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Document 52020DC0775

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Bewertung der Zusammenarbeit des Betreibers des .eu-Registers mit dem EUIPO und anderen Agenturen der Union bei der Bekämpfung missbräuchlicher und spekulativer Domänennamenregistrierungen gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) 2019/517

COM/2020/775 final

Brüssel, den 2.12.2020

COM(2020) 775 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Bewertung der Zusammenarbeit des Betreibers des .eu-Registers mit dem EUIPO und anderen Agenturen der Union bei der Bekämpfung missbräuchlicher und spekulativer Domänennamenregistrierungen gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) 2019/517


Inhaltsverzeichnis

1.    Einleitung    

2.    Ziele und Methodik    

2.1 Ziele    

2.2 Methodik    

3.    Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO bei der Bekämpfung missbräuchlicher und spekulativer Domänennamenregistrierungen    

3.1 Frühe Zusammenarbeit    

3.2 Gegenwärtige Zusammenarbeit    

3.3 Für 2020–2022 geplante Tätigkeiten    

3.4 Bewertung der Zusammenarbeit EURid–EUIPO und Empfehlungen für Verbesserungen    

4.    Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Union und mit nationalen oder internationalen Organisationen    

4.1 Zusammenarbeit mit Europol    

4.2 Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen    

5.    Kleine und mittlere Unternehmen    

5.1 Registrierungsverfahren    

5.2 Alternative Streitbeilegung    

6.    Schlussfolgerungen    



1.Einleitung

Die Kommission ist für die Domäne oberster Stufe .eu zuständig, die derzeit von 3,6 Mio. Endnutzern in der EU verwendet wird 1 . Die .eu-Domäne wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 733/2002 und die Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission eingerichtet. Beide Rechtsakte wurden kürzlich durch die Verordnung (EU) 2019/517 2 (im Folgenden die „.eu-Verordnung“) aufgehoben, die am 18. April 2019 in Kraft trat und ab dem 13. Oktober 2022 gelten wird.

Die Domäne .eu wird vom .eu-Register verwaltet. Das ist derzeit EURid, eine private, unabhängige Organisation ohne Erwerbszweck, die auf der Grundlage eines mit der Kommission geschlossenen Dienstleistungskonzessionsvertrags arbeitet, der bis zum 12. Oktober 2022 läuft. Gemäß Artikel 19 Absatz 2 der .eu-Verordnung wird die Kommission eine neue Einrichtung, die ab dem 13. Oktober 2022 als .eu-Register fungieren wird, auswählen und mit ihr einen Vertrag schließen.

Nach Maßgabe der .eu-Verordnung muss das Register Strategien festlegen und Maßnahmen treffen, um spekulative und missbräuchliche Registrierungen von Domänennamen zu verhindern 3 . Unter „spekulativer und missbräuchlicher Registrierung“ wird die Registrierung eines Domänennamens verstanden, der mit einem anderen Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, an dem Rechte bestehen, die nach nationalem oder Unionsrecht anerkannt oder festgelegt sind, und der a) von einem Domäneninhaber registriert worden ist, der selbst keine Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domänennamen hat, oder b) in böswilliger Absicht registriert worden ist oder benutzt wird 4 .

Zu den auf EU-Ebene geschützten Rechten gehören unter anderem registrierte nationale und Gemeinschaftsmarken, geografische Angaben oder Ursprungsbezeichnungen sowie auch die folgenden nach nationalem Recht geschützten Rechte des geistigen Eigentums:

·nicht eingetragene Marken,

·Handelsnamen,

·Geschäftsbezeichnungen,

·Unternehmensnamen,

·Familiennamen,

·charakteristische Titel geschützter literarischer oder künstlerischer Werke. 5

Spekulative und missbräuchliche Registrierungen von .eu-Domänennamen müssen mittels des alternativen Streitbeilegungsverfahrens für die .eu-Domäne oder eines von den Rechteinhabern angestrengten Gerichtsverfahrens widerrufen werden.

Nach der .eu-Verordnung ist die Kommission verpflichtet, die Zusammenarbeit zwischen dem .eu-Register, dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und anderen Agenturen und Einrichtungen der Union voranzubringen, um gegen spekulative und missbräuchliche Registrierungen von Domänennamen, einschließlich Domänenbesetzungen, vorzugehen, und – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – einfache Verwaltungsverfahren bereitzustellen 6 .

