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Document 52018DC0483

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über Barzahlungsbeschränkungen

    COM/2018/483 final

    Brüssel, den 12.6.2018

    COM(2018) 483 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über Barzahlungsbeschränkungen


    1.Einführung

    1 Die Europäische Kommission hat am 2. Februar 2016 eine Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat zu einem Aktionsplan für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung veröffentlicht. Dieser Aktionsplan baute auf geltenden EU-Vorschriften auf, um auf neue Bedrohungen zu reagieren und zielte darauf ab, die EU-Strategien an internationale Standards anzupassen. In dem Dokument wurden diverse Themen und Lösungsansätze mit Bezug zu verschiedenen Aspekten der Terrorismusfinanzierung behandelt.

    2 Im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Kommission zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung über die Überwachung von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, wurde darin empfohlen, der Zweckdienlichkeit einer Obergrenze für Barzahlungen nachzugehen. In dem Aktionsplan heißt es weiter: „In mehreren Mitgliedstaaten sind beispielsweise Barzahlungen oberhalb eines bestimmten Betrags verboten.“ Auf EU-Ebene wurden solche Verbote jedoch bislang nicht in Erwägung gezogen.

    In seinen Schlussfolgerungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung forderte der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ die Kommission dann am 12. Februar 2016 auf, „die Notwendigkeit geeigneter Beschränkungen für Barzahlungen, die bestimmte Obergrenzen überschreiten, zu untersuchen“.

    Im Nachgang zum Aktionsplan und mit Unterstützung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ nahmen die Dienststellen der Kommission informelle Kontakte zu den Mitgliedstaaten auf, um Informationen über deren Vorgehen in diesem Bereich, die Erfahrungen mit Beschränkungen für Barzahlungen auf nationaler Ebene und ihre Sichtweisen zu einer möglichen Initiative auf diesem Gebiet einzuholen.

    3 Am 17. Juni 2016 berichtete die Kommission anlässlich des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ über diese schnelle informelle Befragung und kündigte eine detaillierte Folgenabschätzung an, in der auch Kosten und Nutzen einer potenziellen EU-Maßnahme analysiert werden sollten. Diese Bewertung würde zudem eine öffentliche Konsultation beinhalten.

    4 Die Kommission betraute einen externen Auftragnehmer mit der Folgenabschätzung; eine öffentliche Konsultation fand zwischen März und Mai 2017 statt.

    Aus der Studie des Auftragnehmers geht hervor, dass Beschränkungen für Barzahlungen die Terrorismusfinanzierung zwar nicht spürbar eindämmen, derartige Beschränkungen beim Kampf gegen die Geldwäsche aber sehr wohl nützlich sein könnten. Zugleich wurde in der Studie festgestellt, dass die auf nationaler Ebene bestehenden unterschiedlichen Beschränkungen sich erkennbar negativ auf den Binnenmarkt auswirken, da sie zwischen manchen Unternehmen den Wettbewerb verzerren und dadurch ungleiche Ausgangsbedingungen entstehen.

    Im vorliegenden Bericht sollen die Ergebnisse der Studie und der öffentlichen Konsultation vorgestellt werden. Der Bericht sollte in Verbindung mit der Studie gelesen werden, da diese detailliertere Informationen enthält.

    2.Kontext

    2.1.Eigenschaften von Bargeld

    Für die Zwecke dieses Berichts sind unter Bargeld von den Zentralbanken herausgegebene Banknoten und Münzen zu verstehen.

    Die Studie liefert detaillierte Informationen zur Nutzung von Bargeld in den verschiedenen Ländern 5 . Auch das Occasional Paper der Europäischen Zentralbank (EZB) „The use of cash by households in the euro area“ bietet auf Grundlage einer Erhebung aus dem Jahr 2016 6 wertvolle Informationen zum Einsatz von Bargeld an Verkaufsstellen. Diesem EZB-Papier zufolge bleibt Bargeld im Euro-Währungsgebiet das gängigste Zahlungsmittel und stellt nach wie vor ein beträchtliches Wertaufbewahrungsmittel dar.

