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Document 61968CC0020

Schlussanträge des Generalanwalts Gand vom 18. Juni 1969.
Giulio Pasetti-Bombardella gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, unterstützt durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtssache 20-68.

Sammlung der Rechtsprechung 1969 -00235

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1969:24

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS JOSEPH GAND

VOM 18. JUNI 1969 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Der Fall, der Ihnen heute zur Entscheidung vorliegt, betrifft die Höhe der finanziellen Ansprüche, die Herr Pasetti als Folge der Verfügung geltend machen kann, die gemäß Artikel 4 der Verordnung des Rates Nr. 259/68 sein Dienstverhältnis endgültig beendet hat.

I

Der Kläger wurde im Januar 1956 im Juristischen Dienst der Hohen Behörde eingestellt und im gleichen Jahr unter dem Personalstatut der EGKS in der Besoldungsgruppe A 3 ins Beamtenverhältnis übernommen. Als Beamter dieser Besoldungsgruppe konnte er — wie die Beamten der Besoldungsgruppe A 1 und A 2 — jederzeit aus dienstlichen Gründen seiner Stelle enthoben werden (Artikel 42 des Statuts). Er hatte in diesem Fall Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Entschädigung und danach auf ein Ruhegehalt, für die ein günstigerer Berechnungsmodus galt als der, den Artikel 34 für die entsprechenden Ansprüche derjenigen Beamten vorsah, die im Anschluß an eine mit der Streichung von Planstellen verbundene Verminderung des Personalbestands in den Wartestand versetzt wurden.

Diese Regelung wurde durch Artikel 50 des EGKS-Beamtenstatuts von 1962 geändert. Nunmehr können nur noch die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 aus dienstlichen Gründen ihrer Stellen enthoben werden; ihre finanziellen Ansprüche sind denen angenähert, die nach dem neuen Statut den in den einstweiligen Ruhestand versetzten Bediensteten zustehen, deren Lage zudem jetzt weniger günstig erscheint als nach dem Statut von 1956. Nach Artikel 99 können jedoch diejenigen A-1- und A-2-Bediensteten, die vor dem 1. Januar 1962 ins Beamtenverhältnis übernommen wurden, im Falle späterer Stellenenthebung für die Ansprüche aus Artikel 42 des früheren Statuts optieren.

Im Anschluß an die Fusion der Exekutivorgane hat Artikel 4 der Verordnung Nr. 259/68 des Rates die Kommission ermächtigt, gegenüber Beamten aller Besoldungsgruppen bis zum 30. Juni 1968 Maßnahmen zum endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst zu ergreifen, die ich noch genauer zu kennzeichnen haben werde. Ganz allgemein sei lediglich gesagt, daß in Artikel 5 der Verordnung die für die so entlassenen Bediensteten vorgesehene finanzielle Regelung nicht wesentlich von der des Artikels 50 des Statuts von 1962 abweicht. Aber Artikel 7 bringt hierzu zwei Milderungen:

Er eröffnet in Absatz 1 den früheren EGKS-Beamten mit Ausnahme derjenigen, die schon vor dem 1. Januar 1962 in die Besoldungsgruppen A 1 und A 2 eingestuft waren, die Möglichkeit, für die Bestimmungen von Artikel 34 des Statuts von 1956 (frühere finanzielle Regelung für den Wartestand) zu optieren;

die letzteren Beamten können nach Absatz 2 für die Anwendung von Artikel 42 des Statuts von 1956 (frühere finanzielle Regelung für die Stellenenthebung) optieren.

Am 14. März 1968 beantragte der Kläger für sich eine Maßnahme zum endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst „gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung“. Durch eine am 20. Juni bestätigte Verfügung vom 21. Mai 1968 wurde seinem Antrag stattgegeben und mit Schreiben vom 21. Juni wurde er ersucht, seine Wahl bezüglich der sich aus seinem Ausscheiden aus dem Dienst ergebenden Ansprüche mitzuteilen.

Dieses Schreiben nahm ohne nähere Angaben auf Artikel 7 der Verordnung Bezug, man braucht jedoch diesen Artikel nur zu lesen, um zu erkennen, daß nur die Option für Artikel 34 des Statuts von 1956, nicht die für Artikel 42 übrig blieb, wenn Artikel 5 der Verordnung nicht angewandt werden sollte.