Außerdem ist die Kommission nach der .eu-Verordnung verpflichtet, diese Zusammenarbeit bis zum 30. Juni 2020 zu bewerten und dabei festzustellen, ob und wie das Register einfachere Verwaltungsverfahren für KMU einführen sollte 7 . Anschließend soll die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Ergebnisse dieser Bewertung Bericht erstatten 8 . Die Kommission hat den vorliegenden Bericht erstellt, um dieser rechtlichen Verpflichtung nachzukommen.

2.Ziele und Methodik

2.1 Ziele

Das Domänennamensystem (DNS) unterstützt ein barrierefreies, funktionierendes und vertrauenswürdiges Internet, ist aber nicht vor Missbrauch gefeit. Die .eu-Domäne bildet da keine Ausnahme. Deshalb sehen die .eu-Vorschriften vor, dass Strategien und Maßnahmen umgesetzt werden, um missbräuchliche und spekulative Domänennamenregistrierungen zu verhindern.

In diesem Bericht

·wird die Zusammenarbeit zwischen dem .eu-Register (EURid) und dem EUIPO und anderen Einrichtungen der Union oder internationalen Organisationen beim Umgang mit spekulativen und missbräuchlichen Registrierungen bewertet;

·wird bewertet, ob und wie diese Zusammenarbeit verbessert werden könnte, um ein sicheres, transparentes und vertrauenswürdiges Online-Umfeld für die Domäne .eu zu erhalten;

·wird die derzeitige Praxis der Branche in diesem Bereich berücksichtigt;

·werden mögliche Aspekte des .eu-Registrierungsverfahrens oder anderer Verwaltungsverfahren für Domänennamen (z. B. alternative Streitbeilegung) ermittelt, die zweckmäßigerweise vereinfacht werden könnten, um zugunsten von KMU die Registrierung von Domänennamen zu erleichtern und den Schutz der Rechteinhaber zu verbessern.

2.2 Methodik

Dieser Bericht beruht sowohl auf der eigenen Bewertung der Kommission als auch auf den Ergebnissen einer externen Untersuchung‚ die zwischen Dezember 2019 und April 2020 zur Bewertung der Praxis bei der Bekämpfung spekulativer und missbräuchlicher Registrierungen von Domänennamen durchgeführt wurde 9 .

Die Verfasser der Studie unterzogen die einschlägigen Branchenberichte einer umfassenden Prüfung. Ferner sammelten und analysierten sie Daten und Informationen von zahlreichen Akteuren, die an der Bekämpfung spekulativer und missbräuchlicher Registrierungen beteiligt sind. Sie führten insbesondere eine Marktanalyse und einen Vergleich zwischen den Vorgehensweisen des .eu-Registers und anderer Domänennamenregister durch, wobei sie sowohl qualitative als auch quantitative Methoden anwandten. Dazu gehörte auch die Prüfung von Verwaltungsverfahren, die es KMU ermöglichen würden, wirksam gegen spekulative und missbräuchliche Registrierungen in der .eu-Domäne vorzugehen.

Außerdem werden im vorliegenden Bericht die formellen Berichte des .eu-Registers an die Kommission 10 und die von der Kommission im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten beim regelmäßigen Austausch mit dem Register gesammelten Informationen berücksichtigt.

3.Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO bei der Bekämpfung missbräuchlicher und spekulativer Domänennamenregistrierungen

3.1 Frühe Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO wurde erstmals am 23. Juni 2016 in einer Erklärung über die Zusammenarbeit formalisiert 11 . Ziel war es, betrügerische Aktivitäten zu bekämpfen, wenn nachweislich Dritte systematisch die EUIPO-Datenbank nach neuen Anmeldungen von Unionsmarken (EUTM) durchsuchten und dann spekulative oder missbräuchliche Registrierungen von .eu-Domänennamen für diese Begriffe vornahmen, eine Praxis, die als „Domänenbesetzung“ (Cybersquatting) bezeichnet wird. Die beiden Seiten kamen überein, das System zu ändern, um so das Problembewusstsein der Inhaber von Unionsmarken zu schärfen und Domänenbesetzungen zu verringern.

