EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 5.7.2021
COM(2021) 356 final
2021/0176(COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 in Bezug auf Beschränkungen des Zugangs zu Unionsgewässern
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik sieht für die 12-Seemeilen-Zone der Mitgliedstaaten (Hoheitsgewässer) eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des gleichberechtigten Zugangs von Fischereifahrzeugen der Union zu den Unionsgewässern und Ressourcen darin gemäß Artikel 5 Absatz 1 der genannten Verordnung vor. Mit der Ausnahmeregelung werden die Mitgliedstaaten ermächtigt, Fischerei in der 12-Seemeilen-Zone auf bestimmte Fischereifahrzeuge zu beschränken. Die von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Ausnahmeregelung eingeführten Beschränkungen haben den fischereilichen Druck in den biologisch besonders anfälligen Gebieten gemindert und zur wirtschaftlichen Stabilität der kleinen Küstenfischerei beigetragen.
Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 sieht eine ähnliche Ausnahmeregelung für Gewässer bis zu 100 Seemeilen von den Basislinien der Gebiete in äußerster Randlage der Union gemäß Artikel 349 Absatz 1 AEUV vor. Aufgrund der Ausnahmeregelung können die betreffenden Mitgliedstaaten den Fischfang Schiffen vorbehalten, die in den Häfen dieser Gebiete registriert sind.
Diese Ausnahmeregelungen gelten bis zum 31. Dezember 2022, und der Vorschlag zielt darauf ab, eine Aufhebung der spezifischen Zugangsregelung gemäß Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 5 Absatz 3 der genannten Verordnung zu vermeiden. Mit dem Vorschlag wird eine Änderung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung vorgeschlagen, um den Zeitraum zu verlängern, in dem die Mitgliedstaaten den Zugang zu ihren Gewässern im Rahmen dieser Bestimmungen einschränken können.
Die Ziele der spezifischen Regelung sind weiterhin ebenso gültig wie in den vergangenen Jahrzehnten. Dies ist auf den derzeitigen Erhaltungszustand vieler Bestände, die Bedeutung der Küstengewässer für die Erhaltungsbemühungen sowie die anhaltenden Schwierigkeiten in Küstengebieten, die in hohem Maße von der Fischerei abhängig sind und kaum von anderen wirtschaftlichen Entwicklungen profitieren dürften, zurückzuführen. Werden die geltenden Regelungen geändert, könnte das mit Einführung der Sonderregelung erreichte Gleichgewicht gestört werden.
Deshalb sollen mit diesem Vorschlag die derzeitigen Ausnahmeregelungen um weitere 10 Jahre verlängert werden.
Außerdem wird eine Änderung des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 vorgeschlagen. In Anhang I sind für jeden Mitgliedstaat die geografischen Gebiete für Fangtätigkeiten in den Küstenstreifen anderer Mitgliedstaaten und die betreffenden Arten festgelegt. Diese Änderung spiegelt den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union sowie eine gemeinsame Mitteilung Italiens und Griechenlands an die Kommission vom 9. Juni 2020 über den Zugang italienischer Fischereifahrzeuge zu den Hoheitsgewässern Griechenlands gemäß der bilateralen Vereinbarung zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten wider. Schließlich sollten nach dem Urteil in der Rechtssache C-457/18 die Fußnoten, in denen auf die am 4. November 2009 in Stockholm unterzeichnete Schiedsvereinbarung zwischen Slowenien und Kroatien Bezug genommen wird, wegen fehlender Zuständigkeit der EU in Grenzangelegenheiten aus Anhang I gestrichen werden.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel 43 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d AEUV hat die EU die ausschließliche Zuständigkeit für die Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP). Der Vorschlag fällt unter diese ausschließliche Zuständigkeit, weshalb das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung findet.Da der Vorschlag in erster Linie eine zeitlich begrenzte Verlängerung der Geltungsdauer einer Maßnahme betrifft, die bereits in der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgeschrieben ist, bestehen keine Bedenken hinsichtlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Im zweiten Halbjahr 2020 wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Informationen über die Beschränkungen vorzulegen, die sie gemäß Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 anwenden. Von 16 Mitgliedstaaten gingen Beiträge ein, die bestätigten, dass die derzeitige Ausnahmeregelung unverändert fortgesetzt werden sollte. Die einzige Ausnahme war eine von Italien und Griechenland geforderte Änderung des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013, um den Zugang zu griechischen Hoheitsgewässern in der Ägäis, im Ionischen Meer und im Libyschen Meer aufzunehmen.
