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Document 52006PC0555

Vorschlag für eine Entscheidung des RATES zur Ermächtigung des Vereinigten Königreichs, eine von Artikel 21 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Regelung anzuwenden

/* KOM/2006/0555 endg. */

52006PC0555

Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung des Vereinigten Königreichs, eine von Artikel 21 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Regelung anzuwenden /* KOM/2006/0555 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 28.9.2006

KOM(2006) 555 endgültig

Vorschlag für eine

ENTSCHEIDUNG DES RATES

zur Ermächtigung des Vereinigten Königreichs, eine von Artikel 21 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Regelung anzuwenden

(von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

HINTERGRUND DES VORSCHLAGS |

110 | Gründe und Ziele des Vorschlags Gemäß Artikel 27 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage kann der Rat auf Vorschlag der Kommission jeden Mitgliedstaat einstimmig ermächtigen, von der Richtlinie abweichende Regelungen anzuwenden, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhüten. Mit einem Schreiben, das am 10. Februar 2006 beim Generalsekretariat der Kommission registriert wurde, hat das Vereinigte Königreich eine Ermächtigung zur Einführung einer von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG abweichende Regelung beantragt. Gemäß Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG hat die Kommission die anderen Mitgliedstaaten am 18. Juli 2006 von diesem Antrag in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 hat die Kommission dem Vereinigten Königreich mitgeteilt, dass ihr sämtliche Informationen vorliegen, die sie zur Beurteilung des Antrags für erforderlich erachtet. |

