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Document 61981CC0117

    Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn vom 2. Juni 1983.
    Jean-Jacques Geist gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Beamte - Anfechtungsklage - Stellenausschreibung - Ablehnung einer Bewerbung.
    Rechtssache 117/81.

    Sammlung der Rechtsprechung 1983 -02191

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1983:156

    SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    SIR GORDON SLYNN

    VOM 2. JUNI 1983 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    Der Kläger, Herr Jean-Jacques Charles Geist, ist Beamter im Wissenschaftlichen und Technischen Dienst der Kommission. Auf eine am 13. Juni 1980 im Personalkurier veröffentlichte Ausschreibung hin bewarb er sich um Zuweisung zur Delegation der Kommission in Washington in den Vereinigten Staaten. Laut der Ausschreibung war die zu besetzende Stelle Nr. 120 die eines für wissenschaftliche und technologische Angelegenheiten zuständigen Ersten Sekretärs; gründliche Erfahrung auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet, insbesondere auf dem Gebiet der Energie, wurde vorausgesetzt. Der Ausschreibung war ferner zu entnehmen, daß sie auf aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte der Kommission beschränkt war. Als wissenschaftlicher und technischer Beamter wurde der Kläger aus Mitteln des For-schungs- und Investitionshaushalts bezahlt. In der Ausschreibung war angegeben, daß die freie Stelle im Rahmen des von der Kommission am 23. Juli 1975 beschlossenen Rotationssystems für Dienstposten in Delegationen und Büros in dritten Ländern zu besetzen sei. Aufgrund dieses Systems können Beamte unter Beibehaltung ihrer Planstelle für mehrere Jahre in eine Delegation oder ein Büro in einem dritten Land versetzt werden, um sodann an den Sitz des Organs zurückzukehren oder anderswo einen Dienstposten einzunehmen. Die Bestimmungen über das Rotationssystem beschränken dieses nicht ausdrücklich auf aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte.

    Am 7. August 1980 erhielt der Kläger ein von einem Fräulein Lambert unterzeichnetes Schreiben vom 14. Juli, mit dem ihm mitgeteilt wurde, daß die Anstellungsbehörde seine Bewerbung nicht habe berücksichtigten können. Dies ist alles, was in dem Schreiben stand; es enthielt keine Begründung. Die Stelle wurde anscheinend aufgrund einer Entscheidung des Generaldirektors der Kommission für Personal und Verwaltung vom 18. Juli mit einem Herrn Lafontaine besetzt. Am 13. Oktober legte der Kläger Beschwerde gegen das Schreiben vom 14. Juli ein. Die Kommission beantwortete die Beschwerde nicht, weshalb diese nach vier Monaten als stillschweigend abgelehnt galt. Am 14. Mai 1981 wurde die Klageschrift bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingereicht, was unter Berücksichtigung der in Artikel 1 der Anlage II zur Verfahrensordnung aufgeführten Fristverlängerungen fristgerecht war.

    Der Kläger beantragt 1. die Aufhebung der ihm mit Schreiben vom 14. Juli 1980 bekanntgegebenen Entscheidung, 2. die Aufhebung der in der im Personalkurier am 13. Juni 1980 veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltenen Entscheidung, die Stelle den aus Verwaltuhgsmitteln besoldeten Beamten vorzubehalten, 3. die Aufhebung aller im Gefolge der Veröffentlichung der Stellenausschreibung im Hinblick auf die Besetzung der Stelle ergangenen Entscheidungen und 4., die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.

    Da die Stellenausschreibung am 13. Juni 1980 veröffentlicht wurde und der Kläger seine Beschwerde erst am 13. Oktober, somit nach Ablauf der in Artikel 90 Absatz 2 des Statuts für die Einlegung von Beschwerden vorgesehenen Dreimonatsfrist eingelegt hat, ist die Klage, soweit es um den zweiten Klageantrag geht, unzulässig. Der Gerichtshof hat jedoch in der Vergangenheit den Standpunkt eingenommen, daß, da sich Einstellungsverfahren aus mehreren ein Ganzes bildenden Akten zusammensetzen, der Kläger anläßlich einer Klage gegen spätere Akte dieses Verfahrens die Rechtswidrigkeit eines früheren Aktes geltend machen kann (z. B. verbundene Rechtssachen 12 und 29/64, Ley/Kommission, Slg. 1965, S. 147). Dementsprechend können die Argumente für die Rechtswidrigkeit der Stellenausschreibung insoweit berücksichtigt werden, als diese für die Rechtmäßigkeit der anderen mit der Klage angegriffenen Entscheidungen von Bedeutung ist.

