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Document 52020DC0963

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge

COM/2020/963 final

Brüssel, den 5.11.2020

COM(2020) 963 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge








{SEC(2020) 371 final} - {SWD(2020) 254 final} - {SWD(2020) 255 final}


Richtlinie 2008/48/EG – Bericht an die Mitgesetzgeber (im Einklang mit Artikel 27 Absatz 2 Verbraucherkreditrichtlinie)

1.Einführung

Die Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge (Verbraucherkreditrichtlinie, im Folgenden „Richtlinie“) 1 harmonisiert bestimmte Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge. Sie hat zwei Hauptziele:

a)den Verbraucherschutz zu verbessern und so das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und

b)die Entwicklung eines gut funktionierenden Binnenmarkts für Verbraucherkredite, die grenzüberschreitend angeboten werden, durch Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Anbieter von Verbraucherkrediten in den Mitgliedstaaten zu fördern.

Die Richtlinie zielt nicht darauf ab, Verbraucher zu ermutigen, mehr Kredite aufzunehmen, sondern sie mit allen erforderlichen Informationen zu versorgen, damit sie überlegen und Angebote vergleichen können, bevor sie einen Kredit aufnehmen, und um ihnen Rechte zu gewähren, sollten sie ihre Meinung ändern. Sie behandelt Verbraucherkredite zwischen 200 EUR und 75 000 EUR, wie z. B. Darlehen für den persönlichen Verbrauch, Überziehungen und Kreditkarten, sowie unbesicherte Kredite über 75 000 EUR zum Zwecke der Renovierung einer Wohnimmobilie. Die Richtlinie findet keine Anwendung auf bestimmte spezielle Arten von Verbraucherkrediten (z. B. bestimmte zinsfreie Kredite, bestimmte Leasingverträge).

Die Richtlinie trat im Juni 2008 in Kraft und musste von den Mitgliedstaaten bis zum 11. Juni 2010 umgesetzt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Richtlinie gegen Mitgliedstaaten anhängig. 2  

In den meisten Mitgliedstaaten führte die Richtlinie zu grundlegenden Reformen des Verbraucherkreditumfelds. Die Mitgliedstaaten mussten entweder einen komplett neuen Rechtsrahmen für den Kreditmarkt entwickeln und einrichten oder ihre bestehenden Gesetze ändern. Soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften feststellt, durften die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen. Allerdings wurde den Mitgliedstaaten eine ihrem Ermessen stehende Flexibilität eingeräumt, was die Inanspruchnahme bestimmter Möglichkeiten zum Erlass alternativer Regelungen im Fall von neun fakultativen Bestimmungen betrifft. 3 Zudem setzen einige Bestimmungen der Richtlinie eindeutige Ziele fest, schreiben jedoch nicht eindeutig die zu erreichende Ziele vor. Dadurch hatten die Mitgliedstaaten mehr Ermessensspielraum bei der Umsetzung der Richtlinie.

Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie sieht vor, dass die Kommission überwacht, welche Auswirkungen die von den Mitgliedstaaten verwendeten Möglichkeiten alternativer Regelungen auf den Binnenmarkt und die Verbraucher haben. 4 Zudem betonte die Kommission im „Aktionsplan Finanzdienstleistungen für Verbraucher“ 5 von 2017 die Bedeutung i) eines vertieften und sichereren Binnenmarkts für Verbraucherkredite 6 sowie ii) besserer Kreditwürdigkeitsprüfungen 7 . In der von der Kommission vorgelegten Stellungnahme der REFIT-Plattform wurde 2019 empfohlen, die Relevanz, Wirksamkeit und Effizienz der Anforderungen für die Standardinformationen, die in die Werbung aufzunehmen sind, zu bewerten.

Vor diesem Hintergrund beschloss die Kommission, die Richtlinie einer umfassenden Bewertung zu unterziehen, um ihre Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz, Relevanz und den EU-Mehrwert zu beurteilen. 8 Die Bewertung wurde im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung zusammen mit einer von Januar bis April 2019 laufenden öffentlichen Konsultation und anderen Konsultationsmaßnahmen mit Interessenträgern durchgeführt.

In diesem Bericht werden die wichtigsten Ergebnisse der Bewertung und die Erfahrungswerte aus der Anwendung der Richtlinie in den letzten zehn Jahren, einschließlich der nach Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie erforderlichen Prüfungen, dargelegt. 9 Er stützt sich auf die Ergebnisse einer umfassenden Bewertung durch die Kommissionsdienststellen 10 , die gleichzeitig mit diesem Bericht veröffentlicht wird.

2.Wichtige Ergebnisse der Bewertung

2.1Gesamtergebnis

Als Gesamtergebnis der Bewertung lässt sich festhalten, dass die Richtlinie bei der Sicherung hoher Verbraucherschutzstandards und der Förderung der Entwicklung eines Binnenmarkts für Kredite teilweise wirksam war und dass ihre Ziele im Kontext eines regulatorischen Umfeldes, das EU-weit eine deutliche Fragmentierung aufweist, nach wie vor relevant sind.

Wirksamkeit

Ein hohes Maß an Verbraucherschutz und die Entwicklung eines gut funktionierenden Binnenmarkts wurden teilweise erreicht. Die wirksamsten Bestimmungen der Richtlinie beziehen sich auf das Widerrufsrecht und das Recht auf vorzeitige Rückzahlung und die Bestimmungen zum effektiven Jahreszins. Andererseits waren Bestimmungen zur Bewertung der Kreditwürdigkeit und Kreditdatenbanken nur bedingt wirksam. Die Gründe, aus denen die Richtlinie nur bedingt wirksam war, liegen sowohl in der Richtlinie selbst (z. B. ungenauer Wortlaut bestimmter Artikel) und in externen Faktoren, wie die praktische Anwendung und Durchsetzung in den Mitgliedstaaten 11 und in Aspekten des Verbraucherkreditmarkts, die in der Richtlinie nicht abgedeckt werden.

