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Document 52023DC0409

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Durchführung der Makrofinanzhilfen für Drittländer im Jahr 2022

    COM/2023/409 final

    Brüssel, den 11.7.2023

    COM(2023) 409 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Durchführung der Makrofinanzhilfen für Drittländer im Jahr 2022

    {SWD(2023) 244 final}


    INHALT

    1    Einleitung    

    2    Makroökonomische Entwicklungen in den Partnerländern    

    2.1    Östliche Partnerschaft    

    2.2    Südliche Nachbarschaft    

    2.3    Westlicher Balkan    

    3    Makrofinanzhilfen im Jahr 2022    

    3.1    Östliche Partnerschaft    

    Moldau: neue MFA-Maßnahme

    Ukraine: MFA-Soforthilfe

    Ukraine: außerordentliche Makrofinanzhilfe

    Ukraine: Makrofinanzhilfe + (MFA+)

    3.2    Südliche Nachbarschaft    

    Jordanien: MFA III

    Tunesien: COVID-19-Makrofinanzhilfe

    3.3    Westlicher Balkan    

    Bosnien und Herzegowina: COVID-19-Makrofinanzhilfe

    4    Gewährleistung der ordnungsgemäßen Verwendung der MFA-Mittel: operative Bewertungen, Evaluierungen und Prüfungen    

    4.1    Operative Bewertungen    

    4.2    Evaluierungen    

    5    Allgemeine Entwicklungen im Zusammenhang mit dem MFA-Instrument    

    5.1    Funktionsweise des MFA-Instruments    

    5.2    Makrofinanzhilfen im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027    

    6    Ausblick – MFA-Maßnahmen und Haushaltslage 2023    

     

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Durchführung der Makrofinanzhilfen für Drittländer im Jahr 2022 1  

    1Einleitung

    Die Makrofinanzhilfe (Macro-Financial Assistance, MFA) ist ein EU-Finanzierungsinstrument 2 für Partnerländer, die von einer Zahlungsbilanzkrise betroffen sind. Seit ihrer Einführung im Jahr 1990 haben Makrofinanzhilfen dazu beigetragen, die gesamtwirtschaftliche und finanzielle Stabilität von Ländern in Nachbarschaft oder geografischer Nähe zur EU zu stärken und gleichzeitig die Umsetzung von Strukturreformen zu fördern. In der Regel setzt die Makrofinanzhilfe eine nicht der Vorsorge dienende Kreditvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) voraus und ergänzt diese, jedoch wurde bei der Vorbereitung der außerordentlichen Unterstützung für die Ukraine infolge der groß angelegten Militärinvasion Russlands im Februar 2022 eine Ausnahme von dieser Voraussetzung gemacht. Indem das Partnerland bei der Bewältigung seiner Zahlungsbilanzprobleme entlastet wird, kann es seinen haushaltspolitischen Spielraum erweitern, die Tragfähigkeit seiner Verschuldung verbessern und sein Augenmerk auf nötige Reformen richten. MFA-Maßnahmen können positive soziale Auswirkungen haben, indem sie eine verträglichere Gestaltung des makroökonomischen Anpassungspfads erlauben, was wiederum dem Land mehr Zeit und vielfältigere Möglichkeiten für die Bewältigung der grundlegenden Ursachen seiner Krise verschafft.

    Makrofinanzhilfen werden meist in Form von Darlehen gewährt, für deren Finanzierung die Kommission Mittel an den Kapitalmärkten aufnimmt, die sie dann zu gleichen Konditionen an das Empfängerland weiterreicht. In einigen Fällen wird die Makrofinanzhilfe in Form von Zuschüssen vergeben, die aus dem EU-Haushalt finanziert werden. Mitunter handelt es sich auch um eine Kombination aus Darlehen und Zuschüssen.

    Makrofinanzhilfen werden in Tranchen ausgezahlt, und zwar nur dann, wenn alle – mit dem jeweiligen Land vereinbarten – Strukturreformkriterien erfüllt sind. Dadurch soll die Umsetzung entschlossener Anpassungs- und Reformmaßnahmen unterstützt werden, um die eigentlichen Ursachen der zugrunde liegenden Krise anzugehen, die öffentlichen Finanzen zu stärken und ein nachhaltiges und inklusives Wachstum sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Eine Vorbedingung für die Gewährung einer Makrofinanzhilfe ist darüber hinaus, dass das Empfängerland wirkungsvolle demokratische Mechanismen anwendet, wozu auch ein parlamentarisches Mehrparteiensystem und das Rechtsstaatsprinzip zählen, und dass das Land die Menschenrechte achtet. Auf diese Weise ergänzt die Makrofinanzhilfe die regulären EU-Kooperationsinstrumente und trägt zum übergeordneten Ziel bei, über die Grenzen der EU hinaus die Stabilität zu wahren, den Wohlstand zu fördern und die grundlegenden Werte der Union zu verbreiten. Makrofinanzhilfen werden als effektives Kriseninstrument angesehen, mit dem die EU sichtbar, flexibel und politisch wirksam eingreifen kann. 3 Dies wird durch die Ergebnisse mehrerer unabhängiger Evaluierungen von abgeschlossenen MFA-Maßnahmen 4 sowie durch die Ergebnisse der jüngsten Meta-Evaluierung der Maßnahmen im letzten Jahrzehnt 5 gestützt.

    Nach dem Ausbruch des ungerechtfertigten Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine erwies sich 2022 insofern als besonderes Jahr für die Makrofinanzhilfe, als diese ihre fortbestehende Relevanz und Flexibilität nachdrücklich unter Beweis stellte. So war es der EU im Rahmen der Makrofinanzhilfe möglich, unter außergewöhnlichen Umständen eine beträchtliche kurzfristige finanzielle Unterstützung für die Ukraine zu gewähren, gleichzeitig aber auch andere Länder im Nachbarschaftsraum der EU zu unterstützen, die stark von den wirtschaftlichen Folgen dieses Kriegs betroffen waren. Diese Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf Haushaltsebene gehören daher zu den zentralen Themen, die im vorliegenden Jahresbericht behandelt werden.

    Der Bericht für 2022 wird im Einklang mit den Informationspflichten der Kommission gemäß den verschiedenen Beschlüssen des Europäischen Parlaments und des Rates über MFA-Maßnahmen 6 erstellt. Er wird ergänzt durch eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, die ausführlichere Analysen zum makroökonomischen Hintergrund und zur Durchführung der einzelnen MFA-Maßnahmen enthält.

    2Makroökonomische Entwicklungen in den Partnerländern

    Die wirtschaftlichen Entwicklungen in den Nachbarschafts- und Erweiterungsländern der EU im Jahr 2022 wurden direkt und indirekt durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beeinflusst. Die Länder der Östlichen Partnerschaft waren am unmittelbarsten von den resultierenden Ausstrahlungseffekten betroffen, jedoch waren die Auswirkungen auch in der südlichen Nachbarschaft der EU und im westlichen Balkan spürbar.

    In den Ländern der Östlichen Partnerschaft hatte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine Währungsabwertungen sowie einen starken Druck auf die Lebensmittel- und Energiepreise zur Folge. Auch das Vertrauen der Verbraucher und der Unternehmen wurde stark beeinträchtigt, und signifikante Migrationsströme in der Region haben den Inflationsdruck in einigen Ländern verstärkt. Die Republik Moldau war am härtesten betroffen, da die Inflation in die Höhe schnellte (über das Niveau in der Ukraine) und das Vertrauen der Verbraucher und der Unternehmen gelitten hat. Armenien und Georgien hingegen profitierten vom erheblichen Zustrom russischer Bürger und von den verbundenen Finanztransfers sowie von den veränderten Transportwegen infolge des Kriegs.

    In der südlichen Nachbarschaft entstand, trotz des insgesamt geringen Risikos für den Handel, Druck in Form von steigenden Lebensmittelpreisen und sinkender Ernährungssicherheit (einige Länder sind bei ihren Weizenimporten in hohem Maße von Russland und der Ukraine abhängig – Weizen ist ein wichtiges und stark subventioniertes Grundprodukt) sowie in Form von steigenden Energiepreisen (obwohl diese oft hoch subventioniert sind). Dennoch setzten im Jahr 2022 alle Länder der südlichen Nachbarschaft – mit Ausnahme des Libanon – ihr Wirtschaftswachstum fort.

    Im Westbalkan sorgte ein anhaltender Anstieg der Preise für Energie, Lebensmittel und im Verkehrssektor für eine weitere Beschleunigung der Inflation, wodurch das real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und ihr Verbrauch sanken. Störungen in den internationalen Lieferketten und eine gesunkene Nachfrage aufgrund der geringeren Wachstumsperspektiven wichtiger Handelspartner, einschließlich der EU, haben die wirtschaftlichen Aussichten für alle drei Regionen weiter belastet, auch in Bezug auf Ausfuhren und ausländische Direktinvestitionen, wodurch die bestehenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte verschärft wurden.

    In diesem Abschnitt werden die regionalen Herausforderungen für die Länder des Nachbarschaftsraums der EU und den westlichen Balkan beleuchtet; die Wirtschaftsleistung jedes dieser Länder wird in der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen eingehender bewertet.

    2.1Östliche Partnerschaft 

    Im Jahr 2022 war die wirtschaftliche Entwicklung in allen Ländern der Östlichen Partnerschaft vom russischen Krieg gegen die Ukraine geprägt, wohingegen die Auswirkungen der Pandemie allmählich abnahmen. Die wirtschaftliche Entwicklung verlief in diesen Ländern jedoch sehr unterschiedlich. Einerseits brach die Wirtschaftsleistung ein (um etwa -30 % in der Ukraine) oder ging stark zurück (mit einem Rückgang des BIP um 4,7 % in Belarus und 5,9 % in Moldau). Diese Länder waren entweder unmittelbar betroffen (die Ukraine litt unter dem brutalen Angriffskrieg Russlands und seinen verheerenden humanitären, sozialen und wirtschaftlichen Folgen, unter anderem durch einen massiven Verlust von physischem Kapital und eine massive Zerstörung der Infrastruktur sowie eine beträchtliche Anzahl von internationalen Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen) oder durch Ausstrahlungseffekte, die das Vertrauen der Verbraucher und der Investoren schmälerten. Andererseits erreichte die Wirtschaftstätigkeit in den drei Kaukasusländern beeindruckende Höhen. Im Falle von Armenien und Georgien, wo das BIP um 12,6 % bzw. 10,1 % anstieg, war dies auf einen Zustrom russischer Bürger und Unternehmen nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs und auf eine damit einhergehende Zunahme der Finanztransfers zurückzuführen. Auch Aserbaidschan (BIP-Wachstum um 4,6 %) profitierte von höheren Finanzströmen aus Russland und positiven Terms-of-Trade-Effekten der höheren Energiepreise sowie von der anhaltenden Erholung nach der Pandemie.

