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Document 52010DC0443

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Bericht über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union gemäß Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG

    /* COM/2010/0443 */

    52010DC0443

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Bericht über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union gemäß Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG /* COM/2010/0443 */


    [pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

    Brüssel, den 27.8.2010

    KOM(2010) 443 endgültig

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Bericht über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union gemäß Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Bericht über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union gemäß Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    EINLEITUNG

    Gegenstand und Gliederung des Berichts

    Im vorliegenden Bericht wird die Frage der Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union gemäß Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte[1] behandelt.

    Der erste Abschnitt dieses Papiers enthält einige Hintergrundinformationen; im zweiten und dritten Teil wird zwischen der Wiederaufbereitung von wiederverwendbaren und Einmal-Medizinprodukten unterschieden. In dem Bericht werden die gesundheitlichen, ethischen, haftungsrechtlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten eingehender geprüft.

    Für die Zwecke dieses Berichts umfasst der Begriff der Wiederaufbereitung von Medizinprodukten Schritte wie routinemäßige Wartung, Zerlegung, Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation, die für eine unbedenkliche Wiederverwendung notwendig sind.

    Hintergrund des Berichts

    Der Übergang zu Einmal-Medizinprodukten in den 80er Jahren

    Ursprünglich wurden Medizinprodukte in der Regel als wiederverwendbare Produkte entwickelt. Aufgrund ihrer Form, ihrer Gestaltung, ihrer Größe und der Tatsache, dass sie normalerweise aus widerstandsfähigem Material, wie Glas, Metall oder Gummi, bestanden und mittels Dampfsterilisation wiederaufbereitet werden konnten, waren sie leicht wiederverwendbar.

    Das Interesse an der Entwicklung zum einmaligen Gebrauch bestimmter Medizinprodukte für Injektionen ist jedoch gestiegen, als durch Blut übertragbare Krankheiten, wie in den frühen 80er Jahren die Hepatitis, und das Risiko der nosokomialen Infektionsübertragung durch die Wiederverwendung verunreinigter Spritzen aufkamen. Seit der Entdeckung von HIV und dessen Übertragung unter anderem durch kontaminiertes Blut werden verstärkt Einmal-Medizinprodukte entwickelt.

    Neben dieser Besorgnis um die öffentliche Gesundheit hat auch der technologische Fortschritt zu hochentwickelten und komplexen Medizinprodukten geführt. Die Produkte bestanden im Allgemeinen aus Kunststoff, der aggressiven physikalischen bzw. chemischen Behandlungen, hohen Temperaturen und daher den Dampfsterilisationsverfahren nicht standhielt, aber die Massenherstellung ermöglichte und den Produkten besondere Eigenschaften und Merkmale verlieh. Auch für minimal-invasive Verfahren wurden neue Instrumente mit kleineren Lumina sowie komplizierteren und empfindlicheren Funktionsmechanismen entwickelt. Diese Produkte waren nicht so leicht oder gar nicht zu reinigen oder ordnungsgemäß zu sterilisieren; daher konnten die Hersteller die Unbedenklichkeit ihrer Wiederverwendung nicht nachweisen. Aus diesem Grund wurden einige Produkte als „zum einmaligen Gebrauch bestimmt“ gekennzeichnet.

    Der europäische Rechtsrahmen für Medizinprodukte

    In den 90er Jahren wurden die Vorschriften über die Sicherheit und die Leistung von Medizinprodukten in der Europäischen Union vereinheitlicht, und zwar zunächst mit der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte[2] und später mit der Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte sowie der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika[3].

    Diese drei Rechtsakte bilden den Kern des Rechtsrahmens für Medizinprodukte. Sie sollen sowohl ein hohes Maß an Gesundheitsschutz und Sicherheit als auch einen funktionierenden Binnenmarkt sicherstellen.

    Die Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte unterscheidet zwischen zum einmaligen Gebrauch bestimmten und wiederverwendbaren Produkten,

    und zwar folgendermaßen:

    - Die Kennzeichnung von Einmal-Medizinprodukten muss den Hinweis enthalten, dass das Produkt zum einmaligen Gebrauch bestimmt ist.[4]

    - Bei wiederverwendbaren Produkten muss der Hersteller Angaben über geeignete Aufbereitungsverfahren machen, z. B. Reinigung, Desinfektion, Verpackung und gegebenenfalls Sterilisationsverfahren, sowie Angaben zu einer eventuellen zahlenmäßigen Beschränkung der Wiederverwendungen.[5]

    Die Richtlinie 93/42/EWG wurde zuletzt durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007[6] geändert. Um einige Bedenken hinsichtlich der Patientensicherheit auszuräumen, wurde darin der Begriff „einmaliger Gebrauch“ genauer definiert. Sie enthält zudem neue Vorschriften für Medizinprodukte zum einmaligen Gebrauch.

    Die Richtlinie 2007/47/EG sieht Folgendes vor:

    - Der Begriff „Einmal-Produkt“ bezeichnet ein Produkt, das zum einmaligen Gebrauch an einem einzigen Patienten bestimmt ist.[7]

    - Der Hinweis des Herstellers auf den einmaligen Gebrauch muss in der gesamten Gemeinschaft einheitlich sein.[8]

    - Sofern das Produkt einen Hinweis darauf trägt, dass es für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist, müssen Informationen über bekannte Merkmale und technische Faktoren, von denen der Hersteller weiß, dass sie bei der Wiederverwendung des Produkts eine Gefahr darstellen könnten, in den Gebrauchsanweisungen genannt werden.[9]

    Um darüber hinaus sicherzustellen, dass die Wiederaufbereitung, insbesondere die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten, die Gesundheit und Sicherheit der Patienten nicht gefährdet, ist die Kommission nach Artikel 12a der Richtlinie 93/42/EWG gehalten, weitere Untersuchungen durchführen, um zu ermitteln, ob zusätzliche Maßnahmen angemessen sind, um ein hohes Maß an Schutz für die Patienten zu gewährleisten, und diesen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in der Europäischen Union vorzulegen.

