EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 10.10.2017
COM(2017) 587 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die nationalen Aktionspläne der Mitgliedstaaten und die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden
1.Einleitung
Die EU verfügt über das weltweit strengste System für die Zulassung und Überwachung von Pestiziden. Dennoch besteht in der Gesellschaft der starke Wunsch, zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion zu gelangen und den Einsatz von Pestiziden zu verringern oder sogar zu verbieten. In diesem Zusammenhang ist die nachhaltige Landwirtschaft als Teil der modernen Produktionssysteme eines der UN-Entwicklungsziele, und die Förderung des nachhaltigen Einsatzes von Pestiziden ist eine der wichtigen Maßnahmen der EU zur Unterstützung des Erreichens der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
Die Thematische Strategie 2006 zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden
führte zu einem neuen Rechtsrahmen für die Zulassung und den Einsatz von Pestiziden
. Dieser umfasst einen strengen Rahmen für die Genehmigung von Wirkstoffen durch die Europäische Kommission und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durch die Mitgliedstaaten, die bei einem Einsatz gemäß den genehmigten Anwendungsbedingungen keine festgestellten nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren und keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Dieses strenge System für das Inverkehrbringen hat zu einer Reduzierung der Anzahl genehmigter Wirkstoffe um etwa 50 % geführt. Die Überwachung der Vermarktung und Anwendung von Pestiziden soll sicherstellen, dass zugelassene Pestizide gemäß diesen Bedingungen vermarktet und angewendet werden. Pflanzen, die gemäß dem Etikett mit zugelassenen Pestiziden behandelt wurden, dürfen als sicheres Lebensmittel vermarktet und konsumiert werden, wobei die Pestizidrückstände innerhalb der Rückstandshöchstgehalte (RHG) liegen.
Die Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden
(nachstehend die „Richtlinie“), die am 21. Oktober 2009 als Teil dieser Strategie verabschiedet wurde, sieht eine Reihe von Aktionen vor, um eine nachhaltige Verwendung von Pestiziden in der EU zu erreichen, indem die mit der Verwendung von Pestiziden verbundenen Risiken und Auswirkungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verringert und die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes sowie alternativer Methoden oder Verfahren wie nichtchemische Alternativen zu Pestiziden gefördert werden.
Die Mitgliedstaaten waren gehalten, nationale Aktionspläne (NAP) zu verabschieden, um die Richtlinie erstmals bis November 2012 umzusetzen. Diese Pläne sollten quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Verwendung von Pestiziden enthalten. Die Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln enthält ebenfalls eine Reihe von Bestimmungen, die mit der Richtlinie in Verbindung stehen, darunter die Erleichterung der raschen Zulassung von Wirkstoffen mit geringem Risiko und der Einsatz dieser Produkte unter Beachtung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes.
Die Richtlinie nennt spezifische Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten in ihre Pläne für eine korrekte Umsetzung aufzunehmen haben. Die wichtigsten Maßnahmen betreffen die Fort und Weiterbildung von Verwendern, Beratern und Vertreibern, die Prüfung der Anwendungsgeräte für Pestizide, das Verbot von Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen, die Beschränkung des Einsatzes von Pestiziden in empfindlichen Gebieten sowie Information und Sensibilisierung für Risiken durch Pestizide. Ein Eckpfeiler der Richtlinie ist die Förderung des integrierten Pflanzenschutzes, für den in Anhang III der Richtlinie allgemeine Grundsätze niedergelegt sind. Die von der Richtlinie für die Umsetzung aller oben genannten Maßnahmen vorgesehenen Fristen waren zwischen November 2011 und November 2016 gestaffelt. Seit November 2016 (als die Prüfung der Anwendungsgeräte für Pestizide verbindlich wurde) sind die Mitgliedstaaten gehalten, alle einschlägigen Maßnahmen der Richtlinie umzusetzen.
Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich regelmäßig trifft, um die Umsetzung der Richtlinie zu erörtern und vorbildliche Praktiken auszutauschen.
Dieser Bericht befasst sich mit der Berichterstattung gemäß Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 16 der Richtlinie. Artikel 4 Absatz 3 fordert von der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die von den Mitgliedstaaten in Bezug auf die nationalen Aktionspläne übermittelten Informationen vorzulegen, und laut Artikel 16 hat sie über die bei der Durchführung dieser Richtlinie erzielten Fortschritte zu berichten.
Dieser Bericht stützt sich auf vier Informationsquellen:
·Die von der Kommission 2015 abgeschlossene Beurteilung der nationalen Aktionspläne.
·Zwei Auditreihen zu Pestiziden, die 2012-2014 bzw. 2015-2016 durchgeführt wurden und bestimmte Aspekte der Umsetzung der Richtlinie behandelten; die erste befasste sich mit Kontrollen in Bezug auf Pflanzenschutzmittel
, die zweite mit Vermarktung und Einsatz von Pestiziden
.
·Eine Erhebung und einen Fragebogen, der 2016 an alle Mitgliedstaaten geschickt wurde, um den neusten Stand der Fortschritte bei der Umsetzung der Aktionspläne zu erfahren.
·Informationsreisen in sechs Mitgliedstaaten im Jahr 2017, um insbesondere den Gesamtfortschritt bei der Umsetzung der Richtlinie zu untersuchen. Diese Mitgliedstaaten wurden ausgesucht, um einen Querschnitt verschiedener Mitgliedstaaten mit Abdeckung verschiedener geografischer Regionen zu bieten. Zusätzlich zu den einzelnen Kontrollberichten werden die wichtigsten Ergebnisse der sechs Missionen später in diesem Jahr in einem zusammenfassenden Bericht veröffentlicht und werden eine detailliertere Analyse der Ergebnisse des oben genannten Fragebogens enthalten, darunter auch Beispiele für vorzügliche Praktiken von Mitgliedstaaten bei der Umsetzung.
2.Nationale Aktionspläne
Artikel 4 der Richtlinie forderte die Mitgliedstaaten auf, bis zum 26. November 2012 die erste Runde der nationalen Aktionspläne zu verabschieden und diese der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mitzuteilen. Diese Pläne sollten mindestens alle fünf Jahre überprüft werden. Sie sollten quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken und der Auswirkungen der Verwendung von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt festlegen. Alle Mitgliedstaaten haben derartige Pläne verabschiedet, in vielen Fällen geschah dies mit erheblicher Verspätung. Die Pläne wurden an die Kommission übermittelt und stehen auf der Website der Kommission in englischer Sprache zur Verfügung.
Die nationalen Aktionspläne sind die Grundlage der Kontrollen der Mitgliedstaaten aus der Richtlinie, sie unterscheiden sich aber stark in ihrer Vollständigkeit und Abdeckung. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Pläne beträchtlich verbessern, um die unten genannten Defizite zu beheben und um präzisere und messbare Ziele festzulegen.
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Die Mitgliedstaaten hatten unterschiedliche Ausgangspunkte für die Ausarbeitung der NAP. Sieben von ihnen hatten zuvor entwickelte Aktionspläne, während es für alle anderen der erste Plan war. Bisher haben lediglich Frankreich und Litauen einen überarbeiteten NAP vorgelegt. Der Grad der Umsetzung des Aktionsplans wird besser einschätzbar sein, sobald alle Mitgliedstaaten diese Überprüfungen durchgeführt und die Ergebnisse an die Kommission übermittelt haben.
