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Document 52011DC0743

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Gesamtansatz für Migration und Mobilität

/* KOM/2011/0743 endgültig */

52011DC0743

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Gesamtansatz für Migration und Mobilität /* KOM/2011/0743 endgültig */


Einleitung

Die Globalisierung und der demografische und gesellschaftliche Wandel bleiben für die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und die Länder in der ganzen Welt nicht ohne Folgen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen gibt es weltweit 214 Millionen internationale Migranten und weitere 740 Millionen Binnenmigranten. 44 Millionen Menschen wurden vertrieben. Schätzungsweise 50 Millionen Menschen leben und arbeiten ohne legalen Aufenthaltsstatus im Ausland.[1] Durch einen Dialog auf globaler Ebene können einige der gemeinsamen Herausforderungen und Anliegen angegangen werden. Von den Chancen der Migration und der Mobilität profitieren die Menschen und Akteure jedoch individuell auf regionaler, nationaler und lokaler Ebene.

Das Thema Migration steht mittlerweile ganz weit oben auf der politischen Agenda der Europäischen Union. Der Arabische Frühling und die Ereignisse im südlichen Mittelmeerraum im Jahr 2011 haben die Notwendigkeit einer kohärenten und umfassenden Migrationspolitik der EU zusätzlich deutlich gemacht. Die Kommission hat in ihren Mitteilungen vom 4. und 24. Mai 2011 bereits eine Reihe politischer Vorschläge und konkreter Maßnahmen zu den Themen Migration, Mobilität, Integration und internationaler Schutz dargelegt.[2] Diesen Vorschlägen hat der Europäische Rat im Juni dieses Jahres ohne Einschränkungen zugestimmt.[3] Daraufhin hat die EU direkt gehandelt und Anfang Oktober mit Tunesien und Marokko Dialoge über Migration, Mobilität und Sicherheit eingeleitet und die erforderlichen Vorbereitungen für die Aufnahme eines Dialogs mit Ägypten getroffen. Ähnliche Dialoge mit anderen Ländern im südlichen Mittelmeerraum werden folgen, insbesondere mit Libyen, sobald die politische Situation es zulässt. Die Dialoge erlauben es der EU und den Partnerländern, sich ausführlich über alle Aspekte ihrer potenziellen Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migrationsströme und des Personenverkehrs im Hinblick auf die Gründung von Mobilitätspartnerschaften auszutauschen.

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 4. Mai betont, dass die EU ihre auswärtige Migrationspolitik durch Gründung von Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern stärken muss, wobei Fragen im Zusammenhang mit Migration und Mobilität so anzugehen sind, dass die Zusammenarbeit beiden Seiten nützt. In diesem Sinne hat der Europäische Rat die Kommission vor dem Hintergrund des Stockholmer Programms und des dazugehörigen Aktionsplans[4] in seinen Schlussfolgerungen vom Juni ersucht, eine Evaluierung des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage vorzulegen und einen Weg zu einem einheitlicheren, systematischeren und stärker strategisch ausgerichteten politischen Rahmen für die Beziehungen der EU zu den betreffenden Nicht-EU-Ländern aufzuzeigen und auch konkrete Vorschläge für den Ausbau der wichtigsten Partnerschaften der Union zu unterbreiten, wobei der Nachbarschaft der Union insgesamt Priorität einzuräumen sei.

In Europa herrscht trotz der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und der aktuellen Arbeitslosenquoten in manchen Branchen Arbeitskräftemangel und viele freie Stellen können nicht mit einheimischem Personal besetzt werden; dies gilt zum Beispiel für den Gesundheitssektor sowie den Bereich Wissenschaft und Technik. In den nächsten fünfzig Jahren dürfte die Alterung der Bevölkerung in Europa dazu führen, dass sich die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (20-64) im Verhältnis zu den über 65-Jährigen halbieren wird. Die Migration ist für die EU bereits ein wichtiger Faktor: 2010 wuchs die Bevölkerung durch Nettomigration insgesamt um 0,9 Millionen Menschen bzw. 62 %. Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass bestimmte zusätzliche Spezialkenntnisse, die künftig benötigt werden, nur außerhalb der EU zu finden sein könnten.[5]

Dies ist der Kontext, in dem sich der Gesamtansatz der EU zur Migrationsfrage seit seiner Annahme im Jahr 2005 weiterentwickelt hat. Er sollte alle relevanten Aspekte der Migration in ausgewogener und umfassender Weise in Partnerschaft mit Nicht-EU-Ländern angehen. Die Evaluierung des Gesamtansatzes erfolgte im ersten Halbjahr 2011. Zu diesem Zweck wurde eine öffentliche Online-Konsultation eingeleitet[6] und es fanden mehrere Konsultationstreffen statt. Die Konsultationen haben bestätigt, dass mit dem Gesamtansatz ein zusätzlicher Nutzen und wertvolle Ergebnisse erzielt worden sind. Außerdem wurde die Notwendigkeit einer größeren Kohärenz dieses Politikbereichs mit anderen Bereichen der EU-Politik sowie einer besseren thematischen und geografischen Ausgewogenheit festgestellt. Der Gesamtansatz sollte daher den strategischen Zielen der Union stärker Rechnung tragen und zu konkreten Vorschlägen für den Dialog und die Zusammenarbeit insbesondere mit den südlichen und den östlichen Nachbarländern, Afrika, den Erweiterungsländern und mit anderen strategischen Partnern führen.

Die EU wird ihren Politikrahmen anpassen müssen, damit die Chancen einer gut gesteuerten Migration genutzt werden können und auf Veränderungen bei den Migrationstrends reagiert werden kann. Daher wird in dieser Mitteilung ein neuer Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM) vorgeschlagen.

1. Wichtigste Ziele

Der Gesamtansatz muss strategischer und effizienter gestaltet werden und eine engere Verzahnung zwischen den relevanten EU-Politikbereichen und zwischen der externen und der internen Dimension der Politik in diesen Bereichen ermöglichen.

In dieser Hinsicht ist die Mobilität von Drittstaatsangehörigen über die EU-Außengrenzen hinweg ein Thema von strategischer Bedeutung. Sie betrifft zahlreiche Personengruppen wie Kurzbesucher, Touristen, Studierende, Forscher, Geschäftsleute oder Familienmitglieder auf Besuch und ist damit ein wesentlich weiter gefasstes Konzept als Migration. Mobilität und Visumpolitik hängen miteinander zusammen. 2009 wurden von den Mitgliedstaaten, die Schengen-Visa erteilen, rund 11 Millionen Visa ausgestellt. Wie in der Mitteilung der Kommission vom 4. Mai 2011 festgestellt wurde, ist die Visumpolitik ein einflussreiches Instrument für eine vorausschauende Mobilitätspolitik.[7] Daher müssen die Zusammenhänge zwischen der gemeinsamen EU-Visumpolitik für Kurzaufenthalte, der einzelstaatlichen Politik der Mitgliedstaaten für Langzeitaufenthalte und dem Gesamtansatz zur Migrationsfrage in vollem Umfang berücksichtigt werden. Aus diesem wichtigen Grund wird der Politikrahmen auf den Bereich Mobilität ausgedehnt und wird demnach zum Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM).

Die bereits laufenden (und etwaigen künftigen) Visumdialoge der EU sollten daher in dem weiter gefassten Rahmen des GAMM umfassend geprüft werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Partnerländer vor der Lockerung oder Aufhebung der Visumpflicht bestimmte Kriterien erfüllen, auch in Bereichen wie Asyl, Grenzmanagement und irreguläre Migration. Auf diese Weise lässt sich eine Mobilität unter sicheren Rahmenbedingungen gewährleisten.

Der Gesamtansatz sollte noch stärker mit der auswärtigen Politik der EU verzahnt werden. Als übergeordneter Rahmen der auswärtigen Migrationspolitik der EU ist er möglichst weit zu fassen und sollte zu anderen, umfassenderen Zielen der Außenpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit der EU komplementär sein.[8] In dieser Hinsicht wurden seit 2005 größere Fortschritte erzielt, doch muss noch mehr unternommen werden, um alle potenziellen Synergien zwischen diesen Politikbereichen sowie mit der Handelspolitik voll auszuschöpfen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten Strategien und Programme entwickeln, um die Fragen Migration und Mobilität, Außenpolitik und entwicklungspolitische Ziele in kohärenter und integrierter Weise anzugehen. Die Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) dürfte die kohärente Nutzung der verschiedenen Strategien und Instrumente, auf die die EU zurückgreifen kann, erleichtern.

Der Dialog über Migration und Mobilität ist das Steuerelement des GAMM und sollte daher so weit wie möglich standardisiert werden. Er ist eingebettet in die allgemeineren bilateralen Beziehungen und den umfassenderen Dialog (z. B. strategische Partnerschaften, Assoziierungsabkommen oder Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, Kooperationsräte oder JLS-Unterausschüsse). Der Dialog muss sowohl auf regionaler als auch auf bilateraler/nationaler Ebene mit wichtigen Partnerländern geführt werden. Gegebenenfalls fällt er unter die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Treffen auf der Ebene hochrangiger Politiker und Beamter, Aktionspläne, Kooperationsinstrumente und gegebenenfalls Monitoring-Mechanismen liefern systematische politische Vorgaben für den Dialog. Außerdem sollte der Dialog über Migration und Mobilität auch auf lokaler Ebene von den EU-Delegationen geführt werden, insbesondere im Rahmen des Politikdialogs bzw. des politischen Dialogs.

Im Kontext der Strategie Europa 2020 sollen Migration und Mobilität die EU wettbewerbsfähiger und dynamischer machen. Für Europa besteht eine strategische Priorität darin sicherzustellen, dass flexible Arbeitskräfte mit den benötigten Qualifikationen zur Verfügung stehen, mit denen die Folgen des demografischen Wandels und der wirtschaftlichen Entwicklung erfolgreich bewältigt werden können. Außerdem ist es dringend erforderlich, die Politik zur Eingliederung der Migranten in den Arbeitsmarkt wirksamer zu gestalten. Die bisherigen Konzepte müssen überdacht und ausgebaut werden, denn die Union steht vor drängenden Arbeitsmarktproblemen, insbesondere vor einem Mangel an qualifiziertem Personal und einer großen Diskrepanz zwischen Arbeitskräfteangebot und ‑nachfrage. Die Arbeitsmarktstrategien zur Deckung des Bedarfs und zur Förderung der Eingliederung legaler Migranten sollten mit den Mitgliedstaaten erörtert werden und sich im Dialog mit Partnerländern, für die dies ebenfalls von Interesse sein könnte, widerspiegeln. Außerdem bedarf es eines Dialogs mit dem Privatsektor und Arbeitgebern, um die Ursachen für die Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Stellen zu ergründen und das Potenzial für eine stärker nachfrageorientierte Politik im Bereich der legalen Zuwanderung auszuloten. Die Übertragbarkeit von Sozialversicherungs- und Rentenansprüchen könnte ebenfalls die Mobilität und zirkuläre Migration fördern und der irregulären Beschäftigung entgegenwirken, weshalb hier Verbesserungsbedarf besteht. Eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Koordinierung mit Nicht-EU-Ländern im Bereich der Sozialversicherung wird zu Fortschritten in diesem Bereich beitragen. Die Kommission will 2012 ein Grünbuch darüber vorlegen, wie der Aspekt der Wirtschaftsmigration effektiv in die strategischen Überlegungen der EU zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum einbezogen werden kann.

Die allgemeine und die berufliche Bildung spielen eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Eingliederung von Migranten in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Daher sollte dem Konzept des lebenslangen Lernens im Kontext von Migration und Mobilität stärker Rechnung getragen werden.

Empfehlungen

· Der Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM) sollte als übergeordneter Rahmen der auswärtigen Migrationspolitik der EU angesehen und gefördert werden. Er sollte auf einer echten Partnerschaft mit Nicht-EU-Ländern basieren und Fragen der Migration und Mobilität umfassend und ausgewogen angehen. Der GAMM sollte Antworten auf die Chancen und Herausforderungen für die EU-Migrationspolitik liefern und gleichzeitig die Partner dabei unterstützen, ihre eigenen Prioritäten im Bereich Migration und Mobilität im jeweiligen regionalen Kontext und unter den gegebenen Rahmenbedingungen anzugehen.

