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Document 52013PC0449

    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen

    /* COM/2013/0449 final - 2013/0213 (COD) */

    52013PC0449

    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen /* COM/2013/0449 final - 2013/0213 (COD) */


    BEGRÜNDUNG

    1.           HINTERGRUND DES VORSCHLAGS

    · Politischer Hintergrund

    Der Übergang zu einer papierlosen öffentlichen Verwaltung – vor allem grenzübergreifend – ist ein wichtiges Ziel der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten. Die elektronische Rechnungsstellung könnte einen besonders großen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten.

    Die allgemein anerkannten Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung haben mehrere EU-Mitgliedstaaten (Dänemark, Österreich, Schweden und Finnland) dazu veranlasst, bei öffentlichen Aufträgen in der Gesamtheit oder in einem Teil des öffentlichen Sektors die Übermittlung elektronischer Rechnungen vorzuschreiben. Derartige Bottom-up-Initiativen basieren jedoch überwiegend auf nationalen Normen, die häufig nicht interoperabel sind. Dies führt zu zunehmender Komplexität und steigenden Kosten für Unternehmen, die an grenzübergreifenden Ausschreibungen teilnehmen möchten, und verursacht somit Marktzutrittsschranken. Aus diesen Gründen ist die elektronische Rechnungsstellung in Europa nach wie vor kaum verbreitet und macht nur 4 bis 15 % aller ausgetauschten Rechnungen aus. Eine Initiative im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen würde eine weitere Fragmentierung des Binnenmarkts verhindern und die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung fördern. Da die öffentliche Auftragsvergabe, die in den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien fällt, rund 3,7 % des BIP der EU ausmacht, würde die Durchführung einer Initiative zur Beseitigung der Marktzutrittsschranken im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen den öffentlichen Sektor zu einem „Leitmarkt“ in diesem Bereich machen und die stärkere Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung in der Wirtschaft vorantreiben.

    In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Akteure für Maßnahmen auf europäischer Ebene ausgesprochen, um die Entwicklung des Markts für elektronische Rechnungsstellung in der gesamten EU zu fördern, vor allem im Hinblick auf den Austausch von Rechnungen zwischen Regierungen. In der Mitteilung „Die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung für Europa nutzen“ (KOM(2010) 712) sprach sich die Kommission dafür aus, dass die elektronische Rechnungsstellung bis zum Jahr 2020 in Europa zur vorherrschenden Fakturierungsmethode werden soll. In einer Entschließung vom April 2012 sprach sich das Europäische Parlament dafür aus, die elektronische Rechnungsstellung ab 2016 bei allen öffentlichen Aufträgen vorzuschreiben, während die Mitgliedstaaten auf der informellen Tagung des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ im Februar 2012 und in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Juni 2012 Maßnahmen zur Förderung der elektronischen Rechnungsstellung befürworteten. Daher scheint der geeignete Zeitpunkt gekommen zu sein, um die geplante Initiative zur elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen in Angriff zu nehmen und die Marktzutrittschranken, die sich aus der unzureichenden Interoperabilität in diesem Bereich ergeben, wirksam abzubauen.

    Ein Vorschlag in diesem Bereich würde auch die laufende Modernisierung des rechtlichen Rahmens für das öffentliche Auftragswesen, eine Leitaktion im Rahmen der „Binnenmarktakte I“, ergänzen, insbesondere im Hinblick auf die vollständige Umstellung auf die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge (e-Vergabe). Die Kommission betrachtet die Maßnahmen zur Förderung der Anwendung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen als vorrangiges Anliegen. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass eine Initiative zur elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen als Leitaktion in die „Binnenmarktakte II“ aufgenommen wurde.

    · Zusammenhang mit Normungsfragen

    Der Vorschlag sieht vor, dass die zuständige europäische Normungsorganisation, in diesem Fall das Europäische Komitee für Normung (CEN), eine neue europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung erarbeiten wird. Dies wird im Rahmen eines Mandats der Europäischen Kommission erfolgen, das zu einem späteren Zeitpunkt ausgearbeitet werden soll. Das Mandat wird eine Liste von Mindestanforderungen umfassen, die die Norm erfüllen muss. Die Arbeiten werden anschließend im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 durchgeführt.

