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Document 52022AE6006

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Holzbau zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor“ (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des schwedischen Ratsvorsitzes)

    EESC 2022/06006

    ABl. C 184 vom 25.5.2023, p. 18–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.5.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 184/18


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Holzbau zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor“

    (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des schwedischen Ratsvorsitzes)

    (2023/C 184/04)

    Berichterstatter:

    Rudolf KOLBE

    Ko-Berichterstatter:

    Sam HÄGGLUND

    Befassung

    Schwedischer Ratsvorsitz, 14.11.2022

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Beschluss des Plenums

    14.12.2022

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    7.3.2023

    Verabschiedung im Plenum

    22.3.2023

    Plenartagung Nr.

    577

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    153/2/4

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) sieht biobasierte Baumaterialien als wichtigen Hebel für den grünen Wandel. Die Erhöhung des Anteils von Holz am Bau zur Senkung der Kohlenstoffemissionen muss durch eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung in der EU gefördert und nicht durch politische Einschränkungen verhindert werden.

    1.2.

    Aufgrund der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand fordert der EWSA die Mitgliedstaaten auf, den unter dem Gesamtdurchschnitt liegenden Einsatz von Holz bei öffentlichen Gebäuden zu erhöhen.

    1.3.

    Der EWSA erachtet auch für KMU gut zugängliche Fördermaßnahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation zu alternativen Baustoffen als wichtiges Mittel zur Ausschöpfung des Potenzials des Holzbaus.

    1.4.

    Der EWSA regt an, Hemmnisse für den Holzbau, die sich aus formalen, rechtlichen und technischen Anforderungen ergeben, auf ihre Notwendigkeit für die Planungsqualität zu hinterfragen, und hält fest, dass Innovation die Möglichkeit erhalten muss, dem Stand der Technik nicht nur durch die Erfüllung von Normen, sondern auch durch den Einsatz „gleichwertiger Alternativlösungen“ zu entsprechen.

    1.5.

    Da auch unterschiedliche baurechtliche Vorschriften für nachwachsende Baustoffe Hemmnisse für deren Einsatz ergeben, regt der EWSA Maßnahmen zur Vereinheitlichung an und sieht dabei das Neue Europäische Bauhaus (NEB) als wichtigen Motor.

    1.6.

    Der EWSA empfiehlt die konsequente Nutzung der Ökobilanzierung für die qualifizierte Nachhaltigkeitsbewertung über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden und den Vergleich von Umwelteinwirkungen.

    1.7.

    Der EWSA unterstreicht die Wichtigkeit von Mindeststandards für den Kohlenstoffausstoß von Gebäuden über die gesamte Lebensdauer und eine entsprechende obligatorische Kohlenstoffberichterstattung im gesamten Bauwesen.

    1.8.

    Der EWSA sieht die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) als wichtigstes politisches Instrument, um Anforderungen für die Verringerung der Kohlenstoffemissionen über die gesamte Lebensdauer von Gebäuden festzulegen. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, ein System der Kohlenstoffzertifizierung zu entwickeln, das der Rolle von Holzprodukten bei der Kompensation von Emissionen in vollem Umfang Rechnung trägt.

    1.9.

    Der EWSA hält einen Know-how-Transfer, wie er in der NEB-Akademie geplant ist, sowie entsprechende Aus- und Fortbildungsangebote auf nationaler Ebene für unabdingbar. Schulungen und Weiterbildungen zur Verwendung neuer nachhaltiger Baumethoden und -materialien sind für alle am Bauprozess Beteiligten erforderlich: Planer, Architekten, Ingenieure, Techniker, IT-Spezialisten und Bauarbeiter.

    1.10.

    Qualitätsbasierte Vergabeverfahren unter Einbeziehung von Nachhaltigkeits- und Lebenszykluskriterien sowie die Wahl von geeigneten Vergabeverfahren, die innovative Lösungen zulassen, sind aus Sicht des EWSA eine Voraussetzung für die Erreichung der Klimaziele und für die Förderung des Holzbaus. Der EWSA fordert daher sowohl eine stärkere rechtliche Verpflichtung zum Qualitätswettbewerb und zur klimagerechten öffentlichen Vergabe als auch Maßnahmen zur entsprechenden Schulung der öffentlichen Auftraggeber.

    1.11.

    Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, sich an der Initiative der österreichischen und finnischen Regierung Wood POP zu beteiligen, die darauf abzielt, öffentliche und private Akteure des Holzsektors auf nationaler und regionaler Ebene zu mobilisieren und die Neuausrichtung von Investitionen in nachhaltige biobasierte Lösungen und holzbasierte Wertschöpfungsketten zu unterstützen.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1.

    Die Tradition des Holzbaus blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte der Innovation zurück. Die Verwendung nachhaltiger Materialien wurde u. a. in den Ideen des Neuen Europäischen Bauhauses (1) aufgegriffen.

    2.2.

