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Document 52022PC0307

    Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Union – und die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr

    COM/2022/307 final

    Brüssel, den 17.6.2022

    COM(2022) 307 final

    2022/0199(NLE)

    Vorschlag für einen

    BESCHLUSS DES RATES

    über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Union – und die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr


    BEGRÜNDUNG

    1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

    Gründe und Ziele des Vorschlags

    Aufgrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist der Güterverkehr aus der Ukraine sehr schwierig geworden. Wichtige Verkehrswege für die Beförderung von Gütern über das Schwarze Meer sind blockiert oder von russischen Streitkräften zerstört worden, und der ukrainische Luftraum ist für den zivilen Luftverkehr gesperrt. Das Schienennetz wird derzeit vorrangig für die Beförderung von Fahrgästen und Flüchtlingen genutzt und ist nach wie vor beträchtlich von russischen Bombenangriffen bedroht.

    Der Güterkraftverkehr zwischen der Union und der Ukraine unterliegt derzeit zwei Hauptmechanismen: einerseits bilateralen Verkehrsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ukraine und andererseits Genehmigungen, die im Rahmen des multilateralen Kontingentssystems der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (Conférence Européenne des Ministres des Transports, ECMT) im Weltverkehrsforum erteilt wurden. Beide Mechanismen sehen für die Güterkraftverkehrsunternehmen der beiden Seiten Kontingentregelungen für den Transitverkehr und den bilateralen Handel vor.

    Der Straßenverkehr ist als eine der wichtigsten Alternativen anzusehen, die der Ukraine für die Ausfuhr ihrer Erzeugnisse wie z. B. Getreide zur Verfügung stehen. Sein Ausbau würde dazu beitragen, die ukrainische Wirtschaft zu unterstützen, wäre aber auch für andere Volkswirtschaften von zentraler Bedeutung, da die Ausfuhr ukrainischer Erzeugnisse wie Getreide, Brennstoff, Lebensmittel und anderer Waren angesichts der zunehmenden Bedenken hinsichtlich der Ernährungssicherheit in der Welt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Gleichzeitig würden durch die verstärkte Nutzung des Güterkraftverkehrs im Vergleich zu normalen Zeiten die in den bilateralen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ukraine festgelegten und über die ECMT im Rahmen des Weltverkehrsforums gewährten Kontingente sehr wahrscheinlich überschritten.

    Das Abkommen über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr zwischen der Europäischen Union und der Ukraine würde daher die bestehenden bilateralen Verkehrsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ukraine ersetzen und die Nutzung alternativer Straßenverkehrsstrecken für die Betreiber erleichtern, da der bilaterale Betrieb und der Transitverkehr zwischen den beiden Vertragsparteien liberalisiert würde.

    Zudem sind viele ukrainische Fahrer aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht mehr in der Lage, die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Fahrerdokumenten wie internationalen Anträgen auf Erteilung einer Fahrerlaubnis oder für die Ausstellung neuer Dokumente bei Verlust oder Diebstahl von Dokumenten einzuhalten. Dieses Abkommen ermöglicht es den beiden Parteien, diesen außergewöhnlichen Umständen Rechnung zu tragen. Es bedarf daher Maßnahmen, um die Fahrer von der Pflicht zur Vorlage einer internationalen Fahrerlaubnis zu befreien, die Entscheidungen der Ukraine zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Fahrerdokumenten anzuerkennen und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien zu erleichtern und auf diese Weise Betrug und Fälschung von Fahrerdokumenten zu bekämpfen.

    Daher ist es angezeigt, ein Abkommen zur Liberalisierung des Güterkraftverkehrs zwischen der Europäischen Union und der Ukraine in Bezug auf den bilateralen Betrieb und den Transitverkehr zu unterzeichnen, das spezifische Bestimmungen über Führerscheine enthält. Dieses Abkommen sollte befristet sein, jedoch verlängert werden können.

    Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich

    Das Abkommen war auch im Aktionsplan „Solidaritätskorridore“ EU-Ukraine 1 vorgesehen, der darauf abzielt, die Ausfuhr von Agrarerzeugnissen aus der Ukraine und den bilateralen Handel mit der EU zu erleichtern. Dieser Aktionsplan bringt die Entschlossenheit der Europäischen Union zum Ausdruck, die Wirtschaft und die wirtschaftliche Erholung der Ukraine zu unterstützen und zur Stabilisierung der Welternährungsmärkte sowie zur Verbesserung der weltweiten Ernährungssicherheit beizutragen.

    Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

    Dieses Abkommen steht im Einklang mit der derzeitigen Politik der EU im Bereich der Außenbeziehungen mit der Ukraine. Die Regierung der Ukraine hat ein solches Abkommen als Dringlichkeitsmaßnahme beantragt.

    Das Abkommen über den Güterkraftverkehr mit der Ukraine stünde auch im Einklang mit dem am 27. Juni 2014 zwischen der Europäischen Union und der Ukraine unterzeichneten Assoziierungsabkommen 2 , da in dessen Artikel 136 mögliche künftige Straßenverkehrsabkommen vorgesehen sind, um für eine koordinierte Entwicklung und schrittweise Liberalisierung des Verkehrs zwischen den Vertragsparteien zu sorgen.

    2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

    Rechtsgrundlage

    Artikel 91 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

    Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

    Entfällt.

    Verhältnismäßigkeit

    Das Abkommen ist das wirksamste Instrument zur Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine im Straßenverkehrsbereich, da die bestehenden Beschränkungen im Rahmen der Kontingente und Genehmigungssysteme beseitigt werden.

    Das Abkommen ist im Vergleich zur derzeitigen Situation weder für die Behörden der Mitgliedstaaten noch für die Branche mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand oder einer zusätzlichen finanziellen Belastung verbunden. Der Verwaltungsaufwand verringert sich im Gegenteil sowohl für die Branche als auch für die Mitgliedstaaten. Insbesondere entfällt für EU-Verkehrsunternehmer die Notwendigkeit, in Bezug auf die angegebenen Kategorien von Verkehrsrechten (Transit- und bilaterale Rechte) Verkehrsgenehmigungen einzuholen, wodurch sich der Aufwand für die EU-Verkehrsbranche sowie für die Behörden der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Verwaltungsformalitäten für die Ausstellung und den Druck dieser Genehmigungen verringert.

    Wahl des Instruments

    Internationales Abkommen.

    3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

    Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

    Entfällt.

    Konsultation der Interessenträger

    Entfällt.

    Einholung und Nutzung von Expertenwissen

    Entfällt.

    Folgenabschätzung

    Entfällt.

    Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

    Entfällt.

    Grundrechte

    Entfällt.

    4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

    Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Union.

    5.WEITERE ANGABEN

    Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

    In den Artikeln 6 und 7 dieses Abkommens ist ein Überprüfungsmechanismus zur Beurteilung der Notwendigkeit einer Verlängerung und deren etwaiger Dauer vorgesehen. Dazu ist in Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 7 Absatz 2 festgelegt, dass der Gemischte Ausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf des Abkommens einberufen wird.

    Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)

    Entfällt.

    Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

    Mit Artikel 1 wird die Unterzeichnung des Abkommens im Namen der Europäischen Union vorbehaltlich seines Abschlusses genehmigt.

    Nach Artikel 2 muss das Generalsekretariat des Rates die für die Unterzeichnung des Abkommens – vorbehaltlich seines Abschlusses – erforderliche Bevollmächtigungsurkunde für die von der Kommission benannte(n) Person(en) ausstellen.

    Artikel 3 sieht die vorläufige Anwendung gemäß Artikel 13 des Abkommens vor.

    Artikel 4 betrifft das Inkrafttreten des vorgeschlagenen Beschlusses.

    2022/0199 (NLE)

    Vorschlag für einen

    BESCHLUSS DES RATES

    über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Union – und die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 5,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)Am 2. Juni 2022 hat der Rat die Aufnahme von Verhandlungen mit der Ukraine über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr (im Folgenden „Abkommen“) genehmigt.

    (2)Die Verhandlungen wurden am 14. Juni 2022 erfolgreich abgeschlossen.

    (3)Da der Angriffskrieg Russlands im Verkehrssektor der Ukraine zu erheblichen Störungen geführt hat, ist es erforderlich, alternative Strecken für den Straßenverkehr zu finden, auf denen die Ukraine Getreide, Brennstoffe und Nahrungsmittel sowie sonstige einschlägige Güter ausführen kann.

