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Document 52023DC0268

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Sicherheit im Seeverkehr: im Zentrum einer sauberen und modernen Schifffahrt

    COM/2023/268 final

    Brüssel, den 1.6.2023

    COM(2023) 268 final

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Sicherheit im Seeverkehr: im Zentrum einer sauberen und modernen Schifffahrt


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Sicherheit im Seeverkehr: im Zentrum einer sauberen und modernen Schifffahrt

    Der Seeverkehr ist von strategischer Bedeutung für die Wirtschaft der EU und die Verbindungen zwischen den und innerhalb der Mitgliedstaaten. Da 75 % des Außenhandels der EU auf dem Seeweg erfolgen, ist ein leistungsfähiger, sicherer, geschützter und nachhaltigerer maritimer Sektor für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Handels und die Versorgung unseres Binnenmarktes mit Waren und Rohstoffen unerlässlich. Der Seeverkehr stellt nicht nur den Hauptverkehrsträger unserer globalisierten Wirtschaft dar, sondern auch die Lebensader für unsere Inseln und abgelegenen Küstenrandregionen. Der Sektor erwies sich während der COVID-19-Pandemie als besonders resilient und ermöglichte die Fortsetzung des Handels mit wesentlichen Gütern wie Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern. Mit der Pandemie wurde deutlich, wie zentral die Rolle des Seeverkehrs und der in diesem Sektor tätigen Menschen ist und wie notwendig es ist, dass der Bedeutung des Sektors in den politischen Maßnahmen der EU Rechnung getragen wird. Die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine entstandenen neuen geopolitischen Umstände und die sich damit einhergehenden Anpassungen in den Bereichen Handel und Energie haben die Dringlichkeit einer Stärkung der strategischen Autonomie der EU, einschließlich ihres maritimen Sektors, hervorgehoben.

    Das Sicherheitsniveau im Seeverkehr in den EU-Gewässern ist derzeit sehr hoch; es gibt nur wenige Unfälle mit Todesfolge und keine schweren Ölunfälle vom Ausmaß der Havarien der Öltanker „Erika“ und „Prestige“. 1 Dennoch werden jedes Jahr mehr als 2000 Unfälle und Vorkommnisse auf See gemeldet. 2 Schon ein einziger Unfall, an dem ein Fahrgastschiff oder Frachtschiff mit gefährlichen oder schädlichen Stoffen beteiligt ist, kann verheerende Folgen für die betreffenden Arbeitskräfte, die Bürgerinnen und Bürger im Allgemeinen und die Meeresumwelt haben. Der Übergang zu einer saubereren und autonomeren Schifffahrt bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Die Sicherheit, Gefahrenabwehr und ökologische Nachhaltigkeit im Seeverkehr haben oberste Priorität und dürfen nicht beeinträchtigt werden. Die EU sollte proaktive und präventive Politikmaßnahmen entwickeln und durch kontinuierliche Anstrengungen in Zusammenarbeit mit internationalen, nationalen und lokalen Behörden und Interessenträgern, einschließlich der Zivilgesellschaft, weltweit führend in diesem Bereich bleiben.

    Der grüne und der digitale Wandel erfordert eine umfassende Umgestaltung des Seeverkehrs. Der Sektor, auf den 3 % der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen (THG) entfallen, muss auf treibhausgasarme oder freie Technologien, Antriebssysteme und Kraftstoffe umgestellt werden. Außerdem sollten seine Emissionen an Luftschadstoffen und insgesamt seine Auswirkungen auf die Meeresumwelt, einschließlich Plastikmüll im Meer und Unterwasserlärm, verringert werden. Gleichzeitig bieten die Digitalisierung und der Übergang zu intelligenten und autonomen Schifffahrtssystemen Chancen und Herausforderungen. Diese Veränderungen erfordern ein innovationsförderndes Umfeld, zu dem auch Finanzmittel gehören, wie sie im Rahmen der Partnerschaft für emissionsfreien Schiffsverkehr bereitgestellt werden. 3 Sie müssen auch mit umfangreichen Umschulungsmaßnahmen und der beruflichen Entwicklung der Arbeitskräfte sowie mit Maßnahmen einhergehen, die darauf abzielen, Arbeitskräfte für den Sektor zu gewinnen, insbesondere junge Menschen. Seeleute und Arbeitskräfte im Seeverkehr sind das wertvollste Kapital des Sektors und müssen im Mittelpunkt eines sicheren und nachhaltigen Übergangs stehen.

    Der europäische Grüne Deal, die Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität 4 und der Null-Schadstoff-Aktionsplan 5 haben die Richtung auf EU-Ebene vorgegeben, mit dem übergeordneten Ziel eines unfallfreien, abfallfreien, schadstofffreien, dekarbonisierten, intelligenten und widerstandsfähigen Seeverkehrs. Mit dem Legislativpaket „Fit für 55“ konnten bedeutende Fortschritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in diesem Sektor erzielt werden. Mit der „FuelEU Maritime“-Verordnung 6  – mit der die Einführung nachhaltiger Kraftstoffe im Seeverkehr gefördert werden soll – und der Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems auf den Seeverkehr 7 hat die EU Maßnahmen erlassen, die Investitionen in saubere Technologien und Kraftstoffe fördern und sicherstellen werden, dass der Sektor zum Ziel des Übereinkommens von Paris beiträgt, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.

    Die Kommission schlägt vor, fünf Rechtsakte zu überarbeiten, um die EU-Vorschriften für die Sicherheit und Nachhaltigkeit des Seeverkehrs zu modernisieren und der EU Instrumente zur Förderung einer sauberen und modernen Schifffahrt an die Hand zu geben. Damit soll sichergestellt werden, dass der maritime Sektor der EU für seine Zwecke geeignet ist. Zusammengenommen bilden diese Vorschläge die Grundlage für unsere Bemühungen, einen effizienten, nachhaltigen und sicheren Seeverkehr in den EU-Gewässern und darüber hinaus zu gewährleisten – im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger, der Küstenregionen, der Meeresumwelt und gesunder Ozeane. Parallel zu diesem robusten Rechtsrahmen sucht die EU im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) in den Bereichen Sicherheit und Gefahrenabwehr, Digitalisierung sowie Ökologisierung und Dekarbonisierung der Schifffahrt hohe Maßstäbe zu setzen. Das Nebeneinander der europäischen Vorschriften und der EU-Tätigkeit im Rahmen der IMO gewährleistet, dass sowohl im Binnenmarkt als auch weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen und somit die Risiken des Ausflaggens und der Beeinträchtigung europäischer Interessen vermieden werden.

