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Document 52003PC0176

Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die leitlinien für Beschäftigungspolitische Massnahmen der Mitgliedstaaten

/* KOM/2003/0176 endg. - CNS 2003/0068 */

52003PC0176

Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die leitlinien für Beschäftigungspolitische Massnahmen der Mitgliedstaaten /* KOM/2003/0176 endg. - CNS 2003/0068 */


Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES ÜBER DIE LEITLINIEN FÜR BESCHÄFTIGUNGSPOLITISCHE MASSNAHMEN DER MITGLIEDSTAATEN

(von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

Grundlegende Überarbeitung nach eingehender Bewertung und entsprechend den Vorgaben des Europäischen Rates

Gemäß Artikel 128 Absatz 2 des Vertrags werden auf Vorschlag der Kommission jährlich die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten festgelegt.

Der vorliegende Vorschlag sieht eine grundlegende Überarbeitung der Leitlinien vor - gestützt auf eine von Kommission und Mitgliedstaaten gemeinsam vorgenommene umfassende Bewertung der in den ersten fünf Jahren der Beschäftigungsstrategie gewonnenen Erkenntnisse. Ergebnis war die Mitteilung vom 14. Januar 2003, in der die Kommission ihr Konzept für die Zukunft der europäischen Beschäftigungsstrategie und die Prioritäten für die neuen beschäftigungspolitischen Leitlinien vorstellte. [1] Die Kommissionsvorschläge tragen den ausgiebigen Debatten und Konsultationen Rechnung, die während des gesamten Jahres 2002 und in den ersten Monaten des Jahres 2003 mit sämtlichen EU-Institutionen und anderen wichtigen Stakeholdern - einschließlich der Zivilgesellschaft - geführt wurden. Berücksichtigt wurden insbesondere die wichtigen Beiträge des Europäischen Parlaments, so die Entschließung vom 25. September 2002 zur Bewertung der europäischen Beschäftigungsstrategie, die Entschließung zur Straffung der alljährlichen wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierung vom 5. Dezember 2002 und die Entschließung vom Februar 2003 zur Vorbereitung auf die Frühjahrstagung des Europäischen Rates.

[1] Die Zukunft der Europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS): ,Eine Strategie für Vollbeschäftigung und bessere Arbeitsplätze für alle", KOM(2003)6 endgültig vom 14.01.03.

Auf seiner Frühjahrstagung am 20. und 21. März 2003 in Brüssel hat der Europäische Rat klare Orientierungen für die künftigen beschäftigungspolitischen Leitlinien vorgegeben. Diese Orientierungen spiegeln insbesondere die zentralen politischen Botschaften wider, die Rat und Kommission im Kontext des am 6. März 2003 angenommenen Gemeinsamen Beschäftigungsberichts formuliert haben.

Eine mittelfristige Strategie zur Bewältigung der neuen Herausforderungen am Arbeitsmarkt

Die Leitlinien tragen der Notwendigkeit Rechnung, die Beschäftigungsstrategie umzugestalten, um sie auf die Erfordernisse einer erweiterten Europäischen Union auszurichten und die Umsetzung der Lissabonner Strategie zu optimieren. Die Auswertung der Erfahrungen der Vergangenheit hat bestätigt, wie positiv sich die Beschäftigungsstrategie in den vergangenen Jahren auf die Beschäftigungsleistung ausgewirkt hat. Die Beschleunigung des wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Wandels, die Globalisierung und die Anforderungen einer modernen Wirtschaft wie auch die bevorstehende EU-Erweiterung sind große beschäftigungspolitische Herausforderungen, die es nun mit den neuen Leitlinien in Angriff zu nehmen gilt.

Im Sinne der geforderten Straffung des Prozesses sollen die beschäftigungspolitischen Leitlinien künftig stabiler und auf die Realisierung der in Lissabon festgelegten mittelfristigen Zielsetzungen - mit einem Zeithorizont bis zum Jahr 2010 - gerichtet sein. Daher sollen - unter Beibehaltung des im Vertrag vorgesehenen jährlichen Turnus - die Änderungen an den Leitlinien bis zu der im Jahr 2006 anstehenden Halbzeitüberprüfung auf ein Minimum beschränkt bleiben. Eine größere Stabilität dürfte dadurch erreicht werden, dass die Leitlinien zahlenmäßig reduziert und vereinfacht werden und die zentralen gemeinsamen Herausforderungen aufgreifen. In Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel (2003) ist ein Hauptanliegen eine stärkere Ergebnisorientierung der Leitlinien, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben sollte, einen optimalen Maßnahmenmix zusammenzustellen. Somit wird es erforderlich, die Leitlinien durch geeignete Zielvorgaben zu untermauern.

Unterstützung der in Lissabon festgelegten Ziele

Soll die Lissabonner Agenda erfolgreich umgesetzt werden, müssen die Beschäftigungspolitiken der Mitgliedstaaten im Rahmen eines ausgewogenen Policymixes auf drei komplementäre und sich wechselseitig bedingende Ziele ausgerichtet werden: Vollbeschäftigung; Arbeitsplatzqualität und Arbeitproduktivität; sozialer Zusammenhalt und soziale Integration. Die Realisierung dieser Ziele erfordert weitere Strukturreformen, die sich auf zehn zentrale - und gleichermaßen wichtige - Prioritäten konzentrieren. Besonderes Augenmerk muss dabei der ,Governance" des Prozesses gelten. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien wurden daher in drei Teile untergliedert, die den drei übergreifenden Zielen der Strategie, den zehn zentralen Prioritäten für Strukturreformen und der Verbesserung der Umsetzung und Governance des Prozesses gewidmet sind. Alle drei Komponenten der Leitlinien sollten ihren Niederschlag in den nationalen beschäftigungspolitischen Aktionsplänen finden und Gegenstand eines Monitorings auf EU-Ebene sein.