    Methodik

    Konsultation der Sachverständigengruppe für Medizinprodukte

    Zur Einleitung der Untersuchung dieser Frage hat die Kommission die Mitglieder der Sachverständigengruppe für Medizinprodukte[10] vom 23. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007 konsultiert.

    Diese Gruppe setzt sich aus Vertretern nationaler zuständiger Behörden, der Medizinprodukte-Industrie und anderer Interessenträger im Bereich Medizinprodukte zusammen.

    Die Vertreter der nationalen zuständigen Behörden wurden gebeten, einen Überblick über den Sachstand der Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in ihrem Land zu geben; von den Vertretern der Industrie und der anderen Interessenträger wurden Informationen über ihre jeweiligen Tätigkeitsbereiche erbeten.

    Öffentliche Anhörung

    Zwecks Ausweitung der Anhörung wurde vom 6. Juli 2007 bis zum 15. August 2007 ein Fragebogen auf der Website der Kommission veröffentlicht.

    Es gingen Beiträge von einem breiten Spektrum von Interessenträgern ein; dazu gehörten nationale zuständige Behörden, Medizinprodukte-Unternehmen, öffentliche und private Verbände (z. B. Hersteller von Medizinprodukten und Wiederaufbereitungsdienstleister), Krankenhäuser, nationale Gesundheitsdienste ebenso wie Einzelpersonen.

    Nach diesen beiden Anhörungen wurde am 29. Mai 2008 auf der Website der Kommission ein zusammenfassender Bericht[11] veröffentlicht.

    Workshop

    Aufbauend auf den Ergebnissen der oben genannten Anhörungen und nach Zusammenkünften mit verschiedenen Interessenträgern und Informationsbesuchen sowohl bei Herstellern von Medizinprodukten als auch Einrichtungen zu deren Wiederaufbereitung veranstalteten die Kommissionsdienststellen am 5. Dezember 2008 einen Workshop[12] mit dem Ziel, weitere Daten zu erheben und ein klareres Bild der Wiederaufbereitungspraxis zu gewinnen, insbesondere zu gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten.

    An diesem Workshop nahmen Vertreter der nationalen zuständigen Behörden, der Medizinprodukte-Industrie, der Wiederaufbereitungsdienstleister sowie verschiedene Sachverständige des Medizinprodukte-Sektors teil.

    Das Ergebnis dieses Workshops wurde am 18. Mai 2009 auf der Website der Kommission veröffentlicht.[13]

    Stellungnahme des SCENIHR

    Um das höchstmögliche Maß an Gesundheitsschutz sicherzustellen und eine fundierte und unabhängige wissenschaftliche Analyse der Problematik zu erhalten, beauftragte die Kommission den Wissenschaftlichen Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“[14] (SCENIHR), eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Sicherheit wiederaufbereiteter Medizinprodukte, die zum einmaligen Gebrauch in Verkehr gebracht wurden, abzugeben.

    Der Ausschuss wurde insbesondere gebeten zu prüfen, ob die Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt, und gegebenenfalls dieses Risiko zu beschreiben sowie festzustellen, unter welchen Bedingungen oder bei welcher Verwendung die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten ein Risiko darstellt.

    WIEDERAUFBEREITUNG WIEDERVERWENDBARER MEDIZINPRODUKTE

    Manche Medizinprodukte, wie z. B. viele chirurgische Instrumente, sind vom Hersteller zur Wiederverwendung bestimmt. Daher wird ihre Wiederverwendung bereits bei der Entwicklung des Medizinprodukts, der Wahl des Ausgangsmaterials und der Gestaltung des Produkts berücksichtigt.

    Nach der Richtlinie 93/42/EWG muss der Hersteller, wenn das Medizinprodukt wiederverwendet werden soll, Angaben darüber vorlegen, welches Verfahren für die Wiederaufbereitung geeignet ist und eine Wiederverwendung ermöglicht; dazu gehören Reinigung, Desinfektion, Verpackung und ggf. die zu verwendenden Sterilisationsverfahren sowie etwaige Beschränkungen der Häufigkeit der Wiederverwendung.[15] Dazu muss der Hersteller das zu verwendende Wiederaufbereitungsverfahren unter Berücksichtigung des verwendeten Materials und der Produktgestaltung validieren, um sicherzustellen, dass das Medizinprodukt durch ein solches Wiederaufbereitungsverfahren nicht verändert wird, dass es bestimmungsgemäß funktioniert und seine mehrmalige Wiederverwendung unbedenklich ist.

    WIEDERAUFBEREITUNG VON EINMAL-MEDIZINPRODUKTEN

    Nach der Umsetzung der Richtlinie 93/42/EWG ging man bei einigen Kategorien von Medizinprodukten schrittweise von wiederverwendbaren auf zum einmaligen Gebrauch bestimmte Produkte über. Seither koexistieren wiederverwendbare und Einmal-Medizinprodukte auf dem Markt. Diese Situation hat in den Krankenhäusern zu Fehleinschätzungen geführt. Mitunter wurden angesichts des steigenden finanziellen Drucks einige Medizinprodukte entweder in Krankenhäusern oder durch Dritte wiederaufbereitet, obwohl sie für den einmaligen Gebrauch bestimmt waren.

    Einmal-Medizinprodukte wie Nadeln oder angioplastische Katheter werden nicht dazu entwickelt und gestaltet, einem Wiederaufbereitungsverfahren standzuhalten. So braucht der Hersteller keine Anleitung vorzulegen bzw. kein validiertes Verfahren zu nennen, mit dem eine sichere Wiederaufbereitung des Produkts möglich wäre. Er muss lediglich Angaben über die ihm bekannten Merkmale oder technischen Faktoren zur Verfügung stellen, die bei einer etwaigen Wiederverwendung ein Risiko darstellen könnten. Die Wiederaufbereitung erfolgt daher durch vom Anwender oder vom Wiederaufbereitungsdienstleister entwickelte Verfahren, jedoch ohne vollständige Information über Gestaltung und Zusammensetzung des Produkts. Laut einem Bericht aus den Niederlanden[16] ist die Validierung eines Wiederaufbereitungsverfahrens für Einmal-Medizinprodukte eine Aufgabe, die normalerweise nicht in einem Krankenhaus durchgeführt werden kann, weil die dazu nötigen Einrichtungen, Kenntnisse, Erfahrungen und Ressourcen in der Regel fehlen.