    Der Fokus der Kommission bei der Bewertung einer möglichen Barzahlungsobergrenze lag auf hohen Barzahlungen, die allerdings nur einen kleinen Teil der Bargeschäfte ausmachen 7 . Auf die Bargeldnutzung im Allgemeinen wurde nicht abgezielt.

    2.2.Rechtsrahmen

    2.2.1.EU-Ebene

    Derzeit existieren auf EU-Ebene keine Rechtsvorschriften, die Barzahlungen einschränken 8 . Allerdings erlegen zwei Rechtsinstrumente Pflichten für die Bargeldverwendung auf.

    In der Verordnung über die Überwachung von Barmitteln ist ein Überwachungssystem für natürliche Personen vorgesehen, die in die Union einreisen oder aus der Union ausreisen und Bargeld oder übertragbare Inhaberpapiere in Höhe von 10 000 EUR oder mehr mit sich führen. Am 21. Dezember 2016 legte die Kommission einen neuen Legislativvorschlag zur weiteren Verschärfung dieser Überwachung vor. Dieser Vorschlag wird gegenwärtig von den gesetzgebenden Organen verhandelt.

    Die Vierte Geldwäscherichtlinie erlegt Personen, die mit Gütern handeln, Sorgfaltspflichten für den Fall auf, dass sie Zahlungen in Höhe von 10 000 EUR oder mehr in bar tätigen oder entgegennehmen, unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung zu bestehen scheint, getätigt wird 9 .

    2.2.2.Nationale Ebene

    In der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten gibt es Barzahlungsbeschränkungen 10 . Die Obergrenzen variieren dabei zwischen 500 EUR und 15 000 EUR, und die Maßnahmen unterscheiden sich im Hinblick auf Form, Obergrenzen und Umfang. Festzustellen ist auch, dass sich die Zahl der EU-Mitgliedstaaten mit Barzahlungsbeschränkungen in den vergangenen Jahren von 4 im Jahr 2008 auf 17 im September 2017 erhöht hat und damit rasch angestiegen ist.

    3.Schritte im Nachgang zum Rat „Wirtschaft und Finanzen“ vom 17. Juni 2016

    Im Interesse eines effizienten Ressourceneinsatzes wurde bei einem privaten Auftragnehmer – einem Konsortium aus Ecorys und dem Zentrum für Europäische Politische Studien (CEPS) – eine Studie in Auftrag gegeben. Mit der Studie sollte vor allem abgeschätzt werden, wie sich Beschränkungen für Barzahlungen potenziell auf illegale Machenschaften und auf den Binnenmarkt auswirken könnten 11 .

    Im Einklang mit den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung fand zwischen dem 1. März 2017 und dem 31. Mai 2017 eine öffentliche Konsultation statt. Die Ergebnisse dieser Konsultation werden in Abschnitt 4 vorgestellt: Demnach werden Barzahlungsbeschränkungen von der überwiegenden Mehrheit der Befragten klar abgelehnt.

    Der Auftragnehmer schloss die Studie im Februar 2018 ab. Die zentrale Schlussfolgerung lautete, dass Barzahlungsbeschränkungen nur einen äußerst geringen Beitrag zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung oder Steuerbetrug leisten würden. Zugleich wurde in der Studie aber auch der Schluss gezogen, dass Barzahlungsbeschränkungen bei der Bekämpfung von Geldwäsche helfen können und die hier auf nationaler Ebene bestehenden Unterschiede sich erkennbar negativ auf den Binnenmarkt ausgewirkt haben, da dadurch zwischen manchen Unternehmen der Wettbewerb verzerrt wurde und ungleiche Ausgangsbedingungen entstanden sind.

    4.Die öffentliche Konsultation

    Zwischen dem 1. März 2017 und dem 31. Mai 2017 fand eine öffentliche Konsultation statt; sie erfolgte mittels einer Online-Erhebung, in der die Teilnehmer Fragen zum Thema Bargeldbeschränkungen beantworten sollten 12 .

    Für die Konsultation der Interessenträger wurden drei verschiedene Ziele ermittelt.

