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Document 52008DC0312
Communication from the Commission to the Council and the European Parliament - Addressing the international challenge of nuclear safety and security
Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Umgang mit der internationalen Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung
Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Umgang mit der internationalen Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung
/* KOM/2008/0312 endg. */
Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Umgang mit der internationalen Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung /* KOM/2008/0312 endg. */
[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN | Brüssel, den 22.5.2008 KOM (2008) 312 endgültig MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT Umgang mit der internationalen Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung (von der Kommission vorgelegt) MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT Umgang mit der internationalen Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung 1. EINLEITUNG Der Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986 hat deutlich gemacht, welche katastrophalen Folgen eine mangelhafte Auslegung von Kernkraftwerken in Ländern mit einer unzureichenden Sicherheitskultur und inadäquaten Rahmenvorschriften für die Betriebssicherheit und die Aufsicht haben kann. Weltweit ist ein Anstieg der Anzahl der Kernkraftwerke (KKW) zu erwarten, da die internationalen Akteure sich um die Erhöhung der Energieversorgungssicherheit bemühen, indem sie ihren Energiemix diversifizieren; dadurch sollen trotz chronisch hoher Ölpreise die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder Treibhausgasemissionen verringert oder vermieden werden. Ziel dieser Mitteilung ist es, die durch die zunehmende Verbreitung der Kernenergienutzung aufgeworfene Problematik der nuklearen Sicherheit und Sicherung darzulegen und Empfehlungen zu folgenden Aspekten abzugeben: 1. zu Schlüsselbereichen, in denen die EU einen Mehrwert erbringen kann, 2. zu einem Arbeitsprogramm auf der Grundlage geografischer und technischer Prioritäten, 3. zu den möglichen Bestandteilen eines Pakets für nukleare Sicherheit und Sicherung als Unterstützung für Drittländer. 2. VERBREITUNG DER KERNENERGIENUTZUNG Die Kernenergieerzeugung ist etablierter Bestandteil des Energiemixes in einer Reihe von Industrieländern, von denen einige ihre Nutzung noch verstärken wollen. So haben Russland und China angekündigt, dass sie ihre jeweiligen Kernkraftkapazitäten bis 2020 um mehr als 20 GW erhöhen werden. Russland weitet außerdem den Verkauf von Kerntechnik aus und hat Kernkraftwerke an China und Indien (im Bau befindlich) verkauft sowie unlängst einen Vertrag über den Bau eines KKW in Bulgarien geschlossen. Eine Reihe von Ländern, die bisher keine Kernenergie erzeugen, hat Interesse am Bau von KKW bekundet. Davon liegen einige in der Nachbarschaft der EU (Jordanien, Ägypten, Tunesien, Algerien, Marokko, Belarus), während andere wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Vietnam, Thailand, Chile und Venezuela weiter entfernt sind. Die Arabische Liga und der Golf-Kooperationsrat fördern ebenfalls die Nutzung von Kernenergie durch ihre Mitglieder. Einige der diesen Gruppierungen angehörenden Länder liegen in geopolitisch heiklen Regionen. So ist beispielsweise die Problematik rund um die nukleare Entwicklung Irans wohlbekannt. Die EU verfügt über eine weit entwickelte kerntechnische Industrie und dank ihrer langjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet über die Fähigkeit, mit Partnern, die KKW bauen oder einen Bau beabsichtigen, zusammenzuarbeiten, um zu gewährleisten, dass sämtliche kerntechnischen Tätigkeiten entsprechend den höchstmöglichen Standards für die Sicherheit und Sicherung abgewickelt werden. Die nukleare Sicherheit und die Nichtverbreitung von Kernmaterial sind zwei voneinander untrennbare Säulen der EU-Politik auf diesem Gebiet. 