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Document 61988CC0186
Opinion of Mr Advocate General Darmon delivered on 19 October 1989. # Commission of the European Communities v Federal Republic of Germany. # Failure of a State to fulfil its obligations - Health controls - Harmonization - Inspection on importation. # Case C-186/88.
Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 19. Oktober 1989.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Gesundheitsbehördliche Kontrollen - Harmonisierung - Überprüfung bei der Einfuhr.
Rechtssache C-186/88.
Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 19. Oktober 1989.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Gesundheitsbehördliche Kontrollen - Harmonisierung - Überprüfung bei der Einfuhr.
Rechtssache C-186/88.
Sammlung der Rechtsprechung 1989 -03997
ECLI identifier: ECLI:EU:C:1989:394
Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 19. Oktober 1989. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATES - GESUNDHEITSBEHOERDLICHE KONTROLLEN - HARMONISIERUNG - UEBERPRUEFUNG. - RECHTSSACHE 186/88.
Sammlung der Rechtsprechung 1989 Seite 03997
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Herr Präsident,
meine Herren Richter!
1 . Auf die vorliegende Vertragsverletzungsklage haben Sie zu entscheiden, ob die geltenden deutschen Rechtsvorschriften über die Einfuhren von frischem Gefluegelfleisch, über die Sie bereits aufgrund der Vorabentscheidungsfragen zu befinden hatten, die das Bundesverwaltungsgericht in der Rechtssache Moormann an Sie gerichtet hat, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind .
2 . Nach Ihrem Urteil ( 1 ) hat die Kommission ihre Klage teilweise zurückgenommen und erhält nur noch die beiden folgenden Rügen aufrecht :
- die Durchführung der Einfuhrkontrollen durch Tierärzte;
- die Verpflichtung zur vorherigen Anmeldung .
Untersuchen wir diese beiden Rügen der Reihe nach .
3 . Zur ersten Rüge ist auf Ihr Urteil Moormann zu verweisen, in dem Sie festgestellt haben, daß
"die unter die Richtlinie 71/118 fallenden Erzeugnisse beim Überschreiten einer innergemeinschaftlichen Grenze in systematischer Weise nur noch den verwaltungstechnischen Kontrollen unterzogen werden (( können )), denen alle Waren beim Grenzuebertritt unterliegen" ( 2 ).
Zuvor hatten Sie ausgeführt, daß
"nur noch gelegentliche vom Bestimmungsland durchgeführte gesundheitsbehördliche Kontrollen (( zulässig sind ))" ( 3 ),
wobei Sie den Begriff der gesundheitsbehördlichen Kontrolle so definiert haben, daß darunter
"alle Kontrollmaßnahmen des Einfuhrmitgliedstaats (( fallen )), durch die festgestellt werden soll, ob den vorgeschriebenen gesundheitlichen Anforderungen tatsächlich genügt ist, soweit bei diesen Maßnahmen ein Tierarzt oder ein Sachverständiger für Gesundheitsfragen hinzugezogen werden muß" ( 4 ).
Sie haben hinzugefügt, daß
diese gesundheitsbehördlichen Kontrollen ... zu unterscheiden (( sind )) von der allgemeinen Überprüfung der Übereinstimmung von beförderter Ware und Begleitpapieren" ( 5 ).
4 . Ausserdem haben Sie folgendes festgestellt :
"Der Begriff 'Verwaltungsformalitäten' ist so zu verstehen, daß unter ihn alle Maßnahmen fallen, die in der Überprüfung der der Ware beigefügten Dokumente und Bescheinigungen bestehen und durch blosse Inaugenscheinnahme sicherstellen sollen, daß die Ware den Dokumenten und Bescheinigungen entspricht, soweit diese Maßnahmen von den Bediensteten durchgeführt werden können, die allgemein für die Warenkontrolle an der Grenze zuständig sind ." ( 6 )
5 . Sodann haben Sie entschieden, daß
"der Begriff 'Kontrollen' dahin gehend zu verstehen (( ist )), daß er alle Kontrollen umfasst, die an der Ware vorgenommen werden und eine physische Einwirkung auf sie beinhalten" ( 7 ),
und daß die Richtlinie 83/643
"dahin auszulegen ist, daß lediglich die Kontrollen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie nur noch in Form von Stichproben erfolgen dürfen, während sich daraus für die Frage, in welcher Weise die Verwaltungsformalitäten durchzuführen sind, nichts entnehmen lässt" ( 8 ).
6 . Diese Feststellungen lassen sich meines Erachtens wie folgt zusammenfassen : Die nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehene "Identitätskontrolle" stellt eine Verwaltungsformalität dar, deren systematische Durchführung weder nach der Richtlinie 83/643 noch nach der Richtlinie 71/118 unzulässig ist, soweit diese Maßnahme aufgrund ihrer Art von allgemein zuständigen Bediensteten durchgeführt werden kann .