    Das Seeverkehrspaket besteht aus fünf Vorschlägen zur Überarbeitung der folgenden Rechtsakte:

    -Richtlinie 2009/21/EG über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten

    -Richtlinie 2009/16/EG über die Hafenstaatkontrolle

    -Richtlinie 2009/18/EG zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr

    -Richtlinie 2005/35/EG über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße

    -Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs

    1.Der bestehende EU-Rahmen für die Sicherheit und Nachhaltigkeit des Seeverkehrs: ein robuster Rechtsrahmen, der modernisiert werden muss

    Die drei Richtlinien über die Flaggenstaatpflichten, die Hafenstaatkontrolle und die Untersuchung von Unfällen stellen die Grundpfeiler der Sicherheit im Seeverkehr dar. Sie spiegeln die internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten als Flaggen-, Hafen- und Küstenstaaten wider, die im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) niedergelegt sind, dem die EU als Vertragspartei angehört. Die Maßnahmen der EU im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr ergänzen den internationalen Rechtsrahmen und setzen ihn um, insbesondere die detaillierten Vorschriften und Normen, die in den wichtigsten Übereinkommen der IMO festgelegt sind. Durch die Übernahme der Vorschriften und Normen in das EU-Rechtssystem können die betreffenden Bestimmungen vor dem Europäischen Gerichtshof eingeklagt werden, wodurch ihre einheitliche Durchsetzung in der gesamten EU gewährleistet wird und gleiche Wettbewerbsbedingungen sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Seeverkehrsbetreiber sichergestellt werden. Gleichzeitig sorgt die Übernahme der internationalen Bestimmungen in das EU-Recht bzw. die Angleichung des EU-Rechts an die internationalen Bestimmungen dafür, dass unsere Flaggenstaaten und Betreiber weltweit von gleichen Wettbewerbsbedingungen profitieren und wir die Wettbewerbsfähigkeit der Schifffahrt in der EU erhalten.

    Die Sicherheit im Seeverkehr wird durch drei Abwehrlinien staatlichen Handels gewährleistet; gleichzeitig haben die Schiffseigner und ‑betreiber dafür zu sorgen, dass ihre Schiffe jederzeit für ihren Verwendungszweck geeignet sind. Die Hauptverantwortung liegt beim Flaggenstaat, der sicherstellen muss, dass das Schiff seetüchtig ist und über die erforderlichen Zeugnisse verfügt, die die Einhaltung der internationalen Vorschriften und Normen belegen. Der Flaggenstaat bildet daher die erste Abwehrlinie. Da die Vorschriften des Flaggenstaats jedoch nur für Schiffe gelten, die unter der betreffenden Flagge fahren, und einige Flaggenstaaten nicht willens oder in der Lage sind, die geltenden Bestimmungen in ihren Flotten durchzusetzen, führen Beamte der Hafenstaatkontrolle Überprüfungen ausländischer Schiffe durch, wenn diese in Häfen liegen. Die Hafenstaatkontrolle bildet daher die zweite Abwehrlinie. Unabhängig von diesen beiden Ebenen der Gefahrenverhütung sind Unfälle und vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die einschlägigen Verpflichtungen nicht auszuschließen. Deren Ursachen sollten im Hinblick auf eine kontinuierliche Verbesserung untersucht werden, damit sich ähnliche Unfälle nicht wiederholen und rechtswidrig Handelnde mit Sanktionen belegt werden können. Hierbei handelt es sich um die dritte Abwehrlinie.

    In ihrer Gesamtheit dienen diese Abwehrlinien dazu, die ordnungsgemäße Durchsetzung der Bestimmungen zu gewährleisten, was zu einer Verringerung von Unfällen und Vorkommnissen führen und letztlich den Verlust von Menschenleben und die Verschmutzung der Umwelt verhindern sollte.

    Eine 2018 durchgeführte Eignungsprüfung ergab, dass diese drei Richtlinien einen Mehrwert erbrachten, insbesondere für die harmonisierte Umsetzung und Durchsetzung der internationalen Bestimmungen, und dass die mit ihnen angestrebten Ziele erreicht wurden. Im Rahmen der Eignungsprüfung wurde jedoch auch darauf hingewiesen, dass es Spielraum für Verbesserungen und Möglichkeiten für eine weitere Digitalisierung, mehr Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und eine stärkere Unterstützung durch die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (European Maritime Safety Agency, EMSA) gibt.

    Unfälle auf See haben nicht nur Opfer und wirtschaftliche Verluste zur Folge, sondern wirken sich auch unmittelbar auf die Umwelt aus. Verschmutzungen, die von Schiffen unabsichtlich, vorsätzlich oder fahrlässig freigesetzt werden, wie z. B. Öl, Abwässer oder chemische Stoffe, wirken sich negativ auf die Meeresumwelt aus und können die Lebensräume im Meer und an den Küsten stark belasten. Solche Verschmutzungen werden daher durch besondere ergänzende EU-Rechtsvorschriften über illegale Einleitungen geregelt, insbesondere durch die Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe.

    Diese Richtlinie enthält keine Spezifikationen für solche Einleitungen. Entsprechende Spezifikationen werden auf internationaler Ebene durch das MARPOL-Übereinkommen der IMO (zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) geregelt, in dem festgelegt ist, ob eine Einleitung erlaubt oder illegal ist. Ziel der Richtlinie ist es hingegen, die Mitgliedstaaten zur Festlegung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, für illegale Einleitungen zu verpflichten. Zudem sieht die Richtlinie eine EU-weite Zusammenarbeit im Bereich der Durchsetzung mit Unterstützung der EMSA vor. Sie ergänzt den internationalen Regelungsrahmen, indem sie die EU-Mitgliedstaaten bei der Ermittlung von Straftätern durch Satellitenüberwachungsdaten über potenzielle Öleinleitungen unterstützt und durch ihre Haftungsregelung die Bestrafung der Verursacher erleichtert.

