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Document 61992CC0404

    Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven vom 27. April 1994.
    X gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Rechtsmittel - Bediensteter auf Zeit - Einstellungsuntersuchung - Tragweite der Weigerung des Betroffenen, sich einem Aids-Test zu unterziehen - Beeinträchtigung des Rechts zur Geheimhaltung des eigenen Gesundheitszustands.
    Rechtssache C-404/92 P.

    Sammlung der Rechtsprechung 1994 I-04737

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1994:172

    61992C0404

    Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven vom 27. April 1994. - X GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSMITTEL - BEDIENSTETER AUF ZEIT - EINSTELLUNGSUNTERSUCHUNG - TRAGWEITE DER WEIGERUNG DES BETROFFENEN, SICH EINEM AIDS-TEST ZU UNTERZIEHEN - BEEINTRAECHTIGUNG DES RECHTS ZUR GEHEIMHALTUNG DES EIGENEN GESUNDHEITSZUSTANDS. - RECHTSSACHE C-404/92 P.

    Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite I-04737


    Schlußanträge des Generalanwalts


    ++++

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. Die vorliegende Rechtssache betrifft ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. September 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-121/89 und T-13/90(1) (im folgenden: angefochtenes Urteil). Das Rechtsmittel wirft mehrere Rechtsfragen hinsichtlich der ärztlichen Untersuchung auf, der sich Bewerber um eine Stelle als Beamter und sonstiger Bediensteter der Gemeinschaftsorgane vor ihrer Einstellung zu unterziehen haben. Diese Rechtsfragen betreffen den Anspruch auf Achtung des Privatlebens, die Begründungspflicht und den Anspruch auf rechtliches Gehör.

    Sachverhalt und Verfahren

    2. Im Hinblick auf die angeführten Rechtsmittelgründe halte ich die folgenden Randnummern des angefochtenen Urteils und die in ihnen vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen für wesentlich (Hervorhebungen stammen von mir; mit Rücksicht auf die zeitliche Abfolge der Ereignisse sind Teile von Randnr. 47 des angefochtenen Urteils an drei verschiedenen Stellen zitiert):

    "1 Der Kläger war bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 29. August 1985 bis zum 30. März 1986 und vom 1. Mai 1986 bis zum 31. August 1987 als freier Mitarbeiter und vom 1. September 1987 bis zum 31. Januar 1988 als Hilfskraft beschäftigt. Er wurde zu dem Auswahlverfahren KOM/C/655 für Schreibkräfte zugelassen; am 4. Juli 1989 wurde ihm mitgeteilt, daß er die schriftliche Prüfung nicht bestanden habe.

    2 Im Hinblick auf eine mögliche Einstellung als Bediensteter auf Zeit bei der Kommission für einen Zeitraum von sechs Monaten wurde der Kläger mit Schreiben der Abteilung 'Laufbahnen' der Generaldirektion Personal und Verwaltung vom 14. Februar 1989 aufgefordert, sich gemäß den Artikeln 12 Absatz 2 Buchstabe d und 13 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend: Beschäftigungsbedingungen) einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

    3 Diese Untersuchung wurde am 15. März 1989 von Dr. S., dem Vertrauensarzt der Kommission, vorgenommen. Der Kläger wurde neben einer klinischen Untersuchung Laboruntersuchungen unterzogen. Dagegen lehnte er den Vorschlag des ärztlichen Dienstes ab, sich einem Test zum Nachweis von HIV-Antikörpern (Aids, nachstehend: HIV-Test) zu unterziehen."(2)

    "47 Die auf der Grundlage eines vom Kläger ausgefuellten und unterzeichneten Fragebogens aufgenommene Anamnese ergab, daß dieser an chronischer Akne leide und 1988 an Herpes zoster erkrankt sei. Bei der klinischen Untersuchung wurden Narben des Herpes zoster am linken Hemithorax, deutliche Anzeichen für das Vorliegen einer oro-pharyngialen Candidosis (erythematöse weißliche Zunge, weißlicher, dickfluessiger Speichel) und eine beidseitige Polyadenopathie im Leistenbereich festgestellt. Aufgrund des Ergebnisses der Anamnese und der klinischen Untersuchung ordnete der Vertrauensarzt Blutuntersuchungen, u. a. zur Bestimmung der T4- und der T8-Lymphozyten an. Als Ergebnis des letztgenannten Testes ergaben sich für den Kläger die folgenden Werte: T4 = 299/mm3 (Normalwert 675-1575), T8 = 41/mm3 (Normalwert 12-44), Verhältnis T4/T8 = 0,39 (Normalwert 1-3). Angesichts dieser Ergebnisse kam der Vertrauensarzt am 22. März 1989 zu dem Schluß, daß der Kläger an einer schwerwiegenden Immunschwäche leide, die ihn für die Ausübung des Amtes eines Bediensteten auf Zeit ungeeignet mache.

    47 (Fortsetzung) Mit Schreiben vom selben Tag teilte er dem Kläger mit, daß es ihm nicht möglich sei, seine Einstellung aus ärztlicher Sicht zu befürworten, und forderte ihn auf, ihm Namen, Anschrift und Telefonnummer seines behandelnden Arztes mitzuteilen, damit er diesen über den getroffenen Befund informieren könne. Dieser Befund machte nach Ansicht des Vertrauensarztes ergänzende Untersuchungen zur Klärung der Diagnose erforderlich, so daß gegebenenfalls eine geeignete Behandlung eingeleitet werden könne." (siehe auch Randnr. 4 des angefochtenen Urteils).

    "5 Mit Schreiben vom 28. März 1989 teilte der Leiter der Abteilung 'Laufbahnen' dem Kläger mit, der Vertrauensarzt sei aufgrund der ärztlichen Untersuchung zum Ergebnis gekommen, daß der Kläger die für die Ausübung der Tätigkeit einer Schreibkraft bei der Kommission erforderliche körperliche Eignung nicht besitze und daß seine Einstellung unter diesen Umständen nicht in Betracht gezogen werden könne."

    47 (Fortsetzung) "Der Kläger teilte den Namen seines behandelnden Arztes mit; die beiden Ärzte führten am 5. April 1989 ein Telefongespräch; daraufhin wurde dem behandelnden Arzt eine Kopie der Ergebnisse der den Kläger betreffenden Laboranalysen übermittelt. Nach einem bei der medizinischen Akte befindlichen handschriftlichem Vermerk des Vertrauensarztes teilte dieser dem behandelnden Arzt mit, daß die festgestellte Immunschwäche mit einer Aids-Infektion zusammenhängen könne, so daß ein zusätzlicher Test sowohl zur Feststellung des HIV-1-Virus als auch des HIV-2-Virus angezeigt sei. Nach demselben Vermerk waren beide Ärzte übereinstimmend der Auffassung, daß die blosse HIV-Seropositivität beim Fehlen klinischer Symptome keinen Eignungsmangel begründe, während eine Ablehnung der Einstellung bei Aids in fortgeschrittenem Stadium, wie bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung oder einer schweren psychischen Erkrankung, gerechtfertigt sei."

    "7 In Beantwortung des erwähnten Schreibens des Leiters der Abteilung 'Laufbahnen' beantragte der Kläger mit Schreiben vom 9. April 1989, seinen Fall dem in Artikel 33 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, der gemäß Artikel 13 der Beschäftigungsbedingungen für Bedienstete auf Zeit entsprechend gelte, vorgesehenen Ärzteausschuß zur Stellungnahme zu unterbreiten.

    8 Mit Schreiben vom 26. April 1989 teilte der behandelnde Arzt dem Vorsitzenden des Ausschusses mit, die Diagnose des Vertrauensarztes der Kommission, daß sein Patient an einer opportunistischen Infektion leide, die das Endstadium von Aids (' full blown Aids' ) anzeige, sei fehlerhaft, und beanstandete, daß der Kläger ohne seine Zustimmung einem verdeckten Test zum Nachweis von Aids (Aids-Test) unterzogen worden sei.

    9 Mit Schreiben vom 27. April 1989 setzte der Leiter des ärztlichen Dienstes der Kommission den Kläger davon in Kenntnis, daß für den 26. Mai 1989 eine Sitzung des mit seinem Fall befassten Ärzteausschusses anberaumt worden sei, und forderte ihn auf, ihm alle zweckdienlichen medizinischen Gutachten oder Unterlagen zu übermitteln.

    10 Der Kläger antwortete dem Leiter des ärztlichen Dienstes mit Schreiben vom 19. Mai 1989, er verfüge über keine medizinischen Unterlagen, weil er niemals ernstlich krank gewesen sei. Wegen unbedeutender gesundheitlicher Probleme sei er von Dr. P. behandelt worden.

    11 Der Generaldirektor für Personal und Verwaltung teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Juni 1989 mit, der mit seinem Fall befasste Ärzteausschuß habe am 26. Mai 1989 getagt und das Gutachten des Vertrauensarztes der Kommission vom 22. März 1989 bestätigt. Auf dieser Grundlage sei die Kommission der Auffassung, der Kläger besitze die für die Einstellung in ihren Dienst erforderliche körperliche Eignung nicht.

    12 Mit Schreiben vom 3. Juli 1989 legte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts gegen die Entscheidung vom 6. Juni 1989 und, soweit erforderlich, gegen das Gutachten des Vertrauensarztes vom 22. März 1989 sowie gegen die Entscheidung vom 28. März 1989 Beschwerde ein. Mit dieser Beschwerde beantragte er die Aufhebung der erwähnten Handlungen und Ersatz des von ihm erlittenen immateriellen Schadens, wobei er weder dessen Ursache noch dessen Höhe angab.

    13 Auf das Schreiben des behandelnden Arztes vom 26. April 1989 bestätigte der Generaldirektor für Personal und Verwaltung mit Schreiben vom 26. Juli 1989 im Namen des Präsidenten der Kommission, daß im Einklang mit den Schlußfolgerungen des Rates und der Gesundheitsminister vom 15. Mai 1987 und vom 31. Dezember 1988 sowie den Entscheidungen der Kommission seit mehr als einem Jahr kein systematischer und obligatorischer HIV-Test mehr vorgenommen werde. Weiter heisst es in diesem Schreiben, der Kläger sei keinem verdeckten Aids-Test, sondern einer Laboruntersuchung zur Bestimmung der Lymphozyten unterzogen worden, die zur Beurteilung des Zustands des Immunsystems des Patienten und nicht speziell zur Auffindung einer viralen oder bakteriellen Erkrankung bestimmt sei.

    14 Mit Schreiben vom 4. September 1989, das am 8. September 1989 in das Register des Generalsekretariats eingetragen wurde, reichte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts eine 'ergänzende' Beschwerde ein, die auf Gewährung einer pauschalen Entschädigung für den von der Kommission verursachten materiellen und immateriellen Schaden in Höhe von 10 000 000 BFR gerichtet ist.

    15 Die Kommission wies beide Beschwerden des Klägers mit Entscheidung vom 27. November 1989 zurück, die dem Kläger mit Schreiben des Generaldirektors für Personal und Verwaltung vom 28. November 1989 mitgeteilt wurde."

    3. Der Rechtsmittelführer erhob am 4. Juli 1989, damals noch beim Gerichtshof, eine Klage, die unter dem Aktenzeichen 206/89 in das Register eingetragen wurde. Diese Klage war auf Aufhebung der Entscheidung vom 6. Juni 1989 sowie "erforderlichenfalls" des Gutachtens des Vertrauensarztes vom 22. März 1989 und der Entscheidung vom 26. Mai 1989, mit der der Ärzteausschuß dieses Gutachten bestätigte, sowie "hilfsweise" der Entscheidung vom 28. März 1989, mit der das Angebot der Stelle als Schreibkraft zurückgezogen wurde, gerichtet.(3) Der Gerichtshof verwies diese Rechtssache mit Beschluß vom 15. November 1989 an das Gericht, bei dem sie unter dem Aktenzeichen T-121/89 in das Register eingetragen wurde. Am 3. März 1990 erhob der Rechtsmittelführer beim Gericht eine zweite, unter dem Aktenzeichen T-13/90 eingetragene Klage, die auf Ersatz des ihm angeblich durch das Verhalten der Kommission entstandenen Schadens gerichtet war. Mit Beschluß vom 24. Oktober 1990 verband das Gericht beide Rechtssachen. Auf Bericht des Berichterstatters forderte das Gericht (Dritte Kammer) den Rechtsmittelführer zunächst auf, zu einer etwaigen Vorlage seiner vollständigen medizinischen Akte Stellung zu nehmen. Der Kläger teilte mit, daß er hiergegen keine Einwände erhebe. Daraufhin forderte das Gericht die Kommission auf, die medizinische Akte bezueglich der mangelnden körperlichen Eignung des Klägers sowie alle dazugehörenden Unterlagen vorzulegen, und stellte den Parteien schriftlich mehrere Fragen.(4) Nach Vorlage der medizinischen Akte und Beantwortung der Fragen fand am 12. Mai 1992 eine mündliche Verhandlung in der Rechtssache statt; am 18. September 1992 erließ das Gericht das angefochtene Urteil, auf das sogleich näher eingegangen werden wird (unten, Nrn. 5 bis 10). Die Klagen wurden in allen Punkten abgewiesen.

    4. Der Rechtsmittelführer hat am 2. Dezember 1992 gegen das angefochtene Urteil beim Gerichtshof Rechtsmittel eingelegt. Neben dem Rechtsmittelführer und der Kommission als Rechtsmittelgegnerin haben auch die Union Syndicale Brüssel (im folgenden: Union syndicale) und die Internationale Vereinigung für Menschenrechte (im folgenden: Internationale Vereinigung) Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Das Gericht hat die Union syndicale mit Beschlüssen vom 13. Februar 1990 und vom 24. Oktober 1990 als Streithelferin in den Rechtssachen T-121/89 und T-13/90 zugelassen. Die Internationale Vereinigung ist vom Gerichtshof mit Beschluß vom 12. Juli 1993 für das Rechtsmittelverfahren als Streithelferin zugelassen worden. Beide Streithelferinnen unterstützen die Anträge des Rechtsmittelführers.

    Der Rechtsmittelführer beruft sich zur Begründung seines Rechtsmittels auf drei Rechtsmittelgründe, Verletzung des Anspruchs auf Achtung des Privatlebens (unten, Nrn. 11 bis 29), der Begründungspflicht (unten, Nrn. 30 und 31) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (unten, Nrn. 32 bis 39). Der erste Rechtsmittelgrund bezieht sich auf Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (im folgenden: EMRK), der dritte auf Artikel 6 EMRK.

    Das angefochtene Urteil

    5. In der Rechtssache T-121/89 führte der Kläger vor dem Gericht vier Gründe an, mit denen er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (erste Rüge), der Begründungspflicht nach Artikel 25 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (zweite Rüge), des Artikels 8 EMRK und der Schlußfolgerungen des Rates und der Gesundheitsminister betreffend Aids (dritte Rüge) sowie des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, von Treu und Glauben, und des Verbots von Verfahrensmißbrauch (vierte Rüge) geltend machte.

    Erste und zweite in der ersten Instanz erhobene Rüge

    6. Das Gericht gibt in den Randnummern 36 bis 40 des angefochtenen Urteils einen Überblick über die Argumente der Beteiligten; sodann erinnert es in den Randnummern 41 bis 45 an folgende Grundsätze:

    "41 Gemäß den Artikeln 12 Absatz 2 Buchstabe d und 13 der Beschäftigungsbedingungen muß ein Bediensteter auf Zeit vor seiner Einstellung durch den Vertrauensarzt des Organs untersucht werden, damit festgestellt wird, ob er 'die für die Ausübung seines Amtes erforderliche körperliche Eignung besitzt' . Ferner heisst es in Artikel 33 Absatz 2 des Statuts, der gemäß Artikel 13 der Beschäftigungsbedingungen entsprechend gilt, wie folgt:

    ' Hat die ärztliche Untersuchung nach Absatz 1 ein negatives ärztliches Gutachten zur Folge, so kann der Bewerber innerhalb von 20 Tagen nach der entsprechenden Mitteilung seitens des Organs beantragen, daß sein Fall einem Ärzteausschuß aus drei Ärzten, die die Anstellungsbehörde unter den Vertrauensärzten der Organe auswählt, zur Stellungnahme unterbreitet wird. Der Vertrauensarzt, der das erste negative Gutachten abgegeben hat, wird von dem Ärzteausschuß gehört. Der Bewerber kann dem Ärzteausschuß das Gutachten eines von ihm gewählten Arztes vorlegen ...' .

