EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 7.9.2022
COM(2022) 441 final
2022/0264(NLE)
Vorschlag für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
{SWD(2022) 441 final}
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Document 52022DC0441
Proposal for a COUNCIL RECOMMENDATION on access to affordable high-quality long-term care
Vorschlag für eine EMPFEHLUNG DES RATES über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
Vorschlag für eine EMPFEHLUNG DES RATES über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
COM/2022/441 final
Relation | Act | Comment | Subdivision concerned | From | To |
---|---|---|---|---|---|
Adopted by | 32022H1215(01) | 08/12/2022 |
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 7.9.2022
COM(2022) 441 final
2022/0264(NLE)
Vorschlag für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
{SWD(2022) 441 final}
BEGRÜNDUNG
1. KONTEXT DES VORSCHLAGS
• Gründe und Ziele des Vorschlags
Bedeutung der Langzeitpflege
Die Langzeitpflege 1 erfüllt sozial und wirtschaftlich eine wichtige Funktion. Sie trägt dazu bei, pflegebedürftigen Menschen ein würdevolles und gutes Leben zu ermöglichen und ihre Grundrechte zu schützen. Außerdem trägt sie zum Abbau von Ungleichheiten und zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen bei. Investitionen in die Langzeitpflege sind auch für die Wirtschaft von Nutzen: Die Entlastung von Familien bei der Pflege schafft Arbeitsplätze und setzt Arbeitskräfte für andere Sektoren frei. Ein starker Langzeitpflegesektor kann zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen, da Millionen von Frauen derzeit aufgrund von Betreuungs- oder Pflegeaufgaben vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind und/oder nur in Teilzeit arbeiten, was das Angebot an verfügbaren Arbeitskräften und somit auch das potenzielle Wachstum einschränkt. Betreuungs- und Pflegepflichten können sich zudem nachteilig auf das Einkommen und die Rente von Frauen auswirken, sodass viele ältere Frauen sich Pflegedienste nicht leisten können. Weil es kein geeignetes formelles Langzeitpflegeangebot gibt, tragen Familienangehörige häufig die Pflegelast – mit potenziellen Folgen für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden.
Bedarf an Langzeitpflege
Die bereits jetzt hohe Nachfrage nach Langzeitpflege dürfte angesichts der alternden Bevölkerung weiter wachsen. Aller Voraussicht nach wird die Zahl der Langzeitpflegebedürftigen in der EU von rund 30,8 Millionen im Jahr 2019 auf 33,7 Millionen im Jahr 2030 und 38,1 Millionen im Jahr 2050 steigen; das entspricht einem Anstieg um insgesamt 23,5 %. 2 Da Frauen, die bislang den Großteil der informellen Pflege übernommen haben, immer häufiger erwerbstätig sind und später in Rente gehen, wird die Zahl der pflegenden Angehörigen und Nahestehenden sinken. Gleichzeitig wird die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter aufgrund der Bevölkerungsalterung weiter schrumpfen. Dies hat zur Folge, dass der Bedarf an Arbeitskräften in verschiedenen Wirtschaftssektoren steigt und das Angebot an formellen Pflegekräften womöglich weiter abnimmt, da diese in attraktivere Branchen abwandern.
Herausforderungen im Bereich der Langzeitpflege
Die Langzeitpflegesysteme in der Union unterscheiden sich in Struktur und Ausgereiftheit, stehen aber alle vor denselben Herausforderungen. Zu diesen Herausforderungen zählen die Bezahlbarkeit, Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Qualität vor dem Hintergrund von Arbeitskräftemangel, Haushaltszwängen und komplexer Governance. Die COVID-19-Pandemie hat die strukturellen Schwächen in den Langzeitpflegesystemen offenbart und deutlich gemacht, dass die Pflegesysteme besser für externe Schocks gerüstet werden müssen und Strukturreformen und Investitionen in die Langzeitpflege dringend erforderlich sind.
Bezahlbarkeit
Finanzielle Aspekte und der Mangel an angemessenem Sozialschutz stellen erhebliche Hindernisse für den Zugang zur Langzeitpflege dar. Das Pflegerisiko wird durch die bestehenden Sozialschutzsysteme generell weniger abgesichert als andere häufige Risiken (z. B. Altersarmut und Gesundheitsversorgung). Außerdem sind die Sozialschutzregelungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. In einigen Ländern steht nur einem kleinen Teil der Langzeitpflegebedürftigen öffentliche Unterstützung zur Verfügung. Der gegebenenfalls vorhandene Sozialschutz reicht oft nicht aus. Trotz der Unterstützung fällt durchschnittlich fast die Hälfte der älteren Menschen mit Langzeitpflegebedarf unter die Armutsgrenze, nachdem sie den Eigenanteil für die häusliche Pflege beglichen haben. 3
Verfügbarkeit und Zugänglichkeit
Der Zugang zu und die Auswahl an Langzeitpflegeoptionen sind unzulänglich, was Gerechtigkeitsbedenken aufwirft. Für gewöhnlich kann nur zwischen informeller Pflege (meist durch Angehörige oder Nahestehende, hauptsächlich Frauen) und stationärer Pflege (meist bei intensiver Pflegebedürftigkeit oder Armut) gewählt werden. Andere, stärker personenzentrierte Optionen wie häusliche oder gemeindenahe Pflege etablieren sich mehr und mehr, wenn auch nicht in allen Mitgliedstaaten gleich stark. 4 Beim Zugang bestehen regionale und sozioökonomische Ungleichheiten, die vor allem in ländlichen und von Bevölkerungsrückgang betroffenen Gebieten zu spüren sind. 5 Ältere Menschen mit niedrigerem Einkommen sind eher auf Langzeitpflege angewiesen als ältere Menschen mit höherem Einkommen. Probleme beim Zugang haben auch Menschen mit Behinderungen, die einen großen Teil der Langzeitpflegebedürftigen ausmachen.
Qualität
Die Qualitätsstandards für die Langzeitpflege sind oft niedrig und die Qualitätssicherungsmechanismen unzureichend. Für die stationäre Pflege gelten in vielen Mitgliedstaaten umfassende Vorschriften und Standards. Häusliche und gemeindenahe Pflege hingegen sind oft weniger stark reguliert. Die vorhandenen Qualitätsstandards betreffen meist nur Grundanforderungen zu Ernährung und Hygiene. Wohlergehen und Lebensqualität der Pflegebedürftigen werden nicht erwähnt. Darüber hinaus werden die Standards nicht von allen öffentlichen und privaten Pflegedienstleistern gleichermaßen eingehalten, und in vielen Mitgliedstaaten fehlen geeignete Qualitätssicherungsmechanismen.
Arbeitskräfte
Arbeitskräftemangel und atypische Beschäftigungsformen sind in der Langzeitpflege weit verbreitet. Die meisten Mitgliedstaaten melden oder erwarten eine beträchtliche Zahl offener Stellen, insbesondere für qualifiziertes Pflegepersonal wie Krankenschwestern bzw. -pfleger. Vor allem im Bereich der Fürsorgedienste für ältere Menschen sind viele Stellen unbesetzt. Aufgrund der oft schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhne ist es schwierig, Pflegekräfte zu rekrutieren und zu halten. Über den sozialen Dialog könnten hier Verbesserungen erzielt werden. Der soziale Dialog spielt in der Langzeitpflege jedoch nicht überall die gleiche Rolle. Nur in wenigen Mitgliedstaaten sind fast alle Pflegekräfte durch Tarifverträge abgesichert. In anderen Mitgliedstaaten gibt es so gut wie keinen sozialen Dialog im Langzeitpflegesektor. 6 Eine weitere Herausforderung besteht darin, die besondere Situation von im Haushalt lebenden Pflegekräften anzugehen, bei denen es sich meist um mobile oder Wanderarbeitskräfte 7 handelt und die besonders schutzbedürftig sind, vor allem wenn sie einer nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit nachgehen 8 . Sie verdienen bisweilen sehr wenig, und ihre Arbeitszeitenregelungen, einschließlich angemessener Ruhezeiten und anderer Arbeitsbedingungen, sind nicht immer klar definiert 9 und manchmal mit dem Arbeitsrecht nicht vereinbar. Ferner ist der Pflegesektor eine geschlechtstypische Branche. 90 % aller Pflegekräfte sind Frauen, und mit der Pflegearbeit werden viele Geschlechterstereotypen verbunden.
Langzeitpflege wird größtenteils in Form von informeller Pflege erbracht, dies hat allerdings seinen Preis. Rund 52 Millionen Europäerinnen und Europäer, d. h. 14,4 % der Bevölkerung im Alter von 18 bis 74 Jahren, leisten wöchentlich informelle Langzeitpflege für Familienangehörige oder Freunde – das entspricht fast 80 % der Langzeitpflege leistenden Personen auf EU-Ebene. 10 Besonders für ältere Pflegende kann die Pflegearbeit jedoch eine große Herausforderung darstellen und sich negativ auf ihre eigene Gesundheit und ihr eigenes Wohlbefinden auswirken. Informelle Pflege ist zudem sowohl für die Wirtschaft als auch für die Pflegenden mit (versteckten) Kosten verbunden. Pflegende Angehörige und Nahestehende (meist Frauen) sehen sich häufig dazu gezwungen, ihre berufliche Laufbahn zu unterbrechen, in Teilzeit zu arbeiten oder ihre Berufstätigkeit ganz aufzugeben, wodurch geschlechtsspezifische Unterschiede sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel weiter verschärft werden.
Finanzierung
Die öffentlichen Ausgaben für die Langzeitpflege dürften weiter erheblich steigen, was eine nachhaltigere Finanzierung erforderlich macht. Von 1,7 % des BIP im Jahr 2019 werden die Ausgaben voraussichtlich bis 2050 auf 2,5 % ansteigen, wobei deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. 11 Dieser prognostizierte Anstieg könnte jedoch noch höher ausfallen, denn dabei wird nicht berücksichtigt, dass der wesentliche Beitrag der pflegenden Angehörigen und Nahestehenden von derzeit schätzungsweise 2,4 % des BIP der Union 12 aufgrund der sich verändernden Familienstrukturen und der steigenden Beschäftigungsquote von Frauen in Zukunft wahrscheinlich nicht auf demselben Niveau bleiben wird. Die finanzielle Tragfähigkeit kann verbessert werden, indem die Kosteneffizienz der Langzeitpflege sichergestellt wird, etwa durch einen kohärenten und integrierten Governance-Rahmen, die Förderung von eigenständiger Lebensführung und eine bessere Ausrichtung der Langzeitpflege auf individuelle Bedürfnisse, sodass beispielsweise Menschen mit geringerem Pflegebedarf nicht unnötigerweise in teureren Intensivpflegeeinrichtungen betreut werden. Darüber hinaus sind ehrgeizigere Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention vonnöten, um die psychische und körperliche Gesundheit der Menschen zu erhalten, die Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte sicherzustellen und die Nachhaltigkeit und Krisenfestigkeit der Gesundheitssysteme zu garantieren.