    Bei der Bewertung der Richtlinie wurden mehrere Mängel festgestellt, die mit der vorgeschlagenen Überarbeitung behoben werden sollen. Dazu gehört, dass illegale Einleitungen angemessen aufgedeckt, Verstöße verfolgt und die Täter mit Sanktionen belegt werden, was letztlich zu einer Verringerung der illegalen Einleitungen und damit zu geringeren Umweltauswirkungen führt. Die Überarbeitung zielt in Verbindung mit der Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen darauf ab, alle Schiffseigner und ‑betreiber (unabhängig von der Flagge) davon abzuhalten, illegale Einleitungen jeglicher Art in die europäischen Meere vorzunehmen. Es sollte zur Norm werden, sämtliche Schiffsabfälle stets in den Hafenauffangeinrichtungen der EU zu entladen.

    Der EMSA kommt im EU-Rahmen für die Sicherheit im Seeverkehr eine Schlüsselrolle zu; sie hat wesentlich zu den ermutigenden Ergebnissen beigetragen, die in der EU im Hinblick auf eine qualitätsorientierte Schifffahrt und eine Kultur der Sicherheit erzielt wurden. Die Agentur wurde 2002 nach den Schiffskatastrophen der „Prestige“ und der „Erika“ mit dem spezifischen Ziel gegründet, die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Anwendung und Überwachung der EU-Rechtsvorschriften über die Sicherheit im Seeverkehr zu unterstützen. Durch ihre Kontrollbesuche und Überprüfungen (Audit-Fähigkeiten) trägt die Agentur wesentlich zum Zusatznutzen des Tätigwerdens der Union im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr bei, da sie bei der Durchsetzung der Bestimmungen hilft und deren wirksame und effiziente Umsetzung erleichtert. Die Agentur muss trotz ihres wachsenden Tätigkeitsbereichs weiterhin ausreichende Ressourcen für diese Kernaufgabe bereitstellen, damit sie auch künftig hochwertige Dienstleistungen für die Mitgliedstaaten, die Kommission und den Seeverkehrssektor allgemein erbringen kann.

    Seit 2002 wurden die Aufgaben der Agentur erweitert: Die EMSA bietet nun technische, wissenschaftliche und operative Unterstützung in einer Vielzahl von Bereichen im Zusammenhang mit dem Seeverkehr an, insbesondere in Bezug auf den grünen und digitalen Wandel. Das Mandat der Agentur wurde – abgesehen von der Änderung zur Zusammenarbeit mit der Küstenwache – zuletzt 2013 überarbeitet und muss aktualisiert werden, um dem aktuellen Tätigkeitsumfang der EMSA, dem sich weiterentwickelnden Rechtsrahmen und insbesondere dem jetzt vorgelegten Seeverkehrspaket, sowie den Entwicklungen im maritimen Sektor Rechnung zu tragen.

    2.Anpassung an internationale Vorschriften und erweiterter Geltungsbereich für einen wirksameren Rahmen

    Zu den wichtigsten Gründen für die Überarbeitung der fünf Rechtsakte gehören die notwendige Anpassung an den aktualisierten internationalen Regelungsrahmen und der damit einhergehende Nutzen. Durch das Nebeneinander von nicht aufeinander abgestimmten Normen und Vorschriften entstehen Belastungen und Rechtsunsicherheit für die Branche und die nationalen Verwaltungen; außerdem wird das Ziel gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Schifffahrt in der EU untergraben. Die Übernahme internationaler Vorschriften in das EU-Recht sollte in einer Weise erfolgen, die eine wirksame Anwendbarkeit, Einheitlichkeit und ordnungsgemäße Durchsetzung und damit eine qualitätsorientierte Schifffahrt gewährleistet.

    Im Mittelpunkt der Überarbeitung der Richtlinie über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten steht die Einbeziehung des 2013 angenommenen und 2016 in Kraft getretenen Codes für die Anwendung der IMO-Instrumente (III-Code). Der III-Code war eine wichtige Entwicklung der IMO, da er sicherstellt, dass die nationalen Behörden über die Mittel und Befugnisse verfügen, die sie als Flaggenstaat zur Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen benötigen. Mit dem III-Code wurde den IMO-Vertragsparteien außerdem vorgeschrieben, sich alle sieben Jahre dem entsprechenden umfassenden IMO-Audit zu unterziehen, was für die EU-Mitgliedstaaten bereits seit 2009 gilt.

    Die Durchsetzung des internationalen Seearbeitsübereinkommens, das alle Fragen im Zusammenhang mit den Arbeits- und Lebensbedingungen von Seeleuten regelt, wurde – angesichts seiner Bedeutung – bereits durch einen für die Flaggenstaaten gelten gesonderten Rechtsakt 8 in EU-Recht übertragen. 9 Sozialvorschriften sind in der Tat von entscheidender Bedeutung für das Wohlbefinden der Besatzungen und für die Sicherheit im Seeverkehr (die meisten Unfälle auf See sind auf den Faktor Mensch zurückzuführen).

    Mit der Überarbeitung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle werden die EU-Vorschriften aktualisiert und an die neuen internationalen Rechtsinstrumente, insbesondere an das Ballastwasser-Übereinkommen der IMO und an das Wrackbeseitigungsübereinkommen von Nairobi, angepasst. Zur Verbesserung der Effizienz haben die Hafenstaaten, die Hafenstaatkontrollen durchführen, ihre Tätigkeit systematisch auf regionaler Basis koordiniert. Die Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle 10 (im Folgenden „Pariser Vereinbarung“) aus dem Jahr 1982 ist die erste von neun zwischenstaatlichen Strukturen dieser Art. Alle 24 Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit Seehäfen sowie Kanada, die Russische Föderation 11 und das Vereinigte Königreich sind Mitglieder der Pariser Vereinbarung. Die EU ist kein Mitglied.

    Die EU-Hafenstaatkontrolle basiert seit Annahme der Richtlinie im Jahr 2009 auf dem Verfahren und den Instrumenten der Pariser Vereinbarung. Folglich sind auch einige Weiterentwicklungen und Verbesserungen, die in den letzten 14 Jahren im Rahmen der Pariser Vereinbarung beschlossen wurden, zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Richtlinie über die Untersuchung von Unfällen werden einige Begriffsbestimmungen und Bezugnahmen aktualisiert, um Änderungen des internationalen Regelungsumfelds, insbesondere des IMO-Codes für die Untersuchung von Unfällen, Rechnung zu tragen und den Aufenthalt von Schiffen in Häfen sowie Unfälle, von denen Hafenarbeiter betroffen sind, angemessen zu berücksichtigen.