    (4)Da die durch das multilaterale Kontingentsystem der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (Conférence Européenne des Ministres des Transports, ECMT) im Rahmen des Weltverkehrsforums erteilten Genehmigungen und die bestehenden bilateralen Abkommen mit der Ukraine den ukrainischen Güterkraftverkehrsunternehmern nicht die nötige Flexibilität bieten, um ihren Betrieb durch die und mit der Europäischen Union auszuweiten und vorauszuplanen, ist es von entscheidender Bedeutung, den Güterkraftverkehr sowohl für den bilateralen Betrieb als auch für den Transitverkehr zu liberalisieren.

    (5)Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beeinträchtigt die Möglichkeiten vieler ukrainischer Fahrer, die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Fahrerdokumenten wie Anträgen auf Erteilung einer internationalen Fahrerlaubnis oder für die Ausstellung neuer Dokumente bei Verlust oder Diebstahl von Dokumenten einzuhalten. Es ist daher wichtig, diesen außergewöhnlichen Umständen durch spezifische Maßnahmen Rechnung zu tragen, um die Fahrer von der Pflicht zur Vorlage einer internationalen Fahrerlaubnis zu befreien, die Entscheidungen der Ukraine zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Fahrerdokumenten anzuerkennen und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien zu erleichtern und auf diese Weise Betrug und Fälschung von Fahrerdokumenten zu bekämpfen.

    (6)Dieses befristete und verlängerbare Abkommen sollte daher dringend im Namen der Europäischen Union vorbehaltlich seines späteren Abschlusses unterzeichnet werden.

    (7)Damit die positiven Auswirkungen dieses Abkommens auf den Güterverkehr so bald wie möglich zum Tragen kommen und die Ukraine ihre Erzeugnisse, insbesondere Getreide, ausführen kann, sollte das Abkommen im Einklang mit seinem Artikel 13 vorläufig angewandt werden —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr wird vorbehaltlich seines Abschlusses im Namen der Europäischen Union genehmigt.

    Der Wortlaut des Abkommens ist diesem Beschluss als Anhang 1 beigefügt.

    Artikel 2

    Vorbehaltlich des Abschlusses des Abkommens stellt das Generalsekretariat des Rates die zu seiner Unterzeichnung erforderliche Bevollmächtigungsurkunde für die von der Kommission benannte(n) Person(en) aus.

    Artikel 3

    Bis zu seinem Inkrafttreten wird das Abkommen im Einklang mit seinem Artikel 13 ab dem Unterzeichnungsdatum vorläufig angewandt.

    Artikel 4

    Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

    Geschehen zu Brüssel am […]

       Im Namen des Rates

       Der Präsident/Die Präsidentin

    (1)    COM(2022) 217 final.
    (2)    Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Abl. L 161 vom 29.5.2014, S. 3)..
    Top

    Brüssel, den 17.6.2022

    COM(2022) 307 final

    ANHANG

    des

    Beschlusses des Rates

    über die Unterzeichnung - im Namen der Europäischen Union - und die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr


    ANHANG

    ABKOMMEN
    ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN UNION

    UND DER UKRAINE

    ÜBER DIE BEFÖRDERUNG VON GÜTERN IM STRAẞENVERKEHR

     

    DIE EUROPÄISCHE UNION, im Folgenden auch „Union“,

    einerseits

    und

    DIE UKRAINE

    andererseits,

    im Folgenden einzeln „Vertragspartei“ und zusammen die „Vertragsparteien“ – 

    1.IN ANERKENNUNG der erheblichen Störungen, mit denen der Verkehrssektor in der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine konfrontiert ist,

    2.IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass traditionelle Transportrouten in der Region nicht zugänglich sind und es dringend geboten ist, die Lieferketten und die Ernährungssicherheit zu schützen, indem alternative Routen über Straßen, vor allem für die Beförderung von Getreide, Brennstoff, Lebensmitteln und anderen Gütern aus der Ukraine in die Union, genutzt werden,

    3.IN DEM WUNSCH, die ukrainische Gesellschaft und Wirtschaft zu unterstützen, indem es den Güterkraftverkehrsunternehmern der Union und der Ukraine gestattet wird, erforderlichenfalls Güter in ukrainisches Gebiet und durch dieses hindurch in die Union zu befördern und umgekehrt,

    4.IN ANBETRACHT dessen, dass das derzeitige System, das auf einer begrenzten Zahl von Genehmigungen der Mitgliedstaaten beruht, den ukrainischen Güterkraftverkehrsunternehmern nicht die nötige Flexibilität bietet, um die Beförderung durch die Union sowie in die Union und aus der Union auszuweiten;

