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Document 52017SC0115

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts

SWD/2017/0115 final - 2017/063 (COD)

Brüssel, den 22.3.2017

SWD(2017) 115 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts

{COM(2017) 142 final}
{SWD(2017) 114 final}
{SWD(2017) 116 final}


Zusammenfassung

Folgenabschätzung zur Förderung des Wettbewerbs in der EU zum Nutzen der Unternehmen und Verbraucher – Stärkung der Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts durch die nationalen Wettbewerbsbehörden

A. Handlungsbedarf

Worin besteht das Problem und warum ist ein Tätigwerden auf EU-Ebene erforderlich?

Im Jahr 2004 wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein System der dezentralen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der EU eingeführt. Die Verordnung sollte die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts dadurch verbessern, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden (NWB) befugt wurden, das Wettbewerbsrecht gemeinsam mit der Europäischen Kommission durchzusetzen. Wenngleich die NWB in den vergangenen zehn Jahren zu einer erheblichen Verbesserung der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der EU beigetragen haben, könnten sie noch mehr tun. Jedes Jahr entstehen durch unentdeckte Kartelle, die erfahrungsgemäß Preiserhöhungen von etwa 17 % bis 30 % führen, Verluste in Höhe von 181-320 Mrd. EUR. Aus jüngsten Umfragen sowie den im Rahmen des Europäischen Semesters gewonnenen Erkenntnissen geht hervor, dass in einigen Wirtschaftszweigen in Europa nach wie vor kein wirksamer Wettbewerb herrscht. Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Rolle sowie den Möglichkeiten der NWB, zu handeln und das EU-Wettbewerbsrecht uneingeschränkt durchzusetzen, und dem auf den Märkten bestehenden Wettbewerb.

Die Möglichkeiten der NWB zu einer wirksameren Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts und das Funktionieren des mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eingeführten dezentralen Systems werden insbesondere durch vier Faktoren beeinträchtigt:

1.einen Mangel an wirksamen Instrumenten im Wettbewerbsbereich,

2.einen Mangel an wirksamen Befugnissen zur Verhängung abschreckender Geldbußen,

3.Unterschiede zwischen den nationalen Kronzeugenprogrammen, durch die Unternehmen in ganz Europa davon abgehalten werden, Kartelle aufzudecken,

4.Fehlen von Garantien, dass die NWB bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der EU unabhängig handeln können und über die für ihre Tätigkeit benötigten Ressourcen verfügen.

Wenn die NWB ihr Durchsetzungspotenzial nicht voll entfalten können, wird dadurch einer der wichtigsten Aspekte des Binnenmarkts, nämlich die Gewährleistung eines unverzerrten Wettbewerbs in Europa, beeinträchtigt. Wenn die NWB nicht in vollem Umfang für eine wirksame Durchsetzung des Wettbewerbsrechts sorgen können, dann sind die Voraussetzungen für ein effizientes Funktionieren der Märkte nicht gewährleistet. Dies hat zur Folge, dass kein leistungsbasierter Wettbewerb zwischen den Unternehmen stattfindet und Hindernisse beim Marktzugang bestehen. Das führt wiederum dazu, dass die Verbraucher nicht im gewünschten Maße von den Auswirkungen einer wirksamen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in Form niedrigerer Preise, besserer Qualität, größerer Auswahl und Produktinnovation profitieren können.

Was soll erreicht werden?

Wenn die NWB die EU-Wettbewerbsvorschriften wirksamer durchsetzen, kann das Potenzial des mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eingeführten Systems der dezentralen Durchsetzung voll ausgeschöpft werden. Dadurch würde die Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts durch die NWB sowie das Funktionieren der Märkte in Europa (allgemeines Ziel) gestärkt. Dazu muss im Rahmen der folgenden Einzelziele sichergestellt werden,

1.dass alle NWB über wirksame Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse verfügen,

2.dass abschreckende Geldbußen verhängt werden können,

3.dass alle NWB über ein gut konzipiertes Kronzeugenprogramm verfügen, das die Beantragung der Kronzeugenbehandlung in mehreren Ländern erleichtert und

4.dass die NWB über genügend Ressourcen verfügen und die EU-Wettbewerbsvorschriften unabhängig durchsetzen können.

