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Document 52011AE1848

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine bessere Governance für den Binnenmarkt mittels verstärkter administrativer Zusammenarbeit: Eine Strategie für den Ausbau und die Weiterentwicklung des Binnenmarkt-Informationssystems ( ‚Internal Market Information System/IMI‘ )“ KOM(2011) 75 endg. und zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ( ‚IMI-Verordnung‘ )“ KOM(2011) 522 endg. — 2011/0226 (COD)

ABl. C 43 vom 15.2.2012, p. 14–19 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.2.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 43/14


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine bessere Governance für den Binnenmarkt mittels verstärkter administrativer Zusammenarbeit: Eine Strategie für den Ausbau und die Weiterentwicklung des Binnenmarkt-Informationssystems (‚Internal Market Information System/IMI‘)“

KOM(2011) 75 endg.

und zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (‚IMI-Verordnung‘)“

KOM(2011) 522 endg. — 2011/0226 (COD)

2012/C 43/04

Berichterstatter: Bernardo HERNÁNDEZ BATALLER

Die Europäische Kommission beschloss am 21. Februar 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Eine bessere Governance für den Binnenmarkt mittels verstärkter administrativer Zusammenarbeit: Eine Strategie für den Ausbau und die Weiterentwicklung des Binnenmarkt-Informationssystems (‚Internal Market Information System/IMI‘)

KOM(2011) 75 endg.

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 14. September 2011 bzw. am 13. September 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (‚IMI-Verordnung‘)

KOM(2011) 522 endg. — 2011/0226 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 10. November 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 476. Plenartagung am 7./8. Dezember 2011 (Sitzung vom 7. Dezember) mit 172 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Absicht der Kommission, die Governance für den Binnenmarkt durch eine verstärkte Verwaltungszusammenarbeit zu verbessern, indem das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) ausgebaut und weiterentwickelt wird und ein unmittelbar nutzbares elektronisches Netz für die verschiedenen Verwaltungen geschaffen wird.

1.2   Der EWSA stellt mit Zufriedenheit fest, dass im Verordnungsvorschlag Regeln für die Nutzung des IMI bei der Verwaltungszusammenarbeit aufgestellt werden, die u.a. die Funktionen der verschiedenen Nutzer des IMI, den Informationsaustausch, die Meldeverfahren, die Warnmechanismen und die Vereinbarungen über gegenseitige Amtshilfe betreffen.

1.3   In Anbetracht der Art der ausgetauschten Daten befürwortet er ferner die Einrichtung von Mechanismen zum Schutz der Privatsphäre, die u.a. die Aufbewahrungsfrist für die ausgetauschten Daten und das Recht auf Benachrichtigung und Berichtigung umfassen.

1.4   Bei diesem grundlegenden Rechtsrahmen sollten die Begriffsbestimmungen in Artikel 5 um den Begriff „IMI-Daten“ ergänzt werden, definiert als Daten aus dem wirtschaftlich-beruflichen Bereich, die sich auf die Ausübung wirtschaftlicher und beruflicher Aktivitäten im Binnenmarkt beziehen und die über das IMI ausgetauscht werden. Diese Daten sind in den Richtlinien vorgesehen, in deren Bereich das IMI die Verwaltungszusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden unterstützt.

1.5   Der EWSA ist der Ansicht, dass das IMI entscheidend zur Veränderung der Verwaltungszusammenarbeit im Binnenmarkt und zur Anpassung an die Anforderungen und Erwartungen der Bürger und Unternehmen sowie der Organisationen der Zivilgesellschaft beitragen kann, und weist auf die Rolle hin, die Letztere künftig bei der Weiterentwicklung und dem Betrieb des Systems spielen können.

1.6   Daher empfiehlt er, bei der Entwicklung des Systems kenntlich zu machen, welche Daten objektiv sind und sich auf die Bedingungen für die Ausübung wirtschaftlicher und beruflicher Aktivitäten in den verschiedenen Mitgliedstaaten beziehen, um diese Daten allen Bürgern und Unternehmen zugänglich machen zu können.

