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Document 52001AR0466

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Entwurf eines Berichts des Europäischen Parlaments über die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten"

ABl. C 192 vom 12.8.2002, p. 31–36 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52001AR0466

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Entwurf eines Berichts des Europäischen Parlaments über die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten"

Amtsblatt Nr. C 192 vom 12/08/2002 S. 0031 - 0036


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Entwurf eines Berichts des Europäischen Parlaments über die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten"

(2002/C 192/08)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 14. und 15. Dezember 2001, namentlich auf die Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union,

gestützt auf den Entwurf eines Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments über "Die Aufteilung der Befugnisse zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten" (PE 304.276),

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments über die Berichte der Kommission an den Europäischen Rat "Eine bessere Rechtsetzung (1998)" und "Eine bessere Rechtsetzung (1999)" (C5-0266/2000 und C5-0279/1999),

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2001 z. Hd. des Ausschusses für konstitutionelle Fragen über "Die Aufteilung der Befugnisse zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten" (PE 301.816),

gestützt auf den Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments vom 23. August 2001 z. Hd. des Ausschusses für konstitutionelle Fragen über "Die Aufteilung der Befugnisse zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten" (PE 302.070),

gestützt auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Dezember 2001 über die Zukunft der Europäischen Union (KOM(2001) 727 endg.),

gestützt auf die Entschließung des Ausschusses der Regionen vom 14. November 2001 zur Vorbereitung des Europäischen Rates von Laeken und zur Weiterentwicklung der Europäischen Union im Rahmen der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 (CdR 104/2001 fin),

gestützt auf den Bericht des Ausschusses der Regionen vom 20. September 2001 über die "Bürgernähe" (CdR 436/2000 fin),

gestützt auf die Entschließung des Ausschusses der Regionen vom 4. April 2001 zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin)(1),

gestützt auf die Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen vom 15. September 1999 und 13. April 2000 zu den Berichten der Kommission an den Europäischen Rat mit den Titeln "Eine bessere Rechtsetzung: 1998" und "Eine bessere Rechtsetzung 1999" (CdR 50/1999 fin bzw. CdR 18/2000 fin)(2),

gestützt auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 11. März 1999 zum Subsidiaritätsprinzip "Für eine echte Subsidiaritätskultur! Ein Appell des Ausschusses der Regionen" (CdR 302/98 fin)(3),

aufgrund des vom Ausschuss für konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 265 Absatz 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gestellten Antrags auf Befassung,

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten, gemäß Artikel 40 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Ausschusses der Regionen ein Dringlichkeitsverfahren anzuwenden und zwei Hauptberichterstatter zu bestellen (Herrn Chabert (B/PPE) Vize-präsident und Minister für öffentliche Bauvorhaben, Verkehr und Gesundheitspolitik der Regierung der Region Brüssel-Hauptstadt und Herrn Dammeyer (D/PSE) Mitglied des Landtages, Nordrhein-Westfalen),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Der Ausschuss der Regionen wurde gebeten, als aktiver Beobachter in dem vom Europäischen Rat von Laeken einberufenen europäischen Konvent teilzunehmen, und die Frage einer besseren Verteilung und Festlegung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union wurde zu ersten Thematik bestimmt, die mit Blick auf ein modernisiertes Europa zu erörtern ist.

Die Staats- und Regierungschefs haben in der Erklärung von Laeken mehrfach auf die regionale Dimension Bezug genommen, als sie Denkanstöße für eine bessere Verteilung und Bestimmung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union festlegten, und dabei folgende Fragen angesprochen:

- Wie kann gewährleistet werden, dass die neu bestimmte Verteilung der Zuständigkeiten nicht zu einer schleichenden Ausuferung der Zuständigkeiten der Union oder zu einem Vordringen in die Bereiche der ausschließlichen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und - wo eine solche besteht - der Regionen führt?

- Soll die tägliche Verwaltung und die Ausführung der Unionspolitik nicht nachdrücklicher den Mitgliedstaaten bzw. - wo deren Verfassung es vorsieht - den Regionen überlassen werden? Sollen ihnen nicht Garantien dafür gegeben werden, dass an ihren Zuständigkeiten nicht gerührt werden wird?

Der Ausschuss der Regionen wünscht - seit seiner Gründung - eine Debatte über die Problematik der Abgrenzung der Zuständigkeiten und die wirksame Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität, der Verhältnismäßigkeit und der Bürgernähe und hat im Laufe seiner beiden ersten vierjährigen Mandatsperioden zahlreiche diesbezügliche Stellungnahmen verabschiedet;

verabschiedete auf seiner 43. Plenartagung am 13. und 14. März 2002 (Sitzung vom 13. März) einstimmig folgende Stellungnahme.