Effizienz

Durch das Inkrafttreten der Richtlinie fiel eine Reihe von Anfangs- und laufenden Kosten an (etwa für Schulungen des Personals, ferner Einrichtungskosten für Privatunternehmen sowie Überwachungs-, Befolgungs- und Durchsetzungskosten für öffentliche Stellen). Die wichtigste Feststellung ist jedoch, dass der Hauptvorteil der Richtlinie, d. h. die Verringerung der Benachteiligung der Verbraucher, die Kosten überwiegt.

Kohärenz

Die Richtlinie ist im Allgemeinen kohärent und ergänzt andere Verbraucherschutzmaßnahmen und -vorschriften auf EU-Ebene. Während es keine erheblichen Widersprüche zu anderen einschlägiger Rechtsvorschriften auf EU-Ebene gibt, könnte die Rechtsklarheit für Verbraucher und Kreditgeber durch weitere Abstimmungen oder Synergien mit diesen Vorschriften verbessert werden. Ein solcher Fall ist die Bewertung der Kreditwürdigkeit und der Umstand, dass es erforderlich sein könnte, die Richtlinie stärker an die Hypothekarkredit-Richtlinie bzw. die Datenschutz-Grundverordnung anzugleichen,

Relevanz

Die beiden wichtigsten Ziele der Richtlinie, nämlich höhere Verbraucherschutzstandards und die Entwicklung eines grenzüberschreitenden Marktes, bleiben relevant. Damit die Relevanz der Richtlinie kurz- und mittelfristig erhalten bleibt, müsste sie die durch die Digitalisierung bedingten neuen Verbrauchergewohnheiten und Marktentwicklungen abdecken. Dazu müssen nicht die Ziele selbst geändert, aber möglicherweise einige der Bestimmungen der Richtlinie angepasst werden.

EU-Mehrwert

Der Mehrwert der Richtlinie liegt in der Schaffung eines hohen Niveaus an Verbraucherschutz in der gesamten EU und der Verringerung der Fragmentierung des europäischen Regelungsrahmens durch die Einführung bestimmter Harmonisierungsartikel (zum Beispiel standardisierte Informationsformate), wodurch der Verbraucherschutz erhöht und die Hindernisse für die Vergabe grenzüberschreitender Kredite abgebaut wurden.

2.2Wichtige Entwicklungen des Kreditmarkts, die sich auf die Richtlinie auswirken

Mehrere Trends, die sich auf dem Kreditmarkt in den letzten zehn Jahren abgezeichnet haben, wirkten sich auf die Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz, Relevanz und den Mehrwert der Richtlinie aus:

Digitalisierung

Durch die Digitalisierung haben sich der Entscheidungsfindungsprozess und die allgemeinen Verbrauchergewohnheiten grundlegend geändert. Dies hat auch Auswirkungen auf den Kreditsektor, der schrittweise digitalisiert wird, wobei immer mehr Verbraucherkreditverträge online ausgehandelt und/oder geschlossen werden. Voraussichtlich wird sich der Trend hin zu mehr Digitalisierung fortsetzen. 12

Mit der Digitalisierung kamen auch neue Marktteilnehmer hinzu, die verschiedene Formen von Kreditverträgen im Angebot hatten, z. B. Kredite über Plattformen oder Peer-to-Peer-Kredite. Dies löste eine Debatte darüber aus, ob neue Marktteilnehmer in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen oder fallen sollten und ob die aktuelle, in der Richtlinie festgelegte Definition des Begriffs „Kreditgeber“ ausreicht. Die Digitalisierung hat auch die Eignung der aktuellen Artikel über vorvertragliche Informationen für eine papierlose Umgebung, in der digitale Tools wie Mobiltelefone und Tablets zum Einsatz kommen, infrage gestellt.

Neue Produkte

Neue Produkte sind auf dem Verbraucherkreditmarkt aufgetaucht, entweder infolge von Innovationen oder durch Anpassungen aus dem Unternehmensfinanzierungssektor, z. B. kurzfristige hochpreisige Kredite, revolvierende Kredite oder Peer-to-Peer-Kredite.

Einige dieser neuen Produkte fallen gegenwärtig nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie. Gleichzeitig stellen einige von ihnen ein besonderes Risiko für Verbraucher dar, da die damit verbundenen Gebühren entweder von Anfang an sehr hoch sind oder im Laufe der Zeit schnell steigen, wodurch Verbraucher dem Risiko ausgesetzt sind, in eine Schuldenspirale zu geraten.

Präferenzen der Verbraucher

In den letzten zehn Jahren haben sich die Entscheidungsfindungsprozesse der Verbraucher in Bezug auf die Kreditaufnahme geändert, und zwar nicht nur infolge der Digitalisierung, sondern auch wegen des Wandels bei den Verbrauchsgewohnheiten. Wie die 2019 durchgeführte öffentliche Konsultation 13 ergab, legen die Verbraucher mehr Gewicht auf eine leichte und schnelle Inanspruchnahme des Kredits als auf den Standort oder die Identität des Kreditgebers.

2.3Bereiche, in denen sich die Richtlinie besonders positiv ausgewirkt hat

Ungeachtet der genannten Herausforderungen zeigt die Bewertung, dass die Richtlinie zu Verbesserungen beim Verbraucherschutz und bei der Binnenmarktintegration in einer Reihe von Bereichen geführt hat:

Widerrufsrecht und Recht auf vorzeitige Rückzahlung

Der Verbraucher kann den Kreditvertrag innerhalb von vierzehn Kalendertagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zudem berechtigt die Klausel der vorzeitigen Rückzahlung die Verbraucher dazu, die ausstehenden Schulden nach einem Kreditvertrag jederzeit vollständig oder teilweise zurückzuzahlen.