    Zum einen wurde festgehalten, dass Bargeld weiterhin das am leichtesten zugängliche Zahlungsmittel und in manchen Mitgliedstaaten eng mit der Vorstellung von persönlicher Freiheit verbunden ist. Ein möglicher politischer Kurswechsel wäre daher eine heikle Angelegenheit und würde alle Bürgerinnen und Bürger betreffen. Angesichts dessen bestand das Hauptziel der Konsultation darin, die Meinungen der Öffentlichkeit zu einer möglichen Einführung von Barzahlungsbeschränkungen zu sondieren.

    Da Bargeld selbst bei größeren Zahlungsbeträgen noch immer weit verbreitet ist – insbesondere in manchen Wirtschaftszweigen und bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen – wurde zweitens festgestellt, dass die Einführung von Barzahlungsbeschränkungen erhebliche Auswirkungen auf diese Branchen und Akteure haben könnte. Aus diesem Grund bestand das zweite Ziel der Konsultation darin, die Stellungnahmen von Interessenträgern einzuholen, die in Sektoren tätig oder mit Aktivitäten befasst sind, die sich stark auf Bargeld stützen; insbesondere sollte erfasst werden, wie die Interessenträger die Auswirkungen derartiger Beschränkungen auf ihre Tätigkeiten einschätzen.

    Angesichts des Ziels, die Terrorismusfinanzierung und andere illegale Aktivitäten zu bekämpfen, wurden schließlich auch Expertenmeinungen aus dem Bereich Strafsachen und Strafverfolgung dazu eingeholt, inwieweit Barzahlungsbeschränkungen bei der Verfolgung dieses spezifischen Ziels von Nutzen sein könnten.

    Auch wenn sich die Online-Erhebung an drei Kategorien von Befragten richtete, zielte sie doch hauptsächlich auf die Öffentlichkeit ab. Verwendet wurde hierbei ein elektronisches Tool, das die Sammlung einer beträchtlichen Zahl von Antworten ermöglichte. Die Fragen wurden auf diese Kategorie von Befragten zugeschnitten. Die anderen Kategorien wie Branchenvertreter oder an der Strafverfolgung beteiligte Berufsgruppen wurden von der Teilnahme an dieser Erhebung nicht ausgeschlossen und konnten somit ebenfalls antworten. Darüber hinaus wurden diese Interessenträger aber auch durch gezieltere Fragen im Rahmen der externen Studie konsultiert. Die öffentliche Erhebung war nicht speziell für die besonderen Charakteristika dieser Interessenträger ausgelegt.

    Die öffentliche Konsultation umfasste mehrere Fragen. Alle Einzelheiten in Zusammenhang mit diesen Fragen und deren Beantwortung wurden veröffentlicht 13 .

    Die zentrale Botschaft der Erhebung lautete, dass die überwiegende Mehrheit (94,94 %) die Frage „Würden Sie der Einführung von Beschränkungen für Barzahlungen auf EU-Ebene zustimmen?“ verneinte. Hier waren sich die Befragten einig – ganz gleich, ob in ihrem eigenen Aufenthaltsland Beschränkungen existierten oder nicht.

    Eine derart negative Reaktion lässt sich mit der Tatsache erklären, dass die Frage in Zusammenhang mit der Einführung eines allgemeinen Verbots stand, das potenziell für jede Bürgerin und jeden Bürger gelten würde (anders als beispielsweise das Verbot zur Herstellung bestimmter Chemikalien, das per definitionem ausschließlich für mögliche industrielle Hersteller gilt). Darüber hinaus ist klar, dass öffentliche Konsultationen lediglich die Meinung der Befragten widerspiegeln, die sich spontan zur Teilnahme bereiterklären – anders als bei Meinungsumfragen, für die die Befragten systematisch kontaktiert werden.

    Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Mehrzahl der Befragten aus drei Mitgliedstaaten stammte: Österreich, Deutschland und Frankreich. Dies ist auf die Werbung für die Konsultation in den Medien dieser drei Länder zurückzuführen. Die Kommission hat keine gezielte Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Die Ergebnisse aus anderen Ländern unterschieden sich jedoch nicht signifikant vom allgemeinen Trend, der in diesen drei Ländern zu beobachten war.