    Der EWSA schließt sich der Auffassung der Kommission an, dass innovativen, biobasierten sowie nachhaltig und in CO2-armen Verfahren hergestellten (Bau-)Materialien in Bezug auf den grünen Wandel größte Bedeutung zukommt. Laut dem Gebäudebericht der Internationalen Energieagentur (IEA) (2) sind Gebäude zurzeit für 33 % (2021) der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Der Großteil entfällt direkt und indirekt auf den Gebäudebetrieb, 6,4 % (2021) werden jedoch durch den Bau und die Herstellung von Baumaterial verursacht. Transport, Abbruch und Infrastrukturbauten sind hier nicht berücksichtigt. Die Emissionen, die durch den Transport anfallen, werden dem Transportsektor zugeordnet. Es kann davon ausgegangen werden, dass die tatsächlichen Emissionen aufgrund des Bauens höher sind. Innerhalb der EU sind nach Angaben der Kommission Gebäude für rund 40 % des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Reduktionen von Treibhausgasemissionen sind vor allem auf Maßnahmen im Bereich der thermischen Sanierung, steigende Anteile von erneuerbaren Energieträgern und die Erneuerung von Heizungsanlagen zurückzuführen. Demgegenüber stehen jedoch eine steigende Anzahl an Hauptwohnsitzen und die größere Wohnnutzfläche pro Wohnung.

    2.3.

    Der EWSA unterstreicht die enorme Bedeutung der Wälder für das Leben der Menschen weltweit. Europas 400 Mrd. Bäume absorbieren beispielsweise fast 9 % der europäischen Treibhausgasemissionen. Dem EWSA ist bewusst, dass die Abholzung von Wäldern ein enormes weltweites Problem darstellt, innerhalb der EU jedoch nehmen die Waldressourcen zu. Zwischen 1990 und 2020 hat die Waldfläche um 9 % und das Holzvolumen in den europäischen Wäldern um 50 % zugenommen (3). Der EWSA unterstützt uneingeschränkt alle Bemühungen der Europäischen Kommission zur Bewältigung des globalen Problems und betont, dass weiterhin gesunde und wachsende Wälder in der Union gefördert werden müssen. Die Erhöhung des Anteils von Holz am Bau zur Senkung der Kohlenstoffemissionen sollte durch eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung in der gesamten EU gefördert und nicht durch politische Einschränkungen verhindert werden.

    2.4.

    Der EWSA hält daher fest, dass die Nutzung des Potentials des Holzbaus (sowohl massive als auch nicht massive Holzbauweise) für den Klimaschutz untrennbar mit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung verbunden sein muss. Im österreichischen Projekt CareforParis (4), an dem das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW), die Universität für Bodenkultur (BOKU), Wood K plus und das Umweltbundesamt zusammenarbeiteten, wurden verschiedene Szenarien der Waldbewirtschaftung erstellt und untersucht. Die Szenarien gehen von unterschiedlichen Klimaveränderungen und Anpassungsstrategien für den österreichischen Wald aus und zeigen mögliche Entwicklungen bis ins Jahr 2150. Genauer analysiert wurden die CO2-Bilanz des Waldes und von Holzprodukten sowie die Vermeidung von CO2-Emissionen durch den Einsatz von Holzprodukten. Das Zusammenspiel von Waldwachstum, Holznutzung und vermiedenen Treibhausgasemissionen durch Holzprodukte führt zu einer positiven Treibhausgasbilanz. Die europäischen Wälder sind eine wichtige Kohlenstoffsenke. Zwischen 2010 und 2020 erreichte die durchschnittliche jährliche Bindung von Kohlenstoff in forstwirtschaftlicher Biomasse in der europäischen Region 155 Mio. Tonnen. In der EU-28 entspricht die Sequestrierung 10 % der Bruttotreibhausgasemissionen (5). Der größere Hebel für den Klimaschutz ist der Ersatz fossiler Rohstoffe und Energieträger durch Holz (stofflich und energetisch) und die damit vermiedenen Emissionen. Die Bereitstellung von Holz zur Substitution von Materialien mit höheren Lebenszyklusemissionen ist daher eine wichtige Maßnahme im Kampf für den Klimaschutz.

    2.5.

    Als graue Energie bezeichnet man jene Energie, die für die Herstellung, die Lagerung, den Transport, den Einbau und schließlich die Entsorgung von Materialien bzw. Bauteilen und Gebäuden aufgewendet werden muss. Im Vergleich zu anderen konventionellen Baustoffen bindet Holz noch vor seiner Verwendung als Baumaterial Kohlenstoff (ein Baum besteht zu ca. 50 % aus reinem Kohlenstoff). Wenn man die Emissionsbilanz des Holzes betrachtet, sind die Faktoren Herkunft, Transportdistanz und die Art der Verarbeitung sowie die Wiederverwendbarkeit von wesentlicher Bedeutung. Vergleiche von gleichwertigen Gebäuden — über den gesamten Lebenszyklus gesehen — zeigen, dass Holz im Gegensatz zu anderen Baustoffen bessere Werte hinsichtlich grauer Energie, Treibhausgasemissionen, Luft- und Wasserverschmutzung und anderer Wirkungsindikatoren erbringt. Die aktuell pro Jahr hergestellten Holzprodukte (= stofflich genutztes Holz) vermeiden nur durch den Substitutionseffekt ca. 10 % der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen.

    2.6.

    Konkret können durch Bauen mit Holz bis zu 40 % der CO2-Emissionen im Vergleich zu Beton eingespart werden. Wendet man die von Hagauer et al. (2009) (6) empfohlene Umrechnung von Volumen in Gewicht an, so beträgt das Trockengewicht von 1 Festmeter (fm) Holz (Nadel- und Laubholz gemischt) 417 kg. Unter der Annahme, dass der C-Anteil 50 % ist, errechnet sich ein CO2-Äquivalent von 0,765 t je fm. Daraus ergibt sich, dass aus 1 Mio. fm zusätzlich geerntetem gebrauchsfertigen Holz 0,765 Mio. t CO2 in dauerhaften Produkten gebunden wird.