· Der GAMM sollte einen umfassenden Rahmen bilden, der es ermöglicht, Migration und Mobilität durch einen Politikdialog und eine enge praktische Zusammenarbeit mit den Partnerländern in kohärenter Weise und zum gegenseitigen Nutzen zu steuern. Er sollte fester Bestandteil des allgemeinen außenpolitischen Rahmens der EU sein, der auch die Entwicklungszusammenarbeit umfasst, und gut mit den innenpolitischen Prioritäten der EU abgestimmt sein.

· Als Steuerelement des GAMM dient der „Dialog über Migration und Mobilität“. In ihm konkretisiert sich die externe Dimension der Migrationspolitik der EU. Ziel ist dabei der Informationsaustausch, die Ermittlung gemeinsamer Interessen und der Aufbau von Vertrauen und Engagement als Grundlage für eine operative Zusammenarbeit, die der EU und ihren Partnern gleichermaßen nutzt.

· Der GAMM sollte von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, einschließlich der EU-Delegationen, sowie den EU-Mitgliedstaaten gemeinsam – im Einklang mit den jeweiligen institutionellen Zuständigkeiten – umgesetzt werden.

2. Thematische Prioritäten

Persönliche Kontakte durch Bildungsaustausch, Handel und Wirtschaft, kulturellen Austausch, Tourismus oder Besuche von Familienangehörigen im Ausland spielen in der heutigen Welt eine wichtige Rolle. Die „Good Governance“, ein „gutes Regieren“, im Bereich der Migration und Mobilität von Drittstaatsangehörigen kann täglich für Millionen Menschen zur Entwicklung beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU steigern und für die europäischen Gesellschaften eine Bereicherung darstellen. Dies macht den Gesamtansatz zu einem zentralen strategischen Interesse der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Angesichts der zunehmenden Globalisierung des Arbeitsmarktes für Hochqualifizierte ist bereits ein starker Wettbewerb um Talente im Gange. Im Rahmen des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern sollte bei der Behandlung des Themas Migration und Mobilität berücksichtigt werden, dass geordnete Migrationsbewegungen unabdinglich sind. Ohne gut funktionierende Grenzkontrollen, ohne Eindämmung der irregulären Migration und ohne wirksame Rückkehrpolitik wird die EU die Möglichkeiten für die legale Migration und die Mobilität nicht ausbauen können. Darauf stützt sich die Legitimität jedes Politikrahmens. Das Wohlergehen der Migranten und deren erfolgreiche Integration hängen maßgeblich davon ab. So wird die EU ihre Anstrengungen zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels verstärken. Sie wird das Grenzmanagement an ihren Außengrenzen auf der Grundlage von gemeinsamer Verantwortung, Solidarität und verstärkter praktischer Zusammenarbeit noch wirksamer gestalten. Sie wird ferner ihre operative Zusammenarbeit mit den Partnerländern zum Aufbau von Kapazitäten stärken.

Außerdem sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR, anderen einschlägigen Stellen und Nicht-EU-Ländern bei der Förderung der globalen Verantwortungsteilung auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention eine Vorreiterrolle einnehmen. Die EU ist zwar bereits aktiv an der Förderung des internationalen Schutzes beteiligt, doch muss der externen Dimension der Asylpolitik in Abstimmung mit ihren Partnern mehr Sichtbarkeit verliehen werden. Der Rat hat in seinen Schlussfolgerungen darauf hingewiesen, dass die externe Dimension der EU-Asylpolitik verstärkt werden soll, und hob die Bedeutung hervor, die in diesem Zusammenhang regionalen Schutzprogrammen zukommt.[9]

Auch ein „gutes Regieren“ im Bereich der Migration wird sich sehr vorteilhaft auf die Entwicklung auswirken. Erwiesenermaßen können Migrantenhaushalte ihren Lebensstandard erhöhen, wenn die Migranten im Ausland neue Kompetenzen und Arbeitserfahrungen erwerben können. Migration und Mobilität können auch dazu beitragen, dass mehr ausländische Direktinvestitionen getätigt werden und neue Handelsbeziehungen entstehen, wobei auch den Diaspora-Gemeinschaften eine wichtige Rolle zukommt. Es liegt daher im Interesse der Herkunfts- und der Zielländer der Migranten, dass sie zusammenarbeiten, um einen größtmöglichen Nutzen der Heimatüberweisungen sowie des Transfers von Know-how und Innovationen für die Entwicklung zu gewährleisten. Zum einen sollte das Potenzial der Migranten, zur Entwicklung ihres Herkunftslandes beizutragen, in vollem Umfang anerkannt werden; zu diesem Zweck sollten breitgefächerte Maßnahmen ergriffen werden. Zum anderen ist der Abwanderung von Fachkräften („Brain-Drain“) und der Verschwendung von Fähigkeiten („Brain-Waste“) durch Beschäftigung unterhalb des Qualifikationsniveaus entgegenzuwirken und die Mobilität von Fachkräften („Brain-Circulation“) zu fördern.

Diese vier Themen – legale Migration und Mobilität, irreguläre Migration und Menschenhandel, internationaler Schutz und Asylpolitik sowie Maximierung der Auswirkungen von Migration und Mobilität auf die Entwicklung – sollten die vier Säulen des GAMM bilden. Wenn die EU die Erleichterung und Steuerung der Migration und Mobilität systematischer angehen will, so sollte der Aspekt der Mobilität bei den Säulen, die die legale Migration und die Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung betreffen, deutlich gemacht werden. Da die Bekämpfung des Menschenhandels von zentraler Bedeutung ist, sollte sie ebenfalls eine klar erkennbare Dimension der Säule über irreguläre Migration sein. Mit dem GAMM soll ein umfassendes Konzept auf den Weg gebracht werden; deshalb ist eine verstärkte Hervorhebung des Aspekts internationaler Schutz und Asyl als eine der Säulen gerechtfertigt.

Der GAMM sollte auch migrantenorientiert sein. Bei der Migrationsgovernance geht es nicht um Migrantenströme, ‑zahlen und –routen, sondern um Menschen. Eine sachdienliche, wirksame und nachhaltige Politik muss den Hoffnungen und Problemen der betroffenen Menschen Rechnung tragen. Die Stellung der Migranten sollte daher gestärkt werden, indem ihnen der Zugang zu allen benötigten Informationen über ihre Möglichkeiten, Rechte und Pflichten eröffnet wird. So hat die Kommission das EU-Zuwanderungsportal eingerichtet, das derartige Informationen und andere Hinweise enthält.

Die Menschenrechte der Migranten sind ein Querschnittsaspekt, der für alle vier Säulen des GAMM relevant ist. Besondere Aufmerksamkeit sollte in dieser Hinsicht dem Schutz und der Stärkung von besonders gefährdeten Migranten wie unbegleiteten Minderjährigen, Asylbewerbern, Staatenlosen und Opfern von Menschenhandel gewidmet werden. Dies ist auch häufig eine Priorität der Herkunftsländer. Die Achtung der Charta der Grundrechte der EU ist eine Schlüsselkomponente der EU-Migrationspolitik. Die Auswirkungen von Initiativen, die im GAMM-Kontext ergriffen werden, auf die Grundrechte sollten sorgfältig geprüft werden. Ferner muss mehr dafür getan werden, um den EU-Partnern und Migranten den EU-Rechtsrahmen, einschließlich der neuen Richtlinie für eine einzige Aufenthalts‑/Arbeitserlaubnis („Single-Permit-Richtlinie“), zu erläutern.

Der migrantenorientierte Ansatz sollte im Wege eines verstärkten Dialogs mit Diaspora-Gemeinschaften, Migrantengruppen und einschlägigen Organisationen zum Ausdruck kommen und umgesetzt werden. Dieser Dialog sollte sich auch auf Fragen der Menschenrechte von Migranten in der EU und insbesondere in Nicht-EU-Ländern erstrecken. Gegebenenfalls sollte die Zusammenarbeit in diesem Bereich mit dem Dialog und der Zusammenarbeit im Rahmen aller vier GAMM-Säulen abgestimmt werden.

Schließlich wurde im Stockholmer Programm der Klimawandel als globales Problem anerkannt, das zunehmend zu Abwanderung und Migration führt, und die Kommission wurde aufgefordert, eine Analyse dieses Phänomens vorzulegen, die über seine möglichen Auswirkungen auf die Zuwanderung in die Europäische Union hinausgeht. Das Thema Umweltmigration, einschließlich der Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Auswirkungen des Klimawandels, sollte im Gesamtansatz berücksichtigt werden.

Empfehlungen

· Der GAMM sollte sich auf vier gleichermaßen wichtige Säulen stützen:

(1)          Organisation und Erleichterung der legalen Migration und Mobilität

(2)          Verhinderung und Eindämmung der irregulären Migration und des Menschenhandels

(3)          Förderung des internationalen Schutzes und der externen Dimension der Asylpolitik

(4)          Maximierung der Auswirkungen von Migration und Mobilität auf die Entwicklung

· Der GAMM sollte migrantenorientiert sein. Grundsätzlich müssen im Mittelpunkt aller Überlegungen und Maßnahmen die Migranten stehen, denen Zugang zu einer sicheren Mobilität verschafft werden muss.

· Die Menschenrechte von Migranten sind ein Querschnittsthema des GAMM, denn diese Dimension betrifft alle vier Säulen. Durch den GAMM sollte die Achtung der Grund- und Menschenrechte von Migranten in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern gleichermaßen gestärkt werden.

3. Geografische Prioritäten

Der Gesamtansatz sollte keinen geografischen Beschränkungen unterliegen. Es handelt sich um einen allgemeinen Ansatz und eine Methode. Der Unterschied zwischen den einzelnen Regionen besteht in der Intensität und dem Ausmaß der Umsetzung des GAMM und in der Kombination der verwendeten Instrumente. Die EU sollte beim Einsatz dieser Instrumente für ein kohärentes Vorgehen sorgen, das mit ihren Zielen und ihrem allgemeinen politischen Dialog mit Nicht-EU-Ländern im Einklang steht. Gemäß dem Grundsatz der Differenzierung strebt die EU eine engere Zusammenarbeit mit denjenigen Partnern an, die die gleichen Interessen wie sie verfolgen und bereit sind, mit der EU und ihren Mitgliedstaaten gegenseitige Verpflichtungen einzugehen. Neue Initiativen werden vor dem Hintergrund der aktuellen regionalen und bilateralen Prioritäten der EU bewertet.

Regionale Dialoge

Im Laufe der Zeit sind zahlreiche regionale und subregionale Dialog- und Kooperationsprozesse ins Leben gerufen worden. Einige davon sind ohne direkten EU-Bezug entstanden, haben aber nach und nach eine EU-Dimension erhalten. In anderen Fällen sind nur einige wenige EU-Mitgliedstaaten beteiligt. Bei einigen dieser Prozesse gibt es Überschneidungen. Dies ist aus politischen, finanziellen und personellen Gründen langfristig nicht tragbar. Daher müssen die geografischen Prioritäten vor dem Hintergrund der allgemeinen Außenpolitik der EU und der effektiven Trends der Zuwanderung in die EU und ihre Mitgliedstaaten genauer definiert werden.

Die erste Priorität sollte die EU-Nachbarschaft sein, namentlich der südliche Mittelmeerraum[10] und die Region der Östlichen Partnerschaft (EaP)[11], wo die Aspekte Migration und Mobilität eng mit der allgemeineren politischen, wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit verflochten sind und Dialoge sowohl im regionalen Kontext als auch auf bilateraler Ebene stattfinden. Ziel sollte der systematische Aufbau starker, enger Partnerschaften sein, die sich auf gegenseitiges Vertrauen und gemeinsame Interessen gründen und den Weg für die weitere regionale Integration ebnen.

An zweiter Stelle sollte im Hinblick auf gezieltere Migrationsdialoge mit größerer geografischer Reichweite der Schwerpunkt südlich der EU auf die Strategische EU-Afrika-Partnerschaft für Migration, Mobilität und Beschäftigung[12] gelegt werden. Im Osten sollte dem Prager Prozess[13] oberste Priorität eingeräumt werden. Diese beiden Prozesse müssen als wichtigste regionale Rahmen des GAMM-Dialogs weiter konsolidiert werden. Zu diesem Zweck sollten geeignete Unterstützungsprogramme angeboten werden.

