrecht über staatliche Beihilfen(54).

88 Das Bundesvergabeamt fragt weiter, ob bei einem Bauvorhaben, das zunächst als öffentlicher Bauauftrag zu qualifizieren war, der Eintritt eines Dritten, der kein "öffentlicher Auftraggeber" im Sinne der Richtlinie ist, ungeachtet der Gefahr, daß dieses Vorgehen eine Möglichkeit zur Umgehung der Richtlinie darstellt, etwas an der Qualifizierung des Vorhabens zu ändern vermag.

89 Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn die genauen Umstände des "Eintritts" des Dritten - so die Ausdrucksweise des Bundesvergabeamts - in die Ausführung des Vorhabens klargestellt wird.

90 Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß die Ausschreibung, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, vom Antragsgegner veröffentlicht wurde, da die Staatsdruckerei die vorhergehende Ausschreibung widerrufen hatte.

91 Der Antragsgegner ist damit der Auftraggeber, der den streitigen Bauauftrag vergibt. Da er nach den Ausführungen des Bundesvergabeamts die Merkmale eines "öffentlichen Auftraggebers" nicht erfuellt, findet die Richtlinie keine Anwendung.

92 Daß die Staatsdruckerei im Rahmen desselben Vorhabens frühere Aufträge vergeben hat, war, wie gesagt, durch das Bemühen gerechtfertigt, die Übergangszeit vor der Inbetriebnahme der Druckerei des Antragsgegners, der in Gründung begriffen war, zu verkürzen. Im übrigen habe die Staatsdruckerei "in alle bisherigen Leistungsverträge eine Klausel aufgenommen, wonach [sie] ... jederzeit alle Rechte und Pflichten aus den Leistungsverträgen auf einen von ihr zu bestimmenden Dritten übertragen könne"(55).

93 Das dürfte zeigen, daß das fragliche Vorhaben von Anfang an in den Tätigkeitsbereich des Antragsgegners fiel, was eine andere Beurteilung des Tätigwerdens der Staatsdruckerei erlaubt, da diese nach aller Wahrscheinlichkeit zur Verwirklichung eines Vorhabens beitrug, das insgesamt dem Gesellschaftszweck des Tochterunternehmens entsprach.

94 Die Bauauftragsvergabe scheint somit nicht für Rechnung der Staatsdruckerei, sondern im Gegenteil zugunsten des Antragsgegners erfolgt zu sein, was es rechtfertigt, den Auftrag nicht unter die Richtlinie fallen zu lassen.

95 Das Bundesvergabeamt verweist auf die Gefahr einer Gesetzesumgehung, wie sie vorliegen könnte, wenn ein Dritter eingeschaltet wird, um dem öffentlichen Auftragsrecht der Gemeinschaft zu entgehen.

96 Da das Gemeinschaftsrecht über die öffentlichen Bauaufträge seinen Anwendungsbereich namentlich nach Maßgabe der Stellung der Vertragsparteien begrenzt, lässt sich eine solche Gefahr nicht völlig ausschließen.

97 Wie bereits gesagt, ist es jedoch Sache des befassten Gerichts, zu überprüfen, ob die für die Gründung des Auftraggebers angeführten Gründe die wahren sind. Die vorzunehmende Sachverhaltswürdigung wird über die einschlägige rechtliche Qualifizierung entscheiden(56).

98 So ist es angebracht, daß das Gericht konkret überprüft, ob ein "öffentlicher Auftraggeber" ein Unternehmen zur Vergabe von Bauaufträgen nicht zu dem alleinigen Zweck gegründet hat, dem Gemeinschaftsrecht zu entgehen. Der wahre Zweck der Unternehmensgründung, der diesfalls in der Vergabe öffentlicher Bauaufträge bestuende, kann das Gericht somit zu der Entscheidung veranlassen, daß der streitige Auftrag für Rechnung des "öffentlichen Auftraggebers" vergeben wurde, was die Anwendung der Richtlinie rechtfertigte.

99 Der "öffentliche Auftraggeber" kann sich auch an ein bereits bestehendes Unternehmen wenden. In einem solchen Fall ist eine Gesetzesumgehung weniger leicht festzustellen, wenn - wie wahrscheinlich - ein Unternehmen gewählt wird, dessen Gründung nicht der Wahrnehmung einer Tätigkeit dient, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfuellen soll, die nicht gewerblicher Art sind, weil dann die von ihm vergebenen Aufträge herkömmlich nicht dem Gemeinschaftsrecht unterliegen.