Die NAP werden sich positiv auf die Bemühungen der Mitgliedstaaten in ihrer Vorbereitung auswirken. Aber sie variieren stark hinsichtlich der detaillierten Angaben, wie sie genau die Umsetzung von Maßnahmen gemäß Artikel 5-15 der Richtlinie planen. In den meisten Fällen wurden nicht alle Aspekte dieser Artikel abgedeckt. Die Pläne behandeln umfassend einige Bereiche, beispielsweise das Testen der Anwendungsgeräte für Pestizide und die Schulung der Verwender von Pestiziden, aber in anderen Bereichen, beispielsweise in Bezug auf das Spritzen und Sprühen mit Luftfahrzeugen, Informationen für die Öffentlichkeit und Sammeln von Informationen zu Vergiftungsfällen, geben viele nur wenige Details an.
Die NAP sind auch hinsichtlich der Festlegung von quantitativen Vorgaben, Zielen, Maßnahmen und Zeitplänen für die verschiedenen Aktionsbereiche uneinheitlich. In manchen Bereichen wie dem Testen der Anwendungsgeräte für Pestizide sind die Pläne hervorragend, und fast alle setzen spezifische Ziele zum Erreichen einer vollständigen Einhaltung. Andererseits haben die meisten Mitgliedstaaten keine Ziele und Zeitpläne für Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt gegen Pestizide festgelegt.
Darüber hinaus geben die Aktionspläne in etwa 80 % der Fälle nicht an, wie das Erreichen von Zielen oder Vorgaben gemessen wird. Das Fehlen von klaren, messbaren Zielen erschwert die Beurteilung des Fortschritts der Implementierung und das Ermitteln von Bereichen, in denen weitere Maßnahmen erforderlich sind.
21 Mitgliedstaaten meldeten Risikominderungsziele und 9 verwenden Minderungsziele. Lediglich fünf Mitgliedstaaten setzen messbare Ziele, von denen vier auf die Risikominderung und eines auf Anwendungsreduzierung abheben. Das wichtigste Ziel des nationalen Aktionsplans von Frankreich ist die Reduzierung der Anwendung von Pestiziden bis 2025 um 50 % mit einem ersten Meilenstein von 25 % im Jahr 2020 und somit eine Minderung der Risiken und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Gute Beispiele für Risikominderungsziele lassen sich in Deutschland, den Niederlanden, Finnland und Dänemark finden, die auf der Basis der Gefahrenklassifizierung der Pestizide Indikatoren für die Risikominderung ausgearbeitet haben, wobei Pestizide mit höherem Risiko eine höhere Gewichtung haben.
Alle NAP enthalten einige Maßnahmen zur Förderung des integrierten Pflanzenschutzes, und zwar insbesondere zur Förderung der Verfügbarkeit der Leitlinien zum integrierten Pflanzenschutz, sowie zur Bereitstellung von Schulungen oder zu Demonstrationsbetrieben. Dennoch geben die Pläne nicht an, wie die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes durch die Landwirte gemessen werden kann, und sie setzen keine Ziele oder geben nicht an, wie die Umsetzung sichergestellt wird. Der integrierte Pflanzenschutz ist ein Eckpfeiler der Richtlinie, und die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes ist das beabsichtigte Mittel, um die Abhängigkeit von der Anwendung von Pestiziden in der nachhaltigen Landwirtschaft zu verringern; somit ist der Mangel an klaren Schritten, die beurteilbar, messbar und durchsetzbar sind, ein bedeutender Bereich für Verbesserungen in der laufenden Überprüfung der nationalen Aktionspläne durch die Mitgliedstaaten.
3.Umsetzung der Richtlinie
3.1.Ausbildung und Zertifizierung
Artikel 5 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Fort und Weiterbildung und Zertifizierung für berufliche Verwender, Vertreiber und Berater für Pestizide. Artikel 6 schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Vertreiber genügend Personal beschäftigen, das im Besitz einer Bescheinigung gemäß Artikel 5 ist. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten auch, den Verkauf von für die berufliche Verwendung zugelassenen Pestiziden auf Personen zu beschränken, die im Besitz einer Bescheinigung gemäß Artikel 5 sind. Schließlich besagt Artikel 6, dass die Mitgliedstaaten von den Vertreibern, die Pestizide an nicht berufliche Verwender verkaufen, die Bereitstellung allgemeiner Informationen über die Risiken der Verwendung von Pestiziden für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verlangen.
Insgesamt besteht im Bereich der Fort und Weiterbildung und Zertifizierung beruflicher Verwender, Vertreiber und Berater ein hohes Maß an Konformität. Allerdings gibt es keine genauen Daten zur Gesamtzahl der beruflichen Verwender in diesem Bereich, und daher ist nicht sicher, dass alle entsprechend geschult sind.
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26 nationale Aktionspläne befassen sich mit der Bereitstellung von Fort und Weiterbildungen, aber 11 von ihnen geben keine ausreichenden Details an.
Die Umsetzung der Auflage der Fort und Weiterbildung wurde im Verlauf der Audits der Kommission in 19 Mitgliedstaaten im Zeitraum 2012 – 2014 und in den Informationsreisen in sechs Mitgliedstaaten im Jahr 2017 beurteilt (in beiden Fällen wurden fünf besucht). In drei der 20 besuchten Mitgliedstaaten bestand bereits vor der Verabschiedung der Richtlinie ein Fort und Weiterbildungssystem für Landwirte, und die Fort und Weiterbildung wurde nach ihrem Inkrafttreten auf andere Gruppen wie Vertreiber ausgedehnt.
Alle Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Luxemburg) hatten bis zum Stichtag 26. November 2013 ein Schulungs- und Zertifizierungssystem eingerichtet, und die Mitgliedstaaten berichteten in ihrer Antwort auf den Fragebogen von 2016, dass fast vier Millionen berufliche Verwender geschult worden sind. In sechs Mitgliedstaaten kam es bei der Schulung und Zertifizierung der Verwender zu Verzögerungen. Darüber hinaus wurden von drei Mitgliedstaaten keine Daten vorgelegt. Laut einer Betriebsstrukturerhebung gibt es in Europa etwa zehn Millionen landwirtschaftliche Betriebe, von denen lediglich 0,3 Millionen Großbetriebe sind, die 50 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften. Die Fort und Weiterbildungskurse dauern in der Regel je nach Betrieb und Vorkenntnissen zwei bis vier Tage, und geschulte Verwender erhalten eine Bescheinigung, die für den Kauf von Pestiziden für die berufliche Verwendung erforderlich ist.
Im Fall der sechs von der Kommission 2017 besuchten Mitgliedstaaten ist diese Auflage im Bereich der offiziellen Kontrollen der Betriebe durch zuständige Behörden enthalten, und die Einhaltung lag in fünf der sechs Mitgliedstaaten bei über 95 %. Auf der Grundlage der ausgefüllten Fragebögen wurde jedoch festgestellt, dass die Zertifizierungssysteme in fünf Mitgliedstaaten nicht die Berater für Pflanzenschutz abdecken. Darüber hinaus müssen in den Niederlanden Berater, die nicht direkt am Verkauf von Pestiziden beteiligt sind, nicht zertifiziert sein; diese nationalen Rechtsvorschriften sollen jedoch überarbeitet werden, um sie mit der Richtlinie in Einklang zu bringen.
Alle Mitgliedstaaten haben Beschränkungen für den Verkauf von Pestiziden an nicht berufliche Verwender wie Hobbygärtner eingerichtet. So können beispielsweise in einigen Mitgliedstaaten Pestizide für die nicht berufliche Verwendung nicht frei gekauft werden und müssen im Handel hinter der Theke aufbewahrt werden.
