Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52018AE2993

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufstellung des Weltraumprogramms der Union und der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 912/2010, (EU) Nr. 1285/2013 und (EU) Nr. 377/2014 sowie des Beschlusses Nr. 541/2014/EU“ (COM(2018) 447 final — 2018/0236 (COD))

    EESC 2018/02993

    ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 51–55 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.2.2019   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 62/51


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufstellung des Weltraumprogramms der Union und der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 912/2010, (EU) Nr. 1285/2013 und (EU) Nr. 377/2014 sowie des Beschlusses Nr. 541/2014/EU“

    (COM(2018) 447 final — 2018/0236 (COD))

    (2019/C 62/08)

    Berichterstatter:

    Raymond HENCKS

    Befassung

    Europäische Kommission, 12.7.2018

    Rat, 13.7.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

    Annahme in der Fachgruppe

    2.10.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    17.10.2018

    Plenartagung Nr.

    538

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    189/3/2

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Die Europäische Union kann auf große Erfolge im Raumfahrtsektor verweisen. Mit ihren Weltraumprogrammen trägt sie zur Bewältigung einiger großer globaler Herausforderungen bei, insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Sicherheit und der Verbesserung der täglichen Lebensbedingungen der Bürger. Gleichzeitig bewahrt sie damit ihre Souveränität und ihre strategische Unabhängigkeit gegenüber den anderen Weltraummächten.

    1.2.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die Union in ihren verstärkten Bemühungen, eine große unabhängige Weltraummacht zu bleiben. Er befürwortet, dass die Union die entsprechenden finanziellen Mittel für ihre Pläne bereitstellt, in diesem Fall einen „vorrangigen Bezugsrahmen“ in Höhe von 16 Mrd. EUR, den der EWSA als finanzielle Mindestausstattung ansieht. Der EWSA bekräftigt seine Forderung, in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank neue Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung von Projekten der weltraumbezogenen Forschung, Entwicklung und Herstellung durch private Unternehmen, KMU und Start-ups zu erschließen.

    1.3.

    Hinsichtlich der spezifischen Ziele des europäischen Weltraumprogramms begrüßt der EWSA, dass neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung der beiden Aushängeschilder des Programms — Galileo und Copernicus — die Union dem Bereich Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (Space Surveillance and Tracking, SST) mehr Autonomie und Kapazitäten einräumt, um die Weltrauminfrastrukturen vor den Gefahren der unzähligen um die Erde kreisenden Weltraumtrümmer zu schützen. Er begrüßt ferner die neue Initiative zum Govsatcom-System, das den Bedürfnissen einer sicheren europäischen Satellitenkommunikation entspricht.

    1.4.

    Allerdings stellt der EWSA fest, dass die Union in ihrer Kommunikationsarbeit den Bürgern die sozialen und wirtschaftlichen Vorteile der EU-Aktivitäten im Weltraum nur sehr zurückhaltend vermittelt. Er schlägt eine geeignete Kampagne vor, um den Bürgern den Mehrwert der europäischen Weltraumaktivitäten bewusst zu machen, die in ihrem alltäglichen Leben unverzichtbar geworden sind, die Beschäftigung, Wachstum und Investitionen fördern und einen Gewinn für ihre Sicherheit darstellen.

    1.5.

    Darüber hinaus ist die Maximierung des Weltraumnutzens für die europäische Wirtschaft noch lange nicht erreicht. Die Möglichkeiten des Programms zur Erdbeobachtung und Nutzung der riesigen hierdurch anfallenden Datenmengen werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Der EWSA fordert, dass die potenziellen Nutznießer, insbesondere in der Schifffahrt und Landwirtschaft, gezielt informiert und sensibilisiert werden.

    1.6.

