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Document 52018AE2256
Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Communication from the Commission to the European Parliament, the European Council, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions: Engaging, connecting and empowering young people: a new EU Youth Strategy’ (COM(2018) 269 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Beteiligung, Begegnung und Befähigung: eine neue EU-Strategie für junge Menschen“ (COM(2018) 269 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Beteiligung, Begegnung und Befähigung: eine neue EU-Strategie für junge Menschen“ (COM(2018) 269 final)
EESC 2018/02256
ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 142–147
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
15.2.2019 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 62/142 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Beteiligung, Begegnung und Befähigung: eine neue EU-Strategie für junge Menschen“
(COM(2018) 269 final)
(2019/C 62/24)
Berichterstatter: |
Michael McLOUGHLIN |
Mitberichterstatter: |
Adam ROGALEWSKI |
Befassung |
Europäische Kommission, 18.6.2018 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
|
|
Zuständige Fachgruppe |
Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft |
Annahme in der Fachgruppe |
26.9.2018 |
Verabschiedung auf der Plenartagung |
18.10.2018 |
Plenartagung Nr. |
538 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
116/4/2 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die EU-Strategie für junge Menschen 2019–2027 (im Folgenden „Strategie“). Insbesondere begrüßt er diesbezüglich die Einsetzung eines EU-Jugendkoordinators. |
1.2. |
Der EWSA ist der Auffassung, dass die Strategie aufgrund ihres bereichsübergreifenden Charakters stärker mit bestehenden EU-Programmen wie Erasmus+, der Jugendgarantie und dem Europäischen Solidaritätskorps verknüpft sein sollte. |
1.3. |
Der EWSA ist der Ansicht, dass sich die Strategie an den drei folgenden Zielen orientieren sollte, wenn sie konkrete Ergebnisse erbringen soll:
|
1.4. |
Nach Ansicht des EWSA sollte der Anwendungsbereich der Strategie um Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung junger Menschen erweitert werden, um sie mit den Rechten, dem Wissen und den Fertigkeiten auszustatten, die sie zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Digitalisierung, dem Klimawandel und zunehmendem Populismus benötigen. |
1.5. |
Der EWSA empfiehlt, in der Strategie der sektorübergreifenden Arbeit im Zusammenhang mit anderen relevanten Bereichen der EU-Politik hohen Stellenwert beizumessen, u. a. in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Migration und Gleichstellung. |
1.6. |
Der Ausschuss empfiehlt, in der Strategie die Beschäftigungsprobleme junger Menschen stärker zu berücksichtigen, insbesondere hinsichtlich der Debatte über die Zukunft der Arbeit sowie im Zusammenhang mit anderen gesellschaftlichen Problemen wie der psychischen Gesundheit, der Gleichstellung und der Bildung. |
1.7. |
Zwar stimmt der EWSA mit der Kommission darin überein, dass die Strategie die Demokratie fördern sollte, doch sollte sie nach Auffassung des EWSA auch umfassenderes bürgerschaftliches Engagement einschließlich der Teilnahme an Wahlen, Freiwilligentätigkeit und von jungen Menschen geführte NGO, die Demokratie am Arbeitsplatz und den sozialen Dialog fördern. |
1.8. |
Der Ausschuss ist überzeugt, dass die Teilhabe junger Menschen an der Beschlussfassung über einmalige Veranstaltungen hinaus gefördert werden sollte. Zudem müssen Jugend-Freiwilligenorganisationen und nationale Jugendräte stärker an der weiteren Entwicklung des Jugenddialogs beteiligt und neue Wege genutzt werden. Die EU-Institutionen sollten sich in dieser Hinsicht als Vorreiter hervortun, mit dem EWSA an der Spitze der Institutionen, die sich für die Teilhabe junger Menschen auf EU-Ebene einsetzen. |
1.9. |