Prioritäten für die Bewältigung der aktuellen und der neuen Herausforderungen

Was die Prioritäten anbelangt, ist die Kontinuität dadurch gewährleistet, dass viele der früheren Leitlinien und Prioritäten in die neuen Leitlinien übernommen wurden. Als wichtige Beispiele genannt seien Aktivierung und Prävention, Reform der Steuer- und Sozialleistungssysteme, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit und ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit sowie Chancengleichheit für alle. Auf bestimmte Bereiche wird künftig stärkeres Gewicht gelegt: lebenslanges Lernen, aktives Altern, Erhöhung des Arbeitskräfteangebots und Bekämpfung nichtangemeldeter Erwerbstätigkeit.

Voraussetzung für eine gute Governance ist der Aufbau einer effektiven Partnerschaft zwischen den wichtigsten Stakeholdern, unter aktiver Beteiligung insbesondere der europäischen Institutionen, der nationalen Regierungen und parlamentarischen Gremien, der regionalen und lokalen Behörden, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft. Der Notwendigkeit einer verbesserten Umsetzung und Governance des Prozesses wird in den neuen Leitlinien ein höherer Stellenwert eingeräumt.

Kohärenz und Komplementarität mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik

Auf seiner Tagung in Barcelona forderte der Europäische Rat eine Straffung der politischen Koordinierungsprozesse und eine Synchronisierung der Zeitpläne für die Festlegung der Grundzüge der Wirtschaftpolitik und der beschäftigungspolitischen Leitlinien. In seinem Bericht vom 3. Dezember 2002 zur Straffung der politischen Koordinierungsverfahren legte der Rat dar, dass es Ziel der Straffung sein sollte, Transparenz und Effizienz zu steigern, Überschneidungen und Wiederholungen in den Leitlinien zu vermeiden und Schlüssigkeit, Komplementarität und Kohärenz zu gewährleisten. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien werden deshalb als Teil eines Gesamtpakets vorgelegt, das auch die beschäftigungspolitischen Empfehlungen und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik umfasst. Das Gesamtpaket soll Ende des ersten Halbjahrs 2003 vom Rat verabschiedet werden.

In dem gestrafften Verfahren geben die Grundzüge der Wirtschaftspolitik den Rahmen für die wirtschaftspolitische Koordinierung in der Europäischen Union vor, während im Wesentlichen die beschäftigungspolitischen Leitlinien und die an die Mitgliedstaaten gerichteten Empfehlungen die Funktion der beschäftigungspolitischen Koordinierung erfuellen. Der Europäische Rat von Brüssel (2003) forderte, dass die beschäftigungspolitischen Leitlinien und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in kohärenter Weise ineinander greifen sollen.

2003/0068 (CNS)

Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Massnahmen der Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 128 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission [2],

[2] ABl. C ... vom ..., S. ...

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments [3],

[3] ABl. C ... vom ..., S. ...

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [4],

[4] ABl. C ... vom ..., S. ...

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen [5],

[5] ABl. C ... vom ..., S. ...

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union setzt sich die Union das Ziel, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und ein hohes Beschäftigungsniveau zu fördern. Artikel 125 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sieht vor, dass die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hinarbeiten, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Ziele des Artikels 2 zu erreichen.

(2) Im Anschluss an die Sondertagung des Europäischen Rates über Beschäftigungsfragen vom 20. und 21. November 1997 in Luxemburg wurde mit der Entschließung des Rates vom 15. Dezember 1997 zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1998 [6] ein Prozess auf den Weg gebracht, der sich durch eine große Öffentlichkeitswirkung, klare politische Verpflichtungen und eine weitreichende Akzeptanz bei allen Akteuren auszeichnet.

[6] ABl. C 30 vom 28.1.1998, S. 1.

(3) Auf seiner Tagung am 23. und 24. März 2000 in Lissabon hat der Europäische Rat der Europäischen Union ein neues strategisches Ziel vorgegeben: die Union soll zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden - zu einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Zu diesem Zweck vereinbarte der Rat bis 2010 zu erfuellende Zielvorgaben für die Gesamtbeschäftigungsquote und die Frauenbeschäftigungsquote, die auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2001 in Stockholm ergänzt wurden durch bis zum Januar 2005 zu erreichende Zwischenziele sowie durch ein neues, bis 2010 zu verwirklichendes Ziel für die Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Frauen und Männer.

(4) Auf seiner Tagung am 7., 8. und 9. Dezember 2000 in Nizza billigte der Europäische Rat die Europäische Sozialagenda, in der erklärt wird, dass die Rückkehr zur Vollbeschäftigung eine ehrgeizige Politik erfordert: es gilt die Beschäftigungsquoten anzuheben, die regionalen Ungleichgewichte zu vermindern, Ungleichheiten abzubauen und die Arbeitsplatzqualität zu verbessern.

(5) Auf seiner Tagung am 15. und 16. März 2002 in Barcelona forderte der Europäische Rat eine Intensivierung der europäischen Beschäftigungsstrategie; bewerkstelligt werden soll dies durch eine Optimierung, Vereinfachung und bessere Abstimmung des Prozesses - mit einem Zeithorizont bis zum Jahr 2010 und in Ausrichtung auf die Ziele der Lissabonner Strategie. Der Europäische Rat von Barcelona forderte ferner eine Straffung der politischen Koordinierungsprozesse und eine Synchronisierung der Zeitpläne für die Festlegung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der beschäftigungspolitischen Leitlinien.

(6) Auf seiner Tagung am 20. und 21. März 2003 in Brüssel bekräftigte der Europäische Rat, dass der Beschäftigungsstrategie eine führende Rolle bei der Umsetzung der beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Ziele der Strategie von Lissabon zukommt und dass die Beschäftigungsstrategie und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik - letztere geben den Rahmen für die wirtschaftspolitische Koordinierung innerhalb der Gemeinschaft vor - in kohärenter Weise ineinander greifen sollten. Die Leitlinien sollten, so die Forderungen des Europäischen Rates, zahlenmäßig begrenzt und ergebnisorientiert sein und es den Mitgliedstaaten überlassen, die geeignete Dosierung der Maßnahmen festzulegen; außerdem sollten den Leitlinien geeignete Zielsetzungen zugrunde liegen.