100 Das Gericht wird prüfen, ob die beabsichtigten Aufträge und der Gesellschaftszweck des Unternehmens in Zusammenhang stehen. Bei einem Unternehmen, das einen Auftrag für die Durchführung von Bauarbeiten vergibt, die zu seiner eigenen Tätigkeit nichts beitragen, besteht offenkundig die Vermutung, daß es für Rechnung eines anderen handelt. Lässt sich feststellen, daß ein "öffentlicher Auftraggeber" dadurch begünstigt ist, findet das Gemeinschaftsrecht über öffentliche Aufträge der Natur der Sache nach Anwendung.

Zur siebten Frage

101 Diese Frage geht dahin, ob die Gemeinschaftsfinanzierung eines Bauvorhabens davon abhängt, daß das begünstigte Unternehmen das Gemeinschaftsrecht über öffentliche Aufträge beachtet, auch wenn es - wie hier der Antragsgegner - keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" und daher kein "öffentlicher Auftraggeber" ist.

102 Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung scheint zwei unterschiedliche Auslegungen zuzulassen. Die erste geht dahin, daß die Gemeinschaft sich vergewissert, daß die Beihilfeempfänger das auf sie anwendbare Gemeinschaftsrecht beachten, wenn sie ihnen eine Aktion finanziert. Die zweite geht dahin, daß das von der Vorschrift angeführte Gemeinschaftsrecht auf von dieser Finanzierung begünstigte Unternehmen anwendbar wird, auch wenn sie ihm sonst nicht unterlägen.

103 Nur die erste Auslegung ist vertretbar.

104 Die Vorschrift sagt nicht, daß das Gemeinschaftsrecht über die Vergabe öffentlicher Aufträge künftig auf alle Unternehmen Anwendung findet, die eine Gemeinschaftsfinanzierung von Aktionen begehren, die unter die Verordnung fallen.

105 Sie bezieht sich auf die "Vereinbarkeit" der Aktionen, für die eine Finanzierung der Gemeinschaft begehrt wird, "mit dem Gemeinschaftsrecht" über öffentliche Aufträge. Die Vereinbarkeit der Aktionen mit dem Gemeinschaftsrecht setzt zunächst voraus, daß diese in den jeweils festgelegten Anwendungsbereich von Gemeinschaftsvorschriften fallen. Die Aktion einer Einrichtung, die den Tatbestand einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne der Richtlinie nicht erfuellt, ist mit dieser offenkundig vereinbar, weil sie nicht in ihren Anwendungsbereich fällt.

106 Hierfür spricht auch die ganz allgemeine Natur der Verweisung. Die undifferenzierte Erstreckung des in der Verordnung angeführten Rechts auf alle Unternehmen, die im Rahmen von gemeinschaftsfinanzierten Aktionen handeln, könnte zu Auslegungsschwierigkeiten führen, die mit der Rechtssicherheit nicht vereinbar wären.

107 Insbesondere ließe sich die Anwendung der Richtlinien über öffentliche Aufträge auf Einrichtungen, deren Tätigkeit rein gewerblich ist, mit dem Ziel dieser Rechtsvorschriften nicht begründen, den Unternehmen gleichen Zugang zu den Aufträgen zu verschaffen, die öffentliche Körperschaften oder solche Einrichtungen vergeben, die öffentliche Tätigkeiten ausüben.

108 Der gesetzgeberische Wille scheint vielmehr dahin zu gehen, daß die Ausgaben der Gemeinschaft im Rahmen der Strukturpolitiken streng auf Unternehmen beschränkt werden, die das Gemeinschaftsrecht beachten, und nicht dazu dienen, gemeinschaftswidrige Verhaltensweisen zu fördern.

109 Somit ist eine Einrichtung, die keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne der Richtlinie 93/37 ist, die aber eine Gemeinschaftsfinanzierung erhält, nicht verpflichtet, die Bestimmungen der Richtlinie über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge zu beachten.

Antrag

110 Nach alledem schlage ich vor, die gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

1. - Nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge ist eine Druckerei, die Rechtspersönlichkeit besitzt und gegründet wurde, um amtliche, für den Staat bestimmte Druckwerke ausschließlich herzustellen, wobei der Staat namentlich durch eine Mehrheitsbeteiligung am Gesellschaftskapital die Kontrolle innehat und die Preise für diese Druckwerke festlegt, eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts", auch wenn dieser Teil der Tätigkeit nur noch weniger als die Hälfte der Gesamttätigkeit ausmacht.