In den Jahren 2015 und 2016 organisierte die Kommission für Fachleute aus den Mitgliedstaaten 12 Kurse für „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“ (BTSF)
, die einige Aspekte der Richtlinie, darunter die Fort und Weiterbildung für Verwender, abdeckten. Der Kurs sollte ein einheitliches und hohes Maß an Verständnis dazu vermitteln, wie die Umsetzung erreicht werden kann, und er bot eine Möglichkeit für den Austausch bewährter Praktiken. Es nahmen alle 28 Mitgliedstaaten teil, und es wurden etwa 338 Mitarbeiter geschult.
3.2.Pestizidvergiftung
Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie verpflichtet Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Systemen zur Erfassung von Informationen über pestizidbedingte akute Vergiftungsfälle und — sofern verfügbar — chronische Vergiftungsfälle in Gruppen, die Pestiziden regelmäßig ausgesetzt sein können, wie etwa Anwender, landwirtschaftliche Arbeitskräfte oder Personen, die in der Nähe von Pestizidanwendungsgebieten leben.
Obwohl es in den Mitgliedstaaten in der Regel Systeme zur Erhebung von Daten über akute Pestizidvergiftungen gibt, wurden die Genauigkeit dieser Daten und ihre Verwendung hinterfragt. Systeme für die Erhebung solcher Daten zu chronischen Vergiftungen sind nicht weit verbreitet.
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18 NAP beschreiben die Systeme zur Erhebung von Fällen akuter Pestizidvergiftungen in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat, während sich nur vier mit der Erhebung von Daten zu chronischen Vergiftungen befassen. Die übrigen Pläne geben keine spezifischen Einzelheiten zu diesem Bereich an.
Dieses Thema wurde im Lauf der Audits der Kommission in den Jahren 2012 – 2014 in 19 Mitgliedstaaten nicht behandelt, und die verfügbaren Informationen stammen aus dem Fragebogen aus dem Jahr 2016 für die Mitgliedstaaten und aus den Informationsreisen in sechs Mitgliedstaaten im Jahr 2017.
Auf der Grundlage der Antworten auf den Fragebogen aus dem Jahr 2016 werden von allen außer fünf Mitgliedstaaten spezifische Informationen zu Fällen akuter Pestizidvergiftungen gesammelt. Die Anzahl der gemeldeten Fälle akuter Pestizidvergiftungen variiert zwischen den Mitgliedstaaten beträchtlich, und die Behörden meldeten Zweifel hinsichtlich der Genauigkeit der Daten an. In Schweden beispielsweise beziehen sich die aufgezeichneten Daten auf die Anzahl der Anfragen und nicht auf die Anzahl der Vergiftungsfälle. Zehn Mitgliedstaaten verfügen über ein spezielles System für die Erhebung von Daten zu chronischen Vergiftungen. In den übrigen 17 Mitgliedstaaten werden chronische Vergiftungen nicht systematisch überwacht. Die Mitgliedstaaten betonten, dass die Erhebung von Daten zu chronischen Vergiftungen besonders problematisch ist, denn es ist sehr schwierig, klinische Symptome mit einer Pestizidexposition in Verbindung zu bringen, die eventuell mehrere Jahre zurückliegt.
Um die Vergleichbarkeit von Informationen zu verbessern, fordert Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie, dass die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten strategische Leitlinien zur Überwachung und Beobachtung der Auswirkungen der Verwendung von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt erarbeitet. Die Kommission plant, dieses Leitliniendokument bis Ende 2017 fertigzustellen. Darüber hinaus wird die Einrichtung von Systemen zur Erhebung von Informationen zu Verdacht auf Pestizidvergiftung gemäß Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 berücksichtigt.
3.3.Anwendungsgeräte für Pestizide
Artikel 8 verpflichtet die Mitgliedstaaten, zu gewährleisten, dass Anwendungsgeräte für Pestizide, z. B. Feldsprühgeräte und Baumspritzen, regelmäßig kontrolliert werden und dass bis zum 26. November 2016 alle verwendeten Geräte mindestens einmal getestet werden. Ferner wurde die Einrichtung eines Bescheinigungssystems gefordert, um die Überprüfung der Kontrollen zu ermöglichen.
In der Regel hatten die Mitgliedstaaten Systeme wie gefordert eingerichtet, aber hinsichtlich der Einhaltung insgesamt, die zwischen den Mitgliedstaaten erheblich variiert, besteht nur ein unvollständiges Bild. Die Kommission beurteilt derzeit die Entwicklung der Situation seit November 2016.
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26 NAP hatten ein Ziel, zu gewährleisten, dass die Anwendungsgeräte für Pestizide wie von der Richtlinie gefordert kontrolliert werden. 15 Pläne gaben an, dass bereits vor der Annahme der Richtlinie ein Sprühgerättestverfahren in irgendeiner Form bestand.
Um die Mitgliedstaaten in diesem Bereich in Einklang mit Artikel 20 der Richtlinie zu unterstützen, wurde 2015 die neue harmonisierte Norm für die Prüfung von Anwendungsgeräten für Pestizide EN ISO 16122 veröffentlicht
.
Diese Norm deckt horizontale Spritz oder Sprühgestänge, Busch und Baumkultursprühgeräte sowie feste und semimobile Sprühgeräte ab. Sie klärt die wesentlichen Anforderungen für Gesundheit, Sicherheit und Umwelt, die bei der Prüfung untersucht werden müssen. Diese harmonisierte Norm sollte Bemühungen der Mitgliedstaaten erleichtern, die in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Bescheinigungen, wie in Artikel 8 Absatz 6 der Richtlinien gefordert, anzuerkennen.
Der Fragebogen von 2016 zeigt, dass 26 Mitgliedstaaten Kontrollsysteme eingerichtet hatten und dass bis zum Stichtag 26. November 2016 etwa 900 000 Sprühgeräte kontrolliert worden waren. Lediglich Malta und Zypern mussten noch mit diesen Prüfungen beginnen. Die Mitgliedstaaten haben keine verlässlichen Daten dazu, wie viele Sprühgeräte insgesamt verwendet werden, aber laut ihren eigenen Schätzungen waren bis zum Stichtag bis zu 50 % der Sprühgeräte in der EU nicht kontrolliert, wobei in Lettland und Griechenland schätzungsweise über 95 % und in Italien 70 % der Sprühgeräte bis zum Stichtag nicht kontrolliert waren. Belgien, die Niederlande und Finnland meldeten an die 100 % kontrollierte Geräte.
In den Jahren 2015 und 2016 organisierte die Kommission sechs Kurse für „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“ (BTSF) zu Anwendungsgeräten für Pestizide, an denen 102 Inspektoren aus 25 Mitgliedstaaten teilnahmen, und weitere sechs Kurse werden 2017 und 2018 durchgeführt. Dies wird dazu beitragen, die oben genannten Schwachpunkte zu beseitigen, und somit einheitlichere Kontrollen durch die Mitgliedstaaten erleichtern.
3.4.Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen
Artikel 9 der Richtlinie untersagt das Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen, sofern keine Ausnahmeregelung vorliegt.
Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen ist verboten, und Ausnahmeregelungen werden nur unter strengen Bedingungen gewährt. Der besprühte Bereich ist tief gelegen, abschüssig und wird wirksam kontrolliert.