1.7   Nach dem Verständnis des EWSA erfordert die in den IMI-relevanten Richtlinien vorgesehene Verwaltungszusammenarbeit im Wesentlichen und neben anderen Schritten einen Informationsaustausch zwischen Behörden, wobei - und darauf ist zu insistieren - die europäischen Datenschutzvorschriften einzuhalten sind. Er spricht sich jedoch entschieden gegen die im Verordnungsvorschlag vorgesehene Möglichkeit aus, die ausgetauschten Daten auch zu verarbeiten, und zwar aus zwei Gründen: einerseits weil in keiner der Richtlinien, auf die sich das IMI erstreckt, die Notwendigkeit der Datenverarbeitung zum Zweck der darin geregelten Verwaltungszusammenarbeit vorgesehen ist, und andererseits, weil die von der Kommission genannten praktischen Erfordernisse der Aufsicht und Kontrolle der Funktionsweise des IMI-Systems seines Erachtens keineswegs ausreichend sind, um eine so erhebliche Ausdehnung des Umfangs dessen, was mit den ausgetauschten personenbezogenen Daten geschieht, zu rechtfertigen, die bis zur Erstellung unabhängiger, separater Dateien im Wege der Datenverarbeitung reichen kann.

1.8   Schließlich empfiehlt der Ausschuss angesichts des quantitativen Sprungs, den dieses System bedeutet, der Zahl der Teilnehmer und des Informationsflusses, ein grundlegendes Streitbeilegungssystem für den Fall „transnationaler“ Divergenzen vorzusehen. Mit Hilfe eines solchen Systems - selbst einfacher Art - könnten die eventuellen Verantwortlichkeiten im Falle einer Fehlfunktion oder einer mangelhaften Verwaltung des Systems klargestellt werden, was zu einer größeren Rechtssicherheit für die Bürger führen würde.

2.   Erläuterungen zur Sache

2.1   Das Binnenmarkt-Informationssystem („IMI“) ist eine über Internet zugängliche Software-Anwendung, die von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten entwickelt wurde (und im Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist), um diese dabei zu unterstützen, die in Rechtsakten der Union festgelegten Anforderungen an den Informationsaustausch in der Praxis zu erfüllen; dies erfolgt durch ein zentralisiertes Kommunikationsverfahren, das einen grenzüberschreitenden Informationsaustausch und die Amtshilfe erleichtert.

2.2   Das ursprünglich als „Projekt gemeinsamen Interesses“ errichtete IMI ist als ein flexibles und dezentralisiertes System konzipiert, das leicht zur Unterstützung verschiedener Bereiche der Binnenmarktvorschriften herangezogen werden kann, die auf dem Gebiet der Verwaltungszusammenarbeit erlassen wurden.

2.3   Die grundlegenden Prinzipien des IMI-Systems sind:

a)

Wiederverwendbarkeit

b)

organisatorische Flexibilität

c)

einfache vereinbarte Verfahren

d)

Mehrsprachigkeit

e)

Benutzerfreundlichkeit

f)

Datenschutz und

g)

keine IT-Kosten für die Nutzer.

2.4   Dieses System wird derzeit für die Verwaltungszusammenarbeit im Rahmen der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (1) und der Dienstleistungsrichtlinie (2) eingesetzt. Außerdem wird es probeweise im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern (3) angewandt werden.

2.5   Das IMI-System kann derzeit nicht von Verbrauchern oder Unternehmen genutzt werden. Es handelt sich um ein Instrument, das ausschließlich für die Behörden konzipiert wurde, die für die von ihm abgedeckten spezifischen Bereiche zuständig sind.

2.6   Der EWSA hat sich bereits zu der Mitteilung der Kommission „Die Vorteile des Binnenmarkts durch engere Verwaltungszusammenarbeit erschließen (4) geäußert (5) und den stärker dezentralisierten, netzgestützten Ansatz in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit begrüßt, den das Binnenmarktinformationssystem für den Binnenmarkt bedeutet.