Im Dezember 2020 legte der Wissenschafts- Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) einen Bericht über die soziale Dimension der GFP vor. In dem Bericht wurde unter anderem erörtert, ob die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 Absatz 2 der genannten Verordnung eingeführten Beschränkungen zur Sicherstellung der traditionellen Fischereitätigkeiten der Küstenflotten und somit zur Erhaltung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur dieser Gebiete beigetragen haben.
Der STECF merkte an, dass es nicht möglich war, den Beitrag dieser Beschränkungen zu bewerten, da weitere Analysen erforderlich seien und viele andere Faktoren berücksichtigt werden müssten. Allerdings stellten die Sachverständigen fest, dass kein Mitgliedstaat Konflikte im Zusammenhang mit Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gemeldet hatte. Der STECF gelangte zu dem Schluss, dass diese seit Anfang der 1970er-Jahre geltende Vorschrift, die 1982 in die erste Grundverordnung der GFP und seither in jede Überarbeitung der GFP-Grundverordnung (1992, 2002, 2013) aufgenommen wurde, allgemein anerkannt ist und Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten vermeidet.
•Folgenabschätzung
Wie aus dem Fahrplan für diese Initiative hervorgeht, wird mit dem Vorschlag die Geltungsdauer der derzeitigen Regelung verlängert, wie bereits 2012 mit einer Änderung der vorherigen GFP-Verordnung geschehen. Die Änderungen des Anhangs I spiegeln lediglich die jüngsten Entwicklungen bei der Bewirtschaftung von Hoheitsgewässern wider. Daher war keine Folgenabschätzung erforderlich.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Die Maßnahme zieht keine zusätzlichen Ausgaben der Union nach sich.
2021/0176 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 in Bezug auf Beschränkungen des Zugangs zu Unionsgewässern
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Alle Fischereifahrzeuge der Union haben nach Maßgabe der Regeln der Gemeinsamen Fischereipolitik gleichberechtigten Zugang zu den Gewässern und Ressourcen der Union.
(2)In der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sind Ausnahmeregelungen von der Regel des gleichberechtigten Zugangs unter den im Folgenden aufgeführten Umständen vorgesehen.
(3)Die Mitgliedstaaten haben das Recht, in den Gewässern bis zu 12 Seemeilen von den Basislinien den Fischfang Fischereifahrzeugen vorzubehalten, die von Häfen der angrenzenden Küste aus traditionell in diesen Gewässern fischen.
(4)Die Mitgliedstaaten haben ferner das Recht, in den Gewässern bis zu 100 Seemeilen von den Basislinien der Gebiete in äußerster Randlage der Union gemäß Artikel 349 AEUV den Fischfang Schiffen vorzubehalten, die in den Häfen dieser Gebiete registriert sind.
(5)Bestehende Vorschriften über den eingeschränkten Zugang zu den Ressourcen in den 12-Seemeilen-Zonen der Mitgliedstaaten dienten der Bestandserhaltung, da sie den Fischereiaufwand in den empfindlichsten Gewässern der Union beschränken. Diese Vorschriften haben zudem zur Erhaltung traditioneller Fischereitätigkeiten beigetragen, die für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Küstenbevölkerung in bestimmten Gebieten eine äußerst wichtige Rolle spielen.
(6)Bestehende Beschränkungen des Zugangs zu den biologischen Meeresschätzen rund um die Gebiete der Union in äußerster Randlage gemäß Artikel 349 Absatz 1 AEUV haben unter Berücksichtigung der strukturbedingten sozialen und wirtschaftlichen Situation dieser Gebiete zur Erhaltung der lokalen Wirtschaft beigetragen.
(7)Die bestehenden Ausnahmeregelungen für Beschränkungen des Zugangs zu Unionsgewässern laufen am 31. Dezember 2022 aus. Diese Ausnahmeregelungen sollten jedoch um weitere zehn Jahren verlängert werden, um die Kontinuität der derzeitigen Schutzmaßnahmen sicherzustellen und das Gleichgewicht, das sich seit der Einführung dieser Sonderregelung entwickelt hat, nicht zu stören.
(8)Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 sollte nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und einem gemeinsamen Antrag Italiens und Griechenlands bezüglich des Zugang italienischer Fischereifahrzeuge zum Ionischen Meer, zur Ägäis und zum Libyschen Meer geändert werden.
(9)Die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 sollte daher entsprechend geändert werden —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 wird wie folgt geändert:
1.In Artikel 5 Absätze 2, 3 und 4 werden die Worte „31. Dezember 2022“ durch die Worte „31. Dezember 2032“ ersetzt.
2.Anhang I erhält die Fassung des Anhangs der vorliegenden Verordnung.
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt ab dem 1. Januar 2023 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident
Der Präsident