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Document 52021DC0100

BERICHT DER KOMMISSION über die Verhandlungen über den Zugang von Unternehmen der Union zu Drittlandsmärkten in Bereichen, die unter die Richtlinie 2014/25/EU fallen

COM/2021/100 final

Brüssel, den 2.3.2021

COM(2021) 100 final

BERICHT DER KOMMISSION

über die Verhandlungen über den Zugang von Unternehmen der Union zu Drittlandsmärkten in Bereichen, die unter die Richtlinie 2014/25/EU fallen



BERICHT DER KOMMISSION

über die Verhandlungen über den Zugang von Unternehmen der Union zu Drittlandsmärkten in Bereichen, die unter die Richtlinie 2014/25/EU fallen

INHALTSVERZEICHNIS

1.    EINLEITUNG    

2.    PLURILATERALE UND MULTILATERALE VERHANDLUNGEN    

2.1.    WTO-ÜBEREINKOMMEN ÜBER DAS ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNGSWESEN (GPA)    

2.1.1.    Überarbeitetes GPA    

2.1.2.    Überblick über den derzeitigen Geltungsbereich des überarbeiteten GPA    

2.1.3.    Beitritt neuer Mitglieder    

2.2.    Allgemeines Übereinkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)    

3.    EU-ABKOMMEN MIT KAPITELN ÜBER DIE VERGABE ÖFFENTLICHER AUFTRÄGE    

3.1.    Europäischer Wirtschaftsraum (EWR)    

3.2.    Bilaterales Abkommen mit der Schweiz    

3.3.    Kapitel über die Auftragsvergabe in den Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen im Rahmen der Erweiterungspolitik der EU    

3.4.    Kapitel über die Auftragsvergabe in Abkommen im Rahmen der Nachbarschaftspolitik    

3.4.1.    Ukraine, Moldau, Georgien    

3.4.2.    Armenien    

3.5.    Andere EU-Übereinkünfte mit Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens    

3.5.1.    Andengemeinschaft (Kolumbien, Peru, Ecuador)    

3.5.2.    Kanada    

3.5.3.    Zentralamerika    

3.5.4.    Irak    

3.5.5.    Japan    

3.5.6.    Kasachstan    

3.5.7.    Südkorea    

3.5.8.    Singapur    

3.5.9.    Vietnam    

3.5.10.    Vereinigtes Königreich    

4.    LAUFENDE BILATERALE VERHANDLUNGEN UND NOCH NICHT UNTERZEICHNETE ABKOMMEN    

5.    SCHLUSSFOLGERUNGEN    


1.EINLEITUNG

Dieser Bericht wird dem Rat gemäß den Artikeln 85 1 und 86 2 der Richtlinie 2014/25/EU (im Folgenden „Sektorenrichtlinie“) über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (im Folgenden „Versorgungssektoren“) vorgelegt. 3 Ein früherer Bericht wurde 2009 4 von der Kommission auf der Grundlage ähnlicher Berichterstattungspflichten im Rahmen der Richtlinie 2004/17/EG veröffentlicht. Im vorliegenden Bericht werden die wichtigsten Entwicklungen seit 2009 in Bezug auf den Zugang von Unternehmen aus der Union zu den Beschaffungsmärkten von Drittländern in den unter die Sektorenrichtlinie fallenden Bereichen 5 und in Bezug auf den Zugang zu Dienstleistungsaufträgen in Drittländern erläutert.

Genauer gesagt enthält der vorliegende Bericht eine Bilanz der Fortschritte bei der Öffnung des Zugangs von Unternehmen aus der Union zu den Beschaffungsmärkten von Drittländern seit dem Beitritt neuer Mitglieder zum plurilateralen Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA). 6 Darüber hinaus enthält der Bericht Informationen über die Ergebnisse bilateraler oder regionaler Handelsverhandlungen über den Zugang von Unternehmen aus der Union zu den Beschaffungsmärkten von Drittländern in den Versorgungssektoren. Die Kommission legt in ihren jährlichen Durchführungsberichten eine umfassende Bestandsaufnahme des Stands der Umsetzung der Freihandelsabkommen (FHA) vor. 7  

Die Sektorenrichtlinie gilt für drei verschiedene Kategorien von Auftraggebern (öffentliche Auftraggeber, öffentliche Unternehmen und private Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten). Somit unterliegen auch private Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten der Sektorenrichtlinie. Allerdings gilt das Konzept der Anwendung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf private Unternehmen, die in den Versorgungssektoren tätig sind, nicht weltweit. Infolgedessen kann der Zugang zu Aufträgen privater Unternehmen, die in den Versorgungssektoren tätig sind, nicht immer mit Drittländern ausgehandelt werden, und die Europäische Union ist in diesem Bereich nur begrenzte internationale Verpflichtungen (GPA oder FHA) eingegangen.

2.PLURILATERALE UND MULTILATERALE VERHANDLUNGEN 

2.1.WTO-ÜBEREINKOMMEN ÜBER DAS ÖFFENTLICHE BESCHAFFUNGSWESEN (GPA)

Das GPA ist bislang das einzige rechtsverbindliche WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen. Es handelt sich dabei um einen plurilateralen Vertrag, der von einem Ausschuss für das öffentliche Beschaffungswesen (im Folgenden „GPA-Ausschuss“) verwaltet wird.

Derzeit sind 21 WTO-Mitglieder Vertragsparteien des GPA, darunter die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, die als eine Vertragspartei gelten. Das überarbeitete GPA wurde am 30. März 2012 unterzeichnet und trat am 6. April 2014 in Kraft. 8 Darin ist eine weitere Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte der Vertragsparteien des GPA vorgesehen.