    2.           ERGEBNISSE DER KONSULTATIONEN DER INTERESSIERTEN KREISE UND DER FOLGENABSCHÄTZUNGEN

    · Konsultationen der interessierten Kreise

    Der Inhalt dieses Vorschlags stützt sich auf umfassende Konsultationen der interessierten Kreise. Zwei Sitzungen des Europäischen Stakeholder-Forums (EMSF) für elektronische Rechnungsstellung in Brüssel (am 26. September 2012 und 7. März 2013) stellten ein wichtiges Forum zur Erörterung der Elemente der möglichen EU-Initiative zur elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen dar. Die Diskussionspapiere von vier EMSF‑Arbeitsgruppen lieferten praktisches Feedback von Vertretern nationaler Stakeholder-Foren und Nutzern sowie von Dienstleistern und Unternehmen. Darüber hinaus wurde den EMSF-Mitgliedern ein Fragebogen vorgelegt, der zur Sammlung von Informationen zu bestehenden Systemen der elektronischen Rechnungsstellung, deren Effizienz, Kosten und Vorteilen diente. Die 20 eingegangenen Antworten (19 von nationalen Foren und eine von einer Normungsorganisation) flossen ebenfalls in die Folgenabschätzung ein.

    Der Inhalt der Initiative wurde am 19. September 2012 auf einer Sitzung des Beratenden Ausschusses für öffentliche Aufträge (ACPC), der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, vorgestellt und erörtert. Ferner fanden informelle bilaterale Treffen mit Vertretern verschiedener Wirtschaftsverbände statt (u. a. European E-invoicing Service Providers Association (EESPA), Business Europe und Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME)).

    Schließlich wurde vom 22. Oktober 2012 bis zum 14. Januar 2013 über das IPM (Interactive Policy Making)-Instrument eine Online-Konsultation durchgeführt, um Informationen zur aktuellen Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung und Stellungnahmen zu einer möglichen EU‑Initiative in diesem Bereich einzuholen. Die Reaktion der Öffentlichkeit auf diese Konsultation war mit über 700 Antworten sehr positiv.

    Die verschiedenen Konsultationen der interessierten Kreise boten der Kommission einen guten Überblick über die Ansichten der einzelnen Interessenträger.

    · Folgenabschätzung

    Die Folgenabschätzung wurde dem Ausschuss für Folgenabschätzung im Februar 2013 vorgelegt. Während der Sitzung am 20. März 2013 warf der Ausschuss für Folgenabschätzung eine Reihe von Fragen auf, die es nach Ansicht des Ausschusses zu beantworten galt, und bat die Kommission darum, eine überarbeitete Folgenabschätzung vorzulegen.

    Die überarbeitete Folgenabschätzung wurde dem Ausschuss am 19. April 2013 übermittelt. Die wichtigsten infolge der Stellungnahme des Ausschusses vorgenommenen Änderungen betrafen eine größere Genauigkeit bei der Problembeschreibung und der Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsanalyse sowie Verbesserungen bei der Analyse der Auswirkungen und der Darstellung der Stellungnahmen der Interessenträger.

    Am 8. Mai 2013 gab der Ausschuss für Folgenabschätzung eine positive Stellungnahme ab.

    Nachdem in der Folgenabschätzung fünf verschiedene Optionen analysiert worden waren, wurde der Schluss gezogen, dass die am besten geeignete Lösung darin besteht, die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen dazu zu verpflichten, ab einem bestimmten Zeitpunkt elektronische Rechnungen anzunehmen, die einer neuen gemeinsamen europäischen Norm im Bereich der Rechnungsstellung entsprechen. Dies würde dazu beitragen, der Fragmentierung, die sich aus den zurzeit sehr unterschiedlichen einzelstaatlichen Systemen der elektronischen Rechnungsstellung ergibt, entgegenzuwirken und die Integrität des Binnenmarktes zu wahren. Der gewählte Ansatz würde den starken Impuls einer Verpflichtung zur Gewährleistung der Interoperabilität bei der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen mit einem flexibleren Ansatz verbinden, was die Wahl der am besten geeigneten Methode zur Gewährleistung der Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung als solche betrifft.

    Der endgültige Bericht über die Folgenabschätzung und dessen Zusammenfassung werden zusammen mit diesem Vorschlag veröffentlicht.

    3.           RECHTLICHE ASPEKTE DES VORSCHLAGS

    · Rechtsgrundlage

    Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Der Vorschlag wird dazu beitragen, Marktzutrittsschranken bei der grenzübergreifenden Vergabe öffentlicher Aufträge und Handelshemmnisse zu beseitigen, indem er die Einführung einer gemeinsamen europäischen Norm vorsieht und die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen keine elektronischen Rechnungen, die dieser Norm entsprechen, ablehnen. Daher wird der Vorschlag die Bedingungen für das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern.

