EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 2.5.2017
COM(2017) 257 final
2017/0087(COD)
Rechtstreue-Paket
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Festlegung der Bedingungen und des Verfahrens für Auskunftsersuchen der Kommission an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen in Bezug auf den Binnenmarkt und damit verbundene Bereiche
{SWD(2017) 215 final}
{SWD(2017) 216 final}
{SWD(2017) 217 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Europa stellt den weltweit größten gemeinsamen Markt dar, in dem die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen das Recht genießen, grenzüberschreitend tätig zu werden, zu studieren, zu reisen, Unternehmen zu gründen und Waren zu liefern bzw. Dienstleistungen zu erbringen, zu ihrem Vorteil nutzen können. Diese Freizügigkeit wird noch durch den Schutz der Gesundheit, Sicherheit sowie der Umwelt und Verbraucher abgerundet, den die EU-Rechtsvorschriften bieten. Damit die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen diese Rechte uneingeschränkt genießen können und sichergestellt ist, dass ihr Vertrauen in den Binnenmarkt ungetrübt bleibt, kommt der Einhaltung von EU-Vorschriften große Bedeutung zu. Aus diesem Grund kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung „Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen“ die Verfolgung einer Strategie der intelligenten Durchsetzung an. Im Rahmen dieser Strategie wird „ein ganzheitliches Konzept verfolgt werden, das alle Phasen der Politikgestaltung von der Konzipierung über die Durchführung bis hin zur Information umfasst, so wie es auch dem Konzept für eine bessere Rechtsetzung entspricht. Dies umfasst die bessere Integration von Bewertungs- und Durchsetzungsaspekten in die Konzipierung von politischen Maßnahmen, die stärkere Unterstützung und Anleitung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Binnenmarktvorschriften und eine kohärentere und effizientere Durchsetzungspolitik, mit der die generelle Einhaltung der Binnenmarktvorschriften und des EU-Rechts im Allgemeinen verbessert werden soll.“
Ein Problem bei der Sicherstellung der Einhaltung der Binnenmarktvorschriften ist der zeitgerechte Zugang zu verlässlichen Daten. Aus diesem Grund kündigte die Kommission an, dass: „[s]ie [...] eine Rechtsetzungsinitiative vorschlagen [wird], die es ihr ermöglichen soll, verlässliche Informationen direkt von ausgewählten Marktteilnehmern zu erheben, damit der Binnenmarkt auch weiterhin funktioniert und verbessert wird.“
Entsprechend hob die Kommission dann in ihrer Mitteilung „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ die Bedeutung eines konsequenten und effizienten Durchsetzungssystems hervor und formulierte, dass „mittels der Durchsetzung des EU-Rechts [...] die Umsetzung politischer Prioritäten unterstützt und ergänzt [wird]. Sie erläuterte, dass sie „[i]m Rahmen ihrer derzeitigen Durchsetzungspolitik kontrolliert [...], wie das EU-Recht angewendet und umgesetzt wird, [...Probleme mit den Mitgliedstaaten [löst], um etwaige Verstöße zu beenden, und [...]gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren [einleitet].“ Dennoch ist die Sicherstellung einer richtigen und vollständigen Anwendung des EU-Rechts nach wie vor eine Herausforderung. Aus diesem Grund hat die Kommission eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um das Durchsetzungssystem zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu stärken und sicherzustellen, dass ihre Rechte auf dem Binnenmarkt geachtet werden. „Die wirksame Durchsetzung der EU-Vorschriften [...] ist für die Europäer wichtig und beeinflusst ihr tägliches Leben.“
In bestimmten Fällen erfordert die Durchsetzung von Binnenmarktvorschriften den Zugang zu verlässlichen Informationen über das Verhalten von Marktteilnehmern und insbesondere zu Marktinformationen in Bezug auf private Unternehmen. Mit diesem Vorschlag wird nicht etwa das Ziel verfolgt, neue Durchsetzungsbefugnisse für die Kommission zu schaffen – etwa die Befugnis, einzelne Marktteilnehmer wegen Verstößen gegen das Unionsrecht im Binnenmarktbereich zu verfolgen. Zweck der Verordnung ist vielmehr die Unterstützung der Kommission bei der Überwachung und Durchsetzung von Binnenmarktvorschriften, indem sie in die Lage versetzt wird, mithilfe sehr gezielter Auskunftsersuchen von ausgewählten Markteilnehmern aktuelle, umfassende und verlässliche quantitative und qualitative Informationen einzuholen. Die vorgeschlagene Verordnung wird dazu beitragen, dass die Kommission die Einhaltung der Binnenmarktrechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen sicherstellen kann und die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ausgebaut wird. Ferner wird „[d]ies [...] der Kommission auch dabei helfen, Verbesserungen in den Bereichen vorzuschlagen, in denen die Bewertung Durchsetzungsdefizite aufzeigt, die auf Mängel in den einschlägigen sektoralen Rechtsvorschriften zurückzuführen sind.“ Die vorgeschlagene Verordnung stellt auf konkrete Fälle ab, in denen die Vorteile einer schnellen und gewissenhaften Umsetzung den Aufwand und die Kosten, welche den beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen auferlegt werden, eindeutig überwiegen.
Das neue Instrument wird in Bereichen zum Einsatz kommen, wo die EU greifbare Ergebnisse von wesentlicher Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen liefern kann. Effizientere Durchsetzungsinstrumente werden die EU in die Lage versetzen, zu handeln und in den von ihr festgelegten vorrangigen Bereichen schneller und wirksamer für eine vollständige Einhaltung der Vorschriften zu sorgen.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich
Der Vorschlag steht im Einklang mit Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), in dem die Errichtung eines Binnenmarkts – in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten – als eines der Hauptziele der EU niedergelegt ist. Zudem entspricht er Artikel 26 EUV, laut dem der EU die Kompetenz zukommt, Maßnahmen zur Sicherstellung eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts zu ergreifen, sowie Artikel 17 EUV, welcher der Kommission die Aufgabe überträgt, für die Anwendung der Vertragsvorschriften und des Sekundärrechts der EU zu sorgen sowie die Anwendung des EU-Rechts zu überwachen. Dieser Vorschlag hat nicht die Schaffung eines neuen Verfahrens zur Durchsetzung des EU-Rechts zum Ziel. Das vorgeschlagene Informationsinstrument kann vielmehr im Zusammenhang mit den bereits bestehenden Verfahren, etwa dem Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zum Einsatz kommen.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Die Kommission verfügt bereits über Untersuchungsbefugnisse zur Durchsetzung der für das Funktionieren des Binnenmarkts notwendigen EU-Wettbewerbsvorschriften. Im Rahmen der Sicherstellung, dass die Vorschriften Anwendung finden, hat sich der Einsatz dieser Befugnisse als sehr wirksam erwiesen: Im Bereich staatlicher Beihilfen konnte die Kommission beispielsweise in zwei Fällen von großer Wirkung wichtige firmeninterne Informationen direkt erheben, was zu der Rückforderung nicht entrichteter Steuern in Gestalt rechtswidriger staatlicher Beihilfen führte.
Darüber hinaus steht dieser Vorschlag im Einklang mit weiteren EU-Rechtsinstrumenten, welche den EU-Organen oder nationalen Behörden die Befugnis erteilen, in bestimmten Bereichen mit Bezug zum Binnenmarkt (z. B. Verbraucherschutz, Finanzdienstleistungen, Marktüberwachung, netzgebundene Wirtschaftszweige) firmeninterne Informationen zu erheben und an die Kommission weiterzuleiten. Die Kommission wird die vorgeschlagene Verordnung ausschließlich als letztes Mittel einsetzen, wenn alle anderen Maßnahmen zur Einholung wesentlicher Auskünfte fehlschlagen.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Dieser Vorschlag beruht auf Artikel 43 Absatz 2, und den Artikeln 91, 100, 114, 192, Artikel 194 Absatz 2 und Artikel 337 AEUV.
Innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat mit einfacher Mehrheit festlegen kann, enthält der Artikel 337 AEUV Bestimmungen über die Befugnisse der Kommission zur Erhebung von Auskünften, die für die Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat bereits befunden, dass dieser Artikel als Rechtsgrundlage für Sekundärrecht im Zusammenhang mit der von der Kommission erbrachten allgemeinen Tätigkeit der Erhebung von Auskünften herangezogen werden kann, wobei die Erhebung nicht zur Erreichung der Ziele einer bestimmten Politik der EU erforderlich sein muss. Allerdings hat der EuGH auch festgestellt, dass ein EU-Rechtsakt nicht allein deshalb unter Artikel 337 AEUV fällt, weil mit ihm ein System der Erhebung von Auskünften eingeführt wird. Aus diesem Grund ist eine Untersuchung geboten, ob die Initiative hinsichtlich ihres Ziels und Inhalts erforderlich ist, um die einer Politik der EU eigens zugewiesenen Ziele zu erreichen. Mit der Initiative wird das Ziel verfolgt, im Hinblick auf die Bewältigung ernster Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung von Binnenmarktvorschriften den Zugang der Kommission zu Marktinformationen, welche für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 17 EUV erforderlich sind, zu verbessern. Dies dürfte nur dabei helfen, die Arbeit der Kommission in Bezug auf die Sicherstellung der Anwendung des EU-Rechts in diesem Bereich zu verbessern. Somit ist diese Initiative zur Erreichung des Ziels einer Sicherstellung des in Artikel 26 AEUV genannten funktionierenden Binnenmarkts erforderlich. Aus diesem Grund ist Artikel 337 AEUV durch eine auf den Binnenmarkt bezogene Rechtsgrundlage – wie Artikel 114 AEUV, in dem die Ergreifung notwendiger Maßnahmen für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts festgelegt ist – zu ergänzen. Eine verbesserte Arbeit der Kommission in diesem Zusammenhang würde dazu beitragen, das Auftreten von Hemmnissen für das Funktionieren des Binnenmarkts zu verhindern, was eines der in Artikel 114 AEUV vorgesehenen politischen Ziele darstellt. Daher ist die Wahl von Artikel 114 AEUV zur Ergänzung von Artikel 337 AEUV gerechtfertigt. Über Artikel 114 AEUV hinaus ist auch die Heranziehung anderer Artikel des AEUV als zusätzliche konkrete Rechtsgrundlage angemessen, um Binnenmarktbereiche abzudecken, die sich zum Zwecke legislativer Maßnahmen auf konkrete Artikel des AEUV stützen, d. h. die Artikel 43 (landwirtschaftliche Erzeugnisse), 91 und 100 (Verkehr) oder 194 (Energie), beziehungsweise Bereiche im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt: Artikel 192 (Umwelt).