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Alle Mitgliedstaaten haben das Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen in ihrer nationalen Gesetzgebung untersagt, selbst wenn dies nicht explizit in ihrem nationalen Aktionsplan angegeben ist. Obwohl die Genehmigung von Ausnahmeregelungen in Sonderfällen in 21 Mitgliedstaaten rechtlich möglich ist, haben 2014 und 2015 nur 14 Mitgliedstaaten tatsächlich Ausnahmeregelungen gewährt. Im Rahmen dieser Ausnahmeregelungen wurden Pestizide auf 1,1 Millionen Hektar, darunter 70 % landwirtschaftliche Flächen und 30 % Waldflächen, aufgebracht; dies deckte etwa 0,2 % bzw. 0,1 % der jeweiligen Gesamtflächen ab.
2015 entfielen fast 95 % des angegebenen Spritzens oder Sprühens mit Luftfahrzeugen auf nur zwei Mitgliedstaaten, nämlich Spanien mit 339 000 Hektar und Ungarn mit 88 000 Hektar, was 0,7 % bzw. 0,9 % der Fläche dieser beiden Mitgliedstaaten entsprach.
Abbildung 1: Verringerung des Spritzens oder Sprühens von Pestiziden mit Luftfahrzeugen in zwei Mitgliedstaaten
Die Kommission hat dieses Thema im Verlauf von Audits in sieben Mitgliedstaaten 2015-2016 sowie bei Sondierungsbesuchen in sechs Mitgliedstaaten 2017 untersucht. In allen Fällen, in denen Ausnahmeregelungen gewährt wurden, fand das Spritzen oder Sprühen mit Luftfahrzeugen unter den strengen Bedingungen für Ausnahmeregelungen gemäß der Richtlinie statt. Zudem sind die unter der Ausnahmeregelung behandelten Gebiete in den letzten Jahren, wie in den obigen Grafiken deutlich wird, erheblich kleiner geworden.
Trotzdem wird die Kommission weiterhin u. a. durch Audits prüfen, wie die Mitgliedstaaten Anträge auf Ausnahmeregelungen beurteilen, um sicherzustellen, dass die strengen Bedingungen für diese Ausnahmeregelungen eingehalten und korrekt kontrolliert werden.
3.5.Information und Sensibilisierung
Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Information der allgemeinen Öffentlichkeit und zur Förderung und Erleichterung von Informations- und Sensibilisierungsprogrammen und der Bereitstellung von genauen und ausgewogenen Informationen über Pestizide für die allgemeine Öffentlichkeit zu ergreifen. Artikel 10 besagt, dass Mitgliedstaaten in ihre nationalen Aktionspläne Vorkehrungen über die Unterrichtung von Personen aufnehmen können, die der Abdrift ausgesetzt sein könnten.
Diese Bestimmung wird in einigen Mitgliedstaaten und in manchen Bereichen umfassend genutzt, aber es besteht noch weiteres Potenzial für die Verbreitung von bewährten Praktiken und dafür, dass diese Praktiken umfassender eingesetzt werden, um die Öffentlichkeit und Interessengruppen zu informieren.
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Alle NAP enthalten geplante Maßnahmen zur Information der Öffentlichkeit. Lediglich Rumänien und Spanien machen feste Vorgaben in diesem Bereich.
Das wichtigste von den Mitgliedstaaten eingesetzte Instrument, um die allgemeine Öffentlichkeit mit genauen und ausgewogenen Informationen über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden zu versorgen, ist die jeweilige Webseite. Diese nationalen Webseiten werden von einer speziellen Webseite der Kommission ergänzt, die derzeit zu einem Web-Portal mit Links zu allen Webseiten der Mitgliedstaaten und anderen Informationsquellen aufgerüstet wird. Dies wird die Möglichkeit bieten, Informationen zu einer Reihe von Themen, darunter Anleitungen zu integriertem Pflanzenschutz und Entscheidungshilfesysteme, innerhalb der und zwischen den Mitgliedstaaten auszutauschen.
In ihrer Antwort auf den Fragebogen aus dem Jahr 2016 informierten sechs Mitgliedstaaten die Kommission über nationale Bestimmungen, laut denen Landwirte ihre Nachbarn und Anwohner zumindest auf deren Ersuchen vor der Anwendung von Pestiziden informieren müssen. So müssen beispielsweise Anwender in Schweden und in den Niederlanden, die Pestizide in Bereichen einsetzen wollen, die für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich sind, spätestens eine Woche vor der Anwendung ein Schild mit detaillierten Informationen aufstellen. Im Verlauf der Informationsreisen der Kommission im Jahr 2017 legten die Mitgliedstaaten Beispiele für gezielte Informationskampagnen vor, darunter auch Sensibilisierungskampagnen, um Hobbygärtner über die Risiken von Pestiziden in Dänemark, Polen und Schweden zu informieren, und auch für Wettbewerbe zu Pestizidrisiken für Schulkinder in Polen und Italien.
3.6.AQUATISCHE UMWELT UND TRINKWASSER
Artikel 11 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass geeignete Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt und der Trinkwasserversorgung vor den Auswirkungen von Pestiziden ergriffen werden.
Die Mitgliedstaaten haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die aquatische Umwelt vor dem Einsatz von Pestiziden zu schützen, aber mangels messbarer Vorgaben in den meisten nationalen Aktionsplänen ist eine Beurteilung des erzielten Fortschritts schwierig.
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27 nationale Aktionspläne enthalten beträchtliche Details zu diesem Bereich, allein Frankreich macht dazu keine Angaben. Die Maßnahmen decken verschiedene Bereiche ab. Was die Verwendung von Pestiziden angeht, umfassen die Maßnahmen auch den Einsatz von abdriftreduzierender Technologie und das Verbot des Befüllens von Sprühgeräten aus Wasserläufen. Es stehen finanzielle Anreize zur Verfügung, darunter auch für Pufferzonen an Wasserläufen in Agrar-Umweltprogrammen, Kapitalzuschüsse für den Kauf von abdriftmindernden Düsen und für das Anlegen von Biobeeten zum Auffangen von Abfluss vom Waschen von Sprühgeräten. Doch die Abdeckung des Territoriums durch diese Maßnahmen ist in den meisten Mitgliedstaaten sehr begrenzt. Andere Maßnahmen betreffen Bildung und Wissenstransfer. Obwohl die Mitgliedstaaten, wie oben dargelegt, ein breites Spektrum von Maßnahmen in diesem Bereich eingerichtet haben, beziehen sich die festgelegten Vorgaben und Zeitpläne entweder auf das Umsetzen von Aktionen, z. B. Bereiche mit Pufferzonen neben Wasserläufen, oder – in manchen Mitgliedstaaten – das Umsetzen der vorhandenen Normen für Wasserqualität im Einklang mit anderen Rechtsvorschriften.