Governance
In vielen Mitgliedstaaten ist die Langzeitpflege fragmentiert und erfolgt im Rahmen eines komplexen Systems von Gesundheits- und Sozialdiensten sowie durch andere Formen der Unterstützung; dabei unterliegt sie sowohl nationalen als auch regionalen und lokalen Zuständigkeiten. Dies trägt zu Unterschieden bei der Verfügbarkeit und Qualität von Langzeitpflegediensten bei und beeinträchtigt die Kosteneffizienz. Zudem werden für die Überwachung der Langzeitpflege nicht durchgängig dieselben Indikatoren verwendet, und die Verwaltungsdaten sind auf nationaler Ebene meist lückenhaft und oft nicht verfügbar oder auf Unionsebene vergleichbar. Dies wirkt sich nicht nur auf die Effizienz aus, sondern erschwert auch die wirksame Überwachung und das Voneinanderlernen. In der Langzeitpflege gibt es eine Vielzahl von Interessenträgern – die Pflegebedürftigen, ihre Familienangehörigen und Interessenvertretungen, die jeweiligen nationalen, regionalen und lokalen Behörden, Sozialpartner, zivilgesellschaftliche Organisationen, sozialwirtschaftliche Organisationen, Anbieter von Langzeitpflege sowie Stellen, die für die Förderung der sozialen Inklusion und Integration und den Schutz der Grundrechte zuständig sind, wie z. B. nationale Gleichstellungsstellen. Es bedarf einer soliden Governance, um den gezielten Einsatz der verfügbaren Ressourcen sicherzustellen, etwa durch Datenerhebungen, eine Bestandsaufnahme der bestehenden Infrastrukturen und Dienste, eine Einschätzung des individuellen Bedarfs und eine Lückenanalyse, und zwar unter Berücksichtigung regionaler Ungleichheiten und demografischer Herausforderungen.
Ziele des Vorschlags
Im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte 13 wurde für 2022 eine Initiative zur Langzeitpflege angekündigt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach in ihrer Rede zur Lage der Union 2021 eine neue europäische Strategie für Pflege und Betreuung, damit alle Unionsbürgerinnen und -bürger auf die bestmögliche Pflege zurückgreifen und die bestmögliche Balance zwischen Familie und Beruf finden können. Mit dem vorliegenden Vorschlag für eine Empfehlung des Rates sollen die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen unterstützt werden, den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege zu verbessern. Der Vorschlag enthält Leitlinien für die Ausrichtung von Reformen, um die gemeinsamen Herausforderungen in Bezug auf Bezahlbarkeit, Verfügbarkeit, Qualität und Pflegekräfte anzugehen, sowie für eine solide Governance in der Langzeitpflege. So soll im Bereich der Langzeitpflege eine strukturiertere Zusammenarbeit auf Unionsebene entstehen, während gleichzeitig eine Aufwärtskonvergenz angestrebt wird.
• Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Der Vorschlag fördert die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte 14 , in deren Grundsatz 18 festgelegt ist, dass jede Person das Recht auf bezahlbare und hochwertige Langzeitpflegedienste, insbesondere häusliche Pflege und wohnortnahe Dienstleistungen, hat. Ferner trägt er auch zur Umsetzung von Grundsatz 9 über die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für Menschen mit Betreuungs- oder Pflegepflichten und von Grundsatz 17 über die Inklusion von Menschen mit Behinderungen bei.
Der vorliegende Vorschlag stellt eine zentrale Maßnahme im Rahmen der Mitteilung der Kommission über die europäische Strategie für Pflege und Betreuung 15 dar. Er unterstützt den in der Strategie beworbenen Ansatz der lebenslangen Pflege und Betreuung und befasst sich vornehmlich mit dem Sozialschutz bei Langzeitpflege und den Voraussetzungen für deren wirksame Erbringung.
Politische Entwicklungen und Herausforderungen in der Langzeitpflege werden im Rahmen des Europäischen Semesters verfolgt. In den vergangenen Jahren erhielten einige Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen zur Langzeitpflege, die unter anderem die Aspekte Zugang, Qualität, Bezahlbarkeit, höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Nachhaltigkeit betrafen. In den beschäftigungspolitischen Leitlinien werden angemessene und inklusive Sozialschutzsysteme gefordert. Darin wird auch betont, wie wichtig ein zeitnaher und gleichberechtigter Zugang zu erschwinglichen Langzeitpflege- und Gesundheitsdiensten, einschließlich Prävention und Förderung der Gesundheitsversorgung, angesichts der COVID-19-Pandemie und im Kontext alternder Gesellschaften ist. Im Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2022 wird hervorgehoben, welch große Bedeutung Langzeitpflegediensten dabei zukommt, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Alterung der Bevölkerung zu einem starken Anstieg der Nachfrage nach Langzeitpflege führen dürfte. Die Mitgliedstaaten werden im Bericht aufgerufen, die Bereitstellung hochwertiger, erschwinglicher und nachhaltiger Langzeitpflegedienste zu stärken.
Der Vorschlag steht im Einklang mit der geltenden Sozialschutzpolitik und baut auf dieser auf. Im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung haben sich die Mitgliedstaaten insbesondere auf folgende gemeinsame Ziele für die Langzeitpflege geeinigt:
·Den Zugang aller zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege sicherstellen und dabei gewährleisten, dass Pflegebedürftigkeit nicht zu Armut und finanzieller Abhängigkeit führt. Gegen Ungleichheiten beim Zugang zu Pflege und bei den Gesundheitsergebnissen vorgehen.
·Die Qualität der Gesundheitsversorgung und der Langzeitpflege fördern und die Pflegesysteme an die sich wandelnden Erfordernisse und Präferenzen der Gesellschaft und des Einzelnen anpassen, insbesondere durch Verwirklichung von Qualitätsstandards, die der internationalen Best Practice entsprechen, und durch Stärkung der Verantwortlichkeit der Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie der Patienten und der Pflegeempfänger.
·Sicherstellen, dass eine angemessene und qualitativ hochwertige Langzeitpflege erschwinglich und nachhaltig bleibt. Zu diesem Zweck eine gesunde und aktive Lebensweise, eine gute Personalausstattung des Pflegesektors und eine rationelle Ressourcennutzung fördern, vor allem durch geeignete Anreize für Nutzer und Anbieter sowie eine gute Governance und Koordination zwischen den Pflegesystemen und den Pflegeeinrichtungen.
Die vorgeschlagene Empfehlung des Rates zur Langzeitpflege geht auf die wichtigsten Herausforderungen ein, die in dem gemeinsam von der Europäischen Kommission und dem Ausschuss für Sozialschutz erstellten Bericht 2021 über die Langzeitpflege ermittelt wurden. Sie soll die laufende Zusammenarbeit auf EU-Ebene im Bereich des Sozialschutzes und der Langzeitpflege weiter vertiefen, indem Einvernehmen über die Ausrichtung der Reformen geschaffen wird.
Einige der bisherigen EU-Gesetzgebungsinitiativen betreffen zwar nicht speziell die Langzeitpflege, beinhalten jedoch wichtige Regelungen für diesen Bereich und ergänzen somit den vorliegenden Vorschlag. So gewährt die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben 16 pflegenden Angehörigen etwa das Recht auf Urlaub und unterstützt flexible Beschäftigungsformen, was für pflegende Angehörige und Nahestehende im erwerbsfähigen Alter von Belang ist. In den Erwägungsgründen des vorliegenden Vorschlags wird diese Richtlinie als einschlägiges EU-Recht zitiert.
Der Vorschlag der Kommission 17 zur Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates 18 soll Rechtsklarheit und Transparenz in Bezug auf den Zugang zu Leistungen bei Pflegebedürftigkeit bieten, wenn Pflegebedürftige in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind. Die Freizügigkeit von pflegebedürftigen Personen oder die Übertragbarkeit von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit werden im vorliegenden Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Langzeitpflege nicht thematisiert. Im Mittelpunkt steht eher die Frage, inwieweit die Langzeitpflege durch die nationalen Sozialschutzsysteme abgedeckt wird und welche Grundvoraussetzungen für ihr wirksames Funktionieren gegeben sein müssen (d. h. Vorhandensein von geeigneten und hochwertigen Langzeitpflegediensten und Pflegenden).
Dieser Vorschlag ist mit dem für Pflegekräfte geltenden Unionsrecht zu Arbeitsbedingungen vereinbar und lässt dieses unberührt.
Zweck des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit 19 ist es, das Funktionieren des Binnenmarkts für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Dies betrifft Produkte und Dienstleistungen, die für Menschen mit Behinderungen als besonders wichtig eingestuft wurden und für die häufig unterschiedliche Anforderungen an die Barrierefreiheit in den einzelnen EU-Ländern gelten. Darüber hinaus schreibt die Richtlinie über Barrierefreiheit im Internet 20 bereits vor, dass Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen, einschließlich Informationen sowie Online-Kontakt- und Antragsformularen, für Nutzerinnen und Nutzer, insbesondere Menschen mit Behinderungen, zugänglich sein müssen. Mit dem vorliegenden Vorschlag werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Informationen, Dienstleistungen und Einrichtungen im Bereich der Langzeitpflege zu ermöglichen.
• Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Der Vorschlag knüpft an die im Rahmen des Grünbuchs zum Thema Altern eingeleitete Debatte an. Dabei wurde die Erfordernis eines integrierten Konzepts für eine gut zugängliche, erschwingliche und qualitativ hochwertige Langzeitpflege hervorgehoben, die sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen orientiert und darauf abzielt, die Eigenständigkeit des Einzelnen so lange wie möglich zu erhalten. Nach Ansicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten vor allem häusliche und gemeindenahe Pflegedienste ausgeweitet werden, da diese das Zuhause-alt-werden ermöglichen. Solche personenzentrierten Pflegedienste könnten am besten dadurch geschaffen werden, dass alle Interessenträger gemeinsam an der Entwicklung mitwirken. Außerdem könnten neue Technologien und digitale Lösungen die Versorgung verbessern, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten.