    Die hohe Inflation, die in vielen Fällen Niveaus erreichte, die seit Jahrzehnten nicht mehr beobachtet wurden, blieb 2022 ein gemeinsames Merkmal der Östlichen Partnerschaft. Der Anstieg der Verbraucherpreise hatte seinen Höhepunkt (mit zweistelligen Werten in allen Ländern) in der Jahresmitte infolge des Preisschocks (in Bezug auf Lebensmittel und Energie) im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Schwächung der Landeswährungen unmittelbar nach Ausbruch des Konflikts. Die signifikanten Migrationsströme in der Region haben den Inflationsdruck in manchen dieser Länder ebenfalls verstärkt. Um die Inflation zu zügeln, setzten die Zentralbanken ihre Bemühungen um eine Straffung der Geldpolitik im Jahr 2022 fort, auch wenn sich das Tempo der Zinsanhebungen ab Jahresmitte infolge der Stabilisierung der globalen Rohstoffpreise und der Landeswährungen deutlich verlangsamte.

    Die drei Kaukasusländer, die von der robusten Wirtschaftstätigkeit profitierten, meldeten für das Jahr 2022 starke finanzpolitische Ergebnisse, da die Haushaltsdefizite unter den Zielvorgaben lagen und die öffentlichen Schuldenquoten deutlich abnahmen. Die Ukraine hingegen verzeichnete vor dem Hintergrund stark gestiegener Ausgaben – insbesondere für die Verteidigung – und eines Einbruchs der Einnahmen aus der vom Krieg betroffenen heimischen Wirtschaft ein großes Haushaltsdefizit, das hauptsächlich von internationalen Partnern finanziert wurde, vor allem von der EU. Im Hinblick auf den Außenhandel waren ebenfalls abweichende Trends zu beobachten. Die drei Kaukasusländer verzeichneten ein kräftiges Handelswachstum, das zum Teil auf durch den Krieg ausgelöste Veränderungen der Transportwege und im Falle von Aserbaidschan auf den Anstieg der globalen Energiepreise zurückzuführen war. Im Gegensatz dazu brach der Handel in der Ukraine ein, da Russland den Kapitalstock zerstörte und wichtige Handelsrouten blockierte, insbesondere das Schwarze Meer. Die umfassenden westlichen Sanktionen gegen Belarus trugen zum Rückgang des dortigen Handels bei. Positiv zu bewerten ist, dass sich die Heimatüberweisungen in die Nachbarstaaten im Osten als überraschend widerstandsfähig gegenüber dem Krieg erwiesen und zur Verringerung der Leistungsbilanzdefizite beitrugen, wodurch – zusammen mit öffentlichen Finanzmitteln – der kontinuierliche Aufbau von Währungsreserven in den meisten Ländern der Region unterstützt wurde.

    Kurzfristig gesehen wird die Region vermutlich weiterhin vom Angriffskrieg Russlands in der Ukraine beeinflusst werden. Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die potenzielle Abschwächung der weltweiten Auslandsnachfrage aufgrund der derzeitigen Verschärfung der monetären Bedingungen durch wichtige Zentralbanken. Dies könnte teilweise durch eine etwas stärker akkommodierende Fiskal- und Geldpolitik in den Nachbarstaaten im Osten ausgeglichen werden, da sich die Inflation allmählich verlangsamt.

    2.2Südliche Nachbarschaft

    Trotz der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Form von höheren Rohstoffpreisen und einer Inflationssteigerung, die eine Verschärfung der Finanzierungsbedingungen verursachte, verzeichneten alle Länder der südlichen Nachbarschaft – mit Ausnahme des Libanon – im Jahr 2022 weiterhin ein Wachstum ihrer Wirtschaft. Obwohl die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie nachließen, verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum und lag unter den Erwartungen der Vorkriegszeit, insbesondere im Quartal nach dem Ausbruch des Kriegs. Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass das reale BIP-Wachstum im ersten Halbjahr 2022 zwischen 2,0 % in Marokko und 7,7 % in Israel lag.

    Das Wirtschaftswachstum beruhte auf der fortschreitenden Erholung des Dienstleistungssektors, insbesondere in den Bereichen Tourismus, Beherbergung, Gastronomie und Beförderung. Der Aufschwung der Energie exportierenden Länder wurde insbesondere durch eine robuste Nachfrage und hohe internationale Energiepreise infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine und der (westlichen) Sanktionen gegen Russland begünstigt. Die Arbeitslosigkeit ging in den meisten Ländern wieder auf das vor der Pandemie verzeichnete Niveau zurück, da die Wirtschaftstätigkeit wieder zulegte. Die Verbraucherpreisinflation beschleunigte sich in allen Ländern und wurde dabei von den internationalen Energie- und Lebensmittelpreisen angetrieben. Angesichts der steigenden Inflation strafften die Zentralbanken die Geldpolitik durch eine Anhebung der Zinssätze insbesondere im zweiten Quartal des Jahres 2022, nachdem sie ihren akkommodierenden geldpolitischen Kurs 2021 und Anfang 2022 beibehalten hatten.

    Nach der starken Verschlechterung der Haushaltssalden während der Pandemie im Jahr 2020 verringerten sich die Haushaltsdefizite in allen Ländern. Die Einnahmen, insbesondere die Steuereinnahmen, stiegen im Zuge der Erholung der Wirtschaftstätigkeit und vor dem Hintergrund der wachsenden Inflation an, während die Ausgaben, vor allem für das Sozial- und Gesundheitswesen, im Vergleich zu ihren Höchstwerten aus dem Jahr 2020 generell reduziert wurden. Dies wurde zum Teil dadurch aufgewogen, dass von den Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine ein Druck auf die Haushaltsausgaben ausging, da die meisten südlichen Nachbarn Weizen und/oder Kraftstoffe subventionieren. Darüber hinaus blieb die Staatsverschuldung aufgrund des erheblichen Finanzierungsbedarfs während der Pandemie auf einem Rekordniveau. Die Leistungsbilanzdynamiken variieren in der südlichen Nachbarschaft stark, da es große Unterschiede bei den Wirtschaftsstrukturen und Handelsprofilen gibt. Die Preissteigerungen für Kraftstoffe und Gas, die auf Erhöhungen der globalen Rohstoffpreise infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine zurückzuführen waren, haben Druck auf die Leistungsbilanzen aller Energie importierenden Länder ausgeübt. Für die meisten Länder hatten die Erholung der Tourismusbranche und die Heimatüberweisungen eine abschwächende Wirkung. Die Region profitierte zudem weiterhin von externer Unterstützung durch internationale institutionelle Kreditgeber.

    Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich auch auf die Aussichten für die südliche Nachbarschaft aus, wenn auch in geringerem Maße als für die Östliche Partnerschaft. Seine Folgen bergen erhebliche Abwärtsrisiken mit Blick auf die weitere Erholung, da die südlichen Nachbarn weiterhin vor allem von höheren Preisen für Lebensmittel, Energie und andere Rohstoffe betroffen sind, die eine höhere Inflation bewirken und den Inlandsverbrauch drosseln, wobei gleichzeitig der Druck auf die öffentlichen Haushalte zunimmt. Störungen der Lieferketten und der Handelsströme haben bereits großen Druck auf die Märkte, die öffentlichen Finanzen, die Hersteller und die Verbraucher in der gesamten Region ausgeübt, insbesondere auf die Länder, die von den Getreideexporten aus der Ukraine und Russland abhängig sind, z. B. Ägypten, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko und Tunesien.

    2.3Westlicher Balkan 

    Die Konjunkturerholung im westlichen Balkan schwächte sich 2022 durch die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, die dadurch ausgelöste Energiekrise und die infolgedessen hohe Inflation deutlich ab. Trotz der Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeiten nach der COVID-19-Pandemie und eines Wiederaufschwungs des Tourismus verlangsamte sich das Produktionswachstum im dritten Quartal 2022 weiter, wobei sich das BIP der Region um 2,1 % gegenüber dem Vorjahr erhöhte, während es in den vorherigen drei Monaten noch 4,3 % waren. Der Verbrauch der privaten Haushalte und die Ausfuhren blieben die größten Wachstumstreiber der Region, wohingegen bei den Investitionen unterschiedliche Ergebnisse und in einigen Ländern im Jahresvergleich auch Rückgänge zu verzeichnen waren. Der Staatsverbrauch ging in manchen Ländern zurück, was zum Teil auf die schrittweise Rücknahme der pandemiebedingten Unterstützungsmaßnahmen zurückzuführen war. 

    Das Beschäftigungswachstum im westlichen Balkan war im dritten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig. Die Arbeitslosenquoten sanken dennoch oder blieben unverändert, was auf einen Rückgang der Erwerbsbeteiligung in einigen Ländern zurückzuführen war. Der kräftige Anstieg der Preise für Energie, Lebensmittel und im Verkehrssektor sorgte 2022 in allen Ländern des westlichen Balkans für eine deutliche Beschleunigung der Verbraucherpreisinflation, was die geldpolitisch autonomen Zentralbanken der Region veranlasste, ihre Leitzinsen anzuheben. Die Verlangsamung des Lebensmittel- und Energiepreisanstiegs trug dazu bei, dass sich die Gesamtinflation in den meisten Ländern in den letzten Monaten des Jahres 2022 abflachte.

