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Document 52006DC0159

Mitteilung der Kommission - Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen {SEK(2006) 439}

/* KOM/2006/0159 endg. */

52006DC0159

Mitteilung der Kommission - Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen {SEK(2006) 439} /* KOM/2006/0159 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 4.4.2006

KOM(2006) 159 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

{SEK(2006) 439}

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

1. ZWECK DER VORLIEGENDEN MITTEILUNG

In Artikel 49 EG-Vertrag (im folgenden als „EG“ bezeichnet) wird der Grundsatz festgelegt, dass die Mitgliedstaaten den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft gewährleisten müssen. Zu dieser Grundfreiheit gehört das Recht, dass ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Dienstleistungserbringer vorübergehend Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat entsenden kann, damit diese dort eine Dienstleistung erbringen. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass die Dienstleistungsfreiheit, ein Grundprinzip des Vertrags, nur durch Regelungen eingeschränkt werden kann, die sich durch die in Artikel 46 EG aufgeführten Gründe und durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigen lassen, und dies unter Beachtung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit.

Mit der Richtlinie 96/71/EG (im folgenden als „die Richtlinie“ bezeichnet) werden die im Aufnahmeland gültigen verbindlichen Regelungen für entsandte Arbeitnehmer festgelegt, indem sie einen „Kernbestand“ von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen festsetzt und diese für die Unternehmen verbindlich macht, die Arbeitnehmer in einen Mitgliedstaat entsenden, bei dem sich nicht um den Staat handelt, in dessen Hoheitsgebiet diese Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigt sind. Die Richtlinie hat eine klare soziale Zielsetzung: den entsandten Arbeitnehmern bestimmte Schutzvorschriften des Gastlandes zu garantieren, die der Arbeitgeber während der Entsendung beachten muss. Sie betreffen insbesondere:

- die Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten,

- den bezahlten Mindestjahresurlaub,

- die Mindestlohnsätze,

- die Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen,

- die Sicherheit, den Gesundheitsschutz und die Hygiene am Arbeitsplatz,

- Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren und Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen.

Die Mitgliedstaaten sind rechtlich verpflichtet, die zur Einhaltung der Richtlinie erforderlichen Bestimmungen zu verabschieden, im Falle einer Nichteinhaltung dieser Bestimmungen angemessene Maßnahmen zu ergreifen und zu gewährleisten, dass die Arbeitnehmer und/oder ihre Vertreter angemessene Maßnahmen ergreifen können, um die Beachtung der in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen durchzusetzen, sowie für eine Zusammenarbeit der Behörden zu sorgen.

Mit der Richtlinie will man ein Gleichgewicht herstellen zwischen einerseits dem Recht der Unternehmen, in Übereinstimmung mit Artikel 49 EG grenzüberschreitende Dienstleistungen anzubieten, und andererseits den Rechten der Arbeitnehmer, die vorübergehend ins Ausland entsandt werden, um diese Dienstleistungen zu erbringen.

In der Folge der Annahme am 16. Februar 2006 einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt hat die Kommission einen abgeänderten Vorschlag vorgelegt, in dem die Artikel 24 und 25 des ursprünglichen Vorschlags nicht mehr enthalten sind, die spezielle Bestimmungen für die Entsendung von Arbeitnehmern enthielten. Mit diesen Artikeln gedachte die Kommission bestimmte hinsichtlich der Entsendung von Arbeitnehmern bestehende administrative Anforderungen zu streichen. Mit deren Streichung gingen Maßnahmen zur Verstärkung der administrativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten einher.

Die Kommission hat es unternommen, Leitlinien zu dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der in den Artikeln 24 und 25 behandelten Verwaltungsverfahren anzubieten. Mit der vorliegenden Mitteilung wird den Mitgliedstaaten aufgezeigt, wie sie vorzugehen haben, um Übereinstimmung mit dem Acquis Communautaire in der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in seiner Rechtsprechung zu Artikel 49 EG herzustellen und um die von der Richtlinie verlangten Ergebnisse auf effizientere Weise zu erreichen. Aus den Informationen der Kommissionsdienststellen in dem Bericht SEK(2006) 439[1], der dieser Mitteilung beigefügt ist, geht hervor, dass bei dem Zugang zu Informationen, der administrativen Zusammenarbeit und der Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften noch beträchtliche Verbesserungen möglich sind, insbesondere dadurch, dass vorbildliche Verfahren ausfindig gemacht und verbreitet werden.

Diese Mitteilung berührt weder das Recht der Kommission, die im Vertrag vorgesehenen Verfahren einzuleiten, um die Einhaltung der Vertragsbestimmungen durch die Mitgliedstaaten zu garantieren, noch allgemeine Vorschriften in Bezug auf Visaregeln.