- Die Richtlinie 93/37 findet auf sämtliche Bauaufträge Anwendung, die eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b der Richtlinie vergibt.

2. Nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37 ist ein Unternehmen, das von einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts", die die Mehrheit an seinem Gesellschaftskapital hält, zum alleinigen Zweck der Erfuellung von Aufgaben gewerblicher Art gegründet wurde, keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne dieser Bestimmung, selbst wenn dieses Unternehmen von der genannten Einrichtung finanzielle Mittel erhält, die aus der Wahrnehmung einer Tätigkeit resultieren, die der Erfuellung von Aufgaben im Allgemeininteresse dienen, die nicht gewerblicher Art sind. Daß ein solches Unternehmen im Rahmen eines Gesamtvorhabens, das ursprünglich von einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts" betrieben wurde, Bauaufträge vergibt, hat nicht zur Folge, daß diese Aufträge der Richtlinie 93/37 unterliegen, soweit der Auftrag nicht für Rechnung der "Einrichtung des öffentlichen Rechts" vergeben wurde.

3. Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente, geändert durch Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993, hat nicht zur Folge, daß ein Unternehmen, das eine Gemeinschaftsfinanzierung erhält, den Verfahrensvorschriften der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge unterliegt, wenn es keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne des Artikels 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37 ist.

(1) - ABl. L 199, S. 54. Die Ausdrücke "öffentliche Auftraggeber" und "Einrichtung des öffentlichen Rechts" finden sich auch in der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1; Artikel 1 Buchstabe b) und in der Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1; Artikel 1, Buchstabe b), so daß die Auslegung dieser Begriffe über den Rahmen des Rechts der Vergabe öffentlicher Bauaufträge hinausweist.

(2) - Richtlinie vom 26. Juli 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 185, S. 5), zuletzt geändert durch die Richtlinie 90/531/EWG vom 17. September 1990 betreffend die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 297, S. 1).

(3) - Anhang II verzeichnet die Berufstätigkeiten im Baugewerbe. Buchstabe c definiert ein Bauwerk als "das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- oder Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfuellen soll".

(4) - ABl. L 395, S. 33.

(5) - Artikel 1.

(6) - Verordnung über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente (ABl. L 185, S. 9). Artikel 7 Absatz 1 wurde durch Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der genannten Verordnung (ABl. L 193, S. 5) geändert.

(7) - S. 2 Punkt 1.1.

(8) - BGBl. Nr. 462/1993.

(9) - S. 4 des Vorlageschreibens.

(10) - Bundesverfassungsgesetz.

(11) - Das Bundesvergabeamt führt aus, daß diese Bestimmung "von Unternehmungen gemäß Art. 126 b Abs. 2 B-VG [spricht]. Dabei handelt es sich um Unternehmen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit solchen anderen Rechtsträgern betreibt. Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen" (S. 10 des Vorlageschreibens).

(12) - § 13 Absatz 1 StDrG.

(13) - § 12 StDrG. Innerhalb des Wirtschaftsrates ist der Preisausschuß zuständig, der aus dem Vorsitzenden des Wirtschaftsrates, einem vom Bundeskanzler und dem vom Bundesminister für Finanzen entsendeten Mitglied besteht.

(14) - § 12 Absatz 2 StDrG.

(15) - Österreichische Schilling.

(16) - Randnr. 16.

(17) - Randnr. 17.

(18) - Randnrn. 21 bis 23 sowie S. 6 des Vorlageschreibens.

(19) - S. 7 des Vorlageschreibens.

(20) - Ebd.

(21) - S. 7 f. des Vorlageschreibens.

(22) - S. 8 des Vorlageschreibens. Dort heisst es ausserdem: "Am 21. Dezember 1995 brachten die Antragsteller einen ergänzenden Schriftsatz ein, in welchem sie angaben, vom Auftraggeber am 7. Dezember 1995 informiert worden zu sein, daß die verfahrensgegenständliche beschränkte Ausschreibung widerrufen worden sei. Gleichzeitig wurde den Antragstellern die Durchführung eines $offenen beschleunigten Verfahrens` in Aussicht gestellt." Die Antragsteller bestätigen die Sachverhaltsdarstellung des Vorlageschreibens. Der Antragsgegner führt jedoch aus, er habe "die vom 7. bis 10. Dezember 1995 ... im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlichte Ausschreibung ... im Wege des offenen beschleunigten Verfahrens" veranlasst; die Antragsteller hätten "darüber mit ... Schriftsatz an das Bundesvergabeamt ... das Nachprüfungsverfahren ... [eingeleitet], das Anlaßfall dieses Vorabentscheidungsverfahren ist" (S. 12 seiner schriftlichen Erklärungen). Diese Unterschiede in der Darstellung des Ausgangsverfahrens beeinträchtigen die Aufgabe des Gerichtshofes nicht, da die Eigenheiten der beiden Ausschreibungsverfahren nach dem Stand der Kenntnisse die Rechtsfrage nicht beeinflussen, zu der das Bundesvergabeamt Auskunft begehrt.

