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Document 52014IR1691

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Mobilität in geografisch und demografisch benachteiligten Regionen

ABl. C 415 vom 20.11.2014, p. 18–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.11.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 415/18


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Mobilität in geografisch und demografisch benachteiligten Regionen

2014/C 415/05

Berichterstatter

Gordon Keymer (UK/EKR), Mitglied des Bezirksrates von Tandridge

Referenzdokument

 

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitung

1.

betont die Bedeutung der geografisch und demografisch benachteiligten Regionen in der EU, einschließlich der in den Artikeln 174 und 349 AEUV genannten, die gegenwärtig zunehmend Schwierigkeiten bei der Bereitstellung lokaler Verkehrsdienstleistungen haben;

2.

stellt fest, dass diese Regionen, die in der vorliegenden Stellungnahme als benachteiligte Regionen bezeichnet werden, folgende Gebiete umfassen: Grenzregionen, Bergregionen, Inselregionen, dünn besiedelte Regionen (einschließlich der nördlichsten Regionen) (Artikel 174 AEUV), die neun Gebiete in äußerster Randlage (Artikel 349 AEUV) sowie jede andere EU-Region, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert ist. Darüber hinaus gibt es Regionen mit geringer Siedlungsdichte;

3.

stellt fest, dass diese Regionen im Bereich des öffentlichen Verkehrs unter anderem vor folgenden Problemen stehen: höhere Kosten und höherer Mittelbedarf für die Erbringung von Dienstleistungen, demografischer Wandel, d. h. Entvölkerung, Alterung der verbleibenden Bevölkerung und geringe Siedlungsdichte, sowie schwankende Nachfrage der Verbraucher nach öffentlichen Verkehrsdienstleistungen. Auch der wirtschaftliche Niedergang ist in einigen dieser Regionen ein offenkundiges Problem, in den Gebieten in äußerster Randlage zudem die Entlegenheit, Isolation und starke Abhängigkeit von einem effizienten Verkehrssystem;

4.

betrachtet Mobilität, also die Fähigkeit, sich leicht von einem Ort zum anderen zu bewegen, in erster Linie als ein Recht im Zusammenhang mit der in den Verträgen verankerten Freizügigkeit und als Voraussetzung für die Lebensqualität der Menschen in diesen Regionen in Bezug auf den Zugang zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen (wie Bildung, Gesundheit, soziale Dienstleistungen), den Weg zum Arbeitsplatz oder die Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten, Freizeitaktivitäten, Besuche von Verwandten, den Einkauf von Waren und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen sowie die Wahrnehmung des Rechts auf Reisefreiheit im weiteren Sinne;

5.

betont, dass öffentliche Verkehrssysteme auf Straße und Schiene sowie zur See, die diesen grundlegenden Mobilitätsbedarf decken, in vielen Fällen Eigentum der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften oder zentralstaatlicher Einrichtungen sind oder von diesen betrieben werden. Auch regionale Flughäfen sind häufig ganz oder teilweise Eigentum lokaler oder regionaler Gebietskörperschaften;

6.

verweist darauf, dass einigen Gebieten nach Artikel 174 AEUV „besondere Aufmerksamkeit“ gilt und Regionen in äußerster Randlage nach Artikel 349 AEUV im Rahmen sowohl der europäischen wie der nationalen Politik durch „spezifische Maßnahmen“ zu fördern sind. In den ESIF-Verordnungen für den Zeitraum 2014-2020 werden benachteiligte Regionen zwar in gewissem Umfang berücksichtigt, doch müssen die geltenden Bestimmungen für EU-Maßnahmen in anderen verkehrsrelevanten Politikbereichen besser ausgeschöpft werden, um den Vertragsbestimmungen Rechnung zu tragen;

7.

ist der Auffassung, dass dies wahrscheinlich auch daran liegt, dass in Artikel 174 AEUV die Größe der betroffenen Region nicht konkret benannt wird. Einige Regierungen legen bei der Auslegung des Artikels die NUTS-2-Ebene zugrunde, während in den Untersuchungen der Kommission und von anderen Interessenträgern die NUTS-3-Ebene als geeignet erachtet wird; hält es für sinnvoll, zur Förderung der Mobilität (mehr noch als für die Zwecke der ESIF) benachteiligte Regionen aller Größen zu berücksichtigen, auch auf NUTS-3-Ebene und darunter;