In den frühen Phasen der Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO lag der Schwerpunkt auf dem Informationsaustausch und der Zusammenarbeit in Bereichen von beiderseitigem Interesse. So leitete EURid verdächtige Rechnungen an das EUIPO weiter, und beide Organisationen fügten auf ihren Websites Links zu den jeweiligen Portalen und Werkzeugen der anderen Seite hinzu, darunter einen Link zur Markensuche auf der EURid-Website, einen Link zur EUIPO-Website auf der WHOIS-Abfrageseite und einen Link zur Suche nach verfügbaren .eu-Domänennamen bei der elektronischen Anmeldung von Unionsmarken (EUTM e-Filing Tool).

3.2 Gegenwärtige Zusammenarbeit

Am 20. Mai 2019 erweiterten EURid und EUIPO ihre Zusammenarbeit mit der Unterzeichnung einer ersten Kooperationsvereinbarung 12 . Den Inhabern von Unionsmarken wurden zwei neue Funktionen zur Verfügung gestellt:

·eine Verfügbarkeitsprüfung für den betreffenden Domänennamen bei der Anmeldung einer Unionsmarke;

·eine Benachrichtigung (Warnung)‚ wenn ein Domänenname, der einer Unionsmarke entspricht, registriert wird.

Verfügbarkeitsprüfung

Durch diese zur elektronischen Anmeldung von Unionsmarken (EUTM e-Filing Tool) hinzugefügte Funktion werden die Nutzer unmittelbar nach Abschluss ihrer Markenanmeldung darüber informiert, ob ihre Marke auch als .eu-Domänenname verfügbar ist. Auf diese Weise können sie den Domänennamen sofort registrieren lassen, bevor ihre Unionsmarkenanmeldung überhaupt veröffentlicht wird.

Benachrichtigung

Überdies haben die Inhaber von Unionsmarken die Möglichkeit, sich warnen zu lassen, wenn ein mit ihrer eingetragenen Marke identischer .eu-Domänenname registriert wird – allerdings nur, wenn sie dem ausdrücklich zustimmen. Das System beruht auf der täglichen Übermittlung einer aktuellen Liste der Unionsmarkenanmeldungen durch das EUIPO an EURid über den EUIPO-Download-Dienst 13 . Jede neue Registrierung eines .eu-Domänennamens wird von EURid mit dieser Liste abgeglichen. Im Falle einer Übereinstimmung wird das EUIPO benachrichtigt und die betreffenden Nutzer erhalten über ihren EUIPO-Nutzerbereich eine Warnung.

3.3 Für 2020–2022 geplante Tätigkeiten

Im Rahmen ihres gemeinsamen Arbeitsprogramms für 2020–2022 14 werden EUIPO und EURid die Möglichkeit prüfen‚ bei der Registrierung eines .eu-Domänennamens einen gegenseitigen Prozessablauf einzuführen, damit die Inhaber von Domänennamen unmittelbar sehen können, ob eine Unionsmarke mit ähnlichem Namen beim EUIPO verfügbar ist.

Darüber hinaus werden beide Organisationen an einer gemeinsamen Untersuchung des Anmeldeverhaltens mitarbeiten, in der festgestellt werden soll, ob Marken oder Domänennamen zuerst angemeldet/registriert werden. Diese Untersuchung wird ihnen helfen, besser mit betrügerischen Domänennamen und böswilligen Registrierungen umzugehen.

Ferner wird eine Durchführbarkeitsstudie für ein Werkzeug in Angriff genommen, das die Nutzer über die Verfügbarkeit der von ihnen gesuchten Begriffe sowohl als Marke als auch als Domänenname informiert. EUIPO und EURid werden zudem die Möglichkeit prüfen, die derzeit auf einer „identischen Suche“ 15 beruhende Verfügbarkeitsprüfung auf eine „ähnliche Suche“ auszuweiten, um nach Abschluss der Online-Anmeldung einer Unionsmarke mögliche Übereinstimmungen in der EURid-Datenbank zu finden.

Das Arbeitsprogramm enthält auch einen Verweis auf das KMU-Programm des EUIPO, das u. a. folgende Initiativen umfasst:

·einen Chatbot mit Informationen zu geschäftlichen Belangen, die für KMU nützlich sind, z. B. zu Fragen des geistigen Eigentums;

·Einführungen für KMU, die eine Unionsmarke anmelden möchten, um ihnen Hilfe und Anleitung bieten und auf die Bedeutung von Domänennamen hinzuweisen;

·Webinare für KMU und für Organisationen, die als Multiplikatoren wirken.