    Im Gegensatz zu wiederverwendbaren Medizinprodukten, für deren sichere Wiederverwendung in der Richtlinie 93/42/EWG Vorschriften enthalten sind, ist die Wiederverwendung von Einmal-Medizinprodukten unter Gesundheitsaspekten nicht ohne Risiko. Darüber hinaus sollten auch ethische, haftungsrechtliche, wirtschaftliche und ökologische Gesichtspunkte der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten in Betracht gezogen werden. Hierauf geht der vorliegende Bericht im Folgenden näher ein.

    Sachstand auf EU-Ebene

    Die Praxis der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten ist derzeit in der Europäischen Union nicht geregelt, sondern unterliegt in ganz Europa unterschiedlichen nationalen Vorschriften. Nur wenige Länder erlauben die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten und haben entsprechende Leitlinien erarbeitet (z. B. Deutschland); in anderen Ländern ist sie verboten (z. B. Frankreich), und einige Mitgliedstaaten haben gar keine speziellen Vorschriften hierfür.

    Sachstand auf internationaler Ebene

    Auf internationaler Ebene stellt sich die Situation unterschiedlich dar.

    In den USA [17] muss ein Krankenhaus-Wiederaufbereiter oder Dritter die gleichen Anforderungen erfüllen wie der Hersteller der Originalprodukte, bevor Medizinprodukte wiederaufbereitet und wiederverwendet werden dürfen. Diese Anforderungen umfassen die Einreichung von Unterlagen über die Notifizierung vor dem Inverkehrbringen oder die Zulassung, die Registrierung von Wiederaufbereitungsunternehmen und die Auflistung aller Produkte, die Vorlage von Berichten über unerwünschte Ereignisse, die Rückverfolgung von Produkten, deren Fehlerhaftigkeit schwerwiegende Folgen haben könnte, die Korrektur oder die Marktrücknahme bedenklicher Produkte und die Erfüllung der Anforderungen an die Herstellung und die Kennzeichnung.

    In Kanada ist die Wiederverwendung von Einmal-Medizinprodukten nicht durch Health Canada geregelt, da diese Behörde nach den geltenden Rechtsvorschriften hierfür keine Befugnis hat. Einige Provinzen haben die Wiederverwendung bestimmter Einmal-Medizinprodukte verboten; in anderen Provinzen müssen die Krankenhäuser hierzu auf einen zugelassenen Wiederaufbereiter zurückgreifen.

    In Australien [18] gilt ein Wiederaufbereiter, der ein Medizinprodukt wiederaufbereitet, welches ursprünglich zum einmaligen Gebrauch bestimmt war, als Hersteller des wiederaufbereiteten Produkts und muss als solcher das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren für das Produkt durchlaufen.

    In Japan [19] gilt für Einmal-Medizinprodukte, dass das Etikett die Aufschrift „zum einmaligen Gebrauch“ tragen und die Gebrauchsanleitung den Hinweis „Wiederverwendung verboten“ enthalten muss.

    Gesundheitliche Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Zur Feststellung und Beschreibung der möglichen Gefahren und Risiken, die mit der Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte einhergehen, wurde der Wissenschaftliche Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ (SCENIHR) um eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Sicherheit wiederaufbereiteter Medizinprodukte gebeten, die zum einmaligen Gebrauch in Verkehr gebracht wurden.

    Diese Stellungnahme[20] wurde am 15. April 2010 abgegeben. Die ausführliche Antwort des Ausschusses auf den Auftrag ist dem Anhang des vorliegenden Berichts zu entnehmen.

    Vom SCENIHR festgestellte Risiken und Gefahren

    Beide Kategorien von Medizinprodukten – zum einmaligen Gebrauch bestimmte und wiederverwendbare – müssen vor der Wiederverwendung gereinigt, desinfiziert und/oder sterilisiert werden. Bei wiederverwendbaren Medizinprodukten werden die Verfahren, Bedingungen und die Häufigkeit der Wiederverwendung bereits zum Zeitpunkt der Entwicklung des Produkts berücksichtigt. Ebenso hängen in diesem Stadium die Wahl des Materials und die Form des Medizinprodukts von einer etwaigen Wiederverwendbarkeit ab.

    Der Hersteller wiederverwendbarer Medizinprodukte muss Angaben über die anzuwendenden Wiederaufbereitungsverfahren vorlegen; bei Einmal-Medizinprodukten ist dies nicht der Fall.

    Der SCENIHR nannte in seiner Stellungnahme die folgenden wichtigsten Gefahren und Risiken, die mit der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten einhergehen.

    Alle Medizinprodukte, die mit Patienten in Berührung gekommen sind, können nach der Verwendung Kontaminanten wie krankheitserregende Mikroorganismen enthalten, deren Beseitigung sich bei den Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsschritten als schwierig erweisen kann. Wird die Wirksamkeit dieser Schritte nicht ordnungsgemäß validiert, so bildet die verbleibende Kontamination eine Infektionsgefahr für den nächsten Patienten, an dem das Medizinprodukt Verwendung findet. Einige Simulationsstudien und klinische Studien haben gezeigt, dass die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten eine unzureichende Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation zur Folge haben kann und damit das wiederaufbereitete Einmal-Medizinprodukt biologisch belastet, so dass bei dessen Wiederverwendung ein Infektionsrisiko entsteht.

    Ein spezifisches Problem, auf das der Ausschuss hinwies, ist die Beseitigung der Prionenkontamination, da eine vollständige Prionen-Inaktivierung nur durch aggressive Reinigungsmethoden erreicht werden kann, denen die üblicherweise verwendeten Materialien nicht standhalten. Diese Problematik war schon Gegenstand einer früheren Stellungnahme des Ausschusses zur Sicherheit vom Menschen gewonnener Produkte mit Blick auf die neue Variante der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit.[21]

    Chemische Rückstände als Ergebnis der Wiederaufbereitung können bei der Wiederverwendung ein Vergiftungsrisiko bergen. Ferner können Veränderungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Produkte auftreten, die in der Folge die Leistung des wiederaufbereiteten Einmal-Medizinprodukts beeinträchtigen könnten.