Wie in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu Landwirtschaft und nachhaltiger Wasserwirtschaft in Europa betont, ist die Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden ein wichtiges Instrument, um die Ziele des guten Zustands der Gewässer gemäß der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG
zu erreichen. Dennoch sind die Vorgaben und Zeitpläne der Mitgliedstaaten zum Schutz der aquatischen Umwelt nicht immer ausdrücklich mit den Umweltzielen der Richtlinie 2000/60/EG verknüpft. Die Mitgliedstaaten haben Umweltüberwachungsprogramme gemäß der Richtlinie 2000/60/EG, der Richtlinie 2006/118/EG
zum Schutz des Grundwassers, der Richtlinie 2008/105/EG
über Umweltqualitätsnormen in Oberflächenwasser und der Richtlinie 1998/83/EG für Trinkwasser umgesetzt. Die Überwachungsprogramme und damit verknüpfte Indikatoren und Vorgaben müssen verschiedene Kompartimente abdecken, darunter Biota und/oder Sediment, um das Risiko durch Verbindungen, die bioakkumulierbar sind, entsprechend abzudecken. Ergebnisse aus der Wasserüberwachung zeigen, dass Pestizide aus verschiedenen Quellen in 16 Mitgliedstaaten zu einem schlechten Zustand der Gewässer beitragen; dies betrifft 20 % des Grundwassers und 16 % der Flüsse und Übergangsgewässer, die sich laut dem EUA-Bericht Nr. 8/2012 „European waters - assessment of status and pressures“ in einem schlechten chemischen Zustand befinden., .
In Beantwortung des Fragebogens aus dem Jahr 2016 haben die Mitgliedstaaten der Kommission gemeldet, dass 2014 und 2015 insgesamt über eine Million Wasserproben auf Pestizidrückstände getestet wurden. Zum Vergleich: 2015 wurden 84 000 offizielle Nahrungsmittelproben auf Pestizidrückstände untersucht. Die Wasserproben wurden aus Oberflächen, Grund und Trinkwasser entnommen. Die meisten Proben stammten aus Trinkwasser, und die Ergebnisse zeigten eine hohe (99 %) Einhaltung des von der Richtlinie 1998/83/EG festgelegten Grenzwerts. Allerdings werden die Proben nach einer notwendigen Aufbereitung zur Entfernung von Pestiziden genommen.
Das Spektrum der in den Umweltüberwachungsprogrammen analysierten Pestizide variierte innerhalb der und zwischen den 2017 besuchten Mitgliedstaaten. Deutschland, die Niederlande und Dänemark hatten klare Vorgaben bezüglich der Einhaltung dieser Bestimmungen festgelegt, was für die Behörden beim Beurteilen und Nachweisen der erzielten Fortschritte hilfreich ist. In vielen Regionen in Italien wurden über die prioritären Stoffe gemäß der Wasserrahmenrichtlinie hinaus noch weitere Stoffe überwacht. In Polen enthielt die Liste der überwachten Pestizide hingegen nur die prioritären Stoffe der EU. In Deutschland und Dänemark bezogen sich die Ergebnisse zu Pestiziden im Grundwasser vorwiegend auf persistente Pestizide, die in der EU nicht mehr zugelassen sind, vermarktet oder verwendet werden.
3.7.VERRINGERUNG DER VERWENDUNG VON PESTIZIDEN IN BESTIMMTEN GEBIETEN
Artikel 12 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die Verwendung von Pestiziden in bestimmten Gebieten verringert bzw. verboten wird. Zu ihnen gehören Gebiete, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, Schutzgebiete und kürzlich behandelte Flächen, die von landwirtschaftlichen Arbeitskräften genutzt werden. Es sind geeignete Risikomanagementmaßnahmen zu treffen, und der Verwendung von Pestiziden mit geringem Risiko sowie biologischen Bekämpfungsmaßnahmen ist der Vorzug zu geben.
Die Kommission erkennt die umfangreichen Maßnahmen an, die von den Mitgliedstaaten für die Verringerung der Verwendung von Pestiziden in bestimmten Gebieten ergriffen wurden, sowie die positiven Auswirkungen, die dies gezeitigt hat, aber sie stellt auch einen Mangel an messbaren Vorgaben in den meisten Mitgliedstaaten fest.
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26 Mitgliedstaaten beschreiben in ihren NAP Maßnahmen zur Verringerung der Verwendung von Pestiziden in für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, aber die meisten von ihnen legen keine spezifischen Vorgaben für die Verringerung für öffentliche Bereiche fest. Allerdings wurden verschiedene vorzügliche Praktiken festgestellt, beispielsweise in Dänemark, das eine Vorgabe für die Verringerung der Verwendung insgesamt hat und darüber hinaus Pestizidquoten für jeden Golfplatz festlegt. In anderen öffentlichen Bereichen wird ein Auslaufen der Verwendung von Pestiziden angestrebt. Nur NAP aus Lettland, Malta, Spanien und Italien enthalten spezifische Maßnahmen, die sich mit dem Schutz landwirtschaftlicher Arbeitskräfte auf kürzlich behandelten Flächen befassen.
In Beantwortung des Fragebogens aus dem Jahr 2016 berichteten 26 Mitgliedstaaten, dass sie die Verwendung von Pestiziden in Schutzgebieten (gemäß der Definition in der Richtlinie 2000/60/EG) und in Erhaltungsgebieten (gemäß der Definition in den Richtlinien 79/409/EWG
und 92/43/EWG
) verboten oder eingeschränkt haben. Im Verlauf der Informationsreisen im Jahr 2017 sah die Kommission Beispiele für die in den Mitgliedstaaten angewandten Beschränkungen: Polen verbietet die Verwendung von schädlichen, toxischen oder sehr toxischen Pestiziden in öffentlichen Bereichen wie Spielplätzen, Grundschulen und Kindergärten ohne eine Möglichkeit für eine Ausnahmeregelung. Andere Mitgliedstaaten haben Glyphosat-haltige Pestizide in nicht-landwirtschaftlichen Bereichen (z. B. Italien) oder in Nationalparks und Naturschutzgebieten (z. B. Deutschland) verboten. In Deutschland wurden in zwei Jahren nur 17 Ausnahmeregelungen für die Verwendung von Pestiziden in öffentlichen Bereichen gewährt. Dänemark berichtete, dass die Verwendung von Pestiziden in öffentlichen Bereichen seit 1995 um 90 % verringert wurde.
3.8.HANDHABUNG UND LAGERUNG VON PESTIZIDEN
Artikel 13 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die Handhabung und Lagerung von Pestiziden und die Behandlung von deren Verpackungen und Restmengen nicht die menschliche Gesundheit und die Umwelt gefährden.
Obwohl es in allen Mitgliedstaaten Systeme für die Kontrolle der Handhabung und Lagerung von Pestiziden gibt, kann deren Wirksamkeit aufgrund mangelnder messbarer Vorgaben nicht immer beurteilt werden.
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Die NAP befassen sich in der Regel mit dieser Frage, aber nur der Plan aus Italien behandelt spezifisch alle Anforderungen aus der Richtlinie, also Lagerung, Handhabung, Verdünnen und Mischen von Pestiziden vor dem Anwenden, Handhabung von Verpackungen, Entsorgung von Restmengen und Tankmischungen und Reinigung der Geräte. Initiativen für die Entsorgung von leeren Pestizidbehältern werden in 18 Plänen angesprochen, somit ist dies die in diesem Bereich am häufigsten vorgeschlagene Aktion. Neun Pläne sprechen von Standards für die Lagerung. Zu anderen in den Plänen beschriebenen Aktionen gehören überarbeitete Standards für die Lagerung, die Reinigung der Anwendungsgeräte und die sichere Entsorgung alter, nicht registrierter Pestizide/Restmengen.
Die Umsetzung dieser Anforderungen wurde in den Audits der Kommission in 19 Mitgliedstaaten im Zeitraum 2012 – 2014 beurteilt. Zum Zeitpunkt der Audits hatten 15 Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Handhabung und Lagerung von Pestiziden, darunter Rückgewinnung und Entsorgung von Verpackungen und Restmengen, verabschiedet. Die Sammlung, Beförderung und sichere Entsorgung von Verpackungen und Restmengen wurde von zugelassenen Unternehmen durchgeführt, in vier Mitgliedstaaten erfolgte sie in Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Pestizidindustrie. Die Mitgliedstaaten ergänzten die Umsetzung der nationalen Rechtsvorschriften für die sichere Handhabung von Pestiziden durch Inspektionen von Lagerungseinrichtungen.