    Was den dritten Klageantrag betrifft, so wurden bezüglich der ins Auge gefaßten Entscheidungen keine näheren Angaben gemacht. Dies ist jedoch erforderlich, damit der Beklagte angemessen über den Fall informiert wird, zu dem er Stellung nehmen muß, und um dem Gerichtshof zu ermöglichen, genau zu wissen, welcher Ausspruch begehrt wird, und davon überzeugt zu sein, daß die Klage rechtzeitig erhoben worden ist und daß die Handlungen, deren Aufhebung begehrt wird, den Kläger benachteiligen. In manchen Fällen ist es nach Lage der Dinge unmöglich, die Maßnahmen, deren Aufhebung angestrebt wird, mit Genauigkeit anzugeben (z. B. verbundene Rechtssachen 18 und 19/64, Alvino/Kommission, Slg. 1965, S. 1033). Im Normalfall kann jedoch die fehlende Angabe des Gegenstands einer Klage zu deren Unzulässigkeit führen (Rechtssache 30/68, Lacroix/Kommission, Slg. 1970, S. 301). Hier wollte der Kläger jedoch eindeutig die Entscheidung über die Zuweisung des Herrn Lafontaine anfechten. Diese wurde am 18. Juli 1980 getroffen; es ist jedoch nicht sicher, daß der Kläger hiervon Kenntnis hatte, bevor die Kommission ihre Klagebeantwortung einreichte. Unter diesen Umständen sollte der dritte Antrag so verstanden werden, daß er sich auf diese Entscheidung bezieht. Soweit mit ihm die Aufhebung irgendwelcher anderer von der Kommission möglicherweise getroffener Entscheidungen begehrt wird, ist er als unzulässig anzusehen.

    Die Rüge des Klägers geht im Grunde dahin, daß die Entscheidungen über die Ablehnung seiner Bewerbung und die Zuweisung des Herrn Lafontaine nichtig seien, weil das gesamte Verfahren an der Rechtswidrigkeit der Stellenausschreibung gelitten habe. Es wird vorgebracht, diese Ausschreibung sei rechtswidrig gewesen, weil sie die nicht aus Verwaltungsmitteln besoldeten Beamte ausgeschlossen habe: Dies sei diskriminierend, entbehre eines sachlichen Grundes und verstoße gegen den Beschluß der Kommission vom 23. Juli 1975, der einen turnusmäßigen Wechsel zwischen Dienstposten bei Delegationen und Büros in dritten Ländern anordne, ohne irgendeine Beschränkung bezüglich der betroffenen Generaldirektionen oder Planstellen vorzusehen. Die Kommission verteidigt sich damit, 1. daß aus Mitteln des For-schungs- und Investitionshaushalts besoldete Beamte mit Geldern bezahlt würden, die der Rat speziell bestimmten Forschungsprogrammen zugewiesen habe, und die Kommission dieses Geld nicht verwenden könne, um die Beamten für die Wahrnehmung anderer Aufgaben zu bezahlen — was der Fall wäre, wenn ein wissenschaftlicher oder technischer Beamter einer Delegation in einem dritten Land zugewiesen würde —, 2. daß der Beschluß über die Einführung des Rotationssystems eine interne Maßnahme zur Verbesserung bestimmter Dienststellen der Kommission sei und die Kommission deren Anwendung, soweit sie dies für angemessen halte, auf aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte beschränken könne und 3. daß nach dem Rotationssystem Beamte bei Verwendung in einer Delegation oder einem Büro in einem dritten Land ihre Planstelle beibehielten und grundsätzlich von einem aus dem Ausland zurückkehrenden Beamten ersetzt würden. Die fragliche freie Stelle ergab sich aus der vorzeitigen Versetzung des damaligen Stelleninhabers nach Brüssel, deren Details dem Tatbestand in der Rechtssache 174/80, Reichardt/Kommission, Slg. 1980, S. 2665, zu entnehmen sind. Jener Beamte war ursprünglich in der GD XII verwendet worden und kein wissenschaftlicher und technischer Beamter; da der Kläger einen solchen Beamten deshalb nur aufgrund eines Auswahlverfahrens ersetzen konnte (Artikel 45 Absatz 2 des Beamtenstatuts), waren als Bewerber nur aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte zugelassen.