    Es hat sich gezeigt, dass ein wiederaufbereitetes Einmal-Medizinprodukt in seiner Struktur oder Funktionalität verändert werden und somit möglicherweise dem Patienten oder dem Gesundheitspersonal Schaden zufügen kann, beispielsweise durch mechanisches Versagen des Produkts.

    Die Risiken hängen vor allem von der Verwendung des Produkts ab.

    In der von Alvarado[22] rezensierten Spaulding-Klassifikation wurden drei Kategorien von Produkten unterschieden. Diese Klassifikation beruht auf dem mit dem Produkt einhergehenden Risiko, je nach Grad der Invasivität, unabhängig davon, ob diese Produkte für den einmaligen oder mehrmaligen Gebrauch bestimmt sind.

    1. Nicht kritische Verwendung (im allgemeinen bei Kontakt nur mit intakter Haut oder ohne Patientenkontakt), z. B. Becken, Thermometer, Blutdruckmanschetten;

    2. Semi-kritische Verwendung (Kontakt mit intakten Schleimhäuten ohne Eindringen in Gewebe), z. B. flexible Endoskope, Laryngoskope, Endotrachealtuben;

    3. Kritische Verwendung (chirurgisch invasive medizinische Verfahren), z. B. Katheter, Implantate, Nadeln und Kanülen, chirurgische Instrumente.

    Im Falle der Wiederaufbereitung besteht das höchste Risiko, wenn ein wiederaufbereitetes Einmal-Medizinprodukt für invasive medizinische Verfahren verwendet wird; das geringste Risiko besteht hingegen bei lediglich äußerer Verwendung (nur Hautkontakt).

    Die Zahl der dokumentierten Zwischenfälle ist sehr gering, doch ist anzunehmen, dass nicht alle Zwischenfälle gemeldet wurden. Was unerwünschte Ereignisse betrifft, so kann es gleichwohl eine „Grauzone“ geben, in der es schwierig ist, Zwischenfälle zu erkennen und zu melden. Dazu gehören beispielsweise ein länger dauernder chirurgischer Eingriff aufgrund der Steifheit eines wiederaufbereiteten zum einmaligen Gebrauch bestimmten Katheters oder die Verlängerung stationärer Aufenthalte. Ferner werden möglicherweise Langzeitfolgen nicht erkannt bzw. nicht auf den Gebrauch von wiederaufbereiteten Medizinprodukten zurückgeführt.

    Schlussfolgerungen zu den gesundheitlichen Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Der Ausschuss stellte drei bedeutende Gefahren fest, und zwar Restkontamination, Rückstände chemischer Stoffe, die im Wiederaufbereitungsverfahren verwendet wurden, und Leistungsveränderung eines Einmal-Medizinprodukts durch die Wiederaufbereitung.

    Ein spezifisches Problem ist die Beseitigung der Prionenkontamination, da die Prioneninaktivierung nur durch aggressive Reinigungsverfahren erreicht werden kann, denen die üblicherweise verwendeten Materialien nicht standhalten.

    Um mögliche Gefahren, die mit der Wiederaufbereitung bestimmter Einmal-Medizinprodukte einhergehen, zu erkennen und zu verringern, muss der gesamte Wiederaufbereitungszyklus von der Einsammlung dieser Einmal-Medizinprodukte nach dem (ersten) Gebrauch bis zur endgültigen Sterilisation und der Auslieferung ebenso wie die funktionelle Leistung des Produkts bewertet und validiert werden.

    Nicht alle Einmal-Medizinprodukte eignen sich wegen ihrer Eigenschaften oder Komplexität für eine Wiederaufbereitung.

    Das Risiko ist am höchsten, wenn das wiederaufbereitete Einmal-Medizinprodukt in einem kritischen Verfahren eingesetzt wird, d. h. in einem invasiven medizinischen Eingriff. Im Gegensatz dazu ist das Risiko der Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte in nicht kritischen medizinischen Verfahren viel geringer.

    Es sei darauf hingewiesen, dass die Weltgesundheitsorganisation in ihrem Bericht mit dem Titel "Medical device regulations – Global overview and guiding principles"[23] ähnliche Gefahren, Risiken und Einschränkungen der Wiederverwendung von Einmal-Medizinprodukten genannt hat.

    Ethische und haftungsrechtliche Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten in der aktuellen Situation

    Neben den gesundheitlichen Erwägungen kann die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten ethische und haftungsrechtsrechtliche Probleme begründen.

    Ethische Erwägungen

    Wie in der Stellungnahme des SCENIHR betont, kann die Verwendung eines wiederaufbereiteten anstelle eines neuen Einmal-Medizinprodukts ein zusätzliches Risiko für den Patienten bedeuten. Daher erhebt sich die Frage der Patienteninformation und der aufgeklärten Zustimmung, bevor der Patient sich der medizinischen Behandlung unterzieht.

    Darüber hinaus kann die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten unterschiedliche Niveaus der gesundheitlichen Versorgung schaffen und damit zur Ungleichbehandlung von Patienten führen.

    Die oben genannten ethischen Erwägungen sollten jedoch gegen die potenziellen Kosteneinsparungen durch die Wiederaufbereitungspraxis abgewogen werden, die vor dem Hintergrund der Kostendämpfung im Gesundheitswesen als Möglichkeit betrachtet werden könnte, den Zugang zu innovativer Technologie für die Patienten zu erleichtern und zu fördern.

    Allerdings hängen Kosteneinsparungen in hohem Maße von der Qualität und dem Niveau der Wiederaufbereitungspraxis ab, doch bis heute gibt es keine eindeutigen Belege und Daten zur Quantifizierung der Kostenersparnis, welche durch die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten erzielt werden könnte, ebenso wenig wie zum Umfang, in dem den Patienten diese mögliche Kostenersparnis zugute käme.

    Die wirtschaftlichen Aspekte der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten werden in Abschnitt 3.5 weiter ausgeführt.