Verkehr und regionale Entwicklung in benachteiligten Regionen

8.

stellt fest, dass benachteiligte Regionen eine wesentliche Rolle für die ausgewogene Entwicklung der EU spielen, und zwar in Bezug auf den Zugang zu Rohstoffen, Landwirtschaft, Fischerei, Umweltschutz, Fremdenverkehr, grenzüberschreitende Beziehungen und Freizeitmöglichkeiten. Eine bessere Verkehrsanbindung sowohl innerhalb dieser Regionen als auch an die übrige EU sollte deshalb wichtiger Bestandteil sowohl der EU-Kohäsionspolitik als auch der EU-Maßnahmen zugunsten der Mobilität nicht nur der Menschen, sondern auch der Güter sein. Die Förderung eines stärkeren Wirtschaftswachstums in benachteiligten Regionen würde zu einem effizienten Funktionieren des Binnenmarkts und zum territorialen Zusammenhalt der Union insgesamt beitragen;

9.

hält es für notwendig, die Auswirkungen der Mobilitätsnachteile dieser Regionen auf die Weiterentwicklung der Modelle für ihre wirtschaftliche und territoriale Entwicklung und damit auf die gegenwärtige und künftige Beschäftigungslage zu untersuchen. Aufgrund der Abgelegenheit und Isolation einiger dieser Gebiete sind die dortigen Märkte klein, kaum attraktiv und damit nicht in der Lage, Arbeitsplätze in ausreichender Zahl zu schaffen. Die Bürger dieser Regionen sind zudem aufgrund der schwierigen Arbeitsmobilität hinsichtlich einer Beschäftigung auf die jeweiligen geografischen Gebiete beschränkt, was die dortige Arbeitslosigkeit verschärft;

10.

begrüßt deshalb die Einbeziehung eines thematischen Ziels „nachhaltiger Verkehr“ sowie der verschiedenen anderen thematischen Ziele, die zur Förderung der Mobilität in Anspruch genommen werden können, in das ESIF-Programm 2014-2020;

11.

begrüßt ebenfalls, dass die Kofinanzierungssätze der ESIF angepasst werden können, um „Regionen mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen“ (Artikel 121 der Dachverordnung) zu berücksichtigen, und dass im Rahmen des EFRE Gebiete in äußerster Randlage sowie die nördlichsten Regionen „besondere zusätzliche Mittel“ erhalten und von der Anforderung der thematischen Konzentration ausgenommen werden können (Artikel 10 bis 12 der EFRE-Verordnung);

12.

betont die Bedeutung der ESIF für die Förderung der nachhaltigen Mobilität in allen europäischen Regionen; bedauert jedoch, dass sich die Finanzierung des thematischen Ziels 7 „Förderung von Nachhaltigkeit im Verkehr und Beseitigung von Engpässen in wichtigen Netzinfrastrukturen“, auch wenn sie nach den geltenden Regelungen in allen Regionen möglich ist, in den wohlhabendsten Regionen als schwierig erweisen könnte, und zwar wegen der restriktiven Haltung, die die Europäische Kommission in den bilateralen Verhandlungen über die künftigen operationellen Programme zu dieser Frage an den Tag legt;

13.

fordert die Mitgliedstaten und die Stellen, die die ESIF-Mittel verwalten, deshalb auf, den dringenden Mobilitätsbedarf aller benachteiligten Regionen bei der Ausarbeitung der Partnerschaftsvereinbarungen und der operationellen Programme zur Ausführung der ESIF-Mittel zu berücksichtigen und auf diese Weise zu decken;

14.