    In der mündlichen Verhandlung teilte der Verteter der Kommission mit, die Stellenausschreibungen im Rahmen des Rotationssystems enthielten keinen Hinweis mehr darauf, daß sie auf aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte beschränkt seien, anscheinend hat jedoch die Kommission noch nicht entschieden, ob im Rahmen dieses Systems andere Beamte verwendet werden können. Es mag in Zukunft mehr Flexibilität geben, die Frage scheint jedoch im Grundsatz noch nicht gelöst zu sein. Jeder Fall kann von seinen eigenen Gegebenheiten abhängen.

    Obwohl der Beschluß vom 23. Juli 1975 den turnusmäßigen Wechsel nicht ausdrücklich auf aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte beschränkt, läßt er keinen Zweifel daran, daß kein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme am Rotationssystem besteht; die Möglichkeit der Teilnahme hängt von dem Verzeichnis der in den Austausch einbezogenen Beamten ab, die von der Kommission jedes Jahr auf Vorschlag des für Personalfragen zuständigen Mitglieds im Einvernehmen mit den anderen beteiligten Migliedern festgelegt wird. Sowohl die Zahl der Dienststellen als auch die Art der verwendungsfähigen Beamten können beschränkt werden. Dies wird meines Erachtens von dem beschlossenen Rotationssystem durchaus in Kauf genommen und erscheint mir als solches keine rechtswidrige Diskriminierung zu sein.

    Wie in der Rechtssache 791/79, Démont/Kommission, Slg. 1981, S. 3105 (unter Hinweis auf die Rechtssachen 161 und 162/80, Carbognani und Coda Zabetta/Kommission, Slg. 1981, S. 543) ausgeführt wird, beruhen die allgemeinen Vorschriften über das Rotationssystem „auf der allgemeinen Befugnis jedes Organs, seine Dienststellen im Interesse ihres einwandfreien Funktionierens zu organisieren; ... [die Organe der Gemeinschaft] sind ... frei in der Organisation ihrer Dienststellen entsprechend den ihnen übertragenen Aufgaben und in der Verwendung des ihnen zur Verfügung stehenden Personals für diese Aufgaben. Sieht man die von der Kommission mit ihren Beschlüssen vom 23. Juli 1975 ... erlassenen allgemeinen Vorschriften über das Rotationssystem für die in Drittstaaten tätigen Beamten in diesem Zusammenhang, so wurde mit diesen Vorschriften kein starrer rechtlicher Rahmen, sondern ein System geschaffen, dessen Durchführungsmodalitäten im Interesse eines reibungslosen Funktionierens des Dienstes und im Interesse des Beamten gegebenenfalls den Erfordernissen bestimmter Einzelsituationen angepaßt werden können“ (Randnumer 8 der Entscheidungsgründe).

    Im vorliegenden Fall ergab sich die Möglichkeit einer Stellenbesetzung nicht im Zusammenhang mit dem allgemeinen turnusmäßigen Wechsel im Ausland verwendeter Beamten: Die Kommission mußte einen Nachfolger für einen vorzeitig nach Brüssel zurückversetzten Beamten finden. Das Rotationssystem sieht vor, daß grundsätzlich die in einer Delegation oder einem Büro in einem Drittland verwendeten Beamten in ihrer ursprünglichen Generaldirektion durch vom Ausland zurückkehrende Beamte ersetzt werden. Der von Washington zurückkehrende Beamte war vorher in der GDXII beschäftigt gewesen und aus dem Verwaltungshaushalt bezahlt worden. Da er normalerweise unter Beibehaltung seiner Planstelle wieder der Generaldirektion zuzuweisen war, aus der sein Nachfolger stammte, war es nach meiner Auffassung objektiv zu rechtfertigen und mit den Bestimmungen des Beschlusses der Kommission vom 23. Juli 1975 vereinbar, den Kreis der Bewerber für eine Verwendung in Washington auf die aus Verwaltungsmitteln besoldeten Beamten zu beschränken. Im vorliegenden Fall war der erfolgreiche Bewerber ebenfalls in der GD XII beschäftigt, und offenbar hat seine Ersetzung durch den Beamten aus Washington keine Probleme aufgeworfen. Es kann nicht behauptet werden, daß der erfolgreiche Bewerber die in der Stellenausschreibung angegebenen Voraussetzungen nicht erfüllt habe.