2. LEITLINIEN: KONTROLLMASSNAHMEN

In seiner Rechtsprechung[2] hat der Gerichtshof anerkannt, dass die Mitgliedstaaten überprüfen dürfen, dass der freie Dienstleistungsverkehr nicht missbraucht wird, zum Beispiel dadurch, dass Arbeitnehmer aus Drittstaaten auf den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats gebracht werden. Er hat auch eingeräumt, dass Kontrollmaßnahmen zulässig sind, mit denen man überprüfen will, dass Anforderungen beachtet werden, die hinwiederum aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Auf jeden Fall möchte die Kommission darauf hinweisen, dass die Mitgliedstaaten bei Kontrollen im Rahmen der Durchführung der Richtlinie gehalten sind, Artikel 49 EG zu beachten, und keine ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft einzuführen oder aufrechtzuerhalten. Der Gerichtshof hat bei verschiedenen Gelegenheiten hervorgehoben, dass diese Kontrollmaßnahmen so beschaffen sein müssen, dass – unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – die verfolgten Zielsetzungen erreicht werden, ohne dass die Dienstleistungsfreiheit mehr als nötig beschränkt wird[3].

2.1. Allgemein anwendbare Maßnahmen

Unter den von bestimmten Mitgliedstaaten durchgeführten Kontrollmaßnahmen, die eine Klarstellung auf der Grundlage der auf Artikel 49 EG gegründeten Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordern, kommt folgenden besondere Bedeutung zu[4]:

- Der Anforderung, über einen Vertreter im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats zu verfügen;

- der Anforderung, eine Genehmigung bei den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats einzuholen oder bei diesen gemeldet zu sein oder eine sonstige gleichartige Verpflichtung;

- der Anforderung, eine Erklärung abzugeben;

- der Anforderung, Personalunterlagen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats und/oder gemäß den in seinem Hoheitsgebiet geltenden Bedingungen bereitzuhalten und aufzubewahren.

a) Die Anforderung, über einen Vertreter mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats zu verfügen

Der Gerichtshof[5] hat die Anforderung, dass Unternehmen eine Zweigniederlassung im Inland errichten müssen, so bewertet, dass sie „praktisch die Negation der Dienstleistungsfreiheit darstellt“ . Die Verpflichtung, dass ein Dienstleistungserbringer einen Vertreter mit Wohnsitz in dem Mitgliedstaat benennen muss, um dort seine Dienstleistungen anbieten zu können, kommt der – vom Gerichtshof verurteilten – Anforderung nahe, eine Zustellungsanschrift bei einem zugelassenen Bevollmächtigten anzugeben, und erscheint unvereinbar mit Artikel 49 EG[6].

Im Urteil Arblade und Andere [7] vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass eine Verpflichtung, bestimmte Unterlagen am Wohnsitz einer im Aufnahmemitgliedstaat wohnenden natürlichen Person bereitzuhalten und aufzubewahren, die diese Unterlagen als vom Arbeitgeber bestimmter Bevollmächtigter oder von ihm bestimmte Aufsichtsperson führt, auch nachdem der Arbeitgeber die Beschäftigung von Arbeitnehmern in diesem Staat eingestellt hat, nur dann zulässig wäre, wenn die Behörden dieses Staates ihre Überwachungsaufgabe in Ermangelung einer derartigen Verpflichtung nicht wirksam erfüllen können. Diese Rechtsprechung muss fallweise ausgelegt werden, man kann jedoch davon ausgehen, dass zur Erfüllung dieser Aufgabe die Bezeichnung eines der entsandten Arbeitnehmer, zum Beispiel eines Vorarbeiters, der die Verbindung zwischen dem ausländischen Unternehmen und der Arbeitsaufsicht wahrnimmt, ausreichen müsste.

Schlussfolgerung: Auf der Grundlage der geltenden Rechtsprechung ist der Schluss zu ziehen, dass die von einem Mitgliedstaat gegenüber Unternehmen, die Arbeitnehmer in sein Hoheitsgebiet entsenden, erhobene Forderung, dass sie über einen Vertreter mit Wohnsitz in dem Aufnahmemitgliedstaat verfügen müssen, angesichts der Zielsetzung, die Kontrolle der Beschäftigungsbedingungen dieser Arbeitnehmer zu gewährleisten, unverhältnismäßig ist. Die Bezeichnung eines der entsandten Arbeitnehmer, zum Beispiel eines Vorarbeiters, der die Verbindung zwischen dem ausländischen Unternehmen und der zuständigen Aufsichtsbehörde wahrnimmt, müsste ausreichen. |

b) Die Anforderung, eine Genehmigung bei den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats einzuholen oder bei diesen gemeldet zu sein oder eine sonstige gleichartige Verpflichtung

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt eine nationale Regelung, die die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland generell und bei sämtlichen Wirtschaftstätigkeiten von der Erteilung einer behördlichen Genehmigung abhängig macht, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Artikel 49 EG dar (siehe insbesondere das Urteil Vander Elst[8]).