Worin besteht der Mehrwert des Tätigwerdens auf EU-Ebene (Subsidiarität)? 

Da die NWB EU-Vorschriften mit grenzübergreifender Dimension anwenden, sollte die EU Maßnahmen ergreifen, um die festgestellten Probleme zu beheben. Durchsetzungsmaßnahmen einer NWB in einem Mitgliedstaat können Auswirkungen auf den Wettbewerb, die Unternehmen und die Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten haben, da beispielsweise nationale Kartelle in der Regel Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten ausschließen. Wenn die NWB nicht über die für die Durchsetzung notwendigen Mittel und Instrumente verfügen (z. B. wegen mangelnder Ressourcen), kann dies unmittelbare negative Folgen für Unternehmen und Verbraucher nicht nur im Mitgliedstaat der betreffenden NWB selbst, sondern auch in anderen Mitgliedstaaten haben und zudem die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen den NWB in ganz Europa beeinträchtigen. Da Mitgliedstaat X keine Möglichkeit hat, den Mangel an Mitteln und Instrumenten einer NWB in Mitgliedstaat Y zu beheben, kann das Problem nur durch Maßnahmen auf EU-Ebene bewältigt werden.

B. Lösungen

Durch welche Optionen könnten die Ziele erreicht werden? Wird eine dieser Optionen bevorzugt? Wenn nicht, warum?

Option 1:    Keine Maßnahmen der EU (Basisszenario)

Option 2:    nur nichtlegislative Maßnahmen

Option 3:    Legislative Maßnahmen der EU, die gewährleisten, dass die NWB mit den Mitteln und Instrumenten ausgestattet werden, die sie für die wirksame Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts unbedingt benötigen, ergänzt durch nichtlegislative Maßnahmen und begrenzte detaillierte Vorschriften, soweit dies erforderlich ist

Option 4:    Legislative Maßnahmen der EU, durch die die NWB mit einheitlichen und detailliert ausgestalteten Mitteln und Instrumenten ausgestattet werden.

Die bevorzugte Option ist Option 3.

Welchen Standpunkt vertreten die verschiedenen Interessenträger? Wer unterstützt welche Option?

Alle Kategorien von Interessenträgern (z. B. Unternehmen, Wirtschaftsverbände, Anwaltskanzleien, Verbraucherorganisationen und öffentliche Behörden) sind der Auffassung, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die NWB in die Lage zu versetzen, die Wettbewerbsvorschriften der Union wirksamer durchzusetzen. Dies ging aus einer öffentlichen Konsultation, die am 12. Februar 2016 abgeschlossen wurde, sowie aus Treffen mit Interessenträgern hervor.

Was sind die Vorteile der bevorzugten Option bzw. der wesentlichen Optionen?

Wenn die NWB durch Bereitstellung der benötigten Mittel und Instrumente gestärkt würden, könnten sie das EU-Wettbewerbsrecht wirksamer durchsetzen, sodass die Wettbewerbskultur in Europa weiter gefördert würde. Dies würde zu offeneren, stärker wettbewerbsorientierten Märkten führen, auf denen ein fairerer Leistungswettbewerb zwischen Unternehmen stattfinden könnte, sodass die Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und Wohlstand generieren können und für Investoren attraktiver werden. Ein gestärkter Wettbewerb steigert die Produktivität und in der Folge das Wirtschaftswachstum. Die wirksamere Durchsetzung des Wettbewerbsrechts wird dafür sorgen, dass die Verbraucher in Europa vor Geschäftspraktiken geschützt werden, die bewirken, dass die Preise von Waren und Dienstleistungen auf einem künstlich hohen Niveau verharren, und vergrößert die Auswahl an zu erschwinglichen Preisen angebotenen innovativen Waren und Dienstleistungen. Gemeinsame Mindeststandards für die Untersuchungs- und Sanktionsinstrumente würden zu einer Verringerung der Unterschiede bei der Behandlung von Unternehmen führen und die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts durch die NWB vorhersehbarer machen. Außerdem würde die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden in der EU erleichtert. Ferner würden für im Binnenmarkt grenzübergreifend tätige Unternehmen die Kosten der Anpassung an die unterschiedlichen Rechtsrahmen sinken oder sogar ganz wegfallen. Diese Option wird von einer Mehrheit der Interessenträger befürwortet. Aus der Beurteilung des Nutzens der bevorzugten Option – sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht (z. B. die positiven Auswirkungen auf den Anstieg der totalen Faktorproduktivität, eines wichtigen Bestandteils des BIP) – geht hervor, dass der Nutzen die Kosten der Umsetzung bei Weitem übersteigen wird.

