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Document 52012SC0402

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen

/* SWD/2012/0402 final */

52012SC0402

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen /* SWD/2012/0402 final */


ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine Richtlinie

des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen

1.           Einleitung

In diesem Dokument werden die Ergebnisse der Folgenabschätzung zusammengefasst, die zur Vorbereitung des Vorschlags zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf einen barrierefreien Webzugang durchgeführt wurde.

Die meisten Mitgliedstaaten haben auf der Grundlage der Richtlinien für barrierefreie Webinhalte der Web Accessibility Initiative des World Wide Web Consortiums eigene Strategien und Vorgaben zur Sicherstellung eines barrierefreien Webzugangs entwickelt, was zu einer Fragmentierung des Marktes für Webentwickler geführt hat. Die Harmonisierung der Vorschriften zum barrierefreien Webzugang bei bestimmten grundlegenden öffentlichen Diensten wäre ein wichtiger Schritt zur Beseitigung der Fragmentierung des Marktes und der damit verbundenen Unsicherheiten, würde Vorteile für öffentliche Stellen und Bürger bringen und einen größeren und besseren Markt für einen barrierefreien Webzugang nach sich ziehen.

Hintergrund und Begriffsbestimmungen

Die Informations- und Kommunikationstechnologien und insbesondere das Internet sind wesentliche Triebkräfte des Wirtschaftswachstums.

Das Konzept des „barrierefreien Webzugangs“ umfasst Grundsätze und Techniken, die bei der Erstellung von Websites zu beachten sind, um ihren Inhalt für alle Nutzer, insbesondere für Menschen mit Behinderungen[1], zugänglich zu machen. Bereits heute gibt es international anerkannte technologieneutrale Leitlinien für die Gestaltung barrierefreier Websites und Inhalte, nämlich die vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelten Kriterien und Anforderungen (Success Criteria and Conformance Requirements) (Stufe AA) der Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines) in der Version 2.0 (WCAG 2.0). Eine auf diesen Leitlinien beruhende europäische Norm, die den barrierefreien Webzugang umfasst, wird derzeit im Rahmen des Normungsauftrags M/376 der Europäischen Kommission erarbeitet.

Ein barrierefreier Webzugang ist für öffentliche Stellen von großer Bedeutung, da er es ihnen ermöglicht, mehr Menschen über das Internet zu erreichen und ihrer öffentlichen Verantwortung gerecht zu werden. Die Zahl der Websites von Behörden und anderen Einrichtungen des öffentlichen Sektors nimmt rasch zu (ca. 380 500 bzw. 761 000 in der EU). Barrierefreiheit ist Grundvoraussetzung für den Webzugang von Menschen mit Behinderungen (15 % der Bevölkerung in der EU bzw. 80 Mio. Menschen)[2], kommt aber auch allen anderen Nutzern zugute.

Der Markt für den barrierefreien Webzugang umfasst alle an der Webentwicklung beteiligten Akteure: Fachkräfte und Unternehmen, die auf die Gestaltung der technischen Architektur und des Inhalts von Internetseiten spezialisiert sind, Anbieter von Software-Tools zur Einrichtung und Umsetzung von Internetseiten sowie Unternehmen, die einschlägige Beratungsdienste und Schulungen zur Webentwicklung anbieten. In der EU weist dieser Markt noch ein gewaltiges Wachstumspotenzial auf, da derzeit weniger als 10 % der Websites den Vorgaben der WCAG 2.0 entsprechen. Das Volumen dieses Marktes beträgt Schätzungen zufolge 2 Mrd. EUR und ist gegenwärtig nicht einmal zu 10 % erschlossen. Eine Harmonisierung verbessert die Marktbedingungen, fördert die Beschäftigung, senkt die Kosten des barrierefreien Webzugangs und führt zu besser zugänglichen Websites. Sie hat somit Vorteile für öffentliche Stellen, Unternehmen und Bürger gleichermaßen.

2.           Politischer Hintergrund, Verfahrensfragen und Konsultation

Zahlreiche Mitgliedstaaten (21) haben bereits Maßnahmen zur Sicherstellung eines barrierefreien Webzugangs getroffen, und es werden sich voraussichtlich weitere anschließen, da die meisten Mitgliedstaaten das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet haben. Doch bestehen augenscheinlich beträchtliche Unterschiede zwischen den Legislativmaßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten.