3.   Die Mitteilung der Kommission

3.1   Nach Ansicht der Kommission müssen die Verwaltungen der Mitgliedstaaten im Rahmen einer gegenseitigen Amtshilfe und des Informationsaustauschs eng zusammenarbeiten, um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.

3.2   Unter den 50 Vorschlägen in ihrer Mitteilung „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte (6) kündigte die Kommission die Schaffung eines elektronischen „Face-to-face“-Netzes der europäischen Verwaltungen mit Hilfe einer Strategie zur Ausdehnung des IMI an, das auf einem mehrsprachigen Informationssystem fußt.

3.3   Das IMI ist im Hinblick auf seine jeweilige Organisation in den einzelnen Mitgliedstaaten flexibel. Die dezentralisierte Struktur des IMI-Netzes fordert von jedem Teilnehmerland, einen nationalen IMI-Koordinator (NIMIC) für die gesamte IMI-Projektkoordination zu benennen.

3.4   Das Potenzial des IMI beruht auf der Möglichkeit:

neue Politikbereiche aufzunehmen,

neue Funktionen zu entwickeln,

das IMI mit anderen IT-Systemen zu vernetzen und

die bestehenden IMI-Funktionen für neue Zwecke zu nutzen.

3.5   Sollte in einem bestimmten legislativen Bereich kein Informationssystem zur Unterstützung der Verwaltungszusammenarbeit bestehen, hat ein Rückgriff auf das IMI anstelle der Entwicklung eines neuen zweckorientierten Systems viele Vorteile:

a)

höhere Kosteneffizienz

b)

größere Benutzerfreundlichkeit

c)

schnellere und besser vorhersehbare Lösungen

d)

größere Sicherheit und

e)

niedrige Schwelle für Pilotprojekte.

3.5.1   Neue Bereiche können in unbegrenzter Zahl in das IMI aufgenommen werden, allerdings stößt eine Ausweitung des Systems an organisatorische Grenzen, da die weitere Entwicklung geplant und die konzeptuale Kohärenz des Systems gewahrt werden müssen, wobei folgende Kriterien herangezogen werden sollten:

die neue Nutzergruppe sollte vorzugsweise mit bestehenden Nutzergruppen verbunden sein oder sich mit ihnen teilweise überschneiden,

Vorzug sollten jene neuen Bereiche erhalten, die die bestehenden Funktionen nutzen können;

falls die Aufnahme eines neuen Rechtsbereichs die Entwicklung neuer Funktionen notwendig macht, sollte dies auf generische Art und Weise erfolgen, sodass das neue Modul für andere Nutzergruppen leicht angepasst werden kann,

die Kosten sollten mit dem sich aus der Nutzung des IMI für die neuen oder bestehenden Nutzergruppen ergebenden Mehrwert und mit den für die Bürger und Unternehmen entstehenden Vorteilen gerechtfertigt werden und

neue Bereiche und Funktionen bzw. Links zu anderen Instrumenten sollten das System für seine Nutzer nicht komplizierter machen.

3.6   Das IMI verfolgt den Grundsatz „privacy by design“ („mit eingebautem Datenschutz“), d.h. die Privatsphäre und der Datenschutz werden im System von Anfang an beachtet, wobei der Grundsatz der Zweckbindung streng eingehalten wird und angemessene Kontrollen durchgeführt werden.

3.7   Die Ausgaben für das IMI betreffen die Weiterentwicklung und Verbesserung des Systems, das Hosting des IMI im Datenzentrum der Kommission, die Wartung, Systemverwaltung, zweite Unterstützungsebene, Aus- und Weiterbildung, Kommunikation und Bewusstseinsschaffung.

3.8   Die Ausweitung des IMI auf neue Bereiche, die Aufnahme neuer Funktionen oder Schaffung von Links mit anderen Instrumenten dürfte nach Ansicht der Kommission das System für die Nutzer nicht komplizierter machen. Die Anforderungen für die Verwaltungszusammenarbeit sollten hinreichend klar und konkret sein. Auch sollte die Notwendigkeit eines IT-Instruments zur Unterstützung des Prozesses analysiert werden.