ist der Überzeugung, dass unterstützend auch andere EU-Mittel sowie Mittel der Europäischen Investitionsbank und die Finanzierung durch den privaten Sektor stärker zum Tragen kommen sollten; hält es für wichtig, zu verfolgen, inwieweit der territorialen Dimension bei den EISF Rechnung getragen wird (und inwieweit diese auf der Grundlage des Gemeinsamen Strategischen Rahmens aufeinander abgestimmt werden) und welche Auswirkungen thematische Fonds wie die Fazilität „Connecting Europe“ und das damit zusammenhängende TEN-V-Programm sowie Horizont 2020 und das entsprechende Programm CIVITAS auf lokaler und regionaler Ebene haben. Die aus diesen Fonds finanzierten Programme sind nicht in erster Linie auf die Mobilität in benachteiligten Regionen ausgerichtet, weshalb es Aufgabe aller Regierungsebenen ist, die unterschiedlichen Mittel in koordinierterer und innovativerer Form vor Ort zusammenzubringen;

15.

verweist auf die Verpflichtung der EU, beispielsweise TEN-V-Mittel zur Förderung der „Zugänglichkeit und Anbindung aller Regionen der Union, einschließlich der abgelegenen Gebiete, der Gebiete in äußerster Randlage, der Inselgebiete, der Randgebiete und der Berggebiete sowie der dünn besiedelten Gebiete“ einzusetzen (Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013);

16.

stellt jedoch fest, dass 95 % der TEN-V-Mittel aus der Fazilität „Connecting Europe“ ausschließlich für das Kernnetz ausgegeben werden. Damit werden das europäische Kerngebiet und sein dichtes Netz großer Städte gestärkt. Notwendig sind zudem zusätzliche spezifische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass auch benachteiligte Regionen hinsichtlich ihrer lokalen Verkehrsanbindung von den positiven Auswirkungen der TEN-V-Verbesserungsmaßnahmen profitieren, z. B. die Förderung ihres Zugangs zu den nationalen und europäischen Hauptverkehrskorridoren;

17.

betont, dass deshalb im Rahmen der TEN-V Verbindungen zwischen dem Kern- und dem Gesamtnetz sowie zwischen dem Gesamtnetz und den lokalen Verkehrsnetzen in benachteiligten Regionen finanziert werden müssen. Überdies sollten im Rahmen der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens die für die Fazilität „Connecting Europe“ bereitgestellten Mittel aufgestockt werden, damit grenzübergreifende Verbindungen und Maßnahmen bezüglich der Verkehrsengpässe im TEN-V-Kernnetz finanziert werden können. Das trägt zur Integration aller europäischen Regionen in einem nachhaltigen und effizienten europäischen Personen- und Güterverkehrsnetz bei. Da ein Ziel des TEN-V-Programms im Abbau von Entwicklungsunterschieden besteht, sollten die Bedürfnisse benachteiligter Regionen zur Umsetzung ihrer Modelle der wirtschaftlichen und territorialen Entwicklung mit Blick auf die für 2016/2017 geplante Überprüfung der TEN-V-Karten ebenfalls berücksichtigt werden;

18.

stellt fest, dass Schwerpunkt des Programms Horizont 2020 sowie des entsprechenden Programms CIVITAS für einen umweltfreundlichen Verkehr die Verbesserung der Fahrzeugtechnik ist, um den Verkehr ressourceneffizienter zu gestalten. Solche Ziele sind sehr lobenswert, denn sie leisten auch einen Beitrag zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in benachteiligten Regionen, wo die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge zentrales Anliegen ist;

19.

betont, dass deshalb neue Ansätze bei der Verkehrsfinanzierung in benachteiligten Regionen nötig sind. Dazu könnte gehören, den Bürgern einen persönlichen Finanzrahmen für Verkehrsleistungen einzuräumen, beispielsweise in Form von „Mobilitätsschecks“, die in einigen Mitgliedstaaten erfolgreich entwickelt wurden, sowie Steuererleichterungen für Erbringer von Verkehrsdiensten oder Kooperationsvereinbarungen, bei denen unterschiedliche Verkehrsunternehmen Fahrzeuge gemeinsam nutzen;

20.