Der Kläger hat sich hierin nicht getäuscht; daher bittet er Sie um teilweise Aufhebung der am 20. Juni bestätigten Verfügung vom 21. Mai 1968, soweit diese der Regelung seiner finanziellen Ansprüche nach Artikel 42 des Statuts von 1956 entgegensteht. Gewiß ist diese Verfügung nur eine zutreffende Anwendung von Artikel 7 der Verordnung Nr. 259/68, doch hält der Kläger diesen Artikel aus zwei Gründen für rechtswidrig: Einerseits verletze er wohlerworbene Rechte der vor dem 1. Januar 1962 ins Beamtenverhältnis übernommenen EGKS-Beamten der Besoldungsgruppe A 3, indem er ihnen die Ansprüche aus Artikel 42 versagt; andererseits diskriminiere er diese Beamten gegenüber den vor dem genannten Zeitpunkt in Beamtenverhältnis übernommenen A-1- und A-2-Beamten und verletzte den Grundsatz der Unparteilichkeit der Verwaltung, indem er ihnen das verweigert, was er letzteren zugesteht. Wäre dieses Vorbringen begründet, so ergäbe sich daraus zwangsläufig die teilweise Rechtswidrigkeit der den Kläger betreffenden individuellen Entscheidung. Die Kommission und der Rat, der ihr als Streithelfer beigetreten ist, um die von ihm erlassene Verordnung zu verteidigen, halten die Klage des Herrn Pasetti für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Bevor ich mich aber dem scharfsinnigen und ausführlichen Vorbringen der Parteien zuwende, ist es meines Erachtens nützlich, uns ein klares Bild von der Verordnung Nr. 259/68 zu verschaffen und die von ihr getroffene Regelung mit der des Statuts zu vergleichen, wodurch vielleicht die Diskussion, die in die Irre zu gehen drohte, auf das Wesentliche zurückgeführt werden kann.

Die neue Regelung ist auf die Kommission beschränkt und zeitlich begrenzt; während ihrer Geltungsdauer — d.h. bis zum 30. Juni 1968 — waren die Anstellungsbehörden dieses Organs nicht befugt, Versetzungen in den einstweiligen Ruhestand oder Stellenenthebungen nach dem Statut auszusprechen.

Das endgültige Ausscheiden aus dem Dienst, das sie vorsieht, kann Beamte aller Besoldungsgruppen treffen, doch sind die Voraussetzungen für diese Maßnahme verschieden, je nachdem es sich um A-1- und A-2-Beamte oder um andere Beamte handelt. Bei den ersteren hat die Kommission eine Ermessensbefugnis, die sie jedoch objektiv ausüben muß (Urteil 17/68 vom 6. 5. 1969, Reinarz gegen EG-Kommission), es handelt sich also um eine der im Statut vorgesehenen Stellenenthebung sehr nahekommende Regelung. Dagegen enthält die für die Beamten der anderen Besoldungsgruppen — einschließlich der Besoldungsgruppe A3 — geltende Regelung eine Reihe von Faktoren, die vorher für das Verfahren der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand kennzeichnend waren: die Verpflichtung, den Personalbestand des Organisationsplans herabzusetzen, die Einschaltung des Paritätischen Ausschusses, die Festsetzung von Beurteilungsmaßstäben für die Auswahl der Bediensteten, auf welche die Maßnahme Anwendung findet. Andererseits haben diese die Wahl zwischen dem endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst und dem einstweiligen Ruhestand, der die Möglichkeit der Wiedereinstellung nicht ganz ausschließt.

Es ist zu bemerken, daß wie bei der im Statut für den einstweiligen Ruhestand vorgesehenen Regelung Anträge von Beamten auf eine Maßnahme zum endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst berücksichtigt werden können, wenn es das dienstliche Interesse zuläßt. Aber in diesem Falle ist — jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift, dem ihre tatsächliche Anwendung vielleicht nicht entspricht — nicht sicher, daß der freiwillig Ausscheidende auch für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand optieren kann.

Aus alledem scheint mit hervorzugehen, daß die Verordnung Nr. 259/68 eine Regelung schafft, die sich im ganzen gesehen nicht auf irgendeine der im Statut vorgesehenen Arten des Verlassens des Dienstes zurückführen läßt und ihre Erklärung in den zeitlich begrenzten außergewöhnlichen Notwendigkeiten findet, denen zu begegnen war. Es war notwendig, die Dienststellen zu rationalisieren und die Anzahl der Planstellen zu verringern; man hat versucht, ein System vorzusehen, das der Kommission und den Bediensteten je nach Lage des Einzelfalles mannigfaltige Möglichkeiten bietet. Was die Auswahl der ausscheidenden Bediensteten anbelangt, so vereinigt dieses System in sich eine Ermessensbefugnis, die einseitige, aber kontrollierte Auswahl und das freiwillige Ausscheiden. Was die für diese Bediensteten geltende finanzielle Regelung betrifft, so bietet es ebenfalls einen recht reichhaltigen Fächer an, um jedem je nach seinem Alter oder Dienstalter verschiedene Möglichkeiten zu geben. Diese Regelung bildet ein Ganzes und ist auch als Ganzes zu beurteilen.