3.9   Die Kommission erachtet es als wichtig, dass das System über eine transparente und effiziente Governance-Struktur verfügt und alle Interessengruppen die Verfahren und Foren verstehen, mit und in denen an einer Einigung auf verschiedene Aspekte des Projekts gearbeitet wird. Hierfür sieht sie eine tägliche Verwaltung des Systems, politische Entscheidungen, eine Beratung und Orientierung durch Experten-Interessengruppen und einen Ausbau der Governance-Struktur vor.

3.10   Schließlich soll das System eine Systemleistung und -sicherheit auf hohem Niveau gewährleisten. Was die Leistungsfähigkeit anbelangt, muss bei einer wachsenden Zahl von Nutzern und einem steigenden Datenvolumen im IMI unbedingt gewährleistet werden, dass die Systemleistung auf hohem Niveau bleibt. Was die Sicherheit betrifft, so speichert und verarbeitet das IMI persönliche und sonstige Daten, die nicht öffentlich verfügbar sein sollen.

4.   Allgemeine Bemerkungen zur Kommissionsmitteilung

4.1   Der EWSA befürwortet das Konzept der Kommission für eine Strategie für den Ausbau und die Weiterentwicklung des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI“) mit dem Ziel der Förderung der Verwaltungszusammenarbeit.

4.1.1   Eine kohärentere Verwaltungszusammenarbeit im Binnenmarkt muss zumindest auf der Grundrechtecharta fußen, insbesondere auf den Grundsätzen gute Verwaltung, Zugang zu den Dokumenten, Datenschutz und den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätzen.

4.1.2   Der EWSA weist jedenfalls darauf hin, dass die im Hinblick auf die persönlichen Daten ergriffenen Vorsichts- und Schutzmaßnahmen je nachdem, ob es sich um Händler oder Unternehmer in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer handelt, unterschiedlich streng sein sollten.

4.1.3   Zwar ist es richtig, dass mit dem IMI die herrschende Unsicherheit beseitigt wird, doch geschieht dies lediglich zugunsten der Behörden, nicht aber in Bezug auf die KMU oder andere Teile der Gesellschaft, auf die das System auch ausgedehnt werden sollte, wie das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 6. April 2001 anmerkt.

4.2   Der Datenschutz muss nicht nur konkret und genau geregelt werden, sondern im Sinne einer guten Rechtsetzung auch in anderen Vorschriften Berücksichtigung finden. Dies gilt im Allgemeinen für die Verfahren zur Umsetzung einer Gemeinschaftspolitik und im Besonderen für das IMI-System, das an sich ein komplexes Verfahren ist.

4.2.1   Hinsichtlich der Einreichung von Klagen sollte bei diesem Verfahren ein „Streitbeilegungssystem“ für den Fall „transnationaler“ Divergenzen vorgesehen werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, für einen raschen und effizienten Zugang zu einfachen und für die Betroffenen - seien es Bürger oder Unternehmer - kostengünstigen Möglichkeiten der Streitbeilegung zu sorgen.

4.3   Was den Zugang zum System zur „Bereitstellung und Einholung von Information“ betrifft, so sollte dieser sorgfältig geregelt werden, damit die entsprechende nationale Behörde verpflichtet ist, die Konsultation weiterzuleiten, nachdem per Standardformular ein begründeter Antrag gestellt wurde, sofern der Antragsteller ein legitimes Interesse daran nachweist.

4.4   Hinsichtlich der Synergien mit anderen bereits existierenden Informationsinstrumenten und Datenbanken für reglementierte Berufe, in die „Listen“ mit Berufen eingespeist werden, die in den einzelnen Mitgliedstaaten reglementiert sind, ist der EWSA der Auffassung, dass zusätzlich zu dieser „Liste“ auch alle für die Ausübung des jeweiligen Berufs zu erfüllenden Anforderungen (neben dem Abschluss auch die Zugehörigkeit zu einer Berufskammer, Versicherungen, Genehmigungen usw.) aufgenommen werden sollten. Auf diese Weise würden einige Konsultationen nahezu automatisch erfolgen und könnten Akteuren der Zivilgesellschaft zugänglich sein. Der EWSA hofft diesbezüglich, dass diese Aspekte im Text der derzeit erörterten Richtlinie berücksichtigt werden.