1. Allgemeine Überlegungen zur Problematik der Zuständigkeitsverteilung in der Europäischen Union

Der Ausschuss der Regionen

1.1. begrüßt, dass er durch die Befassung seitens des Europäischen Parlaments Gelegenheit erhält, seinen Standpunkt zu dieser Frage zu erläutern, die zu Recht in den Mittelpunkt des Mandats des Konvents zur Vorbereitung der nächsten Regierungskonferenz gerückt wurde;

1.2. stellt mit Genugtuung fest, dass im Zusammenhang mit der Problematik der Zuständigkeitsverteilung die Frage nach Stellung und Rolle der Regionen und Kommunen in der Europäischen Union und ihrer institutionellen Vertretung in die Arbeiten des Ausschusses für konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments Eingang gefunden hat;

1.3. weist darauf hin, dass der fortschreitende Integrationsprozess erhebliche Auswirkungen auf die demokratische Gestaltungsfreiheit der Regionen und Kommunen hat, weil die Europäische Union ihre Befugnisse in vielen Bereichen im Laufe der Zeit immer extensiver interpretiert und angewendet hat. Bei der Diskussion um eine bessere europäische Kompetenzordnung geht es nicht nur um bessere juristische Instrumente, sondern auch darum, die politische Aufgabenteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten auf zentralen Politikfeldern zu überprüfen. Viele dieser Politikbereiche betreffen jedoch den Verantwortungsbereich von Regionen und Gemeinden wie zum Beispiel die Kultur- und Bildungspolitik oder die Forschungs- und Technologiepolitik, die Umweltpolitik, aber auch die regionale Strukturpolitik und die Agrarstrukturpolitik(4);

1.4. erinnert daran, dass ein Ziel die Schaffung einer demokratischeren, transparenteren und effektiveren EU ist. Dieses Ziel soll durch Klärung, Vereinfachung und Anpassung der Verträge und eine verstärkte Information der Bürger erreicht werden;

1.5. begrüßt die Einrichtung des Konvents als ersten Schritt auf dem Weg zu einer demokratischeren Methode der Vertragsrevision und fordert eine möglichst umfassende Bekanntmachung der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Konvents;

1.6. ist folglich der Ansicht, dass jegliche Überlegungen über eine bessere Regelung der Zuständigkeiten auf dem Subsidiaritätsprinzip, aber auch auf den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Bürgernähe sowie auf der Wahrung der nationalen und regionalen Identität basieren und eine politische Verantwortlichkeit für die Bürgernähe begünstigen müssen;

1.7. ist der Auffassung, dass das Prinzip der Subsidiarität ein politischer Grundsatz von verfassungsmäßigem Rang ist. Durch seine Aufnahme in die Verträge der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten und betreffenden Institutionen aufgefordert, die geeignete Entscheidungsebene so auszuwählen, dass größtmögliche Effizienz und Verhältnismäßigkeit erreicht werden. Deshalb müssen bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips sowohl die Prärogativen der Regionen als auch die lokale Selbstverwaltung garantiert werden(5). Es ist nämlich so, dass die Gemeinschaft nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können;

1.8. stellt fest, dass das Subsidiaritätsprinzip trotz der politischen und rechtlichen Fortschritte seit seiner Anerkennung im Vertrag von Maastricht nach wie vor nicht voll angewandt wird, und nicht die erwartete Wirkung auf die Funktionsweise der Union ausübte, und dass eine bessere Zuständigkeitsverteilung erheblich zu dessen Bestimmung, Umsetzung und Überwachung beitrüge;

1.9. legt diese Stellungnahme als Synthese der Stellungnahme vor, die der Ausschuss der Regionen im Laufe seiner letzten vierjährigen Mandatsperiode in einer frühen Phase der Debatte abgegebenen hat, um dem Europäischen Parlament Bewertungsgrundlagen für die aufgeworfenen Grundsatzfragen zu liefern, und wird seinen Standpunkt im Laufe der Arbeiten des Konvents näher bestimmen;

1.10. beabsichtigt, mit dem Europäischen Parlament während der gesamten Dauer der Tätigkeit des Konvents zur Zukunft Europas diesbezüglich auch weiterhin einen ständigen Dialog zu führen.