    5.ENTSCHLOSSEN, sicherzustellen, dass die derzeit geltenden Bedingungen für den Zugang zum Markt für die Beförderung von Gütern auf der Straße zwischen den Vertragsparteien für die in einer der Vertragsparteien niedergelassenen Kraftverkehrsunternehmer in Zukunft auf keinen Fall restriktiver sein werden als in der jetzigen Situation,

    6.ENTSCHLOSSEN, die ukrainische Wirtschaft zu unterstützen, indem der Transit und die Beförderung von Gütern im grenzüberschreitenden bilateralen Verkehr zwischen der Union und der Ukraine liberalisiert und damit die erforderlichen Güterbeförderungen ermöglicht werden, und beiden Vertragsparteien auf der Basis der Gegenseitigkeit die gleichen Rechte für Beförderungen von Gütern im Transit durch diese Gebiete und im grenzüberschreitenden bilateralen Verkehr zwischen diesen Gebieten einzuräumen,

    7.IN ANBETRACHT dessen, dass in Artikel 136 des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (im Folgenden das „Assoziierungsabkommen“) eine koordinierte und schrittweise Liberalisierung des Verkehrs zwischen den Vertragsparteien vorgesehen ist und festgestellt wird, dass die Bedingungen dafür in besonderen Abkommen über den Straßenverkehr geregelt werden sollen,

    8.IN DEM WUNSCH, die Bestimmungen dieses Abkommens dem Kapitel des Assoziierungsabkommens über die Streitbeilegung zu unterwerfen,

    9.IN DEM WUNSCH, ukrainische Fahrer zu unterstützen und ihnen die Anwendung ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse zu erleichtern, indem Bedingungen geschaffen werden, unter denen sie ihre bestehenden ukrainischen Führerscheine und Befähigungsnachweise weiter nutzen können,

    10.IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass die Dauer der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf den Verkehrssektor und die Verkehrsinfrastruktur der Ukraine nicht abzusehen sind und die Vertragsparteien daher spätestens drei Monate vor Ablauf dieses Abkommens im Rahmen des Gemischten Ausschusses Konsultation aufnehmen werden, um zu prüfen, ob das Abkommen verlängert werden sollte,

    11.IN ANERKENNUNG dessen, dass das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (Accord européen relatif au travail des équipages des véhicules effectuant des transports internationaux par route – AETR) sicherstellt, dass bei den Beförderungen gemäß diesem Abkommen die Vorschriften für die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals und den fairen Wettbewerb eingehalten werden und die Straßenverkehrssicherheit nicht gefährdet wird –

    SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

    Artikel 1 
    Ziele

    (1)Ziel dieses Abkommens ist es, den Güterkraftverkehr zwischen dem Gebiet der Europäischen Union und dem Gebiet der Ukraine sowie durch diese Gebiete vorübergehend zu erleichtern, indem den in einer der Vertragsparteien niedergelassenen Verkehrsunternehmern angesichts der Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der damit verbundenen erheblichen Störungen aller Verkehrsträger des Landes zusätzliche Rechte für den Transit und die Beförderung von Gütern zwischen den Vertragsparteien eingeräumt werden.

    (2)Dieses Abkommen enthält auch Maßnahmen, mit denen die Anerkennung von Fahrerdokumenten erleichtert wird.

    (3)Dieses Abkommen ist nicht dahin gehend auszulegen, dass sich die Bedingungen für den Zugang zum Markt für grenzüberschreitende Kraftverkehrsdienste zwischen den Vertragsparteien gegenüber der Situation am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens verschlechtern oder anderweitig restriktiver würden.

    Artikel 2

    Anwendungsbereich

    (1)Dieses Abkommen gilt für die gewerbliche Beförderung von Gütern auf der Straße im Transit durch die Vertragsparteien und im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den Vertragsparteien und lässt die Anwendung der Regeln unberührt, die durch das multilaterale Kontingentssystem der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (Conférence Européenne des Ministres des Transports, ECMT) im Rahmen des Weltverkehrsforums festgelegt wurden. Die Beförderung von Gütern auf der Straße innerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Abkommens. Der Transit durch das Gebiet der anderen Vertragspartei im Rahmen der Beförderung von Gütern zwischen Drittländern fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Abkommens.

    (2)Dieses Abkommen enthält auch bestimmte besondere Bestimmungen über Fahrerdokumente.