    Auf internationaler Ebene steht die europäische Weltraumwirtschaft in einem überaus starken Wettbewerb, da die Weltraumaktivitäten aufgrund der wachsenden privatwirtschaftlichen Beteiligung auf dem Markt außerhalb der EU zunehmend kommerziellen Charakter haben. Daraus folgt, dass die Bedeutung des Binnenmarkts unbedingt gestärkt und der Grundsatz der „europäischen Präferenz“ im Raumfahrtsektor angewandt werden muss.

    1.7.

    Europa braucht wettbewerbsfähige Trägerraketen, die an die kommerzielle und institutionelle Nachfrage angepasst sind, wenn es trotz der zunehmenden Zahl an Trägerraketen und des starken Wettbewerbs weiterhin einen unabhängigen Zugang zum Weltraum bewahren will. Der EWSA fordert die Kommission auf, nach Wegen zur Unterstützung der europäischen Forschung und zur Schaffung von Infrastrukturen zu suchen.

    1.8.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass das zukunftsweisende Vorhaben zur Erschließung und Gewinnung natürlicher Ressourcen außerhalb der Erdumlaufbahn (Space Mining), bei dem sich ein Mitgliedstaat als Wegbereiter positioniert hat, von der Union aufmerksamer verfolgt werden sollte, um hier einen klaren europäischen Mehrwert zu sichern.

    2.   Einführung

    2.1.

    Seit den 1990er-Jahren verfolgt die EU eine gemeinschaftliche Weltraumpolitik, die sich auf die Unabhängigkeit gegenüber den anderen Weltraummächten stützt, insbesondere durch die Entwicklung von Programmen und Anwendungen in wichtigen Wirtschaftssektoren wie Kommunikation, Sicherheit, Rettungsdienste, Navigationssysteme, Informationstechnik, Übertragung von Großveranstaltungen, Klimawandel, Wettervorhersagen usw.

    2.2.

    Die EU verfügt mit Unterstützung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) inzwischen über ein großes Satellitennetz und über ein eigenes Raumfahrtzentrum mit europäischen Trägerraketen in Französisch-Guayana. Die Mitgliedstaaten der ESA (1) wiederum verfügen über eigene Raumfahrtagenturen und -programme, Forschungszentren, Bodeneinrichtungen sowie umfassende Industriekapazitäten. In der Regel gehen die Raumfahrtinitiativen von ihnen aus und werden anschließend im Rahmen der EU oder der ESA aufgegriffen.

    2.3.

    Die Union ist insbesondere in die Planung, die vollständige Finanzierung und den Betrieb der folgenden Weltraumprogramme involviert, für deren Durchführung sie die Gesamtverantwortung trägt, auch im Bereich der Sicherheit:

    Galileo ist die erste hochpräzise Funknavigations- und Satellitenortungsinfrastruktur, die speziell für zivile Zwecke entwickelt wurde und den Nutzern kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

    Copernicus liefert Erdbeobachtungsdaten in sechs Bereichen: Landüberwachung, Überwachung der Meeresumwelt, Überwachung der Atmosphäre, Überwachung des Klimawandels, Katastrophen- und Krisenmanagement sowie Sicherheit.

    EGNOS ist ein europaweites System mit 3 Satelliten, das die Qualität offener Signale von bestehenden globalen Systemen der Satellitenfunknavigation verbessert und genauere Geolokalisationsdaten liefert.

    SST (Space Surveillance and Tracking) ist ein System zur Beobachtung des Weltraums und der etwa 780 000 Trümmerteile (Weltraumschrott) in der Erdumlaufbahn.

    Govsatcom ist ein satellitengestütztes System für staatliche Telekommunikation (im zivilen und militärischen Bereich), das als eines der ersten Bestandteile der globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Union angesehen wird.

    2.4.

    Die Kommission hat derzeit die ESA mit der Entwicklung und dem Aufbau der Weltrauminfrastruktur betraut, die für den Aufbau der Galileo-Infrastruktur zuständig ist, während die in Prag ansässige EU-Agentur (Agentur für das Europäische GNSS — GSA) die Marktdurchdringung von Galileo unterstützen soll. Die ESA verwaltet auch einen Teil der Copernicus-Dienste.