Die Ausübung bestimmter Tätigkeiten ist in den Mitgliedstaaten durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelt, die auch eine für jede Tätigkeit spezifische Genehmigungsregelung enthalten. Eine große Anzahl von Mitgliedstaaten sieht zum Beispiel im internen Bereich Genehmigungsregelungen für Zeitarbeitsunternehmen vor, mit dem Ziel, sicherzustellen, dass diese Unternehmen hinreichende Garantien für die Ausübung dieser Tätigkeit bieten.

Der Aufnahmemitgliedstaat ist nur bei bestimmten Aktivitäten berechtigt, unabhängig von der Entsendungssituation eine vorherige Genehmigung zu verlangen, unter der Bedingung, dass diese sich mit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses rechtfertigen lässt sowie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und mit den einschlägigen Vertragsbestimmungen zum freien Dienstleistungsverkehr vereinbar ist. Bei dieser Forderung müssen die bereits im Herkunftsmitgliedstaat durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen berücksichtigt werden.

Schlussfolgerung: Auf der Grundlage der geltenden Rechtsprechung ist der Schluss zu ziehen, dass eine Regelung, die die Entsendung von Arbeitnehmern von einer systematischen vorherigen Kontrolle abhängig machen würde, darunter auch von einer Forderung nach vorheriger Genehmigung oder Meldung eigens für die jeweilige Entsendung, unverhältnismäßig wäre. |

c) Die Anforderung, eine Erklärung abzugeben

Fast die Hälfte der Mitgliedstaaten machen den Dienstleistungserbringern, die Arbeitnehmer in ihr Hoheitsgebiet entsenden, zur Auflage, bei den Behörden vorher eine Erklärung abzugeben[9]. Anscheinend haben diese Erklärungen zum einen zum Ziel, die nationalen Behörden in die Lage zu versetzen, die über die Entsendung mitgeteilten Informationen bei Kontrollen vor Ort zu überprüfen, und zum anderen, die Arbeitsaufsichtsbehörden dabei zu unterstützen, Risikobewertungen vorzunehmen, damit sie ihre Kontrollen gezielt auf Situationen und Unternehmen mit hohem Risiko ausrichten können.

Bisher existiert kein spezifisches Urteil des Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Verpflichtung, im Zusammenhang mit einer Entsendung eine Erklärung abzugeben. In der Rechtssache Kommission gegen Luxemburg [10], bei der es um die Anforderung einer Arbeitserlaubnis für einen entsandten Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit eines Drittstaats im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung ging, hat der Gerichtshof Folgendes ausgeführt: „Würde ein Dienstleistungsunternehmen verpflichtet, den örtlichen Behörden im Voraus die Anwesenheit eines oder mehrerer entsandter Arbeitnehmer, die vorgesehene Dauer dieser Anwesenheit und die der Entsendung zugrunde liegende(n) Dienstleistung(en) anzuzeigen, so wäre dies eine Maßnahme, die ebenso wirksam wäre wie die fragliche Bedingung und zugleich weniger einschneidend. Sie würde es den betreffenden Behörden ermöglichen, die Einhaltung der luxemburgischen Vorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit während der Dauer der Entsendung zu kontrollieren und dabei die Verpflichtungen zu berücksichtigen, denen das Unternehmen bereits nach den im Herkunftsmitgliedstaat geltenden Regeln auf diesem Gebiet unterliegt“.

In der Frage der Entsendung von Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit eines Drittstaats durch ein Dienstleistungsunternehmen aus der Gemeinschaft gelangte der Gerichtshof in seinem Urteil Kommission gegen Deutschland[11]zu diesem Schluss: „Wie jedoch der Generalanwalt in Nummer 27 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, böte eine Verpflichtung des Dienstleistungsunternehmens, eine einfache vorherige Erklärung dahin gehend abzugeben, dass (…) der betreffenden Arbeitnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem sie von diesem Unternehmen beschäftigt werden, ordnungsgemäß (sind), den nationalen Behörden auf weniger einschneidende Art und Weise als die Kontrolle vor der Entsendung, aber genauso wirksam die Garantie, dass diese Arbeitnehmer legal beschäftigt werden und ihre Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem das Dienstleistungsunternehmen ansässig ist. Eine solche Verpflichtung würde es den nationalen Behörden ermöglichen, diese Angaben nachträglich zu überprüfen und die im Fall einer rechtswidrigen Beschäftigung dieser Arbeitnehmer gebotenen Maßnahmen zu ergreifen“ .

Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs lässt die Erklärung als eine Maßnahme zu, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, jederzeit über die Anwesenheit der entsandten Arbeitnehmer aus Drittstaaten in ihrem Hoheitsgebiet informiert zu sein, die gleichzeitig genauso wirksam wie eine vorherige Genehmigung und weniger einschneidend ist.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Erklärungen nicht zu anderen als Informationszwecken benutzen, insbesondere nicht zum Zwecke der Kontrolle oder Registrierung der Dienstleistungsunternehmen, was einer Genehmigungsregelung entsprechen würde.