2.1.1.Überarbeitetes GPA

Die Vertragsparteien des GPA haben eine vollständige Überarbeitung sowohl des Wortlauts des GPA als auch der daraus resultierenden Marktzugangsverpflichtungen abgeschlossen. Das überarbeitete GPA bietet ein höheres Maß an Klarheit und Transparenz und gewährleistet bei Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gleiche Bedingungen für Anbieter, Lieferungen und Dienstleistungen aus den Vertragsparteien des GPA.

Das überarbeitete GPA besteht aus zwei Teilen: a) einem Rechtstext mit Bestimmungen zu den Grundsätzen und Verfahren, den die Beschaffungsstellen der GPA-Vertragsparteien anwenden müssen, und b) der Aufstellung des Geltungsbereichs der jeweiligen Vertragsparteien („Anhänge zu Anlage I“). Die Listen der Vertragsparteien des GPA sind in sieben Anhänge unterteilt, die zentrale Regierungsstellen, subzentrale Regierungsstellen, sonstige Stellen 9 , Waren, Dienstleistungen, Bauleistungen und allgemeine Anmerkungen umfassen. In diesen Anhängen wird festgelegt, in welchem Umfang die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (einschließlich Bauleistungen) durch die verschiedenen Beschaffungsstellen einer bestimmten GPA-Vertragspartei Wirtschaftsteilnehmern aus anderen GPA-Vertragsparteien offensteht. Wenn diese Beschaffungsstellen unter einen Anhang der GPA-Vertragspartei fallen, müssen sie die im überarbeiteten GPA festgelegten Regeln für die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen anwenden.

Die Verpflichtung zu weiteren Verhandlungen ist im überarbeiteten GPA verankert. Wie in Artikel XXII Absatz 7 des überarbeiteten GPA festgelegt, müssen die Vertragsparteien des GPA weitere Verhandlungen aufnehmen, um das GPA so zu verbessern, dass diskriminierende Maßnahmen schrittweise abgebaut und beseitigt werden und der Geltungsbereich des GPA auf der Grundlage der Gegenseitigkeit so weit wie möglich auf alle Vertragsparteien ausgeweitet wird.

Der Geltungsbereich ist nicht einheitlich; das Ausmaß, in dem der Beschaffungsmarkt in den Versorgungssektoren für Wirtschaftsteilnehmer der GPA-Vertragsparteien geöffnet ist, ist von Land zu Land unterschiedlich und der Geltungsbereich unterliegt Ausschlüssen und gegenseitigen Beschränkungen.

2.1.2.Überblick über den derzeitigen Geltungsbereich des überarbeiteten GPA 

Die Neuaushandlung des GPA führte zu einer erfolgreichen und flexiblen Ausweitung der Marktzugangsverpflichtungen der Vertragsparteien, die auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruht. Nach Angaben des WTO-Sekretariats ergeben sich durch die Erweiterung des Marktzugangs für die Unternehmen der Vertragsparteien steigende Umsätze von jährlich schätzungsweise 80 bis 100 Mrd. USD. 10  

Die Ergänzungen zum Geltungsbereich im Hinblick auf Beschaffungsstellen sowie Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen, die im Rahmen des überarbeiteten GPA in die Listen der Vertragsparteien aufgenommen wurden, bieten insgesamt neue Marktzugangsmöglichkeiten für die Wirtschaftsteilnehmer in der EU.

Die Marktöffnung in der EU im Rahmen des GPA ist die bisher umfassendste. In den Fällen, in denen die Vertragsparteien des GPA einen begrenzten Marktzugang vorsehen, versucht die Europäische Union die Gegenseitigkeit zu gewährleisten, indem sie Vorbehalte in Bezug auf den Geltungsbereich des Marktzugangs einführt und so die Beschränkungen des Marktzugangs in den anderen Vertragsparteien widerspiegelt. Solche Vorbehalte gelten beispielsweise für die USA, Kanada, Japan, Korea, Australien und Neuseeland. Die meisten Vorbehalte betreffen die Versorgungssektoren (d. h. Elektrizität, Trinkwasser, Häfen und Eisenbahnen), in denen der Geltungsbereich anderer Vertragsparteien kleiner ist als der der EU.

2.1.3.Beitritt neuer Mitglieder 

Die Europäische Union unterstützt den Beitritt neuer Mitglieder zum GPA und wird dies auch weiterhin tun, um die Beschaffungsmärkte in Drittländern weiter zu öffnen. Die Beteiligung am GPA hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Dies hat zu einer weiteren Ausweitung des Geltungsbereichs des Marktzugangs geführt, auch für die Beschaffung in den Versorgungssektoren.

Seit dem letzten Bericht wurde die Europäische Union weiter erweitert, wodurch sich der Geltungsbereich der EU im Rahmen des GPA vergrößert hat. Am 1. Juli 2013 ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten. Infolgedessen wurde die GPA-Offerte der Europäischen Union ab dem 1. Juli 2013 auf Kroatien ausgeweitet. Die von der EU vorgeschlagenen Änderungen der Anhänge der EU wurden vom Ausschuss für das öffentliche Beschaffungswesen in seiner förmlichen Sitzung vom 27. Juni 2013 angenommen. 11  

2.1.3.1.Armenien

Armenien beantragte den Beitritt zum GPA im September 2009 und legte daraufhin im April 2010 eine überarbeitete Offerte und im September 2010 eine Schlussofferte vor. Nach einem Beschluss des GPA-Ausschusses hinterlegte Armenien im August 2011 seine Beitrittsurkunde. Das GPA 1994 trat für Armenien am 15. September 2011 in Kraft. Armenien ratifizierte zudem das überarbeitete GPA, das am 6. Juni 2015 für das Land in Kraft trat.

Armeniens Verpflichtungen im Rahmen des überarbeiteten GPA betreffen auch die Beschaffung in den Versorgungssektoren. Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 400 000 SZR 12 , für Dienstleistungen auf 400 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt.