    Die Kommission schlägt vor, den Geltungsbereich der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle und der Richtlinie über die Untersuchung von Unfällen auf Fischereifahrzeuge auszudehnen, bei denen weiterhin erhebliche Sicherheitsbedenken bestehen. Für die Mitgliedstaaten, die diese Überprüfungen durchführen wollen, ist ein freiwilliges System der Hafenstaatkontrolle für EU-Häfen anlaufende Fischereifahrzeuge mit einer Länge von mehr als 24 Metern vorgesehen, das für diese Art von Schiffen eine zweite Abwehrlinie darstellt. Tatsächlich liegt die Hauptverantwortung für die Sicherheit von Fischereifahrzeugen beim Flaggenstaat, da kleinere Fischereifahrzeuge in der Regel keine ausländischen Häfen anlaufen und in vielen Fällen nicht in den Geltungsbereich internationaler Übereinkommen fallen. Die Unfalluntersuchung betrifft nun nicht mehr nur größere Fischereifahrzeuge, sondern wird partiell auf die schwersten Unfälle mit kleineren Fischereifahrzeugen von weniger als 15 Metern Länge ausgedehnt, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass der Verwaltungsaufwand auf das erforderliche Minimum beschränkt wird.

    In Bezug auf die Meeresverschmutzung durch Schiffe wird der Geltungsbereich der Richtlinie auf die fünf Anlagen des MARPOL-Übereinkommens der IMO 12 ausgeweitet. Neben illegalen Einleitungen von Öl und schädlichen flüssigen Stoffen (derzeitiger Geltungsbereich) wird die Richtlinie auch das illegale Einbringen von Schadstoffen in verpackter Form, Schiffsabwasser, Schiffsmüll sowie Abwässern und Rückständen aus Abgasreinigungsanlagen (Wäscher) erfassen. Damit wird auch ein wichtiger Beitrag zu den Zielen des europäischen Grünen Deals geleistet – Schadstofffreiheit sowie nachhaltige und intelligente Mobilität –, in deren Rahmen diese anderen Schadstoffe berücksichtigt werden.

    Diese Anpassung an das MARPOL-Übereinkommen ist das zentrale Element der Überarbeitung der Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe. Sie wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat im Jahr 2019 gefordert, als die überarbeitete Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen für Ladungsrückstände und Abfälle 13 angenommen wurde. Ziel war es, die vereinbarten strengeren Vorschriften für Hafenauffangeinrichtungen zu ergänzen und zu verhindern, dass diese unbeabsichtigt Anreize für mehr illegale Einleitungen auf See schaffen könnten.

    Aufgrund der oben beschriebenen Überarbeitungen und der umfassenderen Entwicklungen im allgemeinen Regelungsumfeld seit 2013 muss auch das EMSA-Mandat aktualisiert werden, um die wachsende Rolle der Agentur bei der Unterstützung vieler Bereiche des Seeverkehrs besser widerzuspiegeln, darunter Sicherheit, Verhütung von Umweltverschmutzung und Umweltschutz, Klimaschutz, Gefahrenabwehr, Überwachung und Krisenmanagement sowie Digitalisierung. Im überarbeiteten Mandat werden nicht nur die Aufgaben berücksichtigt, mit denen die Agentur seit 2013 von der Kommission und den Mitgliedstaaten betraut wurde, sondern auch die neuen Aufgaben im Bereich Sicherheit und Nachhaltigkeit, die sich aus dem jetzt vorgelegten Legislativpaket ergeben. Außerdem wird die Agentur zukunftsfähig gemacht, indem bestimmte Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung, vorweggenommen werden.

    3.Bemühungen um mehr ökologische Nachhaltigkeit

    Der Seeverkehr gehört derzeit gemessen am Verkehrsaufkommen, dem Anteil der beförderten Güter und seinem Beitrag zur Wirtschaft der EU und zur Weltwirtschaft zu den saubersten Verkehrsträgern. 14 Eine qualitätsorientierte Schifffahrt und ein sicherer und geschützter maritimer Sektor sind von entscheidender Bedeutung, um die Attraktivität des Sektors zu erhalten. Der maritime Sektor ist jedoch auch ein großer Verursacher von Treibhausgasemissionen und trägt in erheblichem Maße zur Luft- und Meeresverschmutzung bei, die der Meeresumwelt, ihrer biologischen Vielfalt und ihrer Kohlenstoffresilienz sowie der Gesundheit der Küstenbevölkerung schadet. Da andere Wirtschaftszweige, wie der Straßenverkehr, ihre CO2-Emissionen abbauen und die Emissionen anderer Schadstoffe rasch reduzieren, wird der Seeverkehr einen verhältnismäßig größeren Beitrag zur Verringerung der Emissionen und Verschmutzung leisten müssen. Aus diesem Grund sind auch weiterhin Aufmerksamkeit und Maßnahmen erforderlich.

    Mit diesem Paket will die Kommission eine qualitätsorientierte Schifffahrt und einen modernen, sauberen und florierenden maritimen Sektor fördern, der mit den einschlägigen internationalen und EU-Verpflichtungen im Einklang steht. Der EU-Rechtsrahmen sollte jene Akteure, die die Vorschriften umgehen oder zu umgehen bereit sind, abschrecken und mit Sanktionen belegen und gleichzeitig Anreize für Investitionen in die Einführung sauberer Technologien und nachhaltiger Verfahren schaffen. Nur so können wir dazu beitragen, dass weltweit hohe Standards gesetzt werden und die Schifffahrt in der EU ihre weltweite Führungsposition behält.

    Mit der Überarbeitung der Richtlinie über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten wird ein wirksamerer Rahmen eingeführt, der auf einem angemessenen Niveau und einer angemessenen Qualität der Schiffsüberprüfungen und der Gesamtaufsicht über die Flotte, dem Ausbau der Kapazitäten der Flaggenstaatverwaltungen und einer besseren Messung ihrer Leistung beruht. Dies dient in erster Linie der Sicherheit, sollte aber auch dem Umweltschutz zugutekommen. Wenn strengere Umweltvorschriften im Rahmen der internationalen Übereinkommen in Kraft treten, wird die Verantwortung des Flaggenstaats für deren Durchsetzung automatisch ausgeweitet. Durch die Überarbeitung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle werden die Mitgliedstaaten auch besser in der Lage sein, nicht nur Sicherheitsverstöße, sondern auch Verstöße gegen Vorschriften und Normen zur Verhütung der Umweltverschmutzung aufzudecken und Abhilfe zu schaffen.

