EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 26.4.2022
COM(2022) 182 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Ausübung der Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte, die der Kommission gemäß der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte und der Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika übertragen wurde
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Ausübung der Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte, die der Kommission gemäß der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte und der Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika übertragen wurde
1.EINLEITUNG
Die Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates über Medizinprodukte
und die Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates über In-vitro-Diagnostika
wurden am 5. April 2017 erlassen und traten am 25. Mai 2017 in Kraft. Die Verordnung (EU) 2017/745 gilt seit dem 26. Mai 2021.
Die Verordnung (EU) 2017/746 gilt ab dem 26. Mai 2022.
Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika spielen eine entscheidende Rolle für die Rettung von Menschenleben, indem sie Gesundheitslösungen für Diagnose, Prävention, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von Krankheiten bereitstellen. Ziel der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 ist es, einen soliden, transparenten und nachhaltigen Rechtsrahmen zu schaffen, um ein hohes Sicherheits- und Leistungsniveau von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika zu gewährleisten und gleichzeitig Innovationen zu fördern.
Mit den Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, mehrere delegierte Rechtsakte zu erlassen. Die Kommission ist verpflichtet, dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens neun Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums über die Befugnisübertragungen Bericht zu erstatten.
2.RECHTSGRUNDLAGE
Mit diesem Bericht erfüllt die Kommission die Berichtspflichten gemäß Artikel 115 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 108 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/746. Nach diesen Bestimmungen wird der Kommission die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß den darin aufgeführten Bestimmungen (d. h. Artikel 1 Absatz 5, Artikel 3, Artikel 10 Absatz 4, Artikel 18 Absatz 3, Artikel 19 Absatz 4, Artikel 27 Absatz 10, Artikel 44 Absatz 11, Artikel 52 Absatz 5, Artikel 56 Absatz 6, Artikel 61 Absatz 8, Artikel 70 Absatz 8 und Artikel 106 Absatz 15 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 10 Absatz 4, Artikel 17 Absatz 4, Artikel 24 Absatz 10, Artikel 51 Absatz 6 und Artikel 66 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/746
) für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 25. Mai 2017 übertragen.
Gemäß Artikel 115 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 108 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/746 verlängert sich die Befugnisübertragung stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.
3.AUSÜBUNG DER BEFUGNISÜBERTRAGUNGEN
Die Kommission hat die ihr gemäß den jeweiligen Bestimmungen der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 übertragenen Befugnisse noch nicht ausgeübt. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Verordnung (EU) 2017/745 seit dem 26. Mai 2021 gilt und die Verordnung (EU) 2017/746 ab dem 26. Mai 2022 gilt. Daher gibt es derzeit nur begrenzte Erfahrungen mit ihrer praktischen Anwendung. Im Folgenden werden weitere Erläuterungen zu den einzelnen Befugnissen gegeben.
·Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung
Mit Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2017/745 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Änderung von Anhang XVI der genannten Verordnung zu erlassen. Anhang XVI enthält ein Verzeichnis der Gruppen von Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung gemäß Artikel 1 Absatz 2. Die Kommission ist befugt, neue Produktgruppen hinzuzufügen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Anwender, anderer Personen oder anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten. Die in Anhang XVI aufgeführten Produktgruppen sind noch auf dem neuesten Stand.
·Änderung der Begriffsbestimmung für „Nanomaterial“ und damit verbundener Begriffsbestimmungen
Mit Artikel 3 der Verordnung (EU) 2017/745 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Änderung der Begriffsbestimmung für „Nanomaterial“ gemäß Artikel 2 Nummer 18 sowie die damit verbundenen Begriffsbestimmungen für „Partikel“, „Agglomerat“ und „Aggregat“ gemäß Artikel 2 Nummern 19, 20 und 21 zu erlassen, wobei sie den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt berücksichtigt und den auf Unions- und internationaler Ebene vereinbarten Begriffsbestimmungen Rechnung trägt. Die oben genannten Begriffsbestimmungen beruhen auf der Empfehlung 2011/696/EU der Kommission, die noch nicht aktualisiert wurde. Eine Überprüfung dieser Empfehlung ist im Gange und wird voraussichtlich zur Annahme einer überarbeiteten Empfehlung und einer begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen im ersten Halbjahr 2022 führen. Sollte die Definition für „Nanomaterial“ in dieser Empfehlung geändert werden, wird die Kommission prüfen, ob die entsprechende Begriffsbestimmung und die damit verbundenen Begriffsbestimmungen in der Verordnung (EU) 2017/745 geändert werden müssen, um die Kohärenz mit dieser Empfehlung zu wahren.