Drittens werden diese regionalen Prozesse durch bereits existierende spezifische subregionale Prozesse ergänzt, die so weit wie möglich an die übergreifenden Rahmen angepasst werden sollten. Im Süden betrifft dies den Rabat-Prozess (Westafrika)[14] und einen etwaigen zusätzlichen subregionalen Rahmen für das Horn von Afrika/Ostafrika (eine Option, die weiter geprüft werden sollte). Im Osten sind die Überschneidungen zwischen dem Prager und dem Budapester Prozess[15] anzugehen, bei denen für eine größere geografische Komplementarität zu sorgen ist. Der Budapester Prozess hat für die EU infolge der Initiative des türkischen Vorsitzes aus dem Jahr 2010, die Länder der Seidenstraße einzubeziehen, als einzige Plattform für einen informellen Dialog mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern weiter an Bedeutung gewonnen. Nun wäre es an der Zeit, diesen gesamten Prozess unter Berücksichtigung der Länder der Seidenstraße und möglicherweise anderer asiatischer Länder gründlich zu überdenken und neu auszurichten.

Außerdem soll der Migrationsdialog zwischen der EU und der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (EU-AKP-Dialog) intensiviert werden, wobei die operativen Aspekte der Anwendung von Artikel 13 des Partnerschaftsabkommens von Cotonou stärker in den Mittelpunkt gerückt werden sollen. Der Migrationsdialog zwischen der EU und Lateinamerika und dem karibischen Raum (EU-LAC-Dialog) ist ein jüngerer Prozess, der fortgesetzt werden muss, um dieser zunehmend wichtigen Region Rechnung zu tragen. Außerdem sollten die Möglichkeiten zur Einrichtung eines Forums in Brüssel sondiert werden, um die Wirksamkeit und den Umfang des Migrationsdialogs zwischen der EU und einschlägigen asiatischen Ländern zu vergrößern, denn der Dialog mit Asien über Migrationsfragen dürfte zunehmend wichtig werden.

Bilaterale Dialoge

Gesondert zu betrachten ist die EU-Erweiterung, bei der die Kandidatenländer und potenziellen Kandidatenländer nach einem festen Schema dabei unterstützt werden, ihre Politik und ihre Rechtsrahmen an den EU-Besitzstand anzugleichen. Die Türkei und die westlichen Balkanstaaten entwickeln mit der EU enge Partnerschaften und eine enge Zusammenarbeit im Bereich Migration und Mobilität. Mit diesen Ländern werden bereits intensive Dialoge über Migration und Mobilität geführt, die bis zum Beitritt fortgesetzt werden sollen.

Russland ist ein wichtiger Partner für die EU. In jüngster Zeit wurden im Bereich Migration und Mobilität sehr gute Fortschritte durch Einleitung des Migrationsdialogs zwischen der EU und Russland und Ermittlung gemeinsamer Schritte im Rahmen des Dialogs über die Visaliberalisierung erzielt.

Die Kommission schlägt vor, den Dialog über Migration und Mobilität und die operative Zusammenarbeit mit globalen/regionalen Wirtschaftsmächten im Osten (Indien und China) und im Süden (Nigeria und Südafrika) sowie – falls dies für machbar gehalten wird – mit anderen Entwicklungsländern auszubauen, die ebenso wie die EU diesbezügliche Interessen haben.

Der Dialog mit Industrieländern wie USA, Kanada und Australien wird sich weiterhin auf den Austausch von Informationen über gemeinsame Prioritäten und Strategien für eine „Global Governance“ im Bereich Migration und Mobilität konzentrieren.

Außerdem sollte der Gesamtansatz geografisch umfassender und zweckmäßiger gestaltet werden. So sollte es nicht nur um die Zuwanderung in die EU gehen, sondern gegebenenfalls auch um die inter- und die intraregionale Migration und Mobilität in anderen Teilen der Welt. Zwar hat diese Dimension nicht notwendigerweise direkte Auswirkungen auf die EU, könnte aber für einige EU-Partner und damit für den gesamten politischen Dialog und die generelle Zusammenarbeit der EU mit diesen Ländern sehr relevant sein.

Der Gesamtansatz liefert auch eine geeignete Grundlage für die Rolle der EU bei der „Global Governance“ im Bereich Migration und Mobilität. Er ermöglicht der EU, auf der internationalen Bühne in Fragen der Migration und Mobilität mit einer Stimme zu sprechen, insbesondere im Globalen Forum für Migration und Entwicklung (Global Forum on Migration and Development – GFMD). Gleichzeitig kann die EU damit beginnen, im Hinblick auf den hochrangigen UN-Dialog 2013 und die Zeit danach starke Allianzen zu schmieden.

Empfehlungen

· Der GAMM sollte wirklich global ausgerichtet sein. Der Dialog und die Zusammenarbeit in Migrationsfragen sollten weltweit mit allen interessierten und relevanten Partnern nach Maßgabe ihrer Prioritäten und der EU-Prioritäten stattfinden.

· Der GAMM sollte seine klare Ausrichtung auf regionale Dialogprozesse beibehalten, die auf die Verbesserung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Herkunfts-, Transit- und Zielländern abzielen und alle Fragen und Themen von gegenseitigem Interesse im Bereich Migration und Mobilität betreffen. Zwar kommt der EU-Nachbarschaft weiterhin besondere Priorität zu, doch sollte in Richtung Süden die Afrika-EU-Partnerschaft der übergreifende regionale Rahmen sein. In Richtung Osten sollte dies der Prager Prozess sein. Andere subregionale Prozesse sollten entsprechend angepasst und effizienter gestaltet werden.

· Auf bilateraler Ebene sollte sich der GAMM auf eine relativ kleine Zahl von Schlüsselpartnern konzentrieren. Diese bilateralen Dialoge ergänzen die regionalen Prozesse und sollten nach Möglichkeit an Abkommen geknüpft werden, die das gesamte Spektrum der Zusammenarbeit zwischen der EU und dem betreffenden Land abdecken.

· Der GAMM bietet auch die Möglichkeit der Behandlung von Fragen der intraregionalen Migration und Mobilität in anderen Teilen der Welt, falls sich im Dialog herausstellt, dass dies für die Erreichung der festgesetzten Ziele relevant ist. Außerdem soll der GAMM es der EU erleichtern, eine aktivere Rolle bei der „Global Governance“ im Bereich Migration zu übernehmen.

4. Umsetzungsmechanismen

Seit 2005 wurden in Nicht-EU-Ländern im Rahmen verschiedener thematischer und geografischer Finanzierungsinstrumente der Europäischen Kommission rund 300 migrationsbezogene Projekte mit einem Volumen von 800 Mio. EUR finanziert. Dazu zählen die großen gemeinsamen Initiativen der Europäischen Kommission und der Einrichtungen der Vereinten Nationen, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) oder des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung (International Centre for Migration Policy Development – ICMPD), die ein breites Themenspektrum im Bereich der internationalen Migration zum Gegenstand haben. Beispiele sind die Dienstleistungs- und Ressourcenzentren für Migranten in den westlichen Balkanländern und Asien, die AKP-Beobachtungsstelle für Migrationsfragen, die regionalen Schutzprogramme in Afrika und Osteuropa sowie zahlreiche Projekte zur Unterstützung der Durchführung von Mobilitätspartnerschaften in Osteuropa (Moldau und Georgien) und Afrika (Kap Verde).

Bisher konzentrierte sich der Gesamtansatz auf einige wenige spezifische Instrumente: a) Migrationsprofile, die heute in mehr als 70 Ländern der Welt Anwendung finden, b) Migrationsmissionen – 17 Nicht-EU-Länder wurden besucht, c) Kooperationsplattformen – in Äthiopien wurde eine solche Plattform für begrenzte Zeit eingerichtet, und d) Mobilitätspartnerschaften, wie sie mit Moldau, Kap Verde, Georgien und zuletzt mit Armenien auf den Weg gebracht wurden. Diese Instrumente wurden nach und nach ausgebaut, doch sind sie von unterschiedlicher Relevanz und Bedeutung und logisch nicht klar miteinander verknüpft.

Jedoch baut die auswärtige Migrationspolitik der EU auch auf dem Recht und den Rechtsinstrumenten der EU auf (bisher neun Visaerleichterungsabkommen, dreizehn EU-Rückübernahmeabkommen und sieben Richtlinien über die legale und die irreguläre Migration) sowie auf politischen Instrumenten (zahlreiche Politikdialoge, häufig unterlegt mit Aktionsplänen), auf operativer Unterstützung und Kapazitätsaufbau (einschließlich durch EU-Einrichtungen wie Frontex, EASO und ETF und durch Fazilitäten für technische Hilfe wie MIEUX und TAIEX[16]) sowie auf einer große Bandbreite von Programm- und Projekthilfe für zahlreiche Akteure wie Zivilgesellschaft, Migrantenverbände und internationale Organisationen.

Der GAMM basiert auf diesem gesamten Instrumentarium, das strukturiert und systematisch eingesetzt werden sollte. Zu diesem Zweck sollten zwischen der EU und den einzelnen prioritären Ländern maßgeschneiderte bilaterale Partnerschaftsrahmen ausgehandelt werden.

Der erste dieser Rahmen ist die Mobilitätspartnerschaft (MP). Die Pilotphase ist bereits abgeschlossen. Nun sollte die MP zum Hauptrahmen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren Partnern im Bereich Migration und Mobilität – mit besonderem Augenmerk auf den Ländern in der EU-Nachbarschaft – gemacht und als solcher gefördert werden. Der Vorschlag zur Aushandlung einer MP sollte vorgelegt werden, wenn im Dialog über Migration und Mobilität ein gewisser Stand erreicht wurde, wobei auch der allgemeinere wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Kontext zu beachten ist.

Die MP liefert einen umfassenden Rahmen, um einen gut gesteuerten Personenverkehr zwischen der EU und einzelnen Partnerländern sicherzustellen. Die MP umfasst alle Maßnahmen, mit denen gewährleistet werden kann, dass die Migration und die Mobilität, einschließlich der Möglichkeiten für eine größere Arbeitskräftemobilität, sowohl der EU als auch ihren Partnern von Nutzen sind.

Die MP ist auf die gemeinsamen Interessen und Anliegen des Partnerlandes und der Beteiligten auf EU-Seite zugeschnitten. Die neue Form der MP ermöglicht Visaerleichterungen auf der Grundlage eines gleichzeitig ausgehandelten Rückübernahmeabkommens. Es sollte weiterhin ein leistungsbezogener Ansatz („more for more“) mit Konditionalitätselement angewandt werden, um die Transparenz zu erhöhen und die Fortschritte im Hinblick auf den Abschluss dieser Abkommen zu beschleunigen. Zur Förderung des Kapazitätsaufbaus, des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit in allen Bereichen von gemeinsamem Interesse sollte von der EU und – auf freiwilliger Basis – von Mitgliedstaaten ein Unterstützungspaket angemessenen Umfangs angeboten werden.

Die MP wird zur Schaffung der Voraussetzungen für eine gut gesteuerte Migration und eine Mobilität unter sicheren Rahmenbedingungen beitragen. Wenn die Rechtsinstrumente (Visaerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen) und die politischen Instrumente (Politikdialog und Aktionspläne) wirksam eingesetzt werden, könnte die EU für einzelne Partnerländer unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen zu dem betreffenden Land eine schrittweise, an Auflagen geknüpfte Visaliberalisierung in Erwägung ziehen.

Ein zweiter, alternativer Rahmen wäre die Gemeinsame Agenda für Migration und Mobilität (Common Agenda on Migration and Mobility – CAMM). Die CAMM ist eine Option für Partnerländer und für die EU und ihre Mitgliedstaaten, wenn beide Seiten verstärkt zusammenarbeiten wollen, aber eine Seite nicht bereit ist, sich auf das Gesamtpaket der Verpflichtungen und Zusagen einzulassen. Wie die MP sollte die CAMM verschiedene gemeinsame Empfehlungen, Zielsetzungen und Verpflichtungen für den Dialog und die Zusammenarbeit enthalten und ein Paket spezifischer Unterstützungsmaßnahmen der EU und interessierter Mitgliedstaaten umfassen. Wenn beide Seiten einverstanden sind, kann die Gemeinsame Agenda später zu einer Mobilitätspartnerschaft ausgebaut werden.