    42 Die in diesen Bestimmungen vorgesehene ärztliche Untersuchung soll also dem Organ die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Bewerber gesundheitlich in der Lage ist, alle Verpflichtungen zu erfuellen, die ihm nach der Art seines Amtes obliegen können. Zu diesem Zweck kann der Vertrauenarzt des Organs sein Gutachten, in dem die mangelnde Eignung festgestellt wird, nicht nur auf gegenwärtige körperliche oder psychische Störungen stützen, sondern auch auf eine medizinisch begründete Prognose künftiger Störungen, die in absehbarer Zukunft die ordnungsgemässe Ausübung des vorgesehenen Amtes in Frage stellen können (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juni 1980 in der Rechtssache 155/78, Frl. M./Kommission, Slg. 1980, 1797, 1809, Randnrn. 10 und 11).

    43 Ferner stellt die Entscheidung, einen Beamtenanwärter wegen mangelnder körperlicher Eignung nicht einzustellen, eine beschwerende Verfügung im Sinne von Artikel 25 des Statuts dar; sie muß demgemäß mit Gründen versehen sein. Diese Begründungspflicht muß jedoch gegenüber den Erfordernissen des ärztlichen Berufsgeheimnisses abgewogen werden, nach denen jeder Arzt ° von aussergewöhnlichen Umständen abgesehen ° beurteilen muß, ob er Personen, die er behandelt oder untersucht, die Art ihrer etwaigen Leiden mitteilen kann. Diese Abwägung führt zu dem Ergebnis, daß der Betroffene auf Antrag einen Anspruch darauf hat, daß die Gründe seiner mangelnden Eignung dem behandelnden Arzt seiner Wahl mitgeteilt werden (Urteile des Gerichtshofes vom 27. Oktober 1977 in der Rechtssache 121/76, Moli/Kommission, Slg. 1977, 1971, 1978; vom 13. April 1978 in der Rechtssache 75/77, Mollet/Kommission, Slg. 1978, 897, 906; vom 10. Juni 1980, Frl. M., a. a. O.).

    44 Der Vertrauensarzt des Organs ist verpflichtet, dem behandelnden Arzt des Bewerbers auf seinen Antrag alle erheblichen Informationen über die festgestellten Gründe der mangelnden körperlichen Eignung und speziell die Ergebnisse der durchgeführten ärztlichen Untersuchungen mitzuteilen, damit der behandelnde Arzt den Bewerber darüber aufklären kann, ob diese Gründe beanstandet werden können. Will der Bewerber die Richtigkeit des negativen ärztlichen Gutachtens des Vertrauensarztes angreifen, muß er dem Ärzteausschuß das Gutachten seines behandelnden Arztes und alle dieses stützenden medizinischen Unterlagen vorlegen und gegebenenfalls beantragen, daß sein behandelnder Arzt vom Ärzteausschuß gehört wird. Zweck des Verfahrens nach Artikel 33 Absatz 2 des Statuts ist es nämlich, die Überprüfung eines negativen ärztlichen Gutachtens durch eine im Statut geregelte Institution zu ermöglichen, die unter Berücksichtigung aller bis zu diesem Zeitpunkt in die medizinische Akte des Bewerbers eingegangenen Unterlagen abschließend zur körperlichen Eignung des Bewerbers Stellung nehmen muß. Es ist Sache des Ärzteausschusses, darüber zu entscheiden, ob der Bewerber einer erneuten ärztlichen Untersuchung zu unterziehen ist, indem er gegebenenfalls weitere Untersuchungen anordnet oder Gutachten anderer Fachärzte einholt.

    45 Was schließlich den Umfang der richterlichen Kontrolle der Rechtmässigkeit der Ablehnung einer Einstellung wegen mangelnder körperlicher Eignung angeht, kann das Gericht das ärztliche Gutachten im Hinblick auf spezifisch medizinische Fragen nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen. Hingegen ist es Sache des Gerichts, im Rahmen der ihm übertragenen Aufgabe die rechtmässige Durchführung des Einstellungsverfahrens zu überprüfen und speziell zu beurteilen, ob die Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der die Einstellung eines Bewerbers wegen mangelnder körperlicher Eignung abgelehnt wird, auf einem mit Gründen versehenen ärztlichen Gutachten beruht, in dem nachvollziehbar von dem getroffenen ärztlichen Befund auf die mangelnde Eignung geschlossen wird (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juni 1980, Frl. M., a. a. O., Randnr. 14; vgl. auch das Urteil vom 26. Januar 1984 in der Rechtssache 189/82, Seiler u. a./Rat, Slg. 1984, 229, 241, Randnr. 15).

    46 An diesen Grundsätzen sind die Argumente des Klägers und der Streithelferin im Rahmen der ersten und der zweiten Rüge zu messen. Dabei ist von einigen anhand der Akten in der Rechtssache getroffenen Feststellungen auszugehen."

    7. Das Gericht gibt in Randnummer 47 (grösstenteils in meiner Übersicht über den Sachverhalt in Nr. 2 wiedergegeben) diese Feststellungen wieder und weist dann in den Randnummern 48 bis 50 die erste Rüge mit folgenden Ausführungen zurück:

    "48 Der Vertrauensarzt der Kommission teilte dem behandelnden Arzt des Klägers also nicht nur die Gründe für das Gutachten mit, in dem dessen mangelnde Eignung festgestellt wurde, also das Vorliegen einer schwerwiegenden Immunschwäche, sondern übermittelte ihm auch alle Informationen hinsichtlich der bei der Anamnese und der klinischen Untersuchung zutage getretenen Symptome. Ferner erhielt der behandelnde Arzt des Klägers eine vollständige Kopie der Ergebnisse der beim Kläger vorgenommenen Blutuntersuchungen. Diese Feststellungen sind durch die Antworten des Klägers und der Beklagten auf eine vom Gericht als prozeßleitende Maßnahme gestellte Frage sowie durch die Erklärungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Folglich ist das Vorbringen des Klägers und der Streithelferin, die dem behandelnden Arzt übermittelten Informationen seien so summarisch und unvollständig gewesen, daß dieser den Kläger nicht habe sinnvoll beraten können und der Kläger seine Interessen nicht habe wirksam verteidigen können, widerlegt.

    49 Zu der Rüge der Streithelferin bezueglich der Zusammensetzung des Ärzteausschusses ist festzustellen, daß Dr. Hoffmann, der Leiter des ärztlichen Dienstes der Kommission, nicht Mitglied dieses Ausschusses war. Folglich ist diese Rüge unbegründet, ohne daß darauf eingegangen zu werden braucht, ob der Leiter des ärztlichen Dienstes als solcher gesetzlich von der Mitgliedschaft in dem Ausschuß nach Artikel 33 Absatz 2 des Statuts ausgeschlossen ist.

    50 Auch das Vorbringen der Streithelferin, der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, daß der Ärzteausschuß seinen behandelnden Arzt nicht gehört und es nicht als zweckdienlich angesehen habe, ihn selbst klinisch zu untersuchen, ist nicht begründet. Es ist nämlich, wie bereits erwähnt, Sache des den Ärzteausschuß anrufenden Bewerbers, die Anhörung des behandelnder Arztes zu beantragen. Im vorliegenden Fall legte der Kläger dem Ärzteausschuß jedoch keinerlei medizinische Unterlagen vor, während es sein behandelnder Arzt für richtig hielt, beim Präsidenten der Kommission eine Fehldiagnose und die Verfahrensweise des ärztlichen Dienstes der Kommission zu rügen."

    8. Die zweite Rüge, die sich auf Artikel 25 des Statuts bezieht, weist das Gericht in Randnummer 51 wie folgt zurück:

    "51 Es bleibt die Frage, ob die Entscheidung, den Kläger nicht als Bediensteten auf Zeit einzustellen, entsprechend dem Statut begründet wurde. Dabei sind folgende Erwägungen zu berücksichtigen. Erstens ist der vom Vertrauensarzt herangezogene und vom Ärzteausschuß bestätigte Grund, daß der Kläger an einer schwerwiegenden Immunschwäche leide, angesichts des potentiellen Risikos einer erhöhten Infektionsanfälligkeit grundsätzlich geeignet, ein Gutachten zu rechtfertigen, mit dem die mangelnde Eignung für die Ausübung des Amtes eines Bediensteten auf Zeit festgestellt wird. Unter den Begriff der mangelnden körperlichen Eignung fallen nämlich nicht nur gegenwärtige, sondern auch künftige Störungen, die den Betroffenen während der Zeit seiner Beschäftigung an der regelmässigen Ausübung seines Amtes hindern könnten. Ferner wird in dem ärztlichen Gutachten, das auf der Grundlage einer klinischen Untersuchung und von Bluttests erstellt worden ist, nachvollziehbar von dem getroffenen Befund auf die mangelnde Eignung geschlossen; es kann daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht als mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet angesehen werden. Weiter ist zwar zwischen den Parteien unstreitig, daß aufgrund der festgestellten Anomalien des Immunsystems die Diagnose einer bestimmten Krankheit nicht möglich ist, da eine Immunschwäche verschiedene Ursachen haben kann, sie sind jedoch uneins darüber, ob hieraus ohne weitere Klärung der Krankheitsursache eine abschließende Folgerung hinsichtlich der mangelnden Arbeitsfähigkeit des Klägers gezogen werden kann. Die Parteien haben für ihre Auffassungen einander widersprechende ärztliche Gutachten vorgelegt. Diese Auseinandersetzung betrifft eine Frage, die vor dem Ärzteausschuß hätte aufgeworfen werden müssen, dessen Aufgabe es nach dem Statut ist, die Richtigkeit des ärztlichen Gutachtens des Vertrauensarztes des Organs zu überprüfen. Jedoch hat weder der behandelnde Arzt des Klägers die vom Vertrauensarzt zur Feststellung der Ursache der Immunschwäche des Klägers vorgeschlagenen zusätzlichen Untersuchungen durchführen lassen, noch der Kläger selbst dem Ärzteausschuß ein Gutachten eines anderen ° behandelnden oder dritten ° Arztes vorgelegt. Unter diesen Umständen kann der Kläger, dessen behandelnder Arzt nicht mit dem Ärzteausschuß zusammenarbeitete, nicht die Begründung der Entscheidung, ihn nicht einzustellen, dadurch angreifen, daß er vor Gericht erstmals ärztliche Gutachten vorlegt, die dem Ärzteausschuß nicht rechtzeitig zur Beurteilung vorgelegt wurden. Die Rügen des Klägers bezueglich der Rechtmässigkeit und des Umfangs der Begründung der angefochtenen Entscheidung sind daher zurückzuweisen."

    Dritte und vierte in der ersten Instanz erhobene Rüge

    9. In den Randnummern 53 bis 57 des angefochtenen Urteils stellt das Gericht die Argumentation der Beteiligten zur dritten Rüge (insbesondere Verstoß gegen Artikel 8 EMRK) dar. Es weist diese Rüge sodann in den Randnummern 58 und 59 des angefochtenen Urteils mit folgenden Ausführungen zurück:

    "58 Eine Blutabnahme zum Zwecke der Feststellung von HIV-Antikörpern stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität des Betroffenen dar; sie darf bei einem Bewerber nur vorgenommen werden, sofern er zuvor aufgeklärt worden ist und zugestimmt hat. Welche Rechtsfolgen die Weigerung eines Bewerbers hätte, sich einem HIV-Test zu unterziehen, den der Vertrauensarzt eines Organs angesichts der klinischen Symptome des Betroffenen für eine medizinische Beurteilung seiner körperlichen Eignung für erforderlich hält, ist eine andere Frage, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht geprüft zu werden braucht. Im vorliegenden Fall hat der Kläger nämlich weder bewiesen, daß er ohne sein Wissen einem speziellen Aids-Test unterzogen wurde, noch, daß die Kommission einen derartigen Test von ihm als Voraussetzung für seine Einstellung verlangte. Der Kläger hat ferner auch nicht nachgewiesen, daß er einem verdeckten HIV-Test unterzogen worden ist, da zwischen den Parteien unstreitig ist, daß der fragliche Bluttest, die Bestimmung der Lymphozyten T4 und T8, sich für den Nachweis einer etwaigen Seropositivität nicht eignet. Schließlich konnte der Vertrauensarzt im vorliegenden Fall angesichts des Befunds der Anamnese und der klinischen Untersuchung die Vornahme eines derartigen Tests verlangen.

    59 Nach alledem liegt im vorliegenden Fall weder ein Verstoß gegen Artikel 8 EMRK noch ° unabhängig von ihrer rechtlichen Bedeutung ° die Schlußfolgerungen des Rates und der Gesundheitsminister der Mitgliedstaaten vor."

    Nach Wiedergabe der Argumente der Beteiligten in den Randnummern 61 und 62 stellt das Gericht sodann in Randnummer 63 fest, daß die Zurückweisung der ersten drei Rügen zur Zurückweisung auch der vierten Rüge führen müsse.

    Antrag auf Schadensersatz

    10. Den in der Rechtssache T-13/90 gestellten Schadensersatzantrag weist das Gericht, nachdem es die Argumente der Beteiligten in den Randnummern 66 bis 72 des angefochtenen Urteils dargestellt hat, in den Randnummern 73 bis 75 mit folgender Begründung zurück:

    "73 Der Kläger hat in seiner Erwiderung klargestellt, daß seine zweite Klage weder auf Aufhebung der dem Gericht in der Rechtssache T-121/89 zur Prüfung vorliegenden Handlungen noch auf Ersatz des ihm durch diese Handlungen entstandenen materiellen Schadens gerichtet sei, da die Durchführung eines seiner ersten Anfechtungsklage stattgebenden Urteils des Gerichts einen ausreichenden Ersatz für diesen Schaden darstelle. Der Kläger beantrage Ersatz des ihm durch das Verhalten der Kommission entstandenen immateriellen Schadens. Die Kommission habe nämlich nicht alle notwendigen Maßnahmen getroffen, um die Vertraulichkeit der Gründe des seine mangelnde Eignung feststellenden ärztlichen Gutachtens zu wahren, auf dem die Entscheidung beruhe, ihn nicht einzustellen. Diese mangelnde Vertraulichkeit habe es zahlreichen Personen ermöglicht, ihn zu identifizieren und bei ihm nahestehenden Personen den Verdacht hervorgerufen, er sei seropositiv. Angesichts dieser Klarstellungen hinsichtlich des Umfangs der mit der zweiten Klage gestellten Anträge ist festzustellen, daß diese nicht denselben Gegenstand wie die erste Klage hat, da der Kläger nur Ersatz des ihm seines Erachtens durch das rechtswidrige Verhalten der Kommission entstandenen immateriellen Schadens verlangt.

    74 Dieser Schadensersatzantrag ist zurückzuweisen, da er eng mit dem Aufhebungsantrag verbunden ist, der als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Der Kläger hat nämlich keinen Grund vorgetragen, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte, und folglich keinen Rechtsverstoß nachgewiesen, der einen vorwerfbaren Amtsfehler der Kommission darstellen könnte.

    75 Dieser Antrag müsste aber auch als unzulässig zurückgewiesen werden, wenn man annähme, der geltend gemachte immaterielle Schaden beruhte auf einem Verhalten der Kommission, das von der Rechtmässigkeit der mit dem Aufhebungsantrag angefochtenen Entscheidung unabhängig ist. In diesem Fall müsste das Verwaltungsverfahren nämlich gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts mit einem Antrag des Beamten an die Anstellungsbehörde auf Schadensersatz beginnen. Erst gegen die Ablehnung dieses Antrags kann sich der Betroffene gemäß Artikel 90 Absatz 2 mit einer Beschwerde an die Verwaltung wenden (Urteile des Gerichtshofes vom 27. Juni 1989 in der Rechtssache 200/87, Giordani/Kommission, Slg. 1989, 1877, Randnr. 22, und vom 25. September 1991 in der Rechtssache T-5/90, Marcato/Kommission, Slg. 1991, II-731, Randnr. 50). Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen derartigen Antrag an die Anstellungsbehörde gerichtet; selbst wenn die 'ergänzende' Beschwerde vom 4. September 1989 als Antrag auf Ersatz des angeblich entstandenen immateriellen Schadens angesehen werden könnte, hat der Kläger jedenfalls gegen die Ablehnungsentscheidung der Kommission vom 27. November 1989 keine Beschwerde eingelegt."

    Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung des Anspruchs auf Achtung des Privatlebens

    11. Der Rechtsmittelführer macht mit dem ersten Rechtsmittelgrund geltend, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, daß sein ° in Artikel 8 EMRK verankerter ° Anspruch auf Achtung seines Privatlebens nicht durch die Art und Weise verletzt worden sei, in der er ärztlich untersucht und für körperlich nicht geeignet erklärt worden sei. Ehe ich zu den drei Teilen dieses Rechtsmittelsgrundes im einzelnen Stellung nehme, möchte ich kurz auf Artikel 8 EMRK und das Vorbringen der Kommission eingehen, daß der erste Rechtsmittelgrund teilweise unzulässig sei.

    12. Artikel 8 EMRK lautet:

    "(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

    (2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

    Im Rahmen der im vorliegenden Fall zu entscheidenden Frage, ob bestimmte Tests bei einer Einstellungsuntersuchung zulässig sind, ist das erste der vier durch Artikel 8 EMRK geschützten Rechte einschlägig. Sollte sich herausstellen, daß ein Eingriff in das Privatleben vorliegt(5), ist zu prüfen, ob dieser gemäß Artikel 8 Absatz 2 EMRK gerechtfertigt ist.

    Bekanntlich(6) ist die EMRK zwar nicht unmittelbar, aber doch mittelbar Bestandteil des Gemeinschaftsrechts, da die darin geschützten Grundrechte und Grundfreiheiten auch als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts durchsetzbar sind.(7) Der Gerichtshof hat hierzu in seinem Urteil Kommission/Deutschland vom 8. April 1992 ausdrücklich festgestellt, daß das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf Schutz des ärztlichen Berufsgeheimnisses von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützte Grundrechte darstellen (siehe ferner unten Nr. 22)(8).

    13. Die Kommission führt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung aus, der erste Rechtsmittelgrund sei insoweit unzulässig, als damit die Vereinbarkeit der Durchführung von Aids-Tests jeder Art vor der Einstellung von Beamten und Bediensteten auf Zeit mit Artikel 8 EMRK in Frage gestellt werde. Diese Frage sei im Verfahren vor dem Gericht nicht zur Sprache gekommen; dort sei es ausschließlich um die Behauptung des Rechtsmittelführers gegangen, daß er einem verdeckten Aids-Test unterworfen worden sei. Die Kommission stützt ihre Unzulässigkeitseinrede auf das Urteil V./Parlament vom 19. Juni 1992, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, daß

    "in der Klageschrift nicht enthaltene neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Rechtsmittelverfahren nicht vorgebracht werden können, wie sich aus den Artikeln 113 § 2 und 116 § 1 der Verfahrensordnung ergibt"(9) (Hervorhebung von mir).

    Gemäß den Artikeln 113 § 1 und 116 § 1 der Verfahrensordnung können im Rechtsmittelverfahren keine neuen Anträge gestellt werden.

    Meines Erachtens besteht kein Grund, den ersten Rechtsmittelgrund für unzulässig zu erklären. Zweifellos hat der Rechtsmittelführer die Artikel 113 § 1 und 116 § 1 der Verfahrensordnung eingehalten, da seine Rechtsmittelanträge (Aufhebung der Entscheidung, ihn nicht einzustellen, und Schadensersatz) identisch mit dem von ihm in erster Instanz gestellten Anträgen sind. Aber auch als Angriffsmittel ist der erste Rechtsmittelgrund, mit dem eine Verletzung des durch Artikel 8 EMRK geschützten Rechts auf Achtung des Privatlebens geltend gemacht wird, nicht neu.(10) Der Rechtsmittelführer hat dieses Angriffsmittel, wie sich aus dem angefochtenen Urteil ganz eindeutig ergibt, bereits im Verfahren erster Instanz angeführt.(11) Zutreffend ist, daß er zu diesem Angriffsmittel im Rechtsmittelverfahren zusätzliche Ausführungen gemacht hat, indem er u. a. näher auf die allgemeine Bedeutung und den Aufbau von Artikel 8 EMRK eingegangen ist und einige zusätzliche Argumente vorgetragen hat, wie eben das Argument, daß Aids-Tests bei der Einstellung mit Artikel 8 EMRK unvereinbar seien. Hinsichtlich derartiger neuer Argumente hat der Gerichtshof bereits in einem Urteil vom 12. Juni 1958 entschieden, daß

    "zwischen dem Nachschieben neuer Klagegründe und der Einführung neuer Argumente zu unterscheiden [ist]. Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof der Überzeugung, daß die Klägerin keine neuen Klagegründe vorgebracht, sondern zu den in der Klageschrift enthaltenen Gründen eine Reihe näherer Ausführungen gemacht hat, darunter einige erstmalig in der Erwiderung. Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof nicht gehindert, jenes Vorbringen zu berücksichtigen."(12)

    Diese Rechtsprechung ist meines Erachtens im vorliegenden Fall in vollem Umfang anwendbar. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Unzulässigskeitseinrede der Kommission zurückzuweisen und komme nunmehr zur Prüfung der verschiedenen Teile des ersten Rechtsmittelgrundes.

    Erster Teil: Zulässigkeit von Aids-Tests bei der Einstellung

    14. Dieser Teil besteht aus zwei Unterpunkten. Der erste Unterpunkt (unten, Nr. 15) betrifft die Feststellung des Gerichts, daß Aids-Tests bei einem Bewerber nur vorgenommen werden dürften, sofern er zuvor aufgeklärt worden sei und zugestimmt habe; der zweite Teil (unten, Nr. 16) betrifft die Schlüsse, die das Gericht angeblich aus der Feststellung gezogen hat, daß der behandelnde Arzt die vom Vertrauensarzt vorgeschlagenen ergänzenden Untersuchungen nicht habe vornehmen lassen.

    15. In der bereits wiedergegebenen Randnummer 58 (oben, Nr. 9) des angefochtenen Urteils stellt das Gericht fest:

    "Eine Blutentnahme zum Zwecke der Feststellung von HIV-Antikörpern stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität des Betroffenen dar; sie darf bei einem Bewerber nur vorgenommen werden, sofern er zuvor aufgeklärt worden ist und zugestimmt hat" (im Französischen: "avec le consentement éclairé de celui-ci").

    Nach Auffassung des Rechtsmittelführers ist hieraus zu entnehmen, daß das Gericht die Vornahme eines Tests zum Nachweis von HIV-Antikörpern (im folgenden: HIV-Test) im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung als mit Artikel 8 EMRK vereinbar ansieht, sofern der Bewerber zuvor aufgeklärt wird und zustimmt. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK dar, dessen zwingende Wirkung so stark sei, daß auch die Einwilligung des Betroffenen einen unter Artikel 8 fallenden Eingriff in das Privatleben niemals rechtfertigen könne.

    In Beantwortung dieses Arguments führt die Kommission zunächst aus, ihre Praxis, den Bewerbern im Rahmen der ärztlichen Einstellungsuntersuchung einen freiwilligen HIV-Test anzubieten und ihnen mitzuteilen, daß eine symptomfreie Seropositivität nicht zur Ablehnung wegen mangelnder körperlicher Eignung führe ° wohl aber "das spätere Stadium mit den klinischen Symptomen der Krankheit" °, stimme vollkommen mit der vom Rat und den Regierungen der Mitgliedstaaten in der Frage der Aids-Tests eingenommenen Haltung überein.(13) Die Kommission weist ferner darauf hin, daß sie eine anerkannte Verpflichtung zum Schutz der Gesundheit verletzen würde, wenn sie bei der ärztlichen Untersuchung für die Einstellung und bei der jährlichen ärztlichen Untersuchung keinen HIV-Test anbieten würde.

    Obwohl ich sowohl das Vorbringen des Rechtsmittelführers in seiner Absolutheit wie das letzte Argument der Kommission(14) für fragwürdig halte, bin ich in Übereinstimmung mit der Kommission der Auffassung, daß das Argument des Rechtsmittelführers zurückzuweisen ist, da es eine Feststellung in dem angefochtenen Urteil betrifft, die in keiner Weise zu dessen tragenden Gründen gehört. Das angefochtene Urteil enthält nämlich keine tatsächliche Feststellung, wonach der Rechtsmittelführer mit seiner ausdrücklichen Zustimmung einem HIV-Test unterworfen worden ist (aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich eindeutig, daß dies nicht so ist), und besagt erst recht nicht, daß ein solcher Test zu Recht vorgenommen worden wäre.

    16. Der zweite Unterpunkt des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes bezieht sich auf die in Nummer 8 zitierte Randnummer 51 des angefochtenen Urteils. Aus seiner Feststellung, daß der behandelnde Arzt des Rechtsmittelführers die vom Vertrauensarzt vorgeschlagenen ergänzenden HIV-Tests(15) nicht habe vornehmen lassen, habe das Gericht in dieser Randnummer zu Unrecht geschlossen, daß der behandelnde Arzt nicht mit dem Ärzteausschuß zusammengewirkt habe. In Wirklichkeit habe der behandelnde Arzt die vorgeschlagenen Untersuchungen nicht vornehmen dürfen, da Artikel 8 EMRK jedem als Teil der Einstellungsuntersuchung vorgenommenen HIV-Test entgegenstehe, also auch einem vom behandelnden Arzt vorgenommenen HIV-Test. Das Gericht habe dadurch, daß es dies verkannt habe, gegen Artikel 8 EMRK verstossen.

    Möglicherweise lassen sich aus der vom Rechtsmittelführer zitierten Passage der Randnummer 51 Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß es das Gericht für unbedenklich hält, wenn einem Bewerber auferlegt wird, einen HIV-Test durch seinen behandelnden Arzt vornehmen zu lassen, und dessen Verweigerung zur Ablehnung des Kandidaten führen kann. Meines Erachtens ist diese Auslegung jedoch wenig überzeugend, da das Gericht etwas später, in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils, feststellt, daß ein Aids-Test einen Eingriff in die körperliche Integrität des Betroffenen darstelle und nur vorgenommen werden dürfe, sofern er zuvor aufgeklärt worden sei und zugestimmt habe (siehe oben Nrn. 8 und 9, in denen die genannten Randnrn. wiedergegeben sind).

    Meines Erachtens ergibt sich aus der genannten Passage nur, daß der behandelnde Arzt sich, aus welchen Gründen auch immer, dafür entschied, dem Ärzteausschuß weder ein eigenes Gutachten noch ein Gutachten eines anderen Arztes vorzulegen, und daß das Gericht hieraus auf eine mangelnde Mitwirkung des behandelnden Arztes schloß. Es folgert hieraus, daß der Rechtsmittelführer nicht berechtigt sei, zusätzliche ärztliche Gutachten erstmals vor Gericht vorzulegen. (Hierauf bezieht sich der dritte Rechtsmittelgrund, auf den später eingegangen wird: unten, Nrn. 32 ff.) Betrachtet man die Auslegung der fraglichen Passage durch den Rechtsmittelführer im Rahmen dieser Begründung, so ist sie keinesfalls geeignet, das Ergebnis, zu dem das Gericht in Randnummer 51 gelangt, zu beeinflussen. Der Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

    Zweiter Teil: Beweis der Vornahme eines Aids-Tests

    17. Mit dem zweiten Teil seines ersten Rechtsmittelgrundes wendet sich der Rechtsmittelführer gegen die Feststellung des Gerichts in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils (oben, Nr. 9), daß "[i]m vorliegenden Fall ... der Kläger ... [nicht] bewiesen [hat], daß er ohne sein Wissen einem speziellen Aids-Test unterzogen wurde".

    Der Rechtsmittelführer hat bereits in erster Instanz ausgeführt, er sei einem verdeckten Aids-Test unterzogen worden. Genauer gesagt sei er allein aus dem Grund einer Bestimmung der T4/T8-Lymphozyten (im folgenden: T4/T8-Test) unterzogen worden, weil er einen "normalen" HIV-Test abgelehnt habe. Daß der T4/T8-Test als alternative Methode zur Feststellung einer etwaigen Seropositivität angewendet worden sei, verstosse gegen Artikel 8 EMRK und gegen die von der Kommission angeführte Praxis, keine systematischen Untersuchungen zur Feststellung von Seropositivität durchzuführen. In diesem Zusammenhang verweist der Rechtsmittelführer, wie bereits vor dem Gericht, auf ein Protokoll einer Sitzung der Ärzte des ärztlichen Dienstes der Kommission vom 5. Juni 1989. In diesem Protokoll heisst es unter Punkt 8:

    "Bei Ablehnung eines HIV-Tests werden folgende Untersuchungen vorgenommen: Bestimmung der T4/T8-Lymphozyten, Elektrophorese der Proteine sowie der IgA, IgG und IgM."

    18. Nach Auffassung der Kommission ist dieser Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unzulässig, da er entgegen den Artikeln 168a EG-Vertrag und 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes(16) darauf gerichtet sei, eine Tatsachenwürdigung des Gerichts ° genauer gesagt die Feststellung des Gerichts, daß nicht bewiesen worden sei, daß der T4/T8-Test einen verdeckten Aids-Test darstelle (siehe auch unten, Nr. 24) ° erneut in Frage zu stellen. In seiner Erwiderung stellt der Rechtsmittelführer jedoch klar, daß er sich lediglich gegen die Begründung des angefochtenen Urteils wende; das Gericht habe nämlich das Protokoll der Sitzung vom 5. Juni 1989 nicht berücksichtigt.

    Die Kommission entgegnet, dem Gericht habe dieses Protokoll durchaus vorgelegen, es habe sich aber offensichtlich durch ihre Erklärungen in erster Instanz überzeugen lassen. Danach beruhe der Wortlaut des (in der vorstehenden Nr. 17 zitierten) Punktes 8 dieses Protokolls auf einem Versehen. Ferner sei das Protokoll vom ärztlichen Dienst niemals genehmigt worden. Auch hätten der Leiter dieses Dienstes, in einem Vermerk vom 11. August 1989, sowie u. a. der Präsident der Kommission und der Generaldirektor für Personal, in verschiedenen öffentlichen Stellungnahmen, der beanstandeten Feststellung widersprochen. Nach ständiger Praxis des ärztlichen Dienstes werde ein T4/T8-Test nur vorgenommen, wenn äusserliche Anzeichen für eine Immunschwäche vorlägen.

    19. Daß dem Gericht das fragliche Protokoll und die Auffassung des Rechtsmittelführers von diesem bekannt waren, ergibt sich aus Randnummer 31 des angefochtenen Urteils, die folgendermassen lautet:

    "Die Beklagte hat entsprechend einer Aufforderung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 1992 bei der Kanzlei des Gerichts ein Protokoll der Sitzung der Ärzte des ärztlichen Dienstes der Kommission vom 15. Juni 1989 und ein vertrauliches Schreiben des Leiters dieses Dienstes an Herrn L. vom 11. August 1989 eingereicht. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 1992 haben der Kläger und die Streithelferin zu diesen Unterlagen Stellung genommen."

    Das Gericht hat sich auch ausführlich mit den Standpunkten der Beteiligten beschäftigt. In Randnummer 55 des angefochtenen Urteils gibt es die Auffassung des Rechtsmittelführers wie folgt wieder:

    "Im Fall des Klägers liege ein Verstoß gegen Artikel 8 EMRK und die erwähnten Schlußfolgerungen des Rates und der Gesundheitsminister vor, da er gegen seinen Willen und ohne sein Wissen vom ärztlichen Dienst der Kommission einem verdeckten Aids-Test, nämlich der Bestimmung der Leukozyten T4 und T8 unterzogen worden sei. In der gegenwärtigen medizinischen Praxis werde diese Blutuntersuchung nur bei Seropositivität und ganz ausnahmsweise bei verstrahlten Personen angewendet. Da der Kläger keine Symptome einer Verstrahlung aufweise, habe der Vertrauensarzt der Kommission keinen Grund gehabt, ihn dieser ° keine zuverlässige Diagnose ermöglichenden ° Laboruntersuchung zu unterziehen. Die Ablehnung der Einstellung habe daher ihren Grund nur in dem blossen Verdacht, daß er seropositiv sei."