Schlussfolgerung: Auf der Grundlage der geltenden Rechtsprechung ist die Kommission der Auffassung, dass dem Aufnahmemitgliedstaat, um ihm zu ermöglichen, die Einhaltung der in der Richtlinie festgelegten Beschäftigungsbedingungen zu überprüfen, gestattet sein müsste, von dem Dienstleistungsunternehmen – unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – spätestens zu Beginn der Arbeiten eine Erklärung zu verlangen, die Angaben zu den entsandten Arbeitnehmern sowie Dauer, Ort und Art der Dienstleistung enthält. Die Erklärung könnte einen Hinweis enthalten, aus dem hervorgeht, dass die entsandten Arbeitnehmer aus Drittstaaten sich rechtmäßig in dem Land aufhalten, in dem sich der Sitz des Dienstleistungsunternehmens befindet, einschließlich mit Bezug auf die Visaregeln, und die dort legal beschäftigt werden. |

d) Die Anforderung, Personalunterlagen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats und/oder gemäß den in seinem Hoheitsgebiet geltenden Bedingungen bereitzuhalten und aufzubewahren

Der Gerichtshof hat sich zu den Verpflichtungen geäußert, Personalunterlagen über die entsandten Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat bereitzuhalten und aufzubewahren.

In dem Urteil Arblade und Andere [12] hat der Gerichtshof festgestellt, dass der wirksame Schutz der Arbeitnehmer vor allem in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit sowie auf die Arbeitszeit es erforderlich machen kann, dass bestimmte Unterlagen an einem zugänglichen und klar bezeichneten Ort im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats für die mit der Durchführung der Kontrollen betrauten Behörden dieses Staates bereitgehalten werden, „insbesondere, da ein organisiertes System der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 96/71/EG fehlt“ .

Allerdings hat der Gerichtshof in demselben Urteil klargestellt, dass die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats, bevor sie einem Dienstleistungserbringer eine derartige Verpflichtung auferlegen, prüfen müssen, ob der Schutz der sozialen Sicherheit der betreffenden Arbeitnehmer nicht hinreichend gewahrt würde, wenn innerhalb einer angemessenen Frist im Niederlassungsmitgliedstaat geführte Unterlagen vorgelegt würden[13]. In dem Urteil Finalarte [14] hat der Gerichtshof eingeräumt, dass die Unternehmen mit Sitz außerhalb des Aufnahmemitgliedstaats gezwungen werden könnten, mehr Auskünfte zu erteilen als die in diesem Staat niedergelassenen Unternehmen, insofern sich diese unterschiedliche Behandlung objektiven Unterschieden zuschreiben lässt, die zwischen diesen Unternehmen und den im Aufnahmemitgliedstaat ansässigen Unternehmen bestehen.

Andererseits hat der Gerichtshof auch festgestellt, dass geprüft werden muss, ob die Informationen, die durch die nach der Regelung des Niederlassungsmitgliedstaats verlangten Unterlagen geliefert werden, insgesamt ausreichen, um die erforderlichen Kontrollen im Aufnahmemitgliedstaat zu ermöglichen[15].

Nach dem Ende der Frist für die Umsetzung der Richtlinie im Jahre 1999 und der anschließenden Einrichtung der in Artikel 4 vorgesehenen Zusammenarbeit im Informationsbereich ist es für die Mitgliedstaaten nicht mehr ohne Weiteres möglich, zu fordern, dass bestimmte Personalunterlagen im Entsendemitgliedstaat bereitgehalten werden. Allerdings ist die Kommission der Auffassung, dass der Aufnahmemitgliedstaat weiterhin die Bereithaltung bestimmter Unterlagen am Arbeitsort fordern könnte, die notwendigerweise vor Ort erstellt und geführt werden, wie zum Beispiel die Aufzeichnungen über die tatsächlichen Arbeitszeiten oder Unterlagen über die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz. Um den Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die Kontrolle der Beschäftigungsbedingungen gemäß der Richtlinie zu ermöglichen, ist es zulässig, dass sie von dem Dienstleistungserbringer die Erstellung der Unterlagen fordern, die für die Durchführung dieser Kontrollen innerhalb einer angemessenen Frist für notwendig erachtet werden.

Es ist jedoch nicht akzeptabel, dass der Aufnahmemitgliedstaat eine zweite Reihe von Unterlagen fordert, die der Regelung dieses Mitgliedstaats entsprechen, und zwar einzig aus dem Grund, dass in Form und Inhalt bestimmte Unterschiede zu den Unterlagen bestehen, die der Regelung des Niederlassungsmitgliedstaats entsprechen. Desgleichen ist es auch nicht akzeptabel, dass Sozialversicherungsunterlagen angefordert werden, da diese im Herkunftsland gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 einem spezifischen Verfahren unterliegen. Andererseits hat der Gerichtshof in dem Urteil Arblade und Andere [16] Folgendes festgestellt: „Die Informationen, die nach der Regelung des Niederlassungsmitgliedstaats und nach der des Aufnahmemitgliedstaats (…) verlangt werden, sind nämlich möglicherweise so unterschiedlich, dass die in der Regelung des Aufnahmemitgliedstaats vorgeschriebenen Kontrollen nicht auf der Grundlage von Unterlagen vorgenommen werden können, die gemäß der Regelung des Niederlassungsmitgliedstaats geführt werden“.