3. NUKLEARE SICHERHEIT 3.1. Anknüpfung an das Tacis-Programm für nukleare Sicherheit Nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 verfügten einige der NUS-Staaten über Kernkraftwerke unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Auslegung, doch ihnen fehlten die notwendigen wirtschaftlichen Ressourcen, unabhängigen Kapazitäten und Strategien für das Sicherheitsmanagement, um sie auf westliche Standards zu bringen. Die IAEO wurde beauftragt, in allen mitteleuropäischen Ländern und den NUS die Mängel in der nuklearen Sicherheit zu ermitteln. Um auf diese Herausforderungen einzugehen, wurde das Tacis-Programm für nukleare Sicherheit entwickelt, das der 1992 in München von den G7 verabschiedeten Strategie Rechnung trug[1]. Die seit 1991 im Rahmen des Tacis-Programms für nukleare Sicherheit geleistete Unterstützung, vor allem für Russland und die Ukraine und in geringerem Umfang für Kasachstan und Armenien, muss fortgesetzt werden. Hier besteht Konsolidierungsbedarf und bestimmte traditionelle Aufgaben, wie die Unterstützung für die Aufsichtsbehörden, müssen auch in absehbarer Zukunft erfüllt werden. Die direkt an den KKW-Standorten erbrachte Hilfe, die sich zunehmend auf die Betriebssicherheit verlagert, muss ebenfalls fortgesetzt werden. In Russland ist es wichtig, die Entwicklung der Reaktoren der ersten Generation weiterzuverfolgen, die die international anerkannten Normen für nukleare Sicherheit nicht erfüllen, deren Modernisierung in der EU jedoch als unökonomisch gilt. Dieses Thema muss im Kontext des Elektrizitätshandels zwischen dem UCTE-System und dem IPS/UPS-System erörtert werden, um eine Verpflichtung Russlands zu einer baldigen Abschaltung der betreffenden Reaktoren zu erwirken. Die Beseitigung der Altlasten der Nordmeerflotte in Nordwestrussland wird fortgesetzt. Die Entfernung und Lagerung radioaktiver Abfälle aus Atom-U-Booten, Eisbrechern, Wasser- und Landstützpunkten werfen große technische und finanzielle Probleme auf. Die EG hat über das Tacis-Programm für nukleare Sicherheit 40 Mio. EUR für die Nuklearkomponente des Fonds für die Umweltpartnerschaft der Nördlichen Dimension bereitgestellt und mehrere Projekte und Studien auf diesem Gebiet durchgeführt. Eine weitere Finanzierung ist geplant. In der Ukraine ist die EU ein wichtiger Geber für den Fonds für die Ummantelung des Tschernobyl-Reaktors (Chernobyl Shelter Fund - CSF), zu dem sie bisher mit 240 Mio. EUR beigetragen hat, und für den Fonds für nukleare Sicherheit (Nuclear Safety Account - NSA), der Projekte im Zusammenhang mit der Stilllegung der Anlage finanziert. Beide Fonds werden von der EBWE verwaltet. Darüber hinaus führt die Kommission weitere Projekte durch, zu denen auch der Industrielle Komplex für die Entsorgung fester radioaktiver Abfälle zählt, in den Tacis-Finanzmittel von insgesamt 50 Mio. EUR flossen. Es bedarf zusätzlicher Mittelzusagen, um Projekte im Rahmen des CSF und des NSA zu finanzieren. Die Euratom-Darlehensfazilität wurde eingesetzt, um ein Darlehen von 83 Mio. USD für das Modernisierungsprogramm der Blöcke Rowno 4 und Khmelnitzki 2 (K2R4-Projekt) bereitzustellen. Wie in Russland werden die Nuklearaufsichtsbehörden in absehbarer Zukunft weiter unterstützt. Die direkt an