    Artikel 3

    Begriffsbestimmungen

    Für die Zwecke dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck

    1.„Vertragspartei der Niederlassung“ die Vertragspartei, in der ein Güterkraftverkehrsunternehmer niedergelassen ist;

    2.„Güterkraftverkehrsunternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die in einer Vertragspartei im Einklang mit dem Recht dieser Vertragspartei niedergelassen ist und zu gewerblichen Zwecken Güter befördert und von dieser Vertragspartei für die grenzüberschreitende gewerbliche Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen zugelassen ist;

    3.„Fahrzeug“ ein in einer Vertragspartei zugelassenes Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, bei der zumindest das Kraftfahrzeug in einer Vertragspartei zugelassen ist, sofern sie ausschließlich für die Beförderung von Gütern verwendet werden;

    4.„Transit“ die Beförderung von Fahrzeugen im Gebiet einer Vertragspartei ohne Be- oder Entladen von Gütern durch einen in der anderen Vertragspartei niedergelassenen Güterkraftverkehrsunternehmer;

    5.„bilaterale grenzüberschreitende Beförderung“ beladene Fahrten mit einem Fahrzeug aus dem Gebiet der Vertragspartei der Niederlassung in das Gebiet der anderen Vertragspartei und umgekehrt, mit oder ohne Transit durch das Gebiet eines Drittlands;

    6.„Fahrerdokumente“ eine inländische Fahrerlaubnis wie z. B. einen Führerschein, aus der hervorgeht, unter welchen Bedingungen ein Fahrer nach dem Recht der Vertragspartei, die das Dokument ausgestellt hat, zum Führen von Fahrzeugen berechtigt ist, oder einen Berufsbefähigungsnachweis, einen Fahrerqualifizierungsnachweis oder ein anderes amtliches Dokument, aus dem hervorgeht, dass sein Inhaber über die einschlägige Qualifikation und Ausbildung verfügt, die nach dem Recht der Vertragspartei, die das Dokument ausgestellt hat, für die Ausübung der Fahrtätigkeit unter Bedingungen, die den in Artikel 1 der Richtlinie 2003/59/EG 1 genannten vergleichbar sind, erforderlich ist.

    Artikel 4

    Zugang zu Kraftverkehrsdienstleistungen

    Güterkraftverkehrsunternehmer sind berechtigt, folgende Beförderungen von Gütern auf der Straße durchzuführen:

    a)beladene Fahrten mit einem Fahrzeug, deren Ausgangspunkt und Bestimmungsort sich im Gebiet verschiedener Vertragsparteien befinden, mit oder ohne Transit durch das Gebiet eines Drittlands;

    b)beladene Fahrten mit einem Fahrzeug aus dem Gebiet der Vertragspartei der Niederlassung in das Gebiet derselben Vertragspartei mit Transit durch das Gebiet der anderen Vertragspartei;

    c)beladene Fahrten mit einem Fahrzeug in das Gebiet der Vertragspartei der Niederlassung oder aus diesem Gebiet in ein Drittland mit Transit durch das Gebiet der anderen Vertragspartei;

    d)Leerfahrten mit einem Fahrzeug in Verbindung mit den Fahrten gemäß den Buchstaben a, b und c.

    Artikel 5

    Fahrerdokumente

    (1)Soweit dieses Abkommen anwendbar ist und während dessen gesamter Laufzeit befreit jede Vertragspartei die Inhaber eines von der anderen Vertragspartei ausgestellten Führerscheins von der Verpflichtung, Inhaber einer internationalen Fahrerlaubnis im Sinne des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr von 1949 und des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr von 1968 zu sein.

    (2)Die Ukraine unterrichtet die Europäische Union und deren Mitgliedstaaten über alle nach dem 23. Februar 2022 ergriffenen Maßnahmen zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der von ihr ausgestellten Fahrerdokumente.

    (3)Die Vertragsparteien arbeiten zusammen, um Betrug und Fälschung von Fahrerdokumenten zu verhindern und zu bekämpfen. Zu diesem Zweck und unbeschadet der einschlägigen Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten stellen die zuständigen Behörden der Ukraine den zuständigen Behörden der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten die betreffenden Informationen über ein von den zuständigen Behörden der Ukraine verwaltetes Internetportal zur Verfügung oder ermöglichen den Abruf der Daten der von der Ukraine nach ihrem Recht ausgestellten elektronischen Führerscheine.