Beide Rahmen werden durch eine gemeinsame politische Erklärung der EU und der interessierten Mitgliedstaaten einerseits und des Partnerlandes andererseits begründet. Sie basieren beide auf gegenseitigen Zusagen, die jedoch formal nicht bindend sind.

Empfehlungen

· Zur Unterstützung des GAMM sollten ein vielfältiges Instrumentarium und zwei Partnerschaftsrahmen zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit vom allgemeinen politischen Dialog zwischen der EU und dem betreffenden Nicht-EU-Land und je nach EU-Interessen und Interessen und Bedürfnissen des Partners flexibel und maßgeschneidert eingesetzt werden können.

· Die Mobilitätspartnerschaft (MP) sollte sich gleichmäßig auf alle vier Säulen des GAMM erstrecken und insbesondere Zusagen in den Bereichen Mobilität und Visaerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen umfassen. Sie kann gegebenenfalls auch auf allgemeinere Sicherheitsfragen ausgedehnt werden. Die Zusammenarbeit wird von einem Unterstützungspaket flankiert, das den Kapazitätsaufbau und die Zusammenarbeit in allen Bereichen von gemeinsamem Interesse betrifft.

· Die Gemeinsame Agenda für Migration und Mobilität (CAMM) sollte als alternativer Rahmen dienen, der es ermöglicht, im Bereich jeder der vier thematischen Säulen des GAMM mit Partnern gemeinsame Empfehlungen, Zielsetzungen und Verpflichtungen zu vereinbaren. Der grundlegende Unterschied gegenüber der Mobilitätspartnerschaft besteht darin, dass die Gemeinsame Agenda nicht notwendigerweise die Aushandlung von Visaerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen voraussetzt. Wenn beide Seiten einverstanden sind, kann die Gemeinsame Agenda später zu einer Mobilitätspartnerschaft ausgebaut werden.

· Die folgenden Instrumente können in den verschiedenen Stadien des Dialogs und der operativen Zusammenarbeit mit EU-Partnern angewandt werden und werden ihren Platz im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft bzw. Gemeinsamen Agenda finden:

(1)          Wissensinstrumente, z. B. Migrationsprofile, Mapping-Instrumente, Studien, Statistiken, Folgenabschätzungen und Erkundungsmissionen;

(2)          Dialoginstrumente, z. B. Migrationsmissionen, Seminare und Konferenzen;

(3)          Kooperationsinstrumente, z. B. Kapazitätsaufbau, Kooperationsplattformen, Expertenaustausch, Partnerschaften (Twinning), operative Zusammenarbeit, gezielte Projekte und Programme.

5. Operative Prioritäten

Der Dialog und die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Nicht-EU-Ländern sollte auf die Durchführung einer Reihe prioritärer Maßnahmen im Rahmen der vier Säulen des GAMM abzielen. Jede einzelne operative Maßnahme sollte mit den geografischen Prioritäten der EU im Einklang stehen und gegebenenfalls den wichtigsten Partnerländern der EU Vorrang einräumen.

Erste Säule: Organisation und Erleichterung der legalen Migration und Mobilität

Die europäische Politik zur Organisation und Erleichterung der legalen Migration und Mobilität im Rahmen des GAMM beruht auf der Prämisse, dass die Möglichkeiten der Arbeitgeber erweitert werden sollen, auf dem globalen Arbeitsmarkt die am besten geeigneten Personen für die Besetzung freier Stellen zu finden. Umgekehrt sollen talentierten Personen aus aller Welt neue Beschäftigungsmöglichkeiten in Europa geboten werden, ohne dabei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Arbeitsmärkte in irgendeiner Weise einzuschränken.

Beim Dialog und bei der Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Nicht-EU-Ländern sollte den Entwicklungen des EU-Rechts im Bereich der legalen Migration Rechnung getragen und der Zugang von Migranten zu Informationen über ihre Rechte und Möglichkeiten verbessert werden. Die Sichtweisen und Anliegen der Partnerländer sollten berücksichtigt und gemeinsame Interessen ermittelt werden. Die Nachfrage in der EU nach qualifizierten Arbeitskräften ist ein Bereich, in dem weiter sondiert werden könnte, wo sich die Bedürfnisse der EU und prioritärer Partnerländer möglicherweise ergänzen.

Mit den EU-Rechtsvorschriften zu langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, Familienzusammenführung, Studierenden, Forschern und hochqualifizierten Personen wurden die Zulassungsbedingungen und die Rechte von Migranten in einigen Schlüsselbereichen harmonisiert, wobei die Mitgliedstaaten weiterhin befugt sind, über die Zahl der Migranten zu entscheiden, die sie zu Arbeitszwecken zulassen. Die Richtlinie über die Blaue Karte der EU ist die erste direkte Antwort der EU auf den Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften.

Derzeit verhandeln der Rat und das Europäische Parlament über eine Richtlinie für Saisonarbeitnehmer und eine Richtlinie über konzernintern entsandte Arbeitnehmer, die beide von direkter arbeitsmarktpolitischer Bedeutung sind. Mit ihnen soll ein gemeinsames, vereinfachtes und kürzeres Verfahren eingeführt werden. Der Vorschlag, der die Saisonarbeitnehmer betrifft, sieht auch den Schutz vor Ausbeutung vor und ist für viele Partnerländer relevant, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus. Der zweite Vorschlag zielt darauf ab, Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU unter bestimmten Bedingungen zu erlauben, vorübergehend Führungskräfte, Fachkräfte und Trainees aus Nicht-EU-Ländern in ihre Niederlassungen und mit ihnen verbundene Unternehmen in den Mitgliedstaaten zu entsenden.

Die Richtlinie über eine einzige Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis („Single-Permit-Richtlinie“), die in Kürze vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden soll, wird durch Einführung eines einzigen Verfahrens und einer einzigen Erlaubnis eine Vereinfachung bringen. In der Richtlinie werden die Bereiche aufgelistet, in denen legal arbeitende Nicht-EU-Staatsangehörige mit rechtmäßigem Aufenthalt ungeachtet des ursprünglichen Grundes für ihre Zulassung wie eigene Staatsangehörige zu behandeln sind. Im Falle einer Überarbeitung der Richtlinien über Forscher und Studierende könnten Zulassung, Aufenthalt und EU-interne Mobilität dieser Gruppen, die maßgeblich zur Erhaltung der künftigen Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen, weiter erleichtert werden.

Die EU wird ihre Partner im Wege des Dialogs über diesen Rechtsrahmen informieren, damit er leichter angewandt werden kann. Darüber hinaus wurde das EU-Zuwanderungsportal als Online-Instrument für Nicht-EU-Staatsangehörige lanciert, die sich über die Möglichkeiten, in die EU einzuwandern, und die hierfür vorgeschriebenen Verfahren informieren wollen oder die sich bereits in der EU aufhalten und gerne in einen anderen Mitgliedstaat ziehen würden. Diese Informationsquelle sollte gegebenenfalls mit Maßnahmen zur Vorbereitung der Migration kombiniert werden, die schwerpunktmäßig dem Erwerb weiterer Kompetenzen und dem Erlernen von EU-Sprachen dienen.

Eine echte Integration, insbesondere in den Arbeitsmarkt, ist entscheidend, damit sowohl die Migranten als auch die Aufnahmegesellschaften vom Potenzial der Migration profitieren können, u. a. durch Stärkung von Diaspora-Gemeinschaften und zugewanderten Unternehmern. In der Mitteilung über die Europäische Agenda für die Integration von Drittstaatsangehörigen[17] werden neue Ansätze und Aktionsbereiche vorgeschlagen. Im Dialog mit den EU-Partnern sollte weiter geprüft werden, welche Rolle Diaspora-Gemeinschaften und transnationalen Netzen in dieser Hinsicht, d. h. bei der besseren Vorbereitung von Migranten auf einen Aufenthalt in den Mitgliedstaaten, zukommt.

In der Strategie Europa 2020 wird hervorgehoben, dass angesichts des globalen Wettbewerbs um Talente besondere Anstrengungen unternommen werden müssen, um hochqualifizierte Migranten in die EU zu holen, und dass die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die europäischen Gesellschaften gefördert werden muss. In den beschäftigungspolitischen Leitlinien, die als Rahmen für den Informationsaustausch und die Koordinierung der Beschäftigungspolitik dienen, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, der Eingliederung von Migranten in den EU-Arbeitsmarkt gebührend Rechnung zu tragen. Das EURES-Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen liefert nicht nur Informationen über freie Stellen, sondern spielt auch eine wichtige Rolle bei der Erleichterung des Zugangs von mobilen Arbeitnehmern und Wanderarbeitnehmern zur Beschäftigung. Aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) werden Finanzmittel und Unterstützung zur Verbesserung der Teilhabe von Migranten am Arbeitsmarkt bereitgestellt.

Darüber hinaus gilt besondere Aufmerksamkeit der Stärkung der Fähigkeit der Union zur Früherkennung von Arbeitsmarkterfordernissen und Qualifikationsbedarf. Der Europäische Monitor für offene Stellen wird 2012 durch das EU-Kompetenzpanorama ergänzt, das aktualisierte Vorhersagen des Qualifikationsangebots und der Arbeitsmarktbedürfnisse bis 2020 liefern wird. Im Bereich der Anerkennung von Bildungsabschlüssen, Qualifikationen und Kompetenzen in der EU ist die Richtlinie über Berufsqualifikationen, die auch für außerhalb der EU erworbene Diplome gilt, ein Schlüsselinstrument für die Mobilität innerhalb der EU. Heutzutage sind nicht aus der EU stammende Wanderarbeitnehmer sehr häufig dem großen Problem des „Brain-Waste“, der Beschäftigung unterhalb ihres Qualifikationsniveaus, ausgesetzt, gegen das weiter vorgegangen werden muss.

Was die Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen betrifft, so werden für EU-Bürger, die innerhalb der EU den Wohnort wechseln, durch die Regeln zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit die Nachteile beseitigt und die erworbenen Rechte geschützt. Dies gilt in Fällen mit grenzüberschreitender Dimension auch für alle Drittstaatsangehörigen, die sich legal in der EU aufhalten. Der Rat nahm im Oktober 2010 sechs Beschlüsse über den Standpunkt der EU im Hinblick auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mit Algerien, Marokko, Tunesien, Kroatien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien bzw. Israel an. Nach der förmlichen Annahme dieser Beschlüsse durch die Assoziationsräte wird die EU über eine Regelung für eine begrenzte externe Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verfügen, die sowohl für EU-Staatsangehörige als auch für Staatsangehörige dieser sechs Länder gilt, die in die EU ziehen bzw. aus der EU wegziehen. Außerdem wird mit der Annahme der „Single-Permit-Richtlinie“ sichergestellt, dass alle unter deren Geltungsbereich fallenden Wanderarbeitnehmer ihre erworbenen Rentenansprüche bei Umzug in ein Nicht-EU-Land zu denselben Bedingungen und in derselben Höhe wie Staatsangehörige der betreffenden Mitgliedstaaten übertragen lassen können.

Da die Mobilität von Drittstaatsangehörigen mit der gemeinsamen EU-Visumpolitik für Kurzaufenthalte eng zusammenhängt, sollten alle Möglichkeiten im Rahmen des Visakodexes ausgeschöpft werden, um die Verfahren zu vereinfachen und die Transparenz zu erhöhen. Die Schengen-Zusammenarbeit vor Ort und eine bessere konsularische Präsenz in Nicht-EU-Ländern dürften die Qualität des Leistungsangebots verbessern. Künftige Neuausrichtungen der EU-Visumpolitik sollten den im Rahmen der EU-Dialoge erzielten greifbaren Fortschritten Rechnung tragen. Außerdem sollte intensiver darauf hingewirkt werden, die Vergabe von Forschungsbeihilfen, Stipendien- und Praktikantenprogramme sowie die Erteilung der benötigten Visa und/oder Aufenthaltstitel für die betreffenden Forscher stärker zu koordinieren.