2.1.3.2.Montenegro

Montenegro beantragte im Oktober 2013 den Beitritt zum GPA und unterbreitete seine ursprüngliche Offerte im November 2013. Es übermittelte seine zweite überarbeitete Offerte im Juni 2014 und daraufhin seine Schlussofferte im Juli 2014. Im Oktober 2014 nahm der GPA-Ausschuss einen Beschluss an, in dem Montenegro aufgefordert wurde, dem GPA beizutreten. Nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde trat das überarbeitete GPA für Montenegro am 15. Juli 2015 in Kraft.

Montenegro gewährt den GPA-Vertragsparteien Zugang zu den Beschaffungen aller Versorgungsunternehmen in denselben Sektoren wie die EU (Trinkwasser, Elektrizität, Flughafen- und Hafenanlagen, städtischer Nahverkehr und Schienenverkehr) und wendet dieselben auf Gegenseitigkeit beruhenden Beschränkungen an, wie sie von der Europäischen Union gegenüber den anderen Vertragsparteien des GPA angewandt werden. Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 400 000 SZR, für Dienstleistungen auf 400 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt.    

2.1.3.3.Neuseeland

Neuseeland beantragte im September 2012 den Beitritt zum GPA und unterbreitete im Juli 2014 seine Schlussofferte. Im Oktober 2014 nahm der GPA-Ausschuss einen Beschluss über den Beitritt Neuseelands zum überarbeiteten GPA an. Nach Hinterlegung einer Beitrittsurkunde trat das überarbeitete GPA für Neuseeland im August 2015 in Kraft.

Neuseelands Verpflichtungen im Rahmen des überarbeiteten GPA umfassen in seinem Anhang über „Sonstige Stellen“ vier staatseigene Unternehmen, die in den Versorgungssektoren Luftverkehr, Wetterdienste, Schienenverkehr und Stromversorgung tätig sind (Airways Corporation of New Zealand Limited, Meteorological Service of New Zealand Limited, KiwiRail Holdings Limited und Transpower New Zealand Limited). Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 400 000 SZR, für Dienstleistungen auf 400 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt.

2.1.3.4.Ukraine

Die Ukraine beantragte im Dezember 2012 den Beitritt zum GPA und legte im Juni 2015 ihre Schlussofferte vor. Im November 2015 nahm der GPA-Ausschuss einen Beschluss über den Beitritt der Ukraine zum überarbeiteten GPA an. Nach Hinterlegung einer Beitrittsurkunde trat das überarbeitete GPA für die Ukraine am 18. Mai 2016 in Kraft.

Der in der Offerte der Ukraine vorgesehene Geltungsbereich umfasst eine große Zahl von Versorgungssektoren; die Offerte enthält zudem eine unverbindliche definitionsbasierte Liste von Stellen, die in den Versorgungssektoren tätig sind. Die Ukraine schließt Beschaffungen durch verbundene Unternehmen oder Joint Ventures aus. Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 400 000 SZR, für Dienstleistungen auf 400 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt.

2.1.3.5.Republik Moldau

Im Januar 2002 beantragte die Republik Moldau den Beitritt zum GPA und unterbreitete im Mai 2015 ihre Schlussofferte. Im September 2015 nahm der GPA-Ausschuss einen Beschluss über den Beitritt der Republik Moldau an. Nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde trat das überarbeitete GPA für die Republik Moldau am 14. Juli 2016 in Kraft.

Die Republik Moldau bietet Zugang zu Beschaffungen aller nach nationalem Recht als öffentliche Auftraggeber eingestuften Stellen, die in Versorgungssektoren wie Trinkwasser, Elektrizität und/oder thermische Energie (Erzeugung, Übertragung oder Verteilung), Hafen- oder andere Terminaleinrichtungen, Flughafeneinrichtungen, städtischer Nahverkehr und Schienenverkehr tätig sind. Eine unverbindliche Liste dieser Stellen ist beigefügt. Es werden keine Vorbehalte genannt. Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 400 000 SZR, für Dienstleistungen auf 400 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt. Für die Schwellenwerte für Waren und Dienstleistungen galt jedoch eine zweijährige Übergangsfrist. 13  

2.1.3.6.Australien

Im Juni 2015 beantragte Australien den Beitritt zum GPA. Im September 2016 und Juni 2017 legte Australien überarbeitete Offerten und im März 2018 seine Schlussofferte vor. Die Verhandlungen über den Beitritt des Landes zum überarbeiteten GPA wurden abgeschlossen, und im Oktober 2018 nahm der GPA-Ausschuss einen Beschluss über den Beitritt Australiens zum überarbeiteten GPA an. Nach Hinterlegung einer Beitrittsurkunde trat das überarbeitete GPA für Australien am 5. Mai 2019 in Kraft.

Versorgungsunternehmen, Schienenverkehr und andere Bereiche mit Verkehrsbezug (wie Straßenbau und Häfen) fallen in die Zuständigkeit der australischen Bundesstaaten und Territorien. Für die Einrichtungen, die für das australische Hauptstadtterritorium aufgeführt sind, gilt das überarbeitete GPA nicht für die Beschaffung von Versorgungsdienstleistungen. Die Schwellenwerte wurden für Waren auf 355 000 SZR, für Dienstleistungen auf 355 000 SZR und für Bauleistungen auf 5 000 000 SZR festgesetzt. Staatliche Unternehmen in Australien, vergleichbar mit öffentlichen Unternehmen in der EU, die im Geltungsbereich der EU für die Beschaffung in den Sektoren Wasser, Elektrizität, Häfen und Flughäfen, städtischer Nahverkehr und Schienenverkehr enthalten sind (definitionsbasierter Ansatz), fallen nicht in den Geltungsbereich der Versorgungssektoren.