    Haftungsrechtliche Erwägungen

    Haftung der Angehörigen der Gesundheitsberufe

    Angehörige der Gesundheitsberufe können für den fehlerhaften Umfang mit einem Medizinprodukt mit Blick auf die Gesundheit des Patienten haftbar gemacht werden. Aus diesem Grund sollten sie informiert werden, wenn sie wiederaufbereitete Einmal-Medizinprodukte verwenden, da dies Konsequenzen für den Umgang mit dem Produkt haben kann, beispielsweise was die Steifheit eines wiederaufbereiteten Katheters betrifft, und ein zusätzliches Risiko medizinischer Komplikationen mit sich bringen kann.

    Haftung des Originalherstellers

    Der Originalhersteller ist für die Sicherheit und Leistung seines Produkts verantwortlich, wenn es bestimmungsgemäß verwendet wird.

    Bei der Wiederverwendung wiederverwendbarer Medizinprodukte bleibt der Hersteller für produktbezogene Aspekte verantwortlich, sofern das Krankenhaus oder der Wiederaufbereitungsdienstleister den vom Hersteller vorgelegten Angaben über das geeignete Wiederaufbereitungsverfahren gefolgt ist.

    Nach der Richtlinie 93/42/EG müssen die Gebrauchsanweisungen Angaben über bekannte Merkmale und technische Faktoren enthalten, von denen der Hersteller weiß, dass sie eine Gefahr darstellen könnten, wenn das Produkt wiederverwendet würde.[24] Allerdings ist die Verantwortung des Originalherstellers zu klären, wenn ein wiederaufbereitetes Einmal-Medizinprodukt fehlerhaft ist und medizinische Komplikationen einzig und allein aufgrund der Wiederaufbereitungspraxis auftreten.

    Derzeit sind solche wiederaufbereiteten Einmal-Medizinprodukte normalerweise mit dem Namen des Originalherstellers gekennzeichnet. Die Anforderungen an die Kennzeichnung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte müssten daher verdeutlicht werden, um der Haftung für einen Produktfehler Rechnung zu tragen und die Rückverfolgbarkeit des wiederaufbereiteten Einmal-Medizinprodukts sicherzustellen.

    Haftung des Wiederaufbereitungsdienstleisters

    Entwickelt und validiert ein Anwender oder ein Wiederaufbereitungsdienstleister ein Verfahren für die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten, so ist er für die Folgen der Wiederaufbereitung nach den entwickelten und validierten Leitlinien verantwortlich.

    Erfolgt die Wiederaufbereitung eines Einmal-Medizinprodukts durch einen Wiederaufbereitungsdienstleister, so ist derzeit unklar, in welchem Umfang der Anwender und der Wiederaufbereitungsdienstleister haften.

    3.4.2.4 Schlussfolgerungen zu den ethischen und haftungsrechtlichen Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten in der aktuellen Situation

    In der aktuellen Situation wirft die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten ethische Bedenken auf, weil sie möglicherweise zur Ungleichbehandlung der Patienten führt. Außerdem ist die Frage der aufgeklärten Zustimmung der Patienten zu berücksichtigen.

    Was die Haftung angeht, wäre es notwendig, die Verantwortung jedes Beteiligten zu klären und das Gesundheitspersonal zu informieren, wenn es wiederaufbereitete Einmal-Medizinprodukte verwendet, da es bei Zwischenfällen haftbar gemacht werden kann. Die Anforderungen an die Kennzeichnung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte sollten verdeutlicht werden, insbesondere für die Zwecke der Rückverfolgbarkeit dieser Produkte.

    Wirtschaftliche Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Die wirtschaftlichen Erwägungen sind der wichtigste Antrieb für die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten.

    Vor dem aktuellen Hintergrund fehlender Ressourcen und der Notwendigkeit der Kostendämpfung im Gesundheitswesen haben manche Krankenhäuser die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten zur Kostensenkung genutzt. Neue Einmal-Medizinprodukte können tatsächlich hohe Kosten verursachen. Werden sie mehrfach verwendet, so lassen die Einkaufskosten rechnerisch auf mehrere Patienten verteilen.

    Allerdings ist die Senkung der Einkaufskosten eines Medizinprodukts, wenn auch offensichtlich und unbestreitbar, nur einer der Faktoren, die bei der Bewertung einer möglichen Kostensenkung durch Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten zu berücksichtigen sind. Verschiedene andere Kosten und Erwägungen spielen ebenfalls eine Rolle (z. B. die Anzahl der Mehrfachverwendungen, die Kosten für die Entwicklung und Validierung eines Wiederaufbereitungsverfahrens, die Kosten für die Durchführung des Wiederaufbereitungsverfahrens, Kosten für Logistik und Transport, Versicherungskosten und Haftungskosten im Falle der Fehlerhaftigkeit eines wiederaufbereiteten Einmal-Medizinprodukts).

    In Anbetracht dessen gibt es zurzeit nur wenige und dürftige wissenschaftliche Belege und wirtschaftliche Bewertungen zum Nachweis, dass die Praxis der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten insgesamt zu Kosteneinsparungen führt.

    Laut einer 2008 veröffentlichten systematischen Auswertung der Literatur zur wirtschaftlichen Analyse der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten[25] liegen trotz routinemäßiger Anwendung dieser Verfahren nur wenige Belege von ausreichender Qualität in der veröffentlichten Literatur vor. Die veröffentlichten Belege für die Kosteneffizienz der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten sind nicht schlüssig, und die Verfasser kamen selbst zu dem Ergebnis, ihre Auswertung zeige, dass sich keine Kosteneffizienz der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten feststellen lasse.

    Methodik der Kostenberechnung

    Die für die Kostenberechnung verwendeten Verfahren sind oft vage und werden nicht gut beschrieben.