    2.5.

    Die europäische Raumfahrtindustrie beschäftigt mehr als 231 000 Menschen, 41 333 davon im Raumfahrzeugbau, und erbrachte nach Schätzungen der Europäischen Kommission 2017 eine Wertschöpfung von 53 bis 62 Mrd. EUR.

    3.   Vorschlag der Kommission

    3.1.

    Das vorgeschlagene Weltraumprogramm entspricht der von Kommissionspräsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union im Jahr 2017 vorgelegten Industriestrategie und der Mitteilung der Kommission vom 26. Oktober 2016 zu einer neuen „Weltraumstrategie für Europa“.

    3.2.

    Die folgenden Rechtsakte:

    Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 betreffend den Aufbau und den Betrieb der europäischen Satellitennavigationssysteme, Galileo und EGNOS,

    Verordnung (EU) Nr. 377/2014 zur Einrichtung des Programms Copernicus,

    Beschluss Nr. 541/2014/EU über die Schaffung eines Rahmens zur Unterstützung der Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (SST) und

    Verordnung (EU) Nr. 912/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung der Agentur für das Europäische GNSS

    werden aufgehoben und durch diese Verordnung gemäß der Bekanntmachung ersetzt, in der gemeinsame Vorschriften für alle Komponenten des Programms festgelegt sind, die insbesondere Haushaltsbeiträge und Haushaltsverfahren, Finanzvorschriften, die Vergabe öffentlicher Aufträge, die Lenkung des Programms und die Sicherheit betreffen. In dieser Verordnung sind auch bestimmte Vorschriften für die einzelnen Komponenten festgelegt.

    3.3.

    Die Agentur für das Europäische GNSS, die für die Einführung einer neuen Generation von Satellitennavigationssystemen (GNSS) zuständig ist, wird durch die Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm abgelöst, die insbesondere durch Tätigkeiten im Bereich der Sicherheit, der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Vermarktung der von Galileo und EGNOS angebotenen Dienste zum Programm beitragen soll.

    3.4.

    Das neue Weltraumprogramm zielt darauf ab,

    hochwertige und aktuelle sowie erforderlichenfalls sichere Weltraumdaten, -informationen und -dienste bereitzustellen;

    den sozioökonomischen Nutzen zu maximieren;

    die Sicherheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu verstärken;

    die Rolle der Union als wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne zu fördern.

    3.5.

    In der vorgeschlagenen Verordnung wird der Gesamtetat für alle Weltraumaktivitäten der Union, einschließlich der Forschung, auf 16 Mrd. EUR für den Zeitraum 2021–2027 festgesetzt (gegenüber 12,6 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020). Dieser Finanzrahmen bildet den vorrangigen Bezugsrahmen gemäß der interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 über die Haushaltsdisziplin und wird wie folgt aufgeteilt:

    Galileo + EGNOS 9,7 Mrd. EUR;

    Copernicus 5,8 Mrd. EUR;

    SST/Govsatcom 0,5 Mrd. EUR.

    3.6.

    In der neuen Verordnung werden auch die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen den Beteiligten sowie die Beziehungen zu internationalen Organisationen und Drittländern behandelt.

    3.7.

    Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Umsetzung des Weltraumprogramms auf der Grundlage noch festzulegender Leistungsindikatoren vor.

    3.8.

    Darüber hinaus wird das Programm mindestens alle vier Jahre einer Bewertung unterzogen. Die Ergebnisse der Bewertungen werden zusammen mit den Bemerkungen der Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat sowie dem EWSA und dem Ausschuss der Regionen mitgeteilt.

    4.   Allgemeine Bemerkungen

    4.1.

    Die EU kann zweifelsohne für sich in Anspruch nehmen, rechtzeitig ihre eigene Weltraumpolitik entwickelt zu haben und heute von den anderen Weltraummächten unabhängig zu sein, insbesondere mit Blick auf jenen Partner, der einst als zuverlässig galt, mittlerweile jedoch unberechenbar agiert.