2.1.3.7.Vereinigtes Königreich

Während des im Austrittsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich 14 vorgesehenen Übergangszeitraums (1. Februar 2020 – 31. Dezember 2020) fiel das Vereinigte Königreich als EU-Mitgliedstaat weiterhin in den Geltungsbereich des überarbeiteten GPA. Nach Ablauf dieses Übergangszeitraums trat das Vereinigte Königreich am 1. Januar 2021 als eigenständige Vertragspartei dem überarbeiteten GPA bei. Die Schlussofferte des Vereinigten Königreichs im Rahmen des GPA übernimmt die Bedingungen der derzeitigen EU-Liste der Verpflichtungen im Rahmen des überarbeiteten GPA, soweit sie für das Vereinigte Königreich, einschließlich der Versorgungssektoren, gilt. 15

2.1.3.8.Anhängige Beitritte

Derzeit befinden sich 11 WTO-Mitglieder formell im Beitrittsprozess (Republik Albanien, Föderative Republik Brasilien, Volksrepublik China, Georgien, Haschemitisches Königreich Jordanien, Republik Kasachstan, Kirgisische Republik, Republik Nordmazedonien, Sultanat Oman, Russische Föderation, Republik Tadschikistan). Derzeit gibt es jedoch keine Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess Albaniens, Georgiens, Jordaniens oder Omans. Vier weitere WTO-Mitglieder haben sich in ihren WTO-Beitrittsprotokollen verpflichtet, den Beitritt zum überarbeiteten GPA einzuleiten. Dabei handelt es sich um die Islamische Republik Afghanistan, die Mongolei, das Königreich Saudi-Arabien und die Republik Seychellen.

2.2.Allgemeines Übereinkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)

Artikel XIII Absatz 2 GATS sieht eine Überprüfungsklausel vor, wonach „[i]nnerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens […] multilaterale Verhandlungen über die öffentliche Beschaffung von Dienstleistungen im Rahmen dieses Übereinkommens [stattfinden]“.

Auf der Grundlage dieses Mandats, das sich weitgehend auf die Beschaffung von Dienstleistungen durch einen Auftraggeber bezieht (und somit nicht auf Versorgungsunternehmen beschränkt ist), hat die Europäische Union konkrete Vorschläge zur Aufnahme eines Anhangs über die öffentliche Beschaffung von Dienstleistungen in das derzeit verhandelte plurilaterale Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA) unterbreitet. Die TiSA-Verhandlungen, über die der Rat und das Parlament ordnungsgemäß informiert wurden, sind jedoch bislang noch nicht abgeschlossen und sind derzeit ausgesetzt.

3.EU-ABKOMMEN MIT KAPITELN ÜBER DIE VERGABE ÖFFENTLICHER AUFTRÄGE

3.1.Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) 

Nach Artikel 65 und Anhang XVI des EWR-Abkommens gelten die Bestimmungen der Sektorenrichtlinie in den EFTA-Staaten. Norwegen, Liechtenstein und Island gewähren Unternehmen der Union weiterhin Zugang zu öffentlichen Aufträgen im Bereich der Versorgungswirtschaft und bieten einen Geltungsbereich an, der dem der Sektorenrichtlinie entspricht.

Die jüngste Erweiterung der EU fand am 1. Juli 2013 mit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union statt. Ein Land, das Mitglied der Europäischen Union wird, muss ebenfalls beantragen, Vertragspartei des EWR-Abkommens zu werden. 16 Das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum („EWR-Erweiterungsübereinkommen“) und die drei dazugehörigen Übereinkünfte 17 wurden am 11. April 2014 unterzeichnet. Das EWR-Erweiterungsübereinkommen wird seit dem 12. April 2014 vorläufig angewandt.

3.2.Bilaterales Abkommen mit der Schweiz 

Die EU und die Schweiz unterhalten seit Langem Beziehungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens als Vertragsparteien des GPA und eines im Jahr 1999 geschlossenen bilateralen Abkommens über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens. Im Rahmen des GPA wurden die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz bis zum 31. Dezember 2020 durch das GPA 1994 geregelt. Was die Versorgungswirtschaft betrifft, so erstreckten sich die Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen des GPA 1994 nur auf Behörden und öffentliche Unternehmen in den folgenden Sektoren: Wasser, Strom, öffentliche Nahverkehrsmittel, Flughäfen und Inlandshäfen. Am 1. Januar 2021 trat die Schweiz dem überarbeiteten GPA 18 bei, im Rahmen dessen der Geltungsbereich in Anhang 3 auf Postdienste erweitert wird.

Das bilaterale Beschaffungsabkommen 19 ergänzt die Verpflichtungen der Schweiz und der EU im Rahmen des GPA. Das Abkommen geht insofern über die Anforderungen des GPA hinaus, als die EU und die Schweiz sowohl öffentlichen Stellen (Behörden und öffentlichen Unternehmen) als auch privaten Versorgungsunternehmen, die auf der Grundlage besonderer oder ausschließlicher Rechte in den Bereichen Telekommunikation, Schienenverkehr, Gas, Wärme, Öl, Kohle und andere feste Brennstoffe tätig sind, sowie privaten Versorgungsunternehmen, die auf der Grundlage besonderer oder ausschließlicher Rechte in den Bereichen Strom, Trinkwasser, See- oder Binnenhäfen, Flughäfen und Stadtverkehr tätig sind, Zugang zu über dem Schwellenwert liegenden Aufträgen für Waren, Arbeiten und Dienstleistungen gewähren.

3.3.Kapitel über die Auftragsvergabe in den Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen im Rahmen der Erweiterungspolitik der EU 

Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) sind Teil des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses der EU. Seit Beginn dieses Prozesses hat die Europäische Union schrittweise bilaterale SAA geschlossen, die Handelsverpflichtungen mit jedem der Partner im Westbalkan umfassen:

·Albanien (2009 in Kraft getreten),

·Nordmazedonien (2004 in Kraft getreten),

·Montenegro (2010 in Kraft getreten),

·Serbien (2013 in Kraft getreten),

·Bosnien und Herzegowina (2015 in Kraft getreten) und

·das Kosovo* (2016 in Kraft getreten). 20

Da das Ziel der SAA darin besteht, die betreffenden Partner im Westbalkan beim Aufbau ihrer Kapazitäten zur Übernahme und Umsetzung des EU-Rechts zu unterstützen, werden die gegenseitigen Verpflichtungen in der Regel asymmetrisch ausgelegt.