2. Eine bessere Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union sind für die Fortsetzung des europäischen Integrationsprozesses unverzichtbar

Der Ausschuss der Regionen

2.1. stimmt der Analyse des Europäischen Parlaments hinsichtlich der derzeitigen Schwachstellen der Verträge und der gesamten Funktionsweise der Gemeinschaft mit Blick auf die Problematik der Zuständigkeitsverteilung zu, die aus mangelnder Kohärenz und Transparenz aufgrund der Zunahme der Instrumente und Verfahren resultieren. Die gegenwärtige Kompetenzabgrenzung ist auch deshalb ungenau, weil der EG-Vertrag nur sehr allgemeine Ziele vorgibt, ohne aber die Reichweite der Maßnahmen genau festzulegen(6);

2.2. ist der Ansicht, dass sich die von den Staats- und Regierungschefs in der Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union empfohlenen Bemühungen um eine bessere Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union in den generellen Rahmen der Neubestimmung des Projekts Europa einfügen, und warnt davor, die Kompetenzabgrenzung auf eine rein technische Überarbeitung des Vertrages zu beschränken(7);

2.3. ist der Auffassung, dass die Beteiligung der europäischen Bürger an der Verwirklichung einer echten politischen Union nur sichergestellt werden kann, wenn das europäische Einigungswerk mit einer transparenten Kompetenz- und Verantwortungsstruktur weitergeführt wird, und ist überzeugt, dass die europäische Demokratie nur dann richtig funktionieren kann, wenn die Verträge und Beschlussfassungsverfahren für die Bürger transparenter und leichter umsetzbar werden(8);

2.4. spricht sich für einen verfassungsmäßigen Ansatz aus und billigt folglich den Vorschlag des Europäischen Parlaments, die Verträge zu einem einzigen zweiteiligen Text zusammenzuführen;

a) einem "konstitutionellen" oder Grundteil, der die Präambel, die Zielsetzungen der Union, die Grundrechte sowie die Bestimmungen über die Institutionen und die Einzelermächtigungen umfasst. Dieser Teil kann nur im Rahmen einer Regierungskonferenz geändert werden;

b) einem Teil, der insbesondere technische, verfahrensrechtliche oder institutionelle Fragen regelt, soweit diese auch sekundärrechtlich geregelt werden könnten. Dieser Teil kann nach dem vereinfachten Gemeinschaftsverfahren ohne Regierungskonferenz geändert werden. Die Übertragung von Kompetenzen der Mitgliedstaaten auf die Europäische Union bedarf in jedem Fall der Zustimmung der Parlamente der Mitgliedstaaten(9);

2.5. ist der Ansicht, dass das Ziel einer besseren Zuständigkeitsverteilung zwischen der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten und den Regionen und den subregionalen Ebenen an sich vom Rechtsstatus und von den Aufgaben der Europäischen Union abhängt. Daher ist folgendes geboten:

- in Abhängigkeit von der Entwicklung des Projekts Europa die politischen Maßnahmen aufzuzeigen und klar herauszuarbeiten, die für sein Gelingen notwendig sind;

- die Verwirklichung von Bürgernähe(10) zu gewährleisten. Danach muss das Subsidiaritätsprinzip als Maßstab für eine Neufestlegung der Aufgaben der Europäischen Union dienen. In diesem Zusammenhang müssen die Prinzipien gewahrt werden, die für die Verteilung von Verantwortung und Kompetenzen zwischen dem Staat und den regionalen bzw. lokalen Gebietskörperschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten gelten. Soweit gemeinschaftliches Handeln nicht unbedingt erforderlich ist, sollten Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen als bürgernahe Entscheidungsbenen wieder stärker mit politischer Verantwortung ausgestattet werden;

- politische Verantwortung klar zuzuordnen, z. B. durch die vertragliche Neuordnung der Zuständigkeiten der Europäischen Union. Hierbei darf weder die Übertragung weiterer Zuständigkeiten noch die Rückübertragung von Zuständigkeiten ein Tabu sein(11).

2.6. ist überzeugt, dass die Erweiterung der Europäischen Union Hand in Hand gehen muss mit einer Konzentration ihrer Aufgaben auf die wirklich europäischen Herausforderungen, zu deren Bewältigung die Europäische Union mit dem notwendigen Instrumentarium ausgestattet werden soll, und fordert, dass die so konzentrierten und reformierten Aufgaben der Europäischen Union auch in den Verträgen bzw. in dem künftigen Verfassungsvertrag klar beschrieben werden; dabei soll die Europäische Union auch weiterhin flexibel auf die wachsenden Herausforderungen reagieren können(12);

2.7. ist jedoch der Auffassung, dass die politischen Ziele der Union, die in Artikel 2 EUV aufgeführt sind, gewahrt werden müssen;

2.8. spricht sich daher für die Wahrung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union und für eine dynamische Handhabung des Subsidiaritätsprinzips aus;