    In den Randnummern 56 und 57 des angefochtenen Urteils werden die Gegenargumente der Kommission wie folgt zusammengefasst:

    "Die Kommission macht im Hinblick auf den gerügten Verstoß gegen Artikel 8 EMRK geltend, bei der ärztlichen Einstellungsuntersuchung werde kein Aids-Test vorgenommen, sofern der Bewerber nicht zuvor aufgeklärt worden sei und eingewilligt habe ...

    Im übrigen habe der Vertrauensarzt der Kommission niemals verdeckte HIV-Tests vorgenommen, sondern nach Feststellung mehrerer klinischer Anzeichen für eine Immunschwäche Bluttests, wie die Bestimmung der Immunoglobuline und der Lymphozyten und ihrer Untergruppen angeordnet."

    Daß diese Gegenargumente das Gericht überzeugten, ergibt sich schließlich aus folgender Passage der Randnummer 58:

    "Im vorliegenden Fall hat der Kläger nämlich weder bewiesen, daß er ohne sein Wissen einem speziellen Aids-Test unterzogen wurde, noch, daß die Kommission einen derartigen Test von ihm als Voraussetzung für seine Einstellung verlangte. Der Kläger hat ferner auch nicht nachgewiesen, daß er einem verdeckten HIV-Test unterzogen worden ist, da zwischen den Parteien unstreitig ist, daß der fragliche Bluttest, die Bestimmung der Lymphozyten T4 und T8, sich für den Nachweis einer etwaigen Seropositivität nicht eignet. Schließlich konnte der Vertrauensarzt im vorliegenden Fall angesichts des Befunds der Anamnese und der klinischen Untersuchung die Vornahme eines derartigen Tests verlangen."

    20. Aus den zitierten Abschnitten des angefochtenen Urteils ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß das Gericht das Vorbringen des Rechtsmittelführers zwar durchaus berücksichtigt ° und das Protokoll der Sitzung vom 5. Juni 1989 in seine Würdigung einbezogen ° hat, das Vorbringen jedoch als sachlich unbegründet zurückgewiesen hat. Ich komme daher zu dem Ergebnis, daß auch der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen ist.

    Dritter Teil: Zulässigkeit eines T4/T8-Tests

    21. Mit dem dritten Teil des Rechtsmittelgrundes wendet sich der Rechtsmittelführer gegen die Feststellung des Gerichts in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils, daß "der Vertrauensarzt im vorliegenden Fall angesichts des Befunds der Anamnese und der klinischen Untersuchung die Vornahme eines [T4/T8-Tests] verlangen [konnte]." Nach Auffassung des Rechtsmittelführers hat das Gericht dadurch gegen Artikel 8 EMRK verstossen, daß es es nicht für erforderlich gehalten hat, daß ein Bewerber in einer Situation der vorliegenden Art vor der Vornahme eines T4/T8-Tests aufgeklärt wird und seine Zustimmung erteilt.

    Es steht fest, daß der Rechtsmittelführer tatsächlich einem T4/T8-Test unterzogen wurde, ohne zuvor gesondert und ausdrücklich aufgeklärt und um seine Zustimmung gebeten worden zu sein. Sowohl vor dem Gericht als auch vor dem Gerichtshof hat die Kommission jedoch ausgeführt, dies stelle keinen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK dar, da der Vertrauensarzt im Rahmen der Vervollständigung seiner Untersuchung einen T4/T8-Test erst vorgenommen habe, nachdem er äusserliche Anzeichen für eine Immunschwäche festgestellt habe, und ein Bewerber, der sich der Einstellungsuntersuchung unterziehe, stillschweigend, aber eindeutig sein Einverständnis damit erkläre, daß der Vertrauensarzt seine Aufgabe erfuelle, daß er also untersuche, ob der Bewerber die Voraussetzung der körperlichen Eignung erfuelle. Ein T4/T8-Test unterscheide sich im übrigen grundlegend von einem HIV-Test, für den eine gesonderte ausdrückliche Zustimmung des Bewerbers sehr wohl erforderlich sei.

    Das Gericht hat sich in dem angefochtenen Urteil dem Standpunkt der Kommission angeschlossen. In den Randnummern 56 bis 59 führt es zunächst aus, daß ein HIV-Test zwar einen Eingriff in die körperliche Integrität darstelle und nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Bewerbers vorgenommen werden dürfe, daß aber im vorliegenden Fall kein derartiger Test durchgeführt worden sei. Es stellt anschließend fest, der Vertrauensarzt habe unter den vorliegenden Umständen einen T4/T8-Test verlangen können. Ein Verstoß gegen Artikel 8 EMRK liege nicht vor.

    22. Bevor ich den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes im einzelnen erörtere, erscheint es mir angebracht, die diesem Teil zugrunde liegende Rechtsfrage einzugrenzen. Meines Erachtens geht es allein um die Frage, ob die Kommission, wenn sich bei einer ärztlichen Untersuchung bestimmte Anhaltspunkte für eine Immunschwäche ergeben haben, bei einem Bewerber um eine Stelle als Beamter oder sonstiger Bediensteter einen T4/T8-Test vornehmen (und aufgrund von negativen Testergebnissen die Einstellung verweigern) darf, ohne den Bewerber zuvor informiert und um seine Zustimmung gebeten zu haben und obwohl sie weiß, daß er einen HIV-Test ausdrücklich abgelehnt hat. Allein diese Frage werde ich nachstehend behandeln, und zwar nur im Rahmen des vom Gericht festgestellten konkreten Sachverhalts des vorliegenden Falles, einschließlich des Umstands, daß sich der Rechtsmittelführer um eine Tätigkeit von sechsmonatiger Dauer bewarb.

    Zunächst (unten, Nrn. 23 und 24) werde ich der Frage nachgehen, ob ein Eingriff in das Recht des Rechtsmittelführers auf Achtung des Privatlebens (und ein Verstoß gegen das ° einen Bestandteil dieses Rechtes ausmachende ° ärztliche Berufsgeheimnis) vorliegt, da beim Rechtsmittelführer im Hinblick auf seine Einstellung durch die Kommission ein T4/T8-Test vorgenommen wurde, ohne daß er zuvor aufgeklärt und um seine Zustimmung gebeten wurde. Falls dies zu bejahen ist, werde ich anschließend (unten Nrn. 25 bis 29) prüfen, ob dieser Eingriff gerechtfertigt ist. Diese ergänzende Prüfung ist erforderlich, da das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf Schutz des ärztlichen Berufsgeheimnisses, wie der Gerichtshof im Urteil vom 8. April 1992, a. a. O., festgestellt hat, keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen:

    "Diese Rechte beanspruchen jedoch keine uneingeschränkte Geltung, sondern können Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismässigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet."(17)

    Bei Prüfung der Frage, ob ein Eingriff in das Privatleben vorliegt, werde ich, ebenso wie die Beteiligten vor dem Gerichtshof, auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Europäischen Kommission für Menschenrechte Bezug nehmen.

    23. Wie der Rechtsmittelführer zu Recht bemerkt, werden zwei Aspekte seines Privatlebens ° seine körperliche Integrität oder Unantastbarkeit(18) und sein Recht, selbst darüber zu bestimmen, wem er Informationen über seinen Gesundheitszustand gibt ° beeinträchtigt, wenn Tests, wie sie bei ihm durchgeführt (T4/T8-Test) oder ihm vorgeschlagen (HIV-Test) wurden, vorgenommen und an diese Tests oder ihre Verweigerung Konsequenzen geknüpft werden.

    Das Grundrecht der Achtung des Privatlebens umfasst grundsätzlich den Schutz dieser beiden Aspekte des Privatlebens(19). Die Kommission macht jedoch geltend, der Rechtsmittelführer könne sich im vorliegenden Fall nicht auf dieses Grundrecht berufen: Dadurch daß er sich bewusst dafür entschieden habe, an einem Auswahlverfahren mit einer ärztlichen Untersuchung teilzunehmen, habe er einem Eingriff in sein Privatleben zugestimmt. Zur Stützung dieses Standpunkts beruft sich die Kommission auf folgenden Abschnitt aus einem Bericht der Kommission für Menschenrechte von 1977:

    "Der Anspruch auf Achtung des Privatlebens wird automatisch eingeschränkt, wenn der Betroffene selbst sein Privatleben in Kontakt mit dem öffentlichen Leben oder in eine enge Beziehung zu anderen geschützten Interessen bringt."(20)

    Meines Erachtens muß das Argument der Kommission anhand des Grundsatzes des Arztrechts geprüft werden, daß jede ärztliche Handlung (Behandlung, Untersuchung, Test oder Versuch) die nach Aufklärung erteilte Zustimmung des Betroffenen voraussetzt. Dieser Grundsatz, der häufig mit dem aus den Vereinigten Staaten stammenden Begriff "informed consent"(21) bezeichnet wird, ist meines Erachtens im Arztrecht der Mitgliedstaaten(22) allgemein anerkannt und wird durchweg aus dem Recht auf körperliche Integrität und dem (weiteren) Recht auf Selbstbestimmung hergeleitet(23).

    24. Die Voraussetzung der Zustimmung nach Aufklärung enthält zwei eng miteinander verbundene Elemente: Es muß eine ausreichende Aufklärung erfolgen, so daß die Zustimmung des Betroffenen vollständig ist, d. h. in Kenntnis der Sachlage erteilt werden kann.(24) Sowohl wenn keine vollständige Aufklärung erfolgt als auch wenn der Betroffene nicht um Zustimmung ersucht wird, kann dies daher zu einem Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens führen. Ob die Voraussetzungen hinsichtlich Aufklärung und Zustimmung erfuellt sind, ist im Einzelfall anhand von Faktoren wie der körperlichen oder psychischen Wirkung (der Art) und der Üblichkeit (der Schwere) der ärztlichen Handlung und der Implikationen der durch diese Handlung erlangten Kenntnis für den Betroffenen und seine Umgebung zu beurteilen. Nach Maßgabe des konkreten Zusammenhangs kann bei einfachen, routinemässigen oder unbedeutenden Handlungen relativ schnell angenommen werden, daß Aufklärung und Zustimmung (konkludent) vorliegen oder daß sich die eine aus der anderen ergibt, während bei schwerwiegenderen, ernsten und möglicherweise weitreichenden Handlungen eine ausführlichere oder nachdrücklichere Aufklärung und eine explizitere Form der Zustimmung erforderlich sind.

    Die Auffassung der Kommission, daß aus der blossen Entscheidung für die Teilnahme an einem Auswahlverfahren mit ärztlicher Untersuchung als solcher folge, daß es bei der ärztlichen Untersuchung nicht mehr zu unzulässigen Eingriffen in das geschützte Privatleben des Bewerbers kommen könne, steht meines Erachtens im Widerspruch zur Beurteilung im Einzelfall, die mit dem Erfordernis einer Zustimmung nach Aufklärung notwendig verbunden ist. Angesichts der Ausführungen im vorstehenden Absatz bin ich in der Tat der Auffassung, daß dieses Erfordernis unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles der Art und Weise entgegensteht, in der der Rechtsmittelführer einem T4/T8-Test unterzogen wurde. Unabhängig von der Tatfrage, ob der T4/T8-Test einen verdeckten Aids-Test darstellt oder nicht(25), steht fest, daß der Vertrauensarzt, dem sich insoweit der Ärzteausschuß und die Kommission selbst anschlossen, sehr weitreichende Schlüsse aus dem Ergebnis des T4/T8-Tests zogen (und von Anfang an ziehen wollten). Unter anderem ° und allem Anschein nach vor allem ° aufgrund des Ergebnisses dieses Tests gelangte er zu der Ansicht, daß der Rechtsmittelführer an Aids im Endstadium ("full blown Aids") leide(26) und ihm daher die körperliche Eignung für eine Einstellung, auch für eine vorübergehende Tätigkeit von sechs Monaten, fehle. Ausserdem kann der T4/T8-Test keinesfalls als ein Eingriff angesehen werden, der im Rahmen einer ärztlichen Einstellungsuntersuchung üblich ist, da sich der Vertrauensarzt, wie das Gericht selbst festgestellt hat, nur zur Vornahme dieses Tests entschloß, nachdem und weil er eine Anzahl möglicher Symptome einer Immunschwäche festgestellt hatte. Schließlich hatte der Rechtsmittelführer die Vornahme eines HIV-Tests ausdrücklich abgelehnt.

    Das Erfordernis einer Zustimmung nach Aufklärung beinhaltet meines Erachtens, daß der Rechtsmittelführer (selbst oder durch seinen behandelnden Arzt) unter derartigen Umständen über die geplante Vornahme eines T4/T8-Tests, die Bedeutung des Tests und etwaige Auswirkungen von dessen Vornahme oder Ablehnung aufgeklärt wird. Gewiß enthält die Beurteilung "derartiger Umstände" eine Tatsachenwürdigung und ist daher Sache des Gerichts. Daß das Gericht eine solche Beurteilung überhaupt nicht vorgenommen hat und es demnach nicht für notwendig erachtet hat, das Erfordernis der Zustimmung nach Aufklärung zu prüfen, stellt jedoch eine Rechtsverletzung dar, da, wie erwähnt, feststeht, daß ein Eingriff in das Privatleben des Rechtsmittelführers und das ° einen Bestandteil hiervon ausmachende ° ärztliche Berufsgeheimnis vorliegen kann, sofern dafür keine rechtlich anerkannte Rechtfertigung gegeben ist.

    25. Das Vorliegen eines Eingriffs der beschriebenen Art reicht in der Tat für die Annahme einer Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und des ärztlichen Berufsgeheimnisses nicht aus. Nach der Rechtsprechung dieses Gerichtshofes(27) können diese Rechte beschränkt werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismässigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet. Artikel 8 Absatz 2 EMRK ° oben zitiert in Nr. 12 ° ist insoweit maßgebend: Danach ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in das Privatleben gerechtfertigt, wenn er "gesetzlich vorgesehen" ist, mit ihm eines oder mehrere der in Artikel 8 Absatz 2 EMRK ° abschließend(28) ° aufgeführten Ziele verfolgt werden und er "in einer demokratischen Gesellschaft" für die Erreichung des oder der angestrebten Ziele "notwendig ist". Die zuletzt genannte Voraussetzung beinhaltet, daß ein Eingriff in das Privatleben nicht weitergehen darf, als notwendig, sondern im Gegenteil im Hinblick auf das angestrebte Ziel verhältnismässig sein muß(29). Nachstehend werde ich prüfen, ob im vorliegenden Fall die drei Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 2 EMRK erfuellt sind.(30)

    26. Zu der ersten Voraussetzung ist zu bemerken, daß gemäß den Artikeln 12 Absatz 2 Buchstabe d der Beschäftigungsbedingungen und Artikel 28 Buchstabe e des Statuts als Bediensteter auf Zeit oder als Beamter nur eingestellt werden darf, "wer ... die für die Ausübung seines Amtes erforderliche körperliche Eignung besitzt". Die Artikel 13 Absatz 1 der Beschäftigungsbedingungen und 33 Absatz 1 des Statuts bestimmen:

    "Vor der Einstellung wird der ausgewählte Bewerber durch einen Vertrauensarzt des Organs untersucht, damit dieses die Gewißheit erhält, daß der Bewerber die[se] Voraussetzungen ... erfuellt."

    Der Rechtsmittelführer und die Internationale Vereinigung halten diese Bestimmungen nicht für eine ausreichende Rechtsgrundlage, da sie nicht hinreichend zugänglich und klar seien.(31) Dem kann ich nicht zustimmen. Die Zugänglichkeit der Beschäftigungsbedingungen und des Statuts sind dadurch gesichert, daß sie vom Rat in geeigneten Verfahren verabschiedet und im Amtsblatt veröffentlicht wurden.(32) Die Kommission weist ferner darauf hin, daß in den Stellenausschreibungen stets auf die Verpflichtung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, hingewiesen werde. Was die Klarheit und Vorhersehbarkeit angeht, so halte ich das Vorbringen des Rechtsmittelführers und der Internationalen Vereinigung, daß jede ärtzliche Untersuchung, die im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung vorgenommen werde, gesondert und ausdrücklich im Gesetz aufgeführt sein müsse, für offensichtlich unzutreffend.