den KKW-Standorten erbrachte Hilfe, die sich zunehmend auf die Betriebssicherheit verlagert, muss ebenfalls fortgesetzt werden. Die 2005 mit der Ukraine unterzeichnete Vereinbarung über energiepolitische Zusammenarbeit[2] sieht eine Bewertung der Sicherheit der ukrainischen KKW vor. Ein gemeinsames Projekt der Kommission, der IAEO und der Ukraine zu diesem Zweck, das größtenteils aus dem Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit finanziert wird, ist kürzlich angelaufen. Die EU macht ihre Unterstützung für einen späteren Beitritt der Ukraine zur Energiegemeinschaft davon abhängig, dass eine Beurteilung der nuklearen Sicherheit aller in Betrieb befindlichen ukrainischen KKW zufrieden stellend ausfällt. Auch die ukrainische Elektrizitätsgesellschaft ist laut dem Vertrag über das Euratom-Darlehen für das K2R4-Projekt zur Erhöhung der Sicherheit der Anlagen verpflichtet. In Armenien wurde das KKW Medzamor, ein Sowjet-Reaktor der ersten Generation, 1988 bei einem schweren Erdbeben beschädigt und wurde anschließend abgeschaltet. Aufgrund der Energieknappheit beschloss die Regierung im Jahr 1995 allerdings, Block 2 des KKW wieder anzufahren. Die EU drängt die armenische Regierung, ein festes Abschaltungsdatum für das KKW festzulegen, hat allerdings gleichzeitig in Absprache mit anderen Gebern unter Schirmherrschaft der IAEO 25 Mio. EUR gezahlt, damit die dringendsten sicherheitstechnischen Verbesserungen vorgenommen werden können. Die armenische Regierung hat inzwischen angekündigt, sie wolle das KKW 2016 endgültig abschalten. Dieser Termin ist für die internationale Gemeinschaft nicht akzeptabel und die EU drängt die armenische Regierung weiter zu einer früheren Abschaltung. Dennoch muss die Unterstützung für weitere kurzfristige Sicherheitsverbesserungen fortgesetzt werden, um die Risiken zu verringern, die vor allem für die Südkaukasusregion mit dem Weiterbetrieb der Anlage verbunden sind. Was Kasachstan anbelangt, so arbeitete eine Gruppe internationaler Geber unter Führung der IAEO einen Beurteilungsplan für das Atomwaffentestgelände Semipalatinsk aus, nachdem die kasachische Regierung die internationale Gemeinschaft um Unterstützung gebeten hatte. Die umfassende Beteiligung der Kommissionsdienststellen an diesen Arbeiten mündete in ein Kommissionsprojekt zur Überwachung des Standorts. Darüber hinaus wird die Kommission weitere Projekte im Zusammenhang mit der Stilllegung des KKW Aktau finanzieren. Die Kommissionsdienststellen wirken nach wie vor aktiv in der G8-Gruppe „Nukleare Sicherheit und Sicherung“ mit, die die 1992 gegründete Arbeitsgruppe der G7 für nukleare Sicherheit abgelöst hat. Diese Gruppe arbeitete das von der internationalen Gemeinschaft zu finanzierende Programm für Verbesserungen der nuklearen Sicherheit in den NUS/MOEL aus. 1995 handelte die G7-Arbeitsgruppe für nukleare Sicherheit eine Vereinbarung zwischen der Ukraine, den G7 und der Kommission aus, die im Dezember 2000 zur Abschaltung des letzten Reaktorblocks in Tschernobyl führte. Die Arbeitsgruppe hat eine entscheidende Rolle bei der Einholung zusätzlicher Mittelzusagen zur Deckung der systematischen Kostenerhöhungen der Tschernobyl-Projekte und bei der Durchführung internationaler Initiativen für nukleare Sicherheit und Sicherung gespielt. 