Neben langfristigen Investitionen in öffentliche Dienstleistungen muss auch für eine Aufstockung der Mittel für die Jugendarbeit geworben werden, vor allem dort, wo bei den öffentlichen Dienstleistungen Kürzungen erfolgt sind. |
1.10. |
Die Strategie muss einen rechtebasierten Ansatz verfolgen, bei dem z. B. gegebenenfalls auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes Bezug genommen werden könnte. |
1.11. |
In der Strategie müssen junge Frauen und Mädchen, junge LGBTIQ+, junge Menschen mit Behinderungen sowie junge Migranten und Flüchtlinge stärker berücksichtigt werden. |
1.12. |
In der Jugendpolitik sollten die Mitgliedstaaten zu stärkerer Angleichung auf hohem Niveau verpflichtet werden. Hier sollten die Mitgliedstaaten angehalten werden, Pläne aufzustellen, die entsprechende Bereiche abdecken. Um dies zu erreichen, sollte das Indikatorenverfahren, das im Rahmen der letzten Strategie eingeleitet wurde, verstärkt werden. |
1.13. |
Der EWSA regt an, beim EU-Jugendportal möglichst viele Online-Tools mit Bezug zum aktuellen Engagement junger Menschen zu nutzen. |
1.14. |
Zwar begrüßt der EWSA die neue spezifische EU-Strategie für die Jugend, empfiehlt aber nachdrücklich, Jugendfragen in die Arbeit aller Generaldirektionen der Europäischen Kommission einzubeziehen. |
2. Hintergrund
2.1. |
Die vorgeschlagene Strategie ist der dritte von der EU vorgeschlagene Rahmen mit dem Schwerpunkt auf Europas junger Bevölkerung. Die neue Strategie ist auf drei Schwerpunktbereiche ausgerichtet: Beteiligung, Begegnung und Befähigung, im Gegensatz zu den acht Aktionsbereichen der EU-Jugendstrategie 2010-2018: Beschäftigung und Unternehmergeist, soziale Inklusion, Teilhabe, allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheit und Wohlbefinden, Freiwilligentätigkeit, Jugend in der Welt, Kreativität und Kultur. |
2.2. |
Die wichtigsten Neuerungen dieser Strategie umfassen die Einsetzung eines EU-Jugendkoordinators, die Ersetzung des strukturierten Dialogs mit jungen Menschen durch den EU-Jugenddialog und die Umwandlung einer Reihe von früheren Zielen in allgemeinere sektorübergreifende Bestrebungen, die auf die Erschließung neuer Kommunikationskanäle zwischen jungen Menschen und politischen Entscheidungsträgern abzielen. |
2.3. |
Wie bei den Vorgängerstrategien wurde die Jugendgarantie nicht in die Strategie aufgenommen. Sie ist Teil des Europäischen Sozialfonds Plus. |
2.4. |
Im Bereich der Strategie existieren viele Initiativen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. Im Rahmen von Erasmus+, der Jugendgarantie, der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen und des Europäischen Sozialfonds wird viel geleistet. Andere wichtige Bereiche sind in diesem Zusammenhang die Agenda für Kompetenzen und das Europäische Solidaritätskorps. Gleichzeitig haben auch andere Maßnahmen Auswirkungen auf junge Menschen, und zwar in den sogenannten sektorübergreifenden Bereichen (beispielsweise Verkehr, soziale Angelegenheiten, Gesundheit, auswärtiges Handeln und Landwirtschaft). Darüber hinaus verfügen die Mitgliedstaaten jeweils über ihre eigenen Konzepte im Bereich der Jugendpolitik und in anderen Bereichen mit Auswirkungen auf junge Menschen. |
2.5. |
Jugendpolitische Themen sind u. a. in die europäische Säule sozialer Rechte, die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und deren Nachhaltigkeitsziele eingebettet. |
2.6. |
Der EWSA hat bereits zahlreiche Stellungnahmen zu Jugendfragen verabschiedet, z. B. zur Beschäftigungsinitiative für junge Menschen (1), zur Jugendgarantie (2), zum Europäischen Solidaritätskorps (3) oder unlängst zu einem europäischen Rahmen für hochwertige und nachhaltige Berufsausbildungen (4). Darüber hinaus hat er die Umsetzung der EU-Maßnahmen für Jugendbeschäftigung in sechs ausgewählten Mitgliedstaaten aus Sicht der Zivilgesellschaft bewertet (insbesondere die Jugendgarantie). |
2.7. |