    · Subsidiaritätsprinzip

    Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union nur dann tätig, wenn die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher auf EU-Ebene besser zu verwirklichen sind. Aus den nachstehend dargelegten Gründen sind Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich, um die sich aus den unterschiedlichen einzelstaatlichen Vorschriften und Normen ergebenden Marktzutrittsschranken und Handelshemmnisse zu beseitigen und Interoperabilität zu gewährleisten. Daher steht der Vorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang. Die Anzahl der bestehenden Normen, Anforderungen und Lösungen ist nach wie vor sehr groß und die Netze für die elektronische Rechnungsstellung scheinen sich immer stärker – statt weniger – innerhalb der nationalen Grenzen zu entwickeln. Die von den Mitgliedstaaten ausgehenden Bottom-up-Initiativen haben das Interoperabilitätsproblem noch verschärft, da es auf dem Markt nun noch mehr Normen im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung gibt, wodurch die Kosten und die Komplexität im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Interoperabilität steigen. Folglich sind die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend, um die Interoperabilität der elektronischen Rechnungsstellung bei der grenzübergreifenden Auftragsvergabe zu gewährleisten.

    Der Grund für Maßnahmen auf EU-Ebene ist der länderübergreifende Charakter des Problems der mangelnden Interoperabilität zwischen einzelstaatlichen (und unternehmensspezifischen) Systemen der elektronischen Rechnungsstellung. Angesichts des grenzübergreifenden Charakters der unter die Vergaberichtlinien fallenden öffentlichen Aufträge und des Fehlens überzeugender Ergebnisse bei den Bemühungen einiger Mitgliedstaaten, die Interoperabilitätsprobleme zu lösen, scheint eine Maßnahme der EU im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen die einzig gangbare Lösung darzustellen, um die einzelstaatlichen Maßnahmen zu koordinieren und eine weitere Fragmentierung des Binnenmarkts zu verhindern. Darüber hinaus kann in der Diskussion über die Interoperabilität nur die EU als neutrale Instanz handeln und objektiv den besten Ansatz zur Beseitigung von Marktzutrittschranken empfehlen.

    Es gibt kaum Hinweise darauf, dass sich die derzeitige Lage im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen ohne ein Eingreifen der EU in absehbarer Zeit ändern oder verbessern wird.

    · Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

    Der Vorschlag wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er nicht über das hinausgeht, was notwendig ist, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.

    In der Folgenabschätzung wurden verschiedene politische Optionen geprüft, woraufhin die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass die von ihr bevorzugte Option auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit optimal ist: Der gewählte Ansatz würde den starken Impuls einer Verpflichtung zur Gewährleistung der Interoperabilität bei der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen mit einem flexibleren Ansatz verbinden, was die Wahl der am besten geeigneten Methode zur Gewährleistung der Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung als solche betrifft.

    · Wahl des Instruments

    Die Wahl der Rechtsform für den Legislativvorschlag der Kommission ergibt sich sowohl aus der gewählten Rechtsgrundlage als auch aus dem Inhalt des Vorschlags. Wie vorstehend erwähnt, stellt Artikel 114 AEUV die angemessene Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag dar. Dieser Artikel lässt im Prinzip die Wahl zwischen einer Richtlinie und einer Verordnung als Rechtsform für den Vorschlag. Da sich das Ziel des Vorschlags jedoch in ausreichendem Maße dadurch erreichen lässt, dass den Mitgliedstaaten eine Ergebnisverpflichtung auferlegt wird, während ihnen die Wahl der Form und der Mittel hingegen überlassen bleibt, stellt eine Richtlinie das am besten geeignete Instrument dar.

    · Umsetzungsmaßnahmen und erläuternde Unterlagen

    Es bedarf voraussichtlich einzelstaatlicher Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen (auf gesetzgeberischer, regulatorischer, administrativer und technischer Ebene), um diese Richtlinie umzusetzen und öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen in die Lage zu versetzen, sie konkret anzuwenden. Nur die Mitgliedstaaten sind in der Lage zu erläutern, wie die Richtlinie durch die verschiedenen Maßnahmen umgesetzt wird und wie diese Maßnahmen ineinandergreifen. Aus diesem Grund müssen der Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen erläuternde Unterlagen beigefügt werden.