Der Austausch praktischer Informationen in Bezug auf die Einstellung, Anerkennung außerhalb der EU erworbener Qualifikationen, bessere Ausrichtung des Profils der Arbeitskräfte auf die Arbeitsmarkterfordernisse und die Arbeitsvermittlung sollte erleichtert werden, indem die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Arbeitsverwaltungen in den Mitgliedstaaten verstärkt und die Zusammenarbeit zwischen diesen Verwaltungen und anderen Arbeitsvermittlungsstellen wie privaten Agenturen und Branchenorganisationen in den EU-Mitgliedstaaten gefördert wird. Dabei sollten die Anstrengungen zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen berücksichtigt werden, die unter der Federführung der Europäischen Stiftung für Berufsbildung (ETF) und des ENIC-NARIC-Netzes im Hinblick auf die Durchführung des Lissabonner Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen bereits unternommen wurden.

Eine größere Mobilität von Studierenden und Forschern aus Drittländern könnte auch eine vielversprechende Option darstellen, den Arbeitsmarkterfordernissen in Europa gerecht zu werden, wenn einem Teil der Studierenden nach Abschluss ihres Studiums die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglicht würde. Unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und ihrer Maßnahmen zur Bekämpfung der Abwanderung von Fachkräften, zum Beispiel durch zirkuläre Migration, könnte diese Möglichkeit weiter geprüft werden. So könnten insbesondere die bestehenden Mobilitätspartnerschaften zur Förderung und Erleichterung von Austauschmaßnahmen, die aktuellen internationalen Mobilitätsprogramme und ab 2014 das künftige Gesamtprogramm für allgemeine Bildung, Berufsbildung und Jugend und „Horizont 2020“ (das künftige Rahmenprogramm für Forschung und Innovation) besser genutzt werden. Die Einrichtung von institutionellen Netzen und Partnerschaften zwischen Hochschulen in EU-Mitgliedstaaten und prioritären Partnerländern sollte gefördert werden, damit die Lehrpläne und Zulassungsverfahren besser auf die Arbeitsmarkterfordernisse in der EU und den Partnerländern abgestimmt werden. Die EU sollte die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, weitere bilaterale Abkommen zur Förderung der Jugendmobilität zu schließen und solche Abkommen auch den Ländern in Aussicht zu stellen, mit denen eine Mobilitätspartnerschaft besteht.

Im Rahmen von Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsamen Agenden sollten spezielle Migrations- und Mobilitäts-Ressourcenzentren (Migration and Mobility Resource Centres – MMRC) in den Partnerländern eingerichtet werden. Ausgehend von den Erfahrungen mit der Mobilitätspartnerschaft zwischen der EU und Moldau und dem CIGEM in Mali sollten diese Zentren bei den entsprechenden nationalen Behörden oder Arbeitsvermittlungsstellen angesiedelt werden.[18] Die Zentren sollten sich auf die Bedürfnisse der Migranten konzentrieren und (1) als zentrale Anlaufstelle für Personen dienen, die hinsichtlich der Anerkennung ihrer Qualifikationen, des Erwerbs weiterer Kompetenzen und der auf nationaler oder regionaler Ebene oder in der EU erforderlichen Kompetenzen Informationen und Unterstützung benötigen, und (2) Maßnahmen zur Vorbereitung der Migration, der Rückkehr und der Wiedereingliederung anbieten. Das EU-Zuwanderungsportal könnte dabei ebenfalls eine nützliche Informationsquelle darstellen. Die MMRC sollten den einschlägigen Behörden in den Partnerländern und den EU-Mitgliedstaaten, einschließlich der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, dabei helfen, das Profil der Arbeitskräfte besser auf die Arbeitsmarkterfordernisse auszurichten und positive Entwicklungen zu unterstützen. Mittelfristig sollten diese Zentren auch mit den gemeinsamen Visumantragstellen und den EU-Delegationen vernetzt werden, um die Visumverfahren für bestimmte Gruppen von Drittstaatsangehörigen zu verbessern und zu vereinfachen.

Das Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen sollte durch Migrationsexperten erweitert werden, darunter von den Mitgliedstaaten in die EU-Delegationen abgeordnete nationale Sachverständige, die Migrationsangelegenheiten aus einem breiteren, umfassenderen politischen Blickwinkel heraus verfolgen können als dies normalerweise bei Konsularstellen der Fall ist. Jede Möglichkeit zur Beteiligung von EU-Einrichtungen an einem solchen Informationsaustausch und an einer engeren Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern sollte ergriffen werden.

Empfehlungen

Im Rahmen der ersten Säule sollte der GAMM schwerpunktmäßig auf folgende Prioritäten ausgerichtet sein:

· Gezielte Mobilitätsangebote für junge Menschen, Studierende, Künstler und Kulturschaffende, Forscher und Akademiker in Form von zusätzlichen Stipendien, Stipendien- und Praktikantenprogrammen und Abkommen zur Förderung der Jugendmobilität. Verpflichtung zur vollständigen Anwendung und gegebenenfalls zur Änderung der Richtlinien über Forscher und Studierende.

· Vollständige Anwendung und eventuell Änderung des Visakodexes, um die Schengen-Zusammenarbeit vor Ort zu verbessern und – gegebenenfalls durch Einrichtung gemeinsamer Visumantragstellen – die konsularische Präsenz zu verstärken.

· Partnerschaften zwischen Hochschul- und Berufsbildungseinrichtungen zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und grenzüberschreitender Austauschmaßnahmen zur Angleichung von Lehrplänen, Befähigungsnachweisen und Qualifikationen und Gewährleistung ihrer effizienten Anerkennung (durch wirksame Qualitätssicherung, vergleichbare und konsequente Nutzung von Transparenzinstrumenten der EU und Verknüpfung der Qualifikationen mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen) im Hinblick auf die langfristige Verbesserung der Komplementarität der Arbeitsmärkte.

· Auf EU-Ebene Ermutigung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, die Einstellungsverfahren zu kontrollieren und bewährte Verfahren zur Schaffung eines Ausgleichs zwischen Arbeitskräfteangebot und –nachfrage zwischen den Mitgliedstaaten, entsprechenden Stellen in Partnerländern und anderen Akteuren auszutauschen.

· Im Rahmen von Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsamen Agenden Einrichtung spezieller Migrations- und Mobilitäts-Ressourcenzentren in den Partnerländern. Auf der Grundlage der über das EU-Zuwanderungsportal verfügbaren Informationen Erleichterung von Maßnahmen zur Vorbereitung der Migration, die schwerpunktmäßig einer besseren Ausrichtung des Profils der Arbeitskräfte auf die Arbeitsmarkterfordernisse, dem Erwerb weiterer Kompetenzen und dem Erlernen von EU-Sprachen dienen, in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, EU-Einrichtungen und sonstigen Akteuren.

Zweite Säule: Verhinderung und Eindämmung der irregulären Migration und des Menschenhandels

Die Legitimität jedes Rahmens für Migration und Mobilität hängt von einem wirksamen Vorgehen gegen die irreguläre Migration ab. Eine sichere Migration wird von denjenigen untergraben, die außerhalb des Rechtsrahmens agieren. Die Zusammenarbeit innerhalb der EU ist von entscheidender Bedeutung; daher sollten die Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern verstärkt werden, um sicherzustellen, dass die Mobilität und die Migration in geordneten Bahnen verlaufen.

Die Migration und die Mobilität sind in den allgemeineren politischen, wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Kontext eingebettet. Ein umfassendes Sicherheitsverständnis bedeutet, dass die irreguläre Migration auch in Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität und einem Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit sowie als Folgeerscheinung von Korruption und unzureichenden Regelungen zu betrachten ist.

Die EU sollte dem Transfer von Know-how, Kapazitäten und Ressourcen an ihre Partner weiterhin Vorrang einräumen, um Menschenhandel, Menschenschmuggel und irreguläre Migration zu verhindern und zu bekämpfen; des Weiteren sollte auch künftig der Ausbau des integrierten Grenzmanagements auf der Prioritätenliste der EU stehen. Innerhalb der EU sollte für die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie und der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber gesorgt werden; gleichzeitig sollten in engerer Abstimmung mit Partnern außerhalb der EU flankierende Maßnahmen getroffen werden.

Der Schutz der Menschenrechte aller Migranten während des gesamten Migrationsprozesses sollte zum Gegenstand des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Partnern gemacht werden. So sollte gegen skrupellose Arbeitgeber vorgegangen und es sollten Maßnahmen getroffen werden, um Straftaten und Menschenrechtsverletzungen gegenüber Migranten zu verhindern und zu verfolgen. Es sollte dafür Sorge getragen werden, dass Migranten in den Auffanglagern menschenwürdige Lebensbedingungen vorfinden und es nicht zu willkürlichen oder unbefristeten Ingewahrsamnahmen kommt. Im Zusammenhang mit der Unsetzung des Aktionsplans von 2010 sollte ein besonderes Augenmerk auf unbegleiteten Minderjährigen liegen.

Die Möglichkeit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Agentur Frontex mit Nicht-EU-Behörden sollte voll ausgeschöpft werden. Die Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen sollten den Informationsaustausch mit entsprechenden Stellen auf weitere Partnerländer ausdehnen. Es bedarf einer engeren Zusammenarbeit der einschlägigen EU-Einrichtungen[19], die einen besseren Informationsaustausch über Migration und organisierte Kriminalität ermöglichen wird.

Zunehmend zeigt sich, dass Dokumentensicherheit und Identitätsdiebstahl Themen sind, bei denen eine engere Zusammenarbeit von gegenseitigem Nutzen sein könnte. Vielreisenden (Geschäftsleuten, Regierungsbeamten, Studierenden und Forschern) aus Nicht-EU-Partnerländern, die biometrische Reisedokumente eingeführt und die Dokumentensicherheit erhöht haben, könnte ein leichterer Zugang zur EU angeboten werden. Die in Kürze erwarteten Kommissionsvorschläge zu intelligenten Grenzen, einschließlich eines Einreise‑/Ausreisesystems und eines Registrierungsprogramms für Reisende, dürften solchen Entwicklungen den Weg ebnen.

Wenn Rückübernahmeabkommen und Visaerleichterungsabkommen im Rahmen der auswärtigen Migrationspolitik der EU miteinander verknüpft werden, kann dies Nicht-EU-Ländern insofern zugutekommen, als sich ihrer Bevölkerung Mobilitätschancen bieten, während gleichzeitig die Sicherheit gewährleistet ist und die Risiken irregulärer Migration eingedämmt werden. Rückübernahme und Rückführung sollten fest in dem weiter gefassten Gesamtansatz verankert werden. Die Kommission wird länderspezifische Initiativen zur Überwachung von Rückführungen fördern.

Die EU-Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem Prävention, Strafverfolgung und Opferschutz im Mittelpunkt stehen. Diese integrierte Sichtweise schlägt sich in einer auf die Menschenrechte und die Lage der Opfer ausgerichteten Vorgehensweise nieder, die auch der Geschlechterperspektive Rechnung trägt. Ziel ist es, den Menschenhandel zu verhindern und Menschen, die in sklavereiähnliche Verhältnisse geraten sind, die Chance zu geben, aus dieser Lage herauszukommen und wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Rates[20] wird die Bekämpfung des Menschenhandels auch künftig systematisch in einschlägige EU-Abkommen und strategische Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern und darüber hinaus in jeden politischen Dialog über Migration und Mobilität aufgenommen. Es wird wichtig sein, Akteure aller einschlägigen Politikbereiche einzubeziehen (Multi-Stakeholder-Ansatz). Der Kapazitätsaufbau wird von zentraler Bedeutung sein; dies gilt auch für die Einhaltung einschlägiger internationaler Standards und insbesondere für die Ratifizierung und Durchführung des UN-Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und der zugehörigen Protokolle gegen den Menschenhandel und die Schleusung von Migranten. Die (für 2012 geplante) neue integrierte Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels wird eine stärkere Koordinierung und ein kohärenteres Vorgehen der Beteiligten ermöglichen.

Empfehlungen

Im Rahmen der zweiten Säule sollte der GAMM schwerpunktmäßig auf folgende Prioritäten ausgerichtet sein:

· Transfer von Know-how, Kapazitäten und Ressourcen an Partner zur Prävention und Bekämpfung von Menschenhandel, Menschenschmuggel und irregulärer Migration, zur Sicherstellung der Rückkehr und der Rückübernahme sowie zum Ausbau des integrierten Grenzmanagements.