    Die fortschreitende wirtschaftliche Erholung und die hohe Inflation stützten das Wachstum der Haushaltseinnahmen, und die Haushaltssalden stiegen in den ersten elf Monaten des Jahres 2022 im gesamten westlichen Balkan weiter an. Parallel dazu ging die öffentliche Schuldenquote in allen Ländern gegenüber Ende 2021 zurück, was zum Teil auf die Erhöhung des nominalen BIP zurückzuführen war. Im Zeitraum September 2021 bis September 2022 lag das Leistungsbilanzdefizit der Region bei 6,8 % des BIP, dem zweithöchsten Wert seit dem dritten Quartal 2020. Dies lag hauptsächlich an dem durch die Energiebilanz bedingten Anstieg der Warenhandelsdefizite, der die kräftige Erholung der Dienstleistungsexporte und die höheren Zuflüsse bei den Heimatüberweisungen aufwog.

    Aufgrund des anhaltenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine bestehen erhebliche Abwärtsrisiken, was die wirtschaftlichen Aussichten des westlichen Balkans betrifft; diese sind vor allem auf die Auswirkungen der hohen Inflation auf das real verfügbare Einkommen und den Verbrauch sowie auf eine angespanntere Finanzlage zurückzuführen.

    3    Makrofinanzhilfen im Jahr 2022

    Im Frühjahr 2022 wurden die beiden verbleibenden MFA-Maßnahmen im Rahmen des COVID-19-Makrofinanzhilfepakets 7 abgeschlossen. Während für Tunesien am 25. Mai 2022 die Auszahlung der letzten Tranche erfolgte, wurde die zweite Tranche für Bosnien und Herzegowina gestrichen, da sieben von neun politischen Auflagen nicht erfüllt wurden.

    Mit dem Abschluss des COVID-19-Makrofinanzhilfepakets verlagerte sich der Schwerpunkt 2022 darauf, angesichts des anhaltenden Angriffskriegs Russlands Möglichkeiten zu finden, um auf hinreichend sichere Art und Weise neue Finanzhilfe für die Ukraine bereitzustellen (dabei galt es zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen mit einer außergewöhnlich hohen Unsicherheit verbunden waren und dass die übliche Vorbedingung, wonach für die MFA-Maßnahme ein vollwertiges Auszahlungsprogramm des IWF bestehen muss, nicht erfüllt war). Nach dem Ausbruch des Kriegs erließen das Europäische Parlament und der Rat am 28. Februar 2022 einen Beschluss über eine sofortige Makrofinanzhilfe in Form von Darlehen in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. EUR zugunsten der Ukraine, womit die sechste MFA-Maßnahme für die Ukraine seit 2014 genehmigt wurde.

    In Anbetracht des verstärkten und akuten Finanzierungsbedarfs der Ukraine nahm die EU in der zweiten Jahreshälfte 2022 zwei zusätzliche außerordentliche MFA-Maßnahmen an, mit denen die Auszahlung weiterer 6 Mrd. EUR an das Land bis Dezember 2022 genehmigt wurde. Für die beiden außerordentlichen MFA-Maßnahmen wurde die Dotierungsquote von 9 %, wie in der Verordnung zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt (NDICI-Verordnung) vorgeschrieben, auf 70 % erhöht (zumindest vorübergehend, wobei die Angemessenheit der Dotierungsquote zweimal jährlich zu überprüfen ist, da Ungewissheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage und Aussichten in der Ukraine besteht, solange der Krieg andauert).

    Weniger als zwei Monate, nachdem der Europäische Rat am 20./21. Oktober 2022 eine stärker strukturierte Lösung für die Bereitstellung von Unterstützung für die Ukraine im Jahr 2023 gefordert hatte, trat am 17. Dezember 2022 die Verordnung über die Makrofinanzhilfe + in Kraft. Dieses neue Instrument wird eine berechenbarere, kontinuierlichere, geordnetere und zeitnähere Finanzierung sicherstellen, um die Deckung eines Großteils des unmittelbaren Finanzierungsbedarfs der Ukraine, die Instandsetzungen der kritischen Infrastruktur und die ersten Unterstützungsmaßnahmen im Hinblick auf den Wiederaufbau nach dem Krieg zu ermöglichen, auch als Unterstützung des Landes auf seinem Weg zur europäischen Integration.

    Wie die Bezeichnung „Makrofinanzhilfe +“ vermuten lässt, bringt dieses neue Instrument darüber hinaus bestimmte Änderungen der üblichen Verfahren für die Makrofinanzhilfe mit sich, um es an die außergewöhnlichen Umstände bezüglich der Bereitstellung von Unterstützung für ein im Krieg befindliches Land anzupassen, insbesondere an die hohe Unsicherheit, die Risiken und den Flexibilitätsbedarf. Zu den Änderungen gehören günstigere Bedingungen der Darlehen (längere Laufzeit von bis zu 35 Jahren mit einer tilgungsfreien Zeit von zehn Jahren und einer Zinsvergütung), eine größere Flexibilität bei den strukturpolitischen Auflagen (es sind nur zufriedenstellende Fortschritte mit Blick auf die Erfüllung erforderlich, was für alle Auszahlungen außer der letzten gilt), die weitere Entkopplung von einem Auszahlungsprogramm des IWF und verstärkte Berichtspflichten. Diese Elemente werden unten im Abschnitt 3.1 und in der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen näher erläutert. Die 20 gezielten politischen Auflagen, die dieser Maßnahme zugrunde liegen, wurden sorgfältig konzipiert, um ihre Relevanz und Realisierbarkeit in der derzeitigen Lage sicherzustellen. Sie decken die vier Bereiche der makrofinanziellen Stabilität ab – Strukturreformen und gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Energie.

    Nach einer Gaskrise in Moldau, die die Wirtschaft erheblich beeinträchtigte und den Finanzierungsbedarf des Landes erhöhte, stellten die Behörden im November 2021 einen Antrag auf neue Makrofinanzhilfe. Daraufhin einigte sich die EU auf eine neue Maßnahme für Moldau in Höhe von 150 Mio. EUR, darunter 120 Mio. EUR in Form von Darlehen und 30 Mio. EUR in Form von Zuschüssen. Die MFA-Maßnahme geht mit einem Wirtschaftsreformprogramm einher, das 15 politische Maßnahmen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung, öffentliche Finanzverwaltung und Steuerung des Finanzsektors, bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen sowie Reformen des Energiesektors umfasst. Die erste Tranche wurde im Juli 2022 und die zweite Tranche im März 2023 erfolgreich freigegeben.

    Die moldauische Wirtschaft wurde durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine besonders stark beeinträchtigt, was zu einem höheren Finanzierungsbedarf des Landes beigetragen hat, der durch die anhaltende Energiekrise weiter vergrößert wurde. Angesichts dieser Umstände beantragten die Behörden weitere internationale Unterstützung. Am 10. November 2022 kündigte Präsidentin von der Leyen ein zusätzliches Finanzhilfepaket für Moldau in Höhe von 250 Mio. EUR an, das zum Teil im Rahmen der Makrofinanzhilfe bereitgestellt werden sollte. Am 24. Januar 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Aufstockung der aktuellen Makrofinanzhilfe um 145 Mio. EUR an, davon 100 Mio. EUR in Form von Darlehen zu Vorzugskonditionen und 45 Mio. EUR in Form von Zuschüssen.

    Neben der Finanzhilfe für die Erholung von der COVID-19-Pandemie und die Bewältigung der Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden 2022 auch die Pläne zur Durchführung einer dritten regulären Makrofinanzhilfe für Jordanien entscheidend vorangebracht. Nachdem von den 14 ausstehenden politischen Reformen alle bis auf eine umgesetzt waren, wobei für die Auflage in Bezug auf Änderungen des Gesetzes über unrechtmäßige Bereicherung im Einvernehmen mit dem Ausschuss der Mitgliedstaaten für Makrofinanzhilfen eine Ausnahmeregelung gewährt worden war, wurde die dritte und letzte Tranche am 31. März 2023 ausgezahlt.

    Stand der Umsetzung der MFA-Maßnahmen im Jahr 2022 (nach Regionen)

    3

    3.1Östliche Partnerschaft

    ·Moldau: neue MFA-Maßnahme

    Nach dem Ausbruch einer Energiekrise aufgrund der weiterhin starken Energieabhängigkeit von Russland beantragte Moldau im November 2021 trotz einer wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie offiziell eine neue MFA-Maßnahme. Nach sorgfältiger Prüfung des Finanzierungsbedarfs arbeitete die Kommission einen Vorschlag für eine Hilfe in Höhe von bis zu 150 Mio. EUR aus, die Darlehen in Höhe von 120 Mio. EUR und Zuschüsse in Höhe von 30 Mio. EUR umfasste. Der Beschluss, Moldau eine zusätzliche Makrofinanzhilfe zu gewähren, wurde vom Europäischen Parlament und dem Rat am 6. April 2022 erlassen. Die Makrofinanzhilfe trat nach der Ratifizierung durch das moldauische Parlament am 18. Juli 2022 in Kraft. Nachdem die in der Grundsatzvereinbarung (Memorandum of Understanding, MoU) festgelegten politischen Auflagen erfüllt waren, wurde die erste Tranche im Juli 2022 und die zweite Tranche im März 2023 in Höhe von jeweils 50 Mio. EUR in Form von Darlehen und Zuschüssen ausgezahlt. Im Rahmen der derzeitigen Maßnahme stehen Moldau noch 50 Mio. EUR zur Verfügung, die in einer Tranche ausgezahlt werden. Darüber hinaus nahm die Kommission am 24. Januar 2023 einen Vorschlag zur Aufstockung der aktuellen Makrofinanzhilfe um 145 Mio. EUR an. Die zusätzliche Makrofinanzhilfe ist Teil eines größeren Hilfspakets der Kommission für Moldau angesichts der sich verschlechternden Zahlungsbilanzsituation des Landes aufgrund der schwerwiegenden Energiekrise im Herbst/Winter 2022/2023. Nach der Annahme durch den Rat und das Parlament wird die zusätzliche Makrofinanzhilfe voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2023 in zwei Tranchen ausgezahlt werden, sobald die entsprechenden politischen Maßnahmen durchgeführt wurden.