Verbraucher, Verbraucherorganisationen, Beamte der Mitgliedstaaten und Kreditgeber sind sich einig, dass das Widerrufsrecht und das Recht auf vorzeitige Rückzahlung wirksam sind und im Allgemeinen gut funktionieren. 14  Sie bieten ein hohes Niveau an Verbraucherschutz und werden auch durch die Kreditgeber in hohem Maß befolgt. 15  

Effektiver Jahreszins

Der effektive Jahreszins drückt die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher als jährlichen Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags aus. Obwohl die Bestimmung zum effektiven Jahreszins in den vorherigen Rechtsvorschriften zu Verbraucherkrediten bereits enthalten war, wurde durch die Richtlinie die Berechnung des effektiven Jahreszinses vollkommen harmonisiert, indem eine kohärente Berechnungsformel in allen Mitgliedstaaten eingeführt wurde. Die Richtlinie sieht ein gemeinsames und vergleichbares hocheffektives Instrument vor, das Mehrwert für die Verbraucher schafft. 16

Vorvertragliche Informationen: Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“

Die Richtlinie verpflichtet den Kreditgeber, dem Verbraucher noch bevor dieser durch einen Kreditvertrag oder ein Angebot gebunden ist, die Informationen zur Verfügung zu stellen, die er benötigt, um verschiedene Angebote zu vergleichen und eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er einen Kreditvertrag schließen will. Diese Informationen werden mithilfe des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ mitgeteilt, das wichtige Einzelheiten wie Art des Kredits, effektiver Jahreszins, Anzahl und Periodizität der Zahlungen und geschuldeter Gesamtbetrag enthält.

Im Allgemeinen bestätigen die Interessenträger, dass sich das Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ auf den Schutz der Verbraucher positiv ausgewirkt hat, da den Verbrauchern Informationen in einem leicht verständlichen und gut strukturiertem Format zur Verfügung gestellt wurden. 17 Zudem wird die Bestimmung zur vorvertraglichen Information durch Kreditgeber im Allgemeinen befolgt.

2.4Mängel der Richtlinie

Die Bewertung deutet auf eine Reihe von Herausforderungen hin, die sich während der Anwendung der Richtlinie ergeben haben. Sie sind auf Mängel der Richtlinie und Trends des Kreditumfelds zurückzuführen, und waren dem Erreichen der damit verfolgten Ziele teilweise abträglich:

Geltungsbereich

Es gibt zahlreiche, in deren Artikel 2 festgelegte Ausnahmen vom Geltungsbereich der Richtlinie, nämlich bestimmte, häufig in Anspruch genommene Kredite sowie auch Kredite, die unter bestimmten Umständen nachweislich schneller zur Benachteiligung der Verbraucher führen, z. B. zinslose Darlehen, Kleinkredite, Leasingverträge ohne Verpflichtung zum Erwerb oder Verträge mit Pfandhäusern.

Zudem deckt die Richtlinie nicht den gesamten Kreditgewährungsprozess ab, bei dem viele Aspekte EU-weit nur teilweise oder gar nicht harmonisiert sind (z. B. die Inhalte von Kreditdatenbanken). Dabei handelt es sich um ein beträchtliches Hindernis, das der Entwicklung eines echten Binnenmarkts für Verbraucherkredite entgegensteht.

Definitionen und unklare Begriffe

Die meisten Definitionen der Richtlinie sind in der gegenwärtigen Marktlage nach wie vor relevant. Es besteht jedoch zunehmend Unsicherheit hinsichtlich neuer Formen der Kreditvergabe, die online Verbreitung gefunden haben. In Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie werden diese neuen Formen der Kreditvergabe nicht ausdrücklich genannt; beispielsweise wird bei den Ausnahmen vom Geltungsbereich (Artikel 2 Absatz 2) nicht auf Peer-to-Peer-Kredite 18 Bezug genommen, die grundsätzlich durch die Richtlinie abgedeckt werden sollten. In der Definition des Begriffs „Kreditgeber“ wird jedoch die Formulierung „in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit“ verwendet, was unter Umständen nicht dem Konzept des Peer-to-Peer-Kredits entspricht.

Rechtsunsicherheit entsteht auch durch den unpräzisen Wortlaut einiger Bestimmungen der Richtlinie; dies gilt etwa für die Bestimmungen über in die Werbung aufzunehmende Standardinformationen und über vorvertragliche Informationen sowie für Bestimmungen zur Bewertung der Kreditwürdigkeit, in denen die Formulierungen wie „ausreichende Informationen“ und „rechtzeitig“ ohne nähere Angaben verwendet werden.

Informationspflichten und Kommunikationskanäle

Zwar gibt es keine Zweifel daran, dass das harmonisierte Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ in detaillierter Tabellenform in Anhang II der Richtlinie in einem Umfeld, in dem mit Papier gearbeitet wird, praktisch sein dürfte, jedoch sind Format und Länge des Formulars für die moderne mobile Digitaltechnik ungeeignet, die viele Verbraucher verwenden. Deshalb führt der Zweck des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“, nützliche vorvertragliche Informationen zu vermitteln, zur obligatorischen Offenlegung von Informationen, die für den Verbraucher in einer Online-Umgebung nur schwer zugänglich und verständlich sind, und so ihren ursprünglichen Zweck verfehlen.

Ein weiteres Problem, das im Bereich der Transparenz im Laufe des letzten Jahrzehnts zutage trat, betrifft die Fernseh- und Radiowerbung für Verbraucherkredite. Aufgrund der Bestimmungen in Artikel 4 der Richtlinie 19 werden wichtige Informationen entweder während eines sehr begrenzten Zeitraums gezeigt oder sehr schnell gesprochen, sodass die Verbraucher nicht ausreichend Zeit haben, diese zu verarbeiten und sich daran zu erinnern. Dies zeigt, dass es in der Praxis schwierig ist, den derzeitigen Artikel 4 der Richtlinie für alle Medienarten gleich wirksam zu gestalten.