· Zusammenarbeit im Bereich Dokumentensicherheit im Hinblick auf Visaerleichterungen für Vielreisende aus prioritären Partnerländern.

· Initiativen zum besseren Schutz und zur Stärkung der Stellung von Opfern des Menschenhandels.

· In enger Zusammenarbeit mit den Partnern sorgfältige Überwachung der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie und der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber durch die EU-Mitgliedstaaten.

· Strategische Nutzung der neuen Aktionsmöglichkeiten der Agentur Frontex und umfassenderer themenbezogener Informationsaustausch zwischen den EU-Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen und entsprechenden Stellen in weiteren Partnerländern.

Dritte Säule: Förderung des internationalen Schutzes und der externen Dimension der Asylpolitik

Die EU muss sich solidarischer mit Flüchtlingen und Vertriebenen zeigen; die entsprechenden Anstrengungen sollten fester Bestandteil des GAMM sein. Die EU sollte die Zusammenarbeit mit den betreffenden Nicht-EU-Ländern intensivieren, um deren Asylsysteme und innerstaatlichen Asylvorschriften zu stärken und die Einhaltung internationaler Standards zu gewährleisten. Damit könnten diese Länder in die Lage versetzt werden, Asylsuchenden und Vertriebenen, die in einem Konfliktgebiet oder einer Region, in der sie verfolgt werden könnten, bleiben, einen besseren internationalen Schutz zu bieten. Die EU sollte ihre Partnerländer ermutigen, diesen Aspekt bei Bedarf in ihre nationalen Armutsbekämpfungsstrategien einzubeziehen. Im Einklang mit dem Stockholmer Programm von 2009, wonach die externe Dimension des Asyls gefördert werden muss, um wirksamer zur Lösung lang andauernder Flüchtlingssituationen beizutragen, sollten diese Strategien gegebenenfalls auch den Beziehungen zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen und der örtlichen Bevölkerung Rechnung tragen.

Außerdem sollte die EU Nicht-EU-Länder ermutigen, sich mit der Problematik der Staatenlosen, die eine besonders schutzbedürftige Gruppe darstellen, auseinanderzusetzen und etwas gegen die Staatenlosigkeit zu unternehmen. Sie sollte die Entwicklung eines internationalen Rechtsrahmens für Binnenvertriebene, eine weitere besonders schutzbedürftige Gruppe, stärker vorantreiben.

Die EU sollte in der Zusammenarbeit mit ihren Partnern darauf hinwirken, dass internationaler Schutz und Entwicklung besser miteinander verknüpft werden. Ferner sollten die Konzepte und Instrumente im Hinblick auf einen besseren Übergang von humanitärer Hilfe zu Entwicklungshilfe weiterentwickelt werden.

Die asylpolitischen Rahmenbedingungen und die Schutzkapazitäten in Nicht-EU-Ländern müssen verbessert werden. Dies ist durch eine weitergehende Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern, unter anderem im Rahmen der regionalen Schutzprogramme (RPP), zu erreichen. Das RPP in Nordafrika, das Ägypten, Tunesien und Libyen einbezieht, sei hierfür beispielhaft genannt.

Das EASO sollte schrittweise stärker in den Aufbau von Asylkapazitäten in Nicht-EU-Ländern eingebunden werden; unter anderem sollte es bei Neuansiedlungsmaßnahmen Unterstützung leisten.

Die RPP sollten als Schlüsselinstrument dieser neuen Säule gefördert werden, da sie bislang nicht ausreichend genutzt wurden. Die vorhandenen RPP sollten gestärkt und es sollten gegebenenfalls weitere RPP vorgeschlagen werden, unter anderem im Rahmen der EU-Migrationsdialoge mit den betreffenden Regionen und Ländern. Die RPP sollten weiterhin schwerpunktmäßig auf den Aufbau der Schutzkapazitäten und Asylsysteme in Partnerländern und –regionen abstellen. Die Entwicklungsprogramme für Flüchtlinge und Binnenvertriebene sowie die Programme zur Minderung des Katastrophenrisikos in den betreffenden Regionen sollten fortgeführt und erforderlichenfalls im Einklang mit den RPP sowie ergänzend zu ihnen erweitert werden. Jedes RPP sollte durch eine stärkere Neuansiedlungskomponente als Zeichen der internationalen Solidarität und als Schlüsselinstrument zur Verbesserung des Zugangs zu dauerhaften Lösungen in der EU ergänzt werden.

Für viele besonders schutzbedürftige Flüchtlinge bleibt die Neuansiedlung die einzige praktikable dauerhafte Lösung. Vor diesem Hintergrund hat die EU ein „Gemeinsames Neuansiedlungsprogramm der EU“ ausgearbeitet, das darauf abzielt, die Neuansiedlung in Europa unter stärkerer Berücksichtigung strategischer Gesichtspunkte voranzutreiben. In der EU sollten mehr Neuansiedlungsplätze angeboten und Verfahrensgarantien für die Bearbeitung von mehr Neuansiedlungsfällen in den Erstasylländern festgelegt werden. Dies setzt die Bereitstellung weiterer Finanzmittel, die Bestimmung der Verfahren und bessere logistische und technische Kapazitäten voraus.

Empfehlungen

Im Rahmen der dritten Säule sollte der GAMM schwerpunktmäßig auf folgende Prioritäten ausgerichtet sein:

· Regionale Schutzprogramme (RPP) zur Stärkung der Schutzkapazitäten und Asylsysteme der Partnerländer und –regionen.

· Unterstützung durch das EASO beim Aufbau von Asylkapazitäten in Nicht-EU-Ländern, beispielsweise in Form von Unterstützung für Neuansiedlungsmaßnahmen.

· Mehr Neuansiedlungen in der EU in Zusammenarbeit mit den Partnern.

· Verstärkte Anstrengungen zur Lösung lang andauernder Flüchtlingssituationen, einschließlich gezielter Hilfe für Vertriebene.

Vierte Säule: Maximierung der Auswirkungen von Migration und Mobilität auf die Entwicklung

Die EU und die Völkergemeinschaft haben beträchtliche Anstrengungen unternommen, um den vorteilhaften Einfluss der Migration auf die Entwicklung zu verstärken. Bei der Förderung der positiven Auswirkungen von Heimatüberweisungen und freiwilligen Initiativen der Diaspora wurden große Fortschritte erzielt. Allerdings müssen die negativen Folgen wie die Abwanderung von Fachkräften, die sozialen Kosten und die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitsmärkten ebenfalls in partnerschaftlicher Zusammenarbeit angegangen werden. Die Verfahren für die Inanspruchnahme der nur begrenzten Möglichkeiten zur legalen Migration sind häufig nicht transparent und zu bürokratisch. Daher suchen viele Migranten ihre Zuflucht bei inoffiziellen Vermittlern, die oftmals Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben. Diese Migranten sind zum einen mehr Risiken ausgesetzt und laufen Gefahr, missbraucht und ausgebeutet zu werden, zum anderen bleibt ihnen weniger Geld, um Ersparnisse zu bilden.

Die inter- und die intraregionale Migration in Entwicklungsregionen übersteigt bei Weitem die Migration in die EU. Diese „Süd-Süd-Migration“ bietet den Migranten oftmals Vorteile in Form von besseren Arbeitsmöglichkeiten und höheren Einkommen als in ihrer Heimat. Doch auch hier sehen sich viele Migranten mit Ausbeutung, Missbrauch und Betrug konfrontiert. Wenn sie nicht hinreichend informiert sind, geraten sie leicht in die Fänge von unlauteren Anwerbern, Vermittlern, Arbeitgebern oder von Netzwerken der organisierten Kriminalität. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Informationen und Unterstützungsmaßnahmen zum Schutz der Rechte von Migranten bereitgestellt werden. Die EU kann Migranten dabei helfen, vorschriftsgemäß zu migrieren und die Ressourcen und Kompetenzen, die in ihren Herkunftsländern häufig dringend benötigt werden, dorthin mit zurückzubringen.[21]

Die EU und ihre Partnerländer sind einen großen Schritt in Richtung billigere, transparentere, wettbewerbsfähigere und zuverlässigere Geldtransferdienstleistungen vorangekommen. Die Halbjahresberichte zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung haben dazu beigetragen, ein alle Bereiche einbeziehendes Handeln der EU zu fördern. Diaspora-Verbänden wurde die Beteiligung an der Entwicklung ihres Herkunftslandes erleichtert. So wurde kürzlich die Einrichtung einer EU-weiten Diaspora-Plattform unterstützt. Ein stärkeres Engagement von Diaspora- und Migrantengruppen kann auch zur Verwirklichung des Ziels des neuen Gesamtansatzes beitragen, die Migrantenrechte systematischer anzugehen und die Stellung der Migranten zu stärken.

Aufgrund der Unterstützung des WHO-Verhaltenskodexes für die grenzüberschreitende Anwerbung von Gesundheitsfachkräften sind die Anstrengungen, mit denen der Abwanderung von Fachkräften („Brain-Drain“) Einhalt geboten werden soll, vorangekommen. Die EU sollte die Bestrebungen der Mitgliedstaaten zur Erleichterung der zirkulären Migration von Gesundheitspersonal fördern, damit Fähigkeiten und Kenntnisse erworben werden können, die sowohl den Herkunfts- als auch den Zielländern zugutekommen. Gleichzeitig wird den Mitgliedstaaten mit der Richtlinie über die Blaue Karte der EU ein Instrument an die Hand gegeben, um bei der Anwerbung ethische Gesichtspunkte zu berücksichtigen und Anträge gegebenenfalls abzulehnen. Außerdem kann die Kommission die Anwendung der Richtlinie daraufhin überwachen, dass der „Brain-Drain“ eingedämmt wird.

Die EU sollte die Partnerländer stärker beim Kapazitätsaufbau unterstützen. Bei den nationalen migrations- und entwicklungspolitischen Maßnahmen sollte für eine bessere Abstimmung und Kohärenz gesorgt werden. Zudem sollten diese Maßnahmen stärker an die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie an die Bildungs-, Gesundheits- und Wohnungspolitik gekoppelt werden. Die mitunter zu optimistische Debatte über das Win-Win-Potenzial muss ausgewogener geführt werden, indem die negativen Folgen der Migration, insbesondere deren soziale Kosten und die Gefahr, dass Haushalte zunehmend auf Einnahmen aus Heimatüberweisungen angewiesen sind, ernst genommen werden. Die Partnerregierungen könnten von der EU – unter angemessener Berücksichtigung der einschlägigen Befugnisse der Mitgliedstaaten – bei der Festlegung nationaler Rahmenbedingungen für den Transfer und die Übertragbarkeit ausländischer Rentenansprüche unterstützt werden.

Eine erfolgreiche Einbeziehung der Migrationsfrage in das Entwicklungsdenken setzt voraus, dass sie zu einem festen Bestandteil einer ganzen Reihe von Politikbereichen (Landwirtschaft, Gesundheit, Bildung usw.) gemacht wird. Gleichzeitig sollten gezielte migrationsbezogene Initiativen gefördert werden. Sowohl in der EU als auch in den Partnerländern sollten die einschlägigen Akteure stärker für die Bedeutung von Migrationsaspekten für die Entwicklung sensibilisiert werden. So sollten die Herausforderungen der intraregionalen Migration in den GAMM einbezogen werden, damit die möglicherweise positive Wirkung der Migration im Rahmen der regionalen Zusammenarbeit und Entwicklung richtig ermittelt und gefördert werden kann. Die Partnerländer sollten ebenfalls besser darüber informiert werden, inwieweit im Rahmen der Nationalen Richtprogramme, in denen ihre Entwicklungszusammenarbeit mit der EU festgelegt wird, Entwicklungshilfe-Finanzmittel für migrationsbezogene Initiativen vorgesehen werden können. Im Rahmen der Entwicklungspolitik sollten diese Zusammenhänge weiter vertieft werden.