In Beantwortung des Fragebogens aus dem Jahr 2016 gaben 25 Mitgliedstaatenan, dass sie Systeme für die Sammlung und sichere Entsorgung von leeren Behältern und Verpackungen von PSM eingerichtet hatten. In 21 Mitgliedstaaten erstrecken sich diese Systeme auch auf die Sammlung und sichere Entsorgung von veralteten und abgelaufenen Pestiziden und ihre Restmengen. 15 Mitgliedstaaten richteten Zulassungssysteme für Lagerungseinrichtungen von Pestiziden bei Herstellern und Vertreibern ein.
3.9.Integrierter Pflanzenschutz
Artikel 3 der Richtlinie gibt eine Definition des integrierten Pflanzenschutzes, und Artikel 14 Absatz 4 verpflichtet die Mitgliedstaaten, in ihren Plänen zu beschreiben, wie sie sicherstellen, dass alle beruflichen Verwender von Pestiziden ab dem 1. Januar 2014 die allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes anwenden. Auch Artikel 55 der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 sieht vor, dass die sachgemäße Verwendung von Pestiziden die Befolgung der Bestimmungen aus der Richtlinie und insbesondere der Anforderungen des integrierten Pflanzenschutzes erfordert.
Was ist integrierter Pflanzenschutz?
·Zusammen mit der Förderung der ökologischen Landwirtschaft ist der integrierte Pflanzenschutz eines der Instrumente für Pflanzenschutzverfahren mit geringer Pestizidverwendung;
·der integrierte Pflanzenschutz umfasst einen ganzheitlichen Ansatz für die Prävention gegen und/oder die Unterdrückung von für Pflanzen schädlichen Organismen durch die Nutzung aller zur Verfügung stehenden Informationen, Instrumente und Methoden zum Pflanzenschutz;
·der integrierte Pflanzenschutz zielt darauf ab, Pestizide und andere Interventionsformen nur in Maßen zu nutzen, die wirtschaftlich und ökologisch gerechtfertigt sind und die das Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verringern oder auf ein Minimum beschränken;
·nachhaltigen biologischen, physikalischen und anderen nichtchemischen Methoden ist der Vorzug vor chemischen Methoden zu geben, wenn sich mit ihnen ein zufriedenstellendes Ergebnis bei der Bekämpfung von Schädlingen erzielen lässt.
Die Mitgliedstaaten müssen klar definierte Kriterien erarbeiten, um systematisch beurteilen zu können, ob die acht Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes umgesetzt werden, und sie müssen im gegenteiligen Fall entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen. Derartige Instrumente könnten bestätigen, dass das in der Richtlinie genannte beabsichtigte Ergebnis des integrierten Pflanzenschutzes erreicht wird, also eine Verringerung der Abhängigkeit von Pestiziden.
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Die acht allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes sind in Anhang III der Richtlinie aufgeführt. Allerdings ist dort nicht explizit festgelegt, wie diese Grundsätze in der Praxis anzuwenden sind. Es liegt teilweise an der Vielfältigkeit der Landwirtschaft in der EU in Bezug auf Klima, angebaute Kulturpflanzen und Produktionstechniken und am Subsidiaritätsprinzip, dass die acht Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes von beruflichen Verwendern von Pestiziden in der EU ganz unterschiedlich umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten unterstützen weiterhin die ökologische Landwirtschaft als ein System mit geringer Pestizidverwendung, und die Zahl der biologischen Betriebe hat weiterhin zugenommen. 2015 machte die Fläche der biologischen Betriebe in der EU 6,2 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche aus.
In ihren nationalen Aktionsplänen geben alle Mitgliedstaaten an, dass sie zur Förderung des integrierten Pflanzenschutzes ein breites Spektrum umfassender Maßnahmen ergreifen. In 24 Mitgliedstaaten gibt es öffentlich finanzierte Systeme für Vorhersage, Warnung und Frühdiagnose für Schädlings und Krankheitsbekämpfung sowie festgelegte wirtschaftlich bedingte Schwellenwerte, um Landwirte bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Auf offiziellen Webseiten stehen IT-Instrumente zu diesem Zweck zur Verfügung. 12 Mitgliedstaaten haben Netzwerke von Demonstrationsbetrieben für integrierten Pflanzenschutz eingerichtet, um an die örtlichen klimatischen Bedingungen und die Kulturpflanzen angepasste Techniken des integrierten Pflanzenschutzes zu entwickeln und zu verbreiten. Darüber hinaus haben professionelle Verwender Zugang zu einer breiten Palette von Leitlinien zum integrierten Pflanzenschutz, die von offiziellen Stellen und Organisationen, die Berufsgruppen vertreten, verfasst worden sind. Gemäß Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes in ihr System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung aufzunehmen.
Die Mitgliedstaaten haben unterstrichen, dass offizielle Beratungsdienste, die von kommerziellen Interessen unabhängig sind, für die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes sehr wichtig sind.
Die Kommission und die Mitgliedstaaten haben das Netzwerk ENDURE kofinanziert, das Forschung, Lehre und Wissenstransfer in der Landwirtschaft mit besonderem Interesse an integriertem Pflanzenschutz zusammenbringt.
Die Kommission hat im Siebten Rahmenprogramm der Europäischen Union das Projekt C-IPM
unterstützt, um ein Forum für die Erforschung des integriertem Pflanzenschutzes und die Entwicklung von Prioritäten zu schaffen, bestehende Forschungsinitiativen miteinander zu verbinden und neue Forschungsvorhaben vorzuschlagen. Eine große Anzahl weiterer Forschungsprojekte wurde von der Kommission finanziert. 2014 und 2016 wurden in Deutschland in Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden zwei EU-Workshops zu integriertem Pflanzenschutz organisiert. Durch das Programm „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“ wird die Kommission ab 2018 für Fachleute aus den Mitgliedstaaten eine Reihe von Kursen zur Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes durchführen.
Die Mitgliedstaaten haben die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes nicht in verbindliche und bewertbare Kriterien umgewandelt. Sie betrachten den integrierten Pflanzenschutz vorwiegend als Ausbildungswerkzeug für Landwirte und haben keine Methoden für die Beurteilung der Einhaltung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes erarbeitet. Obwohl die Mitgliedstaaten eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung der Nutzung des integrierten Pflanzenschutzes ergreifen, gewährleisten diese nicht unbedingt, dass die einschlägigen Techniken des integrierten Pflanzenschutzes von den Verwendern auch tatsächlich angewandt werden. Landwirte sind Wirtschaftsteilnehmer, und obwohl die Techniken des integrierten Pflanzenschutzes langfristig gesehen nachhaltig sind, kann der integrierte Pflanzenschutz kurzfristig ein höheres wirtschaftliches Risiko bedeuten. Es kann beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen als vorteilhaft angesehen werden, Mais oder Weizen in Monokultur anzubauen. Doch dieser kurzfristige Ansatz für die Landbewirtschaftung birgt ein erhebliches Risiko von Kosten auf lange Sicht, beispielsweise aufgrund von zunehmenden Schädlingspopulationen oder Unkräutern in Monokulturen. Letztendlich kann die Monokultur Verlust der Biodiversität, Bodenerosion und sogar Desertifikation verursachen. Ein Beispiel für einen kurzfristigen Ansatz: Rumänien gewährte Notfallzulassungen für den Einsatz von Neonicotinoiden zur Saatgutbehandlung in einem nicht definierten Maisgebiet, ohne als Alternative die Möglichkeit einer Fruchtfolge zu untersuchen.