    Zudem wird mit der Überarbeitung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle das Risikoprofil von Schiffen, auf das sich die Auswahl der zu überprüfenden Schiffe stützt, geändert, um Umweltfaktoren stärker zu berücksichtigen. Bei Fracht- und Fahrgastschiffen mit mehr als 5000 Bruttoregistertonnen (die als die umweltschädlichsten Schiffe gelten) wird im Risikoprofil des Schiffes der IMO-Kohlenstoffintensitätsindex (Carbon Intensity Indicator) des Schiffes berücksichtigt. Bei allen Schiffen, die für eine Hafenstaatkontrolle in Betracht kommen, wird der Gewichtungsfaktor so angepasst, dass zuvor festgestellte umweltbezogene Mängel und Festhaltemaßnahmen (im Rahmen des MARPOL-Übereinkommens, des Ballastwasser-Übereinkommens und des Übereinkommens über Bewuchsschutzsysteme) in Bezug auf das zu überprüfende Schiff stärker gewichtet werden.

    Die Überarbeitung der Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe wird den Schutz der Meeresumwelt nicht nur durch die Anpassung ihres Geltungsbereichs an internationale Normen verbessern, sondern auch durch eine wirksamere Durchsetzung der internationalen Vorschriften über die grenzüberschreitende Meeresverschmutzung durch Schiffe. Die neue Richtlinie soll den für die Aufdeckung und Prüfung von Verschmutzungen, insbesondere von illegalen Einleitungen, zuständigen nationalen Behörden ein sorgfältigeres und koordinierteres Vorgehen ermöglichen. Dazu sollen verbesserte digitale Hilfsmittel, der Aufbau von Kapazitäten und maßgeschneiderte Schulungen beitragen sowie die Verpflichtung, Berichte in ein integriertes, von der EMSA betriebenes System hochzuladen. Die Überarbeitung sollte auch angemessene einzelstaatliche Maßnahmen bei Verstößen ermöglichen, indem ein robusterer Rahmen für Sanktionen und deren Anwendung geschaffen wird, ohne die Möglichkeit der Verhängung strafrechtlicher Sanktionen im Rahmen der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt 15 zu beeinträchtigen.

    Der derzeitige Geltungsbereich der Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe umfasst zwar nicht die Emissionen von Luftschadstoffen, aber angesichts ihrer Auswirkungen auf die Luftqualität in Hafen- und Küstengebieten wird die Kommission auf der Grundlage neuer Daten und der von der EMSA gesammelten Erfahrungen mit der Durchsetzung der in Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen festgelegten einschlägigen Rechtsvorschriften über die Luftverschmutzung durch Schwefel (SOx) und Stickoxide (NOx) prüfen, wie solche Emissionen in Zukunft einbezogen werden können. Zu diesem Zweck wird in der vorgeschlagenen überarbeiteten Verordnung über das EMSA-Mandat ein größerer Schwerpunkt auf die Fähigkeit der Agentur gelegt, technische Hilfe bei der Durchsetzung der geltenden NOx- und SOx-Vorschriften in diesem Bereich zu leisten.

    Im Laufe der Jahre wurde die EMSA zunehmend aufgefordert, die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit des Seeverkehrs zu unterstützen. Seit ihrer Gründung befasst sich die Agentur mit der Meeresverschmutzung und leistet operative Unterstützung durch eine äußerst wirkungsvolle Aufstockung der operativen Kapazität von Ölbekämpfungsschiffen, die im Falle von Ölverschmutzungen auf Abruf bereitstehen. Nach der Überarbeitung der Schwefelrichtlinie im Jahr 2012 kam der EMSA die wichtige Rolle zu, Unterstützung bei der Umsetzung und Durchsetzung der EU-Vorschriften über die Luftemissionen von Schiffen zu leisten. Diese Unterstützung erfolgt sowohl in technischer Hinsicht durch die Bereitstellung einschlägiger Datenbanken, die den Kontrollen der Mitgliedstaaten zugrunde liegen, als auch in operativer Hinsicht durch die Emissionsüberwachungsdienste mittels RPAS 16 , die entweder von den Mitgliedstaaten angefordert werden oder ihre bestehenden Überwachungskapazitäten ergänzen. Zudem betreibt die EMSA das EU-System für die Berichterstattung, Überwachung und Prüfung in Bezug auf die Treibhausgasemissionen von Schiffen. 17 Sie unterstützt die Mitgliedstaaten auch bei der Umsetzung der Verpflichtungen zum Schiffsrecycling sowie bei der Bekämpfung von Unterwasserlärm und Plastikverschmutzung.

    Ferner stellt die EMSA der Kommission und den Mitgliedstaaten wichtiges technisches und wissenschaftliches Fachwissen zur Verfügung, um die Arbeit im Rahmen der IMO in allen Umweltfragen im Zusammenhang mit dem Grünen Deals voranzutreiben, indem sie Übersichtsberichte, Studien zu neu auftretenden Nachhaltigkeitsfragen (Verlust von Containern, Ladungsentgasung, Ruß) sowie Leitlinien für See- und Hafenbehörden, wie beispielsweise zur landseitigen Stromversorgung, herausgibt.

    Die neuen Aufgaben, die in diesem Paket aufgeführt sind, müssen besser in das überarbeitete Mandat integriert und mit angemessenen Ressourcen ausgestattet werden. Darüber hinaus wird der neue Rechtsrahmen für den Seeverkehr – der als Teil des Pakets „Fit für 55“ festgelegt wurde – die Bemühungen um Nachhaltigkeit weiter verstärken. Die Kommission wird bei der Umsetzung der „FuelEU Maritime“-Verordnung und der Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems auf den Seeverkehr weiterhin die Unterstützung der EMSA in Anspruch nehmen. Unterstützung bei den regulatorischen Entwicklungen im Rahmen der IMO wird ebenso wichtig sein. Eine der wichtigsten Prioritäten für die Zukunft ist die proaktive Analyse der Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit der Verwendung von THG-armen und THG-freien alternativen Kraftstoffen, während gleichzeitig die betriebliche Einführung und der Einsatz dieser Kraftstoffe durch Leitlinien und Forschungsarbeiten unterstützt und erleichtert werden sollen.