    4.           AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

    Alle Auswirkungen auf den Haushalt, die mit der Entwicklung einer europäischen Norm durch die zuständige europäische Normungsorganisation verbunden sind, sind bereits von den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 abgedeckt. Dieser Vorschlag hat keine zusätzlichen finanziellen Auswirkungen, die über die Mittel hinausgehen würden, die bereits unter dem aktuellen und dem künftigen mehrjährigen Finanzrahmen für Normungsmaßnahmen bereitgestellt wurden.

    2013/0213 (COD)

    Vorschlag für eine

    RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

    nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[1],

    nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen[2],

    gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)       Derzeit werden in den Mitgliedstaaten mehrere weltweite, nationale, regionale und unternehmensspezifische Normen für die elektronische Rechnungsstellung verwendet. Es gibt keine vorherrschende Norm, und die meisten Normen sind nicht interoperabel.

    (2)       In Ermangelung einer gemeinsamen Norm beschließen die Mitgliedstaaten, wenn sie die Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen fördern oder verbindlich vorschreiben wollen, ihre eigenen technischen Lösungen auf der Grundlage separater einzelstaatlicher Normen zu entwickeln. Daher nimmt die Zahl der verschiedenen Normen, die in den Mitgliedstaaten nebeneinander existieren, beständig zu und dürfte auch in Zukunft weiter steigen.

    (3)       Die Vielzahl nicht interoperabler Normen führt zu übermäßiger Komplexität, Rechtsunsicherheit und zusätzlichen Betriebskosten für Wirtschaftsbeteiligte, die elektronische Rechnungen in der EU grenzübergreifend verwenden. Wirtschaftsbeteiligte, die an grenzübergreifenden Ausschreibungen teilnehmen möchten, müssen, wenn sie auf einem neuen Markt tätig werden, häufig eine neue Norm für die elektronische Rechnungsstellung einhalten. Da die Wirtschaftsbeteiligten auf diese Weise unter Umständen davon abgebracht werden, sich an grenzübergreifenden Ausschreibungen teilzunehmen, stellen die voneinander abweichenden rechtlichen und technischen Anforderungen an die elektronischen Rechnungen Marktzutrittsschranken bei grenzübergreifenden Ausschreibungen und Handelshemmnisse dar. Sie schränken die Grundfreiheiten ein und haben somit direkte Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes.

    (4)       Diese Hindernisse für den Handel innerhalb der Union dürften in Zukunft noch zunehmen, wenn weitere nicht interoperable einzelstaatliche und unternehmensspezifische Normen entwickelt werden und die Verwendung elektronischer Rechnungen bei öffentlichen Aufträgen zunimmt oder in den Mitgliedstaaten vorgeschrieben wird.

    (5)       Handelshemmnisse, die sich aus der parallelen Nutzung mehrerer rechtlicher Anforderungen und technischer Standards für elektronische Rechnungen und der mangelnden Interoperabilität ergeben, sollten beseitigt oder verringert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte eine gemeinsame europäische Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung entwickelt werden.

    (6)       Die Kommission solle die zuständige europäische Normungsorganisation auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung[3] damit zu beauftragen, eine europäische Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung zu erarbeiten. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollte die Kommission in ihrem Auftrag an die zuständige europäische Normungsorganisation verlangen, dass die entsprechende europäische Norm technologieneutral ist. Da elektronische Rechnungen personenbezogene Daten enthalten können, sollte die Kommission ebenfalls vorschreiben, dass eine solche europäische Norm den Schutz personenbezogener Daten im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr[4] gewährleistet. Zusätzlich zu diesen Mindestanforderungen sollte die Kommission in ihrem Auftrag an die zuständige europäische Normungsorganisation weitere Anforderungen an den Inhalt einer solchen europäischen Norm und eine Frist für deren Annahme festlegen.

    (7)       Die europäische Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung sollte sich auf bestehende Spezifikationen, insbesondere auf die von europäischen oder internationalen Organisationen wie CEN (CWA 16356 und CWA 16562), ISO (finanzwirtschaftliche Rechnungen basierend auf der Spezifikation ISO 20022) und UN/CEFACT (CII v. 2.0) entwickelten Spezifikationen stützen. Sie sollte keine elektronische Signatur erfordern. In einer solchen europäischen Norm sollten die semantischen Datenelemente definiert werden, die sich insbesondere auf komplementäre Daten über den Käufer und Verkäufer, Prozesskennungen, Rechnungsattribute, detaillierte Informationen zu den einzelnen Rechnungsposten, Liefer- und Zahlungsinformationen sowie Geschäftsbedingungen beziehen. Die Norm sollte auch mit den bestehenden Zahlungsstandards kompatibel sein, um eine automatische Zahlungsabwicklung zu ermöglichen.