4.4.1   Diese Notwendigkeit lässt sich aus dem Jahresbericht 2010 über das IMI-System selbst ableiten, in dem auf die Herausforderung hingewiesen wird, die die Verwaltung der vielfältigen, im Dienstleistungsbereich zuständigen Behörden darstellt. Jede dieser Behörden sollte in ihrem konkreten Zuständigkeitsbereich (zumindest sollte eine grundlegende Unterscheidung zwischen Regulierung, Intervention und Überwachung vorgenommen werden) auf der Liste der reglementierten Berufe stehen.

4.5   Es sollten die eventuellen Verantwortlichkeiten im Falle einer Fehlfunktion oder einer mangelhaften Verwaltung des Systems aus Gründen von Fehlern, übermäßiger Verspätung, Berichtigungen usw. bei den ausgetauschten Informationen klargestellt werden, um die Rechtssicherheit und den rechtlichen Schutz der Bürger und der Wirtschaftsteilnehmer im Hinblick auf personenbezogene Daten zu gewährleisten. Hierbei handelt es sich um einen in allen Mitgliedstaaten anerkannten allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, nämlich die vermögensrechtliche Haftung der Verwaltung für eine unzureichende Arbeitsweise der Behörden.

5.   Der Verordnungsvorschlag

5.1   Mit der von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung werden folgende Ziele angestrebt:

a)

Schaffung eines soliden Rechtsrahmens für das IMI und Festlegung gemeinsamer Vorschriften, die ein effizientes Funktionieren des Systems gewährleisten;

b)

Schaffung eines umfassenden Datenschutzrahmens durch Festlegung der Vorschriften für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des IMI;

c)

Erleichterung einer etwaigen künftigen Ausweitung des IMI auf weitere Bereiche des Unionsrechts und

d)

Klärung der Rolle der verschiedenen Akteure des IMI-Systems.

5.2   Mit der vorgeschlagenen Verordnung werden darüber hinaus die Grundprinzipien des Schutzes der über das IMI ausgetauschten Daten, einschließlich der Rechte der Betroffenen, in einem einzigen Rechtsinstrument festgelegt, wodurch für mehr Transparenz und Rechtssicherheit gesorgt wird. In dem Vorschlag werden Form und Mittel der Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des IMI genau festgelegt.

5.2.1   Eine Aufstellung der Rechtsakte der Union, in deren Rahmen derzeit das IMI zur Anwendung kommt, findet sich in Anhang I des Vorschlags. Bereiche, auf die das IMI gegebenenfalls künftig ausgeweitet werden könnte, sind in Anhang II aufgeführt.

5.3   Mit dem Vorschlag werden bessere Rahmenbedingungen für das Funktionieren des Binnenmarkts geschaffen durch Bereitstellung eines effizienten, benutzerfreundlichen Instruments, das die praktische Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften erleichtert, die eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission und einen Informationsaustausch auferlegen, wobei ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleistet wird.

5.3.1   Der Vorschlag enthält bestimmte gemeinsame Vorschriften für die Governance und Nutzung des IMI. Dies beinhaltet die Verpflichtung, für jeden Mitgliedstaat einen nationalen IMI-Koordinator zu ernennen, die Verpflichtung für die zuständigen Behörden, Anfragen rechtzeitig und angemessen zu beantworten, sowie die Vorschrift, dass über das IMI ausgetauschte Informationen in gleicher Weise als Nachweis herangezogen werden können wie vergleichbare Informationen, die im betreffenden Mitgliedstaat selbst eingeholt wurden.

5.3.2   Außerdem enthält der Vorschlag einen Mechanismus zur Ausweitung des IMI auf weitere Rechtsakte der Union, mit dem bezweckt wird, die nötige Flexibilität für die Zukunft und gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten. Im Anschluss an eine Bewertung der technischen Durchführbarkeit, der Kosteneffizienz, der Benutzerfreundlichkeit und der Gesamtauswirkungen auf das System sowie gegebenenfalls der Ergebnisse einer etwaigen Testphase wird die Kommission ermächtigt, die Liste der in Anhang I genannten Bereiche im Wege eines delegierten Rechtsakts zu aktualisieren.