    4.Digitalisierung als Wegbereiter

    Die Digitalisierung steht im Mittelpunkt des Seeverkehrspakets. Entwicklungen im IT-Bereich und intelligente Technologien sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen verstärkten Informationsaustausch und mehr Transparenz und damit für die Durchsetzung von Vorschriften. Durch die Digitalisierung wird der Aufwand für Betreiber und Verwaltungen verringert, was insgesamt zu einem wirksameren EU-Rahmen und zu einer höheren Effizienz in der Logistikkette führt. Die EMSA spielt eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung und technischen Entwicklung von maritimen Informations- und Überwachungssystemen und diensten, die Interoperabilität und Kompatibilität gewährleisten. Solche Systeme und Dienste verbessern die Unterstützung der Mitgliedstaaten, denen Verantwortlichkeiten als Flaggen-, Hafen- und/oder Küstenstaaten zufallen.

    Der Rückgriff auf papiergestützte Verfahren erwies sich vor allem während der COVID-19-Pandemie als unzureichend, da es keine Möglichkeit gab, eine vorübergehende Verlängerung der Zeugnisse zu prüfen und zu erleichtern. In den Vorschlägen zur Überarbeitung der Richtlinie über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten und der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle ist eine stärkere Nutzung digitaler Lösungen vorgesehen, für die auch Anreize geschaffen werden. Mit der überarbeiteten Richtlinie über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten sollen die Flaggen der Mitgliedstaaten über Register für die elektronische Zeugniserteilung und den Austausch elektronischer Zeugnisse digitalisiert werden, wobei auf EMSA-gestützte IT-Lösungen und ein allgemein verfügbares technisches Protokoll zurückgegriffen wird, das Interoperabilität auf EU-Ebene ermöglicht.

    Parallel dazu wird die Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle die Verwendung elektronischer Zeugnisse fördern (insbesondere durch Verknüpfung ihrer Verwendung mit dem Risikoprofil des Schiffes) und ein gemeinsames Dateninstrument, ein Validierungsinstrument und einen Datenspeicher auf EU-Ebene vorsehen. Die Ausstellung elektronischer Zeugnisse durch Flaggenstaaten (oder anerkannte Organisationen, die in ihrem Namen handeln) wird durch einen neuen Parameter im Risikoprofil des Schiffes gefördert, sodass diese zertifizierten Schiffe seltener von Hafenstaatkontrollen betroffen sind.

    Die Nutzung bestehender und neuer Technologien kann dem Sektor ebenfalls dabei helfen, einen Beitrag zum grünen Wandel zu leisten. Durch die Digitalisierung der Verfahren zur Gewährleistung der Anwendung der Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe lässt sich die Wirksamkeit dieser Richtlinie erhöhen. Mutmaßliche Verursacher können durch die integrierte Kapazität der verschiedenen von der EMSA betriebenen Systeme (CleanSeaNet 18 (Erdbeobachtung zum Aufspüren von Ölverschmutzungen), THETIS-EU 19 (Tool zur Hafenkontrolle) und SafeSeaNet 20 (System zur Überwachung des Schiffsverkehrs und zum Informationsaustausch zur Identifizierung mutmaßlicher Verursacher)) leichter identifiziert werden. Die systematische Datenübermittlung und der Austausch gezielter Informationen mit den nationalen Verwaltungen werden zu einer besseren Durchsetzung der Vorschriften führen, was letztlich eine geringere Umweltverschmutzung zur Folge hat.

    Die EMSA hat in den letzten Jahren bereits erhebliche Fortschritte bei der Digitalisierung ihrer Tätigkeiten und Dienste für die Kommission, die Mitgliedstaaten und die maritime Gemeinschaft im Allgemeinen erzielt. Ihre digitalen Systeme und Instrumente sind zu einer weltweiten Referenz geworden. Das Mandat der Agentur wird überarbeitet, um ihrer bereits erweiterten digitalen Kapazität Rechnung zu tragen. Dazu gehört die Umsetzung des europäischen Umfelds zentraler Meldeportale für den Seeverkehr (European Maritime Single Window environment, EMSWe) mithilfe des Datensatzes, der gemeinsame Spezifikationen für die Meldeverpflichtungen der Mitgliedstaaten in den Häfen enthält, und der Schiffsdatenbank, in der Schiffskenndaten sowie Aufzeichnungen über Meldepflichtbefreiungen der Schiffe erfasst werden. Außerdem entwickelt die Agentur kontinuierlich ihre integrierten maritimen Dienste weiter, mit denen sie die Überwachung seitens der Mitgliedstaaten und anderer EU-Agenturen bei einer Vielzahl von Aufgaben der Küstenwache unterstützt.

    Im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ erhielt die Agentur neue Aufgaben, wie z. B. die Einrichtung von Instrumenten zur Einhaltung des EU-Emissionshandelssystems und der „FuelEU Maritime“-Verordnung, die auf ihren bestehenden Systemen und Diensten aufbauen. Wie in der Gemeinsamen Mitteilung über die Aktualisierung der EU-Strategie für maritime Sicherheit und des Aktionsplans 21 dargelegt, spielt die Agentur eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung verbesserter Überwachungskapazitäten durch ihre integrierten maritimen Dienste und den freiwilligen gemeinsamen Informationsraum (Common Information Sharing Environment, CISE) und leistet auch Unterstützung bei der Stärkung der Resilienz im Bereich der Cybersicherheit. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die COVID-19-Pandemie haben gezeigt, welchen Mehrwert die EMSA durch die Unterstützung der EU-Meeresüberwachung, der Notfallplanung sowie der Krisenvorsorge und ‑reaktion in Bezug auf Unfälle/Vorkommnisse auf See durch ein gestärktes, rund um die Uhr operatives Zentrum für die maritime Lageerfassung bietet. Damit solche hochwertigen Dienste weiterhin erbracht werden können, muss die Agentur mit angemessenen Ressourcen ausgestattet werden.

    5.Förderung von Vertrauen und Zusammenarbeit

    Die EU-Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr hat sich von Anfang an auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren – der Kommission, den EU-Mitgliedstaaten und den Interessenträgern – gestützt. Sie wurde im Laufe der Zeit auch auf die Durchsetzung des Umweltrechts ausgedehnt. Das Vertrauen in den maritimen Sektor ist von grundlegender Bedeutung, da es ohne dieses Vertrauen keine sichere und qualitätsorientierte Schifffahrt und damit auch keinen Handel auf dem Seeweg geben kann.