Dies gilt auch für die einschlägigen Vergabevorschriften. Bei Inkrafttreten des SAA erhalten die Wirtschaftsteilnehmer des Unterzeichnerstaats unabhängig davon, ob sie in der Europäischen Union niedergelassen sind oder nicht, Zugang zu den Vergabeverfahren in der Europäischen Union gemäß den EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dies gilt auch für Verträge in den Versorgungssektoren, sobald der Unterzeichnerstaat die Rechtsvorschriften zur Einführung der EU-Vorschriften in diesem Bereich angenommen hat.

Wirtschaftsteilnehmer aus der EU, die ihren Sitz im Unterzeichnerstaat haben, erhalten Zugang zu den Vergabeverfahren in dem betreffenden Land zu einer Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die den inländischen Unternehmen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens gewährt wird.

Wirtschaftsteilnehmer aus der EU, die nicht im Unterzeichnerstaat niedergelassen sind, erhalten innerhalb einer bestimmten Anzahl von Jahren nach Inkrafttreten jedes Abkommens Zugang zu Vergabeverfahren in dem betreffenden Land zu einer Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung, die inländischen Unternehmen des betreffenden Landes gewährt wird.

3.4.Kapitel über die Auftragsvergabe in Abkommen im Rahmen der Nachbarschaftspolitik 

3.

3.1.

3.2.

3.3.

3.4.

3.4.1.Ukraine, Moldau, Georgien 

Im Rahmen der umfassenderen Assoziierungsabkommen haben die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien Abkommen mit der EU über die Errichtung einer vertieften und umfassenden Freihandelszone unterzeichnet.

Eine solche vertiefte und umfassende Freihandelszone ist mit dem weitergehenden Prozess der Angleichung der Rechtsvorschriften verknüpft. Das Thema der öffentlichen Auftragsvergabe ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung: Die drei Länder haben vereinbart, innerhalb einer bestimmten Übergangszeit und nach einem detaillierten Zeitplan nahezu alle EU-Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge so umzusetzen, als wären sie Teil der EU. Daher werden die Rechtsvorschriften der drei Länder über die Vergabe öffentlicher Aufträge in den Versorgungssektoren letztlich auf den in der Richtlinie 2014/25/EU festgelegten Standards beruhen.

3.4.2.Armenien 

Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der EU und Armenien werden durch ein Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft geregelt. Die Verhandlungen über das Abkommen wurden im Februar 2017 abgeschlossen. Es wird seit Juni 2018 vorläufig angewendet. Das neue Abkommen ersetzt das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen von 1999.

Da Armenien im Rahmen des GPA bereits eine sehr umfassende Liste bereitgestellt hat, besteht das einzige zusätzliche Merkmal des bilateralen Kapitels darin, dass es eine Klarstellung bezüglich der Abdeckung von Baukonzessionen enthält. Dies gilt für alle erfassten Stellen, einschließlich Versorgungsunternehmen.

3.5.Andere EU-Übereinkünfte mit Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens

3.5.

3.5.1.Andengemeinschaft (Kolumbien, Peru, Ecuador)

Die EU hat ein umfassendes Handelsübereinkommen mit Peru und Kolumbien geschlossen, das mit Peru seit dem 1. März 2013 und mit Kolumbien seit dem 1. August 2013 vorläufig angewandt wird.

Das Protokoll über den Beitritt Ecuadors wurde im November 2016 unterzeichnet und wird seit dem 1. Januar 2017 vorläufig angewandt.

In Bezug auf den Versorgungssektor bietet Peru im Anhang des Handelsabkommens über „Sonstige Stellen“ einen Geltungsbereich für Beschaffungsstellen an, die in den Sektoren Energie, Wasser, Flughäfen und Postdienste tätig sind, und zwar bei Beschaffungen oberhalb der Schwellenwerte, die für Beschaffungsstellen in den Versorgungssektoren, wie sie von der EU angeboten werden, identisch sind.

Kolumbien führt die Beschaffungsstellen auf zentraler Ebene auf und überarbeitete den Geltungsbereich der Beschaffungsstellen auf subzentraler Ebene (Beschluss Nr. 1/2017 des Handelsausschusses) und führte im Anhang über „Sonstige Stellen“ eine Reihe unabhängiger Stellen auf, die in verschiedenen Bereichen tätig sind. Die EU hat Bedenken geäußert, da Lieferanten aus der EU bei einigen öffentlichen Aufträgen auf subzentraler Ebene, insbesondere in den Versorgungssektoren, keine Inländerbehandlung erhalten. Derzeit laufen Fachgespräche, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. 21

Im Anhang des Beitrittsprotokolls bietet Ecuador einen Geltungsbereich im Hinblick auf das Beschaffungswesen für eine Reihe öffentlicher Unternehmen an, die in den Bereichen Energie, Telekommunikation, Postdienste, Verkehr (einschließlich Schienenverkehr), Wasser und Abwasser tätig sind.

3.5.2.Kanada 

Das neue Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada („CETA“) trat am 21. September 2017 vorläufig in Kraft. Das Kapitel über das Beschaffungswesen enthält wichtige neue Marktzugangsverpflichtungen für beide Seiten.