Bewertung der Kreditwürdigkeit und Kreditdatenbanken

Artikel 8 der Richtlinie sieht eine „Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers“ vor der Gewährung eines Kredits an den Verbraucher vor. In diesem Artikel ist festgelegt, dass der Kreditgeber „die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen bewertet, die er gegebenenfalls beim Verbraucher einholt und erforderlichenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank“, ohne dass die zu prüfenden Informationen oder die Bedingungen, unter denen der Kreditgeber den Verbraucher als kreditwürdig ansehen darf, konkret definiert werden. Die zu prüfenden Informationen und der Entscheidungsfindungsprozess werden auf Ebene der Mitgliedstaaten festgelegt, wodurch die Mitgliedstaaten bei der weiteren Regulierung der Einzelheiten der Bewertung der Kreditwürdigkeit erheblichen Ermessensspielraum erhalten.

Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten 20 hat weitere Bestimmungen über die Bewertung der Kreditwürdigkeit und den Zugang zu Datenbanken festgelegt und genauer definiert, wie die Bewertung der Kreditwürdigkeit durchzuführen ist und andere Verpflichtungen für die Kreditgeber eingeführt. Die meisten Mitgliedstaaten, die dabei über die einfache Verpflichtung zur Prüfung der Zahlungsfähigkeit eines Darlehensnehmers hinausgegangen sind, schreiben vor, welche Dokumente von den Verbrauchern zum Nachweis ihrer Kreditwürdigkeit vorzulegen sind. 21

Die einzige Datenquelle, die die Richtlinie für die Bewertung der Kreditwürdigkeit festlegt, sind die Kreditdatenbanken der Mitgliedstaaten, in denen Informationen über bestehende Kredite und potenzielle Zahlungsausfälle gespeichert werden. In Artikel 9 der Richtlinie, der den Zugang zu Datenbanken betrifft, wird jedem Mitgliedstaat die Verpflichtung auferlegt, sicherzustellen, dass Kreditgeber aus anderen Mitgliedstaaten Zugang zu den in seinem Hoheitsgebiet verwendeten Datenbanken haben Die Richtlinie gibt jedoch nicht darüber Aufschluss, wie ein derartiger Zugang gewährt werden soll, was wiederum dazu führt, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche einschlägige Bestimmungen festgelegt werden. Zudem unterscheiden sich die Kreditdatenbanken und die darin enthaltenen Informationen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, sie sind entweder öffentlich oder nicht, enthalten positive Daten (d. h. Daten über jeden von einer Person in Anspruch genommenen Kredit) oder negative Daten (d. h. nur Daten über Zahlungsausfällen bei Krediten), oder beides.

Durch die Unterschiede bei den Inhalten der Datenbanken eines jeden Mitgliedstaats wird im Fall von grenzüberschreitenden Geschäften die Arbeit des Kreditgebers erschwert.

Neben den unterschiedlichen Vorgehensweisen, nach denen die Mitgliedstaaten die allgemeinen Anforderungen der Artikel 8 und 9 umgesetzt haben, wurden von einigen Mitgliedstaaten 22 den Kreditgebern eine Reihe anderer Verpflichtungen hinsichtlich der Bewertung der Kreditwürdigkeit auferlegt, so z. B. Vorschriften, die es den Kreditgebern verbieten, Kreditverträge zu kündigen oder Strafzahlungen oder Verzugskosten bei Zahlungsverzug zu erheben, wenn die Bewertung der Kreditwürdigkeit nicht richtig durchgeführt wurde.

Infolgedessen haben die derzeitigen Bestimmungen der Richtlinie zu einer Fragmentierung hinsichtlich der Bewertung der Kreditwürdigkeit und der Interoperabilität von Datenbanken geführt, was wiederum einem besser funktionierenden Binnenmarkt für Verbraucherkredite entgegensteht.

Durchsetzung der Richtlinie

Gemäß Artikel 23 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten Vorschriften über Sanktionen für Verstöße gegen die innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie festzulegen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen.

Dafür haben die Mitgliedstaaten im Allgemeinen zivil- und verwaltungsrechtliche Sanktionen für Verstöße gegen die innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie eingeführt; einige Mitgliedstaaten sehen jedoch neben zivil- und rechtlichen Sanktionen auch die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen vor. Infolgedessen gibt es hinsichtlich der Art und Höhe der Sanktionen, die von nationalen Behörden bei der Durchsetzung der Richtlinie eingesetzt werden, erhebliche Diskrepanzen. Während es in einer knappen Mehrheit der Mitgliedstaaten nur eine Durchsetzungsstelle für die Einhaltung der Richtlinie gibt, hat eine große Anzahl an Mitgliedstaaten mehrere Stellen mit der Gewährleistung der ordnungsgemäßen Umsetzung der einzelnen Aspekte der Richtlinie betraut; in einigen Mitgliedstaaten hängt die zuständige Behörde von der Art des Kreditanbieters ab, also davon, ob es sich beim Darlehensgeber um eine Bank handelt oder nicht.  23 Die Tatsache, dass es mehrere zuständige Behörden mit unterschiedlichen Sanktionsbefugnissen und zuständige Behörden, die von der Art der Anbieter abhängen, gibt, hat Auswirkungen auf die Gleichheit der Ausgangsbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Kategorien von Anbietern und auf die Kohärenz der Durchsetzung.