    5.Ergebnisse der Studie

    5.1.Ergebnisse der Studie im Hinblick auf die Terrorismusfinanzierung

    Terroristen und andere Straftäter nutzen Bargeld in großem Umfang, denn es senkt für sie das Risiko, gefasst zu werden 14 . Bargeld wahrt die Anonymität und erleichtert es nicht nur, illegale Machenschaften zu verschleiern, sondern auch legale Nebengeschäfte zu verheimlichen, die sich andernfalls durch Strafverfolgungsbehörden rückverfolgen ließen. Bargeld spielt für eine ganze Reihe terroristischer Umtriebe eine wichtige Rolle.

    In der Studie zeigt die detaillierte Analyse mehrerer terroristischer Anschläge der jüngeren Zeit allerdings auch, dass Barzahlungsbeschränkungen nur wenig Einfluss auf die Fähigkeit zur Vorbereitung derartige Anschläge gehabt hätten.

    Zum einen lässt sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ein Trend zu weniger kostenaufwändigen Terroranschlägen beobachten: Häufig liegen die Kosten unter 10 000 EUR, was nur einem Bruchteil der auf 400 000 bis 500 000 USD geschätzten Kosten der 9/11-Anschläge entspricht.

    Zum anderen ist im Rahmen eines solchen begrenzten Budgets die Höhe der einzelnen Transaktionen oft noch geringer, weshalb Beschränkungen, die nur Großbetragszahlungen beträfen, keinerlei Auswirkungen hätten. Die in der Studie vorgelegte Fallstudie 15 demonstriert dies umfassend.

    Abschließend ist festzuhalten, dass bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Barzahlungsverbots auf terroristische und andere kriminelle Aktivitäten zwischen den Auswirkungen auf unrechtmäßige und auf rechtmäßige Transaktionen unterschieden werden muss.

    Unrechtmäßige Transaktionen sind entweder illegale Transaktionen (wie der Erwerb von Sprengstoff) oder scheinbar rechtmäßige Transaktionen, bei denen aber beide Seiten wissen, dass sie einer rechtswidrigen Handlung dienen. Soweit diese Transaktionen illegal sind und die Beteiligten sehenden Auges Strafverfolgungsmaßnahmen in Kauf nehmen, scheint es zweifelhaft, dass ein Verbot von Barzahlungen eingehalten würde oder einen abschreckenden Effekt hätte. Straftäter, die bereits vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen, dürften von einem zusätzlichen Barzahlungsverbot kaum abgeschreckt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die mit diesem zusätzlichen Verbot einhergehenden Sanktionen im Vergleich zu den Sanktionen für das Hauptvergehen vernachlässigbar sind.

    Rechtmäßige Transaktionen sind Transaktionen neben der eigentlichen kriminellen Handlung, die an sich nicht kriminell sind (wie das Mieten eines Fahrzeugs) und bei denen vom Gegenüber (beispielsweise der Autovermietung) angenommen werden kann, dass es sich der kriminellen Absicht (z.B. des Transports von Sprengstoff) nicht bewusst ist. In einem solchen Fall könnte es die ahnungslose Gegenpartei sein, die die Einhaltung des Barzahlungsverbots durchsetzt, was dazu führen würde, dass die Transaktion auf anderem Wege beglichen wird oder erst gar nicht stattfindet. Leider müsste man in diesem Fall davon ausgehen, dass – weil diese Transaktionen rechtmäßig und gängig sind – eine rückverfolgbare Zahlung es nicht automatisch ermöglichen würde, einer verdächtigen Handlung auf die Spur zu kommen. Hier ist anzumerken, dass bei der Vorbereitung terroristischer Anschläge der jüngsten Zeit viele solcher gängigen Transaktionen tatsächlich auf rückverfolgbare Weise bezahlt wurden, ohne dass Alarmglocken geschrillt hätten 16 .

    Das legt den Schluss nahe, dass ein Verbot hoher Barzahlungen die direkte Finanzierung terroristischer oder anderweitig krimineller Handlungen nicht maßgeblich beeinträchtigen würde. Die meisten Transaktionen wären nicht betroffen, oder das Verbot würde wahrscheinlich gar nicht oder aber nur bei Transaktionen eingehalten, die so gängig sind, dass sie kaum Verdacht erregen dürften.