    Im Allgemeinen bleiben bei den Kosten verschiedene Faktoren unberücksichtigt, wie diejenigen im Zusammenhang mit möglichen unerwünschten Ereignissen und den klinischen Folgen für die Patienten. Darüber hinaus werden die Kosten allgemein errechnet, beruhen jedoch nicht auf unmittelbarer Beobachtung. Daher könnten verschiedene Faktoren fehlen, wie die Kosten der Einrichtung, die tatsächlichen Kosten des Wasser- und Stromverbrauchs usw. Die Kosten können von einer Einrichtung der gesundheitlichen Versorgung zur anderen stark variieren, je nachdem, ob es in dem betreffenden Krankenhaus eine zentrale Sterilisationsabteilung gibt, wie viele Medizinprodukte pro Jahr aufbereitet werden (Größenvorteile) und ob ein Qualitätsmanagementsystem für das Sterilisationsverfahren existiert.

    Ferner enthalten diese Studien keine Validierung, die sicherstellt, dass das Einmal-Medizinprodukt nach der Wiederaufbereitung ein ausreichendes Maß an Sicherheit gewährleistet, insbesondere, was Funktionalität und biologische Kontamination angeht. Bei diesem Validierungsverfahren sollte auch festgelegt werden, wie oft ein Einmal-Medizinprodukt sicher wiederverwendet werden kann, und die Funktionalität des wiederverwendeten Einmal-Medizinprodukts sollte überprüft werden. Schließlich sollte die Validierung auch ein Qualitätsmanagementsystem umfassen, welches sicherstellt, dass das gesamte Verfahren ein ausreichendes Maß an Qualität und Sicherheit bietet. Die Kosten des Validierungsverfahrens werden in keiner der veröffentlichten Studien berücksichtigt.

    Perspektive der wirtschaftlichen Untersuchungen

    Die veröffentlichten Untersuchungen über die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten werden immer aus der Perspektive der Krankenhäuser durchgeführt und tragen anderen Kosten der Wiederaufbereitungspraxis, wie Versicherungskosten oder Kosten der Patienten im Falle klinischer Folgen oder Haftungskosten, nicht Rechnung.

    3.5.3 Niveau der Qualität und Sicherheit der Wiederaufbereitung

    Nach einer jüngst in Belgien durchgeführten Studie[26] sind, sofern bei wiederaufbereiteten zum einmaligen Gebrauch bestimmten angiographischen Kathetern ein gleichwertiges Sicherheits- und Qualitätsniveau erreicht wird, diese wiederaufbereiteten Produkte teurer als neue. Ein solches gleichwertiges Sicherheits- und Qualitätsniveau würde nach den Standards sichergestellt, die mit der Richtlinie 93/42/EWG vereinheitlicht wurden. Außerdem zeigt diese Studie, dass ohne Größenvorteile (unter Berücksichtigung der Kostensenkung durch Größenvorteile) und in Anbetracht der Kosten einer geschätzten Zahl von unerwünschten Ereignissen die Wiederaufbereitungskosten in der Regel höher sind als die Kosten für den Kauf von Einmal-Medizinprodukten.

    3.5.4 Preise für Einmal-Medizinprodukte

    Einen wichtigen Parameter in diesen wirtschaftlichen Studien bilden auch die Preise von Einmal-Medizinprodukten. Diese Preise variieren stark zwischen den verschiedenen Krankenhäusern, Ländern und Medizinprodukten und könnten sich im Laufe der Vermarktungsdauer eines Medizinprodukts erheblich verändern. Auch wenn der hohe Preis eines neuen Einmal-Medizinprodukts zu der Annahme führen könnte, dass die Wiederaufbereitung kosteneffizient sei, könnte daher eine Preisveränderung aufgrund gestiegenen Wettbewerbs das genaue Gegenteil bewirken.

    3.5.5 Schlussfolgerungen zu den wirtschaftlichen Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Bisher lässt sich anhand der vorliegenden wirtschaftlichen Daten keine Schlussfolgerung über die Kosteneffizienz der Wiederaufbereitungspraxis für Einmal-Medizinprodukte ziehen, wenn dabei ein ausreichendes Maß an Qualität und Sicherheit erzielt werden soll. Eine solche Kosteneffizienz wäre in Langzeitstudien mit einer hohen Anzahl von Patienten und einer klaren Berechnung der direkten und indirekten Kosten zu belegen.

    Ökologische Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Ökologische Erwägungen werden gewöhnlich als weiteres Argument für die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten angeführt.

    Einerseits hat die zunehmende Verwendung von Einmal-Medizinprodukten negative Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere wegen der Ressourcen, die für die Produktion des Ausgangsmaterials, die Herstellung und den Transport der Medizinprodukte vom Hersteller oder Einzelhändler zum Anwender sowie die Abfallentsorgung nach ihrer Verwendung nötig sind.

    Andererseits ist unbestreitbar, dass die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten den ökologischen Vorteil bietet, die Abfallwirtschaft bei Gebrauchsende des Produkts in gewissem Umfang zu entlasten. Diese Umweltauswirkung hat jedoch ihre Grenzen, denn nach den von einem Wiederaufbereitungsunternehmen vorgelegten Daten können lediglich 38 % der hoch komplexen Medizinprodukte wiederaufbereitet werden.[27]

    Ferner zeigt die Wiederaufbereitungspraxis noch weitere negative Umweltauswirkungen, denen Rechnung zu tragen ist.

    Die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten erfordert geeignete Ausrüstung, Fachwissen, Fähigkeiten und Ressourcen, die es wahrscheinlich nur in Unternehmen gibt, die sich auf Wiederaufbereitung spezialisiert haben. Daher sind Einsammlung und Transport der Produkte vom und zum Anwender notwendig, die wiederum Auswirkungen auf die Umwelt haben. Zudem geht mit der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation ein hoher Verbrauch an Ressourcen und Energie (z. B. Wasser und Strom), der Einsatz von Chemikalien und die Neuverpackung der wiederaufbereiteten Produkte einher. All diese Schritte haben einen direkten negativen Einfluss auf die Umwelt. Auch hängen die Umweltauswirkungen in hohem Maße vom Qualitätsniveau der erforderlichen Wiederaufbereitung und den Größenvorteilen ab.

    Schlussfolgerungen zu den ökologischen Erwägungen zur Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

    Bisher hat noch keine umfassende Untersuchung alle Umweltauswirkungen der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten im Vergleich zu deren Entsorgung nach einmaligem Gebrauch qualitativ gegeneinander abgewogen.