3.2. Neue Projekte für die nukleare Sicherheit Die Tatsache, dass einige Partnerländer planen, entweder ein Atomprogramm ins Leben zu rufen oder ihre entsprechenden Aktivitäten auszuweiten, stellt die EU vor neue Herausforderungen. Die meisten „Entwicklungsländer“, die ein Atomprogramm einleiten möchten, verfügen noch nicht über Rechts- und Verwaltungsstrukturen, die garantieren können, dass Sicherheit das oberste Gebot bei Auslegungs-, Bau- und Betriebsentscheidungen darstellt. Darüber hinaus mangelt es diesen Ländern häufig an den erforderlichen Sachkenntnissen und angemessenen industriellen Infrastrukturen. Dies wirft auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit und Sicherung Fragestellungen auf, die auch für die EU von Belang sind. Umfangreiche Hilfe von außen benötigen möglicherweise auch einige Länder, in denen bereits Atomprogramme laufen, insbesondere wenn diese weiter ausgebaut werden sollen. Da das Tacis-Programm für nukleare Sicherheit 2006 auslief, wurde ein neues Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit mit weltweitem Anwendungsbereich verabschiedet, um die Aktivitäten der Kommission auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit und der Sicherungsmaßnahmen fortzusetzen und zu verstärken. Die Mittelausstattung für dieses Instrument beträgt im Zeitraum 2007-2013 rund 524 Mio. EUR[3]. Außerdem bleibt die Euratom-Darlehensfazilität für Russland, die Ukraine und Armenien bestehen. Da der Hilfebedarf Russlands und der Ukraine abnimmt, während in Ländern außerhalb der NUS ein Bedarf entsteht, muss die Kommission prüfen, wo sie die Prioritäten für ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit und Sicherung in Drittländern[4] ansetzt. Die Ziele der künftigen Hilfe für Drittländer und der Zusammenarbeit mit ihnen lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Verbesserung der nuklearen Sicherheitskultur (einschließlich der Auslegungs- und der Betriebsphase), - Verbesserung des Schutzes vor ionisierender Strahlung, - Lösung der durch radioaktive Abfälle und abgebrannte Kernbrennstoffe aufgeworfenen Probleme, - Unterstützung bei der Anwendung von Sicherungsmaßnahmen im Nuklearbereich. Bei der Ausarbeitung von Programmen und Projekten zur Verwirklichung dieser Ziele werden finanzielle und personelle Sachzwänge berücksichtigt. 3.3. Andere Instrumente Der EU stehen verschiedene andere Mittel für den Ausbau der Zusammenarbeit zur Verfügung. Fragen der nuklearen Sicherheit und Sicherung werden durch den Euratom-Vertrag abgedeckt, der es der Kommission ermöglicht, mit Zustimmung des Rates internationale Übereinkünfte auf diesem Gebiet zu schließen[5]: So wurden mit mehreren Ländern - darunter Australien, Kanada, die Schweiz, die USA, Japan, Argentinien, die Ukraine und Usbekistan - Abkommen über die Förderung der Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie oder über kerntechnische Forschung geschlossen. Die EU hat außerdem beispielsweise mit der Ukraine und Kasachstan Abkommen über nukleare Sicherheit geschlossen. Die Gemeinschaft ist ferner Vertragspartei einer wachsenden Anzahl von internationalen Übereinkünften mit Drittländern und vertieft die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, insbesondere mit der IAEO, um die Nichtverbreitung von Kernmaterial sowie die nukleare Sicherheit und Sicherung zu fördern. Darüber hinaus stehen im Rahmen der Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen der EU im Nuklearbereich, zu denen das Siebte Euratom-Rahmenprogramm gehört, Mittel für indirekte und direkte Maßnahmen der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) zur Verfügung. Daraus könnten sich wichtige Synergieeffekte in den Bereichen nukleare Sicherheit und Sicherung ergeben. 