II

Im Lichte dieser allgemeinen Betrachtungen will ich nun zunächst die prozeßhindernden Einreden der Kommission und des Rates prüfen.

1.

Die Kommission vertritt als erstes die Ansicht, die Klage sei unzulässig, weil die angefochtene Maßnahme den Kläger nicht beschweren könne. Dieser habe selbst eine Maßnahme zum endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst „gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 259/68 des Rates“ beantragt. Dieser Absatz besage jedoch, daß die fraglichen Maßnahmen nach Maßgabe der nachstehend festgelegten Bedingungen erlassen würden, und diese Bedingungen seien, namentlich auch hinsichtlich ihrer finanziellen Auswirkungen, in den folgenden Artikeln festgelegt. Der Kläger habe sonach die Anwendung aller Bestimmungen der Verordnung beantragt, ohne seinen Antrag mit einem Vorbehalt zu versehen; die getroffene Entscheidung sei daher von ihm in ihrer Gesamtheit gewollt, weshalb die Kommission sich auf den Satz „volenti non fit injuria“ berufe.

Gegenüber diesem Vorbringen weist der Kläger auf die Umstände hin, unter denen er seinen Antrag auf einem vorgefertigten Formblatt habe stellen müssen, das ihm zugesandt worden sei, als er den Wortlaut der Verordnung noch nicht habe kennen können. Dieses Argument hat meines Erachtens wenig Gewicht. Er meint ferner, aus seinem Antrag lasse sich kein vorweggenommener Verzicht auf eine Klage gegen eine noch nicht getroffene Entscheidung entnehmen. Dies erscheint mir schon gewichtiger. Was mich aber vor allem hindert, die prozeßhindernde Einrede der Kommission als berechtigt anzusehen, ist der Umstand, daß der Satz „volenti non fit injuria“ nach meiner Ansicht in den Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und ihren Bediensteten namentlich deshalb keinen Platz hat, weil diese Beziehungen, auf die ich noch später zurückkommen werde, auf einem Statut, nicht auf einem Vertrag beruhen. Die Verwaltung muß das Recht beachten. Ist ihre Entscheidung mit einem ihre Rechtswidrigkeit begründenden Fehler behaftet — was allein im Rahmen der Begründetheit geprüft werden kann —, so muß sie im Klagewege angefochten werden können, auch wenn sie auf Antrag des betroffenen Beamten ergangen ist.

2.

Bei zwei weiteren prozeßhindernden Einreden der Kommission will ich mich gleichfalls nicht lange aufhalten. Die eine ist auf die Erwägung gestützt, daß der Kläger kein Interesse daran habe, die nach der Verordnung Nr. 259/68 auf ihn anwendbare Regelung anzufechten, da diese günstiger sei als die frühere Regelung. Die andere geht davon aus, daß die durch die Verordnung vorgesehene Maßnahme sich von der Stellenenthebung des Statuts unterscheide, daß aber allein diese letztere dem Beamten den Anspruch aus Artikel 42 des Statuts von 1956 gewähre. Wie die Kommission selbst einräumt, hängt diese Argumentation aufs engste mit der Begründetheit zusammen. Denn einerseits lassen sich die finanziellen Ansprüche, die der Beamte aus der Anwendung dieser oder jener Regelung herleitet, nicht allgemein und abstrakt beurteilen: Je nach Alter, Dienstalter oder anderen Gesichtspunkten kann für einen Bediensteten die eine oder die andere Regelung vorteilhaft sein; eine solche Erwägung kann wohl auf die Zulässigkeit der Klage keinen Einfluß haben. Andererseits muß zunächst der Unterschied zwischen der „Stellenenthebung“ des Statuts und dem „endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst“ nach der Verordnung Nr. 259/68 nachgewiesen werden, ehe sich ergibt, daß Artikel 42 des Statuts von 1956 zwar auf die erste, nicht aber auf die zweite dieser Maßnahmen anwendbar ist. Dieser Unterschied ist aber, ungeachtet meines oben vertretenen Standpunkts, keineswegs auf den ersten Blick offensichtlich.