ist der Auffassung, dass neuen Ansätzen der Finanzierung auch neue Instrumente zugrunde liegen müssen. Intelligente Verkehrssysteme (IVS) und bessere IKT könnten eingesetzt werden, um den öffentlichen Verkehr auf der Grundlage von festgelegten Fahrplänen und Strecken durch einen bedarfsorientierten Verkehr zu ersetzen, beispielsweise in Form von Autobussen auf Abruf, Sammeltaxis oder Car-Sharing. Durch den Einsatz sogenannter bedarfsorientierter Verkehrsdienste kann nämlich ein öffentlicher Personenverkehr auf der Straße angeboten werden, der effizienter, konkurrenzfähiger und kostengünstiger ist, da die Verkehrsleistungen in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nachfrage erbracht werden. In einigen abgelegenen Regionen hat es sich auch bewährt, Verkehrssysteme gemeinsam von verschiedenen Gruppen, beispielsweise Schulkindern und sonstigen Fahrgästen, nutzen zu lassen und den Fußgänger- und Radverkehr zu fördern. Solche Systeme bringen Einsparungen mit sich und senken die Abhängigkeit vom Autoverkehr sowie die Emissionen;

21.

stellt fest, dass solche Lösungen durch die Unterstützung von Maßnahmen gefördert werden könnten wie die Nutzung eines integrierten E-Ticketsystems oder von Chipkarten für verschiedene Verkehrsmittel, übergreifend kompatible Standards für die elektronische Zahlung, integrierte Fahrpläne für die Teile einer Reise, die nicht „auf Abruf“ erfolgen, oder die Nutzung von Smartphone-Anwendungen zur Verbreitung von Informationen und Bereitstellung neuer Zahlungsmöglichkeiten für die Bürger;

22.

stellt fest, dass gewährleistet werden muss, dass solche neuen Mobilitätslösungen der Öffentlichkeit angemessen bekanntgemacht werden und erschwinglich, zugänglich und für die Nutzer annehmbar sind. Die aktive Beteiligung der (tatsächlichen und potenziellen) Nutzer an der Bestimmung ihrer Bedürfnisse kann zum Erfolg beitragen;

23.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die entscheidende Triebkraft hinter zahlreichen dieser Innovationen sein werden;

24.

betont jedoch, dass solche Mobilitätsprojekte nur dann förderfähig sein sollten, wenn sie Teil einer vernünftigen Mobilitätspolitik für das betreffende Gebiet sind und durch verlässliche Schätzungen der potenziellen Nachfrage zu rechtfertigen sind;

Häfen und Flughäfen

25.

betont, wie wichtig Häfen und Flughäfen sowie deren Anbindung an das jeweilige Hinterland für die Förderung der Entwicklung benachteiligter Regionen und für die Bürger zur Anbindung an größere Ballungszentren sein können. Für die auf Inseln gelegenen Gemeinden und die Gebiete in äußerster Randlage sind dies beispielsweise die einzigen möglichen Verkehrsverbindungen und somit wichtig für ihr Überleben schlechthin und für ihre Anbindung an die jeweiligen Staaten sowie an das übrige EU-Gebiet. Häfen und Flughäfen in benachteiligten Regionen sollten deshalb bei den EU-Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen (einschließlich der Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen) sowie bei den EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen für Häfen und Luftfahrt und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse besonders berücksichtigt werden;

26.

verweist darauf, dass die Mitgliedstaaten nach den Verträgen (Protokoll Nr. 26) bei der Festlegung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und den Bedürfnissen der Nutzer möglichst gut entsprechenden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse einen weiten Ermessensspielraum haben und dass die Europäische Kommission nur im Falle eines „offenkundigen Fehlers“ eingreifen darf;

27.

weist ferner darauf hin, dass es keine Informationen aus einer Hand zu den geltenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Erbringer von Verkehrsdienstleistungen in der gesamten EU gibt. Mehr Transparenz in diesem Punkt könnte einem Marktversagen entgegenwirken und den Wettbewerb zwischen den Betreibern in den benachteiligten Regionen fördern;

28.

begrüßt die jüngst vorgelegten Leitlinien der Europäischen Kommission zu den staatlichen Beihilfen für den Luftverkehr, in denen eine gewisse Flexibilität bei der Gewährung von Beihilfen für Investitionen in und den Betrieb von Flughäfen sowie Anlaufbeihilfen für Fluggesellschaften in abgelegenen und schwer erreichbaren Regionen vorgesehen sind. Solche Flughäfen müssen oft in der Lage sein, saisonal eine sehr starke Nachfrage zu bewältigen, während sie in anderen Zeiten des Jahres über freie Kapazitäten verfügen;