(7) Die Beschäftigungsstrategie wurde einer eingehenden Bewertung unterzogen, namentlich im Jahr 2000 einer gründlichen Halbzeitbewertung und im Jahr 2002 einer umfassenden Bewertung der in den ersten fünf Jahren gewonnenen Erkenntnisse. Dabei zeigte sich zum einen die Notwendigkeit, die Kontinuität der Strategie sicherzustellen, um die verbleibenden strukturellen Schwächen zu beheben, und zum anderen die Notwendigkeit, die neuen Herausforderungen für eine erweiterte Europäische Union in Angriff zu nehmen.

(8) Soll die Lissabonner Agenda erfolgreich umgesetzt werden, müssen die Beschäftigungspolitiken der Mitgliedstaaten im Rahmen eines ausgewogenen Policymixes auf drei komplementäre und sich wechselseitig bedingende Ziele ausgerichtet werden: Vollbeschäftigung; Arbeitsplatzqualität und Arbeitproduktivität; sozialer Zusammenhalt und soziale Integration. Die Realisierung dieser Ziele erfordert weitere Strukturreformen, die sich auf zehn zentrale und eng miteinander verknüpfte Prioritäten konzentrieren; besonderes Augenmerk muss dabei einer kohärenten Governance des Prozesses gelten. Bei den im Rahmen der politischen Reformen durchgeführten Maßnahmen ist ein Gender-Mainstreaming-Ansatz zugrunde zu legen.

(9) Am 6. Dezember 2001 billigte der Rat einen Satz von Indikatoren, mit deren Hilfe zehn Dimensionen von Investitionen in die Arbeitsplatzqualität erfasst werden können; er forderte, diese Indikatoren beim Monitoring der europäischen beschäftigungspolitischen Leitlinien und Empfehlungen zu verwenden.

(10) Aktive und präventive Maßnahmen sollten zur Verwirklichung der Ziele Vollbeschäftigung und soziale Integration beitragen, indem sie dafür sorgen, dass Arbeitslose ebenso wie arbeitswillige Nichterwerbspersonen am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig sind und in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

(11) Unternehmergeist und Unternehmensinnovationen sollten gefördert werden, damit das Potenzial der Unternehmen, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen, besser genutzt werden kann. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die Europäische Charta für Kleinunternehmen umzusetzen, und haben einen Prozess des Benchmarkings der Unternehmenspolitik auf den Weg gebracht.

(12) Die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Flexibilität und Sicherheit trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken, Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität zu steigern und die Anpassung der Unternehmen und der Beschäftigten an den wirtschaftlichen Wandel zu fördern. Die Standards im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz müssen angehoben werden - in Übereinstimmung mit der einschlägigen neuen Gemeinschaftsstrategie für die Jahre 2002-2006. Fischerei, Landwirtschaft, Baugewerbe und Gesundheits- und Sozialdienste sind Sektoren, in denen das Risiko von Arbeitsunfällen besonders hoch ist. Der Zugang der Beschäftigten zu Ausbildungsmaßnahmen ist ein wesentliches Element eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Flexibilität und Sicherheit; eine Beteiligung aller Arbeitnehmer sollte gefördert werden durch Festlegung geeigneter Zielvorgaben, wobei es die Rendite für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Gesellschaft als Ganzes zu berücksichtigen gilt.

(13) Die Implementierung kohärenter, umfassender Strategien des lebenslangen Lernens ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele Vollbeschäftigung, Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität und Stärkung des sozialen Zusammenhalts. Der Europäische Rat von Barcelona begrüßte die Mitteilung der Kommission ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen", in der die wichtigsten Bausteine für Strategien des lebenslangen Lernens erläutert werden: Partnerschaft, Ermittlung des Lernbedarfs, angemessene Mittelausstattung, Verbesserung des Zugangs zum Lernen, Entwicklung einer Lernkultur, Streben nach einem Hoechstmaß an Qualität. Der Europäische Rat von Lissabon forderte eine substanzielle Steigerung der Humankapitalinvestitionen pro Kopf. Eine Erhöhung der Investitionen setzt ausreichende Anreize für Arbeitgeber und für den Einzelnen voraus sowie eine Umschichtung öffentlicher Mittel zugunsten effizienterer Humanressourceninvestitionen in allen Bereichen des Lernens.

(1)

(14) Zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums, Förderung der Beschäftigung und Gewährleistung der Tragfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme ist ein ausreichendes Arbeitskräfteangebot erforderlich. Der gemeinsame Bericht der Kommission und des Rates ,Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns" [7] gelangte zu dem Schluss, dass dies die Entwicklung umfassender nationaler Strategien erfordert, die auf einem lebenszyklusorientierten Ansatz basieren. Es gilt das Beschäftigungspotenzial aller Bevölkerungsgruppen, unter anderem der Frauen, der älteren Arbeitskräfte, der Menschen mit Behinderungen und der Zuwanderer, zu erschließen. Auf seiner Tagung in Barcelona kam der Europäische Rat überein, dass die Europäische Union eine schrittweise Anhebung des effektiven durchschnittlichen Renteneintrittsalters um etwa fünf Jahre bis zum Jahr 2010 anstreben sollte. Für das Jahr 2001 ergaben entsprechende Schätzungen ein Durchschnittsalter von 59,9 Jahren.

[7] Gemeinsamer Bericht der Kommission und des Rates ,Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns", vom Rat angenommen am 7. März 2002.