    2.7.

    Der Anteil von Holzbauten ist in den letzten Jahren gestiegen. In Österreich zum Beispiel stieg der Holzbauanteil (7) innerhalb von 20 Jahren um über 70 % und lag im Jahr 2018 bezogen auf die realisierte Nutzfläche bei 24 %. Davon entfielen 53 % auf den Wohnungsbau, 11 % auf den Gewerbe- und Industriebau sowie 29 % auf landwirtschaftliche Zweckbauten. Im Vergleich dazu betrug der Anteil im Bereich der öffentlichen Bauten nur 7 %. In Schweden und Finnland bestehen 90 % aller neuen Einfamilienhäuser aus Holz, und ca. 20 % der neu gebauten Mehrfamilienhäuser haben eine Holzkonstruktion.

    2.8.

    Die Verdichtung der Städte ist ein wichtiges Mittel im Kampf gegen den Klimawandel, und sie geht unvermeidlich mit einer Zunahme der Gebäudehöhen einher. Aktuelle Projekte zeigen, dass große Höhen im Holzbau möglich sind. Beispiele sind das Sara Cultural Centre in Schweden mit 20 Stockwerken und einer Höhe von 75 m (8) oder der Ascent Tower in Milwaukee mit 18 Geschossen aus Holz (9).

    2.9.

    Heutige Holzbausysteme lassen sich leicht so anpassen, dass sie umfassende Lösungen für die Sanierung von Gebäuden bieten, wobei hochwertige Wohnungen entstehen und beträchtliche Energieeinsparungen erzielt werden können. Renovierungsprojekte machen sich nicht nur die leicht verfügbare städtische Infrastruktur zunutze, sondern nutzen auch die graue Energie, die im vorhandenen Gebäudebestand bereits enthalten ist.

    2.10.

    Die existierenden Reserven zu verwenden, statt neue Gebäude hinzuzufügen, bedeutet eine effizientere Nutzung der Ressourcen, die eine Stadt zu bieten hat, und muss daher grundsätzlich priorisiert werden. Vorteile sind die Schnelligkeit der Montage und des Zusammenbaus der Komponenten, das bessere Verhältnis zwischen Tragfähigkeit und Gewicht im Vergleich zu anderen Materialien und eine dadurch vergleichsweise geringe, auf die bestehende Konstruktion einwirkende Eigenlast.

    2.11.

    Holz eignet sich zudem gut für die Kaskadennutzung. Mehrere Nutzungsstufen steigern die Wertschöpfung, reduzieren den Ressourcenverbrauch und binden das CO2 während längerer Zeit.

    2.12.

    Die formalen, rechtlichen und technischen Anforderungen an die Planungsqualität im Holzbau sind vergleichsweise höher und umfangreicher als bei anderen Bauweisen. Dieser Komplexitätsgrad hemmt die Steigerung des Marktanteils der Holzbauweise. Die Standardisierung von Komponenten, Verbindungen und Baugruppen kann bei der Umsetzung unterstützen und die Wirtschaftlichkeit und Qualität sicherstellen. Eine bestehende Initiative ist die Datenbank dataholz.eu, die für Deutschland und Österreich geprüfte Bauteilaufbauten und -fügungen online zur Verfügung stellt. Grundsätzlich hält der EWSA fest, dass Innovation auch im Holzbau in allen Bereichen die Möglichkeit erhalten muss, dem Stand der Technik nicht nur durch bestehende Normen, sondern auch durch den Einsatz „gleichwertiger Alternativlösungen“ zu entsprechen.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1.

    Der EWSA stellt fest, dass Holzbausysteme dank der Standardisierung, Präzision und Qualität sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung von Bestandsgebäuden und die Nachverdichtung von Städten gut geeignet sind. Zu ihren zahlreichen Vorteilen zählen ihre Anpassungsfähigkeit, der hohe Vorfertigungsgrad, verkürzte Bauzeiten sowie das verglichen mit anderen Baustoffen geringere Gewicht.

    3.2.

    Ein wesentliches Kriterium für die Gebäudebewertung sind die Umwelteinwirkungen während des gesamten Lebenszyklus. Umweltwirkungen entstehen bei der Errichtung (Herstellung und Transport der verwendeten Bauprodukte), der Nutzung und dem Rückbau (einschließlich der Wiederverwertung oder Entsorgung der Bauprodukte). Die Umweltwirkungen werden über Ökobilanzen erfasst (EN 15804:15.02.2022).

    3.3.

    Die Ökobilanzierung ist ein geeignetes Instrument für die Nachhaltigkeitsbewertung der Bauprodukte. Der EWSA empfiehlt, dass das Werkzeug der Ökobilanzierung für die qualifizierte Nachhaltigkeitsbewertung über den gesamten Lebenszyklus konsequent für Gebäude für die Darstellung und den Vergleich von Umwelteinwirkungen genutzt wird.

    3.4.

    Die baurechtlichen Vorgaben wurden in den vergangenen Jahren für die Verwendung von nachwachsenden Baustoffen geöffnet. Die Möglichkeiten für das Bauen mit Holz wurden vor allem in Bezug auf den Brandschutz erweitert. Auch aktuelle Projekte widmen sich dem Thema.

    3.5.

    Das Forschungsprojekt „TIMpuls“ (10) unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM) erforscht aktuell Brände an mehrgeschossigen Holzgebäuden mit dem Ziel, valide Grundlagen für ein einheitliches Regelwerk zum Bau von Holzhochhäusern zu schaffen.