In einem früheren EU-Rechtsakt sind die Artikel 114 und 337 AEUV gemeinsam als Rechtsgrundlage herangezogen worden, um die Kommission mit Informationserhebungsbefugnissen im Binnenmarktbereich zu betrauen: Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft.
•Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Es sind EU-Maßnahmen erforderlich, um den Zugang der Kommission zu Marktinformationen zu stärken, die im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 17 EUV bei der Bewältigung ernster Probleme im Hinblick auf die Anwendung von EU-Recht im Binnenmarktbereich notwendig sind. Das durch diese Initiative geschaffene Informationsinstrument stellt eine äußerste Maßnahme dar, wenn alle anderen Mittel zur Einholung von Auskünften fehlgeschlagen sind. Aus diesem Grund kommt es nur in solchen Fällen zum Einsatz, in denen nationale Eingriffe wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen ohne Erfolg bleiben würden und die EU eine bessere Handlungsposition innehätte. Das Informationsinstrument wird insbesondere eingesetzt, wenn derartige Probleme über einen Mitgliedstaat hinaus Auswirkungen haben und ihre Bewältigung eine einheitliche und konsistente Erhebung von Auskünften bei ausgewählten Marktteilnehmern in mehr als einem Mitgliedstaat erfordert. Entsprechende EU-Maßnahmen würden das Erforderlichkeitskriterium erfüllen und dürften nur die Fähigkeit der Kommission, sicherzustellen, dass das EU-Recht im Binnenmarktbereich eingehalten wird, stärken.
Was den Mehrwert anbelangt, erleichtert dieses Instrument die Koordinierung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in Fällen mit einer ausgeprägten grenzüberschreitenden Dimension, wenn Informationen von Marktteilnehmern benötigt werden, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind. Entsprechende EU-Maßnahmen würden auch einen zeitgerechten Zugang zu den Informationen ermöglichen und sicherstellen, dass die grenzüberschreitend erhobenen Daten vergleichbar sind, sowie in einer effizienteren Durchsetzung münden, wodurch sich der Gesamtverwaltungsaufwand sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für die Behörden verringert.
Unter Wahrung der Verpflichtung der Kommission als „Hüterin der Verträge“, die Anwendung des EU-Rechts zu überwachen, entzieht diese Initiative den Mitgliedstaaten jedoch nicht ihre wichtige, parallel zur Kommission ausgeübte Rolle im Hinblick auf die Anwendung von Vorschriften im Binnenmarkt- oder sonstigen damit verbundenen Bereichen. Diese verfügen nach wie vor über ihre eigenen Untersuchungsbefugnisse und es steht ihnen frei, sie zu erweitern. Darüber hinaus werden ganz im Zeichen des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit von Kommission und Mitgliedstaaten Letztere bei der Anwendung der Verordnung in verschiedenen Fällen eingebunden.
Insbesondere werden dem bzw. den betroffenen Mitgliedstaaten Beschlüsse der Kommission mitgeteilt, in welchen deren Absicht zum Einsatz der Befugnis zum Ausdruck gebracht wird, von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen gemäß dieser Initiative Auskünfte anzufordern. Weiterhin werden mit der Initiative unbeschadet der Verpflichtung zur Wahrung von Berufsgeheimnissen im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen und den Antworten auf solche Ersuchen Mechanismen für einen Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten geschaffen.
Zudem steht sie insoweit mit dem AEUV im Einklang, als von der Kommission die Fähigkeit erwartet wird, die für die Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben erforderlichen Informationen unter den von der gesetzgebenden Gewalt festgelegten angemessenen Bedingungen zu erheben.
•Verhältnismäßigkeit
Der Vorschlag steht im Verhältnis zu den verfolgten Zielen und geht nicht über das hinaus, was für ihre Erreichung notwendig ist. Erstens ist das Vorhandensein eines ernsten Problems bei der Anwendung des EU-Rechts in den von dem Anwendungsbereich dieser Verordnung erfassten Bereichen gefordert. Zweitens soll dieses Ermittlungsinstrument nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn mit keiner alternativen Methode zur Einholung von Informationen, die für die Bewältigung derartiger Probleme wichtig sind, Ergebnisse erzielt werden können. Drittens muss die Kommission im Rahmen eines förmlichen Beschlusses aufzeigen, dass die Informationen zur Problembehandlung erforderlich sind, dass die Informationen den Adressaten der Ersuchen aller Wahrscheinlichkeit nach jederzeit zur Verfügung stehen und dass alle anderen Mittel zur Einholung der Informationen fehlgeschlagen sind. Viertens wären die Auskunftsersuchen sehr gezielt, sowohl im Hinblick auf ihren Umfang als auch auf die Zahl der Auskunftgebenden. Es könnte vor dem EuGH überprüft werden, ob die Kommission diese Bedingungen erfüllt. Schließlich wird noch der Gesamtverwaltungsaufwand sowohl für Unternehmen (durch den Ausschluss von Kleinstunternehmen und durch Minimierung der Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – siehe unten) als auch für Behörden (durch Vermeidung ineffizienter Koordinierungsmechanismen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten unter Sicherstellung vollständiger Transparenz ihnen gegenüber) verringert.
Laut dem Vorschlag kann die Kommission Strafen gegen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verhängen, die vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit Auskunftsersuchen oder Beschlüssen gemäß der vorgeschlagenen Verordnung nicht nachkommen. Die Strafen dienen nicht dazu, ein zugrunde liegendes Marktverhalten von Unternehmen zu korrigieren. Die Androhung von Strafen stellt einen Anreiz dar, um sicherzustellen, dass die Adressaten des Auskunftsersuchens vollständige, richtige und nicht irreführende Antworten rechtzeitig beibringen. In dem Vorschlag werden Höchststrafen festgelegt, die sich an den Vorschriften im Bereich staatlicher Beihilfen orientieren, wo sie als Abschreckung dienen. Allerdings wird in dem Vorschlag weder von der Kommission verlangt, automatisch Strafen gegen Unternehmen zu verhängen, welche eine Antwort schuldig bleiben, noch ein Mindeststrafbetrag festgelegt, da die Kommission eine fallweise Bewertung unter gebührender Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit, insbesondere bei den KMU, vorzunehmen hat. Kommissionsbeschlüsse, durch die Strafen verhängt werden, unterlägen zudem einer gerichtlichen Überprüfung.
•Wahl des Instruments
Eine Verordnung stellt ein angemessenes Rechtsinstrument für das Aufstellen der Vorschriften mit dem Ziel einer Stärkung des Zugangs der Kommission zu wichtigen Informationen dar. Tatsächlich sollten sowohl das Verfahren, welches zur Verabschiedung eines Auskunftsersuchens durch die Kommission führt, als auch die Möglichkeit der Auferlegung von Verpflichtungen für Unternehmen, einschließlich gegebenenfalls Sanktionen, in einer Verordnung festgelegt werden. Verglichen mit der möglichen Harmonisierung nationaler Vorschriften durch eine Richtlinie zur Erreichung dieses Ziels würde eine Verordnung mehr Rechtssicherheit bieten und voraussichtlich eine einheitliche Interpretation sicherstellen. Bei einem eigenständigen Instrument gäbe es zudem auch keine Überschneidungen mit bestehenden Rechtsinstrumenten, die der Kommission in anderen Politikbereichen Untersuchungsbefugnisse verleihen.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Konsultation der Interessenträger
Zwischen dem 2. August und dem 7. November 2016 führte die Kommission eine öffentliche Konsultation zu dieser Initiative durch. Sie erhielt 71 Antworten: 44 von Unternehmen, 16 von Verbrauchern, Nichtregierungsorganisationen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen und 11 von Behörden. Die Teilnehmer stammten aus 18 EU-Mitgliedstaaten (68), einem EWR-Land (1) und einem nichteuropäischen Land (2). Aus den Antworten war ersichtlich, dass Unternehmen bei der Weitergabe wirtschaftlich sensibler Informationen an die Behörden oft zurückhaltend sind, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit der Teilnahme an öffentlichen Konsultationen, sondern auch, wenn diese für den Beleg mutmaßlicher Verstöße gegen ihre Rechte erforderlich sind. Die Teilnehmer verkündeten ihre Bereitschaft, der Kommission sensible Informationen zu übermitteln, sofern deren Vertraulichkeit sichergestellt und der Verwaltungsaufwand begrenzt würde. Mehrere Unternehmen sprachen sich allerdings nur für eine freiwillige Teilnahme an den Anforderungen von Daten aus.