4. SICHERUNG UND NICHTVERBREITUNG IM NUKLEARBEREICH 4.1. Derzeitige Lage Die nukleare Sicherheit (d. h. die sichere Auslegung, der sichere Betrieb und die sichere Stilllegung von Kernanlagen sowie die Regulierung der Abfallentsorgung) kann nicht von der Sicherung (physische Sicherung der Kernanlangen, Bekämpfung des illegalen Handels mit Kernmaterialien, Kontrolle herrenloser Strahlenquellen, Nachweiskapazität, Notfallmaßnahmen) getrennt werden. Angesichts des möglichen doppelten (friedlichen und militärischen) Verwendungszwecks bestimmter Materialien, Ausrüstungen und Kernanlagen[6] könnte der wachsende Einsatz von Kernkraft die Verbreitungsrisiken[7] erhöhen. Darüber hinaus bestehen ernstliche Bedenken, dass nichtstaatliche Akteure friedlich angelegte Kerntechniken für terroristische oder andere kriminelle Zwecke nutzen. Die Bekämpfung des Schmuggels von Kernmaterial erfordert den Aufbau neuer Kapazitäten auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Um auf die Bedrohungen einzugehen, die durch die Sicherungsmaßnahmen im Nuklearbereich abgewehrt werden sollen, wurden unlängst mehrere Initiativen eingeleitet, die die Überprüfungsmechanismen der IAEO, die Kontrollvorschriften für Nuklearexporte, die Grenzüberwachung und die „Multilateralisierung“ des Brennstoffkreislaufs[8] verbessern sollen. Die in der Ausarbeitung befindliche gemeinsame Erklärung der Kommission und der IAEO über die Vertiefung der Zusammenarbeit zielt ebenfalls auf die Verringerung der genannten Bedrohungen ab. Die EU fördert die oben genannten Maßnahmen durch die 2003 verabschiedete EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und durch uneingeschränkte Unterstützung für die Resolution 1540 des UN-Sicherheitsrats vom April 2004. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 17. November 2003 nimmt die EU auch in Abkommen mit Drittländern eine Nichtverbreitungsklausel auf. Darüber hinaus wird die Kommission darauf hinwirken, dass alle Länder, die zivile Atomprogramme durchführen oder anstreben, das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen (in der in Wien am 8. Juli 2005 geänderten Fassung) ratifizieren und umsetzen. Das Europäische Programm zum Schutz kritischer Infrastrukturen beinhaltet auch eine auswärtige Komponente, die den Abschluss spezifischer Vereinbarungen und den Austausch bewährter Methoden mit Drittländern vorsieht, um die Sicherung der kritischen Infrastrukturen zu verstärken. Die EU bemüht sich seit Beginn der 1990-er Jahre im Rahmen von Gemeinschaftsprogrammen und Gemeinsamen Aktionen des Rates um die Eindämmung der Verbreitungsrisiken (wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den NUS-Staaten liegt) und will mit Hilfe des kürzlich verabschiedeten Instruments für Stabilität die Risiken und Bedrohungen auf weltweiter Ebene angehen. Das Instrument für Stabilität erstreckt sich auf ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Verhütung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen[9]. Schließlich wird das Verbreitungsrisiko auch bei der derzeitigen Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie berücksichtigt. Eine sichere Versorgung mit Kernbrennstoffen ist auch ein wesentlicher Faktor für Länder, die KKW betreiben oder die Einleitung von Atomprogrammen planen. Langfristige Lieferbeziehungen sind für Lieferanten wie Nutzer von Kernmaterialien wichtig im Interesse eines gleichmäßigen und vorhersehbaren Funktionierens des Marktes. Euratom hat mit den bedeutendsten Lieferländern (z. B. Australien, Kanada, USA, Kasachstan) Kooperationsabkommen geschlossen, in denen regelmäßige Konsultationen zwischen den Vertragsparteien vorgesehen sind. Die Abkommen beinhalten Klauseln über die friedliche Nutzung von Kernmaterial und sehen die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen vor, die auch für Exporte von Kernmaterial in Drittländer gelten. 