Welche Kosten entstehen bei Umsetzung der bevorzugten Option bzw. der wesentlichen Optionen? 

Die bevorzugte Option würde bei den Behörden Kosten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Rechtssetzungsvorschlags und bei einigen NWB gewisse Kosten aufgrund von Schulungen und der Einarbeitung in das geänderte Regelwerk sowie möglicherweise einer geringfügigen Aufstockung des Personals verursachen. Unternehmen hätten zunächst gewisse Kosten für die Anpassung an die neuen Vorschriften zu tragen (diese Kosten hängen vor allem von dem Mitgliedstaat ab, in dem sie tätig sind). Insgesamt würden für im Binnenmarkt grenzgreifend tätige Unternehmen die Kosten der Anpassung an die unterschiedlichen Rechtsrahmen sinken, sodass der Binnenmarkt gestärkt würde.

Welche Auswirkungen hat die Initiative auf KMU und die Wettbewerbsfähigkeit?

Eine wirksamere Durchsetzung des Wettbewerbsrechts führt zu offeneren, stärker wettbewerbsorientierten Märkten, auf denen Unternehmen (einschließlich KMU und Start-ups) sich in einem fairen Leistungswettbewerb messen und den gesamten Binnenmarkt erschließen können. 

Hat die Initiative spürbare Auswirkungen auf nationale Haushalte und für Behörden?

Die NWB verfügen bereits über den grundlegenden Rahmen für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union, der jedoch bestimmte Lücken bzw. Grenzen aufweist. Die Umsetzungskosten hängen davon ob, inwieweit der gegenwärtige Rahmen es den NWB bereits ermöglicht, die Vorschriften des EU-Wettbewerbsrechts wirksam durchzusetzen. Für Mitgliedstaaten, deren NWB bislang nicht über genügend Ressourcen für die Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen, entstehen zusätzliche Kosten.

Wird es andere nennenswerte Auswirkungen geben? 

Die Ausweitung der Befugnisse der NWB geht nicht über das erforderliche und angemessene Maß hinaus. Außerdem sind Vorkehrungen zur Wahrung der Grundrechte vorgesehen.

Verhältnismäßigkeit

Durch die Einführung von Mindeststandards hinsichtlich der Befugnisse der NWB mit Blick auf eine wirksamere Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts wird ein Gleichgewicht zwischen der Erreichung der übergeordneten Ziele und der Einzelziele auf der einen Seite und der Vermeidung eines übermäßigen Eingreifens in nationale Traditionen auf der anderen Seite angestrebt. Die Mitgliedstaaten sollen weiterhin die Möglichkeit haben, höhere Standards zu setzen und ihre Vorschriften an die nationalen Besonderheiten anzupassen.

D. Folgemaßnahmen

Wann wird die Maßnahme überprüft?

Der neue EU-Rechtsakt wird während des Zeitraums der Umsetzung in nationales Recht überwacht und bewertet. Fünf Jahre nach seiner Umsetzung in nationales Recht wird er einer Ex-post-Bewertung unterzogen, durch die ermittelt werden soll, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden.

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