    Die vorliegenden Daten konzentrieren sich hauptsächlich auf die Abfallreduzierung, die die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten in gewissem Umfang darstellt. Es sind jedoch noch verschiedene weitere Faktoren, wie die Umweltauswirkungen des Transports, der Verbrauch von Energie und Ressourcen sowie der Einsatz chemischer Desinfektionsmittel, zu berücksichtigen.

    FAZIT

    Da keine quantitativen Daten vorliegen, lässt sich das Risiko, das mit der Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte einhergeht, nicht quantifizieren. Die Zahl der dokumentierten Zwischenfälle ist sehr gering, doch ist anzunehmen, dass nicht alle Zwischenfälle gemeldet werden. Was unerwünschte Ereignisse betrifft, kann es eine „Grauzone“ geben, in der es schwierig ist, Zwischenfälle zu erkennen und zu melden. Zudem werden Langzeitfolgen möglicherweise nicht erkannt oder nicht auf den Einsatz wiederaufbereiteter Medizinprodukte zurückgeführt

    Der SCENIHR hat jedoch drei größere Gefahren genannt, und zwar Restkontamination, Rückstände chemischer Stoffe, die im Wiederaufbereitungsverfahren zum Einsatz kommen, und Leistungsveränderung von Einmal-Medizinprodukten durch die Wiederaufbereitung.

    Zudem eignen sich nicht alle Einmal-Medizinprodukte aufgrund ihrer Eigenschaften (Material, Form), ihrer Komplexität und ihres Verwendungszwecks (nicht kritische, semi-kritische, kritische Verwendung) für die Wiederaufbereitung. Um mögliche Gefahren, die mit der Wiederaufbereitung bestimmter Einmal-Medizinprodukte einhergehen, zu erkennen und zu verringern, muss der gesamte Wiederaufbereitungszyklus von der Einsammlung dieser Einmal-Medizinprodukte nach dem (ersten) Gebrauch bis zur endgültigen Sterilisation und Auslieferung ebenso wie die funktionelle Leistung des Produkts bewertet und validiert werden.

    Es sei darauf hingewiesen, dass der SCENIHR sich besonders besorgt über die mögliche Kontamination mit übertragbaren Erregern wie Prionen geäußert hat, deren Beseitigung und Inaktivierung nicht möglich sind oder die üblicherweise für Einmal-Medizinprodukte verwendeten Materialien beschädigen würden.

    Es ist unbestreitbar, dass die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten in gewissem Umfang zur Abfallverringerung führt und die Möglichkeit eröffnet, die Einkaufskosten für diese Produkte rechnerisch auf eine Vielzahl von Patienten aufzuteilen. Gleichwohl hat bis heute noch keine umfassende Studie den Nachweis erbracht, dass die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten insgesamt eine kosteneffiziente und umweltfreundliche Praxis darstellt, wenn hohe Qualitätsstandards an sie angelegt werden.

    Angesichts dessen und unter Berücksichtigung der möglichen Gefahren und Risiken, die der SCENIHR in Bezug auf Restkontamination, Rückstände chemischer Stoffe und Veränderung der funktionellen Leistung genannt hat, wird die Kommission prüfen, welche Maßnahmen für einen Vorschlag im Rahmen der Neufassung der Medizinprodukterichtlinie in Bezug auf die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten geeignet sind, damit ein hohes Schutzniveau für die Patienten sichergestellt wird. Diese Prüfung wird auch mögliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgen berücksichtigen, die die geplanten Maßnahmen nach sich ziehen könnten.

    ANHANG

    Antworten des SCENIHR auf den Auftrag

    Stellt die Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte eine Gefahr für die menschliche Gesundheit (von Patienten, Anwendern und ggf. anderen Personen) dar, indem sie beispielsweise Infektionen, Kreuzkontaminationen und/oder Verletzungen verursacht?

    Durch unzureichende Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation bei der Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten entsteht die Gefahr einer bleibenden biologischen Belastung, die bei der anschließenden Verwendung für Patienten und Anwender zu einem Infektionsrisiko führt, da ein Einmal-Medizinprodukt nicht zur Wiederaufbereitung bestimmt ist. Diese Gefahr, die auch bei Medizinprodukten auftritt, die zur Wiederaufbereitung und Wiederverwendung bestimmt sind, ist dadurch gekennzeichnet, dass Kontaminanten biologischen Ursprungs auf dem Einmal-Medizinprodukt vorhanden sind, einschließlich Proteine und Mikroorganismen, wie Bakterien und Viren. Außerdem bilden Rückstände der zur Reinigung, Desinfektion oder Sterilisation verwendeten Chemikalien die Gefahr toxischer Reaktionen. Ferner können Veränderungen der Leistung des Medizinprodukts aufgrund der Wiederaufbereitung die Gefahr der Fehlerhaftigkeit in anschließenden medizinischen Verfahren mit sich bringen. Besonders besorgniserregend ist die mögliche Kontamination mit übertragbaren Krankheitserregern wie Prionen, deren Beseitigung und Inaktivierung nicht möglich sind oder die für Einmal-Medizinprodukte üblicherweise verwendeten Materialien beschädigen würden.

    Wenn ja, beschreiben Sie bitte das Risiko für die menschliche Gesundheit.

    Da keine quantitativen Daten über eine mögliche biologische oder chemische Restkontamination nach der Wiederaufbereitung vorliegen, lässt sich das Risiko, das mit der Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte einhergeht, nicht quantifizieren.

    Einige experimentelle Laborsimulationsstudien haben gezeigt, dass nach der Wiederaufbereitung ein Risiko sowohl mikrobiologischer als auch chemischer Rückstände besteht. Die Zahl der dokumentierten Zwischenfälle ist sehr gering, doch ist anzunehmen, dass nicht alle Zwischenfälle gemeldet werden. In dem in den USA vorhandenen Register[28] wurde kein erhöhtes Risiko für Patienten durch wiederaufbereitete Medizinprodukte verzeichnet. Die Tatsache, dass offenbar kein erhöhtes Risiko besteht, lässt sich teilweise auf die Einschränkungen zurückführen, die in den USA für die Wiederverwendung wiederaufbereiteter Medizinprodukte gelten.