    (8)       Wenn die von der zuständigen europäischen Normungsorganisation erarbeitete europäische Norm die Anforderungen des Auftrags der Kommission erfüllt, sollte die Fundstelle der Norm im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.

    (9)       Öffentliche Auftraggeber und Vergabestellen sollten elektronische Rechnungen, die dieser gemeinsamen europäischen Norm genügen, nicht mit der Begründung ablehnen, dass sie anderen technischen Anforderungen (z. B. einzelstaatlichen oder branchenspezifischen Anforderungen) nicht gerecht werden.

    (10)     Diese Richtlinie sollte für elektronische Rechnungen gelten, die bei öffentlichen Auftraggebern und Vergabestellen im Rahmen der Erfüllung von Aufträgen eingehen, die im Einklang mit folgenden Richtlinien vergeben wurden: Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge[5]], Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste[6]] oder Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG[7].

    (11)     Mit der Interoperabilität soll gewährleistet werden, dass Informationen in den verschiedenen Systemen der Unternehmen, unabhängig von der dort verwendeten Technologie, Anwendung oder Plattform, in kohärenter Weise dargestellt und verarbeitet werden können. Eine vollständige Interoperabilität umfasst die Möglichkeit, im Hinblick auf Inhalt (Semantik), Format (Syntax) und Übermittlung zu interoperieren. Semantische Interoperabilität bedeutet, dass die genaue Bedeutung der ausgetauschten Informationen unabhängig von der Art und Weise, in der sie physisch dargestellt oder übermittelt werden, erhalten bleibt und in eindeutiger Weise verstanden wird.

    (12)     Durch Gewährleistung der semantischen Interoperabilität und die Verbesserung der Rechtssicherheit wird diese Richtlinie auch die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen fördern und somit zu erheblichen Vorteilen für die Mitgliedstaaten, die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen sowie die Wirtschaftsbeteiligten führen, was Einsparungen, Umweltauswirkungen und die Verringerung des Verwaltungsaufwands betrifft.

    (13)     In seinen Schlussfolgerungen vom 28. und 29. Juni 2012 erklärte der Europäische Rat, dass insbesondere Maßnahmen als vorrangig betrachtet werden sollten, die auf den weiteren Ausbau des grenzübergreifenden Online-Handels abzielen, unter anderem durch Erleichterung der Umstallung auf die elektronische Rechnungsstellung.

    (14)     Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 20. April 2012 auf die Aufsplitterung des Marktes aufgrund nationaler Vorschriften zur elektronischen Rechnungsstellung hingewiesen, die erheblichen Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung herausgestellt und die Bedeutung von Rechtssicherheit, einem klaren technischen Umfeld und offenen und interoperablen Problemlösungen zur elektronischen Rechnungsstellung hervorgehoben, die auf gemeinsamen gesetzlichen Bestimmungen, Geschäftsprozessen und technischen Normen basieren sollten. Aus diesen Gründen sprach sich das Europäische Parlament dafür aus, die elektronische Rechnungsstellung ab 2016 bei allen öffentlichen Aufträgen vorzuschreiben.

    (15)     Das Europäische Stakeholder-Forum für elektronische Rechnungsstellung (e‑Invoicing), das mit Beschluss der Kommission vom 2. November 2010[8] eingesetzt wurde, hat im [Monat] 2013 eine Empfehlung zur Interoperabilität im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung durch Nutzung eines semantischen Datenmodells abgegeben.

    (16)     Da die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen sowohl elektronische Rechnungen, die anderen Normen als der gemeinsamen europäischen Norm genügen, als auch Papierrechnungen werden akzeptieren dürfen, sofern in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nichts anderes vorgesehen ist, erlegt diese Richtlinie den Unternehmen, einschließlich Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen[9] keine zusätzlichen Kosten oder Belastungen auf.

    (17)     Bestimmungen zur elektronischen Rechnungsstellung sind bereits in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem[10] enthalten. Es sollte sichergestellt werden, dass die Bedingungen für die Ausstellung und Annahme elektronischer Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nicht durch die Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie berührt werden.