    27. Hinsichtlich der zweiten Voraussetzung für die Rechtfertigung eines Eingriffs in das Privatleben gemäß Artikel 8 Absatz 2 EMRK argumentiert die Kommission zunächst, die ärztliche Untersuchung diene dem Schutz der Gesundheit. Grundsätzlich kann ich mich dem anschließen: Soweit durch die Verpflichtung des Bewerbers um eine Stelle als Bediensteter, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, verhindert wird, daß dieser Bewerber für eine Tätigkeit eingestellt wird, die seiner Gesundheit schaden könnte, dient die Untersuchung in der Tat dem Schutz der Gesundheit. Ausserdem kann die Einstellung von jemandem, der wegen seines Gesundheitszustands seine Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausführen kann, zu einer Überlastung und zusätzlichem Streß für seine Kollegen führen, so daß die ärztliche Untersuchung auch als Maßnahme zum Schutz Dritter angesehen werden kann(33).

    Die Kommission führt in ihrer Gegenerwiderung und in ihrer Antwort auf die Erklärungen der Internationalen Vereinigung ferner das "wirtschaftliche Wohl des Landes" an. Die Praxis, Bedienstete vor ihrer Einstellung ärztlich zu untersuchen, entspreche der in Europa allgemein anerkannten Entscheidung der Gesellschaft bezueglich der Verteilung der sozialen Lasten (genauer gesagt der Kosten von Krankheit und Invalidität), daß ein Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, die wirtschaftlichen Lasten einer Krankheit oder Invalidität zu tragen, die auf einem Risiko beruhe, das der Arbeitnehmer vor seiner Einstellung eingegangen sei. Dieses Argument überzeugt mich nicht: Die von der Kommission angeführte "Entscheidung der Gesellschaft" erfordert keine Ablehnung der Einstellung, sondern kann durch eine Anwendung von Artikel 28 Absatz 2 der Beschäftigungsbedingungen verwirklicht werden. Danach kann nämlich die Anstellungsbehörde, wenn bei der Einstellungsuntersuchung festgestellt wird, daß der Bewerber krank oder gebrechlich ist, "verfügen, daß entstehende Kosten von der Erstattung [wegen Krankheit oder Gebrechens] ... ausgeschlossen werden, soweit es sich um Folgeerscheinungen oder Nachwirkungen dieser Krankheit oder dieses Gebrechens handelt".

    Schließlich beruft sich die Kommission auf den "Schutz der Rechte und Freiheiten anderer". Im einzelnen führt sie aus, die Gemeinschaftsorgane seien berechtigt, sicherzustellen, daß ihre Bediensteten die körperliche Eignung für die ihnen übertragenen Tätigkeiten besässen. Auch dieses Vorbringen ist meines Erachtens allgemein zu akzeptieren. Am guten Funktionieren der ° Aufgaben von allgemeinem Belang erfuellenden ° Dienststellen der Gemeinschaftsorgane haben nicht nur diese, sondern auch die Bürger ein unmittelbares Interesse. Dieses gute Funktionieren wird jedoch beeinträchtigt, wenn die Dienststellen mit Beamten besetzt sind, die häufig aus Krankheitsgründen abwesend sind.

    Fraglich ist jedoch, ob sich die Kommission im konkreten Fall auf die zwei Rechtfertigungsgründe ° die ich vorstehend als grundsätzlich akzeptabel angesehen habe ° berufen kann, wo doch feststeht, daß der Rechtsmittelführer nur eine Tätigkeit für einen sechsmonatigen Zeitraum erstrebte, und zweifelhaft war, ob sein Gesundheitszustand sich in dieser kurzen Zeit derart verschlechtern würde, daß er die körperliche Eignung für die Ausübung dieser Tätigkeit nicht mehr besitzen würde. Damit kommen wir zur dritten Voraussetzung, dem Gebot der Verhältnismässigkeit.

    28. Ein Eingriff in das Privatleben ° genauer gesagt: ein Eingriff in die körperliche Integrität und das Recht auf Nichtweitergabe von Informationen über den Gesundheitszustand an Dritte ° der, wie im vorliegenden Fall, durch Gründe des Schutzes der Gesundheit und/oder der Rechte und Freiheiten Dritter gerechtfertigt werden kann, entspricht dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz, sofern er nicht in einem Mißverhältnis zum verfolgten Zweck steht und das gewährleistete Recht nicht in seinem Wesensgehalt angetastet wird.

    Meines Erachtens steht die Handlungsweise der Kommission ° die im Hinblick auf die Einstellung des Rechtsmittelführers für eine auf sechs Monate begrenzte Tätigkeit einen T4/T8-Test ohne Aufklärung und Wissen des Rechtsmittelführers vornehmen ließ, obwohl dieser einen HIV-Test ausdrücklich abgelehnt hatte ° keinesfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem von ihr verfolgten Zweck, zum Schutz der Gesundheit des Rechtsmittelführers und Dritter sowie der Rechte Dritter die körperliche Eignung für die fragliche Tätigkeit zu prüfen. Eine klinische Untersuchung (ergänzt durch die üblichen biologischen Tests), die aufgrund einer allgemeinen Zustimmung des Betroffenen, sich im Hinblick auf die Einstellung einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, vorgenommen wird, ist zweifellos diesem Zweck angemessen. Anders ist dies jedoch, wenn diese Untersuchung zu Feststellungen führt, die eine eingehendere Untersuchung erforderlich machen. In einem derartigen Fall hat der Arzt zuvor die Zustimmung des Betroffenen einzuholen oder zumindest seinem behandelnden Arzt (wenn der Arzt wegen des Ernstes der Feststellungen eine ungünstige psychologische Reaktion des Patienten befürchtet) die erforderlichen Informationen zu geben, damit die Zustimmung in Kenntnis der Sachlage gegeben werden kann. Dies gilt erst recht, wenn die eingehendere Untersuchung einen Test umfasst, der, ohne ein HIV-Test zu sein, dennoch eine Untersuchung auf eine Immunschwäche darstellt, deren Ergebnis auf das Vorhandensein des Aids-Virus hindeuten kann, und wenn der Betroffene einen HIV-Test abgelehnt hat.(34)

    Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich speziell auf das Recht auf körperliche Integrität. Hinsichtlich des anderen hier zu prüfenden Aspekts des Rechts auf Achtung des Privatlebens, nämlich des Rechts auf Nichtweitergabe von Informationen über den Gesundheitszustand an Dritte (im vorliegenden Fall den zukünftigen Arbeitgeber), liegt noch deutlicher auf der Hand, daß die Verhältnismässigkeitsvoraussetzung nicht erfuellt ist, wenn ° ohne die nach Aufklärung erteilte Zustimmung des Betroffenen ° mittels einer eingehenderen ärztlichen Untersuchung als üblich Tatsachen aufgedeckt werden, die dem künftigen Arbeitgeber mitgeteilt werden. Dadurch, daß ein solcher medizinischer Befund ohne das Vorliegen einer nach Aufklärung erteilten Zustimmung mitgeteilt wird, wird das geschützte Recht in seinem Wesensgehalt verletzt.

    29. Da die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes anerkannte und in Artikel 8 Absatz 2 EMRK verankerte Verhältnismässigkeitsvoraussetzung nicht erfuellt ist, kann ich nur zu dem Ergebnis kommen, daß der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes durchgreift.

    Zweiter Rechtsmittelgrund: widersprüchliche Begründung des angefochtenen Urteils

    30. Der zweite Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil rügt der Rechtsmittelführer die angebliche Widersprüchlichkeit der Begründung des angefochtenen Urteils. Die in Randnummer 58 des Urteils getroffene Feststellung, daß

    "der Vertrauensarzt im vorliegenden Fall angesichts des Befunds der Anamnese und der klinischen Untersuchung die Vornahme eines derartigen Tests [d. h. eine Zählung der Lymphozyten T4 und T8, Einfügung von mir] verlangen" konnte,

    stehe im Widerspruch zu dem in Randnummer 45 des Urteils ausgesprochenen Grundsatz, daß

    "das Gericht das ärztliche Gutachten im Hinblick auf spezifisch medizinische Fragen nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen" könne.

    Der zweite Teil bezieht sich auf Randnummer 45 des angefochtenen Urteils, in der ausgeführt wird, daß es Sache des Gerichts sei,

    "im Rahmen der ihm übertragenen Aufgabe die rechtmässige Durchführung des Einstellungsverfahrens zu überprüfen und speziell zu beurteilen, ob die Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der die Einstellung eines Bewerbers wegen mangelnder körperlicher Eignung abgelehnt wird, auf einem mit Gründen versehenen ärztlichen Gutachten beruht, in dem nachvollziehbar von dem getroffenen ärztlichen Befund auf die mangelnde Eignung geschlossen wird" (Hervorhebung von mir).

    Nach Auffassung des Rechtsmittelführers enthält das ärztliche Gutachten im vorliegenden Fall keine nachvollziehbare Schlußfolgerung. Der Vertrauensarzt und der Ärzteausschuß hätten nämlich nur eine Immunschwäche festgestellt, ohne deren Ursprung zu klären.

    31. Was den ersten Teil des zweiten Rechtsmittels betrifft, so besteht meines Erachtens kein Widerspruch zwischen den zitierten Passagen der Randnummern 58 und 45. Meines Erachtens löst der Rechtsmittelführer die fragliche Feststellung in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils aus dem Zusammenhang. In dieser Randnummer behandelt das Gericht die dritte vom Rechtsmittelführer in erster Instanz erhobene Rüge, die einen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK betrifft. Mit seiner Feststellung, daß der Vertrauensarzt die Vornahme eines T4/T8-Tests habe verlangen können, hat das Gericht keinesfalls eine medizinische Feststellung getroffen, sondern nur zum Ausdruck bringen wollen (meines Erachtens zu Unrecht, wie gezeigt), daß es einen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK nicht als bewiesen ansah.

    In Übereinstimmung mit der Kommission bin ich der Auffassung, daß der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unzulässig ist, weil damit Tatsachenfeststellungen des Gerichts erneut in Frage gestellt werden.(35) In Randnummer 51 des angefochtenen Urteils (oben, Nr. 8) hat das Gericht unzweideutig festgestellt, daß in dem ärztlichen Gutachten nachvollziehbar von dem getroffenen Befund auf die mangelnde Eignung geschlossen werde. Daß es sich hierbei um eine ° mit einem Rechtsmittel nicht angreifbare ° Tatsachenfeststellung des Gerichts handelt, ergibt sich aus dem Urteil Vidrányi vom 1. Oktober 1991(36). Der Gerichtshof entschied im Hinblick auf eine vergleichbare, ebenfalls in einem Rechtsmittelverfahren erhobene Rüge wie folgt:

    "Bezueglich des zweiten Rechtsmittelgrundes genügt es, hervorzuheben, daß Herr Vidrányi die Würdigung der Tatsachen bestreitet, die das Gericht bei der Feststellung vorgenommen hat, der ärztliche Bericht weise einen verständlichen Zusammenhang auf zwischen den in ihm getroffenen Feststellungen und der Schlußfolgerung, zu der er gelangt ist.

    ... eine derartige Tatsachenwürdigung [entzieht sich] der Prüfung durch den Gerichtshof, der nur nachprüfen kann, ob das angegriffene Urteil die Rechtsvorschriften beachtet hat.

    Daraus folgt, daß dieser Rechtsmittelgrund ebenfalls nicht zulässig ist."(37)

    Beide Teile des zweiten Rechtsmittelgrundes sind demnach zurückzuweisen.

    Dritter Rechtsmittelgrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

    32. Der dritte Rechtsmittelgrund bezieht sich auf die Randnummern 44 und 51 des angefochtenen Urteils. In Randnummer 44 stellt das Gericht folgenden Grundsatz auf:

    "Will der Bewerber die Richtigkeit des negativen ärztlichen Gutachtens des Vertrauensarztes angreifen, muß er dem Ärzteausschuß das Gutachten seines behandelnden Arztes und alle dieses stützenden medizinischen Unterlagen vorlegen und gegebenenfalls beantragen, daß sein behandelnder Arzt vom Ärzteausschuß gehört wird. Zweck des Verfahrens nach Artikel 33 Absatz 2 des Statuts ist es nämlich, die Überprüfung eines negativen ärztlichen Gutachtens durch eine im Statut geregelte Institution zu ermöglichen, die unter Berücksichtigung aller bis zu diesem Zeitpunkt in die medizinische Akte des Bewerbers eingegangenen Unterlagen abschließend zur körperlichen Eignung des Bewerbers Stellung nehmen muß."

    In Randnummer 51 wendet das Gericht diesen Grundsatz folgendermassen auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles an:

    "[d]er Kläger, dessen behandelnder Arzt nicht mit dem Ärzteausschuß zusammenarbeitete, [kann] nicht die Begründung der Entscheidung, ihn nicht einzustellen, dadurch angreifen, daß er vor Gericht erstmals ärztliche Gutachten vorlegt, die dem Ärzteausschuß nicht rechtzeitig zur Beurteilung vorgelegt wurden. Die Rügen des Klägers bezueglich der Rechtmässigkeit und des Umfangs der Begründung der angefochtenen Entscheidung sind daher zurückzuweisen."

    33. Der Rechtsmittelführer, dem sich insoweit die Union Syndicale und die Internationale Vereinigung anschließen, macht geltend, die Weigerung des Gerichts, die Richtigkeit und die Begründung der Stellungnahme des Ärzteausschusses anhand der von ihm vorgelegten ärztlichen Gutachten zu überprüfen, verletze den in Artikel 6 EMRK verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör. Nach Artikel 6 hat jedermann u. a. Anspruch darauf, daß "über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen in billiger Weise ... von einem unabhängigen und unparteiischen ... Gericht" entschieden wird. Der Ärzteausschuß sei jedoch keineswegs unabhängig, da er sich gemäß Artikel 33 Absatz 2 des Statuts(38) aus drei Ärzten zusammensetze, "die die Anstellungsbehörde unter den Vertrauensärzten der Organe auswählt". Unter diesen Umständen habe das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es entschieden habe, daß der Ärzteausschuß eine "abschließende Stellungnahme" zur körperlichen Eignung des Beamtenanwärters abgeben müsse.

    34. Die Kommission macht in erster Linie geltend, das vom Rechtsmittelführer angeführte Angriffsmittel sei neu ° die Unvereinbarkeit des Artikels 33 Absatz 2 des Statuts mit Artikel 6 EMRK sei erst vor dem Gerichtshof geltend gemacht worden ° und daher unzulässig. Es sei gleich gesagt, daß ich dem nicht zustimmen kann. Die erste vom Rechtsmittelführer in erster Instanz erhobene Rüge betraf seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, die zweite die Begründung der Ablehnungsentscheidung der Kommission. Das Gericht hat diese beiden Rügen u. a. mit der Begründung zurückgewiesen, der Rechtsmittelführer dürfe nicht vor Gericht erstmals ärztliche Gutachten vorlegen. Dadurch, daß der Rechtsmittelführer diese Begründung nunmehr vor dem Gerichtshof angreift, nimmt er konkludent, aber unzweideutig auf seine in erster Instanz vorgetragenen Rügen Bezug. Daß sich der Rechtsmittelführer hierbei erstmals auf Artikel 6 EMRK beruft, halte ich für nebensächlich, da der Anspruch auf rechtliches Gehör ° wie noch gezeigt werden wird (Nr. 35) ° auch unabhängig von dieser Vorschrift als allgemeiner Grundsatz Teil des Gemeinschaftsrechts ist. Ein unzulässiger neuer Rechtsmittelgrund ist folglich keineswegs gegeben.(39)

    Zur Begründetheit führt die Kommission aus, die Ärzte ihres ärztlichen Dienstes besässen hinsichtlich ihrer medizinischen Schlußfolgerungen eine vollkommene, vom Gerichtshof gewährleistete Beurteilungsfreiheit. Der Gerichtshof habe dazu in seinem Urteil Turner vom 9. Juli 1981 folgendes ausgeführt:

    "Die Verwaltung ist berechtigt, Art und Umfang der jeweiligen ärztlichen Aufgaben in diesen verschiedenen Bereichen zu bestimmen; eine Einschränkung besteht hier nur insoweit, als sie die Unabhängigkeit des Urteils und der Entscheidung der von ihr angestellten Ärzte bei der Wahrnehmung der ihnen in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben und in den Fällen, in denen sie bestimmte vorbeugende oder therapeutische ärztliche Maßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen haben, nicht beeinträchtigen darf.