120 | Allgemeiner Hintergrund Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung von Artikel 28g dieser Richtlinie bestimmt, dass die MwSt im inneren Anwendungsbereich in der Regel von dem Steuerpflichtigen an den Fiskus zu entrichten ist, der eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen durchführt bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringt. Das Vereinigte Königreich möchte für die Lieferung nachstehend genannter Gegenstände die Steuerschuldnerschaft umkehren, so dass die MwSt von dem steuerpflichtigen Empfänger der betreffenden Lieferung von Gegenständen oder der Dienstleistung geschuldet wird: Mobilfunkgeräte Computerchips, Mikroprozessoren, Zentraleinheiten elektronische Datenträger zum Einsatz in Computern, Mobilfunkgeräten oder besonderen elektronischen Geräten elektronische Geräte zur Speicherung, Verarbeitung oder Aufzeichnung elektronischer Daten wie zum Beispiel „handheld“ Digitalkameras und Camcorder, digitale Tonwiedergabegeräte wie MP3-Spieler, digitale Videogeräte und tragbare DVD-Spieler, schnurlose Geräte zur drahtlosen Übertragung elektronischer Daten mit E-Mail, Telefon, Internet, „handheld“ Computer, „handheld“-Geräte oder tragbare Geräte zur satellitengestützten Positionsbestimmung, Spielkonsolen mit Bildschirm oder zum Gebrauch mit Fernsehgerät oder Computer. Diese Maßnahme hätte zur Folge, dass der Preis, den der Kunde an den Lieferanten für diese Gegenstände bezahlt, keinen Mehrwertsteuerbetrag enthielte. Stattdessen würde der Kunde die Mehrwertsteuer auf diesen Umsatz in seiner eigenen Mehrwertsteuererklärung aufführen, und den normalen Regeln entsprechend würde er diesen Mehrwertsteuerbetrag auf der gleichen Steuererklärung auch abziehen. Auf derartige Umsätze zwischen voll steuerpflichtigen Personen würde daher keine Steuer bezahlt; erst der Einzelhändler, das letzte Glied in der Lieferkette, würde den gesamten Mehrwertsteuerbetrag ans Finanzamt entrichten. Damit möchte das Vereinigte Königreich von einem der Grundpfeiler des Mehrwertsteuersystems abweichen, nämlich der fraktionierten Steuerentrichtung, wonach jeder Steuerpflichtige in der Lieferkette einen Teil der insgesamt auf die Lieferung erhobene Mehrwertsteuer zahlt. Das Steuerbetrugsproblem im Vereinigten Königreich Lieferungen der genannten Gegenstände führen im Vereinigten Königreich seit längerem zu einem sehr hohen Umfang von Steuerhinterziehung. Die häufigste Form dieses Steuerbetrugs besteht darin, dass ein für Mehrwertsteuerzwecke registrierter Lieferant Rechnungen für Lieferungen ausstellt, dann aber verschwindet, ohne die Steuer zu entrichten, sein Kunde jedoch damit eine gültige Mehrwertsteuerrechnung erhält, aufgrund deren er die Vorsteuer abziehen kann. Das hat zum Ergebnis, dass der Fiskus keine Mehrwertsteuer auf die Lieferung erhält, dem nächsten Händler in der Lieferkette jedoch die Vorsteuer anrechnen muss, als wäre sie entrichtet worden. Bei dieser Betrugsform, dem so genannten „innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuerbetrug durch verschwundene Händler“ (Missing Trader Intra-Community Fraud, MTIC), handelt es sich inzwischen um einen ausgefeilten, durchgeplanten Angriff auf das Mehrwertsteuersystem, hinter dem oftmals das organisierte Verbrechen steht. Dabei wird eine von der Mehrwertsteuerübergangsregelung gebotene Möglichkeit genutzt, bei der Lieferungen eines Lieferanten in einem Mitgliedstaat an einen Kunden in einem anderen Mitgliedstaat im Abgangsmitgliedstaat nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Stattdessen entrichtet der Kunde im Ankunftsmitgliedstaat die Mehrwertsteuer (es handelt sich hier um eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft, wie bereits beschrieben, aber auf die eine Lieferung begrenzt). Verschwindet der Kunde, ohne die Mehrwertsteuer auf die Lieferung hochwertiger Gegenstände (wie diejenigen, auf die sich vorliegender Antrag bezieht) zu zahlen, so kann der Einnahmeausfall erheblich sein. Hinzu kommt, dass Personen, die derartige Betrügereien durchführen, häufig eine Stafette von Lieferungen organisieren, in denen ein und dieselben Gegenstände mehrfach zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten verbracht werden können (sogenannter Karussellbetrug). Der dem Fiskus entgangene Steuerbetrag kann damit ein Vielfaches des Steuerbetrags auf eine einzige Lieferung der Gegenstände betragen. Schätzungen zufolge haben derlei Betrugsfälle das Vereinigten Königreich seit 2001 zwischen 6 750 Mio. und 11 000 Mio. GBP gekostet. In den letzten Jahren hat das Vereinigte Königreich die Erfahrung gemacht, dass der Betrug in Antwort auf verschiedene staatliche Maßnahmen immer ausgefeilter wird und auf immer komplizierteren Verfahren beruht. Nach den letzten Schätzungen belaufen sich die MTIC-Einnahmeeinbußen 2004/05 auf zwischen 1 120 Mio. und 1 900 Mio. GBP. Eine Reihe von spezifischen Indikatoren deuten in letzter Zeit jedoch darauf hin, dass der Umfang der betrügerischen Tätigkeiten im Vereinigten Königreich noch weiter zunimmt, obwohl immer mehr Bemühungen unternommen werden, diese Form des Betrugs zu bekämpfen, und die allen Mitgliedstaaten im Rahmen des Gemeinschaftsrechts gebotenen Instrumente eingesetzt werden. Um dieser verbrecherischen Tätigkeit Einhalt zu gebieten, möchte die Regierung des Vereinigten Königreichs das Verfahren der Schuldnerschaftsumkehr anwenden. Ihrer Ansicht nach würde ein solches Verfahren diesen Betrug beseitigen, da die Möglichkeit betrügerischer Gewinne wegfallen würde. Wird keine Mehrwertsteuer erhoben, so könnte sich auch kein Händler auf und davon machen, ohne den Mehrwertsteuerbestandteil des ihm von seinem Kunden bezahlten Preises an den Fiskus zu entrichten. Das Verfahren würde begrenzt auf das Spektrum von Gegenständen, bei deren Lieferung offensichtlich die meisten MTIC-Fälle stattfinden; es hätte die Wirkung, weitere erhebliche Einnahmeausfälle zu verhüten. Da nur ein schmales Warenspektrum betroffen wäre, würde die vorgeschlagene Regelung nicht den Charakter eines allgemeinen Systems der