3.Inanspruchnahme der in der Richtlinie für die Mitgliedstaaten vorgesehenen Möglichkeiten, alternative Regelungen zu erlassen

Die oben ausgewiesenen Mängel der Richtlinie wurden durch die Folgen verschärft, die sich aus der von den Mitgliedstaaten bei bestimmten Elementen der Richtlinie in Anspruch genommenen Möglichkeit ergaben, alternative Regelungen zu erlassen. Zwar sah die Richtlinie die Entwicklung eines speziellen harmonisierten Rechtsrahmens zum Schutz der Verbraucher vor, den es in vielen Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Einführung nicht gab, jedoch wurde den nationalen Gesetzgebern Flexibilität bei neun fakultativen Bestimmungen gewährt, und somit den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, von bestimmten alternativen Regelungen Gebrauch zu machen.

Möglichkeit alternativer Regelungen nach Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie

Nach Artikel 2 Absatz 5 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten entscheiden, ob sie die Richtlinie teilweise auf Kreditverträge anwenden, die von Organisationen geschlossen werden, die zum gegenseitigen Nutzen ihrer Mitglieder eingerichtet wurden. 24 Einige Mitgliedstaaten haben diese Flexibilität genutzt. 25

Nach Artikel 2 Absatz 6 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten festlegen, dass in Situationen, in denen der Verbraucher seinen Verpflichtungen aus dem ursprünglichen Kreditvertrag nicht nachgekommen ist und der Kreditgeber und Verbraucher Vereinbarungen über Stundungs- oder Rückzahlungsmodalitäten treffen, lediglich bestimmte Artikel Anwendung finden. Von dieser Möglichkeit hat eine Mehrheit 26 der Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht.

Nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie können innerstaatliche Vorschriften vorsehen, dass bei der Werbung für Kreditverträge, die keine Angaben über den Zinssatz oder Zahlenangaben über dem Verbraucher entstehende Kosten des Kredits enthält, der effektive Jahreszins anzugeben ist. Nur eine begrenzte Anzahl an Mitgliedstaaten 27 hat von der in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie festgelegten Flexibilität Gebrauch gemacht.

Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c bzw. Artikel 10 Absatz 5 Buchstabe f der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den Informationen für Verbraucher in der Werbephase und der Vertragsphase für Kreditverträge in Form von Überziehungsmöglichkeiten, bei denen der Kredit nach Aufforderung oder binnen drei Monaten zurückzuzahlen ist, kein effektiver Jahreszins angegeben werden muss. Eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten hat von der nach Artikel 10 Absatz 5 Buchstabe f 28 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, während eine etwas niedrigere Anzahl an Mitgliedstaaten die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c 29 vorgesehene Option genutzt hat.

Von der in Artikel 6 Absatz 2 vorgesehenen Flexibilität, die es Mitgliedstaaten ermöglicht, den effektiven Jahreszins bei den vorvertraglichen Informationen im Falle bestimmter Kreditverträge nach Artikel 2 Absatz 3 (Überziehungsmöglichkeiten, bei denen der Kredit nach Aufforderung oder binnen drei Monaten zurückzuzahlen ist) nicht anzugeben, wurde von einer Reihe 30 von Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht.

Nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie können Mitgliedstaaten Vorschriften über die Gültigkeit des Abschlusses von Kreditverträgen, die mit dem Unionsrecht in Einklang stehen, festlegen. Alle Mitgliedstaaten haben sich dafür entschieden, zusätzliche Vorschriften über die Gültigkeit des Abschlusses von Kreditverträgen festzulegen.

Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie bezieht sich auf das Widerrufsrecht bei verbundenen Kreditverträgen. Diesem Artikel zufolge können die Mitgliedstaaten, sollte das bei Inkrafttreten der Richtlinie geltende innerstaatliche Recht bereits vorsehen, dass die Mittel den Verbrauchern nicht vor Ablauf einer speziellen Frist bereitgestellt werden dürfen, ausnahmsweise vorsehen, dass die in Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie genannte Frist von 14 Tagen für das Widerrufsrecht auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers auf diese spezielle Frist verkürzt werden kann. Nur selten haben Mitgliedstaaten 31 Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie in Anspruch genommen, da die Anwendung sehr spezifisch ist.

Artikel 16 der Richtlinie bezieht sich auf die vorzeitige Rückzahlung der Verbindlichkeiten des Verbrauchers aus einem Kreditvertrag und der Möglichkeit einer Entschädigung für den Kreditgeber. Gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Richtlinie können Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Kreditgeber eine Entschädigung für die vorzeitige Rückzahlung nur dann verlangen darf, wenn der Betrag der vorzeitigen Rückzahlung den im jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehenen Schwellenwert überschreitet (der Schwellenwert darf nicht höher sein als 10 000 EUR innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums (Artikel 16 Absatz 4 Buchstabe a)) und dass der Kreditgeber ausnahmsweise eine höhere Entschädigung verlangen kann, wenn er nachweist, dass der entstandene Verlust den Betrag der üblichen Entschädigung übersteigt (Artikel 16 Absatz 4 Buchstabe b). Eine hohe Anzahl an Mitgliedstaaten 32 hat tatsächlich einen Schwellenwert vorgesehen, bei dessen Überschreitung der Kreditgeber eine Entschädigung verlangen kann (Artikel 16 Absatz 4 Buchstabe a). Im Hinblick auf Artikel 16 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie hat eine Reihe von Mitgliedstaaten 33 sich dafür entschieden, Vorschriften für den Fall zu erlassen, dass der Kreditgeber nachweisen kann, dass sein Verlust infolge der vorzeitigen Rückzahlung die in Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie festgelegten Schwellenwerte übersteigt 34 .