    (18)     Um die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen in die Lage zu versetzen, die technischen Maßnahmen zu treffen, die nach der Einführung der europäischen Norm erforderlich sind, damit die Bestimmungen dieser Richtlinie eingehalten werden, ist eine Umsetzungsfrist von 48 Monaten gerechtfertigt.

    (19)     Da das Ziel der Beseitigung der Marktzutrittsschranken und Handelshemmnissen, die die sich aus den unterschiedlichen einzelstaatlichen Vorschriften und Normen ergeben, und das Ziel der Gewährleistung der Interoperabilität auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 des EG-Vertrags entsprechende Maßnahmen ergreifen. Im Einklang mit dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

    (20)     Im Einklang mit der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten[11] haben sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein erläuterndes Dokument oder mehrere derartige Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen einzelstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt –

    HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

    Artikel 1 Anwendungsbereich

    Diese Richtlinie gilt für elektronische Rechnungen, die infolge der Erfüllung von Aufträgen ausgestellt wurden, welche im Einklang mit der Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/18/EG], der Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/17/EG] oder der Richtlinie 2009/81/EG vergeben wurden.

    Artikel 2 Begriffsbestimmungen

    Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

    (1) „elektronische Rechnung“ eine Rechnung, die in einem beliebigen elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird;

    (2) „semantisches Datenmodell“ eine strukturierte und logisch verknüpfte Reihe von Begriffen und Bedeutungen, die die mit Hilfe elektronischer Rechnungen ausgetauschten Inhalte beschreiben;

    (3) „elektronische Basisrechnung“ eine Teilmenge von Informationen, die in einer elektronischen Rechnung enthalten und für die grenzübergreifende Interoperabilität unerlässlich sind, so z. B die Informationen, die zur Gewährleistung der Einhaltung der Rechtsvorschriften erforderlich sind.

    (4) „öffentliche Auftraggeber“ öffentliche Auftraggeber im Sinne des Artikels [2] der Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/18/EG];

    (5) „Vergabestellen“ Auftraggeber im Sinne des Artikels [4] der Richtlinie [zur Ersetzung der Richtlinie 2004/17/EG];

    (6) „europäische Norm“ eine europäische Norm im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012.

    Artikel 3 Einführung einer europäischen Norm

    1.           Die Kommission beauftragt die zuständige europäische Normungsorganisation mit der Erarbeitung einer europäischen Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung.

    Die Kommission schreibt vor, dass die europäische Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung technologieneutral ist und den Schutz personenbezogener Daten im Sinne der Richtlinie 95/46/EG gewährleistet.

    Die Entscheidung wird nach dem in Artikel 10 Absätze 1 bis 5 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 beschriebenen Verfahren verabschiedet.

    2.           Wenn die im Rahmen des in Absatz 1 genannten Auftrags erarbeitete europäische Norm die Anforderungen des Auftrags erfüllt, veröffentlicht die Kommission die Fundstelle der europäischen Norm im Amtsblatt der Europäischen Union.

    Artikel 4 Elektronische Rechnungen, die der europäischen Norm genügen

    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen keine elektronischen Rechnungen ablehnen, die dieser europäischen Norm, deren Fundstelle nach Artikel 3 Absatz 2 veröffentlicht wurde, genügen.

    Artikel 5 Richtlinie 2006/112/EG

    Diese Richtlinie berührt nicht die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates.

    Artikel 6 Umsetzung

    1.           Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens 48 Monate nach ihrem Inkrafttreten nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

    Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

    2.           Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich erlassen.

    Artikel 7 Überprüfung

    Die Kommission prüft die Auswirkungen dieser Richtlinie auf den Binnenmarkt und auf die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2023 darüber Bericht. Gegebenenfalls fügt sie dem Bericht einen Legislativvorschlag bei.

    Artikel 8 Inkrafttreten

    Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

    Artikel 9 Adressaten

    Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    Geschehen zu Brüssel am […]

    Im Namen des Europäischen Parlaments     Im Namen des Rates

    Der Präsident/Die Präsidentin                      Der Präsident/Die Präsidentin

    [1]               ABl. C […] vom […], S. […].

    [2]               ABl. C […] vom […], S. […].

    [3]               ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12.

    [4]               ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

    [5]               ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114.

    [6]               ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

    [7]               ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76.

    [8]               ABl. C 326 vom 3.12.2010, S. 13.

    [9]               ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.

    [10]             ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

    [11]             ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

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