Steuerschuldnerschaftumkehr haben, und dies sei auch nicht intendiert. Die Regelung würde somit das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem, das auf der fraktionierten Steuerentrichtung beruht, nicht grundlegend ändern. Gleichzeitig würde das Vereinigte Königreich Kontroll- und Aufzeichnungsverpflichtungen einführen, die den Steuerbehörden die Sicherheit bieten, dass die Maßnahme wirkt. Diese Verpflichtungen könnten denen entsprechen, die zur Zeit für die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen gelten. Aus Gründen der Vereinfachung möchte das Vereinigte Königreich eine Schwelle von 1 000 GBP (annähernd 1 480 EUR) festsetzen, unterhalb deren Lieferungen nicht der Regelung der Steuerschuldnerschaftumkehr unterliegen würden. Damit würden Einzelhändlern und kleineren Unternehmenskunden möglicherweise weniger Schwierigkeiten entstehen. Die Schwelle sollte jedoch so niedrig sein, dass Lieferungen nicht eigens zu dem Grunde aufgespalten werden, um der Regelung der Steuerschuldnerschaftumkehr zu entgehen. Beurteilung des Antrags durch die Kommission Wenn die Kommission Anträge gemäß Artikel 27 erhält, so prüft sie, ob die Grundvoraussetzungen für ihre Genehmigung erfüllt sind, nämlich dass die beantragte Ausnahmeregelung die Verfahren für die Steuerpflichtigen oder die Steuerverwaltung vereinfacht oder Steuerhinterziehung bzw. -umgehung verhindert. Die Kommission geht dabei stets vorsichtig vor, damit die Ausnahmeregelungen nicht das allgemeine MwSt-System untergraben. In diesem Kontext ist auch ihr Vorschlag aus dem Jahr 2005 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer, zur Unterstützung der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung und zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen[1] zu sehen; die Richtlinie gestattet es allen Mitgliedstaaten, Ausnahmeregelungen anzuwenden, die sich als nützlich und wirksam erwiesen haben. So ist die Kommission in der Regel nicht ohne Weiteres bereit, die Genehmigung eines Antrags auf Anwendung der Steuerschuldnerschaftumkehr vorzuschlagen, da mit einer solchen Maßnahme ein Kernbestandteil des MwSt-Systems, die fraktionierte Entrichtung der Steuer, aufgehoben wird. Zwar lässt sich die Sonderreglung für Anlagegold nach Artikel 26b der Sechsten MwSt-Richtlinie als fest vorgesehene Umkehrung der Steuerschuldnerschaft beschreiben, doch gelten diese Bestimmungen nur für einen einzigen, eng umrissenen Bereich. Schlussfolgerung Mit seinem Antrag möchte das Vereinigte Königreich anhand von Artikel 27 eine grundlegende Änderung am Mehrwertsteuersystem vornehmen, indem - wenn auch beschränkt auf ein bestimmtes Spektrum von Gegenständen - die Steuerschuldnerschaft allgemein umgekehrt wird. Das würde bedeuten, dass Steuerpflichtige in den betroffenen Wirtschaftszweigen in der Praxis mit drei unterschiedlichen Steuerregelungen zu tun hätten: dem „klassischen“ Mehrwertsteuersystem der Regelung der Steuerschuldnerschaftumkehr für Lieferungen zwischen Unternehmen bei Vorliegen bestimmter Kriterien und dem innergemeinschaftlichen System. Dies würde die Buchführungspflichten der Unternehmen weiter komplizieren. Auch hätten alle Unternehmen der betreffenden Sektoren, also eben gerade auch die steuertreuen Händler, zusätzliche Auflagen zu beachten (Überprüfung des Charakters der Kunden, Aufzeichnungen über getätigte Umsätze). Darüber hinaus würde die Anwendung des Prinzips der umgekehrten Steuerschuldnerschaft neue Betrugsmöglichkeiten eröffnen, insbesondere auf der Ebene des Endverbrauchs, so dass geeignete Kontrollmaßnahmen erforderlich wären, die gewährleisten, dass wegen des Fehlens eines normal funktionierenden fraktionierten Steuerentrichtungssystems der Endverbraucher die Gegenstände unversteuert kaufen kann. Trotz all dieser Nachteile ist die Kommission allerdings der Auffassung, dass der Antrag den Anforderungen des Artikels 27 gerecht wird. Durch die Maßnahme dürfte nämlich die gegenwärtig durch MTIC-Betrügereien gekennzeichnete Situation beseitigt werden können; sie ist also auf die Bekämpfung eines bestimmten Typs von Steuerbetrug ausgerichtet. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die Maßnahme angesichts des Umfangs des Betrugs einerseits und der rechtmäßigen Tätigkeit in dem betreffenden Sektor andererseits noch verhältnismäßig ist. Die Maßnahme ist recht breit angelegt, denn sie betrifft einen großen Teil des Elektroniksektors; nach Angaben des Vereinigten Königreichs sind jedoch die Anzahl der betroffenen Steuerpflichtigen und die wirtschaftliche Bedeutung ihrer Tätigkeit beschränkt (rund 22 500 von insgesamt 1 900 000 zu Mehrwertsteuerzwecken registrierten Unternehmen). In Anbetracht der äußerst hohen Mehrwertsteuereinnahmen, die auf dem Spiel stehen, und der relativ begrenzten zusätzlichen Belastungen des rechtmäßigen Handels entspricht ein weiter Anwendungsbereich offensichtlich durchaus dem Regelungszweck des Artikels 27. Gleichzeitig gilt es aber auch zu berücksichtigen, dass andere Mitgliedstaaten ähnlich gelagerten Betrugssituationen ausgesetzt sind (bei denselben und auch anderen Kategorien von Gegenständen) und daher ähnliche Ausnahmen von Artikel 21 der Sechsten Richtlinie anstreben könnten. Dies könnte dazu führen, dass die Steuerpflichtigen in verschiedenen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlichen Verpflichtungen unterliegen, was den Anforderungen eines gut funktionierenden Binnenmarktes entgegenstünde. Daher müssen in der Entscheidung, mit der dem Antrag stattgegeben wird, auch die Kernbestandteile der Anwendung der Regelung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft definiert und die Maßnahme zeitlich so befristet werden, dass bewertet werden kann, inwieweit die Maßnahme sowohl den festgestellten MTIC-Betrug als auch die Nichtbesteuerung der Gegenstände beim Verkauf an den Endverbraucher verhindert und wie sie sich auf die Funktionsweise des Binnenmarktes auswirkt. Aufgrund dessen wird vorgeschlagen, die Anwendung der Steuerschuldnerschaftumkehr bis zum 31. Dezember 2009 zu genehmigen. |