Aufgrund der starken Korrelation zwischen Behinderung und Langzeitpflegebedarf ist der vorliegende Vorschlag eng mit der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen verknüpft. Verknüpfungspunkte bestehen auch zur Europäischen Kompetenzagenda , mit der Weiterbildung und Umschulung in der ganzen Union gefördert werden, auch im Langzeitpflegesektor. Darüber hinaus steht der Vorschlag im Zusammenhang mit dem neuen Migrations- und Asylpaket , allen voran dem Paket zu Kompetenzen und Talenten , mit dessen Hilfe unter anderem Fachkräfte für die Langzeitpflege angeworben werden sollen.
Da die meisten Pflegenden und Langzeitpflegebedürftigen Frauen sind, ist der Vorschlag auch für die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter von Bedeutung. Die Strategie bildet den Rahmen für die Arbeit der Europäischen Kommission auf dem Gebiet der Gleichstellung der Geschlechter. Hauptziele sind unter anderem die Bekämpfung von Geschlechterstereotypen, die Beseitigung des Lohn- und Rentengefälles zwischen Frauen und Männern und der Abbau des geschlechtsspezifischen Gefälles bei Betreuungs- und Pflegeaufgaben. Mit dem Vorschlag werden Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ergänzt, da der Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege als eines der Instrumente gilt, mit dem sich Beruf und Familienleben besser miteinander in Einklang bringen lassen. In der Mitteilung über die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird die Notwendigkeit anerkannt, in der ganzen EU bezahlbare, qualitativ hochwertige formelle Pflege- und Betreuungsdienste anzubieten, um Hindernisse für die Erwerbstätigkeit insbesondere von Frauen zu beseitigen.
Sozialwirtschaftliche Einrichtungen wie Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Verbände, Stiftungen und Sozialunternehmen sind für Behörden wichtige Partner bei der Erbringung von Langzeitpflege. Der Vorschlag ist daher mit dem Aktionsplan für die Sozialwirtschaft verknüpft. Ziel ist es, zum Wirtschaftswachstum und zu besseren Arbeitsbedingungen im Pflegesektor beizutragen und damit auch die sozialwirtschaftlichen Akteure dabei zu unterstützen, die mit der Pflege verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.
Der Vorschlag ergänzt die EU-Initiativen im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Er baut insbesondere auf der Initiative Gemeinsam gesünder sowie auf Europas Plan gegen den Krebs auf, die sich mit der Prävention, Behandlung und Pflege von nicht übertragbaren Krankheiten befassen. Eine der Säulen des Plans zur Krebsbekämpfung betrifft die Lebensqualität von Erkrankten und Überlebenden und sieht mehrere Maßnahmen vor, um ihnen ein langes und erfülltes Leben zu ermöglichen.
Darüber hinaus unterstützt der vorliegende Vorschlag den grünen und den digitalen Wandel, indem der Einsatz digitaler Technologien in der Langzeitpflege und die Einhaltung der Umwelt- und Energiesparvorgaben bei der Langzeitpflegeversorgung gefördert werden. Somit steht er auch im Einklang mit der EU-Mitteilung über die Ermöglichung der digitalen Umgestaltung der Gesundheitsversorgung und Pflege im digitalen Binnenmarkt , die aufgeklärte Mitwirkung der Bürger und den Aufbau einer gesünderen Gesellschaft.
Mit dem Vorschlag wird zudem Vorschlag Nr. 15 der Konferenz zur Zukunft Europas aufgegriffen, der sich auf den demografischen Wandel bezieht und in dem eine angemessene Fürsorge für ältere Menschen gefordert wird, die sowohl den Pflegebedürftigen als auch dem Pflegepersonal Rechnung trägt.
Es werden EU-Mittel bereitgestellt, um Investitionen in eine gut zugängliche, bezahlbare und hochwertige Langzeitpflege, die vor allem der häuslichen und der gemeindenahen Pflege sowie älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen und Menschen in geografisch abgelegenen Gebieten zugutekommen, voranzutreiben und um sozialwirtschaftliche Akteure, die diese Dienste anbieten, zu unterstützen. Die Fonds der Union umfassen den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung , den Europäischen Sozialfonds Plus und seine Komponente Beschäftigung und soziale Innovation , den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums , den Fonds für einen gerechten Übergang , Horizont Europa , das Programm Digitales Europa und die Aufbau- und Resilienzfazilität für förderfähige Reformen und Investitionen im Zusammenhang mit der Erholung von der COVID-19-Pandemie. Technische Unterstützung steht über das Instrument für technische Unterstützung zur Verfügung. Die EU-Fonds haben unterschiedliche Investitionsprioritäten. So liegt der Schwerpunkt des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung beispielsweise auf der Unterstützung nicht stationärer familien- und gemeindenaher Dienste.
2. RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
• Rechtsgrundlage
Mit dem Vorschlag werden die in Artikel 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) genannten Ziele der Union unterstützt, das Wohlergehen ihrer Völker, die nachhaltige Entwicklung Europas im Hinblick auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt sowie die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Solidarität zwischen den Generationen zu fördern. Gemäß Artikel 9 AEUV trägt die Union bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.
Die vorgeschlagene Empfehlung des Rates stützt sich auf Artikel 292 AEUV in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe k AEUV, wonach die Union in Bezug auf die „Modernisierung der Systeme des sozialen Schutzes“ tätig werden darf. Allerdings kann die Union auf diesem Gebiet lediglich Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ergreifen.
Unter „Modernisierung“ ist gemeinhin ein Prozess zu verstehen, bei dem etwas an neue Bedürfnisse oder Gewohnheiten oder an neue Verfahren, Methoden oder Ideen angepasst wird. Auch den jüngsten Beispielen für EU-Rechtsakte, die ausdrücklich auf eine Modernisierung abzielen, scheint dieses Verständnis zugrunde zu liegen. 21 Die vorgeschlagene Empfehlung trägt zur Modernisierung der Sozialschutzsysteme bei, indem unter Berücksichtigung der Haushaltszwänge und Sicherstellung der allgemeinen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen innovative Ansätze und Maßnahmen für eine umfassendere, angemessenere und qualitativ hochwertigere Langzeitpflege eingesetzt werden, um den Bedürfnissen in einer rasch alternden Gesellschaft gerecht zu werden.
Der Vorschlag befasst sich vorrangig mit dem Sozialschutz bei Langzeitpflegebedürftigkeit für alle Bevölkerungsgruppen, unabhängig von ihrem derzeitigen oder früheren Beschäftigungsstatus und ihrer Teilhabe am Arbeitsmarkt. Darüber hinaus setzt sich der Vorschlag mit den Grundvoraussetzungen für ein wirksames Funktionieren des Sozialschutzes bei Langzeitpflegebedürftigkeit auseinander (Dienstleistungen, Arbeitskräfte und Governance eingeschlossen).
• Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Die Langzeitpflege fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; die Union ist befugt, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen und zu ergänzen. Mit dem Vorschlag wird der Mehrwert von Maßnahmen auf EU-Ebene sichergestellt. Er ist Ausdruck des politischen Willens, den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege gemäß der europäischen Säule sozialer Rechte zu gewährleisten.
Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass es eines speziellen Instruments auf EU-Ebene bedarf, um die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der strukturellen Herausforderungen zu unterstützen, vor denen ihre Langzeitpflegesysteme stehen. Die in der Empfehlung enthaltenen Leitlinien und Grundsätze zur Verbesserung der nationalen Langzeitpflegesysteme dürften auch dazu beitragen, die entsprechenden EU-Mittel gezielter einzusetzen und die Qualität der Investitionen zu verbessern. Durch unionsweite Fortschritte auf diesem Gebiet wird sichergestellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig davon, wo sie in der EU leben, Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege haben. Zudem soll die Aufwärtskonvergenz gefördert werden – für resiliente Sozialschutzsysteme und eine formelle Langzeitpflege, die gut zugänglich, erschwinglich und qualitativ hochwertig ist. Die Empfehlung trägt zur Wahrung zentraler Werte wie der Menschenrechte, zum Abbau von Ungleichheiten und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts bei.
• Verhältnismäßigkeit
Der Vorschlag ergänzt die Bemühungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Langzeitpflege. Er berücksichtigt die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten und die Vielfalt der Systeme. Er trägt der Tatsache Rechnung, dass die Mitgliedstaaten die Empfehlung aufgrund unterschiedlicher nationaler, regionaler oder lokaler Gegebenheiten unterschiedlich umsetzen könnten. Es werden weder eine Ausweitung der Regelungsbefugnisse der EU noch verbindliche Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Die Mitgliedstaaten entscheiden je nach ihren nationalen Gegebenheiten, wie sie die Empfehlung des Rates bestmöglich befolgen können. Die Verhältnismäßigkeit hat auch bei der Wahl des Instruments eine wichtige Rolle gespielt.
• Wahl des Instruments
Das Instrument ist ein Vorschlag für eine Empfehlung des Rates, der mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht. Er baut auf dem bestehenden Unionsrecht auf und entspricht den Instrumenten, die für EU-Maßnahmen im Bereich der Sozialpolitik zur Verfügung stehen. Als Rechtsinstrument bekräftigt der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu den in dieser Empfehlung festgelegten Maßnahmen und bildet eine starke politische Grundlage für die Zusammenarbeit auf Unionsebene im Bereich der Langzeitpflege, wobei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten uneingeschränkt gewahrt bleibt.
3. ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
• Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
Entfällt.
• Konsultation der Interessenträger
Auf der Website Ihre Meinung zählt wurde vom 1. bis zum 29. März 2022 eine öffentliche Konsultation zur europäischen Pflege- und Betreuungsstrategie durchgeführt. Es gingen 123 Beiträge bei der Kommission ein, zumeist von NRO (64). Bei den Konsultationen kamen vor allem folgende Themen immer wieder auf: Zugang zu und Verfügbarkeit von Pflegediensten, Sozialschutz und Bezahlbarkeit von Pflegediensten, Qualität der Pflegedienste, Pflegekräfte und pflegende Angehörige und Nahestehende, sozioökonomische und regionale Ungleichheiten, geschlechtsspezifische Dimension, aktives und gesundes Altern und Präventionsmaßnahmen, Finanzierung von Pflegediensten, Governance-/Koordinierungsaspekte, Potenzial von Digitalisierung und Innovation für den Pflegesektor sowie die COVID-19-Pandemie und ihre Folgen.