2.9. stimmt dem in diesem Berichtsentwurf vorgeschlagenen methodischen Ansatz für die Kompetenzverteilung zwischen ausschließlichen Zuständigkeiten der Union, exklusiven Kompetenzen der Mitgliedstaaten, geteilte Befugnisse und ergänzende Zuständigkeiten zu;

2.10. erinnert daran, dass dem Subsidiaritätsprinzip zufolge die europäische Ebene in allen Angelegenheiten, für die sie keine ausschließliche Kompetenz übertragen erhalten hat, die Handlungsmöglichkeiten vorrangig den anderen Ebenen - den Mitgliedstaaten und deren Regionen und Gemeinden - überlassen muss. Dieses Prinzip ist verbindlich im Vertrag verankert, ihm sind alle europäischen Organe - Rat, Kommission und Parlament - verpflichtet(13);

2.11. ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission in der Vergangenheit den Begriff "ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft" in Artikel 5 Absatz 1 EGV sehr weit ausgelegt hat, und durch diese Praxis das Subsidiaritätsprinzip in seiner Bedeutung zurückgedrängt wurde(14);

2.12. betont, dass viele Zuständigkeiten der künftigen Europäischen Union weiterhin geteilte Zuständigkeiten bleiben müssen - geteilt nicht nur zwischen der EU und den Mitgliedstaaten, sondern gemäß dem Subsidiaritätsprinzip auch geteilt mit regionalen und lokalen Gebietskörperschaften (stets unter Beachtung der Verfassungsvorschriften der Mitgliedstaaten); stellt ferner fest, dass der Ausdruck "Zuständigkeit" nicht nur auf die Befugnis zur Gesetzgebung beschränkt ist, sondern auch andere rechtliche Handlungsbefugnisse innerhalb des Verantwortungsbereichs der jeweiligen Ebene umfasst(15);

2.13. hält es für erforderlich, auch die juristischen Instrumente für die Kompetenzabgrenzung zu verbessern; schlägt vor, die Möglichkeiten für eine systematischere, bessere Abstufung der EU-Kompetenzen zu untersuchen(16);

2.14. spricht sich nachdrücklich dafür aus, die Problematik der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Verwaltungsebenen zu berücksichtigen, um adäquate Voraussetzungen für vorbildliches europäisches Regieren zu gewährleisten;

2.15. unterstreicht die Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, auf dem das Kräftespiel der geteilten Zuständigkeiten basiert;

2.16. begrüßt eine Normenhierarchie und ist der Ansicht, dass im Interesse der Wirksamkeit und Lesbarkeit zwischen den einzelnen gemeinschaftlichen Rechtsakten (Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse) unterschieden werden muss. Europäische Richtlinien sollten auch künftig allgemein gehalten werden, und die konkrete Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sollte den dafür zuständigen Ebenen, d. h. in zahlreichen Fällen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften überlassen bleiben; so kann auch die Wahrung der kulturellen Unterschiede innerhalb der Europäischen Union sichergestellt werden(17);

2.17. fordert dazu auf, die finanziellen und verwaltungstechnischen Auswirkungen von EU-Rechtsakten auf den Bürger und auf die für ihre Umsetzung zuständigen Behörden - oftmals die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften - zu berücksichtigen(18);

2.18. ist der Ansicht, dass eine bessere Zuständigkeitsverteilung den systematischeren Einsatz von Mehrheitsabstimmungen erleichtern und so die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union insgesamt verbessern würde(19);

2.19. betont, dass das Recht, die Aufgaben der Europäischen Union zu bestimmen, bei den Mitgliedstaaten verbleiben muss, und spricht sich gegen Vorschläge für "gemeinschaftsautonome" Vertragsänderungsverfahren, insbesondere gegen Vorschläge zur Abschaffung des Erfordernisses der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente aus(20).

3. Die Zuständigkeiten der Regionen und Kommunen müssen bei der neuen Verteilung und Abgrenzung der Kompetenzen in der Europäischen Union garantiert werden

Der Ausschuss der Regionen

3.1. spricht sich dagegen aus, im Rahmen der Debatte über die Kompetenzverteilung die Europäische Union zu ersuchen, die territoriale Gliederung in den Mitgliedstaaten zu regeln, die unter deren ausschließlichen Zuständigkeiten fällt; es ist vielmehr geboten, den erheblichen Anteil der Regionen und Kommunen an der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten zu gewährleisten(21);

3.2. erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Grundsätze, die für die Verteilung von Verantwortung und Befugnissen zwischen dem Staat und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten gelten, gewahrt werden müssen;