139 | Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet Keine |

141 | Übereinstimmung mit anderen Politikbereichen und Zielen der Europäischen Union Der Vorschlag entspricht der Zielsetzung, den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs zu unterstützen. |

ANHÖRUNG DER BETEILIGTEN UND FOLGENABSCHÄTZUNG |

Anhörung der Beteiligten |

219 | Entfällt |

Einholung und Einsatz von Fachwissen |

229 | Externes Expertenwissen war nicht erforderlich. |

230 | Folgenabschätzung Mit der vorgeschlagenen Entscheidung soll Mehrwertsteuerbetrug bekämpft werden; dies dürfte sich positiv auf die Mehrwertsteuereinnahmen auswirken. Jedoch hat die Maßnahme Nachteile für Unternehmen, denn die Regelung weicht von der für normale Lieferungen von Gegenständen ab. Dies kompliziert die Buchführung für Unternehmen, die nicht ausschließlich mit den Gegenständen handeln, auf die sich die Ausnahmeregelung bezieht. Auch die in Betracht gezogenen Kontrollmechanismen werden für den betroffenen Wirtschaftszweig zusätzliche Verpflichtungen mit sich bringen. Eine Vereinfachung im Sinne des Artikels 27 stellt die Sonderregelung also auf keinen Fall dar, sondern dient ausschließlich dazu, Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern. Freilich gibt es keine Garantie dafür, dass die vom Vereinigten Königreich in Betracht gezogene Maßnahme den betreffenden Steuerbetrug beseitigt, weshalb die Kommission eine kurze Laufzeit der Sonderregelung vorschlägt. Die Auswirkungen der Maßnahme werden durch den eingeschränkten Anwendungsbereich auf jeden Fall begrenzt ausfallen; zu der Wirksamkeit der Maßnahme hingegen wird das Vereinigte Königreich eine Bewertung vornehmen, deren Ergebnisse sie der Kommission mitteilt. |