In der von jungen Menschen organisierten Anhörung des EWSA für diese Stellungnahme kam große Verunsicherung unter den jungen Menschen zum Ausdruck. Sie fühlen sich großem Druck ausgesetzt und erfahren geringe Akzeptanz, wenn sie von der Norm abweichen oder die Schule abbrechen. Einige junge Menschen sprachen davon, dass sie sich schon als Jugendliche Gedanken über ihre Rente machen müssten. Der Übergang ins Berufsleben bleibt eine Herausforderung, und es wurde Unzufriedenheit geäußert über die Diskriminierung bei der Entlohnung junger Menschen, die die gleiche Arbeit verrichten, allein aufgrund ihres Alters. Auch die Wohnungssuche und der Verkehr wurden als Problembereiche genannt, ebenso wie die Digitalisierung und Probleme im Zusammenhang mit der Anerkennung und Validierung von Kompetenzen, die über nichtformales Lernen erworben wurden. |
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1. |
Der EWSA begrüßt die Strategie. Sie sollte ein umfassender Plan sein, der zu den angestrebten Ergebnissen führt und einen Mehrwert für junge Menschen schafft; dabei sollte sie mehr leisten als all ihre Teile zusammengenommen und wirksamer sein als eine Sammlung unterschiedlicher Aktionen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Strategie stärker mit bestehenden EU-Programmen wie Erasmus+, der Jugendgarantie oder dem Europäischen Solidaritätskorps verknüpft sein sollte. |
3.2. |
Ganzheitliche Konzepte haben in der Politik in jüngster Zeit an Popularität gewonnen und sind auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten zur gängigen Praxis geworden. Dies ist zu begrüßen, da damit anerkannt wird, dass sich gesellschaftliche Probleme nicht immer in präzise administrative Kategorien einteilen lassen. Es ist eine große Herausforderung, die traditionelle Verteilung der Rollen, Finanzmittel und Kulturen zu überwinden; es muss sichergestellt werden, dass ein „ganzheitlicher Ansatz“ nicht zu einer Art Allheilmittel wird, sobald ein Problem zu schwierig wird oder sich die politischen Entscheidungsträger einfach für andere Optionen entscheiden wollen. |
3.3. |
Auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten sollte die Umsetzung der EU-Jugendpolitik nach Auffassung des EWSA sichtbarer und nachhaltiger sein, wenn sie einer ordentlichen Bewertung unterzogen wird (beispielsweise im Rahmen des Europäischen Semesters und des sozialpolitischen Scoreboards). |
3.4. |
Insgesamt muss bei der vorgeschlagenen Strategie stärker auf einen rechtebasierten Ansatz gesetzt werden. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Bereich, da das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (das sich selbstverständlich nicht auf alle bezieht, die unter die Kategorie „junge Menschen“ fallen) so konzipiert ist und eine regelmäßige Überprüfung der Leistungen der Staaten unter Verwendung vereinbarter Parameter vorsieht. In Bezug auf die Jugendarbeit an sich und die Rolle des Freiwilligensektors sind die Vorschläge durchaus tragfähig. Diese Tatsache ist insofern entscheidend, als es auf internationaler Ebene neue, stärker instrumentalisierte Ansätze für die Arbeit mit jungen Menschen gibt. |
3.5. |
Der EWSA ist der Auffassung, dass die Strategie eine echte Angleichung auf hohem Niveau zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Jugendpolitik fördern sollte. Dies ist deshalb besonders wichtig, da allen Mitgliedstaaten beträchtliche EU-Mittel (z. B. Erasmus) zur Verfügung gestellt werden. In anderen von der EU finanzierten Bereichen existiert ein Kofinanzierungsmodell, das die Konvergenz und einen umfassenderen EU-weiten gemeinsamen Ansatz fördert. Der EWSA ist der Auffassung, dass daraus auch zahlreiche Lehren für die EU-Jugendstrategie gezogen werden können. |
3.6. |
Der EWSA stimmt zwar mit der Kommission in Bezug auf die ausschlaggebende Rolle von Jugendarbeitern und deren einzigartigen Wert beim Übergang junger Menschen ins Erwachsenenleben überein, betont jedoch, dass die Qualität der Jugendarbeit weitgehend von der Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen abhängt. In einigen Mitgliedstaaten haben Kürzungen und Lohnstopps im öffentlichen Sektor nicht nur zu einer Verschlechterung der Qualität der Jugendarbeit, sondern auch zu zahlreichen unbesetzten Stellen in diesem Bereich geführt. Deshalb spricht sich der EWSA für mehr Investitionen in öffentliche Dienstleistungen aus. |