Im Zuge der gezielten Konsultationen wurden Sondierungsdebatten mit der hochrangigen Gruppe zum Gender Mainstreaming (28. Januar 2022) sowie mit Vertretern der Mitgliedstaaten im Ausschuss für Sozialschutz (17. März 2022) und im Beschäftigungsausschuss (1. April 2022) geführt. Außerdem fanden ein strategischer Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen (11. März 2022), eine gemeinsame Anhörung der für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments (24. März 2022) und eine gesonderte Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene (7. April 2022) statt.
Viele der Konsultationsteilnehmer, darunter Mitgliedstaaten, Sozialpartner und Zivilgesellschaft, unterstrichen die Bedeutung eines soliden Sozialschutzes für den Zugang zu hochwertigen Langzeitpflegediensten und für deren Erschwinglichkeit. Die Bedeutung von personenzentrierten Ansätzen und die Notwendigkeit einer stärkeren Integration von Pflege- und Gesundheitsdiensten wurden insbesondere von den zivilgesellschaftlichen Organisationen hervorgehoben. Die Bereitstellung angemessener öffentlicher Finanzmittel und Investitionen in Betreuungs- und Pflegedienste, auch durch die Nutzung aller verfügbaren EU-Instrumente, wurde dafür als entscheidend erachtet. Die Sozialpartner schlossen sich der Auffassung an, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität für den Bereich der Pflege und Betreuung genutzt werden sollte.
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege war sowohl bei den Konsultationsveranstaltungen als auch in den schriftlichen Beiträgen ein zentrales Thema. Die MdEP kritisierten die Unterfinanzierung und den Personalmangel im Pflegesektor und betonten dessen hohes Beschäftigungs- und Innovationspotenzial. Sie forderten eine stärkere gewerkschaftliche Organisierung in diesem Sektor und verwiesen auf die Bedeutung der allgemeinen und beruflichen Bildung für die Sicherstellung von qualifizierten Arbeitskräften und Professionalisierung. Die Sozialpartner merkten zudem an, wie wichtig der soziale Dialog und ausreichende Personalressourcen dafür seien, hochwertige und personenzentrierte Leistungen zu gewährleisten. Darüber hinaus vertraten sie die Meinung, dass Wanderarbeitskräfte, Pflege leistende Hausangestellte und im Haushalt lebende Pflegekräfte dieselben Sozial- und Arbeitnehmerrechte genießen sollten wie andere professionelle Pflegekräfte. Die Mitgliedstaaten sind sich des Arbeitskräftemangels bewusst; einige arbeiten daher an Strategien, um mehr Arbeitskräfte, auch Männer, für den Pflegesektor zu gewinnen. Mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen plädierten dafür, den Rechtsstatus von pflegenden Angehörigen und Nahestehenden zu definieren.
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen stimmten dafür, die Umsetzung auf der Grundlage von Indikatoren und Zielen zu überwachen und auf Ebene der Mitgliedstaaten nationale Aktionspläne auszuarbeiten. Die Sozialpartner hielten es für wichtig, die Fortschritte bei der Bewältigung der Herausforderungen in der Langzeitpflege im Einklang mit den Vereinbarungen im Rahmen des Europäischen Semesters zu überwachen. Die Vertreter der Mitgliedstaaten im Ausschuss für Sozialschutz (SPC) und im Beschäftigungsausschuss (EMCO) wiesen auf die Notwendigkeit einer besseren Faktengrundlage hin und sprachen sich für einen kontinuierlichen Austausch bewährter Verfahren aus. Einige Mitgliedstaaten äußerten Bedenken hinsichtlich eines möglicherweise höheren Verwaltungsaufwands und betonten, wie wichtig Kohärenz und Synergien mit den politischen Initiativen auf europäischer und internationaler Ebene seien. Bei den in den beiden Ausschüssen geführten Sondierungsdebatten merkten mehrere Mitgliedstaaten an, dass die Initiative unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten und der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entwickelt werden müsse und dabei auch die unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten und Systeme im Bereich der Pflege zu berücksichtigen seien.
Die Kommission erhielt Beiträge des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) und des Ausschusses der Regionen (AdR) bzw. tauschte sich mit diesen aus:
·Der EWSA zeigt sich besorgt über die prekäre Lage von im Haushalt lebenden Pflegekräften, bei denen es sich häufig um Migrantinnen oder mobile Arbeitnehmerinnen handelt, und machte Vorschläge zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen, z. B. durch Regularisierung ihrer Situation und stärkere Professionalisierung. 22 Der EWSA begrüßt die Initiative der Kommission zur Konzipierung einer neuen europäischen Strategie für Pflege und Betreuung und drängt auf deren rasche Umsetzung. 23 Er fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte so bald wie möglich die Grundsätze anzuwenden, die sich auf die Altenpflege beziehen.
·Im Juli 2021 verabschiedete der AdR eine Stellungnahme mit dem Titel Zukunftsplan für Pflegekräfte und Betreuung – Lokale und regionale Chancen für eine europäische Herausforderung 24 . Darin ersucht er die Kommission, einen europäischen Qualitätsrahmen für die Langzeitpflege und ein effizientes Erfassungssystem zur umfassenden Erhebung und Auswertung von Daten zu erarbeiten.
Das Europäische Parlament forderte die Kommission auf, einen Plan zur Sicherstellung der psychischen Gesundheit, der Würde und des Wohlbefindens von Menschen, einschließlich älterer Menschen, vorzulegen 25 und unterstrich, dass angemessen finanzierte Sozialversicherungssysteme für eine erschwingliche und wirklich zugängliche Pflege unerlässlich sind 26 . Außerdem rief es die Mitgliedstaaten auf, für einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheits- und Pflegediensten zu sorgen, und ersuchte die Kommission um Vorlage eines Betreuungs- und Pflegedeals für Europa. 27 Das Parlament fordert die Kommission in seinem jüngsten Initiativbericht mit dem Titel „Hin zu gemeinsamen europäischen Maßnahmen im Bereich Pflege und Betreuung“ 28 auf, eine ambitionierte, robuste und zukunftssichere europäische Strategie für Pflege und Betreuung vorzulegen, die auf dem Recht aller auf erschwingliche, gut zugängliche und hochwertige Pflege und Betreuung und den individuellen Rechten und Bedürfnissen der Empfänger von Pflege und Betreuung und der Pflege- und Betreuungspersonen aufbaut und das gesamte Leben abdeckt, indem die Bedürfnisse der Menschen in kritischen Phasen ihres Lebens berücksichtigt werden, die Grundlage für die Kontinuität der Betreuungs- und Pflegedienste über das gesamte Leben hinweg geschaffen wird und die Solidarität zwischen den Generationen gestärkt wird.
Der Rat hat die Mitgliedstaaten und die Kommission ersucht, die Verfügbarkeit hochwertiger Langzeitpflege und die Nachhaltigkeit und Angemessenheit der Sozialschutzsysteme zu verbessern 29 , die Digitalisierung zu nutzen, um Dienstleistungen im Gesundheitswesen, im Sozialwesen und in der Langzeitpflege leicht zugänglich und benutzerfreundlich zu machen 30 , und Dienste zu entwickeln, die eine personenzentrierte und integrierte Pflege, auch für Menschen mit Behinderungen, bieten 31 .
• Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Der Vorschlag wird von einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen 32 untermauert und stützt sich auf folgende aktuelle Studien und Berichte:
· 2021 Long-Term Care Report – gemeinsamer Bericht des Ausschusses für Sozialschutz und der Europäischen Kommission (GD EMPL)
·Estimating the Effects of Social Protection for Long-Term Care in Old Age in Europe, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (in Kürze erscheinend)
· Challenges in Long-Term Care in Europe , Europäisches Netzwerk für Sozialpolitik (2018)
· Mapping Long-Term Care Quality Practices in the EU , Europäisches Netzwerk für Sozialpolitik (2020)
· Study on Exploring the Incidence and Costs of Informal Long-Term Care in the European Union , Ecorys (2021)
· Study on the Long-Term Care Supply and Market in EU Member States , KPMG (2021)
· COVID-19 and Older People: Impact on their Lives, Support and Care , Eurofound (2021)
· Who Cares? Attracting and Retaining Care Workers , OECD (2020)
· Long-Term Care Workforce: Employment and Working Conditions , Eurofound (2021)
· The 2021 Ageing Report: Economic and Budgetary Projections for the EU Member States (2019–2070),, Europäische Kommission (GD ECFIN), Ausschuss für Wirtschaftspolitik (Arbeitsgruppe „Bevölkerungsalterung“)
• Folgenabschätzung
Das vorgeschlagene Instrument soll den Mitgliedstaaten als Orientierungshilfe zur Verbesserung des Zugangs zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege dienen und ermöglicht ihnen zugleich die Flexibilität, Maßnahmen entsprechend ihren nationalen Verfahren zu konzipieren und umzusetzen. Somit ist keine Folgenabschätzung erforderlich. Darüber hinaus hängt die Wirkung dieser Empfehlung nicht nur davon ab, wie die Mitgliedstaaten die Maßnahmen umsetzen, sondern auch von den länderspezifischen Gegebenheiten wie der makroökonomischen Lage, der Ausgestaltung der Sozialschutzsysteme und der Sozialleistungen sowie der Struktur und dem Funktionieren des Arbeitsmarkts. Diese Umstände machen es schwierig, die spezifische Wirkung des Vorschlags von anderen Faktoren zu trennen. Der Vorschlag wird von einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen begleitet, in der die Herausforderungen in der Langzeitpflege sowie mögliche Lösungen behandelt werden.
• Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Entfällt.
• Grundrechte
Diese Empfehlung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. So berücksichtigt die Empfehlung den Grundsatz der Nichtdiskriminierung (Artikel 21 der Charta) und leistet einen Beitrag zur Wahrung der Rechte des Kindes (Artikel 24 der Charta), des Rechts älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben (Artikel 25 der Charta), des Anspruchs von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft (Artikel 26 der Charta), des Rechts auf rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schutz der Familie (Artikel 33 der Charta) und des Rechts auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten (Artikel 34 der Charta).
4. AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Dieser Vorschlag hat keine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Union.
5. WEITERE ANGABEN
• Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Es wird vorgeschlagen, dass die Kommission die Umsetzung dieser Empfehlung im Kontext des Europäischen Semesters gemeinsam mit dem Ausschuss für Sozialschutz und dem Beschäftigungsausschuss verfolgt. Die Umsetzung sollte anhand der nationalen Aktionspläne, die die Mitgliedstaaten innerhalb eines Jahres nach Annahme der Empfehlung bei der Kommission einreichen müssen, sowie der anschließenden Fortschrittsberichte überwacht werden.
Im Vorschlag wird empfohlen, dass die Mitgliedstaaten eine nationale Koordinatorin bzw. einen nationalen Koordinator für Langzeitpflege benennen, die/der mit ausreichenden Ressourcen und einem entsprechenden Mandat ausgestattet ist, die Umsetzung der Empfehlung wirksam koordiniert und überwacht und als Kontaktperson auf Unionsebene fungiert. Die Kommission wird mit den Koordinatorinnen bzw. Koordinatoren für Langzeitpflege, dem Ausschuss für Sozialschutz, dem Beschäftigungsausschuss und weiteren Interessenträgern zusammenarbeiten, um das Voneinanderlernen zu erleichtern, Erfahrungen auszutauschen und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Empfehlung weiterzuverfolgen.
Es wird vorgeschlagen, dass die Kommission gemeinsam mit dem Ausschuss für Sozialschutz und gegebenenfalls dem Beschäftigungsausschuss auf der Grundlage der nationalen Aktionspläne und Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten regelmäßig Bilanz über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung ziehen sollte. Ferner sollten die Kommission und der Ausschuss für Sozialschutz den Indikatorrahmen für die Langzeitpflege zur Überwachung der Umsetzung der Empfehlung weiterentwickeln und gemeinsame Berichte zur Analyse der allgemeinen Herausforderungen im Bereich der Langzeitpflege erstellen.
Schließlich wird die Kommission nach einer ersten Umsetzungsphase eine Bestandsaufnahme der Fortschritte machen und dem Rat innerhalb von fünf Jahren nach Annahme der Empfehlung darüber Bericht erstatten.
• Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)
Entfällt.
• Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Unter den Nummern 1 und 2 werden das Ziel der Empfehlung sowie ihr persönlicher (alle Pflegebedürftigen und ihre Pflegenden) und ihr sachlicher Anwendungsbereich (alle Formen von Langzeitpflege) definiert.
Nummer 3 enthält die für die Empfehlung geltenden Begriffsbestimmungen, denen, sofern vorhanden, die im Rahmen des Ausschusses für Sozialschutz vereinbarten Definitionen zugrunde liegen.
Unter Nummer 4 wird den Mitgliedstaaten empfohlen, für einen angemesseneren Sozialschutz bei Langzeitpflegebedürftigkeit zu sorgen, damit Langzeitpflege für Bedürftige schnell verfügbar, umfassend und bezahlbar ist.
Unter Nummer 5 werden die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, das Angebot an Langzeitpflegediensten zu erhöhen und gleichzeitig sicherzustellen, dass für alle Formen der Pflege ein ausgewogenes Diensteangebot vorhanden ist, unter anderem durch Ausbau und/oder Verbesserung der häuslichen und der gemeindenahen Pflege, Abbau regionaler Unterschiede, Einführung gut zugänglicher innovativer Technologien und digitaler Lösungen und Gewährleistung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen.
Den Mitgliedstaaten wird unter Nummer 6 empfohlen, dafür zu sorgen, dass für alle Formen der Langzeitpflege hohe, auf die jeweiligen Besonderheiten zugeschnittene Qualitätskriterien und -standards festgelegt werden und alle Langzeitpflegeanbieter, unabhängig von ihrem rechtlichen Status, diese strikt anwenden. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten einen Qualitätsrahmen für die Langzeitpflege einführen, der sich an den im Anhang der Empfehlung dargelegten Qualitätsgrundsätzen orientiert und einen geeigneten Qualitätssicherungsmechanismus umfasst.
Unter den Nummern 7 und 8 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Qualifikationsbedarf und den Arbeitskräftemangel anzugehen und faire Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Nummer 9 enthält die Empfehlung an die Mitgliedstaaten, pflegende Angehörige und Nahestehende zu unterstützen, u. a. durch Schulung, Beratung, psychologische Unterstützung, Kurzzeitpflege und finanzielle Hilfe.
Unter Nummer 10 wird den Mitgliedstaaten geraten, für eine solide Governance in der Langzeitpflege zu sorgen, indem sie eine nationale Koordinatorin bzw. einen nationalen Koordinator für Langzeitpflege ernennen, alle relevanten Interessenträger einbeziehen, die Kohärenz mit anderen Politikbereichen erhöhen, einen Mechanismus zur Prognose des Langzeitpflegebedarfs entwickeln, die Notfallplanung (z. B. für den Umgang mit Pandemien oder anderen externen Schocks) und die Datenerhebung verbessern, Informationsmaßnahmen ergreifen und verfügbare Mittel, darunter auch EU-Mittel, für Reformen im Bereich der Langzeitpflege mobilisieren.
Die Mitgliedstaaten werden unter Nummer 11 aufgefordert, der Kommission einen nationalen Aktionsplan mit Maßnahmen zur Umsetzung der vorliegenden Empfehlung unter Berücksichtigung der nationalen, regionalen und lokalen Gegebenheiten sowie anschließend regelmäßige Fortschrittsberichte vorzulegen.
Unter Nummer 12 wird erläutert, wie die Kommission die Umsetzung dieser Empfehlung unterstützen möchte: z. B. durch Mobilisierung von EU-Mitteln, Überwachung der Fortschritte im Rahmen des Europäischen Semesters zusammen mit dem Ausschuss für Sozialschutz und dem Beschäftigungsausschuss, Festlegung eines Indikatorrahmens zur Überwachung, Erleichterung des gegenseitigen Austauschs und Berichterstattung an den Rat über die Fortschritte innerhalb von fünf Jahren nach Annahme der Empfehlung.
2022/0264 (NLE)
Vorschlag für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292 in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe k,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Eine gut zugängliche, bezahlbare und hochwertige Langzeitpflege ermöglicht es pflegebedürftigen Menschen, so lange wie möglich selbstständig und in Würde zu leben. Sie trägt dazu bei, die Menschenrechte zu schützen, den sozialen Fortschritt und die Solidarität zwischen den Generationen zu fördern, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung zu bekämpfen und Arbeitsplätze zu schaffen.
(2)Im November 2017 proklamierten das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission die europäische Säule sozialer Rechte 33 , die 20 Grundsätze zur Unterstützung gut funktionierender und fairer Arbeitsmärkte und Sozialsysteme umfasst. Gemäß Grundsatz 18 zur Langzeitpflege hat jede Person das Recht auf bezahlbare und hochwertige Langzeitpflegedienste, insbesondere häusliche Pflege und wohnortnahe Dienstleistungen. Grundsatz 9 betrifft das Recht auf Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für Menschen mit Betreuungs- oder Pflegepflichten. In Grundsatz 17 wird das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Inklusion anerkannt, insbesondere auf Dienstleistungen, die ihnen die Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
(3)Langzeitpflegedienste, die von Behörden auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene organisiert werden, gelten in erster Linie als Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse, da sie eindeutig eine gesellschaftliche Funktion erfüllen. Sie erleichtern die soziale Inklusion und schützen die Grundrechte älterer Menschen, ergänzen und unterstützen Familien bei der Versorgung der ältesten Mitbürgerinnen und Mitbürger und leisten unter anderem Hilfe für vorübergehend oder dauerhaft pflegebedürftige Personen.
(4)Die meisten Pflegenden und Langzeitpflegebedürftigen sind Frauen. Frauen haben im Schnitt ein niedrigeres Einkommen und niedrigere Renten als Männer und können sich Pflegedienste deshalb oft nicht leisten; gleichzeitig haben sie eine höhere Lebenserwartung und werden daher häufiger pflegebedürftig. Angemessene und erschwingliche formelle Langzeitpflegedienste sowie Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen im Pflegesektor und eine bessere Vereinbarkeit von bezahlter Beschäftigung mit Pflegepflichten könnten somit zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen.
(5)Die vorliegende Empfehlung fördert die Anwendung der Artikel 21, 23, 24, 25, 26, 33 und 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 34 über Nichtdiskriminierung, Gleichheit von Frauen und Männern, Rechte des Kindes, Rechte älterer Menschen, Integration von Menschen mit Behinderung, Familien- und Berufsleben sowie soziale Sicherheit und soziale Unterstützung.
(6)Diese Empfehlung steht im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen 35 , in dem das Recht aller Menschen mit Behinderungen verankert ist, eigenständig mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben.
(7)Im von der Kommission am 4. März 2021 angenommenen Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte wurde eine Initiative zur Langzeitpflege angekündigt, mit der ein Rahmen für politische Reformen geschaffen werden soll, der die Entwicklung einer nachhaltigen Langzeitpflege anleitet und einen besseren Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen für Bedürftige gewährleistet; außerdem wurden die Mitgliedstaaten ermutigt, in die Arbeitskräfte im Gesundheits- und Pflegebereich zu investieren und deren Arbeitsbedingungen sowie den Zugang zu Schulungen zu verbessern.
(8)In dem von der Kommission und dem Ausschuss für Sozialschutz 36 veröffentlichten Bericht 2021 über die Langzeitpflege 37 heißt es, dass die Nachfrage nach hochwertiger Langzeitpflege aller Voraussicht nach steigen wird und eine höhere Verfügbarkeit von Langzeitpflegediensten dazu beitragen kann, die Geschlechtergerechtigkeit und die soziale Gerechtigkeit zu verbessern. Als zentrale Herausforderungen werden Zugänglichkeit, Bezahlbarkeit und Qualität der Langzeitpflege genannt und als entscheidend für die Deckung der wachsenden Nachfrage nach hochwertigen Dienstleistungen wird ein angemessener Personalbestand erachtet, während gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass die Kosten der informellen Pflege oft vernachlässigt werden.