Darüber hinaus führte die Kommission gezielte Konsultationen mit einigen großen Wirtschaftsvereinigungen durch, welche Vorbehalte gegenüber der Befugnis der Kommission, von den Unternehmen über den Bereich des Wettbewerbsrechts hinausgehende Auskünfte anzufordern, zum Ausdruck brachten. Sie zeigten sich über den Schutz wirtschaftlich sensibler Daten, den Verwaltungsaufwand und mögliche Geldbußen im Falle nicht erfolgter Reaktionen auf Ersuchen besorgt. Unternehmen brachten ihre Unzufriedenheit über die langsame Reaktion der Kommission auf Fälle, in denen Mitgliedstaaten gegen EU-Vorschriften verstoßen, zum Ausdruck.
Im Rahmen der Sitzungen der Gruppe „Wettbewerbsfähigkeit“ des Rates und der hochrangigen Gruppe erkundigten sich die Mitgliedstaaten nach den von der Kommission im Hinblick auf die Auskunftsersuchen zu erfüllenden Bedingungen, ihrer Rolle in dem Verfahren, dem sich ergebenden Verwaltungsaufwand und der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen.
Die Vorschläge von Interessenträgern wurden weitgehend berücksichtigt, insbesondere in Bezug auf die Forderungen nach einem begrenzten Einsatz des Instruments (umgesetzt in den (Vor-)Bedingungen für den Einsatz des Ermittlungsinstruments – einschließlich der Rolle der Mitgliedstaaten) und hinsichtlich des Verwaltungsaufwands (zum Beispiel durch die Maßgabe, nur Informationen anfordern zu können, welche den teilnehmenden Unternehmen jederzeit zur Verfügung stehen). Die Befassung mit den Fragen der Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vertraulicher Informationen und der Strafen bei einer Nichtbeantwortung erfolgte auf Grundlage bewährter Praktiken auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts.
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Die Kommission griff im Rahmen dieser Initiative nicht auf spezielles externes Expertenwissen zurück.
•Folgenabschätzung
In dem Bericht über die Folgenabschätzung wurde erläutert, inwiefern der Kommission und den Mitgliedstaaten nicht zur Verfügung stehende verlässliche und richtige firmeninterne Informationen in Situationen, wo der Zugang zu solchen Informationen zum Zwecke der zeitgerechten Durchsetzung von Binnenmarktvorschriften erforderlich ist, ein Problem darstellen. Weiterhin wurden über das bestehende Basisszenario hinaus in dem Bericht verschiedene Optionen von Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems untersucht, und zwar: 1) der freiwillige Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission sowie die Erarbeitung von Leitlinien für die Erhebung firmeninterner Informationen, 2) das Aufheben nationaler Vorschriften, welche die Behörden der Mitgliedstaaten davon abhalten, bereits in ihrem Besitz befindliche oder potentiell zugängliche firmeninterne Informationen an die Kommission und andere Mitgliedstaaten weiterzugeben, 3) die Einführung ergänzender Untersuchungsbefugnisse auf nationaler Ebene, um die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, firmeninterne Informationen in allen Fällen zu erheben und sie an die Kommission weiterzugeben, 4) die Einführung eines in letzter Instanz einzusetzenden Ermittlungsinstruments, dessen sich die Kommission bei der etwaigen Existenz mutmaßlicher Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarkts und der Erfordernis der angeforderten firmeninternen Informationen – die anderweitig nicht ohne weiteres verfügbar sind – für eine zeitgerechte und wirksame Entscheidungsfindung bedienen kann, und 5) eine Kombination aus den Optionen 2 und 4. Die Optionen 2, 3 und 4 haben normativen Charakter. Zu den verworfenen Optionen zählen eine Erweiterung des Erfassungsbereichs der EU-Statistik sowie die Einführung regelmäßiger Berichtspflichten für Unternehmen.
Der Kommission ein in letzter Instanz einzusetzendes Ermittlungsinstrument an die Hand zu geben (Option 4), wurde unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit als die beste Handlungsalternative angesehen, welche zudem auch die wirksamste und kosteneffizienteste Option darstellt. Mit der Option 4 werden die Koordinierungsschwierigkeiten und Zuständigkeitsprobleme im Fall des alleinigen Handelns von Mitgliedstaaten im Umgang mit Fällen mit grenzüberschreitender Dimension überwunden. Dies dürfte zu verlässlicheren Informationen über Binnenmarktstörungen führen. Im Gegenzug sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten dann in der Lage sein, eine bessere Einhaltung von Binnenmarktvorschriften sicherzustellen. Dies würde das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt stärken und dazu beitragen, dass sein Potenzial voll ausgeschöpft werden kann. Ein verbesserter Zugang zu Informationen dürfte zu der Durchsetzung von Binnenmarktregeln auf Ebene der Mitgliedstaaten unter Rückgriff auf fundierte Daten und so zu einer Begrenzung der Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten führen. Unternehmen und Verbraucher würden von dem besseren Funktionieren des Binnenmarkts profitieren: z. B. durch niedrigere Eintrittsbarrieren, mehr Wettbewerb, höhere Wettbewerbsfähigkeit und eine unkomplizierte/finanziell attraktivere grenzüberschreitende (und potentiell internationale) Expansion.
Es wird geschätzt, dass sich die jährlichen Gesamtverwaltungskosten für Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen (d.h. für das Zusammentragen der Informationen zur Ausarbeitung der Antworten und den Rechtsbeistand) auf eine Summe zwischen 370 000 EUR und 610 000 EUR belaufen würden. Geringe Mehrkosten könnten sich aus der Übermittlung nicht vertraulicher Erwiderungen (d.h. für den Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Teilnehmers) ergeben. Die sich aus der bevorzugten Option ergebenden Kosten für die Mitgliedstaaten sind vernachlässigbar (siehe unten, Abschnitt 4, für die Kommission). Käme die bevorzugte Option zum Einsatz, ergäben sich keine direkten sozialen oder Umweltkosten.
Der Bericht über die Folgenabschätzung und eine Zusammenfassung wurden dem Ausschuss für Regulierungskontrolle vorgelegt. Der Ausschuss gab zunächst am 20. Januar 2017 eine negative Stellungnahme ab, gefolgt von einer positiven Stellungnahme mit Vorbehalten am 23. März 2017. Von dem Ausschuss wurde eine Anpassung des Berichts gemäß seinen Empfehlungen gefordert. Nunmehr konzentriert sich der Bericht klar auf das Ziel, Maßnahmen gegen den Mangel an maßgeblichen Informationen zur Sicherstellung der Anwendung von Binnenmarktregeln in den bestimmten Fällen, in denen Informationen erforderlich und andernfalls nicht erhältlich sind, zu ergreifen. Zudem werden die von der Kommission vor einem möglichen Einsatz des Ermittlungsinstruments zu erfüllenden Bedingungen besser erläutert (siehe vorstehende Zwischenüberschrift zur Verhältnismäßigkeit), einschließlich der Notwendigkeit, aufzuzeigen, dass die geforderten Informationen nicht aus anderen Quellen erhältlich sind (Kriterium des letzten Mittels). Darüber hinaus werden in dem Bericht die Ansichten der Interessenträger besser dargestellt.
•Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Im Rahmen der Informationsanforderung von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen wird der Kommission auferlegt, die Adressaten der Ersuchen sorgfältig auszuwählen, damit Ersuchen nur an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen gerichtet werden, die hinreichend maßgebliche Informationen liefern können (Artikel 5 Absatz 3). In der Regel sind nur große Unternehmen, die entweder eine starke Marktposition innehaben oder ein bedeutendes Handelsvolumen aufweisen, in der Lage, der Kommission diese maßgeblichen Informationen zu übermitteln. Das Betätigungsfeld großer Unternehmen ist im Gegensatz zu dem von KMU gewöhnlich weiter gesteckt und ihre unternehmerische Erfahrenheit ermöglicht eine relativ einfache Abfrage der angeforderten Informationen. Somit würden der sich dadurch ergebende Verwaltungsaufwand und die Auswirkungen auf diese Unternehmen nicht unverhältnismäßig erscheinen.
Theoretisch können auch KMU dazu aufgefordert werden, auf Auskunftsersuchen laut diesem Vorschlag zu antworten (z. B. in bestimmten Bereichen oder dem Markt, in dem sie eine starke Position innehaben). Angesichts des Ausmaßes ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ist allerdings davon auszugehen, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erfolgen wird. Ist es dennoch erforderlich, einem KMU ein Ersuchen zu übermitteln, so würden die mit deren Erfüllung verbundenen Kosten laut dem Vorschlag auf ein Mindestmaß beschränkt werden: Von der Kommission wird ausdrücklich verlangt, bei der Prüfung des Umfangs der Auskunftsersuchen an KMU den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend zu berücksichtigen (Artikel 5 Absatz 3). Die für ein einzelnes KMU veranschlagten Beantwortungskosten liegen zwischen 300 EUR und 1000 EUR pro Ersuchen, mit möglichen zusätzlichen Rechtsbeistandskosten von 1000 EUR, das heißt grob 25 % der geschätzten Beantwortungskosten für ein großes Unternehmen.