RECHTLICHE ELEMENTE DES VORSCHLAGS |

305 | Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme Ermächtigung des Vereinigten Königreichs zur Anwendung einer von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates abweichenden Regelung zur Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei inländischen Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Computerchips und Mikroprozessoren, elektronischen Datenträgern und „handheld“-Elektronikgeräten zur Speicherung, Verarbeitung oder Aufzeichnung elektronischer Daten. |

310 | Rechtsgrundlage Artikel 27 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage. |

329 | Subsidiaritätsprinzip Der Vorschlag fällt unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Daher findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung. |

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: |

331 | Die Entscheidung betrifft die Ermächtigung eines Mitgliedstaats auf dessen eigenen Antrag hin und stellt keine Verpflichtung dar. |

332 | Wegen des beschränkten Anwendungsbereichs der Ausnahmeregelung und der Größenordnung der fraglichen Steuerausfälle ist die Maßnahme dem angestrebten Ziel angemessen. |

Wahl des Instruments |

341 | Vorgeschlagene Instrumente: Sonstige. |

342 | Andere Instrumente wären aus folgenden Gründen nicht angemessen: Nach Artikel 27 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Mehrwertsteuer dürfen die Mitgliedstaaten nur dann von den gemeinsamen MwSt-Vorschriften abweichen, wenn der Rat sie hierzu auf Vorschlag der Kommission einstimmig ermächtigt. Eine Entscheidung des Rates ist das einzige geeignete Rechtsinstrument. |

AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT |

409 | Der Vorschlag hat keine nachteiligen Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt. |

WEITERE ANGABEN |

Überprüfungs-/Revisions-/Verfallsklausel |

533 | Der Vorschlag enthält eine Verfallsklausel. |

E-5037 |

1. Vorschlag für eine

ENTSCHEIDUNG DES RATES

zur Ermächtigung des Vereinigten Königreichs, eine von Artikel 21 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Regelung anzuwenden

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage[2], insbesondere auf Artikel 27 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission[3],

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit einem am 10. Februar 2006 beim Generalsekretariat der Kommission registrierten Schreiben beantragte das Vereinigte Königreich die Ermächtigung zur Einführung einer Sonderregelung, die von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG in Bezug auf den Steuerpflichtigen, der die Mehrwertsteuer (MwSt) schuldet, abweicht.

(2) Gemäß Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG setzte die Kommission die anderen Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 18. Juli 2006 von dem Antrag des Vereinigten Königreichs in Kenntnis. Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 teilte die Kommission dem Vereinigten Königreich mit, dass ihr sämtliche Informationen vorliegen, die sie zur Beurteilung des Antrags für erforderlich erachtet.

(3) Gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung des Artikels 28g dieser Richtlinie ist Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus der Steuerpflichtige, der die Lieferung durchführt. Die vom Vereinigten Königreich beantragte Sonderregelung bezweckt, die Steuerschuldnerschaft auf den Steuerpflichtigen zu übertragen, der die Lieferung empfängt, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen und ausschließlich im Falle der Lieferung von Mobilfunkgeräten, Computerchips und Mikroprozessoren, elektronischen Datenträgern und „handheld“-Elektronikgeräten zur Speicherung, Verarbeitung oder Aufzeichnung elektronischer Daten.

(4) In dem betreffenden Wirtschaftszweig begehen zahlreiche Händler Steuerhinterziehung, indem sie nach Verkauf der Gegenstände keine MwSt an die Steuerbehörden entrichten. Ihre Kunden hingegen haben eine gültige Rechnung erhalten und sind zum Steuerabzug berechtigt. In der aggressivsten Form dieses Steuerbetrugs, dem so genannten Karussellbetrug, werden dieselben Gegenstände mehrfach ohne MwSt-Zahlung an den Fiskus geliefert. Durch die Sonderregelung würde der Empfänger der Lieferung die Mehrwertsteuer schulden, so dass keine Gelegenheit zu dieser Form der Steuerhinterziehung bestünde. Der Betrag der geschuldeten MwSt bliebe hingegen unbeeinflusst.

(5) Um zu gewährleisten, dass die Sonderregelung tatsächlich wirkt, und um zu verhindern, dass die Steuerhinterziehung in Bezug auf andere Gegenstände oder auf der Einzelhandelsstufe begangen wird, sollte das Vereinigte Königreich geeignete Kontroll- und Aufzeichnungspflichten einführen. Die Kommission sollte über die entsprechenden Maßnahmen sowie über Beobachtung und Gesamtbewertung der Wirkungsweise der Ausnahmeregelung unterrichtet werden.