3.4 Bewertung der Zusammenarbeit EURid–EUIPO und Empfehlungen für Verbesserungen

EURid und EUIPO haben eine fruchtbare Zusammenarbeit bei der Bekämpfung spekulativer und missbräuchlicher Domänennamenregistrierungen, einschließlich Domänenbesetzungen, erreicht. Die von beiden Einrichtungen geplanten künftigen Maßnahmen dürften dazu beitragen, spekulative und missbräuchliche Registrierungen weiter zu verringern und die Unterstützung für KMU zu verbessern.

In der nächsten Phase ihrer Zusammenarbeit sollten beide Einrichtungen bestrebt sein, das Verfahren für die Registrierung von .eu-Domänennamen und die Anmeldung von Unionsmarken zu vereinfachen und die Verbindung zwischen Domänennamen und Marken stärker ins Bewusstsein zu rücken. Alle Instrumente oder Maßnahmen, die sie dazu vorschlagen, sollten für KMU einfach, benutzerfreundlich, barrierefrei zugänglich und wirksam sein.

So könnten sie folgende Verbesserungen vornehmen:

·Verstärkung der Tätigkeiten zur Sensibilisierung und zum Wissensaufbau, damit Rechteinhaber und .eu-Domänennameninhaber die bestehenden Maßnahmen und Instrumente besser kennenlernen und benutzen, beispielsweise Schulungen und Webinare, die sich insbesondere an KMU richten. Dabei kommt es darauf an, Rückmeldungen von KMU einzuholen, ihre Bedürfnisse zu verstehen und die Sensibilisierungsmaßnahmen zu verbessern.

·Bereitstellung von mehr Informationen für die Nutzer bei der Anmeldung einer Unionsmarke. So könnte das EUIPO den Anmeldern zusammen mit der endgültigen Eingangsbestätigung und den amtlichen Anmeldungsdokumenten weitere Unterlagen zur Verfügung stellen, die mehr Informationen über .eu-Domänennamen und über die Möglichkeiten zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums enthalten.

·Verbesserung der bestehenden Instrumente:

oDie vollständige Einführung der Funktionen „Verfügbarkeitsprüfung“ und „Benachrichtigung“ setzt weitere technische Verbesserungen voraus. Diese Funktionen bieten Rechteinhabern, einschließlich KMU, eine einfache und wirksame Möglichkeit, Domänennamen, die ihren Marken entsprechen, selbst zu reservieren oder bei missbräuchlichen/spekulativen Registrierungen dagegen tätig zu werden.

oGenerelle Nutzung des Benachrichtigungssystems. Die von EURid und EUIPO vorgelegten Statistiken zeigen eine große Abweichung zwischen der Zahl der Übereinstimmungen angemeldeter Unionsmarken mit registrierten .eu-Domänennamen und der Zahl der an Unionsmarkeninhaber verschickten Benachrichtigungen. Es ist daher notwendig diese Funktion besser bekanntzumachen und für ihre vermehrte Nutzung zu sorgen.

oPrüfung der Möglichkeiten, die bestehenden Instrumente für Verfügbarkeitsprüfungen und Benachrichtigungen auf geografische Angaben auszuweiten.

·Entwicklung neuer Instrumente zur Erleichterung der gleichzeitigen Anmeldung/Registrierung von Unionsmarken und .eu-Domänennamen:

oEntwicklung einer gemeinsamen Suchfunktion, mit der die Nutzer überprüfen können, ob Begriffe sowohl als Unionsmarke als auch als .eu-Domänenname verfügbar sind.

oPrüfung der Möglichkeit, dass das EUIPO selbst zu einer zugelassenen .eu-Registrierstelle wird und dass die Registrierung von .eu-Domänennamen in die Anwendungen zur Anmeldung von Unionsmarken integriert wird. Dadurch erhielten Rechteinhaber die Möglichkeit einer zentralen Anmeldung/Registrierung an einer Stelle.

Die Kommission wird diese Empfehlungen gemeinsam mit EURid und EUIPO weiter prüfen und genau verfolgen, wie sich ihre Zusammenarbeit entwickelt und wie wirksam die Maßnahmen zur Bekämpfung spekulativer und missbräuchlicher Registrierungen sind. Dabei wird sie besonders auf die Maßnahmen zugunsten der KMU achten.