    3.6.

    Aktuelle Forschungsergebnisse und ausgeführte Projekte zeigen, dass Holzbau hinsichtlich Brandschutz keineswegs hinter anderen Konstruktionsweisen zurücksteht und weiters Vorteile in Hinblick auf Erdbebensicherheit (11) aufweist.

    3.7.

    Durch unterschiedliche gesetzliche Regelungen, sogar innerhalb der Mitgliedstaaten, bestehen oft unnötige Hürden. Der EWSA fordert daher eine weitere Vereinheitlichung der baurechtlichen Vorschriften in Hinblick auf eine Gleichrangigkeit mit anderen Baustoffen.

    3.8.

    Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, den unter dem Gesamtdurchschnitt liegenden Einsatz von Holz bei öffentlichen Gebäuden zu erhöhen. Der öffentlichen Hand kommt eine Vorbildfunktion dabei zu, die Potenziale des Holzbaus zum Erreichen der Klimaschutzziele auszuschöpfen. Vor allem herausragende innovative Einzelgebäude in Holzbauweise können identitätsstiftend und impulsgebend für den verstärkten Einsatz von Holz sein.

    3.9.

    In Vergabeverfahren werden zu Lasten von Holzbaulösungen oftmals Kriterien wie Bioökonomie, Nachhaltigkeit, Lebenszykluskosten, Klimabelastung u. a. nicht oder zu wenig für die Ermittlung des Bestbieters herangezogen. Der EWSA fordert daher eine stärkere Verpflichtung, Kriterien, die der Erreichung der Klimaziele dienen, in der öffentlichen Vergabe zu berücksichtigen.

    3.10.

    Im vorgefertigten Holzbau muss eine Planung dazu beinahe Ausführungsstand haben, um keinen Interpretationsspielraum zu riskieren und eine eindeutige Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Um Vorteile in Bezug auf die technisch-wirtschaftliche Optimierung und Realisierungszeitspanne (12) zu erlangen, müssen dabei die umfangreiche Produktpalette sowie der Einfluss aus Fertigungs-, Logistik- und Montageverfahren früher bedacht werden als beim Bauen mit niedrigen Vorfertigungsgraden. Dies kann durch das frühzeitige Einbeziehen von Bieterinformationen durch Wahl des passenden Vergabeverfahrens, wie z. B. Architekturwettbewerb oder wettbewerblicher Dialog, oder die Einbindung von spezialisierten Planern durch den Auslober ermöglicht werden.

    3.11.

    Der EWSA unterstreicht die Bedeutung des Neuen Europäischen Bauhauses für die Förderung von hochwertigen klimafreundlichen Baumaterialien und somit die Verwendung von Holz im Bau. Derzeit beträgt der Anteil von Holz als Baumaterial in der EU lediglich 3 %, das Potential des Holzbaus für den Klimaschutz wird daher bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Der EWSA erachtet die Fördermaßnahmen für Forschung, Entwicklung und Innovation in Bezug auf alternative Baustoffe im Rahmen des Neuen Europäischen Bauhauses daher als wichtiges Element zur Ausschöpfung dieses Potentials.

    3.12.

    Vielfach sind die Möglichkeiten des Einsatzes bei den Anwendern im Baubereich noch nicht überall ausreichend bekannt. Unvollständiges Wissen hat häufig zur Folge, dass Holz nur in beschränktem Maße verwendet wird. Der EWSA hält daher den Know-how-Transfer innerhalb von Europa — wie er in der NEB-Akademie geplant ist — für sehr wichtig und hält gleichzeitig fest, dass sichergestellt werden muss, dass entsprechende Aus- und Fortbildungsmodule auch auf nationaler Ebene in ausreichendem Maß angeboten werden. Schulungen und Weiterbildungen in der Verwendung neuer nachhaltiger Baumethoden und -materialien werden für alle am Bauprozess beteiligten Kategorien von Arbeitnehmern erforderlich sein: Planer, Architekten, Ingenieure, Techniker, IT-Spezialisten und Bauarbeiter. Nur mit entsprechend ausgebildeten Personen ist der grüne Wandel erreichbar.

    3.13.

    Der EWSA begrüßt das gemeinsame Europäische Sozialprojekt RESILIENTWOOD unter Federführung des Europäischen Verbands der holzverarbeitenden Industrie (CEI-Bois) und des Europäischen Verbands der Bau- und Holzarbeiter (EFBH), das darauf abzielt, Empfehlungen und Leitlinien für Unternehmen, Berufsbildung und Behörden zu entwickeln, um junge Menschen für die Holzindustrie der EU zu gewinnen, sich an den technologischen Wandel anzupassen und die Arbeitnehmer weiterzuqualifizieren.

    3.14.

    Der EWSA ist der Meinung, dass es wichtig ist, Fachinformationen zu publizieren, um den Stand der Technik im Holzbau für alle Akteure bereitzustellen und konstruktive und bauphysikalische Standards festzulegen, um das Bauen mit Holz zu vereinfachen.

    3.15.

    Die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) ist die wichtigste EU-Rechtsvorschrift für den Gebäudesektor. Sie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Leistungsniveaus für ihre Gebäude festzulegen, die Dekarbonisierung des Gebäudebestands durch langfristige Renovierungsstrategien strategisch zu planen und zusätzliche Maßnahmen umzusetzen. Die EPBD ist daher das offensichtliche politische Instrument, um Anforderungen und klare Auslöser für die Verringerung der Kohlenstoffemissionen über die gesamte Lebensdauer von Gebäuden festzulegen.