Eine positive Wirkung auf die Politikkohärenz haben auch erweiterte Migrationsprofile, von denen zunehmend Gebrauch gemacht wird, um eine bessere und nachhaltigere Beweisgrundlage für die Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung zu schaffen. Unter Einbeziehung aller an einem länderspezifischen Prozess beteiligten Akteure sollen Datenlücken und ‑erfordernisse in Bezug auf folgende Aspekte ermittelt und geschlossen werden: aktuelle Migrationsmuster, Arbeitsmarkttrends, Rechtsvorschriften und politische Vorgaben, Informationen zu Überweisungsströmen und Diaspora-Gemeinschaften sowie andere entwicklungsbezogene Daten. Die Verantwortung hierfür sollte bei dem jeweiligen Partnerland liegen und die Nachhaltigkeit sollte durch einen angemessenen Kapazitätsaufbau gewährleistet werden.

Empfehlungen

Im Rahmen der vierten Säule sollte der GAMM schwerpunktmäßig auf folgende Prioritäten ausgerichtet sein:

· Förderung des WHO-Verhaltenskodexes für die grenzüberschreitende Anwerbung von Gesundheitsfachkräften und Überwachung der Anwendung der Richtlinie über die Blaue Karte der EU, um der Abwanderung von Fachkräften Einhalt zu gebieten.

· Prüfung der Möglichkeiten zur Schaffung von Diaspora-Anlageinstrumenten, die die freiwilligen Beiträge der Diaspora kanalisieren könnten, und Bereitstellung weiterer EU-Ressourcen, um entwicklungsorientierte Initiativen und Investitionen in prioritären Ländern, zum Beispiel im südlichen Mittelmeerraum, zu fördern.

· Öffentlich-private Partnerschaften zur Einbeziehung zugewanderter Unternehmer und von Migranten betriebener KMU in den Handel, die Investitionstätigkeit und den Know-how-Transfer zwischen EU-Mitgliedstaaten und Partnerländern.

· Prüfung der Zweckmäßigkeit eines jährlichen Forums für Heimatüberweisungen und Abgabe von Empfehlungen bis Ende 2012 auf der Grundlage einer Studie über die Realisierbarkeit eines gemeinsamen EU-Portals für Heimatüberweisungen.

· Unterstützung der Partnerländer bei der Ermittlung und Kontrolle von Bona-fide-Personalvermittlern zur Stärkung der Stellung der Migranten insbesondere im Hinblick auf die Erleichterung der zirkulären Migration.

6. Finanzierung und Monitoring

Der Gesamtansatz kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die geografischen und die thematischen Finanzierungsinstrumente sind nach wie vor von grundlegender Bedeutung für die auswärtige Zusammenarbeit und müssen auf der Grundlage der Erkenntnisse aus beispielsweise dem thematischen Programm zu Migration und Asyl (2007-2013) umfassend und kohärent eingesetzt werden. Die Programmierungs- und Mittelzuweisungsmodalitäten der EU-Außenhilfeinstrumente sollten weiterhin bei der Verfolgung der übergeordneten Ziele dieser Instrumente nach den für sie geltenden Bestimmungen auch den Zielsetzungen des Gesamtansatzes Rechnung tragen.

Im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Komplementarität sollten nicht nur aus diesen Außenhilfeinstrumenten, sondern auch aus dem künftigen Asyl- und Migrationsfonds der EU und dem Fonds für die innere Sicherheit (insbesondere im Bereich Grenzmanagement) Finanzmittel für den GAMM bereitgestellt werden können. Besondere Bedeutung kommt diesen Mitteln bei Aktivitäten zu, die vor allem im EU-Interesse liegen, aber in einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden. Um Überschneidungen zu vermeiden, sollen sie daher im Einklang mit außenpolitischen Erwägungen und/oder entwicklungspolitischen Zwecken für spezifische Aktivitäten verwendet werden, die die durch geografische oder sonstige Instrumente finanzierten Maßnahmen ergänzen.

Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin direkte Beiträge zur Finanzierung des Gesamtansatzes leisten, beispielsweise wenn sie den Gesamtansatz in ihrer bilateralen Zusammenarbeit anwenden, wenn sie sich im Rahmen regionaler Prozesse engagieren und wenn sie sich an Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsamen Agenden mit prioritären Partnern beteiligen. Auch wenn die Beziehungen zwischen der EU und den Partnerregierungen das Kernstück des GAMM bilden, trägt die Zivilgesellschaft ebenfalls maßgeblich zur Umsetzung spezifischer Initiativen bei. Ihre Rolle sollte sich daher in den finanziellen und vertraglichen Vereinbarungen widerspiegeln.

Im Übrigen muss der GAMM wirksam umgesetzt werden und sollte ein Monitoring-Verfahren umfassen. Ab Juni 2013 sollte alle zwei Jahre ein GAMM-Bericht angenommen werden, der sich auf Angaben der Mitgliedstaaten, der EU-Delegationen, der EU-Einrichtungen und der Partnerländer stützt und für dessen Vorlage die Kommission gemeinsam mit dem EAD die Verantwortung trägt.

In dem Bericht soll geprüft werden, inwieweit die in dieser Mitteilung dargelegten politischen Ziele erreicht worden sind. Gegenstand des Berichts werden alle wichtigen Dialog- und Kooperationsprozesse der EU sein. Bewertet werden die bei den vier Säulen des GAMM und den eingesetzten Instrumenten erzielten Fortschritte. Dazu wird eine vergleichende Bewertungsmethode angewandt, mit der sich die im Laufe der Zeit eingetretenen Veränderungen aufzeigen lassen. Der Bericht wird Auskunft darüber geben, ob und inwieweit die Ziele erreicht worden sind, und Empfehlungen enthalten. Zu den Fortschritten bei den verschiedenen Dialogen, Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsamen Agenden sollten systematisch Informationen erhoben und verbreitet werden, unter anderem auf einer eigens dazu eingerichteten GAMM-Website (mit einer öffentlichen und einer EU-internen Schnittstelle, wobei auch die Schaffung eines Netzes von EU-Anlaufstellen ins Auge gefasst werden sollte). Zu diesem Zweck könnte ein spezielles GAMM-Unterstützungsprojekt ins Leben gerufen werden.

Empfehlungen

· Der GAMM sollte weiterhin durch eine Kombination sich gegenseitig ergänzender Finanzierungsinstrumente unterstützt werden, die sowohl von der EU als auch von ihren Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.

· Auf EU-Ebene sollten diese Instrumente die geografischen und thematischen Außenhilfeinstrumente, den künftigen Asyl- und Migrationsfonds und den künftigen Fonds für die innere Sicherheit umfassen.

· Zur Gewährleistung der Transparenz und im Hinblick auf eine bessere Umsetzung sollten die Ergebnisse des GAMM in einem alle zwei Jahre vorzulegenden Fortschrittsbericht aufgezeigt und über eine eigens dazu eingerichtete Website weiterverbreitet werden.

Schlussfolgerungen

Die EU sieht sich im Bereich Migration und Mobilität einer Vielzahl von Herausforderungen und Chancen gegenüber. Damit in der EU der Wohlstand wächst, muss sie ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, Talente anlocken und Investitionsanreize schaffen. Damit die Mobilität unter sicheren Rahmenbedingungen stattfinden kann, muss die EU den Dialog und die Zusammenarbeit mit als prioritär eingestuften Partnerländern in der EU-Nachbarschaft und in weiterer Entfernung fortsetzen. Um Schutzbedürftigen internationalen Schutz zu bieten und die Auswirkungen der Migration und der Mobilität auf die Entwicklung der Partnerländer zu verbessern, muss die EU in Bezug auf die „Global Governance“ eine Führungsrolle übernehmen.

Die Kommission ist zuversichtlich, dass die in dieser Mitteilung erläuterten politischen Vorschläge und konkreten Maßnahmen es der EU und ihren Mitgliedstaaten ermöglichen werden, diese Herausforderungen in Angriff zu nehmen.

Ausgehend von dem umfassenden Politik- und Rechtsrahmen für Migration und Mobilität, den die Kommission in ihren Mitteilungen vom 4. und 24. Mai 2011 dargelegt hatte, und der sechsjährigen Erfahrung mit der Umsetzung des vorherigen Ansatzes sollte die EU nach Ansicht der Kommission nun Überlegungen dazu anstellen, wie dieser Ansatz als übergeordneter Rahmen für die auswärtige Migrationspolitik der EU konsolidiert werden kann. In diesem Sinne sollte der Gesamtansatz zu einem festen Bestandteil der allgemeinen Außenpolitik der EU, einschließlich der Entwicklungszusammenarbeit, gemacht und besser auf die internen politischen Prioritäten der EU abgestimmt werden. Wie im Vertrag von Lissabon vorgesehen muss die EU mit einer Stimme sprechen, auch im Bereich der auswärtigen Migrationspolitik.

Zur Strukturierung und Erleichterung dieses Prozesses benötigt die EU einen einvernehmlich festgelegten strategischen Rahmen, der klar, kohärent und leicht vermittelbar ist. Die EU wird nur dann für die Migrationsgovernance in Europa und der Welt gerüstet sein, wenn sie den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Partnerländern weiter ausbaut.

Nach Auffassung der Kommission stellt der neue EU-Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM) den strategischen Rahmen dar, der benötigt wird, um einen zusätzlichen Nutzen für die Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten in diesem Bereich zu bewirken. Mit diesem Ansatz lassen sich die Anliegen und Ziele der EU im Bereich Migration und Mobilität wirksamer und effizienter angehen als durch das alleinige Handeln der einzelnen Mitgliedstaaten. Er liefert wertvolle Unterstützung und Impulse für die einschlägigen bilateralen und nationalen Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Die Kommission, der EAD und die Mitgliedstaaten müssen eng zusammenarbeiten, um ein kohärentes Vorgehen innerhalb dieses gemeinsamen EU-Rahmens zu gewährleisten.

ANHANG

Schlussfolgerungen der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu Migration und Entwicklung

Eine der wichtigsten Prioritäten des GAMM wird auch künftig darin bestehen, die positiven Auswirkungen der Migration auf die Entwicklung der Partnerländer (sowohl der Herkunfts- als auch der Zielländer) zu optimieren und gleichzeitig ihre negativen Folgen zu begrenzen. Ein stärker auf die Migranten ausgerichteter Ansatz soll verfolgt werden, wobei die Verantwortung der Partnerländer für die Ausarbeitung geeigneter Maßnahmen nicht unterzubewerten ist. In Bezug auf die herkömmliche Agenda für Migration und Entwicklung wurden bislang zwar beachtliche Ergebnisse erzielt, es bleiben aber weitere Herausforderungen, die angegangen werden müssen.

Die Migration ist inzwischen fester Bestandteil einer Reihe nationaler und regionaler Entwicklungsstrategien. Mehrere Partnerländer und –regionen wurden bei der Entwicklung und Umsetzung eigener Migrationsstrategien, der Erhebung und Auswertung von Migrationsdaten sowie dem Aufbau der Kapazitäten einschlägiger Institutionen unterstützt. Die EU wird diese Anstrengungen zur Steuerung der Migration in einem kohärenten Entwicklungsrahmen unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten und Prioritäten weiterhin unterstützen.

Die entwicklungspolitischen Ziele finden in der Migrationspolitik der EU und ihrer Partnerländer immer stärker Berücksichtigung. Gleichzeitig tragen die Entwicklungsstrategien der migrationspolitischen Dimension zunehmend Rechnung. Die EU wird die Agenda für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung mit dem Ziel weiter fördern, etwaige Diskrepanzen in den Rechtsvorschriften und Maßnahmen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu ermitteln und zu beseitigen und die einschlägigen Kapazitäten und Mechanismen in Nicht-EU-Ländern zu verstärken.

Die EU als weithin anerkannter führender Akteur auf der internationalen Bühne setzt sich für die Schaffung kostengünstigerer und sichererer Wege für Heimatüberweisungen von Privatpersonen in die Entwicklungsländer ein und verstärkt so die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Entwicklung. Die Europäische Kommission hat eine Studie eingeleitet, um Erkenntnisse für neue Empfehlungen sowie über die Zweckmäßigkeit und Realisierbarkeit eines gemeinsamen EU-Portals für Heimatüberweisungen zu gewinnen. Weitere Anstrengungen zum Kapazitätsaufbau sollten unternommen werden, um die interessierten Partnerländer bei der Gestaltung ihrer Regelungsrahmen zu unterstützen; darüber hinaus sollten das Finanzwissen, neue Technologien und der Zugang zu Darlehen gefördert werden, um produktive Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen anzukurbeln. Ein (formelles oder informelles) jährliches Forum für Heimatüberweisungen könnte in Erwägung gezogen werden. In jedem Fall wäre ein intensiverer Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über die Projekte in Bezug auf Heimatüberweisungen erforderlich, um Doppelarbeit zu vermeiden und bewährte Praktiken zu ermitteln.