In den Versorgungssektoren sind die meisten staatseigenen Versorgungsunternehmen in Kanada als „Crown Corporations“ tätig, d. h. staatseigene Unternehmen, die zu marktüblichen Bedingungen tätig sind. Mit der Zusage, die meisten dieser Crown Corporations in den Geltungsbereich aufzunehmen, stellt CETA einen historischen Schritt dar, der Bietern aus der EU einen diskriminierungsfreien Zugang zu Aufträgen kanadischer Anbieter von Strom, Schienen- und Binnenschiffsverkehr, Nahverkehr, Trinkwasser- und Gasproduktion, -verteilung und -versorgung gewährt. Eine detaillierte Liste der betreffenden kanadischen Stellen findet sich in den Anhängen 19-1 bis 19-3 des CETA.

3.5.3.Zentralamerika

Die EU und Zentralamerika haben ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet; Der Handelsteil wird seit dem 1. August 2013 auf Honduras, Nicaragua und Panama, seit dem 1. Oktober 2013 auf Costa Rica und El Salvador und seit dem 1. Dezember 2013 auf Guatemala vorläufig angewandt.

In den Versorgungssektoren sind die folgenden Marktzugangsverpflichtungen relevant:

·Der Geltungsbereich Costa Ricas erstreckt sich auf Stellen in den Bereichen Verkehr, Energie, Wasser und Strom.

·Der Geltungsbereich Guatemalas erstreckt sich auf Stellen in den Telekommunikations- und Hafensektoren.

·Der Geltungsbereich Nicaraguas erstreckt sich auf Stellen in den Post-, Energie-, Wasser- und Abwassersektoren.

·Der Geltungsbereich Panamas erstreckt sich auf Stellen in den Bereichen Strom, Verkehr, Wasser und Abwasser.

·Der Geltungsbereich Honduras' erstreckt sich auf eine Hafenbehörde.

3.5.4.Irak

Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Irak wird seit dem 1. August 2012 vorläufig angewandt. In den Versorgungssektoren spiegelt Irak die Verpflichtungen der EU in den Bereichen Wasser, Strom, Verkehr und Energie wider.

3.5.5.Japan 

Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der EU und Japan trat am 1. Februar 2019 in Kraft. Im Hinblick auf den Beschaffungsmarkt hat die EU sowohl auf Ebene der Zentralregierung als auch auf regionaler und lokaler Ebene besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Japan erhalten. In den Versorgungssektoren wurden folgende Verbesserungen erzielt:

Eisenbahn: Eine der Prioritäten der EU in den Verhandlungen war die Sicherstellung eines besseren Zugangs zum japanischen Markt für Eisenbahnausrüstung und -infrastruktur. Japan ist dieser Forderung weitgehend nachgekommen und hat der EU ausdrücklich Zugang zum Beschaffungsmarkt für Waren und Dienstleistungen im Bereich der Betriebssicherheit des Personenverkehrs gewährt. Die sogenannte „Betriebssicherheitsklausel“ des GPA gilt zwar weiterhin, allerdings sind Bieter aus der EU seit dem 1. Februar 2020 davon ausgenommen; für sie gilt das bilaterale Abkommen.

Japan hat ferner im Rahmen eines Briefwechsels über den Schienenverkehr zugestimmt, die derzeitige Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten im Bereich des Schienenverkehrs im Freihandelsabkommen zu verankern. Diese Zusammenarbeit umfasst den „Railway Industrial Dialogue“ (Industrieller Eisenbahndialog) und die „Technical Expert Group on Railways“ (Technische Sachverständigengruppe über den Schienenverkehr).

Im Hinblick auf andere Bereiche der Versorgungswirtschaft hat Japan EU-Bietern Zugang zu Ausschreibungen für die Stromverteilung zugesagt (29 Stellen). Darüber hinaus gewährt Japan EU-Anbietern einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Beschaffungsmärkten von 48 Städten mit rund 300 000 Einwohnern. Auf diese Städte entfallen rund 15 % der japanischen Bevölkerung. Dies ist im Zusammenhang mit dem vorliegenden Bericht von Bedeutung, da die meisten Versorgungsunternehmen in Japan auf kommunaler Ebene betrieben werden.

3.5.6.Kasachstan

Das im Dezember 2015 unterzeichnete Abkommen über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kasachstan, das seit dem 1. Mai 2016 vorläufig angewandt wird und seit dem 1. März 2020 in Kraft ist, ist der erste Fall eines nichtpräferenziellen Handelsabkommens, das ein umfassendes Kapitel über das öffentliche Beschaffungswesen mit gegenseitigen Marktzugangsverpflichtungen umfasst. Diese Marktzugangsverpflichtungen gelten nicht für die Beschaffung im Versorgungssektor in dem unter die Richtlinie 2014/25/EU fallenden Bereich.

3.5.7.Südkorea

Die EU und Korea unterhalten als Vertragsparteien des GPA seit Langem Beziehungen im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge. Diese Beziehungen wurden erneut gestärkt, indem die meisten GPA-Regeln und Verpflichtungen der Vertragsparteien im Rahmen des GPA (einschließlich ihrer späteren Änderungen) in das Freihandelsabkommen aufgenommen wurden, das seit Juli 2011 vorläufig angewandt wird (und im Dezember 2015 förmlich ratifiziert wurde). Seit Januar 2016 gilt das überarbeitete GPA zwischen der EU und Korea.

In den Versorgungssektoren hat sich Korea verpflichtet, EU-Unternehmen den Zugang zu Aufträgen von Beschaffungsstellen im Energie-, Wasser-, Strom-, Nahverkehrs- und Schienenverkehrssektor, einschließlich Hochgeschwindigkeitsbahnen, (ab Inkrafttreten des überarbeiteten GPA) zu ermöglichen.

3.5.8.Singapur

Die EU und Singapur unterzeichneten ein Handelsabkommen am 19. Oktober 2018. Nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments am 13. Februar 2019 und dem Beschluss des Rates über den Abschluss dieses Abkommens am 8. November 2019 trat das Freihandelsabkommen am 21. November 2019 in Kraft. Als Teil des Handelsabkommens enthält das Kapitel über den Beschaffungsmarkt Vorschriften über die Beschaffung auf der Grundlage des GPA. Singapur und die EU sind Vertragsparteien des GPA. Im Handelsabkommen sind sowohl die EU als auch Singapur über ihre WTO-Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens hinausgegangen.