    Die EMSA wurde errichtet, um die gemeinsame Arbeit der Kommission und der EU-Mitgliedstaaten zu erleichtern und ein Höchstmaß an Sicherheit in den EU-Gewässern und an den EU-Küsten zu gewährleisten. Die Kontrollbesuche der EMSA bei den Seebehörden helfen der Kommission, ihre Aufgaben zu erfüllen und zu prüfen, ob die EU-Rechtsvorschriften von den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewandt und durchgesetzt werden. Zudem ermöglichen sie den Austausch zwischen den Mitgliedstaaten über bewährte Verfahren und Herausforderungen. Die Tätigkeiten und Dienste der EMSA verbessern den Informationsaustausch und stärken die Zusammenarbeit sowie die Vertrauensbildung zwischen den Seebehörden in Europa, mit den Nachbarländern und weltweit, insbesondere durch das gemeinsame Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der IMO.

    Mit den im Seeverkehrspaket enthaltenen Initiativen sollen das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen allen Parteien weiter gestärkt werden. Die Richtlinie über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten wird den Informationsaustausch zwischen Flaggenstaaten über die Ergebnisse von Überprüfungen, Fragen von gemeinsamem Interesse, die Aufsicht über anerkannte Organisationen und Fragen der Einhaltung der Flaggenstaatpflichten im Allgemeinen erleichtern. Unterstützt wird dies durch die von der EMSA betriebenen Systeme wie THETIS sowie durch eine von der Kommission einzusetzende Sachverständigengruppe.

    Die Überarbeitung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle soll zur Verbesserung der Koordinierung beitragen, die weitgehend auf dem Grundsatz der Aufteilung der Überprüfungslasten und der Harmonisierung beruht. Die EMSA wird die Umsetzung durch ein neues und verbessertes Programm zur beruflichen Entwicklung und Fortbildung (nach dem Erwerb der Qualifikation) sowohl für Besichtiger im Rahmen der Hafenstaatkontrolle als auch für Prüfer/Besichtiger/Auditoren des Flaggenstaats unterstützen.

    Ähnlich wie bei der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle war auch in der Richtlinie über die Untersuchung von Unfällen von Anfang an ein Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen, um Informationen über die gewonnenen Erfahrungen und bewährte Verfahren austauschen zu können. Die EMSA wird ihre Unterstützung für die nationalen Unfalluntersuchungsstellen weiter ausbauen, indem sie einen Pool von Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen bereitstellt, die auf Anfrage zur Verfügung stehen. Die Agentur wird auch in der Lage sein, spezialisierte Instrumente und Ausrüstungen an Mitgliedstaaten auszuleihen, die zusätzliche Unterstützung benötigen, was EU-weite Größenvorteile ermöglicht.

    Des Weiteren wird die EMSA die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und wirksameren Durchsetzung der Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe verbessern. Ein großer Mangel, der bei der Bewertung der Richtlinie festgestellt wurde, war das Fehlen eines einheitlichen Informationsaustauschs und von Fachwissen, damit Verschmutzungen wirksam aufgedeckt, überprüft, verfolgt und sanktioniert werden können. Die EMSA wird den Behörden, die für die Aufdeckung, Überprüfung und Beweissicherung zuständig sind, verbesserte Überwachungsinstrumente für den Informationsaustausch sowie Leitlinien und Schulungen zur Verfügung stellen. Die Überarbeitung umfasst außerdem die Einsetzung einer Sachverständigengruppe, die die Zusammenarbeit erleichtern soll. Daneben wird im Rahmen der Überarbeitung auch die Umsetzung anderer Umweltvorschriften zur Luft- und Wasserverschmutzung sowie zum Schiffsrecycling berücksichtigt.

    Die Liste der Aufgaben, die den Hafen-, Flaggen- und Küstenstaaten zugewiesen werden, wächst, insbesondere aufgrund des digitalen und grünen Wandels, und damit auch die von den zuständigen Stellen benötigten Kompetenzen. Gleichzeitig stehen den Mitgliedstaaten immer weniger und immer stärker beanspruchte Ressourcen zur Verfügung. Infolgedessen wird der Bedarf an Beratung, technischer Hilfe und Fachwissen der EMSA weiter steigen. Zur Deckung dieses erhöhten Bedarfs sollte die Agentur mit angemessenen Ressourcen ausgestattet werden.

    Die EMSA unterstützt die Kommission auch zunehmend bei der weltweiten Förderung von Lösungen und Normen, die auf EU-Ebene gelten. Ein Beispiel dafür ist der in der EU entwickelte robuste Rahmen für die Hafenstaatkontrolle, der zu einer weltweiten Referenz geworden ist. Zwischen der EMSA und den Mitgliedern anderer regionaler Vereinbarungen über die Hafenstaatkontrolle, wie beispielsweise die Tokioter Vereinbarung und die Mittelmeer-Vereinbarung, hat sich eine Zusammenarbeit entwickelt, bei der untereinander Daten im Zusammenhang mit den Überprüfungen ausgetauscht werden. Zusätzlich zu ihrer Arbeit im Rahmen der Pariser Vereinbarung verwaltet die EMSA die Datenbank für die Berichterstattung über die Auswahl der zu überprüfenden Schiffe und die Überprüfungen in Verbindung mit der Mittelmeer-Vereinbarung.

    Durch ihre technische Hilfe trägt die EMSA zur Koordinierung auf EU-Ebene im Rahmen der IMO bei und fördert die weltweite Zusammenarbeit zur Verbesserung einer sicheren, sauberen und modernen Schifffahrt. Den Seebehörden von Drittländern kann ad hoc externe Unterstützung gewährt werden, die sich auf die von der Agentur angebotenen Dienstleistungen zum Kapazitätsaufbau stützt. Diese Unterstützung, die für die Nachbarländer und die Beitrittskandidaten bereits ständig geleistet wird, soll im Rahmen des überarbeiteten Mandats erleichtert werden.