(15) Geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt müssen nach und nach beseitigt werden, wenn die EU Vollbeschäftigung, eine höhere Arbeitsplatzqualität, eine bessere soziale Integration und einen stärkeren sozialen Zusammenhalt erreichen will. Hier gilt es, zum einen einen Gender-Mainstreaming-Ansatz zu verfolgen und zum anderen spezifische politische Maßnahmen zu ergreifen, um Bedingungen zu schaffen, die es Frauen und Männern ermöglichen, in den Arbeitsmarkt einzutreten oder wiedereinzutreten und im Arbeitsmarkt zu verbleiben. In Barcelona vereinbarte der Europäische Rat, dass die Mitgliedstaaten bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stellen sollten. Die Ursachen der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Arbeitslosigkeit und Arbeitsentgelt sollten angegangen und Zielvorgaben für den Abbau solcher Unterschiede erfuellt werden, ohne dass der Grundsatz der Lohndifferenzierung nach Produktivität und Arbeitsmarktlage dadurch in Frage gestellt wird.

(16) Mit der effektiven Arbeitsmarkteingliederung benachteiligter Gruppen wird ein Beitrag geleistet zur sozialen Integration, zur Anhebung der Beschäftigungsquoten und zur Tragfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme. Die Politik muss entsprechende Lösungen entwickeln: sie muss gegen Diskriminierung vorgehen, mit personalisierten Angeboten individuellen Bedürfnissen gerecht werden und für angemessene Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen, indem Arbeitgebern Anreize zur Einstellung von Arbeitskräften gegeben werden. Durch den Beschluss des Rates vom 3. Dezember 2001 wurde das Jahr 2003 zum ,Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen" erklärt. [8] Zugang zum Arbeitsmarkt ist eine der zentralen Prioritäten für Maßnahmen zugunsten der Menschen mit Behinderungen, deren Zahl auf etwa 37 Millionen in der Europäischen Union geschätzt wird und von denen viele arbeiten können und auch wollen.

[8] ABl. vom 19.12.2001 (2001/903/EG).

(17) Will man den Zielen Vollbeschäftigung und sozialer Zusammenhalt näher kommen, sollten Erwerbseinkommen auf der einen Seite und Einkommen bei Arbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit auf der anderen Seite in einem Verhältnis zueinander stehen, das den Menschen Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung und zum Verbleib im Arbeitsmarkt bietet und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördert.

(18) Der Begriff ,nichtangemeldete Erwerbstätigkeit" bezeichnet ,jegliche Art von bezahlten Tätigkeiten, die von ihrem Wesen her keinen Gesetzesverstoß darstellen, den staatlichen Behörden aber nicht gemeldet werden" [9]. Einschlägige Untersuchungen schätzen den Umfang der informellen Wirtschaft auf durchschnittlich 7 % bis 16 % des BIP der EU. Die entsprechenden Arbeitsverhältnisse sollten in reguläre Beschäftigungsverhältnisse überführt werden, um zu einer Verbesserung des allgemeinen Unternehmensumfelds, zu einer höheren Qualität der Arbeitsplätze der Betroffenen, zu einem größeren sozialen Zusammenhalt und zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und der sozialen Sicherungssysteme beizutragen. Die Verbreiterung der statistischen Datenbasis über den Umfang nichtangemeldeter Erwerbstätigkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten und in der EU als Ganzes sollte ein vorrangiges Anliegen sein.

[9] KOM(1998)219 endgültig.

(19) Der Europäische Rat von Barcelona begrüßte den Aktionsplan der Kommission für Qualifikation und Mobilität; in der Entschließung des Rates vom 3. Juni 2002 über Qualifikation und Mobilität wurden Kommission, Mitgliedstaten und Sozialpartner aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine höhere berufliche und geografische Mobilität und ein besseres Job-Matching werden zu mehr Beschäftigung und zu einem stärkeren sozialen Zusammenhalt beitragen. Dem Potenzial der Zuwanderung zur Überwindung von Arbeitsmarktengpässen sollte gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden; dabei sollten jedoch nicht die langfristigen Entwicklungsziele der Herkunftsländer außer Acht gelassen werden.

(20) Die Bewertung der ersten fünf Jahre der Beschäftigungsstrategie hat gezeigt, dass es mit Blick auf die künftige Wirksamkeit der Strategie entscheidend auf eine bessere Governance ankommt. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung der Beschäftigungspolitik sind eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Ebenen, die Einbeziehung verschiedener operativer Dienste und eine angemessene Finanzausstattung zur Unterstützung der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien. Die Mitgliedstaaten sind für die effektive Umsetzung der Leitlinien verantwortlich und haben für ausgewogene Umsetzungsmechanismen auf regionaler und lokaler Ebene zu sorgen.

(21) Die effektive Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien erfordert eine aktive Beteiligung der Sozialpartner in allen Phasen - von der Planung bis zur Durchführung der Politik. Auf dem Sozialgipfel vom 13. Dezember 2001 haben die Sozialpartner auf die Notwendigkeit hingewiesen, die tripartistische Konzertierung weiterzuentwickeln und besser zu koordinieren. Auch wurde vereinbart, jedes Jahr im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates einen dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung abzuhalten.

(22) Zusätzlich zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien sollten die Mitgliedstaaten die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in vollem Umfang umsetzen und dafür Sorge tragen, dass die Maßnahmen sich in völligem Einklang mit der Erhaltung gesunder öffentlicher Finanzen und makroökonomischer Stabilität befinden -

beschliesst:

Artikel 1

Die im Anhang enthaltenen Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden angenommen.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten haben sämtliche Aspekte der Leitlinien in ihrer Beschäftigungspolitik umfassend und in integrierter Form zu berücksichtigen und in ihren nationalen Aktionsplänen, die jährlich am 1. Oktober vorzulegen sind, entsprechend Bericht zu erstatten.

Geschehen zu Brüssel

Im Namen des Rates

Der Präsident

Die beschäftigungspolitischen Leitlinien

Eine europäische Strategie für Vollbeschäftigung und bessere Arbeitsplätze für alle

In der Durchführung ihrer Beschäftigungspolitik arbeiten die Mitgliedstaaten auf die Umsetzung der vereinbarten Ziele und Handlungsprioritäten und auf die Erfuellung der im Folgenden definierten Zielvorgaben hin. Ein spezielles Augenmerk wird der Gewährleistung einer guten Governance der Beschäftigungspolitik gelten.