4.2. Künftige Tätigkeiten Die Gemeinschaft wird weiter Anstrengungen daran setzen, dass die höchstmöglichen Standards für die Nichtverbreitung, die Sicherheit und die Sicherung im Nuklearbereich, die innerhalb der Gemeinschaft weiterentwickelt werden, auch international eingehalten werden[10]. Sie sollte für die Möglichkeit einer verstärkten Zusammenarbeit mit Drittländern zur Förderung der Nichtverbreitung, Sicherheit und Sicherung offen bleiben. Wenn die Gemeinschaft Euratom-Abkommen mit internationalen Partnern aushandelt und unterzeichnet, wird sie sich darum bemühen, dass die Partner auch allen einschlägigen internationalen Übereinkünften beitreten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zur Thematik der Kompetenzen auf dem Gebiet der nuklearen Nichtverbreitung, die der Gemeinschaft durch den Euratom-Vertrag übertragen werden, eine gesonderte Mitteilung an den Rat und das Parlament richten wird. 5. VON DER EU ERBRACHTER MEHRWERT Jedes Land, das eine Nutzung von Kernkraft zu friedlichen Zwecken und eine strikte Einhaltung der international anerkannten Sicherheits- und Sicherungsanforderungen anstrebt, steht vor der Aufgabe, Kapazitäten (personelle und finanzielle Ressourcen sowie Infrastrukturen) aufzubauen und den gesetzlichen Rahmen und die Institutionen einzuführen, die für die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen erforderlich sind. Die EU kann über die Gemeinschaftsinstitutionen und die Mitgliedstaaten einen erheblichen Beitrag hierzu leisten, was ihren umfassenden Erfahrungen im Umgang mit Kernkraft, der Durchführung des Tacis-Programms für nukleare Sicherheit (s. oben) und den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten zu verdanken ist. Die Tätigkeit der Kommission wird sich ausschließlich auf Maßnahmen zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit und Sicherung konzentrieren, darunter Studien, Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, Institutionenaufbau und in wenigen Ausnahmefällen Bereitstellung von Ausrüstung für bestehende Kernkraftwerke. Besondere Aufmerksamkeit ist der Ausbildung im Bereich Sicherheit, Sicherung und Nichtverbreitung zu widmen, damit der Mangel an ausreichend geschultem Personal in den betreffenden Ländern ausgeglichen wird. Die Unterstützungspakete sollten so konzipiert werden, dass der Fortbestand der Maßnahmen gewährleistet ist, wenn die Unterstützung durch die EU endet. 6. PROGRAMMIERUNGSKRITERIEN FÜR DEN ZEITRAUM 2007-2013 Die Zusammenarbeit mit den Ländern, die Hilfe aus Tacis erhalten haben, wird zunächst fortgesetzt. Für die übrigen Länder werden die Finanzierungsprioritäten auf der Grundlage strategischer, geografischer und technischer Kriterien aufgestellt. 6.1. Strategische und geografische Kriterien Folgende strategische und geografische Überlegungen sollten zu gegebener Zeit berücksichtigt werden, wenn die Prioritäten für die Zuweisung der Hilfe für den Bereich nukleare Sicherheit und Sicherung festgelegt werden: - geografische, strategische und geopolitische Bedeutung des betreffenden Landes für die EU, einschließlich seiner geografischen Nähe sowie des Beitrags des Instruments für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit und des Instruments für Stabilität zur Verwirklichung der Ziele der Europäischen Nachbarschaftspolitik[11], - Kooperationsbereitschaft des Landes und Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf die Nichtverbreitung, - politische Stabilität des Landes und vor allem Fähigkeit zu einem langjährigen finanziellen Beitrag. 