    5.2.Ergebnisse der Studie im Hinblick auf Steuerbetrug

    Während Steuerbetrug 17 und Bargeldnutzung oft miteinander einhergehen, zeigt die Studie, dass die Beziehung zwischen beiden nicht immer so klar ist 18 .

    Während zum einen eine gewisse Korrelation zwischen der Verwendung von Bargeld in einer Volkswirtschaft und dem Ausmaß des Steuerbetrugs besteht, spielen offenbar auch andere Faktoren eine wichtige Rolle – was Ausreißer erklären würde (zum Beispiel Österreich, wo es trotz des hohen Anteils an Barzahlungen nur wenig Steuerbetrug gibt).

    Zum anderen wird Bargeld zwar in großem Umfang für die Terrorismusfinanzierung und andere kriminelle Handlungen verwendet, doch erfolgt Steuerbetrug in signifikantem Umfang über bargeldlose Transaktionen, wobei komplexe Rechtsstrukturen und oft multinationale Vorgänge genutzt werden, bei denen Bargeld keine Rolle spielt. Hier wäre ein Verbot von Barzahlungen ineffektiv.

    Schlussendlich können, wenn Bargeld tatsächlich zum Zweck des Steuerbetrugs verwendet wird, zwei Fälle unterschieden werden. In beiden Fällen wäre eine Bargeldbeschränkung offensichtlich nicht geeignet, Betrug einzudämmen. Im ersten Fall geht es um Transaktionen, bei denen beide Parteien in den Steuerbetrug verwickelt sind – beispielsweise Schwarzarbeit. Derartige Transaktionen mögen einen hohen Wert (wie etwa Lohnzahlungen) haben, da aber beide Parteien bereits Sanktionen in Zusammenhang mit dem Steuerbetrug riskieren, hätte ein Verbot von Barzahlungen kaum eine abschreckende Wirkung. Im zweiten Fall geht es um Transaktionen, bei denen nur eine Partei die Barzahlung zum Steuerbetrug missbraucht (im Allgemeinen ein Verkäufer), während die andere Partei unbeteiligt ist und keine Kenntnis vom Betrug hat. Aus Sicht der Kommission könnten Bargeldbeschränkungen in diesen Fällen Wirkung zeigen. Da die Summen, um die es bei derartigen Transaktionen geht, aber häufig gering sind (z. B. Restaurantrechnungen), würden sie in der Regel nicht unter ein Verbot hoher Barzahlungen fallen 19 .

    Abschließend kann festgehalten werden, dass sich eine Beschränkung hoher Barzahlungen wohl nur begrenzt auf Steuerbetrug auswirken würde – es sei denn, die Obergrenze würde sehr niedrig angesetzt.

    5.3.Ergebnisse der Studie hinsichtlich Geldwäsche

    Viele Straftaten werden begangen, damit ein einzelner Täter oder eine Gruppe von Tätern daraus Profit ziehen kann. Geldwäsche ist die Verwendung der Erträge aus Straftaten 20 mit dem Ziel, die illegale Herkunft der Erträge zu verschleiern, damit dieses Geld legal erscheint und in der Realwirtschaft ausgegeben werden kann 21 . Wie die Studie zeigt 22 , spielen Bargeschäfte bei der Geldwäsche eindeutig eine wichtige Rolle. Das liegt hauptsächlich daran, dass – ungeachtet der zunehmenden Nutzung bargeldloser Zahlungsformen und den sich wandelnden Erscheinungsformen der Kriminalität (Zunahme der Cyberkriminalität, des Online-Betrugs und illegaler Online-Handelsplätze) – kriminelle Handlungen weiterhin Gewinne in Form großer Bargeldmengen hervorbringen. Bargeld ist oft der Ausgangspunkt für Geldwäsche, diese erfordert daher einige Bargeschäfte, oft in Form des Erwerbs hochwertiger Güter. Der supranationale Risikobewertungsbericht der Europäischen Kommission 23 unterstreicht ebenfalls die wichtige Rolle von Bargeld für die Geldwäsche (siehe insbesondere die Kapitel 2.1.4 und 2.2.1).