(9)Mit der alternden Bevölkerung dürfte eine höhere Nachfrage nach Langzeitpflege einhergehen, da Gebrechlichkeit und Bedarf an Langzeitpflege im Alter zunehmen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der über 65-Jährigen in den nächsten 30 Jahren um 41 % von 92,1 Millionen im Jahr 2020 auf 130,2 Millionen im Jahr 2050 und die Zahl der über 80-Jährigen um 88 % von 26,6 Millionen im Jahr 2020 auf 49,9 Millionen im Jahr 2050 steigen. 38
(10)Die COVID-19-Pandemie hat sich negativ auf die Langzeitpflegesysteme ausgewirkt, viele bereits bestehende strukturelle Schwächen wie den Mangel an hochwertigen Dienstleistungen und Arbeitskräften weiter verschärft und klar gezeigt, dass die Langzeitpflegesysteme dringend resilienter gemacht und Selbstständigkeit und eigenständige Lebensführung gefördert werden müssen.
(11)Zwischen den Mitgliedstaaten bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich der öffentlichen Ausgaben für die Langzeitpflege – so investieren einige Länder hierfür weniger als 1 %, andere mehr als 3 % ihres BIP. 39 Im Jahr 2019 beliefen sich die öffentlichen Ausgaben für die Langzeitpflege auf 1,7 % des BIP der Union 40 , was unter dem Wert der von Angehörigen und Nahestehenden an Langzeitpflege geleisteten Stunden von schätzungsweise 2,5 % des EU-BIP 41 liegt. In Mitgliedstaaten, die wenig für die Langzeitpflege ausgeben, werden tendenziell weniger formelle Langzeitpflegedienste genutzt. Die steigende Nachfrage nach Langzeitpflege verstärkt den Druck auf die öffentlichen Ausgaben und damit den Ruf nach mehr Kosteneffizienz in der Langzeitpflegeversorgung, z. B. durch Gesundheitsförderung und Präventionsmaßnahmen, eine bessere Integration und Ausrichtung von Dienstleistungen, die Erhebung von Daten und Fakten sowie den Einsatz neuer und digitaler Technologien. Strategien, die einer nachhaltigen Finanzierung der Langzeitpflege förderlich sind, sind wichtig für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, insbesondere vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung und des Rückgangs der Erwerbsbevölkerung in der EU.
(12)Es ist nicht nachhaltig, sich derart stark auf die informelle Pflege zu verlassen, und es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an formeller Pflege und der Druck auf die öffentlichen Haushalte weiter zunehmen werden.
(13)Langzeitpflege wird nur begrenzt durch den Sozialschutz abgedeckt, und die Kosten stellen oft ein erhebliches Hindernis für den Zugang zur Langzeitpflege dar. Für viele Haushalte ist der finanzielle Aspekt einer der Hauptgründe dafür, weshalb sie professionelle häusliche Pflegedienste nicht (stärker) in Anspruch nehmen. Ohne angemessenen Sozialschutz reicht das persönliche Einkommen häufig nicht aus, um die geschätzten Gesamtkosten der Langzeitpflege zu decken. Jeder Mitgliedstaat hat seine eigenen Sozialschutzregelungen, und in einigen Mitgliedstaaten steht nur einem kleinen Teil der Langzeitpflegebedürftigen öffentliche Unterstützung zur Verfügung. Der gegebenenfalls vorhandene Sozialschutz reicht jedoch oft nicht aus, da trotz der Unterstützung durchschnittlich fast die Hälfte der älteren Menschen mit Langzeitpflegebedarf unter die Armutsgrenze fallen, nachdem sie den Eigenanteil für die häusliche Pflege beglichen haben.
(14)Viele Menschen haben keinen Zugang zu der von ihnen benötigten Langzeitpflege, da das Angebot an Dienstleistungen insgesamt gering ist und unter anderem das Spektrum an Langzeitpflegeoptionen sowie die regionale Verfügbarkeit beschränkt sind. In vielen Mitgliedstaaten sind die Wahlmöglichkeiten bei der Langzeitpflege begrenzt. Es kann meist nur zwischen der informellen und der stationären Pflege gewählt werden. Das Angebot an häuslichen und gemeindenahen Langzeitpflegediensten ist nach wie vor gering. Darüber hinaus erschweren regionale Versorgungsunterschiede den gleichberechtigten Zugang zur Langzeitpflege, insbesondere in ländlichen und von Bevölkerungsrückgang betroffenen Gebieten. Für Menschen mit Behinderungen ist die Auswahl noch begrenzter, da nicht alle Pflege- und Betreuungsdienste für sie zugänglich sind.
(15)Die Qualität der Langzeitpflege hängt von einem wirksamen Qualitätssicherungsmechanismus ab, der in vielen Mitgliedstaaten nicht vorhanden oder unterfinanziert ist. Bei der häuslichen und gemeindenahen Pflege gibt es oft keine ausreichende Qualitätssicherung. Zwar ist die stationäre Pflege stärker reguliert, doch sind die Qualitätsstandards hier häufig nur auf Behandlungsergebnisse ausgerichtet – die Lebensqualität der Pflegebedürftigen und ihre Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung werden hingegen nicht genügend berücksichtigt. Gegebenenfalls vorhandene Qualitätsstandards werden jedoch nicht immer wirksam durchgesetzt, meist mangels geeigneter Verwaltungsstrukturen oder fehlender Ressourcen. Das Fehlen verbindlicher Qualitätsstandards für öffentliche und private Pflegedienstleister führt zu Vernachlässigung und Misshandlung von Pflegebedürftigen sowie zu schlechten Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte.
(16)Die Langzeitpflege hat einen hohen sozialen Wert und bietet viele Arbeitsplätze, doch haben die Mitgliedstaaten aufgrund unzureichender Qualifikationen, schwieriger Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung Schwierigkeiten, Pflegekräfte zu rekrutieren und zu halten.
(17)Die im Pflegesektor geforderten Kompetenzen werden immer komplexer. Neben den normalerweise verlangten Fähigkeiten benötigen Pflegekräfte heute oft auch technisches Fachwissen in Bezug auf neue Technologien, digitale Kompetenzen, Kommunikationsfähigkeiten (häufig in einer Fremdsprache) und die Fähigkeit, komplexen Bedürfnissen gerecht zu werden und in einem multidisziplinären Team zu arbeiten. Ohne geeignete Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen – auch berufspraktische – sind diese Qualifikationsanforderungen für viele Menschen ein Hindernis, um im Sektor einzusteigen bzw. aufzusteigen.
(18)Atypische Beschäftigungsverhältnisse, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schichtarbeit, körperliche oder psychische Belastungen sowie niedrige Löhne sind in der Langzeitpflege weit verbreitet. Eine geringe tarifvertragliche Abdeckung und geringe öffentliche Ausgaben für die Langzeitpflege tragen zu der schlechten Bezahlung in diesem Sektor bei.
(19)Die Arbeitsbedingungen von bestimmten Gruppen von Arbeitskräften wie im Haushalt lebenden Pflegekräften oder Langzeitpflege leistenden Hausangestellten sind besonders schwierig: Niedriglöhne, ungünstige Arbeitszeitregelungen, nicht angemeldete Erwerbstätigkeit, Nichteinhaltung wesentlicher Arbeitsschutzvorschriften und irreguläre Beschäftigungsformen. Mit dem Übereinkommen über Hausangestellte (Nr. 189) 42 hat die Internationale Arbeitsorganisation 2011 grundlegende Rechte und Prinzipien festgelegt und die zuständigen nationalen Behörden dazu verpflichtet, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Hausangestellte zu gewährleisten.
(20)Die informelle Pflege hat bei der Langzeitpflegeversorgung stets eine große Rolle gespielt, da diese seit jeher größtenteils von Angehörigen und Nahestehenden (zumeist Frauen) erbracht wird – insbesondere, weil es keinen ausreichenden Zugang zu erschwinglicher formeller Langzeitpflege gibt. Informelle Pflege kann die körperliche und geistige Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Pflegenden negativ beeinflussen und ein erhebliches Hindernis für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darstellen; davon sind hauptsächlich Frauen betroffen. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf ihr aktuelles Einkommen und ihre spätere Rente, da sie weniger Rentenansprüche erwerben; auf Pflegende, die zusätzlich Kinder betreuen, kann sich dies noch stärker auswirken. Kinder und Jugendliche mit chronisch kranken Familienangehörigen leiden in der Regel häufiger unter psychischen Problemen und negativen Folgen, die langfristig Auswirkungen auf ihr Einkommen und ihre Teilhabe an der Gesellschaft haben.
(21)Die Langzeitpflege ist in den Mitgliedstaaten der Union sehr unterschiedlich organisiert. Langzeitpflege erfolgt im Rahmen eines oft komplexen Systems von Gesundheits- und Sozialdiensten und manchmal auch durch andere Formen der Unterstützung (z. B. Wohnraum, lokale Maßnahmen). Ferner unterscheiden sich die Funktionen der nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen in den Mitgliedstaaten. Auch werden für die Überwachung der Langzeitpflege nicht durchgängig dieselben Indikatoren verwendet, und Verwaltungsdaten sind oftmals nicht verfügbar oder auf Unionsebene vergleichbar.
(22)Zu den Interessenträgern in der Langzeitpflege zählen Pflegebedürftige, ihre Familienangehörigen und Interessenvertretungen, die jeweiligen nationalen, regionalen und lokalen Behörden, Sozialpartner, zivilgesellschaftliche Organisationen, Anbieter von Langzeitpflege sowie Stellen, die für die Förderung der sozialen Inklusion und Integration und den Schutz der Grundrechte zuständig sind, wie z. B. nationale Gleichstellungsstellen. Sozialwirtschaftliche Einrichtungen wie Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Verbände, Stiftungen und Sozialunternehmen sind für Behörden wichtige Partner bei der Erbringung von Langzeitpflege.
(23)Im Rahmen des Europäischen Semesters wurden mithilfe des sozialpolitischen Scoreboards die Herausforderungen im Bereich der Langzeitpflege herausgestellt, wobei einige Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen zu diesem Bereich erhielten. In den beschäftigungspolitischen Leitlinien 43 wird betont, wie wichtig es ist, die Verfügbarkeit bezahlbarer, gut zugänglicher und hochwertiger Langzeitpflegedienste sicherzustellen. Mit der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung soll durch Monitoring, multilaterale Überwachung von Reformen, thematische Arbeit und Voneinanderlernen eine allen zugängliche, hochwertige und nachhaltige Langzeitpflege gefördert werden. Der Ausschuss für Sozialschutz hat einen europäischen Qualitätsrahmen für Sozialdienstleistungen 44 entwickelt, der auch für die Langzeitpflege gilt. Es gibt jedoch immer noch keinen umfassenden EU-Rahmen, der als Richtschnur für nationale Reformen im Bereich der Langzeitpflege dienen könnte.