Der barrierefreie Webzugang ist Gegenstand zahlreicher politischer Initiativen, etwa der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 (IKT-Zugänglichkeit), des eGovernment-Aktionsplans 2011-2015 (integrative und zugängliche elektronische Behördendienste) und der „Digitalen Agenda für Europa“ (Vorschlag der Kommission, die vollständige Barrierefreiheit von Websites des öffentlichen Sektors bis spätestens 2015 sicherzustellen). Ferner werden Forschung und Entwicklung, die auf technische Lösungen zur Gewährleistung eines barrierefreien Webzugangs abzielen, durch EU-Förderprogramme (RP7, CIP) unterstützt. Auch durch den Normungsauftrag M/376 der Kommission (Kriterien für die funktionale Zugänglichkeit von IKT-Produkten, -Diensten und Webinhalten, die bei öffentlichen Vergabeverfahren zugrunde zu legen sind) und die überarbeiteten Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe soll die Barrierefreiheit von Websites gefördert werden.

Zur Ermittlung von Problemen und Bedürfnissen wurden mehrere öffentliche Konsultationen und analytische Studien durchgeführt, die sich unter anderem an Vertreter der Mitgliedstaaten, die Industrie und Organisationen der Zivilgesellschaft richteten.

Es wurde eine Lenkungsgruppe für die Folgenabschätzung unter Federführung der Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien eingesetzt, an der zahlreiche Dienststellen und Abteilungen der Kommission beteiligt waren. Dazu zählten der Juristische Dienst, das Generalsekretariat und die Generaldirektionen Kommunikation, Wirtschaft und Finanzen, Beschäftigung, Soziales und Integration, Unternehmen und Industrie, Eurostat, Gesundheit und Verbraucher, Informatik, Binnenmarkt und Dienstleistungen sowie Justiz. Ihre Aufgabe war es, Fragen und Perspektiven im Zusammenhang mit diesem Vorschlag zum barrierefreien Webzugang zu analysieren und zu erörtern.

Die Entwürfe des Berichts über die Folgenabschätzung wurden dem Ausschuss für Folgenabschätzung vorgelegt, dessen Empfehlungen in der Endfassung des Berichts Rechnung getragen wird.

3.           Problemstellung

Wenngleich sich die EU bereits seit zehn Jahren bemüht, freiwillige Maßnahmen im Bereich des barrierefreien Webzugangs zu fördern – etwa durch Schlussfolgerungen des Rates, Entschließungen des Parlaments, Mitteilungen der Kommission und Erklärungen auf Ministerebene, konnten in diesem Bereich bislang keine ausreichenden Fortschritte erzielt werden. Ursachen dieses Problems sind die Marktfragmentierung und die damit verbundene Verunsicherung. Der Binnenmarkt für den barrierefreien Webzugang funktioniert noch nicht auf zufriedenstellende Weise. Webentwickler stehen Hindernissen in Form von zusätzlichen Produktionskosten gegenüber, wenn sie grenzübergreifend tätig sind. Unternehmen, insbesondere KMU, verfügen nicht über ausreichende Kenntnisse und Möglichkeiten, um all die unterschiedlichen Spezifikationen und Verfahrensanforderungen zu erfüllen. Dies schränkt Wettbewerb und Wirtschaftswachstum ein und schmälert und verteuert das Dienstleistungsangebot für Website-Betreiber. Nutzer, die auf barrierefreie Websites angewiesen sind, stehen dem Problem gegenüber, dass ihre Webbrowser, Bildschirmleser oder sonstigen assistiven Technologien oft nicht interoperabel sind. Manche Websites sind somit je nach Land nur auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Umfang nutzbar. Zudem besteht das Risiko, dass sich die soziale Ausgrenzung von Menschen mit funktionellen Einschränkungen, wie Menschen mit Behinderungen, noch verstärkt.

Zudem bleibt den Mitgliedstaaten ein Erfahrungsaustausch zum Umgang mit gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen vorenthalten.