    Zwar wirkt sich eine Beschränkung für Barzahlungen nicht auf sämtliche Bargeschäfte aus, allerdings haben Transaktionen in Zusammenhang mit Geldwäsche oft einen hohen Wert. Ein Verbot oder eine Offenlegungspflicht würden die Anonymität der Transaktion aufheben und Geldwäsche mithilfe des Erwerbs hochwertiger Güter erschweren. Der Gesamtwert dieser Geschäfte und die Auswirkungen einer Bargeldbeschränkung auf die Geldwäsche im Allgemeinen lassen sich jedoch nicht genau quantifizieren. Eine Offenlegungspflicht würde den Strafverfolgungsbehörden bereits Informationen liefern. Allerdings hinge die Wirksamkeit dieser Offenlegungspflicht davon ab, in welchem Maße sich Händler hochpreisiger Waren daran hielten und inwieweit die Berichte tatsächlich analysiert und wirksam als nachrichtendienstliche Auskunft, Information oder Beweismittel in Geldwäscheermittlungen genutzt würden. Die Befolgungskosten dürften verglichen mit den durch ein einfaches Bargeldverbot entstehenden Kosten höher liegen 24 .

    Besondere Merkmale der Geldwäsche sind ihre internationale Dimension sowie die Tatsache, dass Straftäter die Unterschiede zwischen nationalen Gesetzen über Meldungen zu Bargeldtransaktionen und Obergrenzen für Barzahlungen ausnutzen 25 . Die unterschiedlichen Gesetze in den EU-Mitgliedstaaten zu Bargeldbeschränkungen behindern nicht nur das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes (siehe unten). Sie schaffen auch Möglichkeiten, um Kontrollen in den Herkunftsländern zu umgehen, indem in Unternehmen mit intensiver Bargeldnutzung in einem anderen EU-Mitgliedstaat investiert wird, in dem Barausgaben gar nicht oder kaum kontrolliert werden. In anderen Worten schafft das Bestehen von Beschränkungen für Barzahlungen in einigen Mitgliedstaaten und ihr Fehlen in anderen die Möglichkeit, die Beschränkungen durch den Wechsel in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu umgehen.

    Abschließend lässt sich festhalten, dass homogene Beschränkungen für hohe Barzahlungen, ob in Form eines Verbots oder einer Offenlegungspflicht, sich wohl positiv auf den Kampf gegen die Geldwäsche auswirken würden, auch wenn sich diese Auswirkungen nicht genau quantifizieren ließen. Angesichts der Tatsache, dass Geldwäsche typischerweise ein Nebenprodukt anderer krimineller oder unrechtmäßiger Handlungen ist, würde sich eine derart positive Wirkung indirekt auch auf die Bekämpfung dieser Handlungen auswirken, auch wenn die Beschränkungen nicht diese Aktivitäten selbst beträfen.

    5.4.Ergebnisse der Studie im Hinblick auf den Binnenmarkt, auf Wettbewerbsverzerrungen und auf Barzahlungsbeschränkungen

    Das Vorhandensein verschiedener nationaler Beschränkungen wirft die Frage auf, ob diese Beschränkungen zur grenzüberschreitenden Verlagerung von Aktivitäten führen. Diese Frage wird in der Studie bejaht.

    Damit der Binnenmarkt gut funktionieren kann, müssen in den EU-Mitgliedstaaten gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Dies kann nicht erreicht werden, wenn es auf mitgliedstaatlicher Ebene eine großenteils unterschiedliche Gesetzgebung gibt. Verzerrungen des Binnenmarkts können sich nachteilig auf Verbraucherinnen und Verbraucher wie auf Unternehmen auswirken.

    Unterschiedliche Barzahlungsbeschränkungen könnten dazu führen, dass Verbraucher und Unternehmer sich für eine andere Zahlungsmethode entscheiden, von der Transaktion absehen oder sie in einen Staat verlagern, in dem derartige Beschränkungen nicht bestehen.