    Diese Erwägungen gelten auch für die Praxis der Einstellungsuntersuchungen. Die Verwaltung ist berechtigt, Art und Umfang dieser Untersuchungen festzulegen und insoweit den damit betrauten Ärzten entsprechende Weisungen zu erteilen. Dies ist der Rahmen, in dem die Ärzte ihre Beurteilungsfreiheit im Hinblick auf ihre ärztlichen Befunde und die Eignung der Bewerber wahrnehmen können."(40)

    Schließlich ergebe sich aus den Unterlagen im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt dafür, daß der Ärzteausschuß nicht mit der erforderlichen Objektivität und Unparteilichkeit entschieden habe.

    35. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur durch den ° im Mittelpunkt der Ausführungen des Rechtsmittelführers stehenden ° Artikel 6 EMRK gewährleistet wird, sondern auch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz bildet(41) (der in Artikel 6 EMRK konkretisiert ist), dessen Beachtung der Gerichtshof und das Gericht stets ° auch in Beamtensachen(42) ° gesichert haben. Der Gerichtshof kann daher den dritten Rechtsmittelgrund prüfen, ohne zuvor auf die Streitfrage(43) eingehen zu müssen, ob der vorliegende Fall überhaupt "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" im Sinne von Artikel 6 EMRK betrifft.

    Ohne das Vorbringen der Kommission hinsichtlich der Beurteilungsfreiheit der Ärzte ihres ärztlichen Dienstes und hinsichtlich der Objektivität und Unparteilichkeit des Ärzteausschusses in Frage stellen zu wollen (der Rechtsmittelführer tut dies im übrigen auch nicht), habe ich nämlich den Eindruck, daß die Zusammensetzung des Ärzteausschusses zumindest den Anschein einer Abhängigkeit oder Parteilichkeit erwecken kann.(44) Dies stellt für sich betrachtet noch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, jedoch sollte schon der Anschein einer Abhängigkeit vermieden werden.(45) Der Gerichtshof für Menschenrechte und die Kommission für Menschenrechte haben in ihren Entscheidungen zu Artikel 6 EMRK zugelassen, daß in bestimmten Rechtssachen Organe ° insbesondere der Verwaltung °, die nicht alle Voraussetzungen von Artikel 6 EMRK erfuellen, "in erster Instanz" entscheiden. Dabei betonen sie jedoch ° und meines Erachtens muß dies ebensosehr für den gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör gelten °, daß gegen die Entscheidung derartiger Organe die Anrufung eines Gerichts zulässig sein muß, das in jeder Hinsicht den Voraussetzungen von Artikel 6 EMRK entspricht und daß dieses Gericht eine ausreichend weite Möglichkeit zur Überprüfung der Rechtmässigkeit der angefochtenen Entscheidung besitzen muß(46).

    36. Der Rechtsmittelführer wirft demnach mit seinem dritten Rechtsmittelgrund die Frage auf, ob das Gericht dadurch, daß sich geweigert hat, ärztliche Gutachten (und auf diese gestützte Argumente) zu berücksichtigen, die nicht zunächst dem Ärzteausschuß vorgelegt worden waren, den Umfang seiner richterlichen Kontrolle über die Entscheidungen des Ärzteausschusses zu eng ausgelegt und damit den Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör verletzt hat. Meines Erachtens ist diese Frage zu verneinen.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erstreckt sich die Kontrolle des Gemeinschaftsrichters über Entscheidungen eines Ärzteausschusses nicht auf die ärztlichen Beurteilungen des Ausschusses im eigentlichen Sinn, sondern nur auf die Ordnungsgemäßheit seiner Zusammensetzung und Entscheidungsfindung(47). Die Schlußfolgerungen eines Ärzteausschusses sind folglich vom Gemeinschaftsrichter als endgültig anzusehen, wenn sie unter ordnungsgemässen Voraussetzungen zustande gekommen sind.(48)

    37. In dem angefochtenen Urteil ruft das Gericht die söben angeführten Grundsätze der Gemeinschaftsrechtsprechung in zutreffender Weise in Erinnerung. In Randnummer 45 stellt es nämlich fest:

    "das Gericht [kann] das ärztliche Gutachten im Hinblick auf spezifisch medizinische Fragen nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen. Hingegen ist es Sache des Gerichts, im Rahmen der ihm übertragenen Aufgabe die rechtmässige Durchführung des Einstellungsverfahrens zu überprüfen und speziell zu beurteilen, ob die Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der die Einstellung eines Bewerbers wegen mangelnder körperlicher Eignung abgelehnt wird, auf einem mit Gründen versehenen ärztlichen Gutachten beruht, in dem nachvollziehbar von dem getroffenen ärztlichen Befund auf die mangelnde Eignung geschlossen wird (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juni 1980, Frl. M., a. a. O., Randnr. 14; vgl. auch das Urteil vom 26. Januar 1984 in der Rechtssache 189/82, Seiler u. a./Rat, Slg. 1984, 229, 241, Randnr. 15)."

    Ist das Gericht dieser Aufgabe nicht gerecht geworden, indem es sich geweigert hat, von ärztlichen Gutachten Kenntnis zu nehmen, die nicht zunächst dem Ärzteausschuß mitgeteilt worden waren? Meines Erachtens ist dies zu verneinen. Bevor ich hierauf näher eingehe, erscheint es mir zweckmässig, den Wortlaut von Artikel 33 Absatz 2 des Statuts in Erinnerung zu rufen (wie auch das Gericht dies in der in Nr. 6 zitierten Randnr. 41 des angefochtenen Urteils getan hat). Diese Bestimmung lautet wie folgt:

    "Hat die ärztliche Untersuchung nach Absatz 1 ein negatives ärztliches Gutachten zur Folge, so kann der Bewerber innerhalb von 20 Tagen nach der entsprechenden Mitteilung seitens des Organs beantragen, daß sein Fall einem Ärzteausschuß aus drei Ärzten, die die Anstellungsbehörde unter den Vertrauensärzten der Organe auswählt, zur Stellungnahme unterbreitet wird. Der Vertrauensarzt, der das erste negative Gutachten abgegeben hat, wird von dem Ärzteausschuß gehört. Der Bewerber kann dem Ärzteausschuß das Gutachten eines von ihm gewählten Arztes vorlegen. Werden die Schlußfolgerungen der in Absatz 1 vorgesehenen ärztlichen Untersuchung durch den Ärzteausschuß bestätigt, so sind die Honorare und Nebenkosten zur Hälfte vom Bewerber zu tragen."

    38. Gemäß dem zitierten Artikel 33 Absatz 2 des Statuts war es Sache des Rechtsmittelführers, seinen Fall, wenn er dies wünschte (und wie er dies mit seinem Schreiben vom 9. April 1989 tat), einem Ärzteausschuß vorzulegen und ferner, wenn er dies wünschte, dem Ärzteausschuß das Gutachten eines von ihm gewählten Arztes vorzulegen. Der Rechtsmittelführer hat das letztere nicht getan, obwohl er bereits am 22. März 1989 von dem negativen Gutachten des Vertrauensarztes in Kenntnis gesetzt und zur Mitteilung des Namens, der Anschrift und der Telefonnummer seines behandelnden Arztes aufgefordert worden war (des behandelnden Arztes, mit dem der Vertrauensarzt dann am 5. April 1989 telefonisch in Verbindung trat, siehe die in Nr. 2 zitierte Randnr. 47 des angefochtenen Urteils). Der Rechtsmittelführer legte dem Ärzteausschuß auch zum 26. Mai 1989, an dem ° wie ihm mitgeteilt worden war (siehe die in Nr. 2 zitierte Randnr. 9 des angefochtenen Urteils) ° der Ärzteausschuß zusammentreten sollte, kein Gutachten eines Arztes seiner Wahl vor. Der Leiter des ärztlichen Dienstes der Kommission hatte jedoch den Rechtsmittelführer nachdrücklich aufgefordert, ihm alle medizinischen Gutachten oder Unterlagen zu übermitteln, die er dem Ärzteausschuß vorlegen wollte (ibid.).

    Im Hinblick auf diese Feststellungen ° sowie im Hinblick darauf, daß der behandelnde Arzt des Rechtsmittelführers über die Gründe des negativen Gutachtens unterrichtet worden war und alle Informationen über die bei der Anamnese und der klinischen Untersuchung zutage getretenen Symptome sowie eine vollständige Kopie der Ergebnisse der beim Rechtsmittelführer vorgenommenen Blutuntersuchungen erhalten hatte (vgl. die in Nr. 7 zitierte Randnr. 48 des angefochtenen Urteils) ° ist das Gericht in Randnummer 50 zu dem Ergebnis gekommen, daß der Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt worden sei, "daß der Ärzteausschuß seinen behandelnden Arzt nicht gehört und es nicht als zweckdienlich angesehen habe, ihn selbst klinisch zu untersuchen". Das Gericht hat weiter ausgeführt: "Es ist nämlich, wie bereits erwähnt, Sache des den Ärzteausschuß anrufenden Bewerbers, die Anhörung des behandelnden Arztes zu beantragen."

    39. Die Weigerung des Gerichts, von ärztlichen Gutachten Kenntnis zu nehmen, die nicht zunächst dem Ärzteausschuß mitgeteilt worden waren, beruht auf der Würdigung dieser Feststellungen durch das Gericht. Das Gericht kommt in Randnummer 51 zu folgendem Ergebnis:

    "Jedoch hat weder der behandelnde Arzt des Klägers die vom Vertrauensarzt zur Feststellung der Ursache der Immunschwäche des Klägers vorgeschlagenen zusätzlichen Untersuchungen durchführen lassen, noch der Kläger selbst dem Ärzteausschuß ein Gutachten eines anderen ° behandelnden oder dritten ° Arztes vorgelegt. Unter diesen Umständen kann der Kläger, dessen behandelnder Arzt nicht mit dem Ärzteausschuß zusammenarbeitete, nicht die Begründung der Entscheidung, ihn nicht einzustellen, dadurch angreifen, daß er vor Gericht erstmals ärztliche Gutachten vorlegt, die dem Ärzteausschuß nicht rechtzeitig zur Beurteilung vorgelegt wurden."

    In dieser Begründung des Gerichts kann ich keinen Rechtsverstoß, genauer gesagt, keine Verletzung der Aufgabe des Gerichts sehen, die Ordnungsgemäßheit der Entscheidungsfindung des Ärzteausschusses zu überprüfen. Meines Erachtens ist das Gericht zu Recht davon ausgegangen, daß es Sache des ° eine erneute Untersuchung seines Falles durch einen Ärzteausschuß beantragenden ° Bewerbers ist, dem Ausschuß, wenn er dies wünscht, zusätzliche Gutachten eines Arztes seiner Wahl vorzulegen und die Anhörung dieses Arztes zu beantragen. Der Rechtsmittelführer hat dadurch, daß er dies unterließ, darin eingewilligt, daß der Ausschuß seine Untersuchung auf der Grundlage der ihm und dem Rechtsmittelführer (sowie seinem behandelnden Arzt) bekannten Tatsachen durchführte. Das Gericht kann und muß folglich bei der Erfuellung seiner richterlichen Überprüfungsaufgabe allein diese Tatsachen zugrunde legen. Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen. Würde der Gerichtshof anders entscheiden und annehmen, der Rechtsmittelführer könne vor Gericht erstmals zusätzliche medizinische Unterlagen vorlegen, die das Gericht prüfen müsse, so könnte das Gericht nicht umhin, das Urteil eines Arztes durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen, wozu es nicht berechtigt ist.

    Weitere Behandlung der Rechtssache und Schadensersatzantrag

    40. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, halte ich den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes für zulässig und begründet. Sollte sich der Gerichtshof meiner Auffassung anschließen, so muß er das angefochtene Urteil gemäß Artikel 54 der EG-Satzung des Gerichtshofes insoweit aufheben. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

    Vor dem Gericht beantragte(49) der Rechtsmittelführer in der Rechtssache T-121/89 die Aufhebung des Schreibens vom 6. Juni 1989, mit dem der Generaldirektor für Personal und Verwaltung der Kommission ihm mitteilte, daß der Ärzteausschuß das Gutachten des Vertrauensarztes vom 22. März 1989 bestätigt habe und daß die Kommission auf dieser Grundlage der Auffassung sei, daß der Rechtsmittelführer nicht die für die Einstellung in ihren Dienst erforderliche körperliche Eignung besitze. In der Rechtssache T-13/90 beantragte er, die Kommission zur Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes in Höhe von 10 000 000 BFR zum Ausgleich für den ihm von ihr verursachten Schaden zu verurteilen.

    Hinsichtlich der den Gegenstand der Rechtssache T-121/89 bildenden Anfechtungsklage des Rechtsmittelführers verfügt der Gerichtshof meines Erachtens über alle tatsächlichen (vom Gericht festgestellten) und rechtlichen Gesichtspunkte, so daß er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden kann. Sieht der Gerichtshof, wie hier vorgeschlagen, den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als zulässig und begründet an, so ist dem Antrag des Rechtsmittelführers auf Aufhebung des Schreibens vom 6. Juni 1989 stattzugeben. Dieses Schreiben ist nämlich rechtswidrig, da die in ihm enthaltene Entscheidung auf ärztlichen Gutachten beruht, die den Anspruch des Rechtsmittelführers auf Achtung des Privatlebens dadurch verletzt haben, daß er ohne seine nach Aufklärung erteilte Zustimmung einer Bestimmung des Verhältnisses T4/T8 unterzogen wurde.

    41. Hinsichtlich des Schadensersatzantrags ist zwischen den Anträgen des Rechtsmittelführers in der Rechtssache T-121/89 und in der Rechtssache T-13/90 zu unterscheiden. In der Rechtssache T-121/89 stellte der Rechtsmittelführer vor Gericht klar (siehe oben die in Nr. 10 zitierte Randnummer 73 des angefochtenen Urteils), daß in dieser Sache ein seiner Anfechtungsklage stattgebendes Urteil einen ausreichenden Ersatz des ihm durch die aufzuhebenden Handlungen entstandenen materiellen Schadens darstelle. In dieser Rechtssache stellte er folglich keinen Antrag auf Ersatz dieses Schadens. Dagegen beantragte er in der Rechtssache T-13/90 neben der Aufhebung der angefochtenen Handlungen, die Kommission zur Zahlung von 10 000 000 BFR als pauschalen Schadensersatz ° für den ihm angeblich durch das Verhalten der Kommission entstandenen immateriellen Schaden ° zu verurteilen. Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rechtsmittelführer, das angefochtene Urteil aufzuheben und seinen in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben.

    Ich schließe hieraus, daß nach Auffassung des Rechtsmittelführers in einer Aufhebung des in der Rechtssache T-121/89 streitigen Schreibens vom 6. Juni 1989 zugleich auch eine Entscheidung über etwaige durch dieses verursachte materielle Schäden liegt. Da der Rechtsmittelführer insoweit keinen Schadensersatz beantragt, würde der Gerichtshof durch Zuerkennung eines hierauf bezueglichen Schadensersatzes über die gestellten Anträge hinausgehen.

    42. Es bleibt noch auf den ° den Gegenstand der Rechtssache T-13/90 bildenden ° Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens einzugehen. Vor dem Gericht begründete der Rechtsmittelführer diesen Antrag folgendermassen:

    "Der Kläger hat durch die vom Vertrauensarzt der Kommission gegen ihn erhobenen Beschuldigungen einen schweren immateriellen Schaden erlitten.

    Diese Beschuldigungen, die sowohl in ideeller wie auch in psychologischer Hinsicht schwerwiegende Folgen hätten haben können, verursachten und verursachen für den Kläger einen Schaden, den die Kommission zu ersetzen hat.