Andere alternative Regelungen durch Mitgliedstaaten, insbesondere zum Geltungsbereich

Einige Mitgliedstaaten gingen in Bereichen, die die Richtlinie nicht abdeckt und auf die die Vorschrift zur vollständigen Harmonisierung der Richtlinie keine Anwendung findet, über diese hinaus. Die Beschränkung des Geltungsbereichs der Richtlinie hat Mitgliedstaaten dazu veranlasst, den Geltungsbereich ihrer jeweiligen Rechtsvorschriften auf weitere Arten von Kreditverträgen zu erweitern. Mit Ausnahme von zwei Mitgliedstaaten 35 haben alle Mitgliedstaaten Maßnahmen eingeführt, die über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehen. Einige erweitern den Anwendungsbereich der Richtlinie (oder bestimmter Bestimmungen der Richtlinie) auf Verbraucherkredite, die von der Richtlinie nicht oder nicht vollständig abgedeckt sind, deren Höhe entweder bei unter 200 EUR 36 oder über 75 000 EUR 37 liegt, bzw. auf Leasingverträge 38 , Überziehungsmöglichkeiten 39 , revolvierende Kredite 40 , Hypotheken 41 , zinslose Kredite 42 und Verträge mit Pfandhäusern 43 .

Zudem werden in einigen Bestimmungen der Richtlinie zwar klare Ziele festgesetzt, ohne dass jedoch ein Ergebnis vorgegeben wird, sodass sie etwas zweideutig bleiben (wie zum Beispiel der bereits erörterte Artikel zur Bewertung der Kreditwürdigkeit).

Auswirkungen alternativer Regelungen

Das Zusammenwirken der alternativen Regelungen in von der Richtlinie festgelegten Bereichen oder in Fällen, in denen dies aufgrund der fehlenden Spezifizierung in der Richtlinie erforderlich war, führte bei einer Reihe von Aspekten des Verbraucherkredits zu einem fragmentierten Rechtsrahmen. Dadurch ändert sich der Umfang des Verbraucherschutzes, und zudem wird die Integrität des Binnenmarktes für Verbraucherkredite beeinträchtigt, da die grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten der Kreditgeber begrenzt werden.

4.Schwellenwerte und Prozentsätze

Gemäß Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie ist die Kommission verpflichtet, die in den Rechtsvorschriften festgelegten Schwellenbeträge und die Prozentsätze, anhand derer der Betrag der Entschädigung bei einer vorzeitigen Rückzahlung berechnet wird, alle fünf Jahre zu überprüfen.

In der Richtlinie und ihren Anhängen festgelegte Schwellenwerte

Wie bereits erwähnt, sieht Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie vor, dass Kreditverträge unterhalb von 200 EUR oder oberhalb von 75 000 EUR 44 nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Es scheint Einvernehmen 45 darüber zu bestehen, dass diese Schwellenwerte die Wirksamkeit und Relevanz der Richtlinie beeinträchtigen. Hochriskante Kreditverträge, die häufig zu einer Benachteiligung des Verbrauchers führen, werden oft für Beträge unter 200 EUR abgeschlossen und fallen deshalb nicht unter die Richtlinie. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat eine hohe Anzahl an Mitgliedstaaten 46 entschieden, den Geltungsbereich bei der Umsetzung der Richtlinie auf Kreditverträge über Beträge unter 200 EUR auszuweiten.

Während der obere Schwellenwert von 75 000 EUR aus der Perspektive des Verbraucherschutzes oder Binnenmarkts in geringerem Ausmaß ein Risiko darstellen dürfte, hat eine Reihe von Mitgliedstaaten 47 den Geltungsbereich der Richtlinie (oder einiger Bestimmungen der Richtlinie) auch auf Kreditverträge über 75 000 EUR ausgeweitet.

Die Schwellenwerte wurden bei Erlass der Richtlinie festgelegt, also im Jahr 2008. Deshalb spiegeln sie die wirtschaftlichen Umstände dieser Zeit wider. Nach derzeitigen Preisniveaus betrügen die entsprechenden Werte für die Unter- und Obergrenze bei Anwendung eines üblichen BIP-Deflators etwa 235 EUR bzw. 87 380 EUR. 48

Angesichts dessen könnte bei der geplanten Überarbeitung der Richtlinie erwogen werden, ob eine Anpassung oder Abschaffung der Schwellenwerte gerechtfertigt wäre. 49  

Die Richtlinie enthält einen weiteren, in Anhang I Teil II festgelegten Schwellenwert (Zusätzliche Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses). Laut Anhang Teil II Buchstabe h wird in dem Fall, dass zwischen den Parteien des Kreditvertrages noch keine Kreditobergrenze vereinbart wurde, eine Obergrenze in Höhe von 1500 EUR für die Berechnung des effektiven Jahreszinses angenommen. Rechtsvorschriften des Anhangs I wurden geändert 50 , um die Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses zu modernisieren. Die Obergrenze wurde allerdings nicht geändert, und aus den während der Bewertung der Richtlinie im Jahr 2019 durchgeführten Untersuchungen ergaben sich keine sachdienlichen Nachweise dafür, dass eine Änderung erforderlich ist.

Prozentsätze für die Berechnung der im Falle der vorzeitigen Rückzahlung zahlbaren Entschädigung

Die Richtlinie legt in Artikel 16 ebenfalls Schwellenwerte fest; diese beziehen sich auf die Entschädigung, zu der Kreditgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung berechtigt sind. Der vorgesehene Schwellenwert darf 1 % des vorzeitig zurückgezahlten Betrags nicht überschreiten, und wird auf 0,5 % reduziert, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem Zeitpunkt des vereinbarten Ablaufs des Kreditvertrags ein Jahr nicht überschreitet. Weder der 2014 vorgelegte Bericht über die Richtlinie 51 noch die neue Studie haben Probleme hinsichtlich dieses Schwellenwerts aufgezeigt, weshalb wird er für die Bedürfnisse des Verbraucherkreditmarkts weiterhin als relevant angesehen wird.