Während der Informationsreisen in Mitgliedstaaten im Jahr 2017 ermittelte die Kommission Beispiele dafür, wie die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes beurteilt wurde. Grundlage war häufig eine Selbstbeurteilung der Landwirte, die erbrachte, dass die Praktiken des integrierten Pflanzenschutzes häufiger in der Gemüseerzeugung, in Treibhäusern und in Aufzuchtanlagen als auf Ackerflächen umgesetzt wurden. Darüber hinaus findet die Überprüfung der Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes für freiwillige Systeme und für die private Zertifizierung nach Standards der guten landwirtschaftlichen Praxis statt.
In allen sechs besuchten Mitgliedstaaten gaben die Behörden an, dass manche Techniken des integrierten Pflanzenschutzes, darunter Fruchtfolge, richtige Auswahl von Saat und Pflanzmaterial und der Einsatz von entsprechenden Anbautechniken, ihrer Ansicht nach breitere Anwendung finden könnten. Eine Erhebung in Dänemark untermauert diese Meinung, denn sie zeigt, dass die Landwirte zwar sensibler für die Techniken des integrierten Pflanzenschutzes geworden sind, dass aber die tatsächliche Umsetzung dieser Techniken nur geringfügig zugenommen hat. Eine von den Niederlanden durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes von den Landwirten allgemein umgesetzt werden, aber keiner der allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes wird voll ausgeschöpft.
Die Mitgliedstaaten unterstrichen, dass die unzureichende Verfügbarkeit von Pestiziden mit geringem Risiko und nichtchemischen Pestiziden ein Hindernis für die weitere Entwicklung des integrierten Pflanzenschutzes darstellt. Allerdings werden Anreize für die Registrierung von Pestiziden mit geringem Risiko und nichtchemischen Pestiziden nur in wenigen nationalen Aktionsplänen erwähnt. Daher sind die Zulassung und Förderung von Pestiziden mit geringem Risiko und nichtchemischen Pestiziden eine weitere wichtige Maßnahme, um Pflanzenschutzverfahren mit geringem Pestizideinsatz zu unterstützen. In drei Mitgliedstaaten war der Anteil nichtchemischer Wirkstoffe in Pestiziden im Vergleich zu allen Wirkstoffen in zugelassenen Pestiziden hoch und lag 2015 bei über 10 %.
3.10.Risikoindikatoren
Um die Fortschritte bei der Reduzierung von Risiken und negativen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu messen, schreibt Artikel 15 der Richtlinie vor, harmonisierte Risikoindikatoren festzulegen. Ferner sieht er vor, dass die Mitgliedstaaten weiterhin vorhandene nationale Indikatoren verwenden oder gegebenenfalls zusätzliche erlassen.
Die Kommission hat die Mitgliedstaaten informiert, dass sie Gespräche beginnen wird, um zu sehen, ob über die Ausarbeitung harmonisierter Risikoindikatoren ohne das Ersetzen zusätzlicher nationaler Indikatoren eine Einigung erzielt werden kann.
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Bisher wurden von der Kommission keine EU-weiten harmonisierten Risikoindikatoren festgelegt. Obwohl die Kommission vor kurzem gewisse Defizite bezüglich der Verfügbarkeit und Qualität von Statistiken zu Pestiziden festgestellt hat, von denen derzeit viele aus Gründen der Vertraulichkeit und aufgrund rechtlicher Beschränkungen nicht verwendet werden können, zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass das Messen des Risikos komplex ist, und angesichts der auf EU-Ebene verfügbaren Daten lässt es sich nicht einfach durch einen Verweis auf den Gesamtabsatz von Pflanzenschutzmitteln bewerkstelligen. Das liegt daran, dass die Risiken durch Pestizide aufgrund einer Reihe von Faktoren variieren, darunter insbesondere die wirksamen Bestandteile, aber auch die Art der Verwendung der Pestizide.
Mangels harmonisierter Risikoindikatoren verwenden die Mitgliedstaaten weiterhin ihre bestehenden Risikoindikatoren, wie in einigen der nationalen Aktionspläne beschrieben. Dänemark beispielsweise hat einen „Indikator für Pestizidbelastung“ erarbeitet, der die mögliche Belastung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt einzelner marktgängiger Pestizide auf der Basis ihrer toxikologischen Einstufung berechnet.
3.11.Produkte mit geringem Risiko
Artikel 14 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um einen Pflanzenschutz mit geringer Pestizidverwendung zu fördern, wobei wann immer möglich nichtchemischen Methoden der Vorzug gegeben wird, so dass berufliche Verwender von Pestiziden auf Verfahren und Produkte mit dem geringsten Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zurückgreifen.
Die Kommission ergreift Maßnahmen, um die Verfügbarkeit von Pestiziden mit geringem Risiko zu beschleunigen.
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Wenn Stoffe ein nachweislich niedriges Risikopotenzial haben, können die einschlägigen, in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehenen Anreize Anwendung finden. Dazu gehören ein längerer Genehmigungszeitraum von 15 Jahren (statt dem standardmäßigen Zeitraum von 10 Jahren), ein längerer Datenschutzzeitraum und ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für PSM mit geringem Risiko (120 Tage statt ein Jahr).
Um die Verfügbarkeit von Stoffen mit geringem Risiko zu verbessern, gab die Kommission in dem laufenden Überprüfungsprogramm der Bewertung von Wirkstoffen, bei denen es sich um Wirkstoffe mit geringem Risiko handeln könnte, den Vorrang.
In der Verordnung (EU) 2017/1432 erläuterte die Kommission die bestehenden Kriterien für die Identifizierung und Zulassung von Stoffen mit geringem Risiko.
Derzeit sind nur zehn Stoffe von fast 500 als Stoffe mit geringem Risiko zugelassen. Schätzungsweise werden jedoch unter den bereits gemäß der Richtlinie 91/414/EWG zugelassenen Stoffen mehr als 70 wahrscheinlich den neu angenommenen Kriterien für geringes Risiko entsprechen. In den kommenden drei Jahren werden diese Stoffe zwecks Erneuerung ihrer Zulassung erneut bewertet, wodurch sich wahrscheinlich die Gesamtzahl der Wirkstoffe mit geringem Risiko erhöhen wird.
Neben Produkten mit geringem Risiko enthält die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 auch spezifische Bestimmungen für Grundstoffe. Dabei handelt es sich um Stoffe wie zusammengesetzte Lebensmittel, die in der Regel für andere Zwecke als den Pflanzenschutz eingesetzt werden, wie z. B. Essig. Sie sind meist biologischen/natürlichen Ursprungs und werden häufig traditionell in der ökologischen Landwirtschaft verwendet. Derzeit sind 15 Grundstoffe genehmigt, und die Kommission und die Mitgliedstaaten arbeiten aktiv an der Erweiterung der genehmigten Palette dieser Stoffe. Andere so genannte „biologische Bekämpfungsmittel“ wie Nutzinsekten oder Nematoden können als alternative Pflanzenschutztechniken eingesetzt werden und fallen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009.
Abbildung 2: Zunahme der Zahl der von der EU genehmigten alternativen Stoffe.