Ohne eine Harmonisierung der Vorschriften für den barrierefreien Webzugang auf EU-Ebene lassen sich die Fragmentierung des Marktes und die entsprechenden Unsicherheiten nicht verringern. Eine solche Harmonisierung würde dazu beitragen, bestehende politische Verpflichtungen zu erfüllen und die Wirksamkeit der europäischen und internationalen Normungsbemühungen im Bereich des barrierefreien Webzugangs (z. B. Normungsauftrag M/376 und neue ISO/IEC-Norm 40500) sowie des geplanten „European Accessibility Act“ („Europäischer Rechtsakt über die Zugänglichkeit“) und der überarbeiteten Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe sicherzustellen. Der Vorschlag könnte auf die Websites des öffentlichen Sektors beschränkt bleiben, da dies bereits einen umfangreichen Markt für Webentwickler nach sich ziehen würde.

Da die Mitgliedstaaten allein keinen Binnenmarkt für die Erstellung barrierefreier Websites schaffen können, schlägt die Union unter Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vor, auf der Grundlage des Artikels 114 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Maßnahmen zu treffen. Darin heißt es: „Das Europäische Parlament und der Rat erlassen […] die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben.“

Es ist jetzt an der Zeit zu handeln, da durch relativ bescheidene Interventionen zum jetzigen Zeitpunkt spätere umfangreiche Korrekturmaßnahmen vermieden werden können.

4.           Ziele

Das übergeordnete Ziel besteht darin, den Binnenmarkt für Produkte und Dienstleistungen zur Gewährleistung eines barrierefreien Webzugangs auszubauen und die Anzahl der barrierefreien Websites zu erhöhen. Zu den Einzelzielen zählen die Festlegung harmonisierter Anforderungen, die für eine Minimalliste von Websites des öffentlichen Sektors gelten, und die Förderung des barrierefreien Zugangs zu öffentlichen Websites, die nicht in dieser Liste aufgeführt sind. Das wichtigste operative Ziel besteht darin, bis 2015 die vollständige Barrierefreiheit aller in der Liste aufgeführten Websites des öffentlichen Sektors sicherzustellen.

5.           Optionen

Eines der Ziele der „Digitalen Agenda für Europa“ (DAE)[3] der Kommission lautet: „auf der Grundlage einer Prüfung verschiedener Optionen bis 2011: Vorlage von Vorschlägen, mit denen sichergestellt wird, dass Websites des öffentlichen Sektors (und solche, die grundlegende Dienstleistungen für Bürger bereitstellen) ab spätestens 2015 vollkommen barrierefrei sind“.

Geprüft wurden drei Optionen:

1 – Ausgangsszenario („keine zusätzlichen Maßnahmen“)

2 – Empfehlung („rechtlich nicht bindende Vorgaben“)

Im Rahmen dieser Option würde eine Empfehlung verabschiedet, in der ein gemeinsamer Ansatz zur Sicherstellung eines barrierefreien Webzugangs vorgeschlagen wird, der insbesondere die Umsetzung der Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG 2.0, Stufe AA) zumindest für bestimmte Arten von Websites des öffentlichen Sektors umfasst.

3 – Rechtlich bindende Maßnahme

Eine rechtlich bindende Maßnahme zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum barrierefreien Webzugang würde Bestimmungen enthalten, mit denen sichergestellt wird, dass die in einer Minimalliste aufgeführten Arten öffentlicher Websites barrierefrei zugänglich sind, wobei harmonisierte Anforderungen an die Zugänglichkeit einzuhalten sind. Den Mitgliedstaaten stünde es frei, die harmonisierten Bestimmungen auch auf andere Arten von Websites öffentlicher Stellen anzuwenden. Der Vorschlag enthält gemeinsame Vorgaben für den barrierefreien Webzugang sowie die Anerkennung einschlägiger Normen und entsprechende Bezugnahmen. Gemäß dem üblichen Normungsansatz beruht der Vorschlag auf der Konformitätsvermutung und entspricht einer modernisierten Herangehensweise an IKT-Normen.

Die Mitgliedstaaten müssen bis zum 30. Juni 2014 entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften einführen und ihre Maßnahmen spätestens ab dem 31. Dezember 2015 umsetzen. Über ihre Normungsorganisationen und einschlägigen Ausschüsse und Plattformen beteiligen sie sich an der Erarbeitung einer harmonisierten Norm für den barrierefreien Webzugang und an der Festlegung der Überwachungsmethode und der Berichterstattungsmodalitäten. Die Mitgliedstaaten fördern den barrierefreien Webzugang im Allgemeinen und arbeiten mit der Industrie und der Zivilgesellschaft zusammen, um sich über empfehlenswerte Verfahren auszutauschen und neue Entwicklungen zu überwachen.