    4.2.

    Der EWSA unterstützt die Union in ihren verstärkten Bemühungen, eine große, unabhängige Weltraummacht zu bleiben und die Mittel zur Verfügung zu stellen, um ihre technischen Ressourcen weiter auszubauen. Der Weltraumsektor braucht beträchtliche finanzielle Mittel. Ohne ein entsprechendes Budget kann es keine ehrgeizige Weltraumpolitik geben.

    4.3.

    Es ist deshalb unbedingt zu begrüßen, dass die Union laut Verordnungsentwurf die notwendigen finanziellen Mittel für ihre Pläne bereitstellt, in diesem Fall eine Finanzausstattung für das Programm in Höhe von 16 Mrd. EUR, die einen „vorrangigen Mindestbezugsrahmen“ bildet. Daraus folgt, dass sich das Parlament und der Rat sowie die Kommission bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs verpflichten, von diesem Betrag während der gesamten Laufzeit des Programms nicht mehr als 10 % abzuweichen (außer in Ausnahmefällen). Der EWSA bekräftigt jedoch seine Forderung, in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank neue Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung von Projekten der weltraumbezogenen Forschung, Entwicklung und Herstellung durch private Unternehmen, KMU und Start-ups zu erschließen, beispielsweise in den Bereichen Nanosatelliten, miniaturisierte Antriebssysteme, Verlängerung der Satellitenlebensdauer, neue Anwendungen zur Erdbeobachtung usw.

    4.4.

    Darüber hinaus können Weltraumforschung und -innovation, die unbedingt gestärkt werden müssen, wenn die Union auch weiterhin an der Spitze der Entwicklung stehen möchte, durch das Programm Horizont Europa im Rahmen des Arbeitsprogramms „Führende Rolle bei grundlegenden und industriellen Technologien“ in Höhe von 13,5 Mrd. EUR finanziert werden.

    4.5.

    In diesem Zusammenhang ist es nur gutzuheißen, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit die Fortsetzung seiner Beteiligung am europäischen Raumfahrtprogramm beantragen möchte. Der EWSA bedauert jedoch, dass nur 20 der derzeit 28 EU-Mitgliedstaaten Mitglied der ESA sind.

    4.6.

    In Bezug auf die spezifischen Ziele des Weltraumprogramms begrüßt der EWSA, dass neue Anwendungen und Dienste den Entwicklungen in den Bereichen autonomes Fahren, Drohnen, Robotik und Internet der Dinge (Galileo) Rechnung tragen und — im Interesse der Menschheit — der Schwerpunkt auf die Beobachtung des Klimawandels (beispielsweise durch die Überwachung der anthropogenen CO2- und Treibhausgasemissionen), die Flächennutzung zur Unterstützung der Landwirtschaft, die Beobachtung der Polargebiete, die Wald- und Wasserbewirtschaftung und die Erfassung kleiner Objekte (zum Beispiel Schiffe) zur Überwachung des illegalen Handels gelegt wird (Copernicus).

    4.7.

    Der EWSA unterstützt auch den Vorschlag, dem SST mehr Autonomie und Kapazitäten zum Schutz der Weltrauminfrastruktur und der Erde vor Weltraumgefahren zuzuweisen, sowie die Schaffung neuer Aktivitätsbereiche zur Beobachtung von Trümmerteilen (Weltraumschrott) und extremen Weltraumwetterereignissen infolge von Sonnenaktivität, Asteroiden und Kometen (erdnahe Objekte). Von der Problematik des Weltraumschrotts sind mehr als 60 Staaten, die derzeit Satelliten besitzen oder betreiben, direkt betroffen. Diese Beobachtung des Weltraums ist in der Tat von entscheidender Bedeutung, da die Gefahr besteht, dass für das tägliche Leben der Bürger wesentliche Infrastrukturen beschädigt werden, mit den damit verbundenen Unterbrechungen der Dienstleistungen, Unannehmlichkeiten und wirtschaftlichen Verlusten.