Zusätzlich zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien und den mit ihnen einhergehenden beschäftigungspolitischen Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in vollem Umfang umsetzen und dafür Sorge tragen, dass beide Instrumente in kohärenter Weise ineinander greifen.

A. Die übergreifenden Ziele

In Übereinstimmung mit der Lissabonner Agenda ist die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten auf die Verwirklichung dreier Ziele gerichtet: Vollbeschäftigung; Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität; sozialer Zusammenhalt und soziale Integration.

Bei der Verfolgung dieser Ziele sollte auf Ausgewogenheit geachtet und deutlich gemacht werden, dass alle drei Ziele mit Blick auf die ehrgeizigen Bestrebungen der Union gleichermaßen von Bedeutung sind. Die aus der positiven Interaktion zwischen den drei Zielen entstehenden Synergiewirkungen sollten in vollem Umfang genutzt werden.

Vollbeschäftigung

Die Mitgliedstaaten streben Vollbeschäftigung und die Erfuellung der in Lissabon und Stockholm gemachten Zielvorgaben für die Beschäftigungsquoten an. Zu diesem Zweck verfolgen sie eine umfassende Strategie, die sowohl auf der Nachfrageseite als auch auf der Angebotsseite ansetzende Maßnahmen vorsieht.

Die entsprechenden Maßnahmen sollen beitragen zur Erreichung folgender EU-Durchschnittwerte:

- Gesamtbeschäftigungsquote von 67 % bis 2005 und 70 % bis 2010;

- Frauenbeschäftigungsquote von 57 % bis 2005 und 60 % bis 2010;

- Beschäftigungsquote von 50 % bei den älteren Arbeitskräften bis 2010.

Die Mitgliedstaaten machen entsprechende nationale Zielvorgaben, die sich an den auf EU-Ebene angestrebten Ergebnissen orientieren.

Steigerung der Arbeitsplatzqualität und der Arbeitsproduktivität

Die Steigerung der Arbeitsplatzqualität ist aufs Engste verknüpft mit dem Übergang zu einer wettbewerbsfähigen, wissensbasierten Wirtschaft. Alle Akteure sollten sich mit vereinten Anstrengungen dieser Aufgabe annehmen, insbesondere im Rahmen des sozialen Dialogs. Arbeitsplatzqualität ist ein mehrdimensionales Konzept, bei dem es sowohl um die Merkmale des Arbeitsplatzes im engeren Sinne als auch um den Arbeitsmarkt im weiteren Sinne geht. Der Begriff umfasst Aspekte wie intrinsische Qualität der Arbeitsplätze, Qualifikationen, lebenslanges Lernen und berufliche Entwicklung, Gleichstellung der Geschlechter, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Flexibilität und Sicherheit, Integration und Zugang zum Arbeitsmarkt, Arbeitsorganisation und Work-Life-Balance, sozialer Dialog und Arbeitnehmerbeteiligung, Diversity und Bekämpfung von Diskriminierung, Gesamtarbeitsleistung.

Die Erhöhung der Beschäftigungsquoten muss Hand in Hand gehen mit einer Steigerung des allgemeinen Arbeitsproduktivitätswachstums. Arbeitsplatzqualität kann zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität beitragen, und die Synergien zwischen beiden Faktoren sollten in vollem Umfang ausgeschöpft werden. Dies stellt eine besondere Herausforderung für den sozialen Dialog dar.

Sozialer Zusammenhalt und soziale Integration

Die Beschäftigungspolitik sollte die soziale Integration fördern, indem sie eine Erwerbsbeteiligung leichter macht durch Förderung des Zugangs zu dauerhaften und qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen für alle erwerbsfähigen Frauen und Männer, durch Bekämpfung von Diskriminierungen am Arbeitsmarkt und durch Vermeidung einer Ausgrenzung aus der Arbeitswelt.

Der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt sollte gefördert werden durch Reduzierung der regionalen Disparitäten bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, durch Inangriffnahme der Beschäftigungsprobleme benachteiligter Regionen in der EU und durch eine positive Unterstützung wirtschaftlicher und sozialer Umstrukturierungsmaßnahmen.

Die entsprechenden Maßnahmen sollten insbesondere dazu beitragen, den Anteil der erwerbstätigen Armen in allen Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2010 deutlich zu reduzieren.

B. Handlungsprioritäten

Mit Blick auf die drei übergreifenden Ziele richten die Mitgliedstaaten ihre Politik an den nachstehenden Handlungsprioritäten aus. Dabei verfolgen sie im Rahmen sämtlicher Prioritäten einen Gender-Mainstreaming-Ansatz.

1. AKTIVE UND PRÄVENTIVE MASSNAHMEN FÜR ARBEITSLOSE UND NICHTERWERBSPERSONEN

Die Mitgliedstaaten werden Neuzugänge zur Langzeitarbeitslosigkeit vermeiden und eine nachhaltige Wiedereingliederung der Arbeitslosen und der arbeitswilligen Nichterwerbspersonen in den Arbeitsmarkt fördern.

- Die Mitgliedstaaten werden sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Arbeitssuchenden frühzeitig ermittelt werden, dass die Betroffenen beraten und bei der Arbeitssuche unterstützt werden und dass in einem möglichst frühen Stadium der Arbeitslosigkeit individuelle Aktionspläne erstellt werden. Bis 2005 sollte das Ziel erreicht sein, dass allen Arbeitslosen vor Beginn des vierten Monats der Arbeitslosigkeit entsprechende Dienstleistungen angeboten werden.