29.

bedauert jedoch, dass im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung für den Finanzierungszeitraum 2014–2020 die Finanzierung von Flughafeninfrastruktur in der Praxis in den meisten Fällen untersagt wird;

30.

betont die Bedeutung einer soliden, transparenten und vollständig durchgesetzten Regelung für Flug- und Fahrgastrechte bei allen öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch auf multimodalen Beförderungsstrecken. Bei Flug- oder Bahnreisen in mehreren Etappen sollte die Möglichkeit der Buchung kombinierter Tickets verschiedener Gesellschaften gefördert werden. Dieses Verfahren ist für Fluggäste aus abgelegenen Regionen sowohl einfacher als auch kostengünstiger. Werden Anschlüsse auf Flugverkehrsdrehkreuzen oder wichtigen Bahnhöfen nicht erreicht, dürfen jedoch die Kosten für die Entschädigung, die regionale Zubringerairlines oder Betreiber lokaler Bahnstrecken leisten müssen, nicht so unangemessen hoch sein, dass sie die stärkere Inanspruchnahme solcher Vereinbarungen verhindern;

Steuerung

31.

ist der Auffassung, dass mehr getan werden kann, damit sich die politischen Entscheidungsträger einen ganzheitlichen, multimodalen, nachhaltigen und koordinierten Ansatz für die Herausforderungen der Mobilität in diesen Regionen zu eigen machen. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip müssen Lösungen in erster Linie auf lokaler und regionaler Ebene gefunden werden, und die EU sollte nur dann unterstützend eingreifen, wenn dies einen zusätzlichen Nutzen bewirkt;

32.

betont, dass der Verwaltungsaufwand bei jeder neuen, von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahme auf ein absolutes Minimum beschränkt werden muss;

33.

verweist darauf, dass sich in einigen Mitgliedstaaten dezentralisierte Steuerungsmodelle als wirksam erwiesen haben, bei denen Befugnisse im Bereich Verkehr und die entsprechenden Mittel auf die subnationale Ebene übertragen werden;

34.

erkennt ferner an, dass es bei der Frage der Mobilität in benachteiligten Regionen nicht nur darum geht, Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsdienstleistungen auszubauen. Mobilitätsprojekte müssen fester Bestandteil der Entwicklungsplanung für die benachteiligte Region als Ganze sein. So könnte eine schlechte Anbindung von Gewerbe-, Industrie- oder Wohngebieten beispielsweise erfordern, dass die Bauträger einen Beitrag zu den Kosten für neue öffentliche Verkehrsdienstleistungen leisten;

35.

betont, dass die lokale Mobilitätsplanung von großer Bedeutung ist und dass sich lokale Mobilitätspläne nicht auf städtische Gebiete beschränken dürfen, sondern auf benachbarte, einschließlich ländlicher, Gebiete ausgedehnt bzw. zumindest mit Bezug auf diese ausgearbeitet und in eine umfassendere gebietsbezogene Entwicklungsstrategie einbezogen werden müssen. So wird gewährleistet, dass die Verkehrssysteme in dichter besiedelten Gebieten auch abgelegenen Gebieten zugutekommen. Bei solchen Verkehrsplänen sollten nicht nur die kurzen Verkehrswege berücksichtigt werden, die zur Deckung des unmittelbaren Bedarfs auf lokaler Ebene anfallen, sondern auch längere Verkehrswege, die die benachteiligten Regionen mit den größeren Ballungszentren verbinden;

36.

betont insbesondere den Aspekt des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs in Europa, der oft vor besonderen Problemen steht. Dazu gehören die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf Umweltstandards, Stromversorgung, Sicherheitsstandards, Ausbildung der Beschäftigten und auch rechtliche Unterschiede sowie die Tatsache, dass sich die zuständigen Behörden nicht über die Finanzierung einigen können. Neue Steuerungsmodelle, die Verwendung eines einheitlichen Rechtsrahmens wie des Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), Kooperationsvereinbarungen und die Schaffung einer gemeinsamen grenzübergreifenden Verkehrsbehörde könnten dazu beitragen, diese Herausforderungen zu bewältigen — z. B. durch die Erteilung von behördlichen Genehmigungen, die die Mobilität in grenzüberschreitenden Gebieten erleichtern, sofern diese Schritte mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand umgesetzt werden;