5.3.3   Die Aufgabe der Kommission ist die Gewährleistung von Sicherheit, Verfügbarkeit, Wartung und Entwicklung der Software und der IT-Infrastruktur des IMI. Die Kommission könnte aber auch eine aktive Rolle in den IMI-Arbeitsabläufen übernehmen, gestützt auf einschlägige Rechtsvorschriften oder anderweitige Regelungen für die Nutzung des IMI in einem bestimmten Binnenmarktbereich.

5.3.4   Hinsichtlich der Datenverarbeitung und Datensicherheit sollen mit dem Vorschlag Garantien in Bezug auf die Transparenz gegeben werden. Die personenbezogenen Daten sollten nicht länger zugänglich sein als nötig, weshalb eine maximale Aufbewahrungsdauer festgelegt wird, nach deren Ablauf die Daten, die fünf Jahre nach Abschluss des Verfahrens der Verwaltungszusammenarbeit automatisch gelöscht werden können, gesperrt werden.

5.3.5   Was den geografischen Anwendungsbereich anbelangt, kann beim IMI als flexiblem Instrument die Einbeziehung von Drittländern in den Informationsaustausch in bestimmten Bereichen oder eine Nutzung des Systems in einem rein nationalen Kontext zugelassen werden.

6.   Allgemeine Bemerkungen zum Verordnungsvorschlag

6.1   Der EWSA begrüßt den Verordnungsvorschlag, mit dem Vorschriften für die Nutzung des IMI zum Zwecke der Verwaltungszusammenarbeit festgelegt werden. Da es sich um eine unmittelbar anwendbare Vorschrift handelt, mit der ein allgemeiner Regelungsrahmen aufgestellt werden soll, äußert der Ausschuss jedoch Bedenken hinsichtlich zweier Probleme:

der mangelnden Genauigkeit einiger grundlegender Rechtsbegriffe und

der erheblichen Ausweitung der Befugnisse der IMI-Nutzer in Bezug auf die ausgetauschten Daten.

6.2   Das IMI ist im Wesentlichen eine mehrsprachige Software-Anwendung, mit der mehr als 6 000 zuständige Behörden miteinander verknüpft werden, die innerhalb angemessen kurzer Fristen Informationen über die Ausübungsbedingungen bestimmter wirtschaftlicher und beruflicher Aktivitäten in den jeweiligen Mitgliedstaaten austauschen.

6.2.1   Der materielle Austausch von Informationen über diese Software-Anwendung unterliegt Verfahrensmindestvorschriften, die in dem Vorschlag festgelegt sind. Weit über diesen spezifischen und begrenzten Zweck des Informationsaustauschs hinaus wird in dem Vorschlag gemäß Artikel 6 nun auch die Verarbeitung der ausgetauschten personenbezogenen Daten gestattet, obwohl in keiner der Richtlinien, auf die sich das IMI erstreckt und denen es dient, eine solche „Verarbeitung“ vorgesehen ist. Angesichts des Nichtvorhandenseins derartiger Bestimmungen in den Richtlinien spricht sich der Ausschuss dagegen aus, dass die ausgetauschten Daten auch verarbeitet werden dürfen.

6.2.2   Folglich stellt sich die Frage nach der Reichweite dieser neuen Befugnisse, die im Verordnungsvorschlag im Bereich der „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b) der Richtlinie 95/46/EG gewährt werden.

6.2.3   Während die allgemeine Übertragung der Befugnis zur Verarbeitung der ausgetauschten personenbezogenen Daten auf die IMI-Nutzer in dem Artikel vorgesehen ist, geht der Verordnungsvorschlag an keiner anderen Stelle weder auf die Zwecke ein, die eine Datenverarbeitung rechtfertigen, noch auf eventuelle Garantien oder Einschränkungen, denen sie unterliegt.