    Die reguläre MFA-Maßnahme sowie die vorgeschlagene Aufstockung unterliegen weiterhin einer planmäßigen Umsetzung des IWF-Programms für Moldau im Rahmen der erweiterten Kreditfazilität bzw. erweiterten Fondsfazilität, das im Dezember 2021 angenommen und im Mai 2022 aufgestockt wurde. Nach der Aufstockung ist das IWF-Programm mit Mitteln in Höhe von 815 Mio. USD ausgestattet. Im Januar 2023 schloss der IWF seine zweite Überprüfung erfolgreich ab und bewertete den Gesamtfortschritt des Programms als positiv.

    ·Ukraine: MFA-Soforthilfe 

    Die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands wurde mit der Entwicklung der schwierigen Lage vor Ort auf der Grundlage einer Prüfung des Finanzierungsbedarfs der Ukraine stetig erhöht. Dieser schrittweise Ansatz hatte zur Folge, dass 2022 drei MFA-Maßnahmen für die Ukraine bereitgestellt wurden, wobei die hohe Unsicherheit und die außergewöhnlichen Umstände neuartige Ausnahmeelemente für mehr Flexibilität, aber auch eine höhere Dotierung erforderten, wie unten und in der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen näher erläutert. Auf eine sofortige MFA-Maßnahme in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. EUR folgte ein außerordentliches Makrofinanzhilfepaket, das aus zwei Maßnahmen in Höhe von bis zu 1 Mrd. EUR bzw. 5 Mrd. EUR bestand.

    Angesichts der eskalierenden geopolitischen Spannungen vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und infolge eines offiziellen Antrags der Ukraine vom 16. November 2021 auf eine langfristige MFA-Maßnahme in Höhe von 2,5 Mrd. EUR nahm die Europäische Kommission am 1. Februar 2022 einen Vorschlag für eine neue sofortige Makrofinanzhilfe zugunsten der Ukraine in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. EUR in Form von Darlehen an, die in zwei gleichen Tranchen ausgezahlt werden sollte. Das Europäische Parlament und der Rat erließen den Beschluss umgehend am 28. Februar 2022, womit die sechste MFA-Maßnahme für die Ukraine seit 2014 genehmigt wurde. Am 3. März 2022 unterzeichneten die Kommission und die Ukraine die entsprechende Grundsatzvereinbarung, die die sehr rasche Auszahlung der ersten Tranche in Höhe von 600 Mio. EUR in zwei Teilen am 11. und am 18. März 2022 ermöglichte. Des Weiteren stellt die Kriegssituation ein Ereignis höherer Gewalt dar, das den wirksamen Abschluss der strukturpolitischen Maßnahmen – eine Vorbedingung für die Auszahlung der zweiten Tranche der Makrofinanzhilfe – behinderte, auch wenn die Behörden Schritte unternommen hatten, um alle Maßnahmen anzugehen. Als außergewöhnliche Reaktion auf den akuten Finanzierungsbedarf der Ukraine und da die in der Grundsatzvereinbarung festgelegten Auflagen aus Gründen höherer Gewalt zum damaligen Zeitpunkt nicht erfüllt werden konnten, beschloss die Kommission nach einer Konsultation des Ausschusses der Mitgliedstaaten für Makrofinanzhilfen, die zweite Tranche in Höhe von 600 Mio. EUR umgehend im Mai auszuzahlen.

    ·Ukraine: außerordentliche Makrofinanzhilfe 

    Im Laufe des Sommers 2022 verschärfte sich die Finanzierungssituation immer weiter, wobei die Ukraine zunehmend Geld drucken und Reserven abbauen musste. Im Rahmen der außerordentlichen Unterstützung der EU für die Ukraine schlug die Kommission am 1. Juli 2022 eine neue MFA-Maßnahme zugunsten der Ukraine in Höhe von 1 Mrd. EUR in Form eines längerfristigen Darlehens zu äußerst günstigen Bedingungen (im Vergleich zu den üblichen Konditionen – siehe unten) vor. Dieser Vorschlag bildete den ersten Teil des außerordentlichen Makrofinanzhilfepakets in Höhe von bis zu 9 Mrd. EUR, das von der Kommission in ihrer Mitteilung vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „Entlastung und Wiederaufbau der Ukraine“ angekündigt und vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 23./24. Juni 2022 gebilligt wurde. Die außerordentliche Makrofinanzhilfe zielte darauf ab, bei akutem Finanzierungsbedarf rasch finanzielle Unterstützung zu leisten und das weitere Funktionieren der wichtigsten Funktionen des ukrainischen Staates sicherzustellen. Das Europäische Parlament und der Rat erließen den Beschluss am 12. Juli 2022, wobei die verfügbare verfahrenstechnische Flexibilität in vollem Umfang genutzt wurde, damit dies schneller als je zuvor gelingen konnte. Am 19. Juli 2022 unterzeichneten die Kommission und die Ukraine die entsprechende Grundsatzvereinbarung, die eine Auszahlung des Gesamtbetrags dieser Makrofinanzhilfe in zwei Tranchen Anfang August 2022 ermöglichte.

    Am 7. September 2022 schlug die Kommission als zweiten Teil des außerordentlichen Makrofinanzhilfepakets eine neue MFA-Maßnahme in Höhe von 5 Mrd. EUR in Form von Darlehen vor. Der MFA-Beschluss wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat sehr zügig am 20. September 2022 erlassen, wobei erneut die verfügbare verfahrenstechnische Flexibilität in vollem Umfang genutzt wurde, um das Verfahren zu beschleunigen. Nach dem Inkrafttreten der Grundsatzvereinbarung am 4. Oktober 2022 wurde eine erste Tranche in Höhe von 2 Mrd. EUR am 18. Oktober 2022 an die Ukraine ausgezahlt. Die zweite Auszahlung in Höhe von 2,5 Mrd. EUR folgte am 22. November 2022. Die dritte und letzte Tranche über 500 Mio. EUR wurde am 14. Dezember 2022 ausgezahlt. Die außerordentlichen MFA-Maßnahmen, mit denen die unmittelbare Finanzhilfe der EU für die Ukraine seit dem Beginn der groß angelegten Militärinvasion Russlands auf insgesamt 7,2 Mrd. EUR erhöht wurde, waren für die Aufrechterhaltung der makroökonomischen Stabilität im Land unerlässlich.

    Angesichts der außergewöhnlichen Umstände in der Ukraine aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen das Land wurden bei diesen außerordentlichen MFA-Maßnahmen einige Neuheiten eingeführt, die jedoch keinen Präzedenzfall für zukünftige MFA-Maßnahmen schaffen sollten. 8 Mit einer durchschnittlichen Laufzeit von insgesamt bis zu 25 Jahren im Vergleich zu den üblichen 15 Jahren und der Möglichkeit zur Deckung von Zinsaufwendungen und Zahlungen von Verwaltungsgebühren durch den EU-Haushalt wurden die Bedingungen der Hilfe vergünstigt. Im Sinne einer größeren Flexibilität in der außergewöhnlichen Kriegssituation war die außerordentliche Makrofinanzhilfe im Gegensatz zu regulären MFA-Maßnahmen nicht formell an ein Auszahlungsprogramm des IWF gebunden. Die politischen Auflagen, die sich als zentraler Mehrwert der Makrofinanzhilfe erwiesen haben, wurden auf wesentliche Auflagen beschränkt, die als realisierbar erachtet wurden und bei denen zu erwarten war, dass sie mit einem hinreichend hohen Maß an Sicherheit zügig erfüllt werden konnten. Schließlich wurde ein System der verpflichtenden Berichterstattung eingeführt, mit dem sichergestellt werden sollte, dass die erhaltenen Mittel auf effiziente, transparente und verantwortliche Weise verwendet werden.

    Die ukrainischen Behörden verpflichteten sich, monatliche Berichte zu den Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushalts für die wesentlichen Ausgabenrubriken vorzulegen und darin auch Angaben zu den bestehenden Verwaltungsmaßnahmen und Maßnahmen des Finanzmanagements sowie zu den internen Kontrollen zu machen. Des Weiteren wurden diese MFA-Maßnahmen stärker besichert, indem eine Dotierungsquote von 70 % statt der üblichen in der NDICI-Verordnung vorgesehenen Quote von 9 % angewandt wurde. Die Standardquote in Höhe von 9 % ist weiterhin in Form von eingezahlten Dotierungen und die Quote von 61 % in Form einer Zweitverlustgarantie vonseiten der Mitgliedstaaten gegeben. Bei der ersten Maßnahme wurde dies im Einklang mit den Verfahren für reguläre Maßnahmen durch den EU-Haushalt gedeckt, wohingegen beim zweiten Teil Garantien der Mitgliedstaaten zur Unterstützung dienten (siehe Kasten 1).

    Diese neuartigen und ungewöhnlichen Elemente, beispielsweise die günstigeren Bedingungen, die größere Flexibilität und die verstärkte Berichterstattung, wurden auch bei der Gestaltung des Instruments „Makrofinanzhilfe +“ berücksichtigt, mit dem im Jahr 2023 Finanzhilfe für die Ukraine bereitgestellt wird.

    ·Ukraine: Makrofinanzhilfe + (MFA+)

    Innerhalb eines Monats, nachdem der Europäische Rat am 20./21. Oktober 2022 eine stärker strukturierte Herangehensweise für die Bereitstellung von Unterstützung für die Ukraine im Jahr 2023 gefordert hatte, nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Unterstützung zugunsten der Ukraine in Höhe von 18 Mrd. EUR an, die 2023 in Form von mit besonders günstigen Bedingungen ausgestatteten Darlehen im Rahmen des neuen Instruments „Makrofinanzhilfe +“ („MFA+“) gewährt werden sollte. Dieses neue Instrument stellt eine berechenbarere, kontinuierlichere, geordnetere und zeitnähere Finanzierung sicher, um einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des unmittelbaren Finanzierungsbedarfs der Ukraine, den Instandsetzungen der kritischen Infrastruktur und den ersten Unterstützungsmaßnahmen im Hinblick auf den Wiederaufbau nach dem Krieg zu leisten, auch als Unterstützung des Landes auf seinem Weg zur europäischen Integration.