Abschätzung der legislativen Folgen und der Folgen für die lokale und regionale Ebene

37.

fordert die Europäische Kommission auf, bei der Abschätzung der legislativen Folgen im Bereich der Mobilität den Auswirkungen der EU-Mobilitätsmaßnahmen und -programme auf die benachteiligten Regionen besondere Aufmerksamkeit zu schenken;

38.

fordert die Europäische Kommission ferner auf, wie vom Ausschuss der Regionen vorgeschlagen Abschätzungen der Folgen für die lokale und regionale Ebene vorzulegen, die die Möglichkeit bieten, die gebietsbezogenen Auswirkungen der EU-Mobilitätspolitik in den benachteiligten Regionen zu berücksichtigen. Auch demografische Aspekte wie die alternde Bevölkerung, Entvölkerung, die geringe Siedlungsdichte und die Abwanderung von Fachkräften sollten berücksichtigt werden;

Ein EU-Grünbuch über Mobilität in benachteiligten Regionen

39.

ist der Auffassung, dass die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen in gefährdeten Regionen noch nicht als europäisches Problem wahrgenommen wird. In ihrer gesetzgeberischen Tätigkeit konzentriert sich die EU eher auf eine möglichst geringe Verzerrung der Märkte als auf die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, die die Entwicklung von Mobilitätslösungen in benachteiligten Regionen vorausschauend fördern;

40.

fordert die neue Europäische Kommission daher auf, ein Grünbuch zu diesem Thema vorzulegen, damit diese Frage von den Interessenträgern und den EU-Institutionen umfassend erörtert werden kann und angemessene Antworten gefunden werden können. Ziel sollte es sein, dass Fragen der Mobilität in benachteiligten Regionen im Rahmen aller EU-Maßnahmen und -Programme besser gewürdigt und angegangen werden, so dass der Zugang zu Mobilität verbessert und das Risiko der Entvölkerung gesenkt wird;

41.

ist konkret der Auffassung, dass mit dem Grünbuch Folgendes erreicht werden sollte: Anstoß einer Debatte, Bewertung der bisherigen Fortschritte, Darstellung des geltenden rechtlichen Rahmens und der einschlägigen politischen Initiativen, Analyse der besonderen Stärken und Schwächen geografisch und demografisch benachteiligter Regionen in Fragen der Mobilität und ihr Beitrag zum territorialen Zusammenhalt insgesamt, Prüfung der Kluft zwischen den Verpflichtungen gemäß den Verträgen und der Praxis in der EU bei der Konzipierung der Personen- und Güterverkehrspolitik in Bezug auf benachteiligte Regionen, Ermittlung der Auswirkungen all dieser Faktoren auf die Wirtschaft und Beschäftigung in diesen Regionen, außerdem Förderung einer besseren Koordinierung zwischen Finanzierungsquellen für Mobilität sowie entsprechenden Programmen und Maßnahmen, Förderung von Forschung und Innovation und Konzipierung von Pilotstudien sowie Prüfung der Optionen für die Zukunft, darunter auch der Frage, welche Maßnahmen oder Anreize auf welcher Regierungsebene sinnvoll wären;

42.

betont, dass es bei der Erarbeitung des Grünbuchs besonders darum gehen muss, an welcher Stelle nationale und subnationale Initiativen durch nichtlegislative Maßnahmen wie Strategien, Aktionspläne, Empfehlungen, Leitlinien oder den Austausch bewährter Verfahren ergänzt werden könnten;

43.

fordert die Kommission auf, im Rahmen konkreter Veranstaltungen wie der jährlichen Woche der Mobilität das Thema der Mobilität in benachteiligten Regionen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Brüssel, den 8. Oktober 2014

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Michel LEBRUN


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