6.2.4   Nur den in Erwägungsgrund 15 angegebenen Gründen lässt sich entnehmen, warum die Kommission nun die Datenverarbeitung zu den allgemeinen Zielen des IMI hinzufügt. Diese Gründe hält der EWSA vorbehaltlich späterer Präzisierungen und Klarstellungen für unzureichend, um die Übertragung einer Befugnis von so großer Tragweite zu rechtfertigen, insbesondere:

a)

die Überwachung der Nutzung des Systems durch IMI-Koordinatoren und die Kommission.

6.2.5   Nach Kenntnis des EWSA haben sowohl die IMI-Koordinatoren als auch die Kommission bereits jetzt Zugang zu den ausgetauschten Daten, sodass sie bereits spezifische Evaluierungen des Systems zur Bewertung der Reaktionszeit und der u.a. nach Sektor aufgeschlüsselten beteiligten Verwaltungen durchführen konnten.

6.2.6   Daher erscheint es unbeschadet späterer Klarstellungen nicht erforderlich, für die „Überwachung der Nutzung des Systems“ anhand der ausgetauschten Daten spezielle Dateien zu erstellen:

b)

Erhebung von Informationen über Verwaltungszusammenarbeit bzw. Amtshilfe im Binnenmarkt.

6.2.7   Diese Informationen sind bereits öffentlich über die Berichte der Kommission über das IMI-System zugänglich und wären zur Bewertung der Verwaltungszusammenarbeit nutzbar, von der sie eine rein instrumentelle Funktion abbilden:

c)

Schulungs- und Sensibilisierungsinitiativen.

6.2.8   Der EWSA ist der Auffassung, dass für derartige Initiativen keine „Verarbeitung“ der Daten (im Sinne der Richtlinie 95/46/EG) erforderlich ist, sondern eine bloße „Verwendung“ der im System enthaltenen Daten genügt.

7.   Auf Präzisionserfordernisse wird mit einem grundlegenden Konzept eingegangen, auf das wiederholt im Verordnungsvorschlag hingewiesen wird, nämlich dem der „personenbezogenen Daten“. Es ist im Zusammenhang mit dem Konzept der Richtlinie 95/46/EG zu sehen, das, so betrachtet, weit über die Erfordernisse des Funktionierens des IMI-Systems hinausgeht, das sich letztlich immer auf eine spezifische Kategorie dieser Daten bezieht, für die das gemeinsame Kriterium gilt, dass sie für die Ausübung wirtschaftlicher und/oder beruflicher Aktivitäten im Binnenmarkt relevant sind.

7.1   Daher sollte in dem Vorschlag der Begriffsumfang festgelegt werden. Hierbei sollte die Kategorie von „personenbezogenen Daten“ auf diejenigen eingeschränkt werden, die in den entsprechenden Richtlinien vorgesehen sind, in deren Bereich das IMI die Verwaltungszusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden unterstützt. Sie beziehen sich auf die Ausübung wirtschaftlicher und beruflicher Aktivitäten im Binnenmarkt. Aus diesem Grund sollte der Begriff den Begriffsbestimmungen in Artikel 5 hinzugefügt werden.

8.   In Erwägungsgrund 12 des Vorschlags wird darauf hingewiesen, dass das IMI ein Instrument ist, das „nicht der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung“ steht und es „externen Akteuren“ ermöglicht, „Auskünfte zu erteilen oder Daten abzurufen“. Der EWSA ist nicht mit diesem Ansatz einverstanden, da seines Erachtens gewisse Informationen den externen Akteuren - Bürgern, Unternehmen oder Organisationen - zugänglich sein sollten, sofern sie keine personenbezogenen Daten enthalten. Dieser Zugang sollte u.a. die Verwaltungsauflagen des Landes umfassen, in dem geschäftliche oder berufliche Beziehungen aufgebaut werden sollen.

8.1   Die Zugänglichkeit dieser Informationen schließt keineswegs den Zugang zu anderen Daten und schon gar nicht die Verarbeitung dieser Daten ein, wie die Definition des Begriffs „externe Akteure“ in Artikel 5 Buchstabe i) des Vorschlags nahezulegen scheint.