- Die Mitgliedstaaten werden Arbeitssuchenden die Möglichkeit bieten, an wirksamen und effizienten Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und ihrer Eingliederungschancen teilzunehmen. Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sollten den individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen - wobei besonderes Augenmerk denjenigen gelten sollte, die auf dem Arbeitsmarkt mit den größten Schwierigkeiten konfrontiert sind - und den Menschen die erforderliche Erfahrung vermitteln, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein. Die Mitgliedstaaten werden insbesondere sicherstellen, dass bis zum Jahr 2005 allen Arbeitslosen ein Neuanfang in Form einer Ausbildung oder des Erwerbs von Berufserfahrung ermöglicht wird (gegebenenfalls in Kombination mit einer kontinuierlichen Unterstützung bei der Arbeitssuche) - binnen sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit im Falle der am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten Jugendlichen und binnen zwölf Monaten in allen anderen Fällen; dass bis zum Jahr 2010 30 % der Langzeitarbeitslosen an einer aktiven Maßnahme in Form einer Ausbildung oder des Erwerbs von Berufserfahrung teilnehmen.

- Die Mitgliedstaaten werden dafür sorgen, dass Effektivität und Effizienz der Arbeitsmarktprogramme regelmäßig bewertet und die Programme entsprechend überprüft werden.

2. FÖRDERUNG VON UNTERNEHMERGEIST UND ARBEITSPLATZSCHAFFUNG

Die Mitgliedstaaten werden die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen vorantreiben, indem sie Unternehmergeist und Innovation in einem unternehmensfreundlichen Umfeld fördern. Besonderes Augenmerk wird der Erschließung des Arbeitsplatzschaffungspotenzials junger Unternehmen, des Dienstleistungssektors und des Bereichs Forschung und Entwicklung gelten. Entsprechende Initiativen, die durch nationale Zielvorgaben zu untermauern sind, werden abstellen auf folgende Ziele:

- Förderung von Maßnahmen zur Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten und Managementkompetenz sowie Unterstützungsangebote, einschließlich Schulungen, die darauf abzielen, den Weg in die Selbständigkeit zu einer beruflichen Option für alle zu machen, insbesondere für Frauen, Arbeitslose, und arbeitswillige Nichterwerbspersonen;

- Vereinfachung der administrativen Abläufe und Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei Unternehmensgründungen und bei der Einstellung von Personal; Erleichterung des Zugangs zu Kleinstkrediten und Risikokapital für Start-up-Unternehmen und Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial (siehe auch Grundzüge der Wirtschaftspolitik, Leitlinie 11).

3. BEWÄLTIGUNG DES WANDELS UND FÖRDERUNG DER ANPASSUNGSFÄHIGKEIT IN DER ARBEITSWELT

Die Mitgliedstaaten werden die Fähigkeit der Beschäftigten und der Unternehmen zur Anpassung an den Wandel fördern und dabei sowohl dem Bedarf an Flexibilität und als auch dem Bedarf an Sicherheit Rechnung tragen. Sie werden das Arbeitsrecht reformieren, indem sie allzu restriktive Bestimmungen lockern, die die Arbeitsmarktdynamik beeinträchtigen und einer Beschäftigung derjenigen im Wege stehen, die Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Sie werden ferner den sozialen Dialog weiterentwickeln, die soziale Verantwortung der Unternehmen fördern und sonstige geeignete Maßnahmen treffen, mit dem Ziel,

- für eine größere Vielfalt bei arbeitsvertraglichen und arbeitsorganisatorischen Regelungen, einschließlich Arbeitszeitregelungen, zu sorgen - mit Blick auf die Förderung der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit;

- bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, zu schaffen und allen Arbeitskräften den Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen; mit den entsprechenden Maßnahmen soll insbesondere Folgendes erreicht werden: Reduzierung der Gesamtzahl der Arbeitsunfälle um 15 % und der Zahl der Arbeitsunfälle in Hochrisikosektoren um 25 % in jedem Mitgliedstaat; Verringerung des Abstands der Bildungsbeteiligung gering qualifizierter Arbeitskräfte zur Bildungsbeteiligung hochqualifizierter Arbeitskräfte;

- innovative und nachhaltige Formen der Arbeitsorganisation zu konzipieren und zu verbreiten;

- den wirtschaftlichen Wandel und wirtschaftliche Umstrukturierungsprozesse erfolgreich zu bewältigen.

4. MEHR UND BESSERE INVESTITIONEN IN HUMANKAPITAL UND STRATEGIEN DES LEBENSLANGES LERNENS

Die Mitgliedstaaten werden Strategien des lebenslangen Lernens implementieren - unter anderem durch Verbesserung von Qualität und Effizienz der Bildungs- und Ausbildungssysteme -, um allen Arbeitskräften die Qualifikationen zu vermitteln, die von modernen Arbeitskräften in einer wissensbasierten Gesellschaft verlangt werden, um allen eine berufliche Weiterentwicklung zu ermöglichen und um das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und Qualifikationsnachfrage zu beheben und Arbeitsmarktengpässe zu überwinden.

Die Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 Folgendes zu erreichen:

- Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass der durchschnittliche Anteil der 25- bis 64-Jährigen in der EU, die mindestens die Sekundarstufe II abgeschlossen haben, auf mindestens 80 % ansteigt.

- Erhöhung der Bildungsbeteiligung der Erwachsenen auf 15 % für die EU insgesamt, wobei in jedem Mitgliedstaat eine Quote von über 10 % anzustreben ist.

Effiziente Humankapitalinvestitionen seitens der Arbeitgeber und der Arbeitskräfte selbst werden gefördert, beispielsweise durch eine geeignete steuerliche Behandlung der Ausgaben für allgemeine und berufliche Bildung, und öffentliche Mittel werden - in Übereinstimmung mit den allgemeinen Haushaltsverpflichtungen - zugunsten von Investitionen in die Humanressourcen umgeschichtet.

Die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 eine substanzielle Erhöhung der öffentlichen und privaten Pro-Kopf-Investitionen in die Humanressourcen entsprechend den jeweiligen nationalen Zielvorgaben zu erreichen, einschließlich einer signifikanten Steigerung der Unternehmensinvestitionen in die Aus- und Weiterbildung der Erwachsenen. Als Zielmarke werden 5 % der Gesamtarbeitskosten in der EU ins Auge gefasst.