    Aus diesen Gründen war die Stellenausschreibung nicht rechtswidrig, so daß der Antrag, die in ihrem Gefolge im Hinblick auf die Besetzung der Stelle ergangenen Entscheidungen für nichtig zu erklären, abzuweisen ist. Es ist nach meinem Dafürhalten nicht erforderlich, die allgemeinere Frage zu prüfen, ob im Rahmen des Rotationssystems aus For-schungs- und Investitionsmitteln besoldete Beamte rechtmäßigerweise in einer Delegation oder einem Büro in einem Drittland verwendet werden können.

    Es wird weiter vorgebracht, die in dem Schreiben vom 14. Juli enthaltene Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers sei für nichtig zu erklären, weil 1. der das Schreiben unterzeichnende Beamte für eine derartige Entscheidung nicht zuständig gewesen sei und 2. die Entscheidung keine Begründung enthalten habe.

    Wie der Gerichtshof in der Rechtssache 195/80, Micbel/Parlament, Slg. 1981, S. 2861 (2876) und in früheren Entscheidungen klargestellt hat, ist eine beschwerende Entscheidung zu begründen, um dem Gerichtshof zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen, und dem Betroffenen ausreichende Hinweise für die Feststellung zu geben, ob die Entscheidung begründet ist oder ob sie unter einem rechtlichen Mangel leidet. Diese Begründung ist dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen, und es ist nicht ausreichend, daß der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Gerichtshof erfährt.

    Das Schreiben von Fräulein Lambert war keine Entscheidung. Es scheint mir vielmehr bestimmt gewesen zu sein, eine von der Entscheidung vom 18. Juli 1980, Herrn Lafontaine zu ernennen, getrennte Entscheidung zu übermitteln. Der Kläger wurde nicht deshalb nicht berücksichtigt, weil Herr Lafontaine als der geeignetste Bewerber ausgewählt wurde. Die Bewerbung des Klägers wurde als solche nicht angenommen, weil er mangels Besoldung aus dem Verwaltungshaushalt nicht berechtigt war, sich zu bewerben. Dies hätte meines Erachtens das an ihn gerichtete Schreiben sowohl nach dem Beamtenstatut als auch aus Gründen einer ordentlichen Verwaltung mit einfachen Worten zum Ausdruck bringen sollen.

    Jedoch ist offensichtlich, daß sich für den Kläger aus dem Bewerbungsbogen klar ergab, daß er nicht berechtigt war, sich zu bewerben, und es muß davon ausgegangen werden, daß er dies wußte. Nach der Fassung der Voraussetzungen der Ausschreibung konnte seine Bewerbung nur ein Ergebnis haben — ihre Ablehnung. Ob aufgrund der Erwägung, daß „der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung einer Entscheidung wegen mangelnder oder unzureichender Begründung haben [kann]“ (Rechtssache 9/76, Morello/Kommission, Slg. 1976, S. 1415 (1422)), oder weil es, da nur ein Ergebnis möglich war und dies bekannt war, ermessensfehlerhaft wäre, die Entscheidung wegen mangelnder Begründung aufzuheben — ich meine, daß das auf das Schreiben von Fräulein Lambert gestützte Argument zurückzuweisen ist. Ich ziehe es vor, den Antrag aus diesen Erwägungen heraus abzulehnen, als auf der Grundlage, daß in Anwendung des in der Rechtssache Démont in den Randnummern 12 und 13 der Entscheidungsgründe entwickelten Grundsatzes der Begründungspflicht nach Lage der Dinge Genüge getan gewesen sei, wie es in der genannten Rechtssache der Fall gewesen ist.

    In seiner Erwiderung warf der Prozeßbevollmächtigte des Klägers eine neue Frage auf, indem er den Antrag stellte, den Beschluß vom 23. Juli 1975 über die Einführung des Rotationssystems für nichtig zu erklären. Dieser Antrag wird auf zwei Argumente gestützt: 1. Der Beschluß sei weder veröffentlicht noch dem Personal zur Kenntnis gebracht worden; 2. er sei nicht in Übereinstimmung mit Artikel 110 des Beamtenstatuts ergangen.