(24)Die Union bietet zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten für die Langzeitpflege, die im Einklang mit den Verordnungen der jeweiligen Finanzierungsprogramme auf verschiedene Investitionsprioritäten ausgerichtet sind, z.B. im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (mit Schwerpunkt auf nicht stationären familien- und gemeindenahen Diensten), des Europäische Sozialfonds Plus und seiner Komponente „Beschäftigung und soziale Innovation“, des Fonds für einen gerechten Übergang, des Programms „Horizont Europa“, des Programms „Digitales Europa“, des Instruments für technische Unterstützung für Hilfe bei der Konzipierung und Durchführung von Reformen sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität für förderfähige Reformen und Investitionen im Zusammenhang mit der Erholung von der COVID-19-Pandemie.
(25)Die vorliegende Empfehlung baut auf den unionsrechtlichen Vorschriften zu transparenten und vorhersehbaren Arbeitsbedingungen 45 , der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben 46 und der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 47 auf, die für die Langzeitpflege gelten.
(26)Unter uneingeschränkter Achtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit lässt diese Empfehlung die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Sozialschutzsysteme unberührt und hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, über die Empfehlungen hinausgehende Sozialschutzbestimmungen beizubehalten oder einzuführen —
HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:
ZIEL UND ANWENDUNGSBEREICH
1.Ziel dieser Empfehlung ist es, den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege für alle Menschen, die diese benötigen, zu verbessern.
2.Diese Empfehlung betrifft alle Personen, die Langzeitpflege benötigen, sowie formelle Pflegekräfte und pflegende Angehörige und Nahestehende. Sie gilt für alle Formen der Langzeitpflege.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
3.Für die Zwecke dieser Empfehlung gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:
(a)„Langzeitpflege“ bezeichnet verschiedene Dienst- und Hilfeleistungen für Menschen, die aufgrund einer geistigen und/oder körperlichen Gebrechlichkeit und/oder Behinderung über einen längeren Zeitraum auf Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens angewiesen sind und/oder ständige Pflege benötigen. Verrichtungen des täglichen Lebens, bei denen Hilfe benötigt wird, sind beispielsweise täglich auszuführende Tätigkeiten im Zusammenhang mit den persönlichen Bedürfnissen einer Person (Aktivitäten des täglichen Lebens, wie waschen, ankleiden, essen, sich hinsetzen/hinlegen oder aufstehen, sich bewegen, die Toilette benutzen und die Blasen- und Darmfunktion kontrollieren) oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer eigenständigen Lebensführung (instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens, wie Mahlzeiten zubereiten, Geld verwalten, Lebensmittel oder Gegenstände des persönlichen Bedarfs einkaufen, leichte oder schwere Hausarbeiten verrichten, Telefon benutzen);
(b)„formelle Langzeitpflege“ bezeichnet die Langzeitpflege, die von professionellen Pflegekräften erbracht wird und in Form von häuslicher, gemeindenaher oder stationärer Pflege erfolgen kann;
(c)„häusliche Pflege“ bezeichnet die formelle Langzeitpflege, die in den eigenen vier Wänden der Pflegebedürftigen von einer oder mehreren professionellen Pflegekräften erbracht wird;
(d)„gemeindenahe Pflege“ bezeichnet die formelle Langzeitpflege, die auf Gemeindeebene erbracht und organisiert wird, z. B. in Form von Tages- oder Kurzzeitpflege für Erwachsene;
(e)„stationäre Pflege“ bezeichnet die formelle Langzeitpflege von Pflegebedürftigen in Langzeitpflegeeinrichtungen;
(f)„informelle Pflege“ bezeichnet die Langzeitpflege durch eine Person aus dem sozialen Umfeld des Pflegebedürftigen, die nicht als professionelle Pflegekraft angestellt ist; dies können Lebensgefährten, Kinder, Eltern oder andere Angehörige sein;
(g)„eigenständige Lebensführung“ bedeutet, dass Langzeitpflegebedürftige mit den gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft leben können, selbst entscheiden dürfen, wo und mit wem sie leben und nicht dazu verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;
(h)„Langzeitpflege leistende/r Hausangestellte/r“ bezeichnet eine Person, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Haushaltstätigkeiten verrichtet und Langzeitpflege leistet;
(i)„im Haushalt lebende Pflegekraft“ bezeichnet eine/n Hausangestellte/n, die/der im Haushalt von Pflegebedürftigen lebt und Langzeitpflege leistet.
ANGEMESSENHEIT, VERFÜGBARKEIT UND QUALITÄT
4.Die Mitgliedstaaten sollten für einen angemesseneren Sozialschutz bei Langzeitpflegebedürftigkeit sorgen, indem sie insbesondere sicherstellen, dass Langzeitpflege
(a)schnell bereitgestellt wird, damit Bedürftige so bald wie möglich und so lange wie erforderlich die benötigte Pflege erhalten;
(b)umfassend ist und jeden Bedarf an Langzeitpflege bei geistiger und/oder körperlicher Gebrechlichkeit abdeckt, welcher anhand klarer und objektiver Förderkriterien bewertet wird;
(c)bezahlbar ist, um Pflegebedürftigen weiterhin einen angemessenen Lebensstandard zu garantieren und sie vor Armut aufgrund ihres Langzeitpflegebedarfs zu schützen.
5.Die Mitgliedstaaten sollten das Angebot an Langzeitpflegediensten verbessern und gleichzeitig eine ausgewogene Mischung verschiedener Langzeitpflegeoptionen für alle Formen der Pflege bereitstellen, um unterschiedlichen Pflegebedürfnissen Rechnung zu tragen und Pflegebedürftigen die freie Wahl zu ermöglichen, unter anderem durch:
(a)Ausbau und/oder Verbesserung der häuslichen Pflege und der gemeindenahen Pflege;
(b)Abbau regionaler Unterschiede in Bezug auf die Verfügbarkeit von und den Zugang zu Langzeitpflege, insbesondere in ländlichen und von Bevölkerungsrückgang betroffenen Gebieten;
(c)Einführung gut zugänglicher innovativer Technologien und digitaler Lösungen bei der Bereitstellung von Pflegediensten, auch zur Förderung einer eigenständigen Lebensführung;
(d)Gewährleistung, dass Langzeitpflegedienste und -einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und mit Behinderungen zugänglich sind, wobei das Recht aller Menschen mit Behinderungen auf ein eigenständiges Leben in der Gemeinschaft mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen zu achten ist.
6.Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass für alle Formen der Langzeitpflege hohe, auf die jeweiligen Besonderheiten zugeschnittene Qualitätskriterien und -standards festgelegt werden und diese strikt für alle Langzeitpflegeanbieter, unabhängig von ihrem rechtlichen Status, gelten. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten einen Qualitätsrahmen für die Langzeitpflege gewährleisten, der sich an den im Anhang dargelegten Qualitätsgrundsätzen orientiert und einen geeigneten Qualitätssicherungsmechanismus umfasst, der
(a)die Einhaltung der Qualitätskriterien und -standards bei allen Formen der Pflege und durch alle Langzeitpflegeanbieter sicherstellt, wobei die Zusammenarbeit mit den Anbietern und Empfängern von Langzeitpflege notwendig ist;
(b)Langzeitpflegeanbieter dazu anregt und befähigt, über die Mindestqualitätsstandards hinauszugehen und die Qualität kontinuierlich zu verbessern;
(c)ausreichende Ressourcen für die Qualitätssicherung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gewährleistet und die Anbieter von Langzeitpflege dazu ermutigt, Mittel für das Qualitätsmanagement vorzusehen;
(d)dafür sorgt, dass, soweit erforderlich, bei öffentlichen Vergabeverfahren Qualitätsanforderungen an die Langzeitpflege berücksichtigt werden;
(e)die eigenständige Lebensführung und Teilhabe in der Gemeinschaft bei allen Formen der Langzeitpflege unterstützt.
PFLEGEKRÄFTE
7.Die Mitgliedstaaten sollten für faire Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege sorgen, indem sie
(a)unter Wahrung der Autonomie der Sozialpartner den nationalen sozialen Dialog sowie die Tarifverhandlungen in der Langzeitpflege vorantreiben und so unter anderem zu einer attraktiveren Lohnentwicklung im Sektor beitragen;
(b)sich unbeschadet des Unionrechts zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und unter Gewährleistung seiner wirksamen Anwendung dafür einsetzen, dass alle Pflegekräfte die höchsten Standards hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit genießen;
(c)sich den Herausforderungen annehmen, denen schutzbedürftige Gruppen von Arbeitskräften wie Langzeitpflege leistende Hausangestellte, im Haushalt lebende Pflegekräfte und Wanderpflegekräfte gegenüberstehen, etwa durch wirksame Regulierung und Professionalisierung dieser Art von Pflegearbeit.
8.Die Mitgliedstaaten sollten – gegebenenfalls zusammen mit den Sozialpartnern, den Anbietern von Langzeitpflege und anderen Interessenträgern – den Qualifikationsbedarf und den Arbeitskräftemangel in der Langzeitpflege angehen, indem sie
(a)die berufliche Erst- und Weiterbildung ausgestalten und verbessern, um derzeitige und künftige Langzeitpflegekräfte mit den erforderlichen (auch digitalen) Fähigkeiten und Kompetenzen auszustatten;
(b)berufliche Aufstiegsmöglichkeiten im Langzeitpflegesektor schaffen, u. a. durch Weiterqualifizierung, Umschulung, Validierung von Kompetenzen sowie Informations- und Beratungsdienste;
(c)nicht angemeldeten Langzeitpflegekräften den Weg in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis ermöglichen;
(d)nach legalen Migrationswegen für Pflegekräfte suchen;
(e)berufliche Standards dadurch stärken, dass – auch unqualifizierten und geringqualifizierten – Langzeitpflegekräften ein attraktiver Berufsstatus sowie berufliche Perspektiven geboten werden;
(f)Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und Geschlechtertrennung und zur Steigerung der Attraktivität des Langzeitpflegeberufs sowohl für Männer als auch für Frauen umsetzen.