3.

Der Rat äußert in seinem Streithilfeschriftsatz auf einem anderen Gebiet gewisse Zweifel an der Zulässigkeit der Klage des Herrn Pasetti.

Der Kläger begehre die Unanwendbarerklärung von Artikel 7 der Verordnung auf seinen Fall; aber habe er daran ein Interesse ?

Wenn Artikel 7 in seinen beiden Absätzen auf seinen Fall für unanwendbar erklärt werde, so verliere der Kläger seine Ansprüche aus den vor 1962 in Kraft gewesenen Bestimmungen über die Versetzung in den Wartestand, erwerbe deswegen aber nicht die von ihm geltend gemachten Ansprüche aus den vor diesem Zeitpunkt in Geltung gewesenen Bestimmungen über die Stellenenthebung.

Meines Erachtens ist die Klage so auszulegen, daß Herr Pasetti geltend macht, Artikel 7 Absatz 2 sei rechtswidrig — und könne ihm daher nicht entgegengehalten werden —, soweit er die vor 1962 ins Beamtenverhältnis übernommenen A-3-Beamten außerhalb seines Anwendungsbereichs läßt. Nehmen wir an, diese Rechtswidrigkeit sei erwiesen, was wiederum eine Frage der Begründetheit ist, so müßte die Verfügung der Kommission aufgehoben werden, und der Vollzug Ihres Urteils würde für die Kommission die Verpflichtung einschließen, eine neue Verfügung zu erlassen, die den dem Kläger von Ihnen zuerkannten Ansprüchen gerecht würde. Dies bedeutet, daß der Kläger sicherlich ein Interesse daran hat, unter den Bedingungen und in den Grenzen, die ich soeben genannt habe, die Rechtmäßigkeit des Artikels 7 der Verordnung und demzufolge der an ihn ergangenen individuellen Entscheidung anzufechten. Ich halte seine Klage daher für zulässig.

III

Aber ist sie auch begründet?

Ich will gleich sagen, daß ich diese Frage verneine.

1.

Mit der ersten Rüge macht der Kläger eine Verletzung seiner wohlerworbenen Rechte aus Artikel 42 des Statuts von 1956 geltend. Sie wurde im Laufe des Verfahrens in zwei verschiedenen Formen vorgetragen.

a)

Der Kläger stützt diese Rüge lediglich darauf, daß Artikel 7 der Verordnung Nr. 259/68 das Bestehen dieser Rechte mittelbar anerkenne, da er für die wohlerworbenen Rechte der A-1- und A-2-Beamten aus Artikel 42 einen ausdrücklichen Vorbehalt mache. Zu Unrecht berücksichtige die Vorschrift nicht, daß die A-3-Beamten aufgrund desselben Artikels das gleiche Recht erworben hätten, da dieser für die einen wie für die anderen gegolten habe.

Diesem Vorbringen gegenüber beruft sich die Beklagte auf den Rechtssatz, daß ein Recht auf Erhaltung der in einem Statut zuerkannten Ansprüche nur bestehe, soweit alle für den Erwerb des Anspruchs maßgeblichen Umstände unter der Herrschaft dieses Statuts eingetreten seien. Genauer gesagt, der Anspruch auf die dem Beamten beim Ausscheiden aus dem Dienst zustehenden finanziellen Leistungen konkretisiere sich erst im Augenblick dieses Ausscheidens. Als aber der Kläger endgültig aus dem Dienst ausschied, habe Artikel 42 des Statuts von 1956 längst nicht mehr gegolten.

Diese Auffassung herrsche, wie die Beklagte anhand einer Anzahl von Zitaten nachzuweisen sucht, im Recht des öffentlichen Dienstes der Mitgliedstaaten; sie sei die logische Folge des Gedankens, daß der Beamte sich nicht in einem Vertragsverhältnis, sondern in einem durch Verordnung geregelten Verhältnis befinde, denn das Statut sei eine echte Verordnung, die von der zuständigen Stelle jederzeit geändert werden könne. Die gleiche Auffassung habe Generalanwalt Roemer in seinen Schlußanträgen zur Rechtssache Boursin gegen Hohe Behörde vertreten (1. Dezember 1964, 102/63, EuGH Slg. X, 1471).