6.2. Technische Kriterien In technischer Hinsicht muss bei der Festlegung der Prioritäten für die Zusammenarbeit zwischen der EG und Drittländern berücksichtigt werden, - wie dringlich die Probleme[12] unter dem Aspekt der Sicherheit der Bürger und Anlagen sowie unter dem Aspekt der Sicherung sind und - inwiefern die Aufstellung eines glaubwürdigen Atomprogramms durch das Land unmittelbar bevorsteht. Die Drittländer können je nach Stand ihrer Erfahrungen mit Kernkraft und ihren Ambitionen in folgende Kategorien eingeteilt werden: - Länder mit in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken - Länder mit Forschungsreaktoren, unabhängig davon, ob sie ein Atomprogramm einleiten möchten oder nicht - Länder ohne Forschungsreaktoren, die ein Atomprogramm einleiten möchten Neben den Aspekten der nuklearen Sicherheit müssen einige Länder den Schutz vor ionisierender Strahlung verbessern und bei der Anwendung von Sicherungsmaßnahmen unterstützt werden. 7. SCHLUSSFOLGERUNGEN Angesichts der zunehmenden Verbreitung der Kernenergienutzung muss die EU auf ihrer bisherigen Politik und ihrem Sachwissen aufbauen und weiter mit ihren Partnern zusammenarbeiten, um die höchstmöglichen Standards für die nukleare Sicherheit und Sicherung zu fördern. Die Kommission wird mit ihren Partnern ermitteln, welche Art von Hilfe erbracht werden kann, um bewährte Methoden im Rahmen ziviler Atomprogramme zu fördern und bei geplanten Programmen sicherzustellen, dass der nuklearen Sicherheit und Sicherung in Entscheidungsprozessen, bei der Ausarbeitung und Ausführung von Plänen und beim anschließenden Betrieb von Kernkraftwerken uneingeschränkt Rechnung getragen wird. [1] Ein paralleles Programm wurde im Rahmen von Phare angenommen, um die nukleare Sicherheit in den einen EU-Beitritt anstrebenden Kandidatenländern zu verbessern. [2] Vereinbarung über energiepolitische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, unterzeichnet in Kiew am 1. Dezember 2005 vom amtierenden Präsidenten des Europäischen Rates, Blair, vom Präsidenten der Europäischen Kommission, Barroso, und vom Präsidenten der Ukraine, Juschtschenko. [3] Diese Mittel werden vor allem im Rahmen der Haushaltslinie 19 060 401 eingesetzt. [4] Länder, die unter das Instrument für Heranführungshilfe fallen, sind ausgenommen; dasselbe gilt grundsätzlich für Industrieländer bzw. Länder mit hohem Einkommen. [5] Kapitel 10 des Euratom Vertrags (Artikel 101). [6] Wie in der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck dargelegt. [7] Siehe Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen (geändert in Wien am 8. Juli 2005). [8] Ein Beispiel ist die Globale Kernenergiepartnerschaft (Global Nuclear Energy Partnership - GNEP) unter Führung der USA, in deren Rahmen ein Konsortium von Nationen mit fortgeschrittener Kerntechnik Brennstoff und Reaktoren an Länder liefert, die sich bereit erklären, von Tätigkeiten im Bereich des Brennstoffkreislaufs, wie Anreicherung und Wiederaufbereitung, abzusehen. Dabei handelt es sich um eine Art „Brennstoff-Leasing“, bei dem der Lieferant die Verantwortung für die Endlagerung der abgebrannten Brennstoffe übernimmt. [9] Diese Maßnahmen werden hauptsächlich aus der Haushaltslinie 19 060 201 finanziert. [10] Siehe Mitteilung der Kommission vom 10.1.2007, „Eine Energiepolitik für Europa“, KOM (2007) endg., S. 18 f. [11] Unter den Nachbarländern, die ein Atomprogramm einleiten möchten, sind die Maghreb- und die Maschrik-Länder wegen ihrer Nähe zur EU besonders wichtig. Eine zweite Priorität bildet der Nahe Osten. [12] Länder mit bestehenden Atomprogrammen müssen möglicherweise prioritär behandelt werden, vor allem wenn die Programme rasch an Umfang zunehmen und die Länder bisher nicht berücksichtigt wurden.