Die EU bemüht sich verstärkt darum, Diaspora-Gruppen in Europa, die sich an Entwicklungsprojekten in ihren Herkunftsländern beteiligen möchten, zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ähnliche Anstrengungen von Partnerländern trägt sie ebenfalls in zunehmendem Maße mit. Die EU wird weiterhin daran arbeiten, eine Datenbank zur Erfassung der Diaspora-Organisationen in den verschiedenen Mitgliedstaaten aufzubauen, um diese Organisationen umfassender in den Politikdialog einzubinden und Informationen zu verbreiten. Sie wird auch künftig ihren Beitrag zur Entwicklung zusätzlich untermauern und wird eine bessere Nutzung des Fachwissens und Know-hows ihrer Partner, vor allem zur Unterstützung von Unternehmern und KMU, anstreben. Des Weiteren wird die EU bewerten, wie sie besser zur Aufwertung der Fähigkeiten und Kenntnisse von Migranten in ihren Herkunftsländern beitragen kann und ob sie freiwillige Diaspora-Tätigkeiten und von Partnerländern eingerichtete Diaspora-Fonds unterstützen sollte.

Einige Fortschritte wurden bei der Bekämpfung der Abwanderung von Fachkräften („Brain-Drain“) – insbesondere im Gesundheitssektor – erzielt, doch ist die Unterstützung der Partnerländer in den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und menschenwürdige Arbeit eine wichtige Strategie, um die Attraktivität dieser Länder für hochqualifizierte Kräfte zu steigern. Die EU wird weiterhin Fälle analysieren, in denen es gelungen ist, Hochqualifizierte ins Land zu holen („Brain-Gain“); sie wird prüfen, wie erfolgreiche Beispiele Schule machen können und wie gegen die systematische Beschäftigung unterhalb des Qualifikationsniveaus („Brain-Waste“) vorgegangen werden kann. Die Thematisierung von Strategien, mit denen qualifizierte Kräfte im Land gehalten werden sollen, in den mit den Partnerländern geführten politischen Dialogen über Migration könnte eine der erwägenswerten Optionen sein.

Die zirkuläre Mobilität wurde durch verschiedene rechtliche Maßnahmen auf einzelstaatlicher und EU-Ebene und durch spezifische Projekte gefördert. Eine bessere Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen sollte als Schlüsselanreiz für die zirkuläre Migration und generell für die legale Arbeitskräftemobilität gefördert werden. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten weitere rechtliche Rahmenbedingungen festlegen, die Mehrfacheinreisegenehmigungen und Zeiten der Abwesenheit vom Land des vorübergehenden Aufenthalts vorsehen, so dass die Migration den Migranten, Herkunftsländern und Zielländern gleichermaßen einen maximalen Nutzen bringt.

Die EU will einen umfassenderen, über die traditionellen Maßnahmen hinausgehenden Rahmen zur Begleitung und zum Schutz der Migranten entlang ihrer Migrationsroute schaffen, wobei auch den sozialen Konsequenzen der Migration Rechnung zu tragen ist.

So sollen etwa die Folgen der Abwanderung aus bestimmten Herkunftsländern angegangen werden, insbesondere durch Verbesserung des Wissens über die negativen Auswirkungen für die zurückgelassenen Kinder und Familien, durch Reduzierung dieser Auswirkungen sowie durch Berücksichtigung der potenziellen negativen sozialen Folgen von Heimatüberweisungen für die Familien und Gemeinschaften. Die EU unterstützt auch zusätzliche Anstrengungen zur Förderung einer dauerhaften Rückkehr, einschließlich der Sicherung von Existenzgrundlagen und der Wiedereingliederung in den Arbeitmarkt der betreffenden Länder.

Dieser Ansatz beinhaltet den Schutz der Menschenrechte aller Transitmigranten, wobei der Schwerpunkt auf folgenden Maßnahmen liegt: Schutz besonders gefährdeter Migranten (unbegleitete Minderjährige, Asylbewerber, Opfer des Menschenhandels, „gestrandete“ Migranten usw.) und Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen; Unterstützung bei der Steigerung der Leistungsfähigkeit von Vollzugsbehörden und Stellen, die im weiteren Verlauf für die Migranten zuständig sind; Unterstützung beim Schutz von regulären wie auch irregulären Migranten vor Straftaten und Menschenrechtsverletzungen und bei der Prävention und Verfolgung solcher Akte und Gewährleistung menschenwürdiger Lebensbedingungen für Migranten in den Auffanglagern in Nicht-EU-Ländern.

Eine Schlüsselkomponente dieses Ansatzes besteht darin, die Anstrengungen zur besseren Integration der Migranten in den Zielländern zu verstärken, wobei Diaspora-Netze, Handel, Qualifikationen und Investitionen wichtige Faktoren sind. Das Wissen und die Maßnahmen in den Bereichen soziale Integration und Anpassung der Sozialpolitik (insbesondere der Gesundheits- und Bildungspolitik), Wirtschafts- und Arbeitsintegration sowie Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und sozialer Ausgrenzung müssen verbessert werden. In dieser Hinsicht sollten die besonderen Bedürfnisse von Zwangsmigranten im Rahmen der Entwicklungspolitik von Nicht-EU-Ländern generell berücksichtigt werden.

Um die operative Zusammenarbeit effizienter zu gestalten und diese Ziele zu erreichen, werden Anstrengungen zur Unterstützung der EU-Delegationen unternommen, unter anderem Durchführung spezifischer Schulungen und Wissens- und Erfahrungsaustausch über Migration sowie bessere Koordinierung und Mobilisierung der verfügbaren Finanzierungsinstrumente der EU, einschließlich eines intensiveren Austauschs mit den Mitgliedstaaten über deren eigene Migrations- und Entwicklungsprojekte.

Die von der Kommission in letzter Zeit durchgeführten Konsultationen haben bestätigt, dass die Partnerländer hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Entwicklung und Migration mit einer wesentlich komplexeren Realität und mit viel größeren Herausforderungen konfrontiert sind als dies bisher in der Politik berücksichtigt wurde.

Die Migration hat erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Nicht-EU-Ländern. Manche Regierungen haben ihr Modell für die wirtschaftliche Entwicklung zum Teil auf die Zu- oder Abwanderung gestützt, ohne die wirtschaftlichen und sozialen Kosten und Konsequenzen oder den voraussichtlichen Beitrag zu Wachstum und nachhaltiger Entwicklung zu berücksichtigen. Zahlreiche Nicht-EU-Länder sind mit Migrationsströmen konfrontiert, die ihre Wirtschaft grundlegend beeinflussen, haben jedoch kein strukturiertes, zielorientiertes politisches Konzept. Häufig mangelt es an Bewusstsein für die Synergien und Interdependenzen zwischen der Migrationspolitik und der Politik in anderen Bereichen wie der heimischen Beschäftigungspolitik oder in Bezug auf Handelsabkommen. Häufig wird außer Acht gelassen, inwieweit sich manche staatliche Maßnahmen auf die Migrationsmuster auswirken. Im Falle von Krisen oder Konflikten sind Schwankungen der Migrationsströme schwer zu bewältigen und könnten Volkswirtschaften destabilisieren und den sozialen Zusammenhalt schwächen. Das Vorherrschen des informellen Sektors in vielen Entwicklungsländern trägt zur Beschäftigung von Personen ohne geregelten Status bei, woraus Probleme wie Ausbeutung, Menschenhandel und Menschenschmuggel resultieren und wodurch es zu sozialen Konsequenzen (wie „Sozialdumping“) kommt.

Es wird immer wichtiger, dass die Migrationsgovernance auf allen Ebenen in den Entwicklungskontext gestellt und ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Entwicklung und Migration entwickelt wird; dies betrifft sowohl regierungspolitische Maßnahmen im Bereich Migration und Asyl als auch andere Bereiche, die sich auf die Migration auswirken oder von ihr beeinflusst werden könnten. Die Überlegungen über diese Aspekte sollten im Einklang mit dem Arbeitsprogramm für Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung stehen sowie den sich wandelnden Bedürfnissen der Partnerländer Rechnung tragen.

[1]               UNDP (2009): Barrieren überwinden: Migration und menschliche Entwicklung, Bericht über die menschliche Entwicklung; UNHCR (2011): Global Trends 2010.

[2]               Mitteilung „Ein Dialog mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums über Migration, Mobilität und Sicherheit“ (KOM(2011) 292/3).

[3]               Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 23. und 24. Juni 2011.

[4]               Das Stockholmer Programm: Ratsdokument 17024/09 – Annahme durch den Europäischen Rat am 1./2 Dezember 2009. http://ec.europa.eu/home-affairs/policies/intro/policies_intro_en.htm. Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms: KOM(2010) 171 endg. vom 20. April 2010. http://ec.europa.eu/home-affairs/policies/intro/policies_intro_en.htm.

[5]               Europäisches Migrationsnetzwerk (2011): Key EU Migratory Statistics; Eurostat (2011): Population and social conditions, 38/2011, 34/2011.

[6]               http://ec.europa.eu/home-affairs/news/consulting_public/0021/consulting_0021_de.htm.

[7]               KOM(2011) 292/3.

[8]               Siehe z. B. die Mitteilung der Europäischen Kommission „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“ (KOM(2011) 637).

[9]               Rat der Europäischen Union, Schlussfolgerungen des Rates zu Grenzen, Migration und Asyl vom 9. und 10. Juni 2011.

[10]             Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten.

[11]             Ukraine, Belarus, Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

[12]             Partnerschaft zwischen der EU und allen 53 afrikanischen Staaten.

[13]             In den Prozess eingebunden sind die EU und 19 Länder im Osten (Westbalkan, Osteuropa, Russland, Zentralasien, Südkaukasus und die Türkei).

[14]             Prozess, an dem sich die EU und 27 Länder in West-, Nord- und Zentralafrika beteiligen.

[15]             Beratungsforum von über 50 Ländern (darunter China, Bangladesch, Pakistan, Afghanistan, Iran, Irak, Syrien, die Türkei und die Länder Zentralasiens) und 10 internationalen Organisationen.

[16]             Frontex ist die Europäische Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, EASO das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen und ETF die Europäische Stiftung für Berufsbildung. TAIEX ist das von der Europäischen Kommission verwaltete Instrument für technische Hilfe und Informationsaustausch. MIEUX (Migration EU Expertise) ist eine gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und des ICMPD, mit der die Fähigkeit der Partnerländer zur Steuerung der Migration verbessert werden soll.

[17]             KOM(2011) 455 endg.

[18]             Bei den beiden hier genannten Beispielen handelt es sich um das Projekt zur Stärkung der Kapazitäten Moldaus für die Steuerung der Arbeitsmigration und der Rückwanderung im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft mit der EU und das Zentrum für Information und Migrationssteuerung (Centre d'Information et de Gestion des Migrations – CIGEM) in Mali.

[19]             Frontex, Europol, Eurojust, Europäische Polizeiakademie, Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, Agentur für Grundrechte und Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen.

[20]             Europäischer Rat: Erster Bericht über die Umsetzung des „Maßnahmenorientierten Papiers zur Stärkung der externen Dimension der EU in Bezug auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels“.

[21]             Wie in der Mitteilung der Kommission „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“ (KOM(2011) 637) dargelegt, unterstützt die EU die Entwicklungsländer dabei, ihre Strategien, Kapazitäten und Aktivitäten im Kontext der regionalen und der globalen Mobilität der Menschen zu erweitern. Sie befürwortet die Agenda für menschenwürdige Arbeit und den sozialen Schutz und fördert Maßnahmen zur Erleichterung der regionalen Arbeitskräftemobilität. Außerdem wird sie gezielte Bemühungen um die vollständige Nutzung der Wechselwirkungen zwischen Migration, Mobilität und Beschäftigung unterstützen.

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