Kleinstunternehmen sind von diesem Vorschlag ausgenommen, um ihnen keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand aufzuerlegen, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie wahrscheinlich auch nicht in der Lage sind, hinreichend maßgebliche Informationen zu übermitteln.
Unternehmen aller Größen werden von einem besseren Funktionieren des Binnenmarkts profitieren, dank gezielterer Durchsetzungsmaßnahmen seitens der Kommission und der Mitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass das EU-Recht unter anderem im Binnenmarktbereich angewandt wird.
Unter Wahrung von Neutralität hinsichtlich der Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wird im Rahmen des Vorschlags kein besonderes Format bzw. kein Kommunikationskanal für die Bearbeitung der Auskunftsersuchen vorgeschrieben.
•Grundrechte
Dieser Vorschlag steht im Einklang mit Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Er beinhaltet Sicherheitsvorkehrungen und Garantien unter Berücksichtigung des legitimen Interesses von Unternehmen, ihre Geschäftsgeheimnisse zu schützen, nämlich in Artikel 7 (Schutz vertraulicher Informationen) und Artikel 16 (Geheimhaltungspflicht) des Vorschlags (siehe Artikel 7 der Charta). Ferner trägt der Vorschlag dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten (siehe Artikel 8 der Charta) Rechnung und steht im Einklang mit den Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten in der Obhut der Kommission (siehe Artikel 41 der Charta). Insoweit die Adressaten von Auskunftsersuchen diese vor dem EuGH anfechten können, entspricht der Vorschlag dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren (siehe Artikel 47 der Charta). Die Vorschriften hinsichtlich der möglichen Auferlegung von Geldbußen oder Zwangsgeldern entsprechen dem Recht auf die Unschuldsvermutung und die Verhältnismäßigkeit von Strafen (siehe Artikel 48 und 49 der Charta).
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Mit dieser Initiative wird kein von der Kommission zusätzlich anzuwendendes Durchsetzungssystem geschaffen. Die Kommission erhält vielmehr ein als letztes Mittel zur Verfügung stehendes, konkretes Ermittlungsinstrument, das als Teil der bestehenden Durchsetzungsverfahren und -maßnahmen zum Einsatz kommt. Laut Schätzungen könnten der Kommission unter der Annahme von fünf Auskunftsersuchen pro Jahr jährliche Datenerhebungs- und -analysekosten zwischen 120 000 EUR und 430 000 EUR entstehen. Die vorgenannten Kosten der Kommission würden keinen neuen Mittelbedarf, sondern lediglich die Umschichtung von bestehendem Personal und Infrastruktur erfordern.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Überwachungs-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
In der Absicht, ihre Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit zu bewerten, überwacht die Kommission die Anwendung der Verordnung. Dabei stützt sie sich auf folgende Kriterien: Außergewöhnlichkeit der Anwendung der Verordnung, Mitwirkungsbereitschaft der Adressaten des Auskunftsersuchens hinsichtlich der Übermittlung der Informationen und Qualität der erhobenen Informationen. Unter diesem Aspekt erfasst die Kommission die erforderlichen Daten (z. B. Einsatz des Instruments pro Jahr, betroffener Binnenmarktbereich, einbezogene Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, Aktualität, Umfang, Richtigkeit und Qualität der Antworten, Beantwortungsquote, ob die Anwendung des Instruments in eine bessere Durchsetzung seitens der Kommission mündete). Sie führt freiwillige Folge-Feedbackbefragungen durch, die sich an die in die Ersuchen einbezogenen Unternehmen richten, um deren Meinung zu dem Verfahren zu ermitteln. Darüber hinaus überwacht die Kommission auch die Nützlichkeit des Instruments (z. B. Erfolgsquote von Vertragsverletzungsverfahren, Feedback der Interessenträger zu dem Thema). Eine Bewertung des Ergebnisses dieser Überwachungsmaßnahmen erfolgt fünf Jahre, nachdem die Verordnung zur Anwendung gebracht wurde. Einen Bericht über die Anwendung der Verordnung erstellt die Kommission alle zwei Jahre.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
In Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen) werden der Gegenstand und Anwendungsbereich dargelegt sowie Definitionen vorgenommen (Artikel 1 bis 4). Die Kommission wird darin befugt (Artikel 4), zur Bewältigung eines ernsten Problems bei der Anwendung von Unionsrecht, das Gefahr läuft, die Erreichung eines wichtigen politischen Ziels der Union zu unterlaufen, Informationen direkt von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen anzufordern.
In Kapitel II werden die Bedingungen und das Verfahren für Auskunftsersuchen festgelegt. Artikel 5 schränkt die Befugnisse der Kommission ein, zu diesem letzten Mittel zu greifen, nämlich auf Fälle, in denen sie die Informationen nicht in angemessener und ausreichender Form oder nicht rechtzeitig aus sonstigen Quellen einholen kann. Zuvor muss die Kommission einen Beschluss fassen, in dem sie ihre Absicht bekannt gibt, auf die fraglichen Befugnisse zurückzugreifen und das mutmaßliche ernste Problem, die geforderten Informationen, den Grund für ihre Notwendigkeit, den Grund, warum andere Mittel zu deren Einholung fehlgeschlagen sind, sowie die Auswahlkriterien für die Adressaten der Ersuchen (die keine Kleinstunternehmen sein dürfen) erläutert. Die Kommission darf nur Informationen anfordern, welche der Adressat des Ersuchens auch bereitstellen kann. Der zuvor gefasste Beschluss wird dem oder den betroffenen Mitgliedstaaten übermittelt und der Kommission obliegt die Verpflichtung, den oder die betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich entsprechend in Kenntnis zu setzen. Artikel 6 befasst sich mit dem für Auskunftsersuchen zu befolgenden Verfahren: Die Kommission kann von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen die Bereitstellung von Informationen durch einfaches Ersuchen oder durch Beschluss anfordern, und sie muss den Mitgliedstaat, in dem der Adressat des Ersuchens seinen Sitz hat, informieren. Hat die Kommission ein formales Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV eingeleitet, ist sie verpflichtet, dem von dem Verfahren betroffenen Mitgliedstaat eine Kopie aller im Zusammenhang mit diesem Verfahren ergangenen Auskunftsersuchen zu übermitteln, und zwar unabhängig davon, wo sich der eingetragene Sitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet. Artikel 7 beschäftigt sich mit den Antworten auf die Ersuchen und dem Schutz vertraulicher Informationen. Die Bestimmungen verpflichten die Kommission insbesondere, die erhaltenen Antworten an den von der Anfrage betroffenen Mitgliedstaat weiterzuleiten, sofern sie für ein formales Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV gegen den betroffenen Mitgliedstaat relevant sind. Beinhaltet eine Antwort Informationen, die gegenüber diesem Mitgliedstaat vertraulich sind, leitet die Kommission lediglich die nicht vertrauliche Version des Vorbringens weiter. In Artikel 8 wird die Nutzung der zu dem in Artikel 4 festgelegten Zweck erhobenen Informationen eingeschränkt.
In Kapitel III (Artikel 9 bis 13) werden die Vorschriften über Geldbußen oder Zwangsgelder für den Fall festgelegt, dass ein Teilnehmer unrichtige oder irreführende Informationen übermittelt oder er in Beantwortung eines durch einen formalen Beschluss der Kommission erfolgten Ersuchens unvollständige oder gar keine Informationen liefert. Diese Vorschriften folgen dem Modell der im Bereich staatlicher Beihilfen anwendbaren Verordnung (EU) 2015/1589.
In Kapitel IV (Schlussbestimmungen – Artikel 14 bis 19) werden die Vorschriften im Hinblick auf folgende Punkte festgelegt: Fristverlängerungen, Veröffentlichung von Kommissionsbeschlüssen, Verpflichtungen zur Wahrung von Berufsgeheimnissen für die Mitgliedstaaten, Datenschutz (EU-Beamte sind bereits durch ähnliche Verpflichtungen laut nach Artikel 339 AEUV gebunden), Berichtspflichten für die Kommission und das Inkrafttreten der Verordnung.
2017/0087 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Festlegung der Bedingungen und des Verfahrens für Auskunftsersuchen der Kommission an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen in Bezug auf den Binnenmarkt und damit verbundene Bereiche
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2, Artikel 91 Artikel 100, Artikel 114, Artikel 192, Artikel 194 Absatz 2 und Artikel 337,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Nach Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) ist die Errichtung eines Binnenmarkts eines der zentralen Ziele, die die Union in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erfüllen soll. Gemäß Artikel 26 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erlässt die Union die erforderlichen Maßnahmen, um den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen Funktionieren zu gewährleisten. Nach Artikel 26 Absatz 2 AEUV umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Der Binnenmarkt hat für europäische Unternehmen neue Chancen und Größenvorteile eröffnet, Arbeitsplätze geschaffen, zu einem größeren Angebot bei niedrigeren Preisen für Verbraucher geführt und es den Bürgerinnen und Bürgern Europas ermöglicht, in der Union zu leben, zu studieren und zu arbeiten. Trotz aller bisherigen Fortschritte gibt es nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten bei der Errichtung und dem Funktionieren des Binnenmarkts, sodass die europäischen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen das Potenzial des Binnenmarkts nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. In bestimmten Fällen wird die Gefahr des Auftretens von Handelsschwierigkeiten auf dem Binnenmarkt, die auf unkoordinierte nationale Durchsetzungsmaßnahmen oder die Entwicklung heterogener regulatorischer Lösungen auf nationaler Ebene für diese Probleme zurückzuführen sind, dadurch erhöht, dass die Maßnahmen der Kommission zur Anwendung des Unionsrechts auf dem Gebiet des Binnenmarkts nicht auf den bestmöglichen Informationen basieren.