7 . Es sei nicht verschwiegen, daß diese Lösung nicht genau der entspricht, die ich Ihnen vorgeschlagen hatte, denn unter den Begriff der Kontrolle schien mir jede Einwirkung auf die Ware und das Transportmittel zu fallen . Die Inaugenscheinnahme, in der die Identitätskontrolle besteht, umfasst das Öffnen der Lastwagen, das Hantieren mit den Kisten usw . Sie schien mir daher die Grenzen des Begriffs der Verwaltungsformalitäten im Sinne der Richtlinie 83/643 zu überschreiten und deshalb eine Kontrolle - immer noch im Sinne dieser Bestimmung - zu sein, die nur in Form von Stichproben erfolgen darf . Diese Auffassung hat Sie offensichtlich nicht überzeugt . Die Kommission hat im übrigen aufgrund dessen ihre Klage geändert, da sie die grundsätzliche Zulässigkeit der Identitätskontrolle nicht mehr wie in ihrer ursprünglichen Klage - und in ihren Erklärungen in der Rechtssache Moormann - in Frage stellt .
8 . Die Kommission beantragt nunmehr, festzustellen, daß die Durchführung der Kontrolle durch Tierärzte gegen Gemeinschaftsrecht verstösst .
9 . Ich möchte es ganz klar sagen : Ich glaube nicht, daß der Wortlaut Ihres Urteils Moormann eine sichere Grundlage für diese Auffassung bieten kann . Als gemeinschaftsrechtswidrig haben Sie nämlich die Kontrollen, bei denen ein Tierarzt oder ein Sachverständiger für Gesundheitsfragen hinzugezogen werden muß, und die Untersuchungen, die nicht durch allgemein zuständige Bedienstete durchgeführt werden können, angesehen . Anders ausgedrückt, Sie haben als Kriterium für die Zulässigkeit nicht auf die Qualifikation der Bediensteten, die bei dieser Gelegenheit hinzugezogen werden, sondern auf die Art und den Inhalt der durchgeführten Maßnahmen abgestellt .
10 . Die deutschen Rechtsvorschriften sehen systematische Kontrollen vor, um die Übereinstimmung der Dokumente mit der in ihnen bezeichneten Ware und das Vorhandensein bestimmter Kennzeichnungen sicherzustellen . Solche Maßnahmen stellen sicher keine tierärztlichen Kontrollen dar, deren systematische Durchführung aufgrund der Richtlinie 71/118 und der durch sie verwirklichten Harmonisierung verboten ist . In diesem Sinne haben Sie im übrigen in Ihrem Urteil Moormann entschieden .
11 . Natürlich führt die Tatsache, daß diese Maßnahmen von Tierärzten durchgeführt werden, zu der Frage : Ist die "Überqualifikation" der Bediensteten nicht geeignet, unter dem Deckmantel der "Identitätskontrolle" eine Praxis tierärztlicher Kontrollen zu begünstigen, die systematisch und nicht mehr stichprobenweise durchgeführt werden? Dies ist zweifellos der springende Punkt bei dem Ihnen vorgelegten Problem, und dies sind auch die Sorgen, die die Kommission bei ihrem Antrag, insoweit eine Vertragsverletzung festzustellen, bewegen .
12 . Mir ist jedoch nicht klar geworden, welche rechtlichen Gründe sie für ihre Auffassung anführt, daß die Durchführung von Identitätskontrollen durch Bedienstete mit einer höheren Qualifikation als der üblicherweise ausreichenden nach dem Gemeinschaftsrecht verboten sei . Es versteht sich jedoch, daß ich Ihnen vorschlagen würde, eine Vertragsverletzung festzustellen, wenn unter solchen Umständen eine tatsächliche Praxis von nicht in Form von Stichproben durchgeführten tierärztlichen Kontrollen nachgewiesen worden wäre . Festzustellen ist aber, daß die Kommission nichts dafür vorgetragen hat, daß eine solche Situation vorläge; sie lässt sich auch nicht vermuten, auch wenn sie zu befürchten ist . Die Kommission hat sich nämlich - zum ersten Mal übrigens während der mündlichen Verhandlung - darauf beschränkt, auf die Erklärungen eines Ministers eines Bundeslandes zu verweisen, denen entnommen werden könne, daß die betreffenden Kontrollen über blosse Identitätskontrollen hinausgingen . Ebenso hat die Kommission - auch zum ersten Mal in der Sitzung - Beschwerden von Importeuren angeführt, ohne aber konkrete Angaben machen zu können . Die Unbestimmtheit solcher, zudem in diesem Verfahrensstadium gemachter, Angaben erlaubt Ihnen nicht die Feststellung, daß die systematisch durchgeführten Grenzkontrollen ihrem wirklichen Inhalt nach über Identitätskontrollen hinausgehen . Bei diesem Stand der Dinge möchte ich Ihnen vorschlagen, diesen Klagegrund zurückzuweisen .