    3.16.

    Die Bestimmungen der EPBD müssen mit den Zielen der Klimaneutralität in Einklang gebracht werden und die wichtigsten und dringendsten Maßnahmen aufzeigen, die bis 2050 zu ergreifen sind. Es ist zwar wichtig, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern, aber ohne ein klares Verständnis des integrierten CO2-Fußabdrucks von Gebäuden besteht die Gefahr, dass die Maßnahmen nicht optimal sind.

    3.17.

    Der EWSA begrüßt die im Frühjahr 2022 vorgeschlagene Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte als wichtigen Schritt in Richtung umweltfreundlicherer und kreislauforientierter Produkte. Die Festlegung von Mindestkriterien, wie etwa die Verringerung des Umwelt- und Klimafußabdrucks von Produkten, kann auch bestens für den Holzbau umgelegt werden und wirtschaftliche Innovationsmöglichkeiten schaffen, obwohl dieser derzeit nicht in der Verordnung enthalten ist.

    3.18.

    Eine obligatorische Kohlenstoffberichterstattung für das Bauwesen über die gesamte Lebensdauer wird die Datenerhebung und das Benchmarking erleichtern und dem Bausektor die Möglichkeit geben, die erforderlichen Fähigkeiten und Kapazitäten zu entwickeln. Es müssen verbindliche Mindeststandards für den Kohlenstoffausstoß über die gesamte Lebensdauer eingeführt und im Laufe der Zeit verschärft werden. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, ein System der Kohlenstoffzertifizierung zu entwickeln, das der Rolle von Holzprodukten bei der Kompensation von Emissionen in vollem Umfang Rechnung trägt.

    3.19.

    Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, sich umfassend an der neuen Initiative der österreichischen und finnischen Regierung Wood POP zu beteiligen, bei der es sich um eine Plattform zur Forcierung des holzbasierten Politikdialogs handelt, die darauf abzielt, wichtige öffentliche und private Akteure des Holzsektors auf nationaler und regionaler Ebene zu mobilisieren und gleichzeitig die Neuausrichtung von Investitionen in nachhaltige biobasierte Lösungen und holzbasierte Wertschöpfungsketten zu unterstützen.

    3.20.

    Der EWSA hebt in seiner ergänzenden Stellungnahme CCMI/205 „Industrie 5.0 im Holzbau-Sektor“ hervor, dass Holz als Baumaterial eine große Chance bietet, da es eine nachhaltige und kosteneffektive Alternative zu traditionellen Materialien wie Beton und Stahl darstellt. Ein weiterer Nutzen ist die hohe Arbeitsproduktivität, die schnellere und effizientere Bauarbeiten ermöglicht. Zudem eröffnet der Holzbau in ländlichen Regionen Beschäftigungsmöglichkeiten. Holzbau bietet Umweltvorteile, da Holz eine erneuerbare Ressource ist und im Vergleich zu anderen Materialien in der Produktion und über den Lebenszyklus hinweg weniger Kohlenstoffemissionen verursacht. Holzbau fördert zudem die Erhaltung und Pflege von Wäldern und trägt somit zur Reduzierung von Treibhausgasen bei.

    Brüssel, den 22. März 2023

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  ABl. C 275 vom 18.7.2022, S. 73, ABl. C 155 vom 30.4.2021, S. 73.

    (2)  IEA (2022) Gebäudebericht in: https://www.iea.org/reports/buildings.

    (3)  https://foresteurope.org/wp-content/uploads/2016/08/SoEF_2020.pdf.

    (4)  Weiss, P., Braun, M., Fritz, D., Gschwantner, T., Hesser, F., Jandl, R., Kindermann, G., Koller, T., Ledermann, T., Ludvig, A., Pölz, W., Schadauer, K., Schmid, B.F., Schmid, C., Schwarzbauer, P., Weiss, G., 2020, „Endbericht zum Projekt CareforParis“, Klima- und Energiefonds, Wien.

    (5)  https://foresteurope.org/wp-content/uploads/2016/08/SoEF_2020.pdf.

    (6)  Hagauer, D., Lang, B., Pasteiner, C., und Nemesthoty, K., 2009, „Empfohlene Umrechnungsfaktoren für Energieholzsortimente bei Holz- bzw. Energiebilanzberechnungen“, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung V/10 — Energie und Umweltökonomie, Eigenverlag, Wien.

    (7)  Holzbauanteil in Österreich. Eine statistische Erhebung aller Hochbauvorhaben in den Jahren 1998-2008-2018. Robert Stingl, Gabriel Oliver Praxmarer, Alfred Teischinger, Universität für Bodenkultur Wien im Auftrag von proHolz Austria.

    (8)  Vgl. Sara Cultural Centre, Skelleftea, Schweden, White Arkitekter, 2021.

    (9)  Vgl. Ascent Tower, Milwaukee, WIEHAG Österreich, 2021.

    (10)  www.cee.ed.tum.de/hbb/forschung/laufende-forschungsprojekte/timpuls (abgerufen am 23.1.2023).

    (11)  Vgl. Forschungsprojekt Erdbebensicherheit von Holzgebäuden, Fachhochschule Bern, 2020 www.bfh.ch/de/forschung/referenzprojekte/erdbebensicherheit-holzgebaeude (abgerufen am 23.1.2023).