·Elemente, die in die technische Dokumentation und die technische Dokumentation über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen aufzunehmen sind
Mit Artikel 10 Absatz 4 der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts die Elemente zu ändern, die gemäß den Anhängen II und III der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 in die technische Dokumentation und die technische Dokumentation über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen aufzunehmen sind. Änderungen aufgrund des technischen Fortschritts sind bislang noch nicht erforderlich.
·Ausnahmen von der Verpflichtung, einen Implantationsausweis zur Verfügung zu stellen
Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/745 enthält eine Liste von Implantaten, die von der Verpflichtung, einen Implantationsausweis zur Verfügung zu stellen, ausgenommen sind, und ermächtigt die Kommission, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Liste durch Hinzufügung anderer Arten von Implantaten oder durch Streichung von Implantaten zu ändern. Bislang ist es nicht erforderlich, die Liste im Hinblick auf bewährte Technologien oder zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Patienten, Anwender oder anderer Personen oder anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit zu aktualisieren.
·Mindestangaben für die EU-Konformitätserklärung
Mit Artikel 19 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts die in Anhang IV der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 aufgeführten Mindestangaben für die EU-Konformitätserklärung zu ändern. Eine Änderung aufgrund des technischen Fortschritts ist bislang noch nicht erforderlich.
·Im Rahmen des Systems der einmaligen Produktkennung (Unique Device Identification – UDI) zu übermittelnde Informationen
Mit Artikel 27 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 24 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Änderung des Anhangs VI der jeweiligen Verordnung zur Einbeziehung des technischen Fortschritts oder vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen auf dem Gebiet der einmaligen Produktkennung zu erlassen. Die Kommission erarbeitet derzeit einen delegierten Rechtsakt gemäß Artikel 27 Absatz 10 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/745 zur Änderung von Anhang VI der Verordnung (EU) 2017/745 hinsichtlich der UDI-Zuweisung für Kontaktlinsen.
·Frequenz der vollständigen Neubewertung der Benannten Stellen
Mit Artikel 44 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 40 Absatz 11 der Verordnung (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Frequenz zu ändern, mit der die vollständige Neubewertung der Benannten Stellen im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen des Anhangs VII der jeweiligen Verordnung durchzuführen ist. Derzeit ist nach Artikel 44 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/745 und nach Artikel 40 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/746 eine solche Neubewertung drei Jahre nach der Notifizierung und danach alle vier Jahre vorgesehen. Die erste Benannte Stelle gemäß der Verordnung (EU) 2017/745 wurde im Januar 2019 benannt
, sodass kaum praktische Erfahrungen vorliegen, die eine Anpassung der in den Verordnungen festgelegten Frequenz der Neubewertung gerechtfertigt hätten.
·Ausnahme bestimmter bewährter Technologien von der Bewertung der technischen Dokumentation für jedes einzelne Produkt
Mit Artikel 52 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2017/745 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Liste der Produkte in Artikel 52 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 durch Hinzufügung anderer Arten implantierbarer Produkte der Klasse IIb oder durch Streichung von Produkten anzupassen. Die Liste enthält implantierbare Produkte der Klasse IIb, die von der Bewertung der technischen Dokumentation gemäß Anhang IX Abschnitt 4 der Verordnung (EU) 2017/745 für jedes einzelne Produkt ausgenommen sind. Die Bewertung mindestens eines repräsentativen Produkts pro generischer Produktgruppe ist ausreichend. Es kann in Zukunft mit Blick auf bewährte Technologien gerechtfertigt sein, weitere Produkte zu dieser Liste hinzuzufügen oder Produkte von der Liste zu streichen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Patienten, Anwender oder anderer Personen oder anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.