    Können die zuständigen Behörden der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten nicht über geeignete elektronische Mittel auf die einschlägigen Informationen zugreifen, so stellen die zuständigen Behörden der Ukraine den zuständigen Behörden der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten die einschlägigen Informationen auf andere geeignete Weise zur Verfügung.

    Artikel 6

    Laufzeit

    (1)Dieser Beschluss gilt bis zum 30. Juni 2023.

    (2)Spätestens drei Monate vor Ablauf des Abkommens nehmen die Vertragsparteien Konsultationen auf, um zu prüfen, ob eine Verlängerung des Abkommens erforderlich ist. Zu diesem Zweck führen die Vertragsparteien Konsultationen im Rahmen des Gemischten Ausschusses nach Artikel 7 Absatz 2 durch.

    Artikel 7

    Gemischter Ausschuss

    (1)Es wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Er überwacht und begleitet die Anwendung und Umsetzung dieses Abkommens und überprüft regelmäßig das Funktionieren dieses Abkommens vor dem Hintergrund seiner Ziele.

    (2)Der Gemischte Ausschuss wird auf Antrag eines der beiden Vorsitzenden einberufen. Der Gemischte Ausschuss wird zudem spätestens drei Monate vor Ablauf des Abkommens einberufen, um gemäß Artikel 6 Absatz 2 zu prüfen, ob eine Verlängerung dieses Abkommens erforderlich ist, und darüber zu entscheiden. Der Gemischte Ausschuss trifft den Beschluss über eine solche Verlängerung, gegebenenfalls einschließlich ihrer Dauer, gemäß Absatz 5.

    (3)Der Gemischte Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Vertragsparteien zusammen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten der Europäischen Union können als Beobachter an den Sitzungen des Gemischten Ausschusses teilnehmen.

    (4)Der Vorsitz im Gemischten Ausschuss wird abwechselnd von einem Vertreter der Union und einem Vertreter der Ukraine geführt.

    (5)Der Gemischte Ausschuss fasst seine Beschlüsse im Einvernehmen zwischen den Parteien. Die Beschlüsse sind für die Vertragsparteien verbindlich; diese treffen alle für die Umsetzung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen.

    (6)Der Gemischte Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

    Artikel 8

    Streitbeilegung 2

    Bei Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung und Anwendung dieses Abkommens gelten die Bestimmungen des Titels IV Kapitel 14 des Assoziierungsabkommens sinngemäß.

    Artikel 9

    Erfüllung der Verpflichtungen

    (1)Jede Vertragspartei ist in vollem Umfang verantwortlich für die Einhaltung aller Bestimmungen dieses Abkommens.

    (2)Jede Vertragspartei stellt sicher, dass alle erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens getroffen werden, auch zu ihrer Einhaltung auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen sowie durch Personen, die ihnen übertragene hoheitliche Befugnisse ausüben. Jede Vertragspartei handelt nach Treu und Glauben, um sicherzustellen, dass die in diesem Abkommen festgelegten Ziele erreicht werden.

    (3)Dieses Abkommen ist ein Abkommen im Sinne des Artikels 479 Absatz 5 des Assoziierungsabkommens. Eine Vertragspartei kann geeignete Maßnahmen im Zusammenhang mit diesem Abkommen treffen, wenn eine besonders schwere und substanzielle Verletzung einer der in Artikel 2 des Assoziierungsabkommens als wesentliche Elemente bezeichneten Verpflichtungen vorliegt, die den Weltfrieden und die internationale Sicherheit gefährdet, sodass eine sofortige Reaktion erforderlich ist. Diese geeigneten Maßnahmen werden nach Artikel 478 des Assoziierungsabkommens getroffen.

    Artikel 10

    Schutzmaßnahmen

    (1)Jede Vertragspartei kann geeignete Schutzmaßnahmen treffen, wenn sie der Auffassung ist, dass die von Güterkraftverkehrsunternehmern der anderen Vertragspartei durchgeführten Beförderungen eine Gefahr für die Straßenverkehrssicherheit darstellen. Schutzmaßnahmen werden unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts getroffen, müssen verhältnismäßig sein und in Bezug auf ihren Anwendungsbereich und ihre Dauer auf das zur Behebung der Situation oder zur Wahrung des Gleichgewichts dieses Abkommens unbedingt erforderliche Maß beschränkt sein. Vorrang ist Maßnahmen zu geben, die das ordnungsgemäße Funktionieren des Abkommens möglichst wenig beeinträchtigen.