4.Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Union und mit nationalen oder internationalen Organisationen

4.1 Zusammenarbeit mit Europol

Zwischen EURid und Europol besteht eine Vereinbarung 16 , die im Jahr 2016 unterzeichnet wurde. Im Rahmen dieser Vereinbarung erfolgt ein Informationsaustausch über verdächtige .eu-Domänennamen, der auch Domänennamen umfasst, die im Rahmen des EURid-Missbrauchsverhinderungs- und Frühwarnsystems (APEWS) 17 ermittelt wurden.

Die Zusammenarbeit zwischen EURid und Europol könnte weiter intensiviert werden, beginnend mit einer Formalisierung dieser Absprachen. Dazu gehören:

·die Formalisierung des Anwendungsbereichs und der Pflichten jeder Partei;

·die Festlegung von Kontaktstellen und Kommunikationskanälen auf beiden Seiten;

·die Beschreibung der Maßnahmen, die jede Partei ergreifen muss, wenn ein verdächtiger Domänenname erkannt wird;

·die Festlegung von Weiterverfolgungs- und Berichterstattungsverfahren.

Beide Organisationen könnten auch gemeinsame Tätigkeiten zur Sensibilisierung und zum Wissensaufbau durchführen, um die breite Öffentlichkeit zu informieren und um Cybersicherheitsexperten und Strafverfolgungsbeamte in Bezug auf Bedrohungen durch Cyberkriminalität im Zusammenhang mit spekulativen und missbräuchlichen Domänennamenregistrierungen und die verfügbaren Gegenmaßnahmen zu schulen. Insbesondere könnten sie Fallstudien zu Fragen des geistigen Eigentums für die Weiterbildung der Rechteinhaber und ihrer Vertreter, mit dem Schwerpunkt auf KMU, ausarbeiten.

4.2 Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen

Das EURid arbeitet mit internationalen und europäischen Behörden und Organisationen zusammen, um illegale Online-Aktivitäten zu verhindern. Dazu gehören unter anderem:

·die belgischen Zollbehörden (gegen nachgeahmte Websites),

·die belgischen Staatsanwaltschaften und Strafverfolgungsbehörden (gegen Cyberkriminalität),

·die Alliance for Safe Online Pharmacy (ASOP),

·die International Anti-Counterfeiting Coalition (IACC) 18 ,

·die eCommerce Foundation (gegen gefälschte Online-Shops),

·die Anti-Phishing-Arbeitsgruppe,

·das belgische IT-Notfall-Team (CERT).

Eingetragene nationale Marken genießen nach dem Rechtsrahmen für die .eu-Domäne den gleichen Schutz wie Unionsmarken. Es besteht jedoch keine strukturierte Zusammenarbeit zwischen dem .eu-Register und den Markenämtern der Mitgliedstaaten. Eine solche Zusammenarbeit könnte – möglicherweise über das vom EUIPO eingerichtete Netzwerk der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPN) 19 – aufgebaut werden. Die Zusammenarbeit zwischen EURid mit EUIPO könnte zudem auf die Markenämter der Mitgliedstaaten ausgeweitet werden, indem auch deren Nutzern die Verfügbarkeitsprüfungs- und/oder Benachrichtigungsfunktion angeboten wird.

Gegenwärtig können Inhaber anderer Rechte des geistigen Eigentums als Marken (z. B. geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen, Handelsnamen, Geschäftsbezeichnungen und Unternehmensnamen) im Falle einer missbräuchlichen .eu-Registrierung nur im Nachhinein dagegen vorgehen. Um diese Situation zu verbessern, könnte das .eu-Register eine weitergehende Zusammenarbeit mit den einschlägigen Einrichtungen und Agenturen anstreben, die auch Überprüfungen in deren Datenbanken zu Rechten des geistigen Eigentums 20 einschließen könnte. Sollte das Register dabei auf Namen stoßen, die mit .eu-Domänennamen identisch oder diesen ähnlich sind, könnte es entweder die Rechteinhaber benachrichtigen (damit sie tätig werden können) oder selbst direkt (von Amts wegen) eingreifen. In der Praxis würde dies bedeuten, dass die Benachrichtigungsfunktion auch auf solche Rechte des geistigen Eigentums ausgeweitet würde. In Bezug auf Handelsnamen, Geschäftsbezeichnungen und Unternehmensnamen könnte eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden, um den Nutzen einer derartigen Zusammenarbeit auch mit dem EU-Netz der Unternehmensregister zu bewerten.

Eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen, die für andere Rechte des geistigen Eigentums über die Unionsmarke hinaus zuständig sind, könnte insbesondere für KMU von Vorteil sein.

5.Kleine und mittlere Unternehmen

Alle in diesem Bericht analysierten Aspekte bieten einen besonderen Blickwinkel, in dessen Mittelpunkt kleine und mittlere Unternehmen stehen.

Darüber hinaus geht es in diesem Abschnitt um besondere Aspekte des .eu-Registrierungsverfahrens für KMU und die ihnen zur Verfügung stehenden Abhilfen (insbesondere alternative Streitbeilegungsverfahren), mit denen sie sich gegen missbräuchliche/spekulative Registrierungen von Domänennamen wehren können.

5.1 Registrierungsverfahren

Im Großen und Ganzen ist das .eu-Registrierungsverfahren recht einfach und geradlinig. Angesichts der Bedeutung präventiver Maßnahmen zur Bekämpfung spekulativer und missbräuchlicher Registrierungen könnte es jedoch für KMU noch verbessert werden, und zwar insbesondere durch:

·die Einführung von Diensten, die es Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums ermöglichen, Registrierungen von Domänennamen, die gegen Rechte des geistigen Eigentums verstoßen, präventiv zu sperren‚ wie es bereits andere Akteure der Branche tun 21 . Solche Dienste helfen Rechteinhabern, ihre früheren Rechte zu sichern und ihre Marken vor der Einrichtung von Tippfehlerdomänen (Typosquatting) zu schützen 22 ;

·Ausweitung des Einsatzes prädiktiver Algorithmen zur Verhinderung spekulativer und missbräuchlicher Registrierungen zusätzlich zur derzeitigen Verhinderung böswilliger Registrierungen 23 ;

·Hinweisung der Rechteinhaber auf vorhandene Werkzeuge für die Ähnlichkeitssuche‚ wie bei der .be-WHOIS-Abfrage, damit sie nach ähnlichen Domänennamen suchen können, die möglicherweise ihre Rechte verletzen könnten;

·Bereitstellung leicht zugänglicher Informationen darüber, wie die Nutzer verschiedene Arten von Missbrauch melden können 24 .

5.2 Alternative Streitbeilegung

Da das Internet eine weltweite Reichweite hat und eine Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten in Gerichtsverfahren teuer und langwierig ist, werden außergerichtliche (alternative) Streitbeilegungsverfahren zur Lösung solcher Konflikte international als wirksame Abhilfemaßnahmen gegen spekulative und missbräuchliche Registrierungen anerkannt.

Die alternative Beilegung von Streitigkeiten in Bezug auf die .eu-Domäne 25 unterliegt besonderen Vorschriften 26 und wird seit 2006 von einem unabhängigen Anbieter, nämlich dem Tschechischen Schiedsgericht (CAC), angeboten. Die Dienstleistung wird seit 2017 aber auch von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) erbracht. Das .eu-Streitbeilegungsverfahren dauert ungefähr 3 Monate.

Insgesamt funktioniert die alternative Streitbeilegung für die .eu-Domäne wie beabsichtigt 27 , es könnten aber einige Änderungen vorgenommen werden, um sie für KMU einfacher, leichter zugänglich und erschwinglicher zu machen. Beispiele:

·Bereitstellung eines Online-Streitbeilegungsportals, das es den Parteien ermöglicht, alle Streitigkeiten in Bezug auf die .eu-Domäne online zu bearbeiten (wird derzeit nicht von allen .eu-Streitbeilegungsstellen angeboten);

·Verkürzung des Verfahrens (soweit möglich) im Einklang mit dem einheitlichen Streitbeilegungsverfahren für Domänennamen (Uniform Domain Name Dispute Resolution Procedure, UDRP);

·Beibehaltung erschwinglicher Bearbeitungsgebühren für KMU bei der Einleitung einer .eu-Streitbeilegung;