    Das Instrument „Makrofinanzhilfe +“ bindet nicht nur die durch das außerordentliche Makrofinanzhilfepaket eingeführten neuartigen Elemente ein, z. B. günstigere Bedingungen durch längere Darlehenslaufzeiten und Zinszuschuss, eine weitere Entkopplung von einem Auszahlungsprogramm des IWF, eine größere Flexibilität bei den strukturpolitischen Auflagen und verstärkte Berichtspflichten, sondern es ermöglicht auch, dass Dritte bilaterale Beiträge zum Wiederaufbau der kritischen Infrastruktur in der Ukraine leisten. 9 Nach einem weiteren zügigen Verfahren, bei dem die verfahrenstechnische Flexibilität in vollem Umfang genutzt wurde, verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat am 14. Dezember 2022 die Verordnung zur Schaffung der Makrofinanzhilfe +. Die 20 gezielten politischen Auflagen, die dieser Maßnahme zugrunde liegen, wurden erneut sorgfältig so gestaltet, dass ihre Relevanz und Realisierbarkeit in der derzeitigen Lage sichergestellt ist. Sie decken die vier Bereiche der makrofinanziellen Stabilität ab – Strukturreformen und gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Energie. Aufbauend auf den Erfahrungen mit dem außerordentlichen Makrofinanzhilfepaket und im Wissen darum, dass sich die anhaltende Ausnahmesituation aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Möglichkeiten der Behörden zur Durchführung von Reformen auswirkt, ist die Auszahlung der Tranchen an die Bedingung geknüpft, dass bei der Erfüllung der Auflagen zufriedenstellende Fortschritte erzielt werden, mit Ausnahme der letzten Auszahlung, die eine vollständige Erfüllung voraussetzt. Die Möglichkeit einer Halbzeitüberprüfung der Grundsatzvereinbarung bietet zusätzliche Flexibilität, um die Realisierbarkeit dieser Auflagen in Anbetracht des andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu prüfen.

    Die Kommission und die Ukraine unterzeichneten am 16. Januar 2023 die Grundsatzvereinbarung und die Kreditrahmenvereinbarung (Loan Facility Agreement, LFA), die beide am gleichen Tag in Kraft traten. Die erste Tranche in Höhe von 3 Mrd. EUR in Form von Darlehen wurde am 17. Januar 2023 ausgezahlt; die zweite Zahlung von 1,5 Mrd. EUR erfolgte zwei Monate später am 21. März 2023. Sofern die politischen Vorbedingungen erfüllt, die verstärkten Berichtspflichten zur Mittelverwendung eingehalten und weiterhin zufriedenstellende Fortschritte bei der Erfüllung der vereinbarten strukturpolitischen Auflagen erzielt werden, soll die Ukraine bis Ende 2023 im Rahmen der Makrofinanzhilfe + Unterstützung in Höhe von 1,5 Mrd. EUR pro Monat erhalten (eine solche Auszahlung wurde am 25. April 2023 ermöglicht). 

    3.2Südliche Nachbarschaft

    ·Jordanien: MFA III 

    Nachdem die dritte Makrofinanzhilfe für Jordanien in Höhe von 500 Mio. EUR in Form von Darlehen im Januar 2020 in Kraft getreten war, beantragten die jordanischen Behörden im April 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie eine zusätzliche Hilfe, und die EU einigte sich auf eine Aufstockung der Makrofinanzhilfe in Höhe von 200 Mio. EUR in Form von Darlehen. Die im Rahmen der Makrofinanzhilfe verhängten politischen Auflagen konzentrieren sich in erster Linie auf die Verbesserung der öffentlichen Finanzverwaltung, die Korruptionsbekämpfung, auf Reformen im Versorgungssektor, die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und die Regierungsführung.

    Die erste Tranche (100 Mio. EUR plus 150 Mio. EUR durch die Aufstockung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie) wurde am 25. November 2020 ausgezahlt. Die zweite und die dritte Tranche sollten freigegeben werden, nachdem Jordanien die in der Grundsatzvereinbarung mit der EU festgelegten spezifischen politischen Auflagen erfüllt hat. Die zweite Tranche (200 Mio. EUR sowie eine Aufstockung in Höhe von 50 Mio. EUR) wurde am 20. Juli 2021 ausgezahlt, womit der COVID-19-bezogene Teil der Hilfe erfolgreich abgeschlossen wurde. Die dritte Tranche in Höhe von 200 Mio. EUR wurde am 31. März 2023 nach einer positiven Bewertung der entsprechenden politischen Auflagen freigegeben.

    Diese MFA-Maßnahmen werden in Verbindung mit den Mitteln internationaler Finanzinstitutionen und bilateraler Geber, einschließlich des IWF, bereitgestellt. Am 25. März 2020 genehmigte der IWF ein vierjähriges Programm im Rahmen der erweiterten Fondsfazilität (EFF) zugunsten von Jordanien, das anfangs rund 1,3 Mrd. USD umfasste (270 % der Quote Jordaniens) und 2021/2022 zweimal auf etwa 1,49 Mrd. USD aufgestockt wurde (334 % der Quote), um mehr Unterstützung zu leisten und dem Land so dabei zu helfen, die Auswirkungen der Pandemie auf die Bevölkerung zu bewältigen, während es gleichzeitig 1,3 Mio. syrische Flüchtlinge beherbergte. Der IWF schloss im Dezember 2022 die fünfte Überprüfung der EFF ab und genehmigte dadurch die sofortige Bereitstellung von etwa 343 Mio. USD. Somit belaufen sich die seit Anfang 2020 getätigten Auszahlungen des IWF an Jordanien auf insgesamt etwa 1,7 Mrd. USD, darunter rund 366 Mio. EUR, die im Mai 2020 als Soforthilfe im Rahmen des Schnellfinanzierungsinstruments zur Verfügung gestellt wurden, um das Land bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie zu unterstützen. Wenngleich die Staatsverschuldung Jordaniens mit 113,2 % des BIP im Jahr 2022 nach wie vor hoch war, wurde sie vom IWF im Dezember 2022 als tragfähig eingestuft.

    ·Tunesien: COVID-19-Makrofinanzhilfe

    Im Rahmen des im Mai 2020 angenommenen COVID-19-Makrofinanzhilfepakets beschloss die EU eine Makrofinanzhilfe für Tunesien in Höhe von 600 Mio. EUR in Form von Darlehen. Aufgrund von langwierigen Verfahren im Partnerland wurde dies die vorletzte COVID-19-bezogene Maßnahme, die in Kraft trat: Die Grundsatzvereinbarung sowie die Kreditrahmenvereinbarung wurden am 24. November 2020 unterzeichnet; sie wurden am 15. April 2021 vom tunesischen Parlament ratifiziert und traten am 11. Mai 2021 mit der Veröffentlichung im tunesischen Amtsblatt in Kraft. Der 12-monatige Bereitstellungszeitraum lief somit bis Mai 2022. Die politischen Auflagen der Makrofinanzhilfe konzentrierten sich in erster Linie auf vier Themenbereiche, und zwar öffentliche Finanzverwaltung und Reform des zivilen Sektors, Reformen bei staatseigenen Unternehmen, Sozialschutz und Investitionsklima. 

    Die Makrofinanzhilfe wurde in zwei Tranchen von jeweils 300 Mio. EUR bereitgestellt. Die erste Tranche war an die Erfüllung der allgemeinen politischen Vorbedingungen für Makrofinanzhilfen geknüpft und wurde am 1. Juni 2021 ausgezahlt. Die erforderlichen politischen Reformen für die Auszahlung der zweiten Tranche wurden im Jahr 2022 entweder vollständig oder weitgehend durchgeführt. Trotz Bedenken in Bezug auf die politischen Vorbedingungen infolge der Verschlechterung der politischen Lage seit Mitte 2021 wurde die zweite Tranche nach einer sorgfältigen Prüfung der Lage und einem Schreiben der Behörden, in dem Zusicherungen gegeben wurden und die Umsetzung eines politischen Kalenders zugesagt wurde, am 25. Mai 2022 ausgezahlt.

    Die Finanzhilfe ergänzte die Mittel, die von anderen Gebern bereitgestellt wurden, einschließlich des IWF über das Soforthilfeprogramm für Tunesien in Höhe von 685 Mio. EUR, das im Rahmen des Schnellfinanzierungsinstruments am 10. April 2020 genehmigt wurde.

    3.3Westlicher Balkan 

    ·Bosnien und Herzegowina: COVID-19-Makrofinanzhilfe

    Nachdem Bosnien und Herzegowina am 14. April 2020 zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie einen offiziellen Makrofinanzhilfeantrag gestellt hatte, wurden 250 Mio. EUR in Form von Darlehen zugunsten des Landes in das COVID-19-Makrofinanzhilfepaket aufgenommen. Die Grundsatzvereinbarung sowie die Kreditrahmenvereinbarung wurden am 15. Januar 2021 unterzeichnet und traten am 9. Juni 2021 in Kraft, womit dies die letzte COVID-19-bezogene Maßnahme war, die in Kraft trat. Diese erhebliche Verzögerung war auf die langwierigen Beschlussfassungsprozesse des Landes zurückzuführen. Die politischen Auflagen für die zweite Tranche der Makrofinanzhilfe zielten darauf ab, einige der Schwächen in den Bereichen wirtschaftspolitische Steuerung und Institutionenaufbau sowie Stabilität des Finanzsektors und Transparenz zu beheben und die Korruptionsbekämpfung sowie das bessere Funktionieren des Arbeitsmarkts zu unterstützen.

    Die Makrofinanzhilfe sollte in zwei Tranchen von jeweils 125 Mio. EUR bereitgestellt werden. Die erste Tranche wurde am 7. Oktober 2021 auflagenfrei ausgezahlt, während die zweite Tranche aufgrund einer unzureichenden Erfüllung der vereinbarten politischen Auflagen innerhalb des Bereitstellungszeitraums der Makrofinanzhilfe nicht ausgezahlt wurde, da sieben von neun Reformen nicht abgeschlossen worden waren.