8.2   Diesen externen Akteuren sollte das Recht zuerkannt werden, eine Informationsanfrage an den nächsten IMI-Nutzer zu richten, sodass dieser verpflichtet ist, diese im System weiterzuleiten, sofern dieser externe Akteur sein Interesse mit geschäftlichen oder beruflichen Beziehungen mit dem Land rechtfertigt, für das die Informationen angefordert werden.

9.   In Artikel 4 des Vorschlags wird die Kommission ermächtigt, die Verwaltungszusammenarbeit in das IMI aufzunehmen, die in den in Anhang II aufgeführten Vorschriften vorgesehen ist. Hierzu gehört u.a. die künftige Verknüpfung der Handelsregister; der diesbezügliche Vorschlag ist noch nicht verabschiedet worden. Angesichts der Tragweite dieser eventuellen Maßnahme hält es der EWSA für erforderlich anzugeben, auf welche Art von Rechtsakt bei der Ausweitung des IMI zurückgegriffen werden soll.

10.   Auf der Grundlage der Definition von „externe Akteure“ und im Einklang mit dem oben Gesagten schlägt der EWSA vor, diese Definition folgendermaßen umzuformulieren:

Definition externer Akteure als Bürger, Unternehmen oder Organisationen, die eine mit dem Gegenstand einiger der in das System aufgenommenen Richtlinien zusammenhängende Anfrage an einen IMI-Nutzer richten, der diese weiterleiten muss;

Gewährleistung des Zugangs externer Akteure zu den Informationen des Systems, die keine personenbezogenen Daten enthalten;

ausdrücklicher Ausschluss der Verarbeitung der Informationen, zu denen sie Zugang erhalten haben.

11.   Der EWSA begrüßt es im Sinne eines guten Funktionierens des Binnenmarktes, dass Informationen, die eine zuständige Behörde über das IMI aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten hat, in Verwaltungsverfahren dieselbe Beweiskraft besitzen.

12.   Was die Ausübung der Rechte der Betroffenen betrifft, bedauert der EWSA, dass der Vorschlag keine Einheitslösung enthält, sondern darin auf die Pflichten der zuständigen Behörden verwiesen wird, die auf unterschiedliche Weise in den nationalen Datenschutzvorschriften geregelt sind. Ebenso ist er der Ansicht, dass die Möglichkeit der Aufbewahrung der Daten unter Festlegung unterschiedlicher Fristen nicht für das Funktionieren des Binnenmarkts und für die Ausübung der Rechte der Bürger geeignet ist.

13.   Der EWSA hält es im Hinblick auf den Informationsaustausch mit Drittstaaten für erforderlich klarzustellen, ob die in Artikel 22 Absatz 1 des Vorschlags festgelegten Bedingungen alle zugleich oder wahlweise zu erfüllen sind. Im zweiten Fall sieht der EWSA keinen Grund dafür, dass ein Beschluss der Kommission über die Hinlänglichkeit und Gleichwertigkeit des Datenschutzes in einem Drittstaat einen ausreichende Grundlage bilden sollte, um das IMI auf diesen Drittstaat auszuweiten - im Gegensatz zu den anderen Voraussetzungen, die insofern ausreichend sind, als es sich hierbei um die in das IMI aufgenommenen Richtlinien bzw. ein internationales Abkommen handelt, worin ein externer Datenaustausch vorgesehen ist.

14.   Im Interesse einer größeren Rechtssicherheit sollten die aufgehobenen und die weiterhin geltenden Vorschriften über das Funktionieren des IMI-Systems im verfügenden Teil und nicht in den Erwägungsgründen des Verordnungsvorschlags genannt werden.

Brüssel, den 7. Dezember 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  Richtlinie 2005/36/EG (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22).

(2)  Richtlinie 2006/123/EG (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36).

(3)  Richtlinie 96/71/EG.

(4)  KOM(2008) 703 endg.

(5)  Stellungnahme des EWSA (ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 103).

(6)  KOM(2010) 608 endg.


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