    Wenn ja, unter welchen Bedingungen oder bei welcher Verwendung stellt die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten ein Risiko dar? Bitte berücksichtigen Sie dabei insbesondere Folgendes:

    - Verwendungszweck des Medizinprodukts,

    - verwendetes Wiederaufbereitungsverfahren: Reinigung, Sterilisation und/oder Desinfektion (im Allgemeinen je nach Material des Medizinprodukts) und fehlende Anleitung für das zu verwendende Wiederaufbereitungsverfahren und

    - sonstige Merkmale, wie Funktionalität, Handhabung, Ausgangsmaterial oder Gestaltung des Medizinprodukts.

    Das Risiko ist am höchsten, wenn das wiederaufbereitete Einmal-Medizinprodukt in einem kritischen Verfahren eingesetzt wird, d. h. in einem invasiven medizinischen Eingriff. Im Gegensatz dazu ist das Risiko der Verwendung wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte in nicht kritischen medizinischen Verfahren viel geringer.

    Die Gestaltung und die Wahl des Materials des Einmal-Medizinprodukts sind sehr wichtig für das Ergebnis der Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation und das Risiko einer bleibenden biologischen Belastung.

    Die Wahl des Reinigungs-, Desinfektions- und/oder Sterilisationsverfahrens muss von der chemischen Zusammensetzung und der Art des Einmal-Medizinprodukts abhängen. Ungeeignete Verfahren können zum Eindringen chemischer Kontaminanten mit unerwünschten biologischen Auswirkungen führen.

    Mögliche Veränderungen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften (z. B. Steifheit, Brüchigkeit und Oberflächeneigenschaften) des Materials eines wiederaufbereiteten Einmal-Medizinprodukts können ein Risiko hinsichtlich der Leistung des Produkts darstellen. Bei wiederholten Wiederaufbereitungszyklen kann Materialermüdung erfolgen, die zur Fehlerhaftigkeit des Medizinprodukts führen kann.

    Auch die Ermittlung und Rückverfolgbarkeit wiederaufbereiteter Einmal-Medizinprodukte können ein weiteres Problem darstellen. Bei hochentwickelten und komplexeren Medizinprodukten kann sich auch die Notwendigkeit ständig verfügbarer Dokumentation für die ordnungsgemäße Verwendung des Medizinprodukts als problematisch erweisen.

    Empfehlung des SCENIHR

    Nicht alle Einmal-Medizinprodukte eignen sich wegen ihrer Eigenschaften oder Komplexität für eine Wiederaufbereitung. Die Möglichkeit der Wiederaufbereitung hängt von dem verwendeten Material und der Form des Medizinprodukts ab. Um mögliche Gefahren, die mit der Wiederaufbereitung bestimmter Einmal-Medizinprodukte einhergehen, zu erkennen und zu verringern, muss der gesamte Wiederaufbereitungszyklus von der Einsammlung dieser Einmal-Medizinprodukte nach dem (ersten) Gebrauch bis zur endgültigen Sterilisation und Auslieferung ebenso wie die funktionelle Leistung des Produkts bewertet und validiert werden.

    [1] ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1.

    [2] ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17.

    [3] ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1.

    [4] Anhang I Nummer 13.3 Buchstabe f der Richtlinie 93/42/EWG.

    [5] Anhang I Nummer 13.6 Buchstabe h der Richtlinie 93/42/EWG.

    [6] ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21.

    [7] Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe n der Richtlinie 93/42/EWG.

    [8] Anhang I Nummer 13.3 Buchstabe f der Richtlinie 93/42/EWG.

    [9] Anhang I Nummer 13.6 Buchstabe h der Richtlinie 93/42/EWG.

    [10] http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/detail.cfm?ref=1574&l=M.

    [11] http://ec.europa.eu/consumers/sectors/medical-devices/files/guide-stds-directives/synthesis_en.pdf.

    [12] http://ec.europa.eu/enterprise/newsroom/cf/itemshortdetail.cfm?item_id=3280.

    [13] http://ec.europa.eu/consumers/sectors/medical-devices/files/pdfdocs/summary_5_12_2008_workshop_en.pdf.

    [14] http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scenihr/04_scenihr_en.htm.

    [15] Anhang I Nummer 13.6 Buchstabe h der Richtlinie 93/42/EWG.

    [16] Nationales Institut für Gesundheit und Umwelt – "Reprocessing of medical devices, Possibilities and limiting factors" („Wiederaufbereitung von Medizinprodukten – Möglichkeiten und Grenzen“).

    [17] http://www.fda.gov/MedicalDevices/DeviceRegulationandGuidance/ReprocessingofSingle-UseDevices/default.htm.

    [18] http://www.tga.gov.au.

    [19] Artikel 222 Absatz 5, Ministerielle Verordnung über Arzneimittelrecht.

    Notifizierung des Generaldirektors, Büro für Arzneimittel und Lebensmittelsicherheit, Yakusyokuhatsu #0310003, März 10, 2005.

    [20] http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_027.pdf.

    [21] http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scenihr/docs/scenihr_o_004.pdf.

    [22] Alvarado CJ. Revisiting the Spaulding classification scheme. In: Rutala WA, editor. Chemical germicides in healthcare. Washington DC: APIC; 1994. S. 203-8.

    [23] http://www.who.int/medical_devices/publications/en/MD_Regulations.pdf.

    [24] Anhang I Nummer 13.6 Buchstabe h der Richtlinie 93/42/EWG.

    [25] Jacobs. P and al. Economic analysis of reprocessing single use medical devices: a systematic literature review. Infect Control Hosp Epidemiol 2008; 29:297-301.

    [26] The impact of reprocessing single use devices in Belgium - An economic study - Larmuseau David, Siok Swan Tan - Erasmus MC University Medical Center, Institute for Medical Technology Assessment, Rotterdam, Niederlande – April 2008.

    [27] Dr. Matthias Tschoerner, Reprocessing of highly complex medical devices, Zugang am 22.4.2010 unter http://www.eamdr.com/mm/Matthias_Tschoerner.pdf.

    [28] http://www.gao.gov/new.items/d08147.pdf .

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