    Die Finanzhilfe ergänzte die Mittel, die von anderen Gebern bereitgestellt wurden, einschließlich des IWF über das Soforthilfeprogramm für Bosnien und Herzegowina in Höhe von 330 Mio. EUR, das im Rahmen des Schnellfinanzierungsinstruments am 20. April 2020 genehmigt wurde.

    4Gewährleistung der ordnungsgemäßen Verwendung der MFA-Mittel: operative Bewertungen, Evaluierungen und Prüfungen

    4.1Operative Bewertungen

    Im Einklang mit der Haushaltsordnung der EU führt die Kommission mithilfe externer Berater operative Bewertungen durch, um hinreichende Gewähr für die Verlässlichkeit der Finanz- und Verwaltungsabläufe in den Empfängerländern zu erhalten.

    Die operativen Bewertungen konzentrieren sich auf die öffentlichen Finanzverwaltungssysteme, vor allem die Verfahren und die Organisation der Finanzministerien und Zentralbanken und insbesondere die Verwaltung der Konten, auf denen die EU-Mittel eingehen. Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der Arbeitsweise, der Unabhängigkeit und den Arbeitsprogrammen externer Prüfstellen sowie der Wirksamkeit der von ihnen durchgeführten Kontrollen. Die Verfahren zur öffentlichen Auftragsvergabe auf zentraler Ebene werden ebenfalls überprüft.

    Im Jahr 2022 wurde im Zusammenhang mit der Makrofinanzhilfe + eine neue operative Bewertung der Ukraine eingeleitet. Die externen Berater kamen zu dem Schluss, dass die Finanz- und Verwaltungsabläufe des Landes trotz des russischen Angriffskriegs für die Zwecke der Makrofinanzhilfe als hinreichend geeignet zu erachten sind. Sie bestätigten, dass die öffentlichen Finanzverwaltungssysteme und sonstigen Finanzabläufe der Ukraine in den Jahren nach der operativen Bewertung von 2018 erheblich verbessert wurden und dass die ukrainische Regierung sich weiterhin um eine Verbesserung der Systeme und Prozesse bemüht, wobei es zahlreiche Hinweise darauf gab, dass mehrere wichtige Reformen durchgeführt worden waren oder gerade durchgeführt wurden, bevor sie durch die groß angelegte Militärinvasion Russlands abrupt unterbrochen wurden.

    4.2Evaluierungen 

    Im Einklang mit der Haushaltsordnung der EU und den entsprechenden MFA-Beschlüssen führt die Kommission nach Abschluss der MFA-Maßnahmen Evaluierungen 10 durch, um deren Auswirkungen zu beurteilen. Die zwei Hauptziele dieser Evaluierungen bestehen darin,

    I.die Auswirkungen der Makrofinanzhilfen auf die Wirtschaft des Empfängerlandes und insbesondere auf die Tragfähigkeit seiner Zahlungsbilanzsituation zu analysieren und

    II.den Mehrwert der EU-Maßnahme zu bewerten.

    Im September 2022 veröffentlichte die Kommission nach der Fertigstellung der externen Studie im Jahr 2021 eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in der die Ergebnisse der gemeinsamen Evaluierung der Maßnahmen für Tunesien und Jordanien dargelegt wurden.

    Des Weiteren schloss die Kommission über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus und unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Ausschusses für Regulierungskontrolle eine Meta-Evaluierung aller MFA-Maßnahmen im Zeitraum von 2010 bis 2020 ab, die bereits im letztjährigen Bericht beschrieben wurde. Im Rahmen der Meta-Evaluierung wurden die Grundsätze und Merkmale des MFA-Instruments analysiert; die Evaluierung war darauf ausgerichtet, Anregungen zur Verbesserung der Relevanz, der Wirksamkeit, der Effizienz und des Mehrwerts des Instruments sowie seiner Reaktionsfähigkeit im Sinne der Prioritäten außenpolitischer EU-Maßnahmen zu liefern. Die begleitende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen wurde im Januar 2023 veröffentlicht.

    ·Tunesien und Jordanien: Gegenstand der Evaluierung waren die MFA-Maßnahme für Tunesien im Zeitraum 2017–2019 sowie die MFA-Maßnahme für Jordanien im gleichen Zeitraum, bei denen es sich jeweils um das zweite Hilfspaket dieser Art für das entsprechende Land handelte. Der Evaluierung zufolge waren Umfang, Form und Zeitplan der Maßnahmen relevant und dem Finanzierungsbedarf der Länder angemessen und stellten somit einen Mehrwert für die EU dar. In beiden Ländern wirkte sich die Makrofinanzhilfe positiv auf die Schuldentragfähigkeit aus und spielte eine positive Rolle bei der Förderung der makroökonomischen Stabilisierung. Die Auflagen waren maßgebend und konzentrierten sich auf wichtige Reformbereiche. Die Maßnahmen trugen zu positiven Veränderungen in einigen Reformbereichen bei, obwohl bei einigen anderen spezifischen Reformen uneinheitliche Fortschritte erzielt wurden. Dies war das erste Mal, dass zwei Maßnahmen angesichts regionaler Ähnlichkeiten, sich überschneidender Umsetzungszeiträume und vergleichbarer Auflagen in einer einzigen Evaluierung behandelt wurden, um Schlussfolgerungen zu ziehen, die über die spezifische Maßnahme hinausgehen. Aus regionaler Sicht waren die positiven Auswirkungen und Ausstrahlungseffekte der beiden Makrofinanzhilfen auf die Region Naher Osten und Nordafrika (Middle East and North Africa, MENA) aufgrund der relativ geringen Größe der unterstützten Volkswirtschaften und der geringen intraregionalen Integration weniger gut messbar; mögliche positive Auswirkungen hingen hauptsächlich mit dem Vertrauenseffekt zusammen. Es wurde festgestellt, dass beide Maßnahmen mit dem allgemeinen politischen Rahmen der EU im Einklang standen und auf die Reformagenda der Behörden und die Programme anderer Geber abgestimmt waren. Angesichts der insgesamt positiven Erfahrungen mit der gemeinsamen Behandlung der beiden Maßnahmen in einer einzigen Evaluierung wird geplant, bei den nächsten Evaluierungen gleichermaßen vorzugehen, insbesondere bezüglich der Maßnahmen in der Östlichen Partnerschaft im Zeitraum 2017–2020 und des COVID-19-Pakets, bei dem diese Herangehensweise besonders relevant und vielversprechend erscheint, da dem Unterstützungsbedarf ein gemeinsamer Schock zugrunde lag.

    ·Meta-Evaluierung der MFA-Maßnahmen 2010–2020: Gegenstand der Evaluierung waren 15 MFA-Maßnahmen für die Länder der Östlichen Partnerschaft, die Länder der südlichen Nachbarschaft, Heranführungsländer und andere Länder; dabei wurden zusätzlich die jüngeren Erfahrungen mit dem COVID-19-Paket und den MFA-Maßnahmen für die Ukraine aus dem Jahr 2022 berücksichtigt. Der Evaluierung zufolge waren diese Maßnahmen effizient, relevant und kohärent und haben einen Mehrwert für die EU geschaffen. Darüber hinaus hat das Makrofinanzhilfeinstrument sowohl zur Wiederherstellung der Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz als auch zur Förderung von Strukturreformen wirksam beigetragen. Die Wirksamkeit der Makrofinanzhilfen wurde insbesondere unterstützt durch i) die Konzentration auf die Länder in der direkten Nachbarschaft der EU und die engen Beziehungen mit diesen Ländern, ii) die Präferenz für Darlehen und den standardmäßigen Bereitstellungszeitraum von zweieinhalb Jahren, der lang genug ist, um Anreize für Reformen und deren Umsetzung zu schaffen, und durch iii) die Tatsache, dass die politischen Auflagen (bei denen festgestellt wurde, dass sie maßgebend waren und die richtige Abfolge hatten) umfassende Reformanstrengungen sicherstellten. In der Evaluierung wurde zudem bestätigt, dass die Ziele, die Ausgestaltung und die Durchführung der MFA-Maßnahmen weitgehend komplementär waren und mit anderen EU-Initiativen und IWF-Maßnahmen im Einklang standen. Allerdings wurde in der Evaluierung auch auf einige Einschränkungen hingewiesen. Die Verfahren zur Annahme von MFA-Maßnahmen wurden als langwierig für ein Kriseninstrument bewertet, woraus sich eine gewisse Beeinträchtigung der Wirksamkeit ergibt. Dies war besonders bei standardmäßigen Beschlussfassungsverfahren der Fall, und die jüngsten Erfahrungen mit dem COVID-19-Paket und der Makrofinanzhilfe für die Ukraine im Jahr 2022 haben gezeigt, dass es eine große Hilfe war, die verfügbare verfahrenstechnische Flexibilität in vollem Umfang zu nutzen. Die mangelnde Flexibilität der Grundsatzvereinbarung schien die Wirksamkeit der Makrofinanzhilfen in Zeiten tiefgreifender Veränderungen ebenfalls verringert zu haben. Die Evaluierung ergab zudem, dass die Außenwirkung der Makrofinanzhilfe in den Empfängerländern verbessert werden muss. Aus methodischer Sicht wurde festgestellt, dass bei den Evaluierungen der Makrofinanzhilfen hohe Standards angelegt wurden, insbesondere nach dem Inkrafttreten der Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung aus dem Jahr 2015.

    Weitere Informationen zu den beiden Evaluierungen sind in der diesem Bericht beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthalten.