    (2)Die betreffende Vertragspartei muss der anderen Vertragspartei vor der Aufnahme von Konsultationen die getroffenen Maßnahmen mitteilen und alle sachdienlichen Informationen bereitstellen.

    (3)Die Vertragsparteien führen unverzüglich Konsultationen im Gemischten Ausschuss durch, um eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu finden.

    (4)Alle nach Maßgabe dieses Artikels getroffenen Maßnahmen werden ausgesetzt, sobald die schuldhafte Vertragspartei die Bestimmungen dieses Abkommens wieder einhält oder wenn die Gefahr für die Straßenverkehrssicherheit nicht mehr besteht.

    Artikel 11

    Räumlicher Anwendungsbereich

    Dieses Abkommen gilt einerseits für das Gebiet, in dem der Vertrag über die Europäische Union und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union angewendet werden, sowie unter den in diesen Verträgen festgelegten Bedingungen und andererseits für das Gebiet der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen.

    Seine Anwendung wird in den Gebieten ausgesetzt, in denen die Regierung der Ukraine keine wirksame Kontrolle ausübt.

    Artikel 12

    Kündigung

    (1)Jede Vertragspartei kann der anderen Vertragspartei über diplomatische Kanäle jederzeit schriftlich mitteilen, dass sie dieses Abkommen kündigen will. Das Abkommen wird zwei Wochen nach der Mitteilung gekündigt, es sei denn, die mitteilende Partei gibt einen späteren Zeitpunkt an, zu dem die Mitteilung wirksam werden soll. Im letzteren Fall darf das Datum nicht mehr als zwei Monate nach dem Tag der Mitteilung liegen.

    (2)Güterkraftverkehrsunternehmer, deren Fahrzeug sich bei Ablauf dieses Abkommens im Gebiet der anderen Vertragspartei befindet, dürfen das Gebiet dieser Vertragspartei durchfahren, um in das Gebiet der Vertragspartei, in der sie niedergelassen sind, zurückzukehren.

    (3)Der Klarheit halber gilt, dass das Datum der Mitteilung nach Absatz 1 das Datum ist, an dem die Mitteilung der anderen Vertragspartei zugestellt wird.

    (4)Mit dem Ablauf dieses Abkommens gemäß Artikel 6 oder der Kündigung dieses Abkommens gemäß Absatz 1 werden die Bedingungen für den Zugang zum Markt für Kraftverkehrsdienste zwischen den Vertragsparteien nicht restriktiver als am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens. Sofern kein späteres Abkommen zwischen den Vertragsparteien geschlossen wird, gelten daher die Marktzugangsrechte, die in den an diesem Tag zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Ukraine bestehenden bilateralen Abkommen festgelegt sind, ab dem Tag des Ablaufs oder der Kündigung dieses Abkommens erneut.

    Artikel 13

    Inkrafttreten und vorläufige Anwendung

    (1)Die Vertragsparteien ratifizieren oder genehmigen dieses Abkommen nach ihren eigenen Verfahren. Dieses Abkommen tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander über den Abschluss der für diesen Zweck jeweils erforderlichen internen Verfahren unterrichtet haben.

    (2)Ungeachtet Absatz 1 kommen die Union und die Ukraine überein, dieses Abkommen ab dem Tag seiner Unterzeichnung vorläufig anzuwenden.

    (3)Für die Zwecke der betreffenden Bestimmungen dieses Abkommens gilt jede in diesen Bestimmungen enthaltene Bezugnahme auf das „Datum des Inkrafttretens dieses Abkommens“ im Einklang mit Absatz 2 als Bezugnahme auf das „Datum, ab dem dieses Abkommen vorläufig angewendet wird“.

    Ausgefertigt in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, irischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer, ungarischer und ukrainischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

    ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten, hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Abkommen unterschrieben.

    Geschehen zu Lyon am ...

       Im Namen der Europäischen Union

       Im Namen der Ukraine

    (1)    Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).
    (2)    Zur Vermeidung von Missverständnissen wird darauf hingewiesen, dass weder dieser Artikel noch dieses Abkommen so auszulegen ist, als begründe er bzw. es Rechte oder Pflichten, die vor den internen Gerichten der Vertragsparteien unmittelbar geltend gemacht werden können.
    Top