    Schließlich veröffentlichte die Kommission eine Zusammenfassung der vom Kläger mit seiner Anfechtungsklage gestellten Anträge und angeführten Klagegründe im Amtsblatt.

    Indem die Kommission in dieser Veröffentlichung eingangs die Initialen und den Wohnort des Klägers in Portugal mitteilte, verletzte sie den Grundsatz strenger Vertraulichkeit, den sie in einer so delikaten Angelegenheit hätte beachten müssen.

    Die Kommission habe derart dem Kläger gegenüber noch einen weiteren Fehler begangen und ihre Fürsorgepflicht ihm gegenüber verletzt."

    Wie sich aus diesem Zitat ergibt, erstrebt der Rechtsmittelführer aus zwei Gründen Ersatz eines immateriellen Schadens: zum einen, weil der Vertrauensarzt ihm gegenüber "Beschuldigungen" geäussert habe (damit ist wohl die Diagnose, "full blown Aids", gemeint), zum anderen weil die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit verletzt habe(50). In seiner vor Gericht in der Rechtssache T-13/90 eingereichten Erwiderung führt der Rechtsmittelführer näher aus, worin diese letztgenannte Verletzung genau bestehe.

    43. In Randnummer 74 des angefochtenen Urteils (zitiert in Nr. 10) hat das Gericht den Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens mit der Begründung zurückgewiesen, daß dieser Antrag eng mit dem Aufhebungsantrag verbunden sei, der als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Weiter heisst es in Randnummer 74: "Der Kläger hat nämlich keinen Grund vorgetragen, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte, und folglich keinen Rechtsverstoß nachgewiesen, der einen vorwerfbaren Amtsfehler der Kommission darstellen könnte."

    Sollte der Gerichtshof, wie vorgeschlagen, den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als stichhaltig und den Aufhebungsantrag des Rechtsmittelführers demgemäß als zulässig und begründet ansehen, so kann der Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz eines immateriellen Schadens natürlich nicht länger allein mit der Begründung zurückgewiesen werden, daß er eng mit dem Aufhebungsantrag verbunden sei. In diesem Fall ist ° allerdings unter der Voraussetzung, daß zunächst die Zulässigkeit des Antrags auf Ersatz des immateriellen Schadens festgestellt wird ° eine erneute Prüfung der Begründetheit dieses Antrags erforderlich.

    44. Zur Zulässigkeit ist zu bemerken, daß die Zulässigkeit eines Aufhebungsantrags grundsätzlich die Zulässigkeit eines mit diesem eng zusammenhängenden Schadensersatzantrags zur Folge hat.(51) In den ganz kürzlich ergangenen Urteilen Latham vom 9. Februar 1994 hat das Gericht diesen Grundsatz, meines Erachtens zu Recht, wie folgt bestätigt:

    "Nur wenn ein enger Zusammenhang zwischen einer Anfechtungsklage und einer Schadensersatzklage besteht, ist letztere als Zusatz zur [zulässigen] Anfechtungsklage zulässig, ohne daß ihr zwingend sowohl ein Antrag bei der Anstellungsbehörde auf Ersatz der angeblich erlittenen Schäden als auch eine Beschwerde, mit der die Begründetheit der stillschweigenden oder ausdrücklichen Ablehnung ... [dieses] Antrags des Klägers bezweifelt wird, vorausgegangen sein muß."(52)

    Da die Zulässigkeit des Aufhebungsantrags des Rechtsmittelführers feststeht (auch das Gericht hat diese Zulässigkeit nicht in Frage gestellt), ist aus der söben zitierten Rechtsprechung zu schließen, daß auch der Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens insoweit zulässig ist, als er in einem engen Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag steht. Soweit der Rechtsmittelführer Ersatz des immateriellen Schadens begehrt, der ihm angeblich durch das Verhalten des Vertrauensarztes entstanden ist, auf dem die Weigerung der Kommission beruht, seine körperliche Eignung anzuerkennen (oben, Nr. 42), liegt meines Erachtens ein derartiger enger Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag vor, so daß der Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz dieses immateriellen Schadens für zulässig zu erklären ist. Der Gerichtshof, der über alle rechtlichen Gesichtspunkte verfügt, die für eine Entscheidung des Rechtsstreits in diesem Punkt erforderlich sind, kann diese Zulässigkeit selbst feststellen.

    45. Mit seinem Antrag erstrebt der Rechtsmittelführer jedoch auch Ersatz des immateriellen Schadens, der dadurch entstanden sein soll, daß die Kommission ihre Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit verletzt habe (Nr. 42). In diesem Punkt steht der Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens meines Erachtens nicht in einem engen Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag, da er sich insoweit nicht auf das Verhalten der Kommission bezieht, das Gegenstand des Aufhebungsantrags ist.(53) Seine Zulässigkeit kann folglich auch nicht aus der Zulässigkeit des Aufhebungsantrags hergeleitet werden, sondern muß anhand von Grundsätzen geprüft werden, die aus dem Statut zu entnehmen sind und durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts verdeutlicht worden sind. Dabei ist, wie das Gericht dies in Randnummer 75 tut, vor allem das Urteil Giordani vom 27. Juni 1989 zu berücksichtigen. In diesem Urteil hat der Gerichtshof u. a. folgendes zur Zulässigkeit eines Schadensersatzantrags ausgeführt:

    "Artikel 90 und 91 des Statuts machen die Zulässigkeit einer Klage von dem ordnungsgemässen Ablauf des in diesen Vorschriften geregelten Verwaltungsverfahrens abhängig. Erstrebt der Beamte, wie vorliegend, eine Entscheidung, mit der die Verwaltung einräumt, gegen Artikel 40 Absatz 4 Buchstabe d des Statuts verstossen zu haben, und mit der aus diesem Grunde Ersatz für den dem Beamten daraus entstandenen Schaden gewährt wird, so muß das Verwaltungsverfahren durch einen Antrag des Betroffenen eingeleitet werden, mit dem die Verwaltung gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts aufgefordert wird, die begehrte Entscheidung zu erlassen. Nur gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Antrags kann der Betroffene gemäß Artikel 90 Absatz 2 eine Beschwerde einlegen."(54)

    In Randnummer 75 des angefochtenen Urteils verweist das Gericht ferner auf das Urteil Marcato vom 25. September 1991, in dem es für Sachverhalte, in denen, wie im vorliegenden Fall, ein enger Zusammenhang zwischen einem Schadensersatzantrag und einem Aufhebungsantrag fehlte, wie folgt entschied:

    "In diesem Fall ... ist die Zulässigkeit der Schadensersatzanträge unabhängig von derjenigen der Anfechtungsklage zu beurteilen. Insoweit ist daran zu erinnern, daß die Zulässigkeit einer solchen Klage vom ordnungsgemässen Ablauf des vorprozessualen Verwaltungsverfahrens nach den Artikeln 90 und 91 des Statuts abhängt.

    Ist die Klage wie im vorliegenden Fall auf den Ersatz eines Schadens gerichtet, der durch ein Verhalten verursacht worden sein soll, das mangels Rechtswirkungen nicht als beschwerende Maßnahme angesehen werden kann, so muß das Verwaltungsverfahren gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts mit einem Antrag des Betroffenen an die Anstellungsbehörde auf Schadensersatz beginnen. Erst gegen die Ablehnung dieses Antrags kann sich der Betroffene gemäß Artikel 90 Absatz 2 mit einer Beschwerde an die Verwaltung wenden."(55)

    46. Angesichts dieser Rechtsprechung kann nur geschlossen werden, daß das Gericht in Randnummer 75 des angefochtenen Urteils zu Recht die Unzulässigkeit des Antrags des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens festgestellt hat, der sich angeblich aus einer Verletzung des Vertraulichkeitsgrundsatzes durch die Kommission ergibt. Da das Verhalten der Kommission, das zur Veröffentlichung der Initialen und des Wohnorts des Rechtsmittelführers im Amtsblatt führte, nicht als eine beschwerende Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts angesehen werden kann, musste der Rechtsmittelführer sowohl gemäß Artikel 90 Absatz 1 einen Antrag auf Ersatz des durch dieses Verhalten erlittenen Schadens einreichen, als auch ° nach dessen Ablehnung ° gemäß Artikel 90 Absatz 2 sich mit einer Beschwerde an die Kommission wenden. Im vorliegenden Fall hat er lediglich am 4. September 1989 eine "ergänzende" Beschwerde eingereicht, ohne zuvor einen Antrag auf Schadensersatz an die Kommission gerichtet zu haben. Wäre die "Beschwerde" als vorheriger Antrag im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 auszulegen, so hätte der Kläger, wie das Gericht zu Recht in dem angefochtenen Urteil feststellt, keine Beschwerde gegen die Ablehnungsentscheidung der Kommission vom 27. November 1989 eingelegt (die in diesem Fall die beschwerende Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts darstellen würde).

    Folglich hat "das Verwaltungsverfahren nicht diesen ordnungsgemässen, vom Statut zwingend vorgeschriebenen Verlauf genommen"(56). Das Gericht hat daher diesen Teil des Schadensersatzantrags zu Recht für unzulässig erklärt.

    47. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, selbst in der Sache zu entscheiden, und den Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des immateriellen Schadens für zulässig zu erklären ° allerdings nur insoweit, als dieser Antrag im Zusammenhang mit dem Verhalten des Vertrauensarztes steht, auf dem die Weigerung der Kommission beruht, die körperliche Eignung des Rechtsmittelführers anzuerkennen.

    Eine derartige Feststellung einer teilweisen Zulässigkeit enthält selbstverständlich keine Entscheidung über die Begründetheit des Antrags auf Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes von 10 000 000 BFR (der sich im übrigen auf beide in Nr. 42 genannten Gründe bezieht, von denen ich nur den ersten für zulässig halte). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof kaum Argumente dafür vorgetragen worden sind, daß dem Kläger durch das Verhalten des Vertrauensarztes und die darauf beruhende Entscheidung der Kommission ein immaterieller Schaden entstanden sei. Jedenfalls setzt insbesondere die Prüfung des Umfangs des erlittenen immateriellen Schadens und des ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem Schaden und der Rechtswidrigkeit der Handlung der Kommission eine Tatsachenwürdigung voraus, die der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nicht selbst vornehmen kann(57). Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Rechtssache zur Entscheidung über die Begründetheit des Antrags des Rechtsmittelführers auf Ersatz des Schadens, der ihm angeblich durch das Verhalten des Vertrauensarztes und die auf diesem beruhende Weigerung der Kommission, die körperliche Eignung des Rechtsmittelführers festzustellen, entstanden ist, an das Gericht zurückzuverweisen.

    Kosten

    48. Hinsichtlich der Verfahrenskosten kann ich mich kurz fassen. Aus dem vorstehenden (Vorschlag einer teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Gericht) folgt, daß die Kostenentscheidung des Gerichts aufzuheben ist. Gemäß Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, "wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet". Da weder die eine noch die andere Sachlage gegeben ist, ist die Kostenentscheidung meines Erachtens auszusetzen.

    Antrag

    49. Ich schlage dem Gerichtshof vor,

    1) den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes für zulässig und begründet zu erklären und die übrigen Teile dieses Rechtsmittelgrundes sowie die übrigen Rechtsmittelgründe zurückzuweisen;

    2) das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als damit für Recht erkannt wird, daß

    ° der Vertrauensarzt den Rechtsmittelführer unter den Umständen des vorliegenden Falls einer Bestimmung der Lymphozyten T4/T8 unterziehen durfte;

    ° jede Partei ihre eigenen Kosten trägt;

    3) durch eigene Entscheidung das Schreiben vom 6. Juni 1989 aufzuheben, mit dem der Generaldirektor für Personal und Verwaltung der Kommission dem Rechtsmittelführer mitteilte, die Kommission sei der Auffassung, er besitze nicht die für die Einstellung in ihren Dienst erforderliche körperliche Eignung;

    4) durch eigene Entscheidung den Antrag des Rechtsmittelführers auf Ersatz des Schadens, der ihm angeblich durch das Verhalten des Vertrauensarztes und die auf diesem beruhende Entscheidung der Kommission, seine mangelnde körperliche Eignung festzustellen, entstanden ist, für zulässig zu erklären;

    5) die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit des unter Punkt 4 genannten Antrags an das Gericht zurückzuverweisen;

    6) die Kostenentscheidung auszusetzen.

    (*) Originalsprache: Niederländisch.

    (1) ° Slg. 1992, II-2195.

    (2) ° In diesem Punkt unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache grundlegend von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Gerichts vom 14. April 1994 in der Rechtssache T-10/93 (A/Kommission, Slg. 1994, II-179) zugrunde lag. Der Kläger in Rechtssache T-10/93 teilte dem Vertrauensarzt der Kommission nämlich bei der Einstellungsuntersuchung mit, daß er seropositiv und mit der Vornahme eines HIV-Tests einverstanden sei (Urteil vom 14. April 1994, Randnr. 3).

    (3) ° Zugleich beantragte der Rechtmittelführer die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission vom 6. Juni 1989 im Wege der einstweiligen Anordnung. Dieser Antrag wurde durch Beschluß des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichtshofes vom 31. Juli 1989 wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückgewiesen, da die Aussetzung des Vollzugs der ablehnenden Entscheidung keine Änderung der Lage des Antragstellers herbeiführen könnte. Siehe Rechtssache 206/89 R (S./Kommission, Slg. 1989, 2841, Randnrn. 14 und 15).

    (4) ° Weitere Einzelheiten des Verfahrensablaufs sind in den Randnrn. 16 bis 31 des angefochtenen Urteils angegeben.

    (5) ° Es muß sich dabei um einen Eingriff einer öffentlichen Behörde handeln. Diese Voraussetzung ist jedoch im vorliegenden Fall unstreitig erfuellt.

    (6) ° Das angefochtene Urteil und die von den Beteiligten vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen stimmen in diesem Punkt offensichtlich überein.

    (7) ° Vgl. u. a. das Urteil vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84 (Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnr. 19) und Nr. 30 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C-159/90 (Grogan, Slg. 1991, I-4685, I-4703).

    (8) ° Rechtssache C-62/90 (Slg. 1992, I-2575, Randnr. 23).

    (9) ° Urteil vom 19. Juni 1992 in der Rechtssache C-18/91 P (V./Parlament, Slg. 1992, I-3997, Randnr. 21).

    (10) ° Im übrigen halte ich für zweifelhaft, ob das Zitat aus dem Urteil vom 19. Juni 1992 in dem von der Kommission angegebenen Sinn auszulegen ist. Keine Vorschrift der EG-Satzung des Gerichtshofes oder der Verfahrensordnung verbietet, daß im Rechtsmittelverfahren Rechtsmittelgründe eingeführt werden, die in erster Instanz noch nicht geltend gemacht wurden. Eine Reihe von typischerweise im Rechtsmittelverfahren angeführten Rechtsmittelgründen (z. B. Rechtsmittelgründe, die Begründungsmängel des angefochtenen Urteils betreffen) können nicht einmal in erster Instanz vorgebracht werden.

    (11) ° Siehe Randnrn. 35 und 53 ff. des angefochtenen Urteils.

    (12) ° Rechtssache 2/57 (Compagnie des hauts fourneaux de chasse, Slg. 1958, 133, 150).

    (13) ° Die Kommission weist hierfür insbesondere auf die Entschließung des Rates vom 13. November 1989 hin, die ihrer Rechtsmittelbeantwortung als Anlage beigefügt ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß es sich hierbei offensichtlich um die unter einem späteren Datum veröffentlichte Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Minister für das Gesundheitswesen der Mitgliedstaaten vom 22. Dezember 1989 über die Aids-Bekämpfung (ABl. 1990, C 10, S. 3) handelt.

    (14) ° Der Rat und die Regierungen haben sich tatsächlich gegen obligatorische Aids-Tests ausgesprochen: vgl. namentlich die Schlußfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 31. Mai 1988 zu Aids (ABl. C 197, S. 8), die Schlußfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Gesundheitsminister der Mitgliedstaaten vom 15. Dezember 1988 über Aids-Aufklärung im Betrieb (ABl. 1989, C 28, S. 2) (insbesondere Nr. 7), und die Entschließung vom 22. Dezember 1989, vgl. Fußnote 13. Meines Erachtens haben sie jedoch niemals freiwillige Tests befürwortet.