3.7. |
Dessen ungeachtet weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass die Mitgliedstaaten eigene Mittel für die Jugendpolitik bereitstellen müssen. In dieser Hinsicht sind die Vorschläge zur Nachverfolgung der Ausgaben besonders ermutigend; sie sollten aber die Arbeiten der Mitgliedstaaten und andere sektorübergreifende Politikbereiche mit einbeziehen. Die Nachverfolgung sollte nach Auffassung des EWSA unter Einbeziehung der Sozialpartner und der zivilgesellschaftlichen Organisationen auf allen Ebenen erfolgen. |
3.8. |
Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission, dass die Mitgliedstaaten innovative und alternative Formen der demokratischen Teilhabe prüfen sollten. Er hält jedoch mehr Unterstützung, einschließlich finanzieller Unterstützung, für bestehende Formen des gesellschaftlichen Engagements für dringend erforderlich, so etwa Freiwilligentätigkeit, Jugendräte, die Mitarbeit in zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften oder Betriebsräten. Da junge Menschen die Zukunft Europas sind, sollten sie ermuntert werden, sich an Kommunalwahlen und der Europawahl zu beteiligen und sich auf alle möglichen Arten bürgerschaftlich und politisch zu engagieren. |
3.9. |
Nach Auffassung des EWSA sollte im Rahmen des Anwendungsbereichs der Strategie, die auf drei Handlungsbereiche ausgerichtet ist: BETEILIGUNG, BEGEGNUNG und BEFÄHIGUNG, der letztgenannte Bereich um Maßnahmen erweitert werden, die junge Menschen schützen und unterstützen und sie mit den Fertigkeiten ausstatten sollen, die sie zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Digitalisierung, des Klimawandels und des zunehmenden Populismus benötigen. Da der „Schutz“ ihrer Bürgerinnen und Bürger eine der Prioritäten der EU ist, sollten junge Menschen nach Auffassung des Ausschusses ebenso wie Erwachsene in diese Priorität aufgenommen werden. Junge Menschen sollten daneben auch vom Konzept der „digitalen Gerechtigkeit“ profitieren, für das sich der EWSA starkmacht (5) und das darauf abzielt, die Bürgerinnen und Bürger der EU vor den negativen Aspekten der digitalen Revolution zu schützen, bzw. im weiter gefassten Rahmen des „gerechten Übergangs“, der von der IAO propagiert wird. |
Jugend und Arbeitswelt
3.10. |
Obgleich die Strategie klar sein und nicht allzu viele Ziele umfassen sollte, ist der Ausschuss der Ansicht, dass in der aktuellen Strategie sozial- und beschäftigungspolitischen Aspekten, die für junge Menschen relevant sind (vor allem was die Debatte über die Zukunft der Arbeit angeht), mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Dazu zählen u. a. die Digitalisierung, Plattformen, Fragmentierung und Prekarisierung des Arbeitsmarkts, von denen vor allem junge Menschen betroffen sind. |
3.11. |
Für viele junge Menschen ist das „Jobben“ neben dem Studium zur Normalität geworden. Aus diesem Grund ist der EWSA der Auffassung, dass im Rahmen der künftigen EU-Jugendpolitik die Demokratie am Arbeitsplatz gefördert werden sollte, u. a. durch den Ausbau des sozialen Dialogs und den Schutz der Arbeitnehmerrechte junger Menschen. Jugendliche sollten auf dem Arbeitsmarkt genauso behandelt werden wie Erwachsene, insbesondere sollten sie denselben Mindestlohn (6), Zugang zu Renten und Schutz vor prekären Arbeitsverträgen (Null-Stunden-Verträge), unbezahlten Praktika oder Scheinselbständigkeit erhalten. Die Stimme junger Menschen sollte auch in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gehört werden. Darüber hinaus sollte die Beteiligung junger Menschen an Vertretungsstrukturen am Arbeitsplatz (Gewerkschaften und Betriebsräte) stärker gefördert werden, wie dies in einigen Ländern der Fall ist, wo es spezielle Jugendvertrauensräte in den Betrieben gibt. |
3.12. |