(6) Die Maßnahme steht zu dem verfolgten Ziel in einem angemessenen Verhältnis, da sie nicht allgemein Anwendung finden soll, sondern nur in einem bestimmten besonders risikoreichen Wirtschaftszweig und in Bezug auf bestimmte sorgfältig definierte Gegenstände, bei denen der Umfang der Steuerhinterziehung zu erheblichen Steuerausfällen geführt hat. Da es sich um einen kleinen Wirtschaftszweig handelt, lässt sich die Ausnahmeregelung nicht als einer allgemeinen Maßnahme gleichwertig ansehen.

(7) Die Ermächtigung sollte nur kurzzeitig gelten, da es sich nicht mit Sicherheit beurteilen lässt, ob die Ziele der Maßnahme erreicht werden, und da sich auch nicht im Vorhinein abschätzen lässt, wie sich die Maßnahme auf die Funktionsweise des MwSt-Systems im Vereinigten Königreich und in anderen Mitgliedstaaten auswirken wird; außerdem muss angemessen bewertet werden, wie sich die Maßnahme und ihre Anwendung auf die Funktionsweise des Binnenmarktes auswirken.

(8) Die Ausnahmeregelung hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die MwSt-Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In Abweichung von Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung von Artikel 28g dieser Richtlinie wird das Vereinigte Königreich ermächtigt, bei der Lieferung nachstehend genannter Gegenstände den steuerpflichtigen Empfänger als MwSt-Schuldner zu bestimmen:

(1) Mobilfunkgeräte, d.h. Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten;

(2) integrierte Schaltkreise wie Mikroprozessoren und Zentraleinheiten vor Einbau in Endprodukte;

(3) elektronische Datenträger und PC-Karten wie Speicherstifte, CD-Rom, SD-Karten zu Einsatz in Computern oder Geräten gemäß Ziffer 1 und 4;

(4) elektronische Geräte zur Speicherung, Verarbeitung oder Aufzeichnung elektronischer Daten:

(a) „handheld“ Geräte zur Aufnahme oder Wiedergabe von Ton oder Bild;

(b) „handheld“ digitale Abspielgeräte wie MP3-Spieler;

(c) „handheld“ digitale Videogeräte und tragbare DVD-Abspielgeräte;

(d) schnurlose Geräte zur drahtlosen Übertragung elektronischer Daten für E-Mail, Telefon, Internet usw.;

(e) „handheld“ oder tragbare satellitengestützte Positionsbestimmungsgeräte;

(f) Spielkonsolen mit Bildschirm oder zum Gebrauch mit Fernsehgerät oder Computer.

Die Ausnahmeregelung findet Anwendung auf Lieferungen von Gegenständen mit einem steuerbaren Wert von mindestens 1 000 GBP.

Artikel 2

Die Ausnahmeregelung im Sinne von Artikel 1 gilt unter dem Vorbehalt, dass das Vereinigte Königreich geeignete und wirksame Kontroll- und Aufzeichnungspflichten für Steuerpflichtige einführt, die Gegenstände liefern, auf die gemäß dieser Entscheidung die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft Anwendung findet.

Artikel 3

Das Vereinigte Königreich setzt die Kommission in Kenntnis, wenn es die Maßnahmen im Sinne der Artikel 1 und 2 beschlossen hat, und legt bis zum 31. Dezember 2008 der Kommission einen Bericht über die Gesamtbewertung der Wirkungsweise der betreffenden Maßnahmen vor; diese Bewertung bezieht sich insbesondere auf die Wirksamkeit der Sonderregelung und auf mögliche Hinweise darauf, dass die Steuerhinterziehung nunmehr verstärkt andere Gegenstände oder die Einzelhandelsstufe betrifft.

Artikel 4

Die Geltungsdauer dieser Entscheidung endet am 31. Dezember 2009.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gerichtet.

Geschen zu Brüssel am

Im Namen des Rates

Der Präsident

[…]

[1] KOM(2005) 89 vom 16.3.2005; wurde erlassen als Richtlinie 2006/69/EG (ABl. L 221 vom 12.8.2006, S. 9).

[2] ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/69/EG (ABl. L 221 vom 12.8.2006, S. 9).

[3] ABl. C […] vom […], S. […].

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