    5Allgemeine Entwicklungen im Zusammenhang mit dem MFA-Instrument

    5.1Funktionsweise des MFA-Instruments 

    In der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe 11 aus dem Jahr 2013 wird der Finanzhilfe ein makroökonomischer und finanzieller Rahmen zugewiesen und eindeutig festgestellt: „Ziel sollte die Wiederherstellung einer tragfähigen Zahlungsbilanz in Ländern und Gebieten sein, die für eine Hilfe in Betracht kommen und die mit Außenfinanzierungsproblemen konfrontiert sind.“ Damit die Makrofinanzhilfe als „Soforthilfeinstrument“ erfolgreich sein kann, ist es daher wichtig, sie wirksam und rechtzeitig zu mobilisieren. Gleichzeitig wurde sowohl vom Europäischen Rechnungshof als auch bei der zuvor erwähnten Meta-Evaluierung der MFA-Maßnahmen (2010–2020) festgestellt, dass Verzögerungen bei der Annahme von MFA-Beschlüssen durch das Europäische Parlament und den Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens einen erheblichen Mangel bei einem Instrument darstellen können, mit dem auf eine Zahlungsbilanzkrise reagiert werden soll. Infolgedessen empfahl der Europäische Rechnungshof Folgendes: „Die Kommission sollte gemeinsam mit den gesetzgebenden Organen untersuchen, welche Möglichkeiten es gibt, um die Genehmigungsverfahren für nachfolgende Makrofinanzhilfe-Programme zu beschleunigen, insbesondere im Falle von Soforthilfen“. 12

    Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass die Erfahrungen mit dem COVID-19-Makrofinanzhilfepaket und den MFA-Maßnahmen für die Ukraine im Jahr 2022 (sofortige Makrofinanzhilfe, außerordentliche Makrofinanzhilfe, Makrofinanzhilfe +) gezeigt haben, dass der aktuelle Rahmen für Makrofinanzhilfen eine sehr rasche Annahme ermöglicht, wenn sich alle Organe darauf einigen, die verfügbare verfahrenstechnische Flexibilität in vollem Umfang zu nutzen. In diesen Fällen einigte sich die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Parlament und dem Rat auf die Anwendung der bestehenden Dringlichkeitsverfahren, die es ermöglichten, die entsprechende Hilfe innerhalb eines Monats nach den jeweiligen Vorschlägen der Kommission durch die beiden gesetzgebenden Organe anzunehmen. Das Europäische Parlament berief sich auf eine spezielle Klausel (Artikel 163) in seiner Geschäftsordnung, wonach der Beschluss unmittelbar im Plenum angenommen werden kann, ohne den Ausschuss für internationalen Handel (INTA) zu durchlaufen, wie es gängige Praxis ist. Dieses schnelle Annahmeverfahren wurde dadurch ermöglicht, dass sich alle Organe in diesen außerordentlich schwierigen Zeiten der Dringlichkeit bewusst waren.

    Wenn in Notsituationen eine zügige Annahme erforderlich ist, sieht also sowohl die Geschäftsordnung des Rates als auch die des Europäischen Parlaments ein beschleunigtes Verfahren vor. Durch zeitnahe, konstruktive Kontakte wurde eine beschleunigte Annahme im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens unter vollständiger Einbeziehung des Europäischen Parlaments möglich, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn die Kommission Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 213 AEUV vorgeschlagen hätte (dieser Artikel ist anwendbar, wenn umgehend finanzielle Hilfe geleistet werden muss, wobei der betreffende Makrofinanzhilfebeschluss allein vom Rat erlassen wird).

    5.2Makrofinanzhilfen im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027

    Da sich die Nachbarschafts- und Erweiterungsländer der EU weiterhin einer hohen geopolitischen Unsicherheit gegenübersehen und in diesen Ländern weiterhin wirtschaftliche Instabilität herrscht, was durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter verschärft wird, dürfte es auch in den kommenden Jahren dringend geboten sein, dass die EU die Gewährung von Makrofinanzhilfen in Erwägung zieht. Daher ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass die Bedingungen gegeben sind, um diese Hilfen durch den Haushalt decken zu können.

    MFA-Darlehen unterliegen der Garantie für Außenmaßnahmen, die durch die NDICI-Verordnung geschaffen wurde, mit einer Dotierungsquote von 9 %, wie dies bei vorherigen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Fall war. 13 Infolge des außerordentlichen Hilfsbedarfs seit dem Beginn des MFR und insbesondere der erheblichen Unterstützung der EU für die Ukraine im Rahmen der Makrofinanzhilfe im Jahr 2022 wurde ein großer Teil der verfügbaren Dotierung bereits aufgebraucht. Kasten 1 enthält Einzelheiten zur haushaltsmäßigen Behandlung der Unterstützung für die Ukraine im Jahr 2022.

    1.Kasten – haushaltsmäßige Behandlung der Unterstützung für die Ukraine im Jahr 2022

    Die finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands hat sich entsprechend dem Finanzierungsbedarf des Landes stufenweise entwickelt. Dieser schrittweise Ansatz hatte zur Folge, dass 2022 drei MFA-Maßnahmen durchgeführt wurden, bei denen im Vergleich zu regulären MFA-Maßnahmen mehrere neuartige und ungewöhnliche Haushaltsregelungen eingeführt wurden.

    Zunächst entsprach die am 28. Februar 2022 angenommene sofortige Makrofinanzhilfe zugunsten der Ukraine in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. EUR in Form von Darlehen dem regulären Schema für MFA-Maßnahmen und wies in Übereinstimmung mit der NDICI-Verordnung eine Dotierungsquote von 9 % des Nominalwerts des Darlehens auf.

    Anschließend wurde im Hinblick auf die Ausnahmesituation in der Ukraine und zur Deckung des unmittelbaren Finanzierungsbedarfs nach der unprovozierten und ungerechtfertigten Aggression Russlands beschlossen, dass die Darlehen für die Ukraine im Rahmen der außerordentlichen Makrofinanzhilfe (6 Mrd. EUR im Rahmen von zwei Maßnahmen in Höhe von 1 bzw. 5 Mrd. EUR) angesichts ihres höheren Risikos im Zusammenhang mit dem Krieg mit 70 % ihres Werts besichert werden sollten. 14 Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln für die Makrofinanzhilfe wurde dies durch eingezahlte Dotierungen aus dem EU-Haushalt entsprechend der üblichen Dotierungsquote von 9 % und durch zusätzlich abrufbare bilaterale nationale Garantien der Mitgliedstaaten für die verbleibenden 61 % des Betrags umgesetzt.

    Schließlich nahmen die gesetzgebenden Organe in Anbetracht des anhaltenden und eskalierenden Kriegs eine weitere und stärker strukturierte Unterstützung für das Jahr 2023 in Höhe von 18 Mrd. EUR in Form von Darlehen im Rahmen einer neuen Makrofinanzhilfe + an. Um den Verdrängungseffekt der beträchtlichen Unterstützung zugunsten der Ukraine auf zukünftige MFA-Maßnahmen in anderen Partnerländern zu begrenzen, wurde beschlossen, die mit dieser Darlehensvergabe verbundenen Risiken auf eine andere Art und Weise zu decken. Konkret wird die entsprechende finanzielle Verbindlichkeit durch den verfügbaren Spielraum unterhalb der Eigenmittelobergrenze garantiert. Dabei kommt die Flexibilität zum Tragen, die sich daraus ergibt, dass Mittel über die MFR-Obergrenze hinaus und bis zur Eigenmittelobergrenze der EU mobilisiert werden können. Durch diese Regelung kann die Darlehensvergabe ohne die Dotierung erfolgen, die normalerweise gemäß der NDICI-Verordnung vorgeschrieben ist.

    Die jüngsten Entwicklungen haben daher aufgrund des Umfangs und der Art der Unterstützung zugunsten der Ukraine eine erhebliche Lücke im Haushalt für MFA-Darlehen hinterlassen. Mehr als 60 % der zugewiesenen Haushaltsmittel für die Dotierung von MFA-Darlehen im derzeitigen MFR wurden bisher verwendet, und das bereits zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des derzeitigen MFR. Da es sich bei der Makrofinanzhilfe um ein Kriseninstrument handelt, ist der Bedarf nicht planbar und schwer vorhersehbar, jedoch dürfte er im derzeitigen Kontext einer hohen geopolitischen Unsicherheit und der wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, die die bestehenden makrofiskalischen Ungleichgewichte in vielen Partnerländern weiter vergrößern, beträchtlich bleiben. Es erscheint wichtig, dafür zu sorgen, dass ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, damit in Betracht kommende Anträge länderübergreifend und zeitlich kohärent geprüft und gegebenenfalls angenommen werden können.

    Die Garantie für Außenmaßnahmen wird über den gemeinsamen Dotierungsfonds verwaltet. Im Zusammenhang mit dem Engagement der EU gegenüber der Ukraine und der Region hat die Kommission eine Bewertung der damit verbundenen Risiken eingeleitet.

    6Ausblick – MFA-Maßnahmen und Haushaltslage 2023 

    Die moldauische Wirtschaft wurde durch die groß angelegte Militärinvasion Russlands in die Ukraine stark beeinträchtigt, was zu einem höheren Finanzierungsbedarf des Landes beigetragen hat, der durch die anhaltende Energiekrise weiter vergrößert wurde. Angesichts dieser Umstände beantragten die Behörden weitere internationale Unterstützung. Am 10. November 2022 kündigte die Präsidentin der Kommission daher ein zusätzliches Finanzhilfepaket für Moldau in Höhe von 250 Mio. EUR an, das zum Teil über das Makrofinanzhilfeinstrument ausgezahlt werden sollte. Am 24. Januar 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Aufstockung der aktuellen MFA-Maßnahme um bis zu 145 Mio. EUR an, davon bis zu 100 Mio. EUR in Form von Darlehen zu Vorzugskonditionen und bis zu 45 Mio. EUR in Form von Zuschüssen. Die Aufstockung soll in zwei zusätzlichen Tranchen ausgezahlt werden, die vorläufig für das dritte bzw. vierte Quartal 2023 vorgesehen und an neue politische Auflagen geknüpft sind, die in die bestehende Grundsatzvereinbarung aufgenommen werden. Der Vorschlag wurde im Mai 2023 durch das Europäische Parlament und den Rat angenommen.