5.Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Die wichtigste Feststellung der Bewertung der Richtlinie ist, dass ihre beiden Ziele, d. h. die Sicherstellung hoher Verbraucherschutzstandards und die Förderung der Entwicklung eines Binnenmarkts für Kredite, teilweise erreicht wurden und weiterhin relevant sind. Das Widerrufsrecht und das Recht auf vorzeitige Rückzahlung sowie die Einführung standardisierter Informationsformate haben dazu beigetragen, das Verbraucherschutzniveau EU-weit anzugleichen, und dadurch die Benachteiligung der Verbraucher reduziert, den Verbraucherschutz verbessert und gleiche Wettbewerbsbedingen für Anbieter in der gesamten EU geschaffen.

Andererseits bringen die rasch fortschreitende Digitalisierung und Produktinnovation sowie Veränderungen bei den Verbraucherpräferenzen im letzten Jahrzehnt Herausforderungen mit sich, die sich auf den Rechtsrahmen für Verbraucherkredite auf der Grundlage der Richtlinie auswirken. Während vor zehn Jahren strenge Vorschriften für die Formate zur Offenlegung von Informationen für mehr Transparenz in der vorvertraglichen Phase, die damals in Papierform abgewickelt wurde, sorgten, werden heutzutage in einem zunehmend digitalen Umfeld und in Situationen, in denen Verbraucher einen raschen und reibungslosen Kreditgewährungsprozess vorziehen, die Vorteile für den Verbraucher dadurch nicht unbedingt maximiert. Das zunehmend digitale Umfeld hat wiederum die Entwicklung neuer Produkte ausgelöst, von denen einige mit neuen Risiken einhergehen könnten, für die die Richtlinie keinen wirksamen Schutz bietet.

Diese Fakten deuten darauf hin, dass eine Überarbeitung bestimmter Bestimmungen der Richtlinie erforderlich sein könnte, was insbesondere für den Geltungsbereich und den Kreditgewährungsprozess (einschließlich der vorvertraglichen Informationen und der Bewertung der Kreditwürdigkeit) gilt. Eine solche Überarbeitung könnte eine geeignete Gelegenheit sein, Abhilfemaßnahmen für andere Mängel, wie eine Nachbesserung der Definitionen, in Erwägung zu ziehen.

Während bei den meisten in der Richtlinie festgelegten Schwellenwerten und Prozentsätzen kein Änderungsbedarf besteht, scheint schließlich unter den Interessenträgern ein breiter Konsens darüber zu herrschen, dass die zwischen 200 EUR und 75 000 EUR angesetzten Schwellenwerte mit Blick auf den Geltungsbereich der Richtlinie überprüft werden sollten.

Die Kommission wird diese Erwägungen in die Überarbeitung der Richtlinie, die bereits für das zweite Quartal 2021 angekündigt war, in das am 28. Mai 2020 verabschiedete überarbeitete Jahresarbeitsprogramm der Kommission 2020 aufnehmen. 52

(1)

Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).

(2)

Nach Ablauf der Umsetzungsfrist hat die Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen 20 Mitgliedstaaten eingeleitet. Allerdings haben die Mitgliedstaaten schließlich ihre Umsetzungsmaßnahmen ergriffen und mitgeteilt, und so konnten sämtliche Verfahren kurze Zeit später abgeschlossen werden.

(3)

In Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie vorgeschrieben und in Abschnitt 3 weiter erläutert.

(4)

Zudem sieht Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie vor, dass die Kommission die in der Richtlinie und ihren Anhängen festgelegten Schwellenbeträge und Prozentsätze regelmäßig überprüft. Weitere Informationen siehe Abschnitt 4.

(5)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Aktionsplan Finanzdienstleistungen für Verbraucher: bessere Produkte, mehr Auswahl (COM(2017) 139 final).

(6)

Aktion 7 – Ein vertiefter Binnenmarkt für Verbraucherkredite: Die Kommission wird Möglichkeiten ausloten, um den grenzüberschreitenden Zugang zu Krediten zu vereinfachen und zugleich ein hohes Maß an Verbraucherschutz zu gewährleisten. Dabei wird sie auch prüfen, wie der Überschuldung von Verbrauchern aufgrund von Kreditgeschäften effizienter begegnet werden kann.

(7)

Aktion 9 – Bessere Kreditwürdigkeitsprüfungen: Die Kommission wird darauf hinarbeiten, einheitliche Standards und Grundsätze für Kreditwürdigkeitsprüfungen bei Verbraucherkrediten einzuführen und einen Mindestdatensatz für den Informationsaustausch zwischen Kreditregistern bei grenzüberschreitenden Kreditwürdigkeitsprüfungen zu entwickeln.

(8)

Siehe: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/1844-Evaluation-of-the-Consumer-Credit-Directive.

(9)

Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie sieht vor, dass die Kommission überwacht, welche Auswirkungen die Möglichkeit alternativer Regelungen gemäß Artikel 2 Absätze 5 und 6, Artikel 4 Absatz 1, Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c, Artikel 6 Absatz 2, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 5 Buchstabe f, Artikel 14 Absatz 2 sowie Artikel 16 Absatz 4 der Richtlinie hat.

(10)

SWD(2020) 254.

(11)

Erörtert in Abschnitt 2.4.

(12)

Eine Studie ergab, dass zwischen dem zweiten Quartal 2016 und dem zweiten Quartal 2018 das Volumen von Fintech-Krediten um etwa das Dreifache gestiegen ist, während bei einer anderen Studie festgestellt wurde, dass der Fintech-Markt – bei einem Transaktionswert von 682 Mrd. EUR im Jahr 2018 – bis 2022 voraussichtlich um 13,3 % wachsen wird.

(13)

  https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/1844-Evaluation-of-the-Consumer-Credit-Directive

(14)

Insgesamt sind die Verbraucher über beide Rechte gut informiert; 72 % der Verbraucher kennen das Widerrufsrecht und 82 % das Recht auf vorzeitige Rückzahlung.