Sie erscheint dem Kläger jedoch antiquiert. Er sieht sie nur „auf der Grundlage der überholten Auffassung von der Allmacht des Gesetzgebers“ als haltbar an und will ihr auf einem Gebiet, das nach seiner Meinung dem Sie beschäftigenden näher liegt, die vom Verwaltungsgericht der UNO zur Bestimmung einer ganzen Reihe unantastbarer Rechte der internationalen Beamten gefundenen Lösungen entgegenhalten. Aber dieses Bestreben ist aus zwei Gründen nicht schlüssig. Erstens ist das Recht des internationalen öffentlichen Dienstes, wie Generalanwalt Roemer in seinen bereits zitierten Schlußanträgen betonte, vor allem Vertragsrecht mit Arbeitsverträgen, deren Dauer im allgemeinen zeitlich eng begrenzt ist, während die Beamten der Gemeinschaft unter der Herrschaft eines Statuts stehen. Es ist nur normal, daß man sich hier an Grundsätze hält, die den im öffentlichen Dienst der Einzelstaaten geltenden entsprechen. Andererseits besteht anscheinend in der Rechtsprechung der internationalen Verwaltungsgerichte die Tendenz, der Institution in zunehmendem Maße die Befugnis zuzuerkennen, die Rechtsstellung unter Vertrag stehender Bediensteter zu ändern. Selbst in diesen Organisationen besteht eine Verordnung oder ein Statut, dessen Bestimmungen in die Einzelarbeitsverträge aufgenommen werden, und nur einige dieser Bestimmungen können wirklich als vertraglich vereinbart und somit nicht änderungsfähig angesehen werden. Der Rat zitiert in seinem Streithilfeschriftsatz als Beispiel das Urteil Nr. 61, Lindsey, des Verwaltungsgerichts der IAO vom 4. September 1962, in dem diese Unterscheidung sehr deutlich wird.

b)

Der Kläger verläßt dann die Ebene der Abstraktionen und Grundsätze und sucht in seiner Erwiderung und mehr noch in der mündlichen Verhandlung darzutun, daß die Verordnung Nr. 259/68 aus der früheren Vorschrift hervorgegangen, ja sogar mit ihr identisch sei, was die Anwendung dieser letzteren rechtfertige. Hier handelt es sich also um ein etwas anderes System als das der wohlerworbenen Rechte.

Die Kommission hatte einerseits die Ansicht vertreten, das Statut von 1962 habe sowohl das Recht der Verwaltung zur Stellenenthebung der A-3-Beamten als auch die Ansprüche dieser Beamten aus Artikel 42 des Statuts von 1956 beseitigt; andererseits sei die Regelung des Ausscheidens aus dem Dienst, der die Verordnung Nr. 259/68 diese Beamten wie die aller Besoldungsgruppen unterwirft, von der früheren Regelung, wie ich vorstehend ausgeführt habe, verschieden.

Gegen diese These macht der Kläger zunächst geltend, daß Artikel 4 der Verordnung als Begründung für die Maßnahmen, die er vorsieht, das „dienstliche Interesse“ anführt, von dem die Stellenenthebung ihre Daseinsberechtigung herleite. Es sei also nur diese letztere gemeint, denn die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei nur eine Wahlmöglichkeit. Weiterhin spreche dieser Artikel von Maßnahmen zum endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst „im Sinne von Artikel 47 des Statuts“. In diesem Artikel, der übrigens im Kapitel „Endgültiges Ausscheiden aus dem Dienst“ stehe, sei eine Reihe von Fällen vorgesehen, die mit dem vorliegenden nichts zu tun hätten, so z.B. die Entlassung auf Antrag und die Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen, aber in Buchstabe c auch die Stellenenthebung aus dienstlichen Gründen, die in Artikel 50 ausführlich geregelt sei. Damit sei der Kreis geschlossen: Durch die Bezugnahme auf Artikel 47 verweise die Verordnung in Wahrheit nur auf Artikel 50, der somit auf die von der früheren Regelung ausgeschlossenen Beamten der Besoldungsgruppe A 3 anwendbar werde, und es bestehe kein Grund, denjenigen unter ihnen, die vor 1962 unter der Herrschaft des EGKS-Statuts ins Beamtenverhältnis übernommen wurden, nicht ebenso wie den in der gleichen Lage befindlichen Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 die Ansprüche aus Artikel 42 des Statuts von 1956 zuzuerkennen.