    (12)  Vgl. Forschungsprojekt leanWOOD — Neue Kooperations- und Prozessmodelle für das vorgefertigte Bauen mit Holz, HSLU Hochschule Luzern, 2017.


    ANHANG

    Die zusätzliche Stellungnahme der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel — Industrie 5.0 im Holzbau-Sektor — befindet sich auf den folgenden Seiten:

    Stellungnahme der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel zum Thema „Industrie 5.0 im Holzbau-Sektor“

    (zusätzliche Stellungnahme zu TEN/794)

    Berichterstatter:

    Martin BÖHME

    Ko-Berichterstatter:

    Rolf GEHRING

    Beschluss des Plenums

    15.11.2022

    Rechtsgrundlage

    Artikel 56 Absatz 1 GO

     

    Zusätzliche Stellungnahme

    Zuständiges Arbeitsorgan

    Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI)

    Annahme in der CCMI

    27.2.2023

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    29/0/3

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) betont, dass der Einsatz von Holz als Baustoff eine große Chance darstellt, da er eine nachhaltige und kosteneffiziente Alternative und Ergänzung zu traditionellen Baustoffen wie Beton und Stahl ist. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Arbeitsproduktivität beim Holzbau, die eine schnellere und effizientere Errichtung von Gebäuden ermöglicht. Auch die Möglichkeit der Vorfertigung der Bauteile in der Fabrik senkt die Kosten und erhöht die Sicherheit am Bau.

    1.2.

    Allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen der Arbeitskräfte im Bereich des Holzbaus sind wichtiger denn je. Die allgemeine und berufliche Bildung muss das Ergebnis eines sozialen Dialogs unter Einbeziehung aller Sozialpartner sein.

    1.3.

    Der EWSA sieht im Erstarken des Holzbausektors große Chancen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, insbesondere im ländlichen Raum. Gute Arbeitsplätze in der Holzindustrie und im Holzbau können in ländlichen Gebieten, in denen die Holzwirtschaft eine wichtige Rolle spielt, zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage beitragen.

    1.4.

    Der EWSA unterstreicht die zahlreichen Vorteile des Holzbaus für die Umwelt. Einer der größten Vorteile ist die Tatsache, dass Holz ein nachwachsender Rohstoff ist, der bei der Herstellung von Bauteilen und Gebäuden und über deren Lebenszyklus einen geringeren CO2-Ausstoß verursacht als andere Baustoffe. Weiterhin fördert der Einsatz von Holz in der Bauwirtschaft den Erhalt und die Pflege von Wäldern, da er Anreize für die nachhaltige Waldbewirtschaftung schafft. Holz absorbiert während seiner Wachstumsphase CO2 aus der Atmosphäre und speichert es. Wenn es als Baustoff verwendet wird, wird es somit zu einem grünen Baustoff und trägt insgesamt zur Reduzierung von Treibhausgasen bei.

    1.5.

    Der EWSA verweist auf seine aktuellen Veröffentlichungen zum Thema Bauen und Bauprodukte, insbesondere auf die Stellungnahmen „Harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten“ (1) und „Holzbau zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor“ (2).

    1.6.

    Die Verwendung von Holz im Baugewerbe bestätigt die Einstufung von Holz als erdbebensicherem Material, wie sich in einigen Fällen, etwa beim Erdbeben in Alaska im Jahr 1964, erwiesen hat. Nach Ansicht des EWSA sollten Menschen, die in erdbebengefährdeten Gebieten leben, ermutigt werden, Holz als Baumaterial zu verwenden.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1.

    Diese Stellungnahme schließt sich den allgemeinen Bemerkungen der Stellungnahme TEN/794 „Holzbau zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor“ an.

    2.2.

    Der Bausektor ist ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasemissionen und damit ein wichtiger Faktor in Bezug auf die Klimaschädlichkeit. Die Emissionen entstehen hauptsächlich durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen für die Erzeugung von Wärme und Strom in Gebäuden sowie durch die Produktion von Baumaterialien. Es besteht ein großer Bedarf an Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Bausektor, z. B. durch den Einsatz von erneuerbaren Energien, die Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz und die Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien (3).

    2.3.

    Der EWSA unterstreicht: Um die Bedeutung von nachhaltig produziertem Holz als Baustoff in der Bauindustrie zu steigern, ist die Notwendigkeit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung zur Produktion des Rohstoffs Holz hervorzuheben. Nachhaltige Waldbewirtschaftung bezieht sich auf die Verwaltung und Nutzung von Wäldern so, dass sie sowohl ökologisch als auch ökonomisch und sozial nachhaltig sind. Dies bedeutet, dass die Wälder sowohl für die aktuelle als auch für die zukünftigen Generationen erhalten bleiben und dass die natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll genutzt werden. Ein wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Waldbewirtschaftung ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen der Wälder. Es ist auch wichtig, die Anfälligkeit der Wälder gegenüber natürlichen Störungen wie Waldbränden und Insektenbefall zu reduzieren.

    2.4.

    Unter technischen Gesichtspunkten ist festzustellen, dass der Holzbau im Vergleich zu anderen Baustoffen wie Beton deutlich weniger Einsatz so genannter grauer Energie erfordert. Graue Energie bezieht sich auf die Energie, die für die Herstellung, den Transport, die Lagerung und das Recycling von Produkten aufgewendet wird. Eine Reduktion der grauen Energie bedeutet, dass weniger Energie für diese Prozesse aufgewendet wird, was zu einer Senkung der CO2-Emissionen und zu einem nachhaltigeren Energieverbrauch führt. Eine Reduktion der grauen Energie kann auch dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu verbessern.