(23) - Siehe u. a. die Urteile vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 61/65 (Vaassen-Göbbels, Slg. 1966, 377); vom 27. April 1994 in der Rechtssache C-393/92 (Almelo, Slg. 1994, I-1477) und vom 12. Dezember 1996 in den Rechtssachen C-74/95 und C-129/95 (Strafverfahren gegen X, Slg. 1996, I-6609).

(24) - § 94 Absatz 1 BVergG.

(25) - § 78 Absatz 4 BVergG.

(26) - § 78 Absatz 5 BVergG.

(27) - § 79 BVergG.

(28) - § 80 Absatz 1 BVergG.

(29) - § 78 Absatz 1 BVergG.

(30) - § 88 Absatz 1 BVergG.

(31) - § 84 Absatz 1 BVergG.

(32) - S. 2 des Aussetzungsbeschlusses.

(33) - Zweite Begründungserwägung der Richtlinie; zum Ziel der Richtlinie - damals handelte es sich um die Richtlinie 71/305 - vgl. auch die Urteile vom 20. September 1988 in der Rechtssache 31/87 (Beentjes, Slg. 1988, 4635, Randnr. 11) und vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 103/88 (Fratelli Costanzo, Slg. 1989, 1839, Randnr. 18).

(34) - Zur Rechtfertigung einer Gemeinschaftsregelung für öffentliche Aufträge vgl. P. Brunelli, Marchés publics et Union européenne - Nouvelles règles communautaires, 1995, S. 9 ff. Zum Vorrang der materiellen vor den formellen Kriterien hat der Gerichtshof in einer Rechtssache, deren Entscheidung von der Bedeutung des Begriffes Staat abhing, entschieden, daß dieser Begriff "im funktionellen Sinne zu verstehen [ist]. Das Ziel der Richtlinie ... wäre gefährdet, wenn sie allein deswegen unanwendbar wäre, weil ein öffentlicher Bauauftrag von einer Einrichtung vergeben wird, die geschaffen wurde, um ihr durch Gesetz zugewiesene Aufgaben zu erfuellen, die jedoch nicht förmlich in die staatliche Verwaltung eingegliedert ist" (Urteil Beentjes, Randnr. 11).

(35) - Siehe namentlich S. 14 der schriftlichen Erklärungen der Kommission.

(36) - S. 6 ihrer schriftlichen Erklärungen.

(37) - Artikel 1 Buchstaben a und b.

(38) - Diese Verbindung kann unterschiedlicher Art sein: finanzielle Unterordnung der Einrichtung, Aufsicht über ihre Leitung oder Ernennung der Mitglieder ihres Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans (Artikel 1 Buchstabe b Absatz 2 dritter Gedankenstrich).

(39) - Anhang I, XI, E.1, Buchstabe b der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21).

(40) - Nr. 27 seiner Schlussanträge in der Rechtssache C-179/90 (Urteil vom 10. Dezember 1991, Merci convenzionali porto di Genova, Slg. 1991, I-5889). P. Valadou gibt in seinem Artikel "La notion de $pouvoir adjudicateur` en matière de marchés de travaux", Semaine juridique, Éd. E, Nr. 3, 1991, S. 33, folgende Definition: "Le besoin d'intérêt général peut donc être défini comme l'exigence manifestée par la société (locale ou nationale) dans son intérêt collectif. Il y a intérêt général dès l'instant que l'intérêt en cause ne se confond pas avec l'intérêt propre et exclusif d'une personne ou d'un groupement de personnes bien déterminé."