Schlussfolgerung: Auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung ist der Schluss zu ziehen, dass der Aufnahmemitgliedstaat, um die Einhaltung der in der Richtlinie festgelegten Beschäftigungsbedingungen überprüfen zu können, die Forderung erheben können muss, dass – unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – am Arbeitsort Unterlagen bereitgehalten werden, die dort zwangsläufig erstellt werden, wie zum Beispiel die „Time Sheets“ oder die Unterlagen über die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz. Der Aufnahmemitgliedstaat kann jedoch nicht eine zweite Reihe von Unterlagen anfordern, wenn die Informationen, die in den gemäß der Regelung des Niederlassungsmitgliedstaats angeforderten Unterlagen enthalten sind, insgesamt ausreichen, um die in dem Aufnahmemitgliedstaat erforderlichen Kontrollen zu ermöglichen. |

2.2. Für entsandte Arbeitnehmer mit der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats geltende Maßnahmen

In seiner geltenden Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 49 EG (siehe zum Beispiel die Urteile Vander Elst [17] und das Urteil Kommission gegen Luxemburg [18]) war der Gerichtshof zu der Auffassung gelangt, dass Arbeitnehmer, wenn sie ordnungsgemäß und dauerhaft von einem Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem Mitgliedstaat (Herkunftsstaat) beschäftigt werden, in einen anderen Mitgliedstaat (Aufnahmemitgliedstaat) entsandt werden können, ohne dass sie in diesem anderen Mitgliedstaat administrativen Formalitäten, wie zum Beispiel der Erteilung einer Arbeitserlaubnis, unterworfen werden.

Desgleichen ist der Gerichtshof zu der Auffassung gelangt, dass bestimmte zusätzliche Auflagen, die einige Mitgliedstaaten für die Entsendung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten machen, unverhältnismäßig waren. In dem Fall Kommission gegen Deutschland[19] hat der EuGH festgestellt, dass die in den deutschen Rechtsvorschriften für Arbeitnehmer, die Staatsangehörige eines Drittstaats sind und die von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat entsandt werden sollen, gemachte Auflage, dass sie seit mindestens einem Jahr bei diesem Unternehmen beschäftigt sein müssen, damit ihnen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, nicht im Einklang mit Artikel 49 EG steht. In diesem Fall hat der Gerichtshof sein Urteil in der Rechtssache Kommission gegen Luxemburg[20] bestätigt, in dem er zu der Auffassung gelangt war, dass eine Vorschrift, die eine vorherige Beschäftigung von sechs Monaten zur Auflage macht, über das hinausgeht, was im Namen des Zieles des Schutzes der sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit eines Drittstaats gefordert werden kann, und somit nicht gerechtfertigt ist. In dem letztgenannten Urteil hatte der Gerichtshof auch die Forderung nach einem unbefristeten Arbeitsvertrag verurteilt.

Schlussfolgerung: Auf der Grundlage der geltenden Rechtsprechung ist der Schluss zu ziehen, dass es dem Aufnahmemitgliedstaat nicht gestattet ist, administrative Formalitäten hinsichtlich der entsandten Arbeitnehmer aus Drittstaaten zu fordern oder zusätzliche Auflagen zu machen, wenn diese Arbeitnehmer von einem Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ordnungsgemäß beschäftigt werden, unbeschadet des Rechts des Aufnahmemitgliedstaats, zu überprüfen, ob diese Bedingungen in dem Niederlassungsmitgliedstaat erfüllt sind, in dem der Dienstleistungserbringer seinen Sitz hat. |

3. ZUSAMMENARBEIT IM INFORMATIONSBEREICH

a) Zugang zur Information

Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten eindeutig, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, damit die Informationen über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für die ausländischen Dienstleistungserbringer und für die Arbeitnehmer allgemein zugänglich sind.