·Einführung des Grundsatzes, dass die unterlegene Partei die Kosten trägt, um von spekulativen/missbräuchlichen Registrierungen abzuschrecken und damit die obsiegende Partei ihre Kosten für die Einleitung des .eu-Verfahrens decken kann;

·Bereitstellung beschleunigter Verfahren, z. B. zur Aussetzung von Domänennamen durch das Register in klaren Fällen von Tippfehlerdomänen oder Bereitstellung von Verfahren, die dem einheitlichen Schnellaussetzungsverfahren (Uniform Rapid Suspension, URS) 28 ähneln;

·Bereitstellung von Vorverfahren‚ die vor der offiziellen Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens in Bezug auf den Domänennamen in Anspruch genommen werden können 29 .

6.Schlussfolgerungen

Insgesamt ist die Zusammenarbeit zwischen .eu-Register und EUIPO bei der Bekämpfung missbräuchlicher und spekulativer Registrierungen von Domänennamen zufriedenstellend. In diesem Bericht werden weitere Verbesserungen in folgenden Bereichen angeregt:

·Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO: insbesondere durch die Verbesserung der Tätigkeiten zur Sensibilisierung und zum Wissensaufbau sowie die Verbesserung bestehender Instrumente und die Entwicklung neuer Instrumente zur Erleichterung der gleichzeitigen Anmeldung bzw. Registrierung von Unionsmarken und .eu-Domänennamen;

·Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen: die bestehende Zusammenarbeit wie die mit Europol könnte intensiviert werden; es könnten neue Formen der Zusammenarbeit eingeführt werden, beispielsweise mit den nationalen Markenämtern;

·bestehende Maßnahmen für KMU: insbesondere durch eine weitere Verbesserung des Registrierungsverfahrens und der alternativen Streitbeilegungsverfahren.

Alle in diesem Bericht enthaltenen Verbesserungsempfehlungen lassen sich umsetzen durch eine Mischung aus:

·Durchführung bestehender Maßnahmen,

·Einführung neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen EURid und EUIPO und anderen Unionseinrichtungen sowie nationalen und internationalen Behörden und Organisationen,

·Aktualisierung bestehender EURid-Verfahren.

Hierfür sind keine weiteren Legislativmaßnahmen erforderlich‚ es reicht die konkrete Durchführung und Weiterverfolgung der bestehenden Maßnahmen. Einige dieser Maßnahmen könnten in den Dienstleistungskonzessionsvertrag zwischen dem .eu-Register und der Kommission aufgenommen werden (der gelten wird, sobald die Verordnung (EU) 2019/517 angewendet wird).

Die Kommission wird gemeinsam mit dem .eu-Register und dem EUIPO die vorgeschlagenen Verbesserungen weiterverfolgen und dabei insbesondere auf die Vereinfachungen für KMU achten. Im Rahmen ihrer regelmäßigen Berichte über die Funktionsweise der .eu-Domäne wird sie dem Europäischen Parlament und dem Rat über die erzielten Fortschritte Bericht erstatten.