(41) - Urteil vom 16. Juni 1987 in der Rechtssache 118/85 (Kommission/Italien, Slg. 1987, 2599, Randnr. 7). Die Unterscheidung zwischen hoheitlichem Handeln und privatrechtlichem Handeln der öffentlichen Hand findet sich vor allem in Urteilen des Gerichtshofes über die Anwendbarkeit der Wettbewerbsbestimmungen des Vertrages auf bestimmte Tätigkeiten. Siehe etwa die Urteile vom 19. Januar 1994 in der Rechtssache C-364/92 (SAT Fluggesellschaft, Slg. 1994, I-43) und vom 18. März 1997 in der Rechtssache C-343/95 (Diego Calì e Figli, Slg. 1997, I-1547).

(42) - Urteil vom 6. Juli 1982 in den Rechtssachen 188/80, 189/80 und 190/80, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1982, 2545, Randnr. 21).

(43) - Hierzu vgl. insbesondere Nr. 12 des zitierten Artikels von P. Valadou sowie M.-A. Flamme und P. Flamme, Enfin l'Europe des marchés publics, Actualité juridique - Droit administratif, 20. November 1989, S. 653; P. Lee, Public procurement, 1992, S. 56 f.

(44) - S. 6 der schriftlichen Erklärungen der österreichischen Regierung.

(45) - Siehe oben Nr. 20. Es handelt sich somit um eine behördliche Preisfestsetzung, so daß die Preise nicht ohne förmliche Entscheidung der öffentlichen Hand geändert werden können. Die Preisfestsetzung muß zudem anscheinend die besonderen Aufgaben der Staatsdruckerei berücksichtigen. So heisst es im Staatsdruckereigesetz, die Preise seien "insbesondere unter Beachtung der erforderlichen Bereitschaftskapazitäten" festzusetzen; sie sollen also wohl auch die Kosten für die Vorhaltung einer Produktionskapazität für den staatlichen Spitzenbedarf abdecken.

(46) - Zur Verteidigung der Auffassung, die Staatsdruckerei sei keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" führt die österreichische Regierung u. a. aus, die privilegierten Tätigkeiten der Staatsdruckerei machten nicht mehr als 15 % bis 20 % ihrer gesamten Tätigkeit aus (S. 6 ihrer schriftlichen Erklärungen).

(47) - Nrn. 2 f. der schriftlichen Erklärungen des Antragsgegners.

(48) - Siehe oben, Nr. 19.

(49) - Siehe oben, Nr. 20.

(50) - Siehe oben, Nr. 63.

(51) - Nach der Richtlinie 71/305 galten als öffentliche Auftraggeber der Staat, Gebietskörperschaften und bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die Richtlinie 89/440/EWG des Rates vom 18. Juli 1989 zur Änderung der Richtlinie 71/305/EWG (ABl. L 210, S. 1) hat namentlich den Begriff der "juristischen Personen des öffentlichen Rechts" durch den der "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" ersetzt, wie sie in der Richtlinie 93/37 erwähnt sind.

(52) - Urteil Beentjes.

(53) - Siehe oben, Nrn. 64 f.

(54) - S. 10 f. der schriftlichen Erklärungen. Vollständigkeitshalber ist hinzuzufügen, daß nach Artikel 2 der Richtlinie Einrichtungen, die keine "öffentlichen Auftraggeber" sind, den Bestimmungen der Richtlinie unterfallen, wenn die von ihnen vergebenen Bauaufträge zu mehr als 50 v. H. direkt von einem "öffentlichen Auftraggeber" subventioniert werden. Erforderlich ist weiter, daß die fraglichen Bauaufträge "in Klasse 50, Gruppe 502, der allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige in den Europäischen Gemeinschaften (NACE)" fallen oder "sich auf den Bau von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- und Freizeiteinrichtungen, Schul- und Hochschulgebäude und Verwaltungsgebäude beziehen" (Artikel 2 Absatz 2). Es handelt sich dabei um eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, daß die Richtlinie auf Bauaufträge Anwendung findet, die ein "öffentlicher Auftraggeber" vergibt. Zieht das Bundesvergabeamt in Betracht, sich zu der Anwendung dieser Bestimmung auf die vorliegende Rechtssache zu äussern, so muß es prüfen, ob der streitige Bauauftrag, der sich offenkundig nicht auf die Errichtung von Gebäuden der Art bezieht, wie sie am Ende des Artikels 2 Absatz 2 aufgeführt sind, in die genannte Gruppe 502 des NACE fällt, der insbesondere Hochbauarbeiten umfasst. Es müsste auch den Umfang der Subventionen überprüfen, die die Staatsdruckerei der Antragsgegnerin möglicherweise gewährt.

(55) - S. 6 des Vorlageschreibens.

(56) - Siehe oben, Nrn. 73 f.

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