13 . Dagegen kann meines Erachtens die Verpflichtung der Importeure zur Voranmeldung Ihrer Mißbilligung nicht entgehen . Weisen wir zunächst insoweit die von der Bundesregierung aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmungen hergeleiteten Argumente zurück . Trotz der Mehrdeutigkeit, die die deutsche Fassung enthalten mag ( 9 ), setzt Artikel 6 a der Richtlinie 83/643 in der Fassung der Richtlinie 87/53/EWG des Rates vom 15 . Dezember 1986 ( 10 ) nicht, wie in der Gegenerwiderung geltend gemacht worden ist, die Zulässigkeit der vorherigen Anmeldung voraus . Wie sich nämlich aus allen anderen sprachlichen Fassungen ergibt ( 11 ), wird durch die Formulierung "l' examen de la validité et de l' authenticité de ces documents et le contrôle sommaire de l' identité des marchandises déclarées dans ces documents" ( die Prüfung der Gültigkeit und Echtheit dieser Dokumente sowie die summarische Kontrolle der in diesen Dokumenten angemeldeten Waren ) auf die Beschreibung in den Begleitpapieren Bezug genommen, jedoch in keiner Weise auf eine vorherige Anmeldung bei der Einfuhr verwiesen .
14 . Im übrigen ist diese vorherige Anmeldung sicherlich als eine Formalität im Sinne der Richtlinie 83/643 anzusehen; aufgrund dieser Rechtsvorschrift kann also nicht auf die Unzulässigkeit der Voranmeldung geschlossen werden . Die Voranmeldung kann aber insoweit trotzdem nach anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, darunter in erster Linie nach den Artikeln 30 ff . EWG-Vertrag, verboten sein .
15 . Denn ich habe keine Zweifel, daß die Verpflichtung zur Voranmeldung eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne Ihres Urteils Dassonville ( 12 ) darstellt : Die tatsächliche Beschränkung des Handels durch diese Verpflichtung lässt sich meines Erachtens nicht ernsthaft bestreiten .
16 . Für mich steht ausser Frage, daß sie nicht mit der Planung des Einsatzes von Tierärzten gerechtfertigt werden kann, deren Qualifikation jedenfalls höher ist, als es die Maßnahmen, die allein systematisch durchgeführt werden dürfen, verlangen . Die Bundesrepublik hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß die Voranmeldung der Koordination der Durchführung der Kontrollen diene; sie hat nicht ausgeschlossen, daß sie darüber hinaus die Anwesenheit von Tierärzten an denjenigen Grenzstellen gewährleisten solle, wo deren ständige Anwesenheit nicht sichergestellt sei .
17 . Ich bin davon überzeugt, daß sich aus der Notwendigkeit der Planung des Einsatzes "qualifizierter" Bediensteter nichts herleiten lässt, selbst wenn man geltend macht, daß es sich in Wirklichkeit um eine Erleichterung des Grenzuebertritts handelt, da die einzig zulässigen systematischen Kontrollen von "gewöhnlichen" müssen Bediensteten durchgeführt werden können . Mit andern Worten, die Erschwerung der Grenzueberschreitungen aufgrund organisatorischer Erfordernisse des Einsatzes der tierärztlichen Bediensteten, deren Qualifikation höher ist, als es die Durchführung der allein zulässigen systematischen Kontrollen verlangt, ist als unverhältnismässig und ungerechtfertigt anzusehen .
18 . Infolgedessen möchte ich Ihnen vorschlagen,
- festzustellen, daß die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 30 ff . verstossen hat, indem sie für die Einfuhren von frischem Gefluegelfleisch aus anderen Mitgliedstaaten eine Voranmeldepflicht vorsieht;
- die Klage im übrigen abzuweisen;
- die Kosten gegeneinander aufzuheben .
(*) Originalsprache : Französisch .
( 1 ) Urteil vom 20 . September 1988 in der Rechtssache 190/87, Slg . 1988, 4689 .
( 2 ) Randnr . 16 .
( 3 ) Randnr . 13 .
( 4 ) Randnr . 14 .
( 5 ) Randnr . 15 .
( 6 ) Randnr . 29 .
( 7 ) Randnr . 28 .
( 8 ) Randnr . 35 .
( 9 ) "Die summarische Kontrolle der angemeldeten Waren ".
( 10 ) ABl . L 24 vom 27.1.1987, S . 33 .
( 11 ) "A summary check on the identity of the goods declared in such documents"; "en summarisk kontrol af identiteten af det i disse dokumenter angivne gods"; "el control somero de la identidad de las mercancías declarados en dichos documentos"; "*** ********* ****** *** ********** *** ************ *** ********* * ****", "il controllo sommario dell' identità delle merci dichiarate negli stessi"; "en een melle identificatie van de in die documenten aangegeven göderen"; "ao controlo sumário da identidade das mercadorias declaradas nesses documentos ".
( 12 ) Urteil vom 11 . Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Slg . 1974, 837 .