    Es wird geltend gemacht, dieser zusätzliche Antrag sei unzulässig. Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung bestimmt: „Im übrigen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten sind ...“ In der Rechtssache 11/81, Diirbeck/Kommission, Slg. 1982, S. 1251, hat der Gerichtshof entschieden: „Eine neue Tatsache ist nur dann geeignet, das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels im Laufe des Verfahrens zu rechtfertigen, wenn sie im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht vorlag oder dem Kläger nicht bekannt war“ (Randnummer 17 der Entscheidungsgründe). Der hier fragliche Beschluß war bei der Abfassung der Klageschrift bekannt, denn in ihr wird darauf Bezug genommen, und seine Rechtswidrigkeit konne deshalb zu jener Zeit dem Kläger sowohl bekannt sein als auch von ihm vorgebracht werden. Der einzige Umstand tatsächlicher oder rechtlicher Art, auf den sich der Bevollmächtigte des Klägers zur Rechtfertigung des neuen Vorbringens beruft, ist die Tatsache, daß der Klagebeantwortung der Kommission eine Kopie des Beschlusses beigefügt war. Dies ist meines Erachtens nicht ausreichend, da die Tatsachen von vornherein bekannt waren.

    Es ist die Meinung vertreten worden, Artikel 42 § 2 sollte zumindest in den Fällen, in denen die gegnerische Partei ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu dem Vorbringen zu äußern, nicht zu streng angewandt werden (z. B. Rechtssache 112/78, Kobor/Kommissioii, Slg. 1979, S. 1573, Schlußanträge des Generalanwalts Capotorti, S. 1581). Im vorliegenden Fall hatte der Vertreter der Kommission in der Gegenerwiderung und in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Außerdem gibt es Entscheidungen, nach denen bestimmte Verfahrensmängel vom Gerichtshof von Amts wegen aufgegriffen werden müssen (Rechtssache 2/54, Italien/Hohe Behörde, Slg. 1954, S. 78 (94) und Rechtssache 6/54, Niederlande/Hohe Behörde, Slg. 1954, S. 213, zum Erfordernis, vor der Maßnahme Anhörungen durchzuführen), deren Prüfung Artikel 42 § 2 nicht ausschließen kann (z. B. Rechtssache 110/81, Roquette/Rat, Urteil vom 30. 9. 1982, noch nicht veröffentlicht). Folglich sollte meines Erachtens dieser Antrag nicht als unzulässig abgewiesen werden.

    In der Rechtssache Démont hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß die allgemeinen Bestimmungen über das Rotationssystem nicht unter Artikel 110 fallen und Maßnahmen zur internen Organisation der Kommission darstellen (Randnummer 8 der Entscheidungsgründe). Dies genügt nach meinem Dafürhalten, um die beiden Argumente, die insoweit im wesentlichen geltend gemacht werden, zu widerlegen. Aber auch wenn der Einführung des Rotationssystems durch die Kommission der Rechtscharakter eines Beschlusses zukäme, und dieser Beschluß für nichtig erklärt würde, würde dies meines Erachtens den Kläger nicht weiterbringen. Die Nichtigerklärung des Beschlusses würde das Rotationssystem beseitigen. Die Kommission konnte nach meiner Meinung gleichwohl rechtmäßigerweise entschieden haben, den ursprünglich in Washington verwendeten Beamten durch einen anderen aus dem Verwaltungshaushalt besoldeten Beamten zu ersetzen, und konnte die Versetzung eines aus den Mitteln des Forschungs- und Investitionshaushalts besoldeten Beamten mit der Begründung ablehnen, daß dies nach Lage der Dinge im Interesse der sachgemäßen Organisation ihrer Dienststellen gelegen habe. Im wesentlichen geschah nach dem geltenden Rotationssystem nichts anderes. Die Ablehnung der Versetzung eines aus dem Forschungsund Investitionshaushalts besoldeten Beamten beruhte nicht auf irgendeiner ausdrücklichen oder stillschweigenden Voraussetzung des Rotationssystems, sondern auf einer alle Tatsachen in Betracht ziehenden Ermessensausübung durch die Kommission aufgrund dieses Systems.

    Im Ergebnis bin ich aus den dargelegten Gründen der Meinung, daß die Klage abgewiesen werden sollte und gemäß Artikel 70 der Verfahrensordnung beide Parteien ihre eigenen Kosten tragen sollten.


    ( 1 ) Aus dem Englischen übersetzt.

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