    (15) ° Wie sich aus der oben (in Nr. 2) wiedergegebenen Randnr. 47 des angefochtenen Urteils ergibt, bestanden die vorgeschlagenen zusätzlichen Untersuchungen aus einem zusätzlich[en] Test sowohl zur Feststellung des HIV-1-Virus als auch des HIV-2-Virus .

    (16) ° Siehe das dem EG-Vertrag beigefügte Protokoll über die Satzung des Gerichtshofes, unterzeichnet in Brüssel am 17. April 1957, geändert durch Artikel 7 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1, berichtigte Fassung: ABl. 1989, C 215, S. 1). Siehe auch Urteil vom 1. Oktober 1991 in der Rechtssache C-238/90 P (Vidrányi, Slg. 1991, I-4339, Randnrn. 11 und 12), bestätigt durch Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-346/90 P (F./Kommission, Slg. 1992, I-2691, Randnr. 7).

    (17) ° Randnr. 23 des Urteils, bereits in Fußnote 8 angeführt.

    (18) ° Auch das Gericht bemerkt in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils: Eine Blutabnahme zum Zwecke der Feststellung von HIV-Antikörpern stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität des Betroffenen dar.

    (19) ° Siehe dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 26. März 1985, X und Y/Niederlande, Publications de la Cour européenne des droits de l' homme / Publications of the European Court of Human Rights (im folgenden: Veröffentlichungen), serie A: Arrêts et décisions / Judgements and Decisions (im folgenden: Serie A), Nr. 91, 1985, § 22 ( der Begriff des Privatlebens umfasst die körperliche und die geistig-seelische Integrität des Menschen ) und Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 1. März 1979, Beschwerde Nr. 7654/76, Van Oosterwijck/Belgien, Veröffentlichungen, Serie B: Mémoires, plaidoiries et rapports /Pleadings, Oral Arguments and Documents, Nr. 36, 1983, S. 10, § 44 ( die Bekanntgabe oder die Kenntnisnahme von Tatsachen betreffend den körperlichen Zustand, die Gesundheit oder die Persönlichkeit durch Dritte kann gewiß einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstellen ).

    (20) ° Bericht vom 12. Juli 1977, Beschwerde Nr. 6959/75, Brüggemann und Scheuten/Bundesrepublik Deutschland, Décisions et Rapports / Decisions and Reports, Nr. 10, 1978, S. 100, § 57.

    (21) ° Nach A. Nieuw, Informed Consent , Medecine and Law, 1993, S. 125, wurde dieser Begriff in den Vereinigten Staaten mit dem Urteil Natanson/Kline (186 Kan 393, 350 P 2d 1093 [1960]) anerkannt: The law requires that the inroads made upon a person' s body, take place only with informed voluntary consent of that person. Vgl. auch R. Faden, T. Beauchamp und N. King, A history and theory of informed consent, Oxford 1986, und die grundlegende rechtsvergleichende Untersuchung von T. Vansweevelt, De civielrechtelijke aansprakelijkheid van de geneesheer en het ziekenhuis, Reeks aansprakelijkheidsrecht, Antwerpen 1992, S. 262 bis 306 und 313 f.

    (22) ° Siehe z. B. H. Leenen, S. Gevers und G. Pinet, The rights of patients in Europe, World Health Organization ° Regional Office for Europe, Kluwer, Deventer 1993, S. 7 bis 47.

    (23) ° Siehe z. B. H. Leenen, Handbök gezondheidsrecht ° Rechten van mensen in de geszondheitszorg, Alphen 1988, S. 26 ff., 160 ff. und 170 ff.; H. Nys, Geneeskunde ° Recht en medisch handelen, Algemene Practische Rechtsverzameling, Brüssel 1991, S. 135 bis 138 und 143 f.

    (24) ° Vgl. die in Fußnote 23 zitierten Arbeiten von H. Leenen, S. 161, und von H. Nys, S. 135 f.

    (25) ° Was diese ° eine Tatsachenwürdigung enthaltende ° Frage betrifft, hat das Gericht in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils unanfechtbar festgestellt: Der Kläger hat ... nicht nachgewiesen, daß er einem verdeckten HIV-Test unterzogen worden ist.

    (26) ° In seiner Rechtsmittelschrift und in seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat der Rechtsmittelführer darauf hingewiesen, daß er noch immer eine normale Erwerbstätigkeit ausübe, was die Diagnose des Vertrauensarztes sachlich widerlege. Über diese Frage hat der Gerichtshof selbstverständlich nicht zu befinden.

    (27) ° Siehe die oben in Nr. 22 zitierte Randnummer 23 des in Fußnote 8 angeführten Urteils vom 8. April 1992.

    (28) ° Ausnahmen von dem in Artikel 8 Absatz 1 EMRK verankerten allgemeinen Recht müssen nämlich eng ausgelegt werden. Vgl. auch Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte vom 21. Februar 1975, Veröffentlichungen, Serie A, Golder, Nr. 18, 1975, § 44.

    (29) ° Vgl. Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. März 1988, Olsson, Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 130, 1988, § 67: Der Begriff der Erforderlichkeit beinhaltet, daß der Eingriff auf einem allgemeinen Belang von überragender Bedeutung beruhen muß und insbesondere im Hinblick auf das angestrebte legitime Ziel angemessen sein muß.

    (30) ° Die Frage einer Drittwirkung dieser Vorschrift kann ich im vorliegenden Fall offen lassen, da der fragliche Eingriff von einer öffentlichen Behörde ausging. Daß diese Behörde dabei nicht hoheitlich, sondern als Arbeitgeber tätig wurde, erscheint mir hier nicht erheblich.

    (31) ° Vgl. das Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte vom 25. März 1985, Barthold, Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 90, § 45, nach dem die Voraussetzung einer Rechtsgrundlage beinhaltet, daß der Eingriff eine Grundlage im nationalen Recht hat, die Rechtsvorschriften hinreichend zugänglich und so klar abgefasst sind, daß sich jeder, erforderlichenfalls unter Einholung sachverständigen Rates, nach ihnen richten kann .

    (32) ° Siehe hinsichtlich der genannten Vorschriften die Verordnungen (EWG) Nr. 31 und (EAG) Nr. 11 des Rates vom 18. Dezember 1961 (ABl. 1962, Nr. 45, S. 1385) sowie Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. L 56, S. 1), geändert durch Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 912/78 des Rates vom 2. Mai 1978 (ABl. L 119, S. 1) und Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) Nr. 2799/85 des Rates vom 27. September 1985 (ABl. L 265, S. 1).

    (33) ° Dagegen stimme ich mit der Auffassung des Rechtsmittelführers, daß die ärztliche Untersuchung ausschließlich im Interesse der Organe vorgeschrieben sei, nicht überein.

    (34) ° Ich lasse hier die Frage offen ° weil sie sich, wie das Gericht zu Recht in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, im vorliegenden Fall nicht stellt °, ob die Kommission einen Bewerber ablehnen kann, der seine Zustimmung zu einer eingehenderen Untersuchung nach entsprechender Aufklärung verweigert.

    (35) ° Im übrigen beruft sich der Rechtsmittelführer auf genau dieselben Tatsachen wie in erster Instanz.

    (36) ° Oben, Fußnote 16.

    (37) ° Urteil Vidrányi, Randnrn. 16 bis 18.

    (38) ° Gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Beschäftigungsbedingungen entsprechend anwendbar.

    (39) ° Vgl. oben, Nr. 13.

    (40) ° Urteil vom 9. Juli 1981 in den verbundenen Rechtssachen 59/80 und 129/80 (Turner, Slg. 1981, 1883, Randnrn. 41 f.).

    (41) ° Siehe u. a. Urteile vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81 (Michelin, Slg. 1983, 3461, Randnr. 7), vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 85/87 (Dow Benelux, Slg. 1989, 3137, Randnr. 25), vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache C-49/88 (Al-Jubail Fertilizer, Slg. 1991, I-3187, Randnr. 15) und vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-11/89 (Shell, Slg. 1992, II-757, Randnr. 39).

    (42) ° Siehe u. a. Urteile vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 115/80 (Demont, Slg. 1981, 3147, Randnrn. 6 bis 12, insbesondere Randnr. 11), vom 19. April 1988 in der Rechtssache 319/85 (Misset, Slg. 1988, 1861, Randnr. 7), vom 5. Dezember 1990 in der Rechtssache T-82/89 (Marcato, Slg 1990, II-735, Randnr. 78) und vom 9. Februar 1994 in der Rechtssache T-109/82 (Lacruz Bassols, Slg. ÖD 1994, II-105, Randnrn. 67 bis 70).

    (43) ° Die Kommission für Menschenrechte hat mehrmals festgestellt, daß Rechtsstreitigkeiten über den Zugang zu öffentlichen Ämtern und die Entlassung von Beamten nicht in den Anwendungsbereich der Konvention fallen. Vgl. Entscheid vom 10. Oktober 1983, Beschwerde Nr. 9248/81, Leander/Schweden, D & R, Band 34, 1983, S. 78, S. 83 (englische Fassung), S. 91 (französische Fassung) (mit Hinweisen auf frühere Entscheidungen). Dagegen hat der Zugang zu einer Beschäftigung bei der Kommission bedeutende Auswirkungen auf Ansprüche, die durchaus zivilrechtlicher Natur sind, wie die Ansprüche auf Rente oder auf Sozialleistungen. Die Internationale Vereinigung verweist insoweit auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte zur Frage der Pensionsansprüche von Beamten: Urteil vom 26. November 1992, Lombardo, Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 249-C, 1992, § 16.

    (44) ° Die Zusammensetzung anderer im Statut geregelter Ausschüsse erweckt diesen Anschein nicht. So setzt sich z. B. der Invaliditätsausschuß gemäß Artikel 9 des Statuts aus drei Ärzten zusammen, einem von dem Organ, dem der Beamte angehört, benannten Arzt, einem von dem Beamten benannten Arzt, einem von diesen beiden Ärzten im gegenseitigen Einvernehmen benannten Arzt (Artikel 7 des Anhangs II des Statuts).

    (45) ° Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. Oktober 1984, Sramek, Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 84, 1984, § 42.

    (46) ° Urteile des Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. Juni 1981, Le Compte, Van Leuven und De Meyere, Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 43, 1981, § 51, und vom 10. Februar 1983, Albert und Le Compte, Veröffentlichungen, Serie A, Band 58, 1983, § 29; Stellungnahme der Kommission für Menschenrechte (im Bericht vom 3. Juli 1985) in der Anlage zum Urteil vom 23. April 1987, Ettl u. a., Veröffentlichungen, Serie A, Nr. 117, S. 21, §§ 77 und 78; siehe auch P. van Dijk und G. van Hoof, De Europese Conventie in theorie en praktijk, Nijmegen 1990, S. 340 f.

    (47) ° Die Entscheidungsfindung eines Ärzteausschusses ist nicht ordnungsgemäß, wenn das Verfahren nicht ordnungsgemäß abläuft, oder dieser Ausschuß von unzutreffenden Begriffen ausgeht oder wenn sein Gutachten keinen verständlichen Zusammenhang zwischen den in ihm enthaltenen medizinischen Feststellungen und den Schlußfolgerungen, zu denen es gelangt, herstellt. Siehe Urteile vom 26. Januar 1984 in der Rechtssache 189/82 (Seiler, Slg. 1984, 229, Randnr. 15) und vom 10. Dezember 1987 in der Rechtssache 277/84 (Jänsch, Slg. 1987, 4923, Randnr. 15), vom 12. Juli 1990 in der Rechtssache T-154/89 (Vidrányi, Slg. 1990, II-445, Randnr. 48). Die Ordnungsgemäßheit ist u. a. dann nicht gegeben, wenn die Stellungnahme eines Ärzteausschusses keine Begründung enthält, anhand deren die Erwägungen, auf denen die in ihr enthaltenen Schlußfolgerungen beruhen, beurteilt werden können. Urteile vom 12. Januar 1983 in der Rechtssache 257/81 (K., Slg. 1983, 1, Randnr. 17), vom 27. Februar 1992 in der Rechtssache T-165/89 (Plug, Slg. 1992, II-367, Randnr. 75) und vom 23. März 1993 in der Rechtssache T-43/89 RV (Gill, Slg. 1993, II-303, Randnr. 36).

    (48) ° Siehe Urteile vom 21. Mai 1981 in der Rechtssache 156/80 (Morbelli, Slg. 1981, 1357, Randnr. 20), vom 29. November 1984 in der Rechtssache 265/83 (Suß, Slg. 1984, 4029, Randnr. 11), vom 19. Januar 1988 in der Rechtssache 2/87 (Biedermann, Slg. 1988, 143, Randnr. 8), Urteil Plug (a. a. O., Randnr. 75) und Urteil Vidrányi (a. a. O., Randnr. 48).

    (49) ° Wie in erster Instanz (oben Nr. 3) beantragt der Rechtsmittelführer, erforderlichenfalls die Entscheidung vom 22. März 1989, mit der der Vertrauensarzt der Kommission ein negatives ärztliches Gutachten abgibt, und die Entscheidung vom 26. Mai 1989, mit der der Ärzteausschuß dieses Gutachten bestätigt, aufzuheben. Hilfsweise beantragt der Kläger auch die Aufhebung des Schreibens vom 28. März 1989, mit der der Leiter der Abteilung Laufbahnen dem Rechtsmittelführer mitteilte, daß er nicht eingestellt werden könne. Meines Erachtens braucht auf diese Anträge nicht eingegangen zu werden: Wird, wie in dieser Nummer vorgeschlagen, das Schreiben vom 6. Juni 1989 aus den dort genannten Gründen aufgehoben, so haben das ärztliche Gutachten des Vertrauensarztes und dessen Bestätigung durch den Ärzteausschuß ° sofern sie Handlungen sind, gegen die eine Anfechtungsklage möglich ist ° für den Rechtsmittelführer keinerlei Auswirkungen mehr.

    (50) ° Randnr. 73 des angefochtenen Urteils könnte zu Unrecht den Eindruck entstehen lassen, daß der Rechtsmittelführer nur aus diesem zweiten Grund Ersatz eines immateriellen Schadens beantragt.

    (51) ° Dies gilt auch im umgekehrten Sinn: Die Unzulässigkeit eines Aufhebungsantrags zieht die Unzulässigkeit eines damit eng zusammenhängenden Schadensersatzantrags nach sich. Siehe u. a. die Urteile vom 14. Juli 1976 in der Rechtssache 129/75 (Hirschberg, Slg. 1976, 1259, Randnr. 22), vom 16. Juli 1981 in der Rechtssache 33/80 (Albini, Slg. 1981, 2141, Randnr. 18) und vom 25. September 1991 in der Rechtssache T-5/90 (Marcato, Slg. 1991, II-731, Randnr. 49).

    (52) ° Rechtssache T-3/92 (Slg. ÖD 1994, II-23, Zusammenfassung Punkt I.4); vgl. auch Rechtssache T-83/91 (Slg. ÖD 1994, II-15, Punkt I.3).

    (53) ° Der Rechtsmittelführer wendet sich hier nicht gegen die Entscheidung der Kommission, ihn ohne sein Wissen einem T4/T8-Test zu unterziehen, und u. a. aufgrund dieses Test seine mangelnde körperliche Eignung festzustellen, sondern gegen das Verhalten der Kommission, das zur Veröffentlichung seiner Initialen und seines Wohnorts in Portugal im Amtsblatt führte.

    (54) ° Rechtssache 200/87 (Slg. 1989, 1877, Randnr. 22).

    (55) ° Urteil Marcato (oben, Fußnote 51, Randnrn. 49 und 50).

    (56) ° Urteil Marcato (a. a. O., Randnr. 51). Auch in diesem Verfahren hatte der Kläger nicht zunächst einen Antrag auf Ersatz des ihm angeblich entstanden Schadens gestellt.

    (57) ° Vgl. Nrn. 19 und 25 meiner Schlussanträge zu dem Urteil vom 17. Dezember 1992 in der Rechtssache C-68/91 P (Moritz, Slg. 1992, I-6849).

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