Was die Versorgungssektoren betrifft, so hat Singapur seinen Geltungsbereich im Vergleich zum GPA erweitert, da es den Zugang zu Aufträgen von Versorgungsunternehmen in bestimmten Sektoren wie Energie (die Energiemarktbehörde) geöffnet und den Geltungsbereich auf zusätzliche Beschaffungsstellen, z. B. öffentliche Stellen, die in den Bereichen Flughäfen und Nahverkehr tätig sind, ausgedehnt hat.

3.5.9.Vietnam

Die Europäische Union und Vietnam unterzeichneten am 30. Juni 2019 ein Handelsabkommen und ein Investitionsschutzabkommen. Das Handelsabkommen wurde am 30. März 2020 vom Rat gebilligt und trat am 1. August 2020 in Kraft.

Das Abkommen bietet Möglichkeiten zur Steigerung des Handels und zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum auf beiden Seiten durch die Öffnung der Dienstleistungs- und Beschaffungsmärkte. EU-Unternehmen verfügen so über einen besseren Zugang zu den vietnamesischen Beschaffungsmärkten als Unternehmen aus anderen Ländern. Das Kapitel des Handelsabkommens über die Beschaffungsmärkte enthält Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die auf den Grundsätzen des GPA (Nichtdiskriminierung, Transparenz und Fairness bei Vergabeverfahren) beruhen.

Was den Geltungsbereich des Marktzugangs in den Versorgungssektoren betrifft, so führt Vietnam im Anhang des Abkommens über „sonstige Stellen“ 42 Stellen auf, darunter Stellen, die im Schienenverkehrssektor (Vietnamesische Eisenbahn) und im Stromsektor (Vietnam Electricity) tätig sind. Die EU sieht gegenseitige Verpflichtungen gegenüber Vietnam vor und eröffnet den Zugang zu zwei der im GPA genannten Versorgungssektoren: Strom und Schienenverkehr.

3.5.10.Vereinigtes Königreich

Am 24. Dezember 2020 schlossen die Europäische Union und das Vereinigte Königreich ein Handels- und Kooperationsabkommen (Trade and Cooperation Agreement – TCA) 22 , das seit dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet wird.

Das Abkommen enthält einige der ehrgeizigsten Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe, die die Europäische Union jemals getroffen hat und die über die Verpflichtungen im Rahmen des GPA hinausgehen. Im Rahmen des Abkommens sind Vorschriften über den Einsatz elektronischer Mittel bei der Auftragsvergabe, die elektronische Veröffentlichung von Bekanntmachungen, ökologische, soziale und arbeitsrechtliche Aspekte sowie innerstaatliche Überprüfungsverfahren vorgesehen. Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben ihre jeweiligen Geltungsbereiche des Zugangs zum Beschaffungsmarkt über die Anforderungen des GPA hinaus ausgeweitet; folgende Sektoren wurden hinzugefügt: der Gas- und Wärmeverteilungssektor, private Versorgungsunternehmen mit besonderen und ausschließlichen Rechten sowie eine Reihe zusätzlicher Dienstleistungen in den Bereichen Gastgewerbe, Telekommunikation, Immobilien, Bildung und andere Wirtschaftszweige.

Das Abkommen sieht ferner die Nichtdiskriminierung von EU-Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich (und umgekehrt) bei allen Beschaffungen (d. h. auch bei Beschaffungen unterhalb der GPA/TCA-Schwellenwerte und bei nicht unter das Abkommen fallenden Beschaffungen) vor.

4.LAUFENDE BILATERALE VERHANDLUNGEN UND NOCH NICHT UNTERZEICHNETE ABKOMMEN

Die Verhandlungen über Handelsabkommen, die allesamt auf die Aufnahme von Kapiteln über die Vergabe öffentlicher Aufträge abzielen, werden derzeit mit Australien, Aserbaidschan, Chile, Indonesien, Kirgisistan, Neuseeland und Usbekistan geführt.

Die EU und der Mercosur erzielten am 28. Juni 2019 eine grundsätzliche Einigung (über den handelspolitischen Teil des Assoziierungsabkommens). Die EU und Mexiko erzielten am 21. April 2018 eine grundsätzliche Einigung, die durch die im April 2020 erzielte Vereinbarung über die Vergabe öffentlicher Aufträge auf subzentraler Ebene ergänzt wurde.

5.SCHLUSSFOLGERUNGEN 

Seit vielen Jahren fördert die Europäische Union die Öffnung der Beschaffungsmärkte durch die Beseitigung von Hindernissen.

In diesem Zusammenhang unterstützt die Europäische Union weiterhin den Beitritt neuer Mitglieder zum GPA, das nach wie vor das entscheidende Instrument für die Öffnung der internationalen Beschaffungsmärkte im Rahmen der WTO darstellt. Parallel dazu verhandelt und setzt die Europäische Union weiterhin ehrgeizige bilaterale und regionale Handelsabkommen um. Diese Bemühungen auf multilateraler und bilateraler Ebene werden es den Unternehmen der Union ermöglichen, auf der Grundlage von Transparenz, Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung von weiteren Möglichkeiten, auch in den Versorgungssektoren, zu profitieren.