(2)Artikel 337 AEUV sieht vor, dass die Kommission zur Erfüllung ihrer Aufgaben alle erforderlichen Auskünfte einholen kann, wobei der Rahmen und die näheren Maßgaben dafür vom Rat mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache C-490/10 Europäisches Parlament/Rat klargestellt hat, muss sich jedoch, wenn die Erhebung von Informationen unmittelbar zur Verwirklichung der Ziele einer bestimmten EU-Politik beiträgt, der Rechtsakt, in dem die Bedingungen für eine solche Erhebung festgelegt sind, auf die Rechtsgrundlage für diese Politik stützen. Mit dieser Verordnung wird der Kommission nicht nur ein Rahmen für die Anforderung von Auskünften von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, sondern auch für Maßnahmen zur Durchsetzung der Auskunftsersuchen vorgegeben. Wenngleich der Tatsache, dass die Kommission ihre Befugnis zur Erhebung von Informationen direkt aus dem Vertrag ableitet, in vollem Umfang Rechnung getragen wird, sollte sich diese Verordnung zusätzlich zu Artikel 337 AEUV, auf die Bestimmungen von Artikel 43 Absatz 2, Artikel 91, Artikel 100, Artikel 192 und Artikel 194 Absatz 2 AEUV sowie auch auf Artikel 114 AEUV stützen, der vorsieht, dass für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts erforderliche Maßnahmen erlassen werden, auch in Fällen von Unterschieden zwischen den nationalen Regelungen, wenn diese Unterschiede geeignet sind, die Grundfreiheiten zu beeinträchtigen, oder in Fällen, in denen Schwierigkeiten bei der Errichtung und beim Funktionieren des Binnenmarkts verhindert werden müssen.
(3)Damit derartige Schwierigkeiten auf effiziente und wirksame Weise ermittelt und gegebenenfalls bewältigt werden können, müssen rechtzeitig umfassende, genaue und verlässliche quantitative und qualitative Marktinformationen zugänglich sein. Das gilt insbesondere, wenn die Kommission nach Artikel 17 Absatz 1 EUV, der der Kommission die Aufgaben überträgt, für die Anwendung der Verträge sowie der von den Organen kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen zu sorgen und die Anwendung des Unionsrechts zu überwachen, als Hüterin der Verträge handelt. Wie der Gerichtshof mehrfach im Kontext von Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV betont hat, ist die Kommission dafür verantwortlich, dem Gerichtshof alle relevanten tatsächlichen Informationen vorzulegen, die das Vorliegen einer Vertragsverletzung bestätigen. Zu diesen Informationen können in bestimmten Fällen auch Marktinformationen zählen, die der Gerichtshof benötigt, um zu prüfen, ob gegen Unionsrecht verstoßen wurde.
(4)Die Kommission besitzt selbst keine allgemeinen Ermittlungsbefugnisse, um Unionsrecht im Bereich Binnenmarkt durchzusetzen. Die vorhandenen Ermittlungsbefugnisse im Zusammenhang mit den Wettbewerbsregeln, die in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates und der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates verankert sind, sind durch ihre Rechtsgrundlage auf festgelegte Bereiche beschränkt und ermöglichen es nicht, für Zwecke anderer binnenmarktbezogener Politikbereiche Informationen zu erheben oder die erhobenen Informationen dafür zu nutzen.
(5)Wie vom Gerichtshof anerkannt, kann sich die Kommission bei der Durchsetzung von Unionsrecht zwar auf Indizien stützen, ist aber in hohem Maße von Informationen abhängig, die ihr die Beschwerdeführer, öffentliche und private Einrichtungen und die betroffenen Mitgliedstaaten vorlegen. Nach Artikel 4 Absatz 3 EUV sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere als Hüterin der Verträge, zu unterstützen, woran auch der Gerichtshofs mehrfach erinnert hat. Die Mitgliedstaaten haben jedoch nicht immer Zugang zu den relevanten Marktinformationen, die die Kommission zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, oder ihre nationalen Vorschriften über die Erhebung von Informationen lassen es nicht zu, dass sie diese Informationen offenlegen.
(6)Zur Ergänzung der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen greift die Kommission auf die freiwillige Mitarbeit von Interessenträgern, insbesondere Beschwerdeführern, zurück. Bei bestimmten komplexen Fällen grenzüberschreitender Natur müsste die Kommission für eine fundierte Analyse die auf diesem Wege erhaltenen Informationen allerdings vervollständigen, um beispielsweise zu gewährleisten, dass diese Informationen wirklich zutreffend sind oder dass Informationen verschiedener Mitgliedstaaten in einem vergleichbaren Format dargestellt sind. Die Kommission kann sich zudem bei Durchsetzungsmaßnahmen nicht ausnahmslos auf amtliche Statistiken stützen, da diese mit zeitlicher Verzögerung erstellt werden und für die Zwecke der Bearbeitung bestimmter Fälle nicht immer hinreichend detailliert oder aufgegliedert sind.
(7)Wenngleich der derzeitige Rechtsrahmen in Bezug auf die Möglichkeiten der Kommission, Informationen für die Behebung von Schwierigkeiten bei der Errichtung und dem Funktionieren der Binnenmarktvorschriften einzuholen, in den allermeisten Fällen effizient ist, wird es in bestimmten Situationen problematisch, wenn detaillierte, vergleichbare, aktuelle und häufig vertrauliche spezifische Marktdaten innerhalb eines begrenzten Zeitrahmens benötigt werden. Eine fundierte Wirtschaftsanalyse ist besonders bei komplexen Fällen grenzüberschreitender Natur für die Beurteilung angezeigt, ob Schwierigkeiten bei der Errichtung und dem Funktionieren des Binnenmarktes vorliegen, vor allem, wenn diese Fälle sehr dynamische Märkte, neue wirtschaftliche Aktivitäten oder neue Geschäftsmodelle betreffen, die bisherige wirtschaftliche Annahmen infrage stellen. Ohne ausreichende und vergleichbare Informationen ist eine solche Beurteilung allerdings schwer zu bewerkstelligen. Das erschwert der Kommission ihre Aufgabe, die Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten.
(8)In Fällen, in denen detaillierte, vergleichbare, aktuelle und häufig vertrauliche Marktinformationen nur bei Marktteilnehmern rechtzeitig eingeholt werden könnten, scheint es daher angebracht, die Kommission als letztes Mittel und innerhalb der Grenzen und gemäß den Bedingungen dieser Verordnung zu befugen, Unternehmen und Unternehmensvereinigung aufzufordern, ihr unmittelbar und fristgerecht umfassende, genaue und verlässliche quantitative und qualitative Marktinformationen vorzulegen, wenn sich andere Informationsquellen als nicht verfügbar, unzureichend oder ungeeignet herausgestellt haben. Zu diesem Zweck sollte die Kommission zunächst einen Beschluss annehmen, in dem erläutert wird, warum sich andere Mittel zur Erlangung der erforderlichen Informationen als ineffektiv erwiesen haben. Der Begriff „Unternehmen“ soll hier die gleiche Bedeutung haben wie in anderen Bereichen des EU-Rechts, insbesondere im Wettbewerbsrecht.
(9)Damit sichergestellt ist, dass die Mitgliedstaaten im Sinne des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit von Kommission und Mitgliedstaaten nach Artikel 4 Absatz 3 EUV bei der Anwendung dieser Verordnung eingebunden sind, ist es angezeigt vorzusehen, dass der betroffene Mitgliedstaat oder die betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich über jeden Beschluss der Kommission unterrichtet werden, in dem sie ihre Absicht erklärt, von ihrer Befugnis gemäß dieser Verordnung, Auskünfte von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen anzufordern, Gebrauch zu machen.
(10)Eine solche Ermächtigung zielt nicht darauf ab, neue Durchsetzungsbefugnisse für die Kommission zu schaffen, wie insbesondere Befugnisse zur Ahndung von Verstößen einzelner Marktteilnehmer gegen das Unionsrecht im Binnenmarktbereich. Vielmehr besteht ihr Zweck darin, der Kommission ein zusätzliches Instrument für die Ermittlung von Fakten an die Hand zu geben, wenn sie diese unbedingt benötigt, um die ihr durch den AEUV übertragene Aufgabe zu erfüllen, im Zusammenhang mit dem Ziel, den Binnenmarkt zu verwirklichen und dessen Funktionieren zu gewährleisten, für die Anwendung des Unionsrechts zu sorgen. Im Hinblick auf die Errichtung eines voll funktionsfähigen Binnenmarkts ist klarzustellen, dass sich eine solche Ermächtigung auch auf die Wirtschaftszweige innerhalb des Binnenmarkts erstreckt, für die im AEUV eine gemeinsame Politik vorgesehen ist: Landwirtschaft und Fischerei (ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze), Verkehr, Umwelt und Energie.