Schließlich unterstützt die Kommission weiterhin durch ihre Programme für Forschung und Innovation zahlreiche Forschungsarbeiten im Bereich Pflanzenschutz, um neue Produkte mit geringem Risiko und Techniken für die biologische Bekämpfung zu finden.
4.Schlussfolgerungen
In der Europäischen Union gibt es seit über 20 Jahren umfangreiche Rechtsvorschriften und Unterstützungsmaßnahmen für eine sichere, verringerte und präzisere Verwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft. Die Richtlinie bietet die Möglichkeit, die sich aus der Verwendung von Pestiziden ergebenden Risiken stark zu verringern. Doch bis diese von den Mitgliedstaaten strenger umgesetzt wird, bleiben diese Verbesserungen begrenzt und reichen mit Sicherheit nicht aus, um die Verbesserungen für Umwelt und Gesundheit zu erzielen, die mit der Richtlinie erreicht werden sollten. Nationale Aktionspläne mit klaren, messbaren Vorgaben können die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, ihren Bürgern zu zeigen, dass sie die Richtlinie ordnungsgemäß umsetzen und sogar darüber hinausgehen, um innovative Methoden zur Verringerung des Risikos durch Pestizide vorzuschlagen.
4.1 Nationale Aktionspläne und Umsetzung der Richtlinie
Die nationalen Aktionspläne sind die Instrumente, mit denen die Mitgliedstaaten Vorgaben und Aktionen festlegen, um das Ziel der Richtlinie zu erreichen, und sie können als wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Verwendung von Pestiziden angesehen werden. Die Mitgliedstaaten arbeiten derzeit an der Überprüfung ihrer ersten Pläne, und ein genaues Bild des Stands der Umsetzung wird sich erst nach dieser Überprüfung ergeben.
Trotz dieses wesentlichen Fortschritts stellt dieser Bericht fest, dass es beträchtliche Lücken in vielen Bereichen der Pläne gibt, beispielsweise bezüglich des Spritzens und Sprühens aus Luftfahrzeugen, der Informationen für die Öffentlichkeit, der Erhebung von Informationen zu Vergiftungsfällen und der Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt. Der integrierte Pflanzenschutz ist ein Eckpfeiler der Richtlinie, und daher ist es besonders bedenklich, dass die Mitgliedstaaten noch keine klaren Vorgaben gesetzt und ihre Umsetzung sichergestellt haben, darunter für die breitere Verwendung von Landbewirtschaftungstechniken wie der Fruchtfolge. Die Mitgliedstaaten müssen die Qualität ihrer Pläne verbessern, indem sie insbesondere spezifische und messbare Vorgaben und Indikatoren für eine langfristige Strategie zur Verringerung von Risiken und Auswirkungen durch die Verwendung von Pestiziden festlegen. Diese Verbesserungen sollten in die überarbeiteten Aktionspläne aufgenommen werden, die es den Mitgliedstaaten dann erlauben würden, die Fortschritte bei der Implementierung kontinuierlich zu überwachen und die Strategie bei Bedarf anzupassen.
Die Kommission hat die Mitgliedstaaten angeschrieben, bei denen Versäumnisse in den Plänen oder in deren Umsetzung festgestellt wurden, um sie an ihre Verpflichtungen und an die Bedeutung der Umsetzung dieser Richtlinie zu erinnern. Aufbauend auf der Reihe der sechs Informationsreisen in Mitgliedstaaten im Jahr 2017 wird die Kommission weiterhin die NAP beurteilen und die Umsetzung der Richtlinie von den Mitgliedstaaten durch ihre Audits, weitere Aktionen und Folgemaßnahmen überwachen, um sicherzustellen, dass die Ziele der Richtlinie erreicht werden. Falls erforderlich, wird die Kommission Vertragsverletzungsverfahren in Erwägung ziehen.
4.2 Tätigkeiten der Kommission zur Unterstützung der Mitgliedstaaten
In ihrem Bericht an den Rat legte die Sachverständigengruppe zu nachhaltigem Pflanzenschutz, die unter dem niederländischem Ratsvorsitz eingerichtet worden war, einen Umsetzungsplan für die zunehmende Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln mit geringem Risiko und für die beschleunigte Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes in den Mitgliedstaaten vor.
Dieser Plan wurde vom Rat im Juni 2016 gebilligt. Eine der vorgeschlagenen ergänzenden Maßnahmen war, dass die Kommission die bestehende Webseite zur Richtlinie zu einem Web-Portal mit Verknüpfungen zu den derzeit verfügbaren einschlägigen Informationen zum integrierten Pflanzenschutz auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten weiterentwickeln sollte. Die Arbeiten dazu sind gut fortgeschritten. Der kommende zusammenfassende Bericht der Kommission über die Reihe von sechs Informationsreisen zur Umsetzung der Richtlinie wird ebenfalls auf dieser Webseite veröffentlicht.
Obwohl die Mitgliedstaaten in der Regel über Systeme verfügen, um Informationen über akute Vergiftungsfälle durch Pestizide zu sammeln, müssen sie die Genauigkeit der erhaltenen Daten verbessern. Systeme für die Erhebung solcher Daten zu chronischen Vergiftungen sind nicht weit entwickelt. Wesentlich ist, dass die Mitgliedstaaten als Grundlage für entsprechende Präventivmaßnahmen funktionierende Überwachungssysteme zu beruflich bedingten Pestizidvergiftungen entwickeln und pflegen. Die Kommission wird bis Ende 2017 Leitlinien für die Überwachung und Beobachtung der Auswirkung der Verwendung von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt fertigstellen und zusammen mit den Mitgliedstaaten untersuchen, wie solche Systeme weiterentwickelt werden können. Darüber hinaus wird die Kommission die Einrichtung von Systemen zur Erhebung von Informationen zu Verdacht auf Pestizidvergiftung gemäß Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 in Erwägung ziehen.
Nachdem diese Richtlinie in allen Mitgliedstaaten umgesetzt und die Verpflichtungen, die direkt für Landwirte gelten, feststehen, wird sich die Kommission mit der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates in der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 befassen, in der die Kommission ersucht wird, die einschlägigen Teile der Richtlinie in das Cross-Compliance-System aufzunehmen. Darüber hinaus wird die Kommission in der Zwischenzeit die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung von Methoden zur Bewertung der Einhaltung der acht Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes unterstützen und dabei die Diversität der Landwirtschaft in der EU und das Subsidiaritätsprinzip berücksichtigen.
Um den Fortschritt bei der Verringerung des Risikos und der negativen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu messen, wird die Kommission im zweiten Halbjahr 2017 beginnen, mit den Mitgliedstaaten auf einen Konsens bei der Entwicklung von harmonisierten Risikoindikatoren hinzuarbeiten.
Darüber hinaus wird die Kommission auch weiterhin mit den Mitgliedstaaten durch Arbeitsgruppen und Schulungen an der Verbreitung von vorzüglichen Praktiken bei der Umsetzung arbeiten, wobei im Rahmen des Programms „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“ der Stärkung der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, die Grundsätze für die nachhaltige Verwendung zu verstehen und umzusetzen, Vorrang eingeräumt wird.
Nach der Verabschiedung der überarbeiteten nationalen Aktionspläne und mit den dafür verfügbaren aktualisierten Informationen wird die Kommission einen weiteren Bericht vorlegen, der eine umfassendere Bewertung des Stands der Umsetzung der Richtlinie ermöglichen wird.