(1)

In Artikel 85 Absatz 5 der Richtlinie 2014/25/EU ist Folgendes festgelegt: „Die Kommission unterbreitet dem Rat bis 31. Dezember 2015 und danach jedes Jahr einen Bericht über die Fortschritte bei den multilateralen beziehungsweise bilateralen Verhandlungen über den Zugang von Unternehmen der Union zu den Märkten von Drittländern in den unter diese Richtlinie fallenden Bereichen, über alle durch diese Verhandlungen erzielten Ergebnisse sowie über die tatsächliche Anwendung aller geschlossenen Übereinkünfte.“

(2)

 In Artikel 86 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU ist Folgendes festgelegt: „Die Kommission legt dem Rat bis zum 18. April 2019 und anschließend in regelmäßigen Abständen einen Bericht über den Zugang zu Dienstleistungsaufträgen in Drittländern vor; dieser Bericht umfasst auch den Stand der Verhandlungen mit den betreffenden Drittländern, insbesondere im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO).“

(3)

Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG.

(4)

 KOM(2009)592 endgültig: Bericht der Kommission - Der Stand der Verhandlungen über den Zugang von Unternehmen der Gemeinschaft zu Drittlandsmärkten in Bereichen, die unter die Richtlinie 2004/17/EG fallen, KOM(2009)592 endg. vom 28.10.2009. Der Bericht wurde gemäß den Artikeln 58 und 59 der Richtlinie 2004/17/EG erstellt.

(5)

 In Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU ist Folgendes festgelegt: „Auftragsvergabe im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet den Erwerb von Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen mittels eines Liefer-, Bauleistungs- oder Dienstleistungsauftrags durch einen oder mehrere Auftraggeber von Wirtschaftsteilnehmern, die von diesen Auftraggebern ausgewählt werden, sofern die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen für einen der in Artikel 8 bis 14 genannten Zwecke bestimmt sind.“

(6)

 Im Gegensatz zu den multilateralen WTO-Handelsabkommen, die für alle WTO-Mitglieder verbindlich sind, ist das plurilaterale GPA nur für diejenigen WTO-Mitglieder verbindlich, die es angenommen haben. Folglich begründet das GPA weder Verpflichtungen noch Rechte für WTO-Mitglieder, die es nicht angenommen haben.

(7)

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung der Freihandelsabkommen 1. Januar 2016 – 31. Dezember 2016, COM(2017) 654 final; Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung der Freihandelsabkommen 1. Januar 2017 – 31. Dezember 2017, COM(2018) 728 final; Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung der Freihandelsabkommen 1. Januar 2018 – 31. Dezember 2018, COM(2019) 455 final; Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung von EU-Handelsabkommen 1. Januar 2019 – 31. Dezember 2019, COM(2020) 705 final.

(8)

Gemäß Artikel XXIV Absatz 9 der früheren Fassung des GPA (GPA 1994, unterzeichnet am 15. April 1994 und in Kraft getreten am 1. Januar 1996) konnten die Vertragsparteien das Übereinkommen unter anderem unter Berücksichtigung der bei seiner Durchführung gewonnenen Erfahrungen ändern. Am 15. Dezember 2011 erzielten die Vertragsparteien des GPA 1994 auf Ministerebene eine politische Einigung über die Ergebnisse der jeweiligen Verhandlungen. Diese politische Einigung wurde am 30. März 2012 durch die Annahme eines Beschlusses zu den Ergebnissen der Verhandlungen durch den GPA-Ausschuss bestätigt. Mit diesem Beschluss, der ein Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (im Folgenden „das Protokoll“) umfasst, bestätigten die Vertragsparteien des GPA 1994 den Wortlaut des Protokolls und legten es zur Annahme durch sie auf. Das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen wurde durch den Rat im Namen der Europäischen Union genehmigt (2014/115/EU: Beschluss des Rates vom 2. Dezember 2013 über den Abschluss des Protokolls zur Änderung des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen).

(9)

 Beschaffungsstellen, die in den Versorgungssektoren tätig sind.

(10)

Report by the Director-General to the Eighth Ministerial Conference of the WTO (Bericht des Generaldirektors an die Achte WTO-Ministerkonferenz), WT/MIN(11)/5, 18. November 2011.

(11)

Dok. GPA/118 vom 27. Juni 2013.

(12)

Sonderziehungsrechte

(13)

Im ersten Jahr nach dem Beitritt wurden die Schwellenwerte für Waren und Dienstleistungen auf 600 000 SZR und im zweiten Jahr nach dem Beitritt auf 500 000 SZR festgesetzt. Seit Beginn des dritten Jahres nach dem Beitritt wurden die Schwellenwerte auf 400 000 SZR festgesetzt.

(14)

Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7) („Austrittsabkommen“).

(15)

In Anhang 3 („Sonstige Stellen“) ist in der Schlussofferte des Vereinigten Königreichs vorgesehen, dass sich der Geltungsbereich auf die Beschaffung durch Auftraggeber in den Versorgungssektoren erstreckt, und somit der Liste der Union folgt. Die unverbindlichen Listen der Stellen, auf die sich die Schlussofferte des Vereinigten Königreichs im Rahmen des GPA bezieht, sind weiterhin mit den Listen für das Vereinigte Königreich im Rahmen des Geltungsbereichs der Union identisch.

(16)

Artikel 128 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(17)

Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Kroatien am Europäischen Wirtschaftsraum und die drei dazugehörigen Übereinkünfte, ABl. L 170 vom 11.6.2014, S. 5.

(18)

Das GPA 2012 trat für die Schweiz am 1. Januar 2021 in Kraft. Am selben Tag ersetzte das GPA 2012 das GPA von 1994.

(19)

Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, ABl. L 114 vom 30.4.2002, S. 430.

(20)

Albanien, die Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien sind Bewerberländer für die EU-Mitgliedschaft. Bosnien und Herzegowina und das Kosovo* sind mögliche Bewerberländer für die EU-Mitgliedschaft. 
* Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der Resolution des VN-Sicherheitsrates 1244/1999 und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.

(21)

Bericht über die Umsetzung von EU-Handelsabkommen vom 12. November 2020 und Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu dem Bericht, abrufbar unter: https://trade.ec.europa.eu.

(22)

Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits, ABl. L 444 vom 31.12.2020, S. 14.

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