(11)Damit das Ermittlungsinstrument greifen kann, sollten die angeforderten Auskünfte mit der Anwendung einschlägigen Unionsrechts im Zusammenhang stehen. Dabei kann es sich beispielsweise um faktische Marktdaten handeln, unter anderem zur Kostenstruktur, der Preispolitik, zu Merkmalen von Waren oder Dienstleistungen oder zur geografischen Verteilung von Kunden und Lieferanten. Ebenso können von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen durchgeführte faktengestützte Analysen der Funktionsweise des Binnenmarkts darunter fallen, z. B. in Bezug auf wahrgenommene regulatorische Beschränkungen und Marktzugangsschranken oder auf Kosten für grenzüberschreitende Transaktionen. Derartige Auskunftsersuchen sollten nur Informationen umfassen, die dem betroffenen Unternehmen oder der betroffenen Unternehmensvereinigung wahrscheinlich zur Verfügung stehen, damit die Beantwortung der Ersuchen möglichst geringe Kosten verursacht.
(12)Wenn die Kommission Auskunftsersuchen an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen richtet, muss sie durch eine sorgfältige Auswahl der Adressaten gewährleisten, dass die Ersuchen lediglich an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen gerichtet werden, die in der Lage sind, hinreichend relevante Auskünfte zu liefern, insbesondere größere Unternehmen in den jeweiligen Mitgliedstaaten. Diese Auskunftsersuchen zielen darauf ab, ein aufgrund der verfügbaren Informationen vermutetes schwerwiegendes Problem bei der Anwendung des Unionsrechts in den Bereichen Binnenmarkt, Landwirtschaft und Fischerei (ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze), Verkehr, Umwelt und Energie zu beheben. Unternehmen für ihr zugrunde liegendes Verhalten zu belangen, sofern dazu Anlass bestünde, wird nicht beabsichtigt. Dementsprechend sollen die im Rahmen des Instruments vorgesehenen Sanktionen ausschließlich in zwei Fällen zur Anwendung kommen. Sie können nur verhängt werden, wenn Auskunftsersuchen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht beantwortet oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben gemacht werden. Die eingeholten Auskünfte könnten, sofern relevant, auch genutzt werden, um einen Einblick zu gewinnen, in welchen Situationen Unternehmen bei der Einhaltung der Rechtsvorschriften auf Schwierigkeiten stoßen, damit die ordnungsgemäße Anwendung der Binnenmarktvorschriften verbessert werden kann. Zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für Kleinstunternehmen, die ohnehin kaum in der Lage sein dürften, hinreichend relevante Auskünfte zu liefern, sollte ausgeschlossen werden, dass die Kommission Auskunftsersuchen an Unternehmen dieser Kategorie richtet. Bei Auskunftsersuchen an kleine und mittlere Unternehmen sollte die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend berücksichtigen. Auch wenn KMU kaum in so großem Maßstab tätig sein dürften, dass sie Marktergebnisse wesentlich beeinflussen, könnte die Kommission aus von KMU eingeholten Auskünften wertvolle Informationen über Schwierigkeiten bei der Errichtung und dem Funktionieren des Binnenmarktes erhalten. Für KMU leicht verfügbare Informationen mögen zwar eher anekdotischen Charakter aufweisen, könnten die Kommission aber dennoch auf Schwierigkeiten aufmerksam machen, denen KMU auf dem Binnenmarkt begegnen. KMU sollten keine nennenswerten zusätzlichen Kosten durch die Datenerhebung für die Beantwortung eines über das Instrument gestellten Ersuchens entstehen, was in der Regel auch nicht der Fall sein dürfte. Angesichts ihrer relativ gesehen schwächeren Verhandlungsposition in Wertschöpfungsketten geben KMU möglicherweise bereitwilliger Auskünfte, wenn im entsprechenden Verfahren Vertraulichkeit und Anonymität gebührend geachtet werden. Von der Behebung von Schwierigkeiten bei der Errichtung und dem Funktionieren des Binnenmarkts könnten KMU besonders profitieren, da kleine innovative Firmen oft mit den größten Hindernissen konfrontiert sind, wenn sie versuchen, ihre Geschäftstätigkeit grenzüberschreitend aufzunehmen und auszuweiten. Aus Gründen der Kohärenz und der Rechtssicherheit sollten für die Bezeichnungen „Kleinstunternehmen“, „kleine Unternehmen“ und „mittlere Unternehmen“ die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates gelten.
(13)Im Sinne einer kohärenten Anwendung des Unionsrechts im Bereich des Binnenmarkts sowie in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei (ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze), Verkehr, Umwelt und Energie müssen – unter Wahrung beruflicher Verschwiegenheitspflichten – Mechanismen für den Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet werden, was Auskunftsersuchen und gegebenenfalls die Antworten darauf betrifft.
(14)Das in dieser Verordnung vorgesehene Ermittlungsinstrument ist für die Kommission besonders hilfreich bei ihrer Aufgabe, die Anwendung des Unionsrechts im Bereich des Binnenmarkts sicherzustellen. Ferner ist es auch für etwaige anschließende Durchsetzungsmaßnahmen der betroffenen Mitgliedstaaten nützlich, da hierzu die relevanten, im Rahmen dieser Befugnis eingeholten Auskünfte von der Kommission an die betroffenen Mitgliedstaaten weitergegeben werden müssten. Treten Schwierigkeiten bei der Anwendung der geltenden Vorschriften auf, einschließlich Situationen, in denen Unternehmen Rechtsvorschriften aufgrund mangelnder Rechtsklarheit nicht einhalten können, könnte dieses Ermittlungsinstrument überdies genutzt werden, um zur Konzipierung oder Ausgestaltung von regulatorischen Lösungen beizutragen, nachdem sich andere Instrumente und relevante Informationsquellen als ungeeignet erwiesen haben. Unbeschadet der Weiterverwendung veröffentlichter Informationen ist es zudem angezeigt, die Nutzung solcher Auskünfte für andere Zwecke zu untersagen, insbesondere für die Zwecke der Anwendung der Wettbewerbsregeln des AEUV.
(15)Die Kommission sollte über Möglichkeiten verfügen, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen den an sie gerichteten Auskunftsersuchen auch wirklich nachkommen, und zu diesem Zweck bei Bedarf im Wege eines Beschlusses auch angemessene Geldbußen oder Zwangsgelder verhängen können. Bei der Festsetzung der Geldbußen und Zwangsgelder sollte die Kommission – insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen – dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (einschließlich des Aspekts der Angemessenheit) gebührend Rechnung tragen. Die Rechte derer, die um Auskünfte ersucht werden, sollten gewahrt werden, indem ihnen die Gelegenheit gegeben wird, vor dem etwaigen Erlass eines Beschlusses zur Festlegung von Geldbußen oder Zwangsgeldern ihren Standpunkt darzulegen.
(16)Die Kommission sollte die Zwangsgelder unter gebührender Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (einschließlich des Aspekts der Angemessenheit) senken oder ganz erlassen können, wenn Adressaten von Auskunftsersuchen die angeforderten Auskünfte, wenn auch nach Ablauf der Frist, übermittelt haben. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten ferner Verjährungsfristen für die Verhängung und die Vollstreckung von Geldbußen und Zwangsgeldern vorgesehen werden.
(17)Der Gerichtshof sollte im Einklang mit Artikel 261 AEUV die unbeschränkte Zuständigkeit in Bezug auf Beschlüsse haben, durch die die Kommission Geldbußen oder Zwangsgelder auf Grundlage dieser Verordnung verhängt, was konkret bedeutet, dass er von der Kommission verhängte Geldbußen oder Zwangsgelder aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann.
(18)Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit ist es angezeigt, die Öffentlichkeit über Beschlüsse der Kommission zu unterrichten. Die Kommission sollte bei der Veröffentlichung und Behandlung solcher Auskünfte die Vorschriften über das Berufsgeheimnis nach Artikel 339 AEUV befolgen und insbesondere alle vertraulichen Auskünfte schützen.
(19)Die Offenlegung von Auskünften über die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens könnte diesem Unternehmen erheblich schaden. Die Kommission sollte daher die berechtigten Interessen der Unternehmen gebührend berücksichtigen, insbesondere am Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Um sicherzustellen, dass Geschäftsgeheimnisse und sonstige vertrauliche Auskünfte, die der Kommission gegeben werden, im Einklang mit Artikel 339 AEUV behandelt werden, sollten alle Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die Auskünfte erteilen, die als vertraulich angesehenen Auskünfte deutlich kenntlich machen und die Gründe für deren Vertraulichkeit darlegen. Die Kommission sollte nicht befugt sein, vertrauliche Auskünfte offenzulegen, die von solchen Auskunftgebenden im Rahmen des Ersuchens an den betroffenen Mitgliedstaat vorgelegt wurden, es sei denn, sie hat im Vorfeld das Einverständnis des Auskunftsgebenden eingeholt, diese Auskünfte zu diesem Zweck offenlegen zu dürfen. Von dem betreffenden Auskunftgebenden sollte verlangt werden, der Kommission gesondert eine nichtvertrauliche Fassung der Auskünfte vorzulegen, die dem betreffenden Mitgliedstaat offengelegt werden könnte. Für Fälle, in denen die als vertraulich gekennzeichneten Auskünfte nicht unter das Berufsgeheimnis zu fallen scheinen, sollte ein Verfahren bestehen, mit dem die Kommission beschließen kann, inwieweit solche Auskünfte offengelegt werden können. Wenn die Kommission einen Antrag auf vertrauliche Behandlung nach einem solchen Verfahren zurückweist, sollte sie eine Frist angeben, nach deren Ablauf die Auskunft offengelegt werden darf, sodass der Auskunftgebende jeden ihm zur Verfügung stehenden gerichtlichen Schutz einschließlich einer einstweiligen Anordnung in Anspruch nehmen kann. Die Rechte des Auskunftgebenden sollten gewahrt werden, indem ihm die Gelegenheit gegeben wird, seinen Standpunkt darzulegen, bevor ein etwaiger Beschluss, den Antrag auf vertrauliche Behandlung zurückzuweisen, erlassen wird.