    Dieser Aspekt wurde in der Studie untersucht 26 , die das grenzüberschreitende Verhalten von Käufern und Verkäufern analysierte und eine ökonometrische Bewertung einiger spezifischer Sektoren vornahm, die sich stark auf Bargeld stützen.

    Insgesamt untermauern die Ergebnisse insbesondere für die Länder des Euro-Währungsgebiets die Annahme, dass Barzahlungsbeschränkungen eine Umsatzverlagerung von einem Land zum anderen bewirken, sofern diese Beschränkungen unterschiedlich sind. Dies gilt für inländische Beschränkungen für Bargeld ebenso wie für solche in Nachbarländern, wobei erstere negative und letztere positive Auswirkungen auf den Umsatz in Branchen mit intensiver Bargeldnutzung haben. Vor diesem Hintergrund gelangt die Studie zu dem Schluss, dass nationale Beschränkungen für Barzahlungen den Binnenmarkt verzerren 27 .

    Es ist zu betonen, dass diese Umsatzverlagerung sowohl legale Transaktionen als auch Transaktionen zum Zweck der Geldwäsche betrifft. Bei letzteren handelt es sich nicht per se um illegale Transaktionen, sondern um reguläre Transaktionen, die zum alleinigen illegalen Zweck der Geldwäsche durchgeführt werden und bei denen die andere Partei (in der Regel ein Verkäufer) kein Mittäter und sich des illegalen Zwecks der Transaktion nicht bewusst ist. Dennoch haben beide Formen der Umsatzverlagerung Auswirkungen auf die Integrität des Binnenmarktes und bewirken ungleiche Ausgangsbedingungen, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die grenzüberschreitende Verlagerung von Transaktionen zum Zweck der Geldwäsche sich nicht nur auf den Binnenmarkt auswirkt, sondern auch die Wirksamkeit nationaler Beschränkungen im Kampf gegen die Geldwäsche mindert.

    Auf Basis der Studie entsteht der Eindruck, dass die verschiedenen Beschränkungen in den Mitgliedstaaten zur künstlichen Verlagerung von Geschäftstätigkeiten über die Grenzen hinweg führen 28 . Dies wirkt sich sowohl auf die Integrität des Binnenmarkts als auch auf die Effizienz nationaler Maßnahmen beim Erreichen ihrer Gemeinwohlziele aus.

    6.Schlussfolgerungen

    Die Studie lässt den Schluss zu, dass Barzahlungsbeschränkungen nicht entscheidend dazu beitragen würden, das Problem der Terrorismusfinanzierung anzugehen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die in diesem Zusammenhang ins Visier genommenen Transaktionen entweder einen zu geringen Wert haben, um erfasst zu werden, oder dass es sich um eine ohnehin illegale Transaktion handelt, angesichts derer ein zusätzliches Verbot kaum Auswirkungen hätte – oder beides.

    Allerdings deuten vorläufige Ergebnisse der Studie darauf hin, dass ein Verbot hoher Barzahlungen sich positiv auf die Bekämpfung der Geldwäsche auswirken könnte. Angesichts der Tatsache, dass Geldwäsche typischerweise Mittel betrifft, die aus kriminellen Handlungen oder Steuerbetrag stammen, könnten Barzahlungsbeschränkungen sich möglicherweise indirekt auf derartige Aktivitäten auswirken.

    Allerdings wäre eine weitere gezielte Bewertung dieses Themas erforderlich, da bei der aktuellen Initiative der Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung im Fokus stand.

    Ein weiterer wichtiger Rückschluss ist, dass die unterschiedlichen nationalen Bestimmungen zu Barzahlungen den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren, indem sie zu potenziellen grenzüberschreitenden Verlagerungen von Unternehmen führen – insbesondere in einigen spezifischen Branchen, die, wie beispielsweise Juweliere und Autohändler, stark auf Bargeschäfte setzen. Durch diese unterschiedlichen nationalen Bestimmungen bestehen zudem potenziell auch Schlupflöcher, die es möglich machen, die nationalen Barzahlungsobergrenzen zu umgehen und damit deren Effizienz mindern.