Zudem sind einige junge Menschen auch Eltern, weshalb Maßnahmen der EU, wie z. B. eine neue Richtlinie über die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, auch für junge Menschen wichtig sind, die Arbeit und Ausbildung sowie die Betreuung ihrer Angehörigen miteinander in Einklang bringen müssen. Aufgrund der Digitalisierung der Arbeitswelt werden junge Menschen zweifellos eine ganz andere Beschäftigungssituation vorfinden als ihre Eltern. Der EWSA empfiehlt angesichts der Bedeutung der Arbeitsmarktpolitik für das Leben junger Menschen, sozial- und beschäftigungspolitische Maßnahmen in der Strategie stärker zu berücksichtigen. |
3.13. |
Der Arbeitsmarkt hat besondere Bedeutung, da Jugendliche in vielen Ländern in den Jahren nach der Wirtschaftskrise von 2008 am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Obwohl die Jugendarbeitslosigkeit zurückgegangen ist, war die Zahl der arbeitslosen jungen Menschen fast doppelt so hoch wie die Zahl der erwerbstätigen jungen Menschen (7). In vielen Fällen ist die Qualität der in letzter Zeit geschaffenen Arbeitsplätze geringer als vor der Krise, oder der Zugang zu einer unbefristeten Vollzeitbeschäftigung ist schlechter (z. B. befristete Verträge, Null-Stunden-Verträge). |
Bildung und Gesundheit junger Menschen
3.14. |
Mit der Strategie soll gewährleistet werden, dass nicht vertretene Jugendliche von den politischen Entscheidungsträgern gehört werden. Dazu sind weitere Maßnahmen erforderlich, um arbeitsmarkt- und bildungsferne Jugendliche in die Gesellschaft zu integrieren. Trotz eines leichten Rückgangs der Zahl junger Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren (NEETs), befanden sich im Jahr 2017 immer noch 10,9 % der 15- bis 24-Jährigen und 17,7 % der 25- bis 29-Jährigen in dieser Situation. Die Verbesserung von Kompetenzen und Qualifikationen wirkt sich auf die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen zwar positiv aus, das Beschäftigungswachstum wird durch diesen Faktor allein aber nicht entscheidend beeinflusst. Eine solche fehlende Teilhabe hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben und die Ambitionen junger Menschen, da sie zu Armut und sozialer Ausgrenzung führen kann. Darüber hinaus entstehen staatlichen Stellen Kosten, wenn NEETs weder in Ausbildung noch in Beschäftigung gebracht werden. Diese Kosten werden von Eurofound (2012, 2014) auf 1,2 % des nationalen BIP geschätzt. NEETs sind darüber hinaus anfälliger für extremistische und fremdenfeindliche Ideologien. |
3.15. |
Grundsatz 4 der europäischen Säule sozialer Rechte zur aktiven Unterstützung für Beschäftigung lautet: „Junge Menschen haben das Recht auf eine Weiterbildungsmaßnahme, einen Ausbildungsplatz, einen Praktikumsplatz oder ein qualitativ hochwertiges Beschäftigungsangebot innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre Ausbildung abgeschlossen haben.“ Die Strategie für junge Menschen sollte zur Verwirklichung dieses Grundsatzes beitragen, insbesondere durch die Förderung des Aufbaus von Bündnissen zwischen der Zivilgesellschaft und den Sozialpartnern für die Gestaltung und Begleitung der verschiedenen einschlägigen Maßnahmen. Besonderes Augenmerk sollte auf Strategien gelegt werden, die auf arbeitsmarktfernere junge Menschen abheben, um sie wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern oder ihnen die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen. |
3.16. |
Die EU-Strategie für junge Menschen sollte diese Gruppen über eine gesamteuropäische Strategie zu erreichen versuchen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden, den europäischen Sozialpartnern, nationalen Jugendräten und dem Jugendbereich ist für den Erfolg dieser Bemühungen ausschlaggebend. |
3.17. |
Im Allgemeinen verbringen junge Menschen einen Großteil ihrer Zeit mit Bildung (Voll- oder Teilzeit). Dies ist ein weiterer Bereich, in dem die EU nur über eine begrenzte Zuständigkeit verfügt — abgesehen davon, dass sie gemäß dem ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte für Folgendes zu sorgen hat: „Jede Person hat das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen.“ Auch diesem Aspekt war in der Vorgängerstrategie ein eigener Aktionsbereich gewidmet. |