(15)

Relativ wenig Verbraucher hatten Probleme bei der Ausübung ihres Widerrufsrechts, geringfügig mehr hatten Probleme mit der vorzeitigen Rückzahlung.

(16)

90 % der Personen, die an der offenen öffentlichen Konsultation teilgenommen haben, erachteten den effektiven Jahreszins als ziemlich oder sehr wichtig für ihre Entscheidung.

(17)

Knapp zwei Drittel der Organisationen, die bei der offenen öffentlichen Konsultation geantwortet haben, sehen das Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ als wirksam an. Während die Mehrheit der teilnehmenden öffentlichen Stellen (74 %) und Verbraucherverbände (65 %) eindeutig angegeben hat, dass das Formular „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ beim Verbraucherschutz wirksam war, traf dies nur bei knapp über die Hälfte der Vertreter der Wirtschaft zu (56 %).

(18)

Bei Peer-to-Peer-Krediten wird eine elektronische Plattform genutzt, um Darlehensgeber/Investoren und Darlehensnehmer/Emittenten zur Vergabe von unbesicherten Krediten, einschließlich Verbraucherkrediten, zusammenzubringen.

(19)

Artikel 4 schreibt vor, dass Standardinformationen in klarer, prägnanter und auffallender Art und Weise genannt werden; zudem wird darin eine Reihe verpflichtender Informationen (Zinssatz, Gesamtkreditbetrag, effektiver Jahreszins usw.) aufgeführt.

(20)

BE, CZ, DK, ES, FI, HU, IT, LV, LT, NL, PL, RO, SI, SK, SE, UK.

(21)

BE, DK, ES, FI, LV, PL, SK, UK.

(22)

HU, IT, LT, NL, SI.

(23)

Zum Beispiel werden die sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen an die Bewertung der Kreditwürdigkeit im Allgemeinen von der Verbraucherbehörde (für alle Kreditgeber in BE, EE, EL, FR, IS, LV, PL; für alle Darlehensgeber, bei denen es sich nicht um Banken handelt, in DK, SE, SI, und Regionalbehörden in ES), der Finanzaufsichtsbehörde (für alle Kreditgeber in EE, FR, NL, PL, UK und für alle Darlehensgeber, bei denen es sich um Banken handelt, in DK, SE) oder der nationalen Zentralbank (für alle Kreditgeber in CY, CZ, ES, HU, IE, IT, LT, PT, RO, SK und für alle Darlehensgeber, bei denen es sich um Banken handelt, in ES, SI) durchgesetzt.

(24)

Alle diesbezüglichen Kriterien sind in Artikel 2 Absatz 5 der Richtlinie aufgelistet.

(25)

CY, IE, LT, LV, RO, UK.

(26)

BE, CY, CZ, DE, DK, EL, ES, HR, IT, LT, LU, LV, MT, PL, PT, RO, SI, SK.

(27)

CY, HU, SE, UK.

(28)

Folgende Mitgliedstaaten haben sich dafür entschieden, den effektiven Jahreszins in der Vertragsphase nicht anzugeben: CZ, DE, DK, ES, IE, LU, MT, NL, PL, SK, UK.

(29)

Folgende Mitgliedstaaten haben sich dafür entschieden, den effektiven Jahreszins in der Werbephase nicht anzugeben: BG, DK, ES, IE, LU, MT, PL, UK.

(30)

DE, DK, ES, HR, IE, LU, MT, PL, SK, UK.

(31)

FR, RO, SI.

(32)

AT, CY, EL, FI, FR, HR, HU, IE, IT, LT, LU, MT, PL, SI, SK, UK.

(33)

BG, CY, DK, ES, LT, LU, MT, NL, UK.

(34)

Siehe Tabelle 3 auf Seite 38 der Bewertungsstudie, die einen Überblick über die Umsetzung der Richtlinie gibt: https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/consumer-finance-and-payments/retail-financial-services/credit/consumer-credit_en  

(35)

CY, EL.

(36)

BE, BG, CZ, DK, EE, FI, HU, IT, LV, PT, SK.

(37)

DE, DK, CZ, EE, ES, FI, FR, HU, PT, RO.

(38)

AT, EE, HU, IT, FI, FR, PT, UK.

(39)

AT, BE, FI, PT, FR.

(40)

FI, NL, FR, IT.

(41)

BG, CZ, HR, HU, RO, SI, SK.

(42)

BE, UK.

(43)

BE.

(44)

Die Richtlinie gilt auch für unbesicherte Kreditverträge über 75 000 EUR zum Zwecke der Renovierung einer Wohnimmobilie.

(45)

Wie aus den im Jahr 2019 durchgeführten Konsultationen mit Interessenträgern hervorgeht, führten über 90 % der Verbraucherverbände ins Treffen, dass die derzeitigen Schwellenwerte nicht mehr angemessen seien; 80 % der Behörden der Mitgliedstaaten teilten diese Auffassung. 30 % der Kreditgeber erachteten den Geltungsbereich als unangemessen, vor allem die Untergrenze wurde als besonders problematisch bezeichnet.

(46)

BE, BG, CZ, DK, EE, FI, HU, IT, LV, PT, SK.

(47)

DE, DK, CZ, EE, ES, FI, FR, HU, PT, RO.

(48)

Zieht man den unter https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=teina110&plugin=1 verfügbaren BIP-Deflator heran, so entsprechen 200 EUR während der 2008 herrschenden Wirtschaftslage etwa 235 EUR unter den wirtschaftlichen Bedingungen des Jahres 2020. Analog dazu entsprechen 75 000 EUR im Jahr 2008 etwa 87 380 EUR.

(49)

https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12465-Consumer-Credit-Agreement-review-of-EU-rules

(50)

 Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses.

(51)

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge, Brüssel, 14.5.2014 (COM(2014) 259 final).

(52)

Abrufbar unter hier : https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/cwp-2020-adjusted-annexes_en.pdf

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