5. ERHÖHUNG DES ARBEITSKRÄFTEANGEBOTS UND FÖRDERUNG DES AKTIVEN ALTERNS

Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, dafür zu sorgen, dass eine ausreichende Zahl von Arbeitskräften und Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, um Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu stützen. Sie werden

- auf eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung hinarbeiten, indem sie das Potenzial aller Bevölkerungsgruppen erschließen - im Rahmen eines umfassenden Konzepts, das insbesondere folgende Aspekte abdeckt: Verfügbarkeit und Qualität von Arbeitsplätzen, Arbeit lohnend machen, Verbesserung der Qualifikationen, Bereitstellung geeigneter Unterstützungsangebote;

- das aktive Altern fördern, insbesondere durch Schaffung von Arbeitsbedingungen, die geeignet sind, die Menschen länger im Erwerbsleben zu halten, (z. B. Zugang zur Weiterbildung oder flexible Formen der Arbeitsorganisation) sowie durch Beseitigung von Anreizen für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt, vor allem durch eine Reform der Vorruhestandsregelungen und indem sichergestellt wird, dass sich ein Verbleib im Erwerbsleben auszahlt; die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 das effektive Durchschnittsalter beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auf EU-Ebene (das nach entsprechenden Schätzungen im Jahr 2001 bei 59,9 Jahren lag) um fünf Jahre anzuheben; die Mitgliedstaaten werden diesbezüglich geeignete nationale Zielvorgaben machen, die mit den auf EU-Ebene angestrebten Zielen vereinbar sind;

- das durch Zuwanderung verfügbare werdende zusätzliche Arbeitskräfteangebot nutzen - in Übereinstimmung mit der Einwanderungspolitik der Gemeinschaft und in einer Art und Weise, die mit den langfristigen Entwicklungszielen der Herkunftsländer vereinbar ist.

6. GLEICHSTELLUNG DER GESCHLECHTER

Die Mitgliedstaaten werden im Wege eines Gender-Mainstreaming-Ansatzes und spezifischer politischer Maßnahmen die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Beschäftigungsquoten, bei den Arbeitslosenquoten und beim Arbeitsentgelt schrittweise beseitigen. Die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Arbeitslosenquoten zu beseitigen und das geschlechtsspezifische Lohngefälle in jedem Mitgliedstaat zu halbieren. Erreicht werden soll dies durch einen mehrdimensionalen Ansatz, in dessen Rahmen die Ursachen der geschlechtsspezifischen Unterschiede angegangen werden, einschließlich sektoraler und beruflicher Segregation, allgemeiner und beruflicher Bildung, Arbeitsplatzbewertungs- und Entgeltsystemen, Sensibilisierung und Transparenz.

Besonderes Augenmerk wird der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelten: insbesondere sollten geeignete Betreuungsangebote für Kinder und pflegebedürftige Personen geschaffen werden. Die entsprechenden Maßnahmen werden darauf abzielen, bis zum Jahr 2010 die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen für 33 % der Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren und für 90 % der Kinder zwischen 3 Jahren und dem Schulpflichtalter in jedem Mitgliedstaat zu gewährleisten.

7. FÖRDERUNG DER INTEGRATION UND BEKÄMPFUNG DER DISKRIMINIERUNG BENACHTEILIGTER GRUPPEN AUF DEM ARBEITSMARKT

Die Mitgliedstaaten werden die Integration von Personen fördern, die auf dem Arbeitsmarkt mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert sind, wie zum Beispiel Schulabbrecher, Menschen mit Behinderungen, Zuwanderer und Angehörige ethnischer Minderheiten. Dies soll geschehen durch Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, durch Schaffung von mehr Beschäftigungsmöglichkeiten und durch Vermeidung jeglicher Form von Diskriminierung.

Die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 Folgendes zu erreichen:

- Halbierung der Schulabbrecherquote in jedem Mitgliedstaat und dadurch Reduzierung der Gesamtquote für die EU auf 10 %;

- Reduzierung der Differenz zwischen den Arbeitslosenquoten benachteiligter Personengruppen - entsprechend der jeweiligen einzelstaatlichen Definition - und der Gesamtarbeitslosenquote um die Hälfte in jedem Mitgliedstaat;

- Reduzierung der Differenz zwischen den Arbeitslosenquoten von EU-Bürgern und den Arbeitslosenquoten von Drittstaatsangehörigen um die Hälfte in jedem Mitgliedstaat.

8. ARBEIT LOHNEND MACHEN UND ENTSPRECHENDE ANREIZE SCHAFFEN

Die Mitgliedstaaten werden ihre finanziellen Anreizmechanismen neu gestalten, um Arbeit attraktiver zu machen und die Menschen zu ermutigen, Arbeit zu suchen, eine Arbeit aufzunehmen und im Arbeitsleben zu verbleiben. Die Mitgliedstaaten werden Steuer- und Sozialleistungssysteme und deren Wechselwirkungen überprüfen, mit dem Ziel, Arbeitslosigkeits-, Armuts- und Nichterwerbstätigkeitsfallen zu beseitigen und die Erwerbsbeteiligung von Frauen, geringqualifizierten Arbeitskräften, älteren Arbeitskräften und arbeitsmarktfernen Gruppen zu fördern.

Sie werden insbesondere - bei Aufrechterhaltung eines angemessenen Sozialschutzniveaus - Ersatzraten und Leistungsdauer überprüfen, sie werden - unter Berücksichtigung der individuellen Situation - für eine effektive Leistungsverwaltung sorgen, vor allem was die Koppelung mit einer effektiven Arbeitssuche anbelangt, sie werden, soweit angezeigt, die Gewährung von Arbeitnehmerhilfen in Betracht ziehen, sie werden hohe effektive Grenzsteuersätze absenken, um Nichterwerbstätigkeitsfallen zu beseitigen, und sie werden die Steuer- und Abgabenbelastung gering entlohnter Arbeit reduzieren.

Die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 die Steuer- und Abgabenbelastung des Arbeitsentgelts von Niedriglohnbeziehern gemäß den nationalen Zielvorgaben deutlich zu reduzieren.