3.18. |
Der Bereich der psychischen Gesundheit junger Menschen ist für die Jugendarbeit sowie für jede professionelle Interaktion mit jungen Menschen von zentraler Bedeutung. Generell liegt die Gesundheit in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, aber da die psychische Gesundheit ein Aspekt der öffentlichen Gesundheit ist, bei der eine Zuständigkeit der EU gegeben ist, sollte sie bei der im Rahmen der Strategie vorgesehenen bereichsübergreifenden Arbeit ausreichend berücksichtigt werden. Besondere Aufmerksamkeit muss daher Problemen wie Angststörungen, Depressionen und Selbstmordraten bei Jugendlichen gelten. |
3.19. |
Auf der Ebene der Mitgliedstaaten gibt es immer mehr Beispiele für bewährte Verfahren bei der Arbeit mit jungen Menschen. Außerdem wurde nachgewiesen, dass die Jugendarbeit positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit junger Menschen hat. Nach Auffassung des EWSA sollte der Bereich der psychischen Gesundheit junger Menschen in der Strategie stärker beachtet werden. |
3.20. |
Daneben liegt bei vielen nationalen Maßnahmen der Schwerpunkt auf der körperlichen Gesundheit junger Menschen. Dieser Aspekt bereitet Anlass zu einigen Sorgen. Zunehmende Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen wird ebenso wie Suchtmittelmissbrauch und legale Drogen als besorgniserregend eingestuft. Zwar können die Mitgliedstaaten nach wie vor unterschiedliche Ansätze verfolgen, bei einem sektorübergreifenden Ansatz für die Probleme junger Menschen dürfen diese Themen jedoch nicht ignoriert werden, und eine Auseinandersetzung damit ist auf der Grundlage der einschlägigen Befugnisse der EU erforderlich. Den genannten Punkten waren in der Vorgängerstrategie eigene Aktionsbereiche gewidmet, und dieser Fokus sollte in der sektorübergreifenden Arbeit beibehalten werden. |
Gleichstellung
3.21. |
Zwischen Jugendarbeit, Jugendpolitik und Gleichstellung besteht ein enger Zusammenhang. Die EU hat in diesem Bereich erhebliche Anstrengungen unternommen, und alle Mitgliedstaaten haben einschlägige Gesetze erlassen. Dennoch werden junge Menschen in vielen Fällen immer noch diskriminiert, etwa bei der Wohnungssuche oder bei Dienstleistungen, auf die sie stärker angewiesen sind als andere, wie z. B. öffentliche Verkehrsmittel. Gleichstellungsgesetze sind oft eher auf ältere Menschen zugeschnitten. Es gibt neun allgemeine Verbote von Diskriminierung in den EU-Mitgliedstaaten. Junge Menschen, die dieser Art von Diskriminierung ausgesetzt sind, müssen von der EU-Strategie für die Jugend ausreichend erfasst werden. Aus einer ganzen Reihe von Gruppen sollen folgende Gruppen hervorgehoben werden, die in der Strategie stärker berücksichtigt werden müssen:
|
3.22. |
Bei vielen jugendpolitischen Maßnahmen der EU stand in jüngster Zeit die Radikalisierung im Mittelpunkt. Die Integration muss jedoch Teil einer breiteren Palette von Maßnahmen für junge Menschen sein, was in der Strategie hervorgehoben werden sollte. Außerdem gehört sie selbstverständlich in den Rahmen von Jugendbeschäftigungsprogrammen. |
4. Besondere Bemerkungen
4.1. |
Der EWSA begrüßt, dass die Position des EU-Jugendkoordinators geschaffen werden soll, der junge Menschen anhören und die sektorübergreifende Dimension der Jugendpolitik beeinflussen soll. Der Schwerpunkt sollte auf Letzterem liegen. Der Koordinator sollte einen ähnlichen Prozess auf Ebene der Mitgliedstaaten anregen und erleichtern und gemeinsam mit der Kommission an Ratstagungen teilnehmen. |
4.2. |
Die Vorschläge für nationale Aktionspläne im Jugendbereich sind ebenfalls sehr zu begrüßen. Bei der Unterstützung junger Menschen besteht Bedarf an klaren Zielvorgaben, Überwachung und Fortschritten. Der EWSA unterstützt nachdrücklich die Auffassung der Kommission, dass die Finanzierung und nationale Aktionspläne stärker miteinander verknüpft werden sollten. |