Der Einsatz der Mittel zur Verbreitung von Informationen über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und die zu beachtenden Verpflichtungen im Fall der Entsendung kann noch erheblich verbessert werden. Zusätzliche Anstrengungen sind zur merklichen Verbesserung folgender Aspekte erforderlich:

- Obwohl die Zahl der nationalen Websites zur Entsendung erheblich zugenommen hat, bleibt es weiter erforderlich, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten des Internets besser nutzen und den Zugang zu den Informationen auf den nationalen Websites[21] und deren Verständlichkeit verbessern;

- die Mitgliedstaaten müssen präzisieren, welcher Teil ihrer nationalen Rechtsvorschriften auf ausländischen Dienstleistungserbringer anzuwenden ist, und vermeiden, nur allgemeine Informationen über das Arbeitsrecht zu vermitteln, ohne anzugeben, welche Regelungen für die entsandten Arbeitnehmer gelten;

- die Informationen müssten in anderen Sprachen als der/den Nationalsprache(n) des Aufnahmestaates verfügbar sein;

- die Verbindungsbüros müssen über Personal und andere Ressourcen verfügen, die es ihnen ermöglichen, ihren Informationspflichten nachzukommen;

- die Mitgliedstaaten müssten eine Kontaktperson benennen, der die Bearbeitung der Informationsanfragen obliegt – eine solche Vorgehensweise führt nämlich zu besseren Ergebnissen als eine große anonyme Struktur;

- auch die Verbindungsbüros müssen sich auf eine leistungsfähige Struktur stützen können. Sie müssen in der Lage sein, als Vermittler zwischen den Fragestellern und den anderen zuständigen nationalen Stellen aufzutreten.

Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, zusätzliche Anstrengungen zur Verbesserung und leichteren Zugänglichkeit der Informationen über die von den Dienstleistungserbringern zu beachtenden Beschäftigungsbedingungen sowie zur Sicherstellung zu unternehmen, dass ihre Verbindungsbüros in der Lage sind, ihre Aufgaben wirksam zu erfüllen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten in diesem Bereich – insbesondere in der Sachverständigengruppe – weiter unterstützen und ihre Anstrengungen verfolgen, um sich zu vergewissern, dass sich bewährte Verfahren herausbilden. |

b) Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten

Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie enthalten klare Verpflichtungen im Bereich der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Verwaltungen und geben den Mitgliedstaaten auf, die Voraussetzungen für diese Zusammenarbeit zu schaffen. Diese Verpflichtung macht die Einsetzung einer Aufsichtsbehörde erforderlich, die in der Lage ist, auf eine begründete Anfrage zu reagieren, wie etwa ob das grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringende Unternehmen tatsächlich im Herkunftsmitgliedstaat niedergelassen ist, oder auf die Nachfrage nach Belegen, aus denen hervorgeht, ob der Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaates als Arbeitnehmer angesehen wird.

Informationsanfragen kann es auch in die andere Richtung geben, etwa wenn der entsandte Arbeitnehmer nach der Entsendung wissen möchte, ob er während des Entsendungszeitraums alle Leistungen erhalten hat, auf die er Anspruch hatte.

Um Artikel 4 der Richtlinie zu entsprechen, müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Verbindungsbüros und die Aufsichtsbehörden so ausgestattet sind, dass sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen und schnell auf die Anfragen reagieren können. In diesem Zusammenhang kann es sich als erforderlich erweisen, dass die Verbindungsbüros und/oder die Aufsichtsbehörden Untersuchungen durchführen oder sich Informationen aus anderen Quellen oder bei anderen Einrichtungen (wie etwa den Trägern der sozialen Sicherheit) beschaffen; sie werden dabei ebenso wie bei Inlandsfällen und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften vorgehen.

Die von der Kommission im Rahmen der Sachverständigengruppe ergriffenen Initiativen (insbesondere die Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für eine gute Zusammenarbeit und die Erstellung eines mehrsprachigen Formulars für den Informationsaustausch zwischen den Behörden) können einen Beitrag zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit darstellen. Eine Erleichterung des Informationsaustauschs kann zu gegebener Zeit durch den Einsatz des elektronischen Systems erreicht werden, das die Kommission für die Erfordernisse der Dienstleistungsrichtlinie ausarbeiten wird.

Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit ihre Verbindungsbüros und/oder ihre Aufsichtsbehörden die erforderlichen Ausstattungen und Ressourcen erhalten, um wirksam auf Auskunftsersuchen der zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten bzw. auf Ersuchen um grenzüberschreitende Zusammenarbeit reagieren zu können. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten hierbei – insbesondere durch die Bereitstellung von geeigneteren elektronischen Systemen – weiter unterstützen und ihre Fortschritte genau verfolgen. |