    6.Schlussfolgerung

    Der EU-Rahmen für die Sicherheit des Seeverkehrs sorgt für eine qualitätsorientierte Schifffahrt in den EU-Gewässern, die den Handel und die Fahrgäste, die Bürgerinnen und Bürger im Allgemeinen sowie die Umwelt schützt, den Binnenmarkt unterstützt und die führende internationale Rolle und strategische Autonomie der EU stärkt. Die Seeverkehrspolitik der EU fördert gleiche Wettbewerbsbedingungen für die EU-Mitgliedstaaten und trägt gleichzeitig der Notwendigkeit Rechnung, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und die Interessen der EU auf internationaler Ebene zu schützen. Bestimmte EU-Rechtsvorschriften wirken sich weltweit auf die Sicherheit im Seeverkehr aus, wie etwa die Vorschriften über Mindestnormen für anerkannte Organisationen und über die Ausbildung und Zeugniserteilung für Seeleute. Mit ihrem Fachwissen, ihrer Erfahrung und ihren ehrgeizigen politischen Zielen nimmt die EU außerdem eine Schlüsselrolle bei der IMO ein und trägt dazu bei, dass die Organisation höhere Sicherheits- und Umweltstandards durchsetzt.

    Der maritime Sektor befindet sich an einem Wendepunkt. Er ist auf dem Weg zu einer umfassenden Umgestaltung, mit dem Ziel, die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern und zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen. Im Rahmen des europäischen Grünen Deals ist die EU mit ihrem Paket „Fit für 55“ proaktiv vorgegangen und ist weiterhin bestrebt, innerhalb der IMO dafür zu sorgen, dass die Schifffahrt weltweit ihren angemessenen Beitrag zum Klimaschutz und zur Verringerung der Verschmutzung leistet. Eine bessere Durchsetzung des internationalen Umweltrechts ist von größter Bedeutung, insbesondere durch die Anpassung der Bestimmungen über die Einhaltung der Vorschriften und über die Haftung für rechtswidriges Verhalten und für Verschmutzungen. Mit der Digitalisierung eröffnen sich umfassende Möglichkeiten für mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit, die bislang noch nicht voll ausgeschöpft wurden. Die bevorstehende Einführung von autonomen Schiffen und intelligenten Systemen erfordert entsprechende Vorbereitungen, Tests, die Aktualisierung von Vorschriften sowie Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen. Auch die Gesundheit und Sicherheit sowie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute und der Beschäftigten im Seeverkehr im Allgemeinen bedürfen größerer Aufmerksamkeit.

    Die COVID-19-Pandemie und das neue geopolitische Umfeld nach dem Krieg Russlands gegen die Ukraine haben die Notwendigkeit und die Vorteile einer engen Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und Interessenträgern generell deutlich gemacht. Ein robuster EU-Rahmen für die Sicherheit des Seeverkehrs und eine mit ausreichenden Ressourcen ausgestattete EMSA werden diese Zusammenarbeit erleichtern und verbessern und den Seebehörden der EU helfen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Gleichzeitig wird der Rechtsrahmen zu einem stärkeren Europa in der Welt beitragen und die Stimme der EU in der IMO und anderen internationalen Gremien stärken.

    Die Kommission fordert die EU-Gesetzgeber auf, die in diesem Paket enthaltenen Gesetzgebungsinitiativen zügig anzunehmen, um eine qualitätsorientierte, saubere und moderne Schifffahrt in der EU zu fördern.

    (1)

    Havarie des Tankers „Erika“ im Jahr 1999, Frankreich (20 000 Tonnen Öl), Havarie des Tankers „Prestige“ im Jahr 2002, Spanien (63 000 Tonnen Öl).

    (2)

    Jährlicher Überblick der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) über Unfälle und Vorkommnisse auf See, Europäisches Informationsforum für Unfälle auf See (EMCIP).

    (3)

      Partnership – waterborne.eu

    (4)

    https://transport.ec.europa.eu/system/files/2021-04/2021-mobility-strategy-and-action-plan.pdf

    (5)

    COM(2019) 640 final, COM(2021) 400 final.

    (6)

    COM(2021) 562 final – Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nutzung erneuerbarer und kohlenstoffarmer Kraftstoffe im Seeverkehr und zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG.

    (7)

     COM(2021) 551 final – Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union.

    (8)

    Richtlinie 2013/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über bestimmte Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten für die Einhaltung und Durchsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 (ABl. L 329 vom 10.12.2013, S. 1).

    (9)

    Und durch eine Überarbeitung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle für den Teil der Durchsetzung durch den Hafenstaat – Richtlinie 2013/38/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG über die Hafenstaatkontrolle (ABl. L 218 vom 14.8.2013, S. 1).

    (10)

      www.parismou.org  

    (11)

    Nach dem Einmarsch in die Ukraine wurde die Mitgliedschaft der Russischen Föderation in der Pariser Vereinbarung im Mai 2022 ausgesetzt.

    (12)

    Die sechste Anlage bezieht sich auf Luftschadstoffemissionen und ist teilweise bereits durch EU-Rechtsvorschriften (Schwefelrichtlinie) abgedeckt oder wird zu einem späteren Zeitpunkt berücksichtigt werden; sie unterliegt einer Überprüfungsklausel in der überarbeiteten Richtlinie über die Meeresverschmutzung durch Schiffe (Stickoxide, Abfälle im Meer und Unterwasserlärm).

    (13)

    Richtlinie (EU) 2019/883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über Hafenauffangeinrichtungen für die Entladung von Abfällen von Schiffen, zur Änderung der Richtlinie 2010/65/EU und zur Aufhebung der Richtlinie 2000/59/EG (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 116).

    (14)

       „Rail and waterborne – best for low-carbon motorised transport“, Studie der Europäischen Umweltagentur, 2021.

    (15)

     Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt und zur Ersetzung der Richtlinie 2008/99/EG (COM)2021 851 final).

    (16)

    Ferngelenkte Flugsysteme (Remotely Piloted Aircraft Systems).

    (17)

    THETIS-MRV-Modul – https://www.emsa.europa.eu/tackling-air-emissions/greenhouse-gas.html.

    (18)

      Satellitengestützte Dienste – CleanSeaNet-Dienst, EMSA –- Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (europa.eu)

    (19)

      THETIS EU, EMSA – Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (europa.eu)

    (20)

      SafeSeaNet, EMSA – Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (europa.eu)

    (21)

    Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über die Aktualisierung der EU-Strategie für maritime Sicherheit und des Aktionsplans „Eine erweiterte EU-Strategie für maritime Sicherheit angesichts sich wandelnder maritimer Bedrohungen“ (JOIN(2023) 8 final).

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