    4.8.

    Die neue Govsatcom-Initiative wird den Bedürfnissen einer sicheren europäischen Satellitenkommunikation (Grenzüberwachung, Seeschifffahrt, Polizeieinsätze, Katastrophenschutz, humanitäre Hilfe, auswärtiges Handeln der EU usw.) gerecht und wird die Verbesserung der Sicherheit und Unabhängigkeit Europas bei künftigen sicheren Telekommunikationssystemen und -diensten ermöglichen, was der EWSA natürlich begrüßt.

    4.9.

    Die Union kann folglich auf große Erfolge in der Weltraumwirtschaft verweisen. Allerdings stellt der EWSA fest, dass die Union in ihrer Kommunikationsarbeit den Bürgern die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorteile der Weltraum-Aktivitäten nur sehr zurückhaltend vermittelt. Vielen Bürgern ist nicht bewusst, dass sie beispielsweise bei der Verwendung ihres Mobiltelefons oder Smartphones, der Nutzung von Navigationssystemen, dem Fernsehen per Satellit, dem Reisen auf dem Land-, See- und Luftweg oder dem Abheben von Geld Weltraumdienste in Anspruch nehmen. Es wird daher notwendig sein, durch eine angemessene Informationskampagne sicherzustellen, dass die Bürger erkennen, dass die europäischen Weltraumaktivitäten in ihrem täglichen Leben unverzichtbar sind, für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen sorgen und einen Gewinn für ihre Sicherheit darstellen.

    4.10.

    Ebenso ist die Maximierung des Weltraumnutzens für die europäische Wirtschaft noch lange nicht erreicht. Die Möglichkeiten des Programms zur Erdbeobachtung und Nutzung der riesigen hierdurch anfallenden Datenmengen werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Der EWSA fordert, dass die potenziellen Nutznießer, insbesondere in der Schifffahrt und Landwirtschaft, gezielt informiert und sensibilisiert werden.

    4.11.

    Wie die Kommission mitteilt, hat der Raumfahrtsektor Schwierigkeiten bei der Einstellung von geeignetem Personal. Der EWSA ist der Ansicht, dass die Weltraumwissenschaft in die schulischen Lehrpläne aufgenommen und die Hochschulen der Mitgliedstaaten dafür sensibilisiert werden sollten, einen Masterstudiengang Raumfahrttechnik anzubieten.

    4.12.

    Auf internationaler Ebene steht die europäische Raumfahrt vor der Herausforderung eines überaus starken Wettbewerbs, da die Weltraumaktivitäten aufgrund der wachsenden privatwirtschaftlichen Beteiligung zunehmend kommerziellen Charakter haben. Die meisten Aktivitäten der großen europäischen Akteure finden außerhalb Europas statt. Daraus folgt, dass die Bedeutung des Binnenmarkts unbedingt gestärkt und der Grundsatz der „europäischen Präferenz“ in der Weltraumwirtschaft angewandt werden muss.

    4.13.

    Wie die Kommission feststellt, ist die Raumfahrt Teil einer globalen Wertschöpfungskette, die vor großen Veränderungen steht, durch die die traditionellen Grenzen des Raumfahrtsektors ausgedehnt werden. Dieser „neue Weltraum“ („New Space“) revolutioniert den Raumfahrtsektor nicht nur aus technologischer Sicht, sondern auch im Hinblick auf das Geschäftsmodell. Deshalb ist es überaus wichtig, dass die Union den gesamten Raumfahrtsektor aktiv unterstützt, insbesondere Forschung und Entwicklung, Start-up-Unternehmen und Innovationszentren in diesem Bereich. Der EWSA bedauert, dass sich die Kommission in dem Verordnungsvorschlag auf die Ankündigung beschränkt, dass das Raumfahrtprogramm die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in Form von Weltraumhubs fördert, die auf nationaler und regionaler Ebene die Akteure des Weltraums und der digitalen Technologien zusammenbringen, und keine weiteren Angaben zu der Funktionsweise und Finanzierung solcher Hubs macht.