(20)Da in dieser Verordnung vorgesehen ist, das Ermittlungsinstrument nur in Ausnahmefällen einzusetzen, und im Hinblick auf die Überwachung der Verhältnismäßigkeit seiner Inanspruchnahme sollte die Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung erstellen und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen.
(21)Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Im Einzelnen zielt diese Verordnung darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf Privat- und Familienleben, des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten, des Rechts auf eine gute Verwaltung und insbesondere des Rechts auf Zugang zu Dokumenten bei gleichzeitiger Wahrung des Geschäftsgeheimnisses, des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren, der Verteidigungsrechte und der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Strafen zu gewährleisten.
(22)Wenn die in dieser Verordnung vorgesehene Maßnahmen mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden sind, sollten diese Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere der Richtlinie 95/46/EG erfolgen. In Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Kommission im Rahmen dieser Verordnung beachtet die Kommission die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates.
(23)Da die Ziele dieser Verordnung, der Kommission Zugang zu den Marktinformationen zu geben, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts erforderlich sind, nicht in ausreichendem Maße von den Mitgliedstaaten verwirklicht werden können, sondern wegen ihres Umfangs und ihrer Auswirkungen besser auf Unionsebene zu erreichen sind, kann die Union nach dem in Artikel 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip Maßnahmen erlassen. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(24)Diese Verordnung sollte die Ermittlungsbefugnisse der Mitgliedstaaten unberührt lassen. Mit dieser Verordnung wird nicht beabsichtigt, die Ermittlungsbefugnisse, über die die Kommission oder die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union bereits im Rahmen anderer Rechtsinstrumente der Union verfügen, zu ändern, einzuschränken oder aufzuheben. Insbesondere sollte diese Verordnung die Ermittlungsbefugnisse der Kommission in Bezug auf die Anwendung der Wettbewerbsregeln für das Funktionieren des Binnenmarkts unberührt lassen.
(25)Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates angehört und gab am [...] eine Stellungnahme ab —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Kapitel I
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1
Gegenstand
1.In dieser Verordnung wird Folgendes geregelt:
a)die Bedingungen, unter denen die Kommission von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Auskünfte anfordern kann, die notwendig für die Erfüllung der Aufgaben sind, mit denen die Kommission im Zusammenhang mit den in Artikel 2 genannten Bereichen betraut wurde,
b)das Verfahren, nach dem diese Auskünfte anzufordern sind.
2.Diese Verordnung gilt unbeschadet anderer Bestimmungen, die es der Kommission oder Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erlauben, Auskünfte einzuholen oder anzufordern.
Artikel 2
Geltungsbereich
Diese Verordnung gilt für folgende Bereiche:
1)den Binnenmarkt gemäß Artikel 26 Absatz 2 des Vertrags,
2)Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,
3)Verkehr,
4)Umwelt,
5)Energie.
Artikel 3
Definitionen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
1)„Kleinstunternehmen“ ein der Definition in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2013/34/EU entsprechendes Unternehmen,
2)„kleines Unternehmen“ ein der Definition in Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 der Richtlinie 2013/34/EU entsprechendes Unternehmen,
3)„mittleres Unternehmen“ ein der Definition in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2013/34/EU entsprechendes Unternehmen.
Artikel 4
Befugnis, Auskünfte von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen anzufordern
Die Kommission kann, wenn das Erreichen eines wichtigen politischen Ziels der Union durch eine erhebliche Schwierigkeit bei der Anwendung des Unionsrechts gefährdet zu werden droht, gemäß den Bestimmungen in Kapitel II von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Auskünfte anfordern, um die genannten Schwierigkeiten zu beseitigen.
Kapitel II
Bedingungen und Verfahren für Auskunftsersuchen
Artikel 5
Bedingungen
1.Die Kommission darf von der Befugnis nach Artikel 4, von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Auskünfte anzufordern, nur Gebrauch machen, wenn die für die Zwecke nach Artikel 4 erforderlichen Informationen der Kommission nicht in hinreichendem Umfang vorliegen oder die vorliegenden Informationen ungeeignet sind und aus einem der folgenden Gründe nicht rechtzeitig beschafft werden können:
a)Die Informationen sind in keiner öffentlich zugänglichen Quelle enthalten und
b)sie wurden von der Kommission bei einem Mitgliedstaat angefordert, jedoch nicht übermittelt oder
c)sie wurden von der Kommission bei einer juristischen oder natürlichen Person angefordert, jedoch nicht übermittelt.
2.Bevor die Kommission gemäß Artikel 6 Auskünfte anfordert, verabschiedet sie einen Beschluss, in dem sie ihre Absicht erklärt, von ihrer Befugnis gemäß dieser Verordnung, Auskünfte von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen anzufordern, Gebrauch zu machen.
Dieser Beschluss enthält:
a)eine zusammenfassende Beschreibung der mutmaßlichen erheblichen Schwierigkeit grenzüberschreitender Natur bei der Anwendung des Unionsrechts und eine Begründung, warum diese Schwierigkeit das Erreichen eines wichtigen politischen Ziels der Union gefährdet,
b)eine zusammenfassende Beschreibung der anzufordernden Auskünfte,
c)eine begründete Erläuterung, warum diese Auskünfte für die Zwecke nach Artikel 4 erforderlich sind,
d)eine begründete Erläuterung, warum andere Mittel zur Beschaffung dieser Auskünfte sich als unzureichend oder ungeeignet erwiesen haben oder warum die Auskünfte anderweitig nicht rechtzeitig beschafft werden könnten,
e)die Kriterien für die Auswahl der Adressaten der Auskunftsersuchen.
Der Beschluss ist an den betroffenen Mitgliedstaat oder die betroffenen Mitgliedstaaten zu richten. Die Kommission hat den betroffenen Mitgliedstaat oder die betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich zu unterrichten.
3.Die von dem Auskunftsersuchen gemäß Artikel 4 betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen müssen lediglich über die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen Auskunft geben.
Die Kommission trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen gebührend Rechnung.
Artikel 6
Anforderung von Auskünften bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen
1.In den Fällen gemäß Artikel 4 und unter den in Artikel 5 festgelegten Bedingungen kann die Kommission durch einfaches Ersuchen oder auf dem Wege eines Beschlusses Auskünfte von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen anfordern.
Bei der Auswahl der Adressaten der Auskunftsersuchen achtet die Kommission darauf, dass die Ersuchen nur an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen gerichtet werden, die relevante Auskünfte liefern können.
Die Kommission richtet keine Auskunftsersuchen gemäß dieser Verordnung an Kleinstunternehmen, es sei denn sie gehören zu einer Unternehmensgruppe, die mindestens eine kleine Gruppe gemäß der Definition in Artikel 6 Absatz 5 der Richtlinie 2013/34/EU darstellt.
2.Ein einfaches Ersuchen nach Absatz 1 enthält die Rechtsgrundlage und den Zweck, ferner ist anzugeben, um welche Auskünfte ersucht wird, und eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb deren die Auskünfte zu liefern sind. Es enthält zudem einen Hinweis auf die Geldbußen nach Artikel 9 Absatz 1 im Falle unrichtiger oder irreführender Angaben.
3.Ein Beschluss nach Absatz 1 enthält die Rechtsgrundlage und den Zweck des Ersuchens, ferner ist anzugeben, um welche Auskünfte ersucht wird, und eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb deren die Auskünfte zu liefern sind. Er enthält ferner einen Hinweis auf die nach Artikel 9 Absatz 1 vorgesehenen Geldbußen beziehungsweise auf die nach Artikel 9 Absatz 2 vorgesehenen Zwangsgelder.
Außerdem ist darin auf das Recht des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung hinzuweisen, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Einspruch gegen den Beschluss zu erheben.
Das betroffene Unternehmen oder die betroffene Unternehmensvereinigung kann eine Fristverlängerung nach Artikel 14 beantragen.
4.Gleichzeitig übermittelt die Kommission dem Mitgliedstaat, auf dessen Gebiet sich der eingetragene Sitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet, eine Kopie des einfachen Ersuchens oder des Beschlusses gemäß diesem Artikel.
Hat die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV eingeleitet, übermittelt sie unabhängig davon, wo sich der eingetragene Sitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet, dem vom Verfahren betroffenen Mitgliedstaat eine Kopie aller einfachen Ersuchen oder Beschlüsse gemäß diesem Artikel, die im Zusammenhang mit dem Verfahren ergangen sind.
5.Beschlüsse nach Absatz 1 werden an das betroffene Unternehmen oder die betroffene Unternehmensvereinigung gerichtet. Die Kommission unterrichtet den Adressaten unverzüglich von dem Beschluss.
Artikel 7
Antworten auf Auskunftsersuchen und Schutz vertraulicher Auskünfte
1.Auskünfte, die der Kommission auf ein Auskunftsersuchen nach Artikel 5 hin von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen erteilt werden, müssen eindeutig, vollständig und exakt sein.
2.Die Kommission gibt den Adressaten Gelegenheit anzugeben, welche Auskünfte ihrer Ansicht nach unter das Berufsgeheimnis fallen.