Diese Konstruktion halte ich für sehr gekünstelt. Zum einen nennt Artikel 4 als Rechtfertigung für die vorgesehenen Maßnahmen auch die „Erfordernisse, die sich aus einer Verringerung der Planstellenzahl ergeben“, was der klassische Fall des einstweiligen Ruhestands ist. Man kann sich auch fragen, warum die Verordnung nicht unmittelbar auf Artikel 50 verweist, anstatt den Umweg über Artikel 47 zu gehen, und dies ist meines Erachtens gerade geschehen, um die vom Kläger vertretene Gleichstellung auszuschließen. Zum anderen gibt es unter den in Artikel 47 aufgezählten Fällen des endgültigen Ausscheidens aus dem Dienst auch einen, den der Kläger vergessen hat, nämlich die Entlassung von Amts wegen. Dies ist aber gerade diejenige Maßnahme, die das Dienstverhältnis löst, wenn der einstweilige Ruhestand seine Höchstdauer erreicht hat, ohne daß es zu einer Wiedereinstellung kommen konnte (Artikel 41 Absatz 4). Man kann daher in der allgemeinen Verweisung der Verordnung Nr. 259/68 ein Zeichen dafür sehen, daß diese Verordnung verschiedene Arten des Ausscheidens aus dem Dienst vorsehen will. Genauer gesagt sieht die Verordnung, wie bereits ausgeführt wurde, ein eigenständiges System vor, dessen Merkmale mehreren früheren Arten von Maßnahmen entnommen sind, das sich aber auf keine von ihnen vollständig zurückführen läßt. Das Bemühen des Klägers, seine wohlerworbenen Rechte durch eine Art Gleichstellung der Vorschrift von 1968 mit der von 1962 zu rechtfertigen, scheint mir daher zum Scheitern verurteilt zu sein.

2.

Als zweites rügt der Kläger die Ungleichbehandlung der vor 1962 ins Beamtenverhältnis übernommenen EGKS-Beamten der Besoldungsgruppe A 3 gegenüber ihren in gleicher Lage befindlichen Kollegen der Besoldungsgruppen A 1 und A 2, die gegen das Grundprinzip der Unparteilichkeit der Verwaltung verstoße. Wie wir sehen, unterscheidet sich diese Rüge nicht sehr von der ersten; sie scheint mir auch nicht besser begründet zu sein. Ich werde mich hierzu daher sehr kurz fassen.

Zunächst ist der vom Bevollmächtigten des Rates in der mündlichen Verhandlung gemachten Bemerkung beizupflichten, daß die Vorschrift von 1968 den einzelnen Beamtengruppen die finanziellen Ansprüche erhält, die sie im Fall des Verlassens des Dienstes hatten. Da für die vor 1962 ins Beamtenverhältnis übernommenen EGKS-Bediensteten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 bis 1968 eine günstigere Regelung bestand, hat es der Rat im Rahmen seiner Ermessensbefugnis für sachgerecht erachtet, ihnen diese Regelung zu erhalten, ohne sie auch anderen zu gewähren. Er hat hierdurch aber ebensowenig, wie er echte wohlerworbene Rechte anerkannt hat, irgendeine Diskriminierung geschaffen, denn die Rechtsstellung der einzelnen Beamtengruppen war zur Zeit des Inkrafttretens der Verordnung nicht die gleiche. Es war das Statut von 1962, das die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2 anders behandelt hat als die. der Besoldungsgruppe A 3, dies aber aus Gründen, die ich zu Beginn meiner Ausführungen genannt habe und die auf die Rechtmäßigkeit der mit der Verordnung Nr. 259/68 geschaffenen Regelung ohne Einfluß sind.

Außerdem würde man gerade, wenn man den Gedankengängen des Klägers folgen wollte, eine Diskriminierung zugunsten der Beamtengruppe schaffen, der er angehört. Eine Diskriminierung der A-1- und A-2-Beamten, die zwar finanziell gleichgestellt würden, aber geringere Verfahrensgarantien hätten. Diskriminierung auch der vor 1962 eingestellten EGKS-Beamten niederer Besoldungsgruppen als A 3, für die eine weniger günstige finanzielle Regelung gälte, ohne daß sie deswegen größere Garantien hätten. Diese Bemerkungen erscheinen mir ausreichend, um die Rüge zurückzuweisen.

Ich beantrage, die Klage des Herrn Pasetti als unbegründet abzuweisen und nach Maßgabe von Artikel 70 der Verfahrensordnung über die Kosten zu entscheiden.


( 1 ) Aus dem Französischen übersetzt.

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