·Mindestinhalt der von einer Benannten Stelle ausgestellten Bescheinigungen
Mit Artikel 56 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 51 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts den Mindestinhalt der von einer Benannten Stelle ausgestellten Bescheinigungen zu ändern. Der Mindestinhalt der von einer Benannten Stelle ausgestellten Bescheinigungen ist in den Anhängen XII der Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 aufgeführt. Beide Verordnungen enthalten Übergangsbestimmungen, die das Inverkehrbringen von Produkten mit Bescheinigungen ermöglichen, die gemäß den früheren Richtlinien ausgestellt wurden. Daher liegen nicht genügend praktische Erfahrungen mit der Ausstellung von Bescheinigungen im Rahmen der Verordnungen vor, die zu einer Änderung ihres Mindestinhalts geführt hätten.
·Ausnahme bestimmter bewährter Technologien von der Bewertung der technischen Dokumentation für jedes einzelne Produkt und von der Verpflichtung, klinische Prüfungen durchzuführen
Mit Artikel 61 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/745 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um sowohl die bereits erwähnte Liste in Artikel 52 Absatz 4 Unterabsatz 2 als auch die Liste in Artikel 61 Absatz 6 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/745 zu ändern; die letztgenannte Liste enthält implantierbare Produkte, die von der Verpflichtung zur Durchführung klinischer Prüfungen gemäß Artikel 61 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2017/745 ausgenommen sind. Es kann in Zukunft mit Blick auf bewährte Technologien gerechtfertigt sein, weitere Produkte zu diesen Listen hinzuzufügen oder Produkte von den Listen zu streichen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Patienten, Anwender oder anderer Personen oder anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.
·Mit dem Antrag auf Genehmigung einer klinischen Prüfung und interventioneller klinischer Leistungsstudien vorzulegende Unterlagen
Mit Artikel 70 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 66 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/746 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der Entwicklung der internationalen Regulierungsvorschriften Anhang XV Kapitel II der Verordnung (EU) 2017/745 und Anhang XIV Kapitel I der Verordnung (EU) 2017/746 zu ändern, in denen die Anforderungen an die mit dem Antrag auf Genehmigung einer klinischen Prüfung bzw. interventioneller klinischer Leistungsstudien und anderer für die Prüfungsteilnehmer mit Risiken verbundener Leistungsstudien vorzulegenden Unterlagen festgelegt sind. Eine Aktualisierung der Anforderungen an die vorzulegenden Unterlagen ist bisher nicht erforderlich.
·Aufgaben von Expertengremien und Fachlaboratorien
Mit Artikel 106 Absatz 15 der Verordnung (EU) 2017/745 wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Änderung der Aufgaben von Expertengremien und Fachlaboratorien zu erlassen, die in Artikel 106 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/745 aufgeführt sind. Die Expertengremien wurden mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2019/1396 der Kommission
benannt und nahmen ihre Arbeit im April 2021 auf. Fachlaboratorien wurden noch nicht benannt. Bislang ist es nicht erforderlich, die Aufgaben von Expertengremien oder Fachlaboratorien zu ändern.
4.SCHLUSSFOLGERUNG
Die Kommission hält eine stillschweigende Verlängerung der Befugnisübertragungen gemäß Artikel 115 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 108 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/746 für einen Zeitraum von fünf Jahren im Einklang mit diesen Artikeln für erforderlich.
Die Notwendigkeit, Vorschriften auf der Grundlage der durch Artikel 115 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 und Artikel 108 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/746 gewährten Befugnisse zu erarbeiten und zu erlassen, könnte sich in Zukunft ergeben. Die Begründung für die Befugnisübertragungen hat sich nicht geändert. Es ist wichtig, die notwendige Flexibilität im Rechtsrahmen aufrechtzuerhalten, um diesen zu ergänzen oder an die technischen und wissenschaftlichen Fortschritte anzupassen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Patienten, Anwender und der öffentlichen Gesundheit im Allgemeinen zu gewährleisten, wobei auch mehr Erfahrungen mit der Anwendung der Verordnungen zu berücksichtigen sind.
Die Kommission ersucht das Europäische Parlament und den Rat, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.