4.3. |
Der Übergang von einem strukturierten Dialog hin zu einem inklusiveren Jugenddialog wird nachdrücklich begrüßt. Allerdings ist eine stärkere Inklusion erforderlich, die durch eine Erweiterung der Art und des Wesens der beteiligten Organisationen und durch die Berücksichtigung weiterer Gruppen erreicht werden könnte. Jugend-Freiwilligenorganisationen und nationale Jugendräte sollten für diese Arbeit weiterhin von zentraler Bedeutung sein, da sie jungen Menschen nahe sind und über immense Erfahrung verfügen. |
4.4. |
Die Konsolidierung des europäischen Jugendportals als zentrale digitale Anlaufstelle für junge Menschen, die mit der EU zusammenarbeiten wollen, ist begrüßenswert. Besondere Aufmerksamkeit verdienen jedoch die Verfügbarkeit dieses Portals durch kostenlose Internetverbindungen sowie der Zugang zu Computern insbesondere für benachteiligte Gruppen junger Menschen in den Mitgliedstaaten. Die Kommission sollte daneben auch bedenken, dass junge Menschen viel auf den Plattformen der sozialen Medien unterwegs sind bzw. rasch von einer Plattform zur nächsten wechseln. |
4.5. |
Aus den Vorschlägen geht hervor, dass junge Menschen beim technologischen Wandel im Vorteil sind. Es sei aber darauf hingewiesen, dass es auch junge Menschen gibt, die von der digitalen Welt ausgeschlossen sind. In der Jugendarbeit tätige Personen müssen sich der Vor- und Nachteile (z. B. psychische Probleme und Herausforderungen durch Falschnachrichten) bewusst sein, die sich aus der Beschäftigung junger Menschen mit neuen Technologien ergeben. |
4.6. |
Die Mobilität ist zwar ein zentraler europäischer Wert und ein Kernelement der Jugendprogramme, kann aber auch Nachteile haben, insbesondere in Ländern, die von Auswanderung, Bevölkerungsschwund, einem „Brain Drain“ bzw. der Abwanderung von Arbeitskräften betroffen sind. Abhilfe kann hier jedoch möglicherweise durch die neuen Migranten und Flüchtlinge in Europa geschaffen werden. |
4.7. |
Der EWSA hält die Vorschläge der Kommission zur Validierung des informellen und nichtformalen Lernens für zweckdienlich. In diesem Sinne wären einige im Jugendbereich und darüber hinaus entwickelte Modelle nützlich. |
4.8. |
Glücklicherweise gibt es inzwischen mehr Veranstaltungen für junge Menschen, an denen die EU-Institutionen beteiligt sind — und zwar so viele, dass ihre Bewertung sinnvoll erscheint. Es sollte auch geprüft werden, ob stärkere Synergieeffekte zwischen ihnen erzielt werden könnten. Der strukturierte Dialog hat den Vorzug, dass er kontinuierlich und nicht punktuell ist. Die ständige Beteiligung junger Menschen an Beschlüssen, die sie betreffen, sollte Priorität haben. Es ist wichtig, dass dies nicht nur in der Jugendpolitik, sondern in allen Politikbereichen geschieht. Institutionen, die einmalige Veranstaltungen durchführen, sollten eine kontinuierliche Einbindung junger Menschen in ihre Arbeit anstreben. |
4.9. |
Nach Auffassung des Ausschusses ist im Zeitalter der „Fake News“ und der übermäßigen Abhängigkeit von Online-Instrumenten die unabhängige Information junger Menschen äußerst wichtig. Die Beziehungen zu erwachsenen Vertrauenspersonen sollten ein Hauptmerkmal der Jugendarbeit und -politik bleiben. |
4.10. |
Nach Ansicht des EWSA sollte die Strategie zusammen mit anderen jugendpolitischen Maßnahmen ein wichtiges Instrument für den Umgang mit einer antieuropäischen Stimmung und Populismus unter jungen Menschen sein. |
4.11. |
Zwar begrüßt der EWSA die neue spezifische EU-Strategie für die Jugend, empfiehlt aber nachdrücklich, Jugendfragen in die Arbeit aller Generaldirektionen der Europäischen Kommission einzubeziehen. |
Brüssel, den 18. Oktober 2018
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Luca JAHIER
(1) ABl. C 268 vom 14.8.2015, S. 40.
(2) ABl. C 271 vom 19.9.2013, S. 101.
(3) ABl. C 81 vom 2.3.2018, S. 160.
(4) ABl. C 262 vom 25.7.2018, S. 41.
(5) ABl. C 237 vom 6.7.2018, S. 1