    Am 6. Februar 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Bereitstellung einer Makrofinanzhilfe für Nordmazedonien in Höhe von bis zu 100 Mio. EUR an, nachdem sich die wirtschaftliche Lage und die wirtschaftlichen Aussichten des Landes seit dessen erstem Antrag im April 2022 verschlechtert hatten. Die Makrofinanzhilfe soll in zwei Tranchen ausgezahlt werden, die vorläufig für das dritte Quartal 2023 bzw. das erste Quartal 2024 vorgesehen sind. Die Freigabe der einzelnen Tranchen wird an Fortschritte bei der Umsetzung einer Reihe politischer Maßnahmen, die zwischen der Kommission und den Behörden zu vereinbaren sind und in einer Grundsatzvereinbarung aufgeführt werden, sowie an eine zufriedenstellende Umsetzung des IWF-Programms geknüpft sein, nachdem das Exekutivdirektorium des IWF am 22. November 2022 eine 24-monatige Vorsorge- und Liquiditätslinie für Nordmazedonien in Höhe von bis zu 530 Mio. EUR angenommen hat. Der MFA-Vorschlag für Nordmazedonien wurde im Juni 2023 durch das Europäische Parlament und den Rat angenommen. 

    Tunesien beantragte im November 2022 bei der EU eine zusätzliche Makrofinanzhilfe in Höhe von 1,2 Mrd. EUR, um seinen Finanzierungsbedarf vor dem Hintergrund der langsamen Erholung nach der Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu decken. Kurz zuvor war im Oktober 2022 die Vereinbarung auf technischer Ebene mit dem IWF über eine neue erweiterte Fondsfazilität (vier Jahre, 1,9 Mrd. USD) geschlossen worden. Der IWF hat das Programm jedoch noch nicht angenommen, da zusätzliche Finanzierungszusagen erforderlich sind und vorherige Maßnahmen zunächst abgeschlossen werden müssen. Die eskalierende Krise hat zur Folge, dass die verbleibende Außenfinanzierungslücke Tunesiens immer größer wird und die Umsetzung von Reformen zur Beseitigung der Schwachstellen des Landes noch dringender geworden ist. Auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung der Vorbedingungen für die Makrofinanzhilfe und des Außenfinanzierungsbedarfs Tunesiens bereitet die Kommission einen Vorschlag für eine neue Makrofinanzhilfe vor, der 2023 angenommen werden soll, sobald das IWF-Programm beschlossen ist.

    Die Kommission ist bereit, weitere künftige Anträge auf Makrofinanzhilfe zu prüfen, und wird den in Betracht kommenden Partnern gegebenenfalls neue MFA-Maßnahmen bzw. MFA-Folgemaßnahmen vorschlagen.

    Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Verpflichtungen und Zahlungen in Bezug auf MFA-Zuschüsse sowie die Auszahlung von MFA-Darlehen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und (vorläufig) 2023.



    Tabelle 1: Verpflichtungen und Zahlungen von MFA-Zuschüssen und Auszahlungen von MFA-Darlehen 2020–2023 (in EUR) 15  

    Verpflichtungsermächtigungen für Haushaltszuschüsse

    2020

    20 000 000

    2021

    227 200

    2022

    30 114 460

    2023

    56 710 579

    Operative Bewertungen, Ex-post-Evaluierungen

    Weitere mögliche MFA-Maßnahmen

    Verpflichtungen, gesamt

    293 900

    293 900

    227 200

    227 200

    114 460

    30 000 000

    30 114 460

    350 000

    45 000 000

    45 350 000

    Nicht gebundene Haushaltsmittel

    19 706 100

    Noch festzulegen

    Zahlungsermächtigungen für Haushaltszuschüsse

    27 000 000

    362 400

    20 868 187

    55 350 000

    Operative Bewertungen, Ex-post-Evaluierungen

    MFA III Georgien (abgeschlossen)

    MFA Moldau (abgeschlossen)

    MFA Moldau

    Weitere mögliche MFA-Maßnahmen

    Zahlungen, gesamt

    284 600

    5 000 000

    10 000 000

    15 284 600

    362 400

    362 400

    15 000 000

    350 000

    55 000 000

    55 350 000

    Nicht verwendete Mittel für Zuschüsse

    11 715 400

    5 868 187

    MFA-Darlehensauszahlungen

    MFA III Georgien (abgeschlossen)

    MFA Moldau (abgeschlossen)

    MFA IV Ukraine (abgeschlossen)

    MFA II Jordanien (abgeschlossen)

    MFA III Jordanien (abgeschlossen)

    MFA II Tunesien (abgeschlossen)

    MFA Moldau

    Sofort-MFA Ukraine

    Außerordentliche MFA Ukraine

    MFA-Aufstockung Moldau

    MFA+ Ukraine

    Auszahlungen von MFA-Darlehen, gesamt

    20 000 000

    20 000 000

    500 000 000

    100 000 000

    640 000 000

    200 000 000

    200 000 000

    35 000 000

    1 200 000 000

    6 000 000 000

    7 235 000 000

    200 000 000

    35 000 000

    140 000 000

    18 000 000 000

    18 375 000 000

    COVID-19-MFA-Maßnahmen:

    MFA Georgien (teilweise ausgez.)

    MFA Moldau (abgeschlossen)

    MFA Ukraine (abgeschlossen)

    MFA Jordanien (abgeschlossen)

    MFA Tunesien (abgeschlossen)

    MFA Albanien (abgeschlossen)

    MFA Bosnien und Herzegowina (teilweise ausgez.)

    MFA das Kosovo (abgeschlossen)

    MFA Montenegro (abgeschlossen)

    MFA Nordmazedonien (abgeschlossen)

    Auszahlungen von COVID-19-MFA-Darlehen, gesamt

    75 000 000

    50 000 000

    600 000 000

    150 000 000

    50 000 000

    30 000 000

    80 000 000

    1 035 000 000

    50 000 000

    600 000 000

    50 000 000

    300 000 000

    180 000 000

    125 000 000

    50 000 000

    30 000 000

    80 000 000

    1 465 000 000

    300 000 000

    300 000 000

    Auszahlungen aller MFA-Darlehen, gesamt

    1 675 000 000

    1 665 000 000

    7 535 000 000

    18 375 000 000

    (1)

     Dieser Bericht stützt sich auf die bis April 2023 verfügbaren Informationen.

    (2)

    Die Rechtsgrundlage für Makrofinanzhilfen für Nicht-EU-Länder, die keine Entwicklungsländer sind, bildet Artikel 212 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Benötigt ein Drittland umgehend finanzielle Hilfe, kann Artikel 213 AEUV kann als Rechtsgrundlage herangezogen werden.

    (3)

     Makrofinanzhilfen ergänzen zudem weitere außenpolitische Maßnahmen oder Instrumente der EU für den Nachbarschaftsraum und den westlichen Balkan, einschließlich der Budgethilfe, für die 2022 insgesamt 1384 Mio. EUR an Zuschüssen in den Regionen bereitgestellt wurden. Der jüngste Bericht über die Budgethilfe ist abrufbar unter: https://international-partnerships.ec.europa.eu/system/files/2022-10/budget-support-trends-and-results-2022_en.pdf .

    (4)

     Alle Evaluierungen finden sich auf der Website der Kommission unter: https://ec.europa.eu/info/evaluation-reports-economic-and-financial-affairs-policies-and-spending-activities_en .

    (5)

     COM(2023) 16 final: Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Evaluation of Macro financial assistance to third countries (Meta-evaluation of operations for 2010-2020).

    (6)

     Beschluss (EU) 2022/313, Beschluss (EU) 2022/1201, Beschluss (EU) 2022/1628, Beschluss (EU) 2022/2463, Beschluss (EU) 2022/563, Beschluss (EU) 2020/701, Beschluss (EU) 2020/33.

    (7)

    Beschluss (EU) 2020/701 über die Bereitstellung einer Makrofinanzhilfe in Form von Darlehen in Höhe von 3 Mrd. EUR für zehn Erweiterungs- und Nachbarschaftsländer. 

    (8)

    Die wichtigste Neuheit hinsichtlich des Haushalts ist die Einführung einer Besicherungsquote der außerordentlichen MFA-Darlehen zugunsten der Ukraine von insgesamt 70 %, wobei die übliche Dotierungsquote im Rahmen des EU-Haushalts von 9 % für die verbleibenden 61 % der Deckung durch bilaterale nationale Garantien aufgestockt wird.

    (9)

    Hinsichtlich des Haushalts ist die wichtigste Neuheit des Instruments „Makrofinanzhilfe +“ die Deckung der Darlehensforderungen der Makrofinanzhilfe + mithilfe des Spielraums im EU-Haushalt, wodurch es keine unmittelbaren Auswirkungen auf die verbleibenden Haushaltsmittel gibt, die im derzeitigen MFR-Zeitraum zur Verfügung stehen.

    (10)

    Alle Evaluierungen finden sich auf der Website der Kommission unter: https://ec.europa.eu/info/evaluation-reports-economic-and-financial-affairs-policies-and-spending-activities_en .

    (11)

     Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates, zusammen mit dem Beschluss über eine weitere Makrofinanzhilfe für Georgien (Beschluss Nr. 778/2013/EU vom 12. August 2013) angenommen. Verfügbar unter:  
    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013D0778&from=DE . 

    (12)

     Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs Nr. 03/2017, abrufbar unter: https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR17_3/SR_TUNISIA_DE.pdf .

    (13)

    Das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ trat im Juni 2021 nach seiner förmlichen Annahme durch den Rat und das Europäische Parlament in Kraft. Zwar spielt die Verordnung daher eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Makrofinanzhilfen aus dem Haushalt, jedoch stellt das Instrument als solches weiterhin ein von NDICI/Europa in der Welt getrenntes Instrument dar, und spezifische MFA-Maßnahmen werden bei Bedarf weiterhin durch gesonderte Ad-hoc-Beschlüsse auf der Grundlage der geltenden Rechtsgrundlage des Vertrags aktiviert.

    (14)

    Die Verordnung sieht angesichts der außergewöhnlichen Unsicherheit aufgrund des aktuellen Kriegs zudem eine Klausel vor, wonach die Dotierungsquote alle sechs Monate zu überprüfen ist.

    (15)

     In der Tabelle sind Vorschläge für neue Makrofinanzhilfen nach April 2023 nicht berücksichtigt.

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