Aufgrund ihrer Flexibilität ist eine Richtlinie das geeignete Rechtsinstrument, da berücksichtigt werden kann, dass einige Mitgliedstaaten bereits über einschlägige Rechtsvorschriften verfügen. Zudem könnten die Mitgliedstaaten die Minimalliste der betroffenen Arten von Websites erweitern und die Umsetzung (z. B. den Umgang mit Beschwerden) auf die von ihnen bevorzugte Weise organisieren.

Eine Verordnung wäre unmittelbar durchsetzbar und würde es voraussichtlich ermöglichen, die in der Digitalen Agenda für Europa abgegebenen Zusagen rechtzeitig zu erfüllen. Webentwickler hätten jedoch erhebliche Compliance-Kosten zu tragen, selbst wenn sie nur in ihrem eigenen Land tätig sind.

5.1.        Auf einen späteren Zeitpunkt verschobene bzw. verworfene Optionen

Einige Organisationen der Zivilgesellschaft wie AGE, ANEC, EBU[4] und EDF[5] haben eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere relevante Websites (z. B. die Websites der Anbieter grundlegender Dienstleistungen für die Bürger) gefordert. Diese Unteroption wurde jedoch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, da sich der Anwendungsbereich dann auch auf den privaten Sektor mit seinen unterschiedlichen Merkmalen erstrecken würde und dieser Bereich bereits in den parallel zu erarbeitenden „European Accessibility Act“ einbezogen werden soll.

Drei weitere Optionen wurden in Erwägung gezogen, aber wieder verworfen, weil sie die festgestellte Fragmentierung des Marktes nicht beseitigen könnten, die Verhältnismäßigkeit möglicherweise in Frage stellen würden oder mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wären. Dabei handelte es sich um eine rechtlich bindende Maßnahme zur Bekämpfung von Diskriminierung gemäß Artikel 19 AEUV, die Aufnahme einschlägiger Bestimmungen in die Rechtsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe und die Ausweitung des Vorschlags auf Autorenwerkzeuge oder assistive Technologien.

6.           Folgenabschätzung

6.1.        Option 1: Ausgangsszenario – keine zusätzlichen Maßnahmen

Die Folgen einer weiterhin schwachen EU-Koordinierung für die Barrierefreiheit von Websites wären begrenzt. Der Ausbau barrierefreier Websites würde nur langsam voranschreiten, und neue nationale Maßnahmen würden die Fragmentierung noch verstärken.

Wirtschaftliche Folgen: Webentwickler würden weiterhin hohen Markteintrittsbarrieren gegenüberstehen, wenn sie ihre Produkte und Dienstleistungen grenzübergreifend anbieten, und wären zudem mit einer geringeren Inlandsnachfrage konfrontiert. Den öffentlichen Stellen blieben ein besseres Angebot und der Erfahrungsaustausch vorenthalten. Auch von der Möglichkeit, mehr Offline-Informationen und ‑Dienste online anzubieten, könnten sie nicht profitieren.

Soziale Folgen: Fortgesetzte „digitale Ausgrenzung“ derjenigen, die Online-Möglichkeiten (z. B. bei der Arbeitssuche) nicht nutzen können.

Politische Folgen: Die Effizienz der Dienstleistungserbringung und die Wahrnehmung sozialer Verantwortung wären gefährdet. Zusagen, die etwa in der Digitalen Agenda für Europa abgegeben wurden, könnten nicht eingehalten werden.

6.2.        Option 2: Verabschiedung einer Empfehlung (rechtlich nicht bindende Vorgaben)

Die Wirksamkeit einer Empfehlung hängt von der Umsetzungsbereitschaft der Mitgliedstaaten ab. Die Überwindung der Fragmentierung wäre nicht garantiert, denn Studien und Konsultationen haben gezeigt, dass die Probleme und ihre Ursachen in den letzten zehn Jahren auf diese Weise nicht beseitigt werden konnten.