    Abschließend ist festzustellen, dass Barzahlungsbeschränkungen für die europäischen Bürgerinnen und Bürger ein heikles Thema sind und dass viele von ihnen die Möglichkeit der Barzahlung als eine Grundfreiheit wahrnehmen, die nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden sollte.

    Mit Blick auf die Binnenmarktaspekte und die Bedeutung und Sensibilität einer potenziellen Maßnahme ist eine weitere Bewertung dieser Frage erforderlich. Momentan zieht die Kommission zu diesem Thema keine Gesetzgebungsinitiative in Erwägung.

    (1)      COM(2016) 50.
    (2)      „Zur Finanzierung terroristischer Machenschaften wird weitgehend auf Barzahlungen zurückgegriffen. … Auch eine Obergrenze für Barzahlungen käme in Betracht. In mehreren Mitgliedstaaten sind beispielsweise Barzahlungen oberhalb eines bestimmten Betrags verboten.“
    (3)      Die Initiative wurde im Dezember 2016 in der Terminplanung der Kommission validiert; am 23. Januar 2017 wurde eine Folgenabschätzung in der Anfangsphase veröffentlicht, worin für die Durchführung weiterer Analysen plädiert wurde: http://ec.europa.eu/smart-regulation/roadmaps/docs/plan_2016_028_cash_restrictions_en.pdf .
    (4)      HTML-Link zum Ecorys-Bericht.
    (5)      Siehe die Studie, S. 18-21.
    (6)       https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op201.en.pdf  
    (7)      Siehe das Occasional Paper der EZB, S. 25.
    (8)      Es gilt zu beachten, dass im gegenwärtigen Stadium die rechtlichen Aspekte einer potenziellen EU-Maßnahme zur Beschränkung von Barzahlungen noch nicht bewertet wurden.
    (9)      Die Richtlinie wurde kürzlich durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie aktualisiert.
    (10)      Die Studie liefert einen detaillierten Überblick über die nationalen Rechtsvorschriften, wie sie sich Ende 2017 darstellten (S. 25-29).
    (11)      Für eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Methode siehe die Studie, S. 31-35.
    (12)      Das Gesamtergebnis der Konsultation kann hier eingesehen werden: https://ec.europa.eu/eusurvey/publication/CashPayments?language=DE&surveylanguage=DE .
    (13)      https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/statistical_overview.pdf
    (14)      Studie, S. 21.
    (15)      Siehe Studie, S. 38-54.
    (16)      Siehe die Fallstudien, auf die in der Studie verwiesen wird.
    (17)      Steuerbetrug muss von der Steuervermeidung abgegrenzt werden, die sich durch raffinierte, aber legale Methoden zur Steuerumgehung oder -ersparnis auszeichnet.
    (18)      Siehe Studie, S. 64-67.
    (19)      Studie, S. 133.
    (20)      „Erträge aus Straftaten“ sind im weitesten Sinne zu verstehen, sie umfassen insbesondere Gewinne aus Steuerbetrug.
    (21)      Dies ist ein wichtiger Unterschied zum Terrorismus, dessen Ziel Terror ist und nicht die Bereicherung einer Person oder einer Gruppe. Im Fall von Terrorismus sind Einnahmen nicht das Ziel, sondern ein Mittel zum Zweck. Terroristen sind in der Regel weniger daran interessiert, ihre Mittel zu „waschen“, weil sie gar nicht vorhaben, sie legal auszugeben. Die Terroranschläge der jüngeren Zeit schienen keine gewinnorientierten kriminellen Absichten zu haben. Straftäter gelangen in der Regel auf illegale Weise an ihre Finanzmittel und wollen sie dann in das legitime Finanzsystem einschleusen. Terroristen beschaffen sich ihre Finanzmittel (Gehälter, Kredite, Verkauf von Gütern etc.) auf legale Weise und geben sie dann für eine kriminelle Aktivität aus.
    (22)      Studie, S. 57-64.
    (23)      COM(2017) 340.
    (24)      Studie, S. 10.
    (25)      Studie, S. 67-70.
    (26)      Studie, S. 70-77.
    (27)      Studie, S. 77.
    (28)      Studie, S. 70-77.
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