    2.5.

    Der EWSA stellt fest, dass gesetzliche Regulierungen mitunter die Entwicklung des Holzbaus hemmen, indem sie die Verwendung von Holz als Baustoff beschränken oder bestimmte Vorschriften und Standards vorgeben, die für den Holzbau schwer oder teuer umzusetzen sind. Ein Beispiel hierfür ist die Höhenbegrenzung für Holzgebäude, die in manchen Ländern festgelegt ist. Dies kann die Möglichkeiten des Holzbaus einschränken und die Entwicklung von innovativen Holzkonstruktionen behindern. Im Bereich des Brandschutzes von Gebäuden ist es nicht akzeptabel, dass für Holz andere Leistungsregeln gelten als für andere Materialien. Der EWSA plädiert für eine Homogenisierung der Vorschriften auf europäischer Ebene, unabhängig vom Material.

    2.6.

    Der Holzbau kann einen wichtigen Beitrag hin zu einer stärker zirkularen Wirtschaft und insbesondere hinsichtlich des Ziels einer stärker biobasierten Wirtschaftsweise leisten, wie sie in den entsprechenden EU-Politiken ausformuliert ist. Die Anwendungsbereiche und die Materialeigenschaften von Holz und holzbasierten Produkten sind diesbezüglich weiterzuentwickeln. Vor allem die Recyclingfähigkeit von Holzprodukten spielt dabei eine wesentliche Rolle. Daneben wird aber auch die Kombination von Holz mit anderen Werkstoffen eine weiter wachsende Bedeutung erlangen. Eine europäisch koordinierte und unterstützte Förderung der Forschungskooperation in den Gebieten Materialeigenschaften und Verbundwerkstoffe kann diesbezüglich eine wichtige und innovationsfördernde Rolle spielen.

    2.7.

    Die Transformation unserer Industrien hin zu dem auch sozial unterlegten Konzept der Industrie 5.0 hat eine stark technische Seite. Digitalisierung (Building-Information-Modelling), Robotisierung und der Einsatz lernender Programme (Künstliche Intelligenz) werden die gesamte Wertschöpfungskette, von der Forstwirtschaft bis zum Bau, seiner Erhaltung und des Recyclings verändern. Dies bedarf eines rechtlichen Rahmens bezüglich der generellen Produktanforderungen, der Anforderungen an Bauprodukte und der Normung. Sie müssen für den Bereich des Holzbaus koordiniert werden. Im Sinne der für die Industrie 5.0 skizzierten sozialen Zielsetzungen sollten technische Entwicklungen und arbeitsorganisatorische Konzepte einem menschenzentrierten Ansatz im Technikdesign folgen. Dabei wird es auch wichtig sein, die möglichen positiven oder negativen Effekte für eine gesunde Arbeits- und Wohnumwelt systematisch vom ersten Schritt der Technikentwicklung an mitzudenken.

    2.8.

    Der EWSA stellt fest, dass technologische und materialtechnische Änderungen im Holzbau auch die Arbeitsorganisation und die Qualifikationsanforderungen verändern werden. Hier entstehen Überlappungen zwischen dem Bau- und dem Holzsektor bzw. zwischen klassischen Berufen in diesen beiden Wirtschaftssektoren. Die Anpassung von bestehenden Curricula für einzelne Berufe oder auch das Neudesign von Berufen ist diesbezüglich eine Anforderung, die europäisch koordiniert werden sollte. Die Zielstellung attraktiver Berufe mit einem breiten Aufgabenzuschnitt und eine dementsprechende Arbeitsorganisation werden auch zu einer stärkeren Attraktivität des Bau- und des Holzsektors beitragen.

    2.9.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass angesichts des raschen Wandels der Arbeitsmethoden (Digitalisierung, Robotik, künstliche Intelligenz, neue Maschinen) allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen der Arbeitskräfte im Holzbau wichtiger denn je sind. Die allgemeine und berufliche Bildung muss das Ergebnis eines sozialen Dialogs unter Einbeziehung aller Sozialpartner sein.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1.

    Es ist zu erwarten, dass die Steigerung der Holzbauquote wesentlich zur Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks beitragen könnte. Holzbau ist materialtechnisch ein sehr effektiver Beitrag hin zu einer Bioökonomie, insbesondere, wenn im gesamten Lebenszyklus des Holzbaus, einschließlich des Designs, vermehrt Wert auf Pflege und Erhaltung gelegt wird. Zur Vermeidung von ökologischen Verlagerungseffekten sollte Holz darüber hinaus nur von Orten bezogen werden, die über zertifizierte Waldflächen (Waldzertifizierungssysteme FSC und PEFC) verfügen und deren Derbholzpotenzial den eigenen Bedarf übersteigt.

    3.2.

    Der EWSA sieht die Gestaltung des Flächenbedarfs für die Holzproduktion und die Art der Bewirtschaftung (intensiv, extensiv, Monokultur, ökologisch) und Beschaffung (konventionell oder nachhaltig) als von zentraler Bedeutung für die Nachhaltigkeit des Holzbaus insgesamt. Gerade im Hinblick auf eine gewünschte Steigerung des Holzbauanteils im Bausektor ist entscheidend, bei der Erhöhung von Flächenanteilen sowie der Umnutzung von Flächen zur Holzproduktion die Zielsetzungen der Nachhaltigkeit sowie der Biodiversität konsequent im Blick zu behalten.