Bei der Vorlage von Auskünften nach Artikel 5 müssen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen klar angeben, welche Auskünfte sie als vertraulich betrachten, die Gründe hierfür angeben und der Kommission eine separate nichtvertrauliche Fassung liefern. Müssen Auskünfte innerhalb einer bestimmten Frist übermittelt werden, gilt dieselbe Frist für die Übermittlung der nichtvertraulichen Fassung.
3.Die Kommission leitet die eingegangenen Antworten an den von dem Ersuchen betroffenen Mitgliedstaat weiter, soweit sie für ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV gegen den betroffenen Mitgliedstaat relevant sind. Enthält eine Antwort nach diesem Artikel Auskünfte, die gegenüber diesem Mitgliedstaat vertraulich sind, leitet die Kommission nur die nichtvertrauliche Fassung weiter.
4.Die Kommission überprüft, ob die von dem befragten Unternehmen oder der befragten Unternehmensvereinigung gemäß Absatz 2 Unterabsatz 2 beantragte vertrauliche Behandlung der übermittelten Auskünfte begründet und verhältnismäßig ist.
Nachdem sie den betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, kann die Kommission in einem Beschluss feststellen, dass die Auskünfte, deren vertrauliche Behandlung beantragt wird, nicht geschützt sind, und einen Zeitpunkt festlegen, ab dem die Auskünfte offenzulegen sind. Diese Frist muss mindestens einen Monat betragen.
Der Beschluss ist dem betroffenen Unternehmen oder der betroffenen Unternehmensvereinigung unverzüglich mitzuteilen.
Artikel 8
Verwendung der von der Kommission eingeholten Auskünfte
Die Kommission verwendet die nach Artikel 5 eingeholten Auskünfte nur für den in Artikel 4 genannten Zweck.
Vertrauliche Auskünfte, die der Kommission von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen übermittelt wurden, dürfen in zur Weitergabe an andere Parteien oder zur Veröffentlichung bestimmten Unterlagen nur in folgenden Fällen enthalten sein:
a)wenn die Unterlagen diese Auskünfte in zusammengefasster oder aggregierter Form oder jedenfalls in einer solchen Form enthalten, dass es nicht möglich ist, einzelne Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen zu identifizieren,
b)wenn der Auskunftgebende der Kommission vorher seine Zustimmung zur Offenlegung solcher Auskünfte erteilt hat,
c)wenn die Offenlegung derartiger Auskünfte an einen Mitgliedstaat notwendig ist, um einen Verstoß gegen das EU-Recht im Anwendungsbereich dieser Verordnung zu belegen, sofern der Auskunftgebende Gelegenheit hatte, vor der Annahme eines Beschlusses Stellung zu nehmen und vor der Offenlegung Rechtsmittel einzulegen.
Informationen, die bereits veröffentlicht sind, können von der Kommission auch zu anderen Zwecken als den in dieser Verordnung festgelegten Zwecken verwendet werden.
Kapitel III
Geldbußen und Zwangsgelder
Artikel 9
Geldbußen und Zwangsgelder
1.Die Kommission kann, sofern sie dies als notwendig und angemessen erachtet, gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Beschluss Geldbußen von bis zu 1 % deren im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes festsetzen, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig
a)bei der Erteilung einer nach Artikel 6 Absatz 2 verlangten Auskunft unrichtige oder irreführende Angaben machen,
b)bei der Erteilung einer im Wege eines Beschlusses nach Artikel 6 Absatz 3 verlangten Auskunft unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben machen oder die Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist übermitteln.
2.Die Kommission kann gegen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die die von ihr im Wege eines Beschluss gemäß Artikel 6 Absatz 3 angeforderten vollständigen, genauen und nicht irreführenden Auskünfte nicht fristgerecht übermitteln, Zwangsgelder verhängen.
Diese Zwangsgelder betragen höchstens 5 % des von dem betroffenen Unternehmen oder der betroffenen Unternehmensvereinigung im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Arbeitstag, um den die im Beschluss festgesetzte Frist überschritten wird, bis die von der Kommission angeforderten oder benötigten Auskünfte erteilt werden.
3.Erteilt das Unternehmen oder die Unternehmensvereinigung keine oder unvollständige Auskünfte, setzt die Kommission, bevor sie eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld verhängt, eine endgültige Frist von zwei Wochen für die Übermittlung der fehlenden Angaben.
4.Bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße oder des Zwangsgeldes berücksichtigt die Kommission Art, Schwere und Dauer des Verstoßes gegen Artikel 6 Absatz 1 sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere in Bezug auf kleine und mittlere Unternehmen.
5.Wenn die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen der Verpflichtung nachgekommen sind, zu deren Erfüllung das Zwangsgeld festgesetzt worden war, kann die Kommission das Zwangsgeld herabsetzen oder aufheben.
6.Vor Erlass eines Beschlusses nach Absatz 1 oder 2 gibt die Kommission den betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen Gelegenheit zur Stellungnahme.
Artikel 10
Verfolgungsverjährung
1.Die der Kommission mit Artikel 9 übertragenen Befugnisse verjähren nach einer Frist von drei Jahren.
2.Die Frist nach Absatz 1 beginnt mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung nach Artikel 9 begangen wurde. Bei andauernden oder wiederholten Verstößen gegen Artikel 6 Absatz 1 beginnt die Frist jedoch mit dem Tag, an dem die Verstöße eingestellt wurden.
3.Die Verfolgungsverjährung wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung eines Verstoßes gegen Artikel 6 Absatz 1 gerichtete Handlung der Kommission von dem Tag an unterbrochen, an dem das betroffene Unternehmen oder die betroffene Unternehmensvereinigung von der Handlung unterrichtet wird.
4.Nach jeder Unterbrechung läuft die Verjährungsfrist von Neuem an. Die Verjährung tritt jedoch spätestens mit dem Tag ein, an dem eine Frist von sechs Jahren verstrichen ist, ohne dass die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat. Diese Frist verlängert sich um den Zeitraum, in dem die Verjährung nach Absatz 5 ruht.
5.Die Verfolgungsverjährung ruht, solange wegen des Beschlusses der Kommission ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist.
Artikel 11
Vollstreckungsverjährung
1.Die Befugnis der Kommission zur Vollstreckung von Beschlüssen nach Artikel 9 verjährt nach Ablauf von fünf Jahren.
2.Die Frist nach Absatz 1 beginnt mit dem Tag, an dem der Beschluss nach Artikel 9 bestandskräftig geworden ist.
3.Die Frist nach Absatz 1 wird unterbrochen durch
a)die Bekanntgabe eines Beschlusses, durch den der ursprüngliche Betrag der Geldbuße oder des Zwangsgelds abgeändert oder ein Antrag auf eine solche Änderung abgelehnt wird,
b)jede auf zwangsweise Beitreibung der Geldbuße oder des Zwangsgelds gerichtete Handlung eines auf Antrag der Kommission handelnden Mitgliedstaats oder der Kommission.
4.Nach jeder Unterbrechung läuft die Verjährungsfrist von Neuem an.
5.Die Vollstreckungsverjährung nach Absatz 1 ruht, solange
a)eine Zahlungserleichterung bewilligt ist,
b)die Zwangsvollstreckung durch eine Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt ist.
Artikel 12
Adressaten der Beschlüsse
Beschlüsse nach Artikel 9 Absätze 1 und 2 werden an das betroffene Unternehmen oder die betroffene Unternehmensvereinigung gerichtet. Die Kommission unterrichtet den Adressaten unverzüglich von dem Beschluss.
Artikel 13
Kontrolle durch den Gerichtshof
Der Gerichtshof der Europäischen Union verfügt in Bezug auf von der Kommission verhängte Geldbußen oder Zwangsgelder über unbeschränkte Ermessensnachprüfungsbefugnisse im Sinne von Artikel 261 AEUV. Er kann die verhängten Geldbußen oder Zwangsgelder aufheben, herabsetzen oder erhöhen.
Kapitel IV
Schlussbestimmungen
Artikel 14
Fristverlängerungen
Die Fristen werden nach Monaten oder Arbeitstagen bestimmt.
Ersuchen um Fristverlängerung müssen begründet und mindestens fünf Arbeitstage vor Fristablauf schriftlich an die Dienststelle und die Anschrift übermittelt werden, die von der Kommission bezeichnet wurden. Die Kommission kann eine Fristverlängerung beschließen, soweit dies gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.
Artikel 15
Veröffentlichung von Beschlüssen
1.Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union eine zusammenfassende Bekanntmachung ihrer Beschlüsse nach Artikel 5 Absatz 2. Darin wird darauf hingewiesen, dass eine Ausfertigung des Beschlusses in den verbindlichen Sprachfassungen erhältlich ist.
2.Die Kommission veröffentlicht ihre Beschlüsse nach Artikel 9 Absätze 1 und 2 im Amtsblatt der Europäischen Union.
Artikel 16
Berufsgeheimnis
Unbeschadet der Artikel 7 und 8 legen die Mitgliedstaaten, ihre Beamten und sonstigen Bediensteten unter das Berufsgeheimnis fallende Auskünfte, die sie in Anwendung dieser Verordnung erhalten haben, nicht offen.
Artikel 17
Schutz personenbezogener Daten
In Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung führen die Mitgliedstaaten ihre Aufgaben im Sinne dieser Verordnung im Einklang mit den nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG aus. In Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Kommission im Rahmen dieser Verordnung beachtet die Kommission die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 45/2001.
Artikel 18
Berichterstattung
Die Kommission erstellt alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung und legt ihn dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.
Artikel 19
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident
Der Präsident