9.Die Mitgliedstaaten sollten klare Verfahren zur Definition von pflegenden Angehörigen und Nahestehenden und zu deren Unterstützung bei ihren Pflegetätigkeiten festlegen, indem sie
(a)ihnen die Zusammenarbeit mit Langzeitpflegekräften erleichtern;
(b)ihnen Zugang zu erforderlicher Schulung, Beratung, Gesundheitsversorgung, psychologischer Unterstützung und Kurzzeitpflege ermöglichen;
(c)ihnen eine angemessene finanzielle Unterstützung gewähren und gleichzeitig sicherstellen, dass diese Unterstützungsmaßnahmen sie nicht von der Beteiligung am Arbeitsmarkt abhalten.
GOVERNANCE, ÜBERWACHUNG UND BERICHTERSTATTUNG
10.Die Mitgliedstaaten sollten eine solide Governance in der Langzeitpflege sicherstellen und einen Koordinierungsmechanismus für die Konzipierung und Durchführung von Maßnahmen und Investitionen in diesem Bereich gewährleisten, indem sie
(a)eine nationale Koordinatorin bzw. einen nationalen Koordinator für die Langzeitpflege ernennen, die/der über ausreichende Ressourcen und ein entsprechendes Mandat verfügt, um die Umsetzung dieser Empfehlung auf nationaler Ebene wirksam zu koordinieren und zu überwachen, und die/der als Kontaktperson auf Unionsebene fungiert;
(b)alle relevanten Interessenträger auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene in die Vorbereitung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung von Strategien für die Langzeitpflege einbeziehen und diese Strategien mit anderen einschlägigen Strategien zu Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, allgemeiner und beruflicher Bildung, allgemeinem Sozialschutz, sozialer Inklusion, Gleichstellung der Geschlechter und Rechten von Menschen mit Behinderungen in Einklang bringen;
(c)einen nationalen Rahmen für die Datenerhebung und -auswertung einrichten, der sich auf relevante Indikatoren, Fakten (auch über Lücken und Ungleichheiten bei der Langzeitpflegeversorgung), Erkenntnisse und bewährte Verfahren sowie auf Rückmeldungen von Pflegebedürftigen und anderen Interessenträgern stützt;
(d)einen Mechanismus entwickeln, anhand dessen sich der Bedarf an Langzeitpflege auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene prognostizieren lässt und der in die Planung der Langzeitpflegeversorgung eingebunden wird;
(e)Notfallplanung und -kapazitäten ausbauen, damit die Kontinuität der Langzeitpflegeversorgung auch bei unvorhergesehenen Umständen und Notfällen gewährleistet ist;
(f)Maßnahmen ergreifen, um Langzeitpflegebedürftige, ihre Familien, Pflegekräfte und pflegenden Angehörigen und Nahestehenden über die verfügbaren Langzeitpflegeleistungen und Unterstützungsangebote zu informieren und deren Inanspruchnahme zu erleichtern, auch auf regionaler und lokaler Ebene;
(g)Mittel für eine angemessene und nachhaltige Finanzierung der Langzeitpflege mobilisieren und kosteneffizient einsetzen, beispielsweise durch Nutzung der Fonds und Instrumente der Union und durch Verfolgung von Strategien, die einer nachhaltigen Finanzierung von Pflegediensten förderlich sind und mit der allgemeinen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen im Einklang stehen.
11.Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission innerhalb von zwölf Monaten nach Annahme dieser Empfehlung einen nationalen Aktionsplan mit Maßnahmen zur Umsetzung dieser Empfehlung unter Berücksichtigung der nationalen, regionalen und lokalen Gegebenheiten sowie anschließend regelmäßige Fortschrittsberichte vorlegen.
12.Der Rat begrüßt folgende Absichten der Kommission:
(a)Mobilisierung von Unionsmitteln und technischer Unterstützung zur Förderung nationaler Reformen und sozialer Innovation in der Langzeitpflege;
(b)Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters, indem zusammen mit dem Ausschuss für Sozialschutz und gegebenenfalls dem Beschäftigungsausschuss auf der Grundlage der nationalen Aktionspläne und Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten sowie des Indikatorrahmens gemäß Buchstabe e regelmäßig Bilanz über die Fortschritte gezogen wird, und Berichterstattung an den Rat innerhalb von fünf Jahren nach Annahme dieser Empfehlung;
(c)Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten (über die nationalen Koordinatorinnen bzw. Koordinatoren für Langzeitpflege, den Ausschuss für Sozialschutz und den Beschäftigungsausschuss), Sozialpartnern, zivilgesellschaftlichen Organisationen, sozialwirtschaftlichen Akteuren und anderen Interessenträgern, um das Voneinanderlernen zu erleichtern, Erfahrungen auszutauschen und die infolge dieser Empfehlung ergriffenen und in den unter Nummer 11 genannten nationalen Aktionsplänen festgelegten Maßnahmen weiterzuverfolgen;
(d)Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um aufbauend auf den in Kürze erscheinenden Ergebnissen der Taskforce der Kommission für Langzeitpflegestatistiken die Verfügbarkeit, den Umfang und die Relevanz vergleichbarer Daten zur Langzeitpflege auf Unionsebene zu verbessern;
(e)Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für Sozialschutz, um basierend auf der Arbeit an den gemeinsamen Indikatoren für die Langzeitpflege und anderen Überwachungsrahmen einen Indikatorrahmen zur Überwachung der Umsetzung dieser Empfehlung festzulegen, damit Doppelarbeit vermieden und der Verwaltungsaufwand gering gehalten wird;
(f)Erstellung gemeinsamer Berichte mit dem Ausschuss für Sozialschutz über die Langzeitpflege, in denen die allgemeinen Herausforderungen im Bereich der Langzeitpflege und die von den Mitgliedstaaten zu ihrer Bewältigung ergriffenen Maßnahmen analysiert werden;
(g)Verstärkung der Sensibilisierungs- und Kommunikationsmaßnahmen auf Unionsebene sowie in den Mitgliedstaaten und bei den einschlägigen Interessenträgern.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident / Die Präsidentin
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 7.9.2022
COM(2022) 441 final
ANHANG
des
Vorschlags für eine Empfehlung des Rates
über den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege
{SWD(2022) 441 final}
ANHANG QUALITÄTSGRUNDSÄTZE FÜR DIE LANGZEITPFLEGE
Die folgenden Grundsätze, auf die in Nummer 6 der Empfehlung Bezug genommen wird, dienen als Richtschnur zur Entwicklung eines Qualitätsrahmens für die Langzeitpflege, der für alle Anbieter von Langzeitpflegeleistungen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status, und für alle Formen der Pflege gilt. Sie sind Ausdruck gemeinsamer Werte sowie eines gemeinsamen Verständnisses von qualitativ hochwertiger Langzeitpflege.
Respekt
Bei der Langzeitpflege werden die Würde sowie andere Grundrechte und -freiheiten von Langzeitpflegebedürftigen, ihren Familien und ihren Pflegenden geachtet. Dazu zählt das Recht aller Menschen, insbesondere jener mit Behinderungen, eigenständig mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere in der Gemeinschaft zu leben. Langzeitpflege wird ohne Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung erbracht. Pflegebedürftige genießen Schutz vor Misshandlung, Belästigung und Vernachlässigung.
Prävention
Ziel von Langzeitpflege ist es, die körperliche und/oder geistige Gesundheit von Langzeitpflegebedürftigen so weit wie möglich wiederherzustellen bzw. eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands zu verhindern, ihre Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung zu stärken und ihre Einsamkeit oder soziale Isolation zu lindern.
Personenzentrierung
Langzeitpflegedienstleistungen werden ohne jegliche Diskriminierung erbracht und tragen den spezifischen und sich verändernden Bedürfnissen der Pflegebedürftigen Rechnung. Sie erfolgen unter Achtung der persönlichen Unversehrtheit der pflegebedürftigen Person und unter Berücksichtigung ihrer geschlechtlichen, körperlichen, geistigen, kulturellen, ethnischen, religiösen, sprachlichen und sozialen Diversität sowie gegebenenfalls der ihrer Familien oder ihres unmittelbaren sozialen Umfelds. Die pflegebedürftige Person steht im Mittelpunkt; die Dienstplanung, das Pflegemanagement, die Weiterbildung von Pflegekräften und die Qualitätskontrolle richten sich an ihr aus.
Umfang und Kontinuität
Langzeitpflege wird in integrierter Weise mit allen anderen relevanten Diensten, einschließlich Gesundheitsversorgungs- und Telegesundheitsdiensten, und in effizienter Abstimmung zwischen den nationalen, regionalen und lokalen Ebenen konzipiert und erbracht. Langzeitpflege ist so organisiert, dass Langzeitpflegebedürftige bei Bedarf und so lange wie benötigt ein kontinuierliches Angebot an Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Die Übergänge zwischen verschiedenen Langzeitpflegediensten sind nahtlos, sodass eine Unterbrechung der Dienstleistung oder negative Auswirkungen auf die Pflege vermieden werden.
Ergebnisorientierung
Im Mittelpunkt der Langzeitpflege stehen in erster Linie die Interessen der Pflegebedürftigen im Hinblick auf ihre Lebensqualität und ihre Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung; zu berücksichtigen sind gegebenenfalls die Interessen ihrer Familien, ihrer pflegenden Angehörigen und Nahestehenden sowie der Gemeinschaft.
Transparenz
Informationen und Beratung zu den verfügbaren Langzeitpflegeoptionen und -anbietern, zu Qualitätsstandards und zu Qualitätssicherungsvorkehrungen werden den Pflegebedürftigen, ihren Familien oder ihren Pflegenden in umfassender, leicht zugänglicher und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt.
Pflegekräfte
Langzeitpflege wird von qualifizierten und kompetenten Pflegekräften zu einem angemessenen Lohn und unter fairen Arbeitsbedingungen erbracht. Die Zahl der Pflegekräfte muss stets in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Langzeitpflegebedürftigen, zu ihren Bedürfnissen und zu den verschiedenen Formen der Pflege stehen. Arbeitnehmerrechte, Vertraulichkeit, Berufsethik und berufliche Autonomie sind zu achten. Pflegekräfte genießen Schutz vor Missbrauch und Belästigung.
Allen Pflegekräften wird die Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterbildung geboten.
Einrichtungen
Langzeitpflege wird im Einklang mit den Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften sowie den Zugänglichkeits-, Umwelt- und Energiesparvorgaben erbracht.