    3.3.

    Praxistests zeigen, dass sich die Holzbauweise aus ökobilanzieller Sicht insgesamt als vorteilhafter erweist als andere Bauweisen wie zum Beispiel die Stahlbetonbauweise. Vor allem der Wirkungsindikator zur Ermittlung des Treibhauspotenzials schneidet deutlich besser ab und macht nur 57 % des Potenzials der Stahlbetonbauweise aus (4).

    3.4.

    Der EWSA betont, dass die Auswertung von Studien, die den Holzbau gegen den Massivbau abgrenzen, ergeben hat, dass der Holzbau bei den Ökobilanzindikatoren a) Primärenergiebedarf (gesamt und nicht erneuerbar) und b) Treibhauspotenzial in nahezu allen Fällen geringere Umweltauswirkungen vorweisen kann. Dies ist unabhängig von den gewählten Baustoffen für die Massivbauweise und der Konstruktionsart innerhalb der Holzbauweise (5).

    3.5.

    Der Vorfertigungsgrad im Holzbau ist wesentlich höher als im Massivbau. Somit sind die Baustellenarbeiten weniger witterungsabhängig, und ein größerer Anteil der Fabrikation erfolgt unter optimalen Arbeitsbedingungen in der Werkhalle. Die größere Fertigungstiefe benötigt jedoch einen höheren Planungsaufwand und somit einen längeren Planungsvorlauf.

    3.6.

    Der EWSA stellt fest, dass die kürzeren Bauzeiten im Holzbau zur Folge haben, dass sich Baustellengemeinkosten und Vorhaltezeiten reduzieren. Die Vorfertigung ermöglicht eine geringere Anzahl an Transporten zur Baustelle. Insbesondere auf urbanen Potenzialflächen kann durch Holzbau schnell neuer Wohnraum z. B. durch Aufstockung und Erweiterung geschaffen werden.

    3.7.

    Der Holzbau ermöglicht größere Wohnflächen bei gleichen Außenmaßen. Denn beim Holzbau wird oft die Dämmebene in die Tragstruktur integriert, beim Massivbau erfolgt ein getrennter Aufbau. Dies hat zur Folge, dass bei gleicher Dämmstärke eine schlankere Außenwand im Holzbau möglich ist.

    3.8.

    Der EWSA erwartet zusätzliche Potenziale des Holzbaus neben dem Wohnungsbau bei weiteren Gebäudenutzungstypen im Bereich der Nichtwohngebäude (z. B. Büro-, Lager- und Laborgebäude).

    3.9.

    Der EWSA stellt fest, dass genau wie bei allen Bauformen eine qualitativ hochwertige Bauplanung und Ausführung von großer Bedeutung für den Lebenszyklus des Bauwerks ist. Hierfür bedarf es insbesondere gut ausgebildeter Architekten und Ingenieure und einer europäischen Planungsrichtlinie, die mit geeigneten regulatorischen Rahmenbedingungen die Berufsstände unterstützt. Vor allem im Planungsbereich ist durch rechtliche Anpassungen und entsprechende Auftraggeberschulungen sicherzustellen, dass Leistungen verpflichtend im Qualitätswettbewerb zu vergeben sind (6).

    3.10.

    Angesichts der jüngsten Auswirkungen der Erdbeben in der Türkei, aber auch früherer Erdbeben sowie der Prognosen von Sachverständigen für bevorstehende Ereignisse ist der EWSA der Ansicht, dass Menschen, die in erdbebengefährdeten Gebieten leben, zum Bau von Holzgebäuden ermutigt werden sollten.

    3.11.

    In den produzierenden Unternehmen können Produktionsabläufe durch den Einsatz von Technologien aus der Industrie 5.0 optimiert und vereinfacht werden und zu einer Verringerung des Energieeinsatzes und damit Senkung der CO2-Emmissionen im Produktionsprozess führen. Darüber hinaus ermöglicht die Vorfertigung von Bauteilen im Werk, die Baustelle effizienter und mit weniger Abfall zu gestalten, da die Bauteile vor Ort nur noch zusammengesetzt werden müssen. Das führt zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs für den Transport und zu einer Verringerung des Abfallaufkommens (7).

    Brüssel, den 27. Februar 2023

    Der Vorsitzende der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel

    Pietro Francesco DE LOTTO


    (1)  ABl. C 75 vom 28.2.2023, S. 159.

    (2)  Stellungnahme des EWSA „Holzbau zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor“ (siehe ABl. S. 18).

    (3)  Vgl. „Kreislaufwirtschaft für die Dekarbonisierung des EU-Bausektors — Modellierung ausgewählter Stoffströme und Treibhausgasemissionen“. Meta Thurid Lotz, Andrea Herbst, Matthias Rehfeldt.

    (4)  https://www.berlin.de/nachhaltige-beschaffung/studien/holz-versus-stahlbetonbauweise/.

    (5)  Potenziale von Bauen mit Holz. Umweltbundesamt, S. 25.

    (6)  Vgl. Holzbau vs. Massivbau — ein umfassender Vergleich zweier Bauweisen im Zusammenhang mit dem SNBS Standard, Daniel Müller.

    (7)  Vgl. Koppelhuber, J., Bok, M. (2019), „Paradigmenwechsel im Hochbau“, In: Hofstadler, C. (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen in Baubetrieb, Bauwirtschaft und Bauvertragsrecht, Springer Vieweg, Wiesbaden, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27431-3_19.


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