9. ÜBERFÜHRUNG VON NICHTANGEMELDETER ERWERBSTÄTIGKEIT IN REGULÄRE BESCHÄFTIGUNG

Die Mitgliedstaaten werden einen umfassenden Policymix zur Beseitigung nichtangemeldeter Erwerbstätigkeit zusammenstellen und implementieren, der folgende Komponenten miteinander verknüpft: Vereinfachung des Unternehmensumfelds, Beseitigung von Negativanreizen und Schaffung geeigneter Anreize in den Steuer- und Sozialleistungssystemen, Ausbau der Kapazitäten im Bereich der Rechtsdurchsetzung, Anwendung von Sanktionen. Die Mitgliedstaaten werden in die Weiterentwicklung der statistischen Basis auf nationaler und auf EU-Ebene investieren, um das Ausmaß des Problems und die auf nationaler Ebene erzielten Fortschritte erfassen zu können.

Die entsprechenden Maßnahmen werden insbesondere darauf abzielen, bis 2010 die nichtangemeldete Erwerbstätigkeit in jedem Mitgliedstaat deutlich zu reduzieren, gestützt auf eine verbesserte statistische Datenbasis.

10. FÖRDERUNG BERUFLICHER UND GEOGRAFISCHER MOBILITÄT UND VERBESSERUNG DES JOB-MATCHING

Die Mitgliedstaaten werden einem Arbeitskräftemangel, Arbeitsmarktengpässen und regionalen Disparitäten bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit entgegenwirken durch Förderung der beruflichen Mobilität und Beseitigung von Hindernissen für die geografische Mobilität, insbesondere durch Umsetzung des Aktionsplans für Qualifikation und Mobilität, durch Verbesserungen bei der Anerkennung und Transparenz von Qualifikationen und Kompetenzen, durch Gewährleistung der Übertragbarkeit von Sozialversicherungs- und Rentenansprüchen, durch Schaffung geeigneter Anreize in den Steuer- und Sozialleistungssystemen und durch Nutzung des Potenzials der Zuwanderung.

Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene sollte für mehr Transparenz bei Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten gesorgt werden, um ein effektives Job-Matching zu fördern. Insbesondere sollte bis 2005 sichergestellt sein, dass Arbeitssuchende EU-weit Zugang zu sämtlichen von den Arbeitsverwaltungen der Mitgliedstaaten bekannt gegebenen Stellenangeboten haben.

C. Bessere Governance, mehr Partnerschaft und effizientere Umsetzungsmechanismen

Die Mitgliedstaaten werden die effektive Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien sicherstellen, auch auf regionaler und lokaler Ebene.

Mobilisierung aller relevanten Akteure

Unter gebührender Berücksichtigung der unterschiedlichen nationalen Traditionen und Gepflogenheiten sollte eine enge Einbeziehung der einschlägigen parlamentarischen Gremien in die Umsetzung der Leitlinien gewährleistet sein. Darüber hinaus sollten alle wichtigen Stakeholder, einschließlich der Zivilgesellschaft, in vollem Umfang an der europäischen Beschäftigungsstrategie mitwirken.

Die Einbeziehung der regionalen und lokalen Akteure in die Konzipierung und Umsetzung der Leitlinien sollte gefördert werden, insbesondere durch lokale Partnerschaften, durch die Verbreitung einschlägiger Informationen und durch Konsultationen.

Enge Einbindung der Sozialpartner

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern auf nationaler, sektoraler, regionaler, lokaler und Unternehmensebene sollte gefördert werden, um Umsetzung, Monitoring und Follow-up der Beschäftigungsstrategie sicherzustellen.

Die Sozialpartner auf nationaler Ebene sind aufgefordert, in Übereinstimmung mit ihren nationalen Traditionen und Gepflogenheiten für die effektive Umsetzung der Leitlinien Sorge zu tragen und über ihre wichtigsten Beiträge in sämtlichen in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen Bericht zu erstatten, insbesondere was die Aspekte Bewältigung des Wandels und Anpassungsfähigkeit, Synergie zwischen Flexibilität und Sicherheit, Humankapitalentwicklung, Geschlechtergleichstellung, Arbeit lohnend machen, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz anbelangt.

Die europäischen Sozialpartner auf branchenübergreifender und sektoraler Ebene sind aufgefordert, ihren Beitrag zur Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien zu leisten und die nationalen Sozialpartner auf allen Ebenen - auf branchenübergreifender, sektoraler und lokaler Ebene - in ihren Bemühungen zu unterstützen. Wie in ihrem gemeinsamen Arbeitsprogramm angekündigt, werden die Sozialpartner auf branchenübergreifender Ebene jährlich darüber berichten, welchen Beitrag sie zur Umsetzung der Leitlinien geleistet haben. Die Sozialpartner auf sektoraler Ebene sind ihrerseits aufgefordert, über die von ihnen ergriffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Wirksame und rationelle Umsetzungsmechanismen

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die operativen Dienste über die erforderlichen Kapazitäten verfügen, um die beschäftigungspolitischen Ziele und Prioritäten wirksam und effizient umzusetzen. Dies erfordert insbesondere ein modernes System von Arbeitsverwaltungen, die eng mit den für soziale Wiedereingliederung zuständigen Stellen zusammenarbeiten, ein qualitativ hochwertiges Dienstleistungsangebot zur Förderung des lebenslangen Lernens sowie Arbeitsaufsichtsbehörden, die für bessere Arbeitsbedingungen sorgen.

Angemessener Finanzrahmen

Die Mitgliedstaaten werden sicherstellen, dass angemessene finanzielle Ressourcen für die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien bereitgestellt werden - bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Gebots solider öffentlicher Finanzen in Übereinstimmung mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik.

Die Mitgliedstaaten machen das Potenzial der europäischen Strukturfonds, insbesondere des Europäischen Sozialfonds, in vollem Umfang nutzbar, um die Umsetzung der Politik zu unterstützen und die institutionellen Kapazitäten im Beschäftigungsbereich zu stärken.

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