(1)    EURid-Quartalsbericht (2. Quartal 2020): https://eurid.eu/media/filer_public/43/77/43778dd5-5afa-42ce-8213-0c8d661ec26f/quarterly_q22020.pdf .
(2)    Verordnung (EU) 2019/517 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 über die Durchführung und Funktionsweise der Domäne oberster Stufe .eu, zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 733/2002 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission (ABl. L 91 vom 29.3.2019, S. 25).
(3)    Siehe Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 und Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/517.
(4)    Siehe Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 und Artikel 4 der Verordnung (EU) 2019/517.
(5)    Siehe Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004.
(6)    Siehe Erwägungsgrund 7 der Verordnung (EU) 2019/517.
(7)    Siehe Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/517.
(8)    Siehe Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/517.
(9)    Die Studie ist hier zu finden: https://dx.publications.europa.eu/10.2759/428574 .
(10)    Der jüngste öffentliche Bericht von EURid ist abrufbar unter: https://eurid.eu/de/meldungen/2019-annual-report/ . Darüber hinaus legte die Kommission dem Europäischen Parlament einen Bericht über die Verwendung, die Wirksamkeit und das Funktionieren der Domäne oberster Stufe von April 2017 bis April 2019 vor, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2020:0063:FIN
(11)     https://eurid.eu/de/meldungen/eurid-and-the-euipo-sign-letter-of-collaboration/
(12)     https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/news/-/action/view/5140548
(13)    Der EUIPO-Download-Dienst besteht aus einer Datenbank, die vom EUIPO-Server heruntergeladen und in die internen Systeme des Nutzers integriert werden kann. Diese enthält Daten über alle Unionsmarken, Einträge aus dem Ressourcenkatalogisierungs- und Verteilungssystem (RCD) und internationale Registrierungen (IR), die in die interne Datenbank des EUIPO eingegeben werden.
(14)     https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/web/guest/news/-/action/view/5772664
(15)    Die Nutzer erhalten nur Ergebnisse, die nahezu exakt mit Einträgen in der EURid-Datenbank übereinstimmen, also nur geringfügigen Abweichungen aufweisen (z. B. Bindestriche und Zahlen).
(16)     https://www.europol.europa.eu/newsroom/news/europol-enhances-cybercrime-and-internet-security-cooperation-signing-mou-eurid
(17)    Das „Abuse Prevention and Early Warning System“ (APEWS) ist ein von EURid in Zusammenarbeit mit der Universität Löwen entwickeltes Werkzeug für maschinelles Lernen, mit dem alle neu registrierten .eu-Domänennamen überprüft werden, um die Übertragung missbräuchlicher Domänen (Phishing, Spamming, Schadsoftware-Verbreitung, Botnet-Steuerung und ‑Kontrolle) zu erkennen und zu verhindern.
(18)     https://eurid.eu/de/meldungen/eurid-and-iacc-team-up-to-fight-cybercrime/
(19)     https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/european-cooperation
(20)    Zum Beispiel eAmbrosia, das von der Kommission geführte EU-Register der geografischen Angaben, https://ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/food-safety-and-quality/certification/quality-labels/geographical-indications-register/ .
(21)    Gegenwärtig gibt es nur auf dem Markt der allgemeinen Domänen oberster Stufe (gTLD) mehrere Domänensperrdienste wie Domain Protected Marks List (DPML) von Donuts, TMCH TREx von Trademark Clearinghouse, Uni EPS von Uniregistry, AdultBlock von ICM Registry, .club Trademark Sentry von .CLUB Domains.
(22)    Das sog. „Typosquatting“ ist eine Form der Domänenbesetzung (Cybersquatting), die darauf beruht, dass sich Internetnutzer bei der Eingabe einer Internetadresse in einen Webbrowser vertippen. Die Tippfehlerdomäne besteht aus einer gängigen, offensichtlich oder absichtlich falschen Schreibweise einer Marke (z. B. Verwenden benachbarter Buchstaben auf der Tastatur, Ersetzen durch ähnliche Zeichen, Zahlen- und Buchstabendreher, Hinzufügen oder Einstreuen von anderen Begriffen oder Zahlen).
(23)    D. h. Phishing, Spamming, Schadsoftware-Verbreitung, Botnet-Steuerung und ‑Kontrolle.
(24)    Wie beispielsweise bei den Internetdomänen „.be“ und „.dk“.
(25)    Siehe Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 der Kommission.
(26)     https://eurid.eu/d/7770492/DE_ADR_German_rules.pdf
(27)    Weitere Informationen über das alternative Streitbeilegungsverfahren für die .eu-Domäne finden Sie in Abschnitt 10.2 der externen Studie: https://dx.publications.europa.eu/10.2759/428574 .
(28)    Das URS ist ein Rechtsschutzmechanismus, der im Jahr 2013 von der ICANN mit der Einführung der neuen allgemeinen Domänen oberster Stufe geschaffen wurde. Beim URS handelt es sich um ein kostengünstiges und schnelles Verfahren, mit dem sich Rechteinhaber gegen eindeutigen Fällen von Markenverletzungen durch Domänennamenregistrierungen wehren können. Es bewirkt eine vorübergehende Entfernung (Aussetzung) des Domänennamens, bis zu dessen Ablauf. Am Ende des Registrierungszeitraums wird der Domänenname dann vom Register gelöscht.
(29)    Beispielsweise das Einlegen eines Widerspruchs gegen die Registrierung eines Domänennamens beim .eu-Register (Post-Delegation), um den Domänennamen sperren zu lassen (wie z. B. in der .it-Domäne möglich).
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