Wirtschaftliche Folgen: Webentwickler würden möglicherweise weiterhin durch einen fragmentierten Binnenmarkt behindert. Würden alle Mitgliedstaaten der Empfehlung umfassend Folge leisten, wäre der Netto-Nutzen dem der Option 3 vergleichbar (Abschnitt 6.3).

Soziale Folgen: Möglicherweise eine fortgesetzte „digitale Ausgrenzung“ derjenigen, die Online-Angebote (z. B. bei der Arbeitssuche) nicht nutzen können.

Politische Folgen/Reputationsrisiken: Ähnlich denen der Option 1.

6.3.        Option 3 – Binnenmarktorientierte Legislativmaßnahme

Wirtschaftliche Folgen

Unter der Annahme, dass die Websites öffentlicher Stellen in den sechs Mitgliedstaaten, die noch keine Maßnahmen zur Gewährleistung eines barrierefreien Webzugangs getroffen haben, bisher keinerlei Barrierefreiheit aufweisen, müssten zwischen 37 und 88 Mio. EUR investiert werden, damit die Vorgaben zu 100 % erfüllt sind. Die jährlichen Ausgaben betragen Schätzungen zufolge 41 Mio. EUR, wenn man davon ausgeht, dass ein Drittel der Websites neu entwickelt und die Barrierefreiheit der restlichen Websites aufrechterhalten und überwacht werden müsste.

In den 21 Mitgliedstaaten, die bereits Maßnahmen zur Sicherstellung eines barrierefreien Webzugangs getroffen haben, sind nur minimale zusätzliche Investitionen erforderlich, da die betroffenen Websites öffentlicher Stellen in den Anwendungsbereich bestehender nationaler Vorschriften fallen. Die vorgeschlagene Maßnahme führt zu einer beschleunigten Umsetzung und sinkenden Preisen und gibt gleichzeitig einen klaren Zeitplan vor. Länder, die bereits die Vorgaben von WCAG 1.0 einhalten (z. B. das Vereinigte Königreich), würden Geld sparen, da die „(Neu‑)Gestaltung“ von Websites nach WCAG 2.0 etwa 8 % kostengünstiger ist. In Mitgliedstaaten, die (Varianten von) WCAG 2.0 umsetzen, sinken aufgrund eines stärkeren Wettbewerbs und kostengünstigerer Instrumente für den barrierefreien Zugang letztlich die Preise.

Die Berichterstattungssysteme zur Umsetzung der gemeinsamen Überwachungs- und Informationsverpflichtungen wären mit Kosten von rund 1,65 Mio. EUR verbunden.

Um eine 100%ige Einhaltung der Vorgaben durch alle betroffenen Websites in der gesamten EU zu erreichen, bedarf es Investitionen in Höhe von 260 bis 560 Mio. EUR. Die Anbieter von Dienstleistungen zur Sicherstellung eines barrierefreien Webzugangs würden infolge des größeren Marktes und geringerer Markteinführungskosten für ihre Dienste von Skaleneffekten profitieren.

Der wirtschaftliche Nutzen für öffentliche Stellen wäre erheblich, da sie einen größeren Bevölkerungsanteil erreichen könnten. Tabelle 1 enthält eine Kosten-Nutzen-Schätzung für den Fall, dass die Vorgaben nach einer EU-Intervention innerhalb eines Jahres zu 100 % eingehalten werden. Der Nutzen überwiegt die Kosten in diesem Fall sowohl bei niedriger als auch bei hoher Schätzung. Dieser Effekt wäre noch stärker, wenn sich die Bemühungen auf einen Zeitraum von 3 bis 5 Jahren erstrecken.