    Ein solches Projekt „New Space“ könnte die Entwicklung der Wirtschaft der Weltraumressourcen (Space Mining) mit dem Ziel umfassen, natürliche Ressourcen außerhalb des Erdorbits zu erschließen und zu gewinnen. Asteroiden beispielsweise können Nickel, Platin, Eisen und Kobalt enthalten. So schätzt die NASA den Wert des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter (mit mehr als einer Million Objekten) auf 700 Trillionen Dollar. Diese Ressourcen können entweder zur Erde gebracht oder im Weltraum als Energiequelle für Satelliten bzw. zum Bau von Raumbasen genutzt werden, von denen dann Erkundungsreisen in entlegenere Teile des Weltalls starten könnten.

    4.14.

    Luxemburg ist nach den USA weltweit das zweite Land, das über einen von manchen in Frage gestellten rechtlichen Rahmen zur Erkundung und kommerziellen Nutzung von Weltraumressourcen verfügt. Auch die EIB beteiligt sich mit einer beratenden Funktion an dem Projekt, ebenso wie die ESA, die sich über ihren Beratungsdienst für Finanzinnovationen mit Stellungnahmen und Orientierungshilfen einbringen möchte.

    4.15.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass die Union sich in technologischer, finanzieller und rechtlicher Hinsicht stärker an der Forschung im Rahmen des Space Mining beteiligen und sicherstellen sollte, dass das Projekt einen klaren europäischen Wert behält, zumal bereits andere amerikanische, arabische und asiatische Organisationen und Unternehmen an dem Projekt beteiligt sind.

    4.16.

    Europa benötigt Trägerraketen, die an die kommerzielle und institutionelle Nachfrage angepasst sind, wenn es weiterhin einen unabhängigen Zugang zum Weltraum haben möchte. Wiederverwendbare Raketen stellen dabei eine besonders vielversprechende Entwicklung dar, durch die Kosten gesenkt und die Fristen zwischen den Starts verkürzt werden. Auf dem kommerziellen Markt ist der Wettbewerb weiterhin hart und zuweilen unlauter. Der EWSA fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zur Unterstützung der europäischen Forschung und Einrichtungen der Startinfrastruktur zu prüfen und dabei die entscheidende Bedeutung der Wahrung eines unabhängigen Zugangs zum Weltraum für Europa zu berücksichtigen.

    4.17.

    Auch wenn die Mitgliedstaaten nach dem AEUV die Zuständigkeit haben festzulegen, welche Dienste von allgemeinem Interesse sind, beeinträchtigt dies in keiner Weise die Zuständigkeiten der Union zur Festlegung solcher Dienste auf EU-Ebene, sofern dies zur Umsetzung der Ziele der Union notwendig erscheint. Der EWSA fordert die EU-Organe auf, die Existenz und Notwendigkeit von Diensten von allgemeinem Interesse für die Union in den Bereichen anzuerkennen, in denen die Maßnahmen der EU zur Erreichung ihrer Ziele wirksamer sind, wie dies eindeutig für den Raumfahrtsektor der Fall ist.

    Brüssel, den 17. Oktober 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  Der ESA gehören 22 Mitgliedstaaten an. Die für die Raumfahrt zuständigen nationalen Einrichtungen folgender Länder sind im ESA-Rat vertreten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich. Kanada arbeitet ebenfalls im ESA-Rat mit und beteiligt sich über ein Kooperationsübereinkommen an einigen Projekten. Slowenien ist assoziiertes Mitglied. Sieben EU-Mitgliedstaaten sind „Europäische Kooperationsstaaten“: Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, die Slowakische Republik und Zypern.


    Top