4. ÜBERWACHUNG DER EINHALTUNG DER RICHTLINIE UND MASSNAHMEN IM FALL DER NICHTEINHALTUNG

GEMÄß ARTIKEL 3 DER RICHTLINIE SIND DIE MITGLIEDSTAATEN VERPFLICHTET, DEN IN IHR HOHEITSGEBIET ENTSANDTEN ARBEITNEHMERN BESTIMMTE BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN ZU GEWÄHRLEISTEN UND MAßNAHMEN ZUR VERHINDERUNG UND BEKÄMPFUNG JEDES RECHTSWIDRIGEN VERHALTENS DURCH DIE DIENSTLEISTUNGSERBRINGER, INSBESONDERE IN FORM DER VERWEIGERUNG DIESER BEDINGUNGEN, ZU TREFFEN. DIES IST EINE GRUNDLEGENDE VORAUSSETZUNG FÜR DIE HERSTELLUNG LOYALER WETTBEWERBSBEDINGUNGEN, DIE DER ENTSENDUNG VON ARBEITNEHMERN IM RAHMEN DER GRENZÜBERSCHREITENDEN ERBRINGUNG VON DIENSTLEISTUNGEN GLAUBWÜRDIGKEIT VERLEIHEN. DIE MITGLIEDSTAATEN müssen deshalb sicherstellen, dass Kontrollsysteme bestehen, um die Einhaltung der Durchführungsregelungen bezüglich der Entsendung von Arbeitnehmern zu gewährleisten.

Die entsandten Arbeitnehmer und/oder deren Verbände müssten die Möglichkeit haben, die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates unmittelbar mit einer Beschwerde zu befassen, und die Anwendung der Maßnahmen müsste durch Beschwerden der Arbeitnehmer oder konkurrierender Unternehmen in Gang gesetzt werden können. Obgleich diese Möglichkeit zur Verbesserung der Kontrolle und der Anwendung der Rechtsvorschriften beitragen könnte, so setzt sie doch voraus, dass die Aufsichtsbehörde über die notwendigen Ressourcen und Befugnisse verfügt, um diesen Beschwerden nachgehen zu können.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Effizienz der Arbeitsaufsichtsbehörden und der anderen Kontrollsysteme ständig zu bewerten und zu überlegen, wie sie diese im Sinne der ihnen aus der Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen verbessern können. Diese Anstrengungen können durch eine verstärkte Zusammenarbeit der für die Überwachung der von der Richtlinie abgedeckten Bereiche zuständigen nationalen Behörden (u. a. der Arbeitsaufsichtsbehörden) unterstützt werden. Die Vertreter der Arbeitsaufsichtsbehörden oder anderer für die Anwendung der Richtlinie zuständiger Stellen müssten mindestens ein Mal jährlich im Rahmen der Sachverständigengruppe für die Entsendung von Arbeitnehmern zusammen kommen.

Gemäß Artikel 5 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei Nichtbeachtung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen geeignete Maßnahmen zu treffen. Die Wahl der zu schaffenden angemessenen Instrumente fällt in ihre Zuständigkeit; diese müssen jedoch geeignet sein, einen wirksamen Schutz der Rechte der Betroffenen zu gewährleisten, und den Instrumenten entsprechen, die im Fall rein innerstaatlicher Sachverhalte bei Verstößen gegen nationales Recht zum Einsatz kommen.

Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, so obliegt es den Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu treffen; hierzu gehört die Verhängung von wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen. Sie können auch angemessene Verfahren einführen, die es den Arbeitnehmern und/oder ihren Verbänden ermöglichen, ihre Rechte geltend zu machen. In diesem Zusammenhang stellt eine Rechtsweggarantie für die entsandten Arbeitnehmer (einschließlich des Zugangs zu Schieds- und Vermittlungsverfahren) in gleichem Maße wie für nationale Arbeitnehmer eine unabdingbare Voraussetzung dar.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hatte in einem Vorabentscheidungsverfahren[22] über eine Regelung gesamtschuldnerischer Haftung für Generalunternehmer bzw. Hauptunternehmer zu entscheiden. Der Gerichtshof stellte fest, dass Artikel 5 der Richtlinie bei Auslegung im Lichte des Artikels 49 EG der Anwendung einer solchen Regelung als angemessene Maßnahme im Fall der Nichteinhaltung der Richtlinie nicht entgegensteht. Der Gerichtshof wies auch darauf hin, dass eine solche Maßnahme nicht über das hinausgehen darf, was zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderlich ist, und stellte fest, die Anwendung dieses Urteils auf den Vorlagefall sei Sache des nationalen Gerichts.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Auswirkungen der Einführung einer solchen verhältnismäßigen und nicht diskriminierenden Maßnahme in ihr nationales Recht zu prüfen. Mitgliedstaaten, die schon über ein entsprechendes System verfügen, sollten dessen Wirksamkeit als verhältnismäßige und nicht diskriminierende Maßnahme im Fall der Nichteinhaltung der Richtlinie prüfen.

Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Regelungen zur Kontrolle und zur Durchführung der Richtlinie zu überprüfen. Sie werden insbesondere aufgefordert, zu gewährleisten, dass geeignete Mechanismen bestehen, um Zuwiderhandlungen zu begegnen, dass angemessene und verhältnismäßige Kontrollmaßnahmen vorgesehen sind und dass gegen Dienstleistungserbringer, denen Verstöße vorzuwerfen sind, Sanktionen verhängt werden können. Die Kommission verpflichtet sich, die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um eine verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Arbeitsaufsichtsbehörden in den von der Entsenderichtlinie abgedeckten Bereichen zu unterstützen. |

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Es ist dringend erforderlich, die Kontrollmaßnahmen, die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 49 EG in der Auslegung der Urteile des Gerichtshofes angewandt werden können, klarer auszugestalten sowie den Zugang zu Informationen und die administrative Zusammenarbeit zu verbessern. Die Mitgliedstaaten sollten handeln, damit die in der vorliegenden Mitteilung enthaltenen Leitlinien so bald wie möglich konkrete Auswirkungen nach sich ziehen. Die Kommission wird binnen der kommenden zwölf Monate einen Bericht erstellen, in dem hinsichtlich aller in der vorliegenden Mitteilung angesprochenen Gesichtspunkte die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten dargestellt wird, so dass diesbezügliche Fortschritte bewertet werden können. Um die Entwicklung der Situation in den Mitgliedstaaten verfolgen und eine objektive Bewertung an Hand der obigen Leitlinien vornehmen zu können, wird die Kommission:

- in Kürze einen detaillierten Fragebogen an die nationalen Behörden und an die Sozialpartner richten, in dem diese nicht nur zur Erläuterung ihrer eigenen Maßnahmen aufgefordert werden, sondern auch zur Stellungnahme dazu, wie sie die Maßnahmen oder Vorgehensweisen anderer Behörden oder Sozialpartner beurteilen;

- auf ihrer Website ein Formular für Betroffene bereitstellen, um diesen die Mitteilung von positiven oder negativen Erfahrungen bezüglich der Informationsbeschaffung, der internationalen Zusammenarbeit und der Kontrolle und Anwendung der Rechtsvorschriften zu ermöglichen;

- die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu Informationen und zur Anwendung des Verhaltenskodex und des Standardformulars für den Informationsaustausch fortlaufend verfolgen und bewerten.

Sollte die Kommission nach dieser Überwachung zu dem Schluss gelangen, dass sich die Einhaltung der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen und/oder die in den Artikeln 4 und 5 der Richtlinie vorgesehene Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten nicht wesentlich verbessert hat, wird sie geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen.

[1] Dieser Bericht geht auf die Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Kommission in seiner Entschließung vom 15. Januar 2004 - P5_TA (2004)0030 - zurück.

[2] Rechtssache C-113/89 (Rush Portuguesa Lda gegen Office national d’immigration), Urteil vom 27. März 1990, Randnr. 17, und Verbundene Rechtssachen C-369/96 und 376/96 (Strafverfahren gegen Jean-Claude Arblade und Andere), Urteil vom 23. November 1999, Randnr. 62.

[3] Siehe dazu die Urteile Kommission gegen Luxemburg, Rechtssache C-445/03, Urteil vom 21. Oktober 2004, Randnr. 40, und Kommission gegen Deutschland, Rechtssache C-244/04, Urteil vom 19. Januar 2006, Randnr. 36.

[4] Diese Maßnahmen sind in dem Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über den Stand des Binnenmarkts für Dienstleistungen – KOM(2002) 441 vom 30. Juli 2002 – aufgeführt.

[5] Rechtssache C-279/00 (Kommission gegen Italienische Republik), Urteil vom 7. Februar 2002, Randnr. 18.

[6] Siehe hierzu zum Beispiel das Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 2003 in der Rechtssache C-478/01, Randnr. 19.

[7] Siehe Fußnote 2, Randnr. 76.

[8] Rechtssache C-43/93 (Raymond Vander Elst gegen Office des migrations internationales), Urteil vom 9. August 1994.

[9] Es handelt sich um folgende Staaten: Österreich, Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Ungarn, Lettland, Malta, die Niederlande und Portugal. Slowenien und die Tschechische Republik erlegen den Dienstleistungsempfängern eine ähnliche Verpflichtung auf.

[10] Siehe Fußnote 3, Randnr. 31.

[11] Siehe Fußnote 3, Randnr. 41.

[12] Siehe Fußnote 2, Randnr. 61.

[13] Siehe Fußnote 2, Randnr. 65.

[14] Verbundene Rechtssachen C-49/98, 50/98, 52/98, 54/98, 68/98 und 71/98 (Finalarte Sociedade de Construção Civil Lda gegen Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft u. a.), Urteil vom 25. Oktober 2001, Randnr. 69-74.

[15] Siehe Fußnote 2, Randnr. 64-65.

[16] Siehe Fußnote 2, Randnr. 63.

[17] Siehe Fußnote 8.

[18] Siehe Fußnote 3.

[19] Siehe Fußnote 3.

[20] Siehe Fußnote 3.

[21] Auf der Website der Kommission zur Entsendung von Arbeitnehmern findet sich ein Link zu den nationalen Websites:http://europa.eu.int/comm/employment_social/labour_law/postingofworkers_fr.htm

[22] Rechtssache C-60/03 (Wolff & Müller GmbH & Co. KG gegen José Filipe Pereira Félix), Urteil vom 12. Oktober 2004, Randnr. 37.

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