Menschen mit Behinde­rungen || Niedrige Schätzung (einfache Websites) || Hohe Schätzung (umfangreiche Websites) || Nutzen || Kosten || Kosten

Reichweite in % || Netto-Nutzen || Netto-Nutzen || Grundle­gende öffentliche Dienste || Niedrige Schätzung (einfache Websites) || Hohe Schätzung (umfangreiche Websites)

100 || 487.327.060 || 191.147.305 || 747.750.307 || 260.423.247 || 556.603.002

75 || 300.389.484 || 4.209.728 || 560.812.730 || 260.423.247 || 556.603.002

50 || 113.451.907 || -182.727.849 || 373.875.153 || 260.423.247 || 556.603.002

25 || -73.485.670 || -369.665.425 || 186.937.577 || 260.423.247 || 556.603.002

5 || -223.035.731 || -519.215.487 || 37.387.515 || 260.423.247 || 556.603.002

Tabelle 1: Berechnung des Netto-Nutzens der vollständigen Einhaltung der WCAG 2.0 in der EU-27

Tabelle 2 enthält eine Kosten-Nutzen-Schätzung für den Fall, dass die sechs Mitgliedstaaten, die bisher keine Maßnahmen zur Gewährleistung eines barrierefreien Webzugangs getroffen haben, bei grundlegenden öffentlichen Diensten innerhalb von 3 Jahren die Vorgaben zu 100 % umsetzen.

Zielgruppe (Menschen mit Behinde­rungen) || Niedrige Schätzung (einfache Websites) || Hohe Schätzung (umfangreiche Websites) || Nutzen || Kosten || Kosten

Reichweite in % || Netto-Nutzen || Netto-Nutzen || Grundle­gende öffentliche Dienste || Einfache Websites || Umfangreiche Websites

100 || 31.502.980 || 14.597.479 || 43.780.725 || 12.277.745 || 29.183.246

75 || 20.557.798 || 3.652.298 || 32.835.544 || 12.277.745 || 29.183.246

50 || 9.612.617 || -7.292.883 || 21.890.362 || 12.277.745 || 29.183.246

25 || -1.332.564 || -18.238.064 || 10.945.181 || 12.277.745 || 29.183.246

5 || -10.088.709 || -26.994.209 || 2.189.036 || 12.277.745 || 29.183.246

Tabelle 2: Kosten der vollständigen Umsetzung der Vorgaben durch die sechs EU-Mitgliedstaaten, die bisher keine Maßnahmen zur Gewährleistung eines barrierefreien Webzugangs getroffen haben

Die wirtschaftlichen Vorteile für Webentwickler wären erheblich, da sie höhere Skaleneffekte erzielen und auch in angrenzenden Märkten attraktive Angebote vorlegen könnten. Die Maßnahme könnte eine positive Kettenreaktion nach sich ziehen, die auch die Websites anderer öffentlicher Stellen erfasst.

Soziale Folgen und Sensitivitätsanalyse: Bessere Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Teilhabe für viele Menschen, insbesondere für ältere Menschen und Menschen mit funktionellen Einschränkungen. Bessere Beschäftigungsmöglichkeiten in ganz Europa für Fachleute im Bereich des barrierefreien Webzugangs.

Was den zu erwartenden finanziellen Nutzen betrifft, so ist dieser mit 400 Mio. EUR für jede Zunahme der Beschäftigung um 1 %, 30 Mio. EUR für jede Verbesserung des Webzugangs um 1 % (durch Zeitersparnis) und 300 Mio. EUR für jede Zunahme des Online-Einkaufs um 10 % anzusetzen.

7.           Bevorzugte Option

Option 3 wird als bevorzugte Option empfohlen.

8.           Überwachung und Evaluierung

Die Mitgliedstaaten überwachen kontinuierlich, ob die betroffenen Websites den Vorschriften für den barrierefreien Zugang entsprechen. Die Kommission legt dazu zusammen mit den Mitgliedstaaten eine gemeinsame Methode fest, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird.

Die Mitgliedstaaten berichten jährlich über stichprobenartige Prüfungen der betroffenen Websites und über die Ergebnisse ihrer Überwachungstätigkeiten. Dabei sind auch Entscheidungen über eine mögliche Erweiterung der Liste der betroffenen Arten von Websites und etwaige sonstige zusätzliche Maßnahmen zu berücksichtigen.

8.1.        Künftige Evaluierung

Die Kommission bewertet die Anwendung dieser Richtlinie binnen drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten.

[1]               Gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zählen dazu Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.

[2]               Siehe Website des Europäischen Behindertenforums: http://www.edf-feph.org/Page_Generale.asp?DocID=12534.

[3]               https://ec.europa.eu/digital-agenda/.

[4]               Europäische Blindenunion.

[5]               Europäisches Behindertenforum.

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