3.3. weist folglich auf den Vorschlag hin, den das Europäische Parlament in seiner Entschließung zum Thema "Eine bessere Rechtsetzung 1998-1999" vorgebracht hat und demzufolge "die an den Verträgen vorgenommenen Änderungen in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip und der politischen und nationalen Vielfalt der Europäischen Union ausdrücklich die Anerkennung und Achtung der politischen und legislativen Befugnisse der internen politischen Einheiten der Mitgliedstaaten (Bundesstaaten, autonome Gemeinschaften, Regionen) in ihren exekutiven, legislativen und justitiellen Beziehungen zu den EU-Institutionen einschließen sollten"(22);

3.4. begrüßt den Vorschlag, den Regionen im Vertrag einen den nationalen Parlamenten ähnelnden Status zu verleihen, der die Bereiche, in denen die Regionen beteiligt werden, ihre Aufgaben, die Modalitäten und Verfahren dieser Teilnahme sowie die Überwachungs- und Bewertungsmechanismen näher festlegen würden; der Ausschuss weist jedoch auch darauf hin, dass das Subsidiaritätsprinzip auf subnationaler, d. h. nicht nur regionaler, sondern auch lokaler Ebene angewandt werden muss, da in vielen Mitgliedstaaten die lokale Ebene Verwaltungszuständigkeiten für Gemeinschaftsfragen besitzt;

3.5. bedauert allerdings den empfohlenen allzu zentralisierten Ansatz, wonach allein den nationalen Regierungen das Vorrecht eingeräumt würde, eine Liste der "Partnerregionen der Union" zu erstellen, und schlägt daher vor, dass dieser Vorschlag vom Europäischen Parlament in Abstimmung mit dem Ausschuss der Regionen überprüft wird, damit die Modalitäten der Gewährung dieses Status keine Eigendynamik entwickeln und Verzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten und in den Mitgliedstaaten selbst zur Folge haben;

3.6. ist der Ansicht, dass die Anerkennung eines Status für die Regionen und die lokalen Gebietskörperschaften der Verwirklichung der Grundsätze gleichkäme, die in der Präambel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, welche nach Auffassung des Ausschusses der Regionen in den Vertrag aufgenommen werden und verbindlich sein sollte: "die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene" bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher(23);

3.7. wiederholt seine Forderung, die Grundsätze der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung unter Beachtung der jeweiligen Verfassungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu den gemeinsamen Prinzipien der Union hinzuzufügen;

3.8. stellt mit Genugtuung fest, dass das Europäische Parlament der besonderen Lage der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen mit Blick auf die Problematik der Zuständigkeitsverteilung Rechnung getragen hat;

3.9. weist jedoch darauf hin, dass in zahlreichen Ländern die Kommunen und anderen Gebietskörperschaften auch über eine weitreichende Autonomie und über Verwaltungskompetenzen bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts verfügen, und fordert daher das Europäische Parlament auf, diese Realität zu berücksichtigen;

3.10. fordert dazu auf, die in den Verträgen festgeschriebene Definition der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit so zu ergänzen, dass die Zuständigkeiten der Regionen und Kommunen gewahrt werden;

3.11. wiederholt seine Forderung, dem Ausschuss der Regionen und den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen das Recht einzuräumen, im Falle eines Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu klagen;

3.12. erinnert an die vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung zum Thema "Eine bessere Rechtsetzung 1998-1999" aufgestellte Forderung, die zunehmend wichtige Rolle des Ausschusses der Regionen bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips anzuerkennen und zu erweitern, und wünscht sich, dass sie von der Delegation des Europäischen Parlaments im Konvent eingefordert wird(24);

3.13. ist der Ansicht, dass die Stärkung der institutionellen Rolle des AdR die logische Konsequenz aus der zunehmenden Aufnahme der europäischen Rechtsvorschriften in den Zuständigkeitsbereich der Regionen und Kommunen darstellt, wenn eine bessere Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union garantierten werden soll;

3.14. schlägt daher vor, in der künftigen Architektur der europäischen Institutionen die Rolle, die die Regionen und Gemeinden in Europa spielen, entsprechend ihrer Bedeutung im europäischen Einigungsprozess und bei der bürgernahen Umsetzung europäischer Politik nach dem Grundsatz der Subsidiarität aufzuwerten(25);

3.15. hält es dazu für erforderlich, dem Ausschuss der Regionen den Status eines Organs zu verleihen, ihm eine Form zu geben, die ihm die effektive Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben erlaubt, und ihm Befugnisse zu gewähren, die über eine rein beratende Funktion hinausgehen (z. B. die Klagebefugnis vor dem Europäischen Gerichtshof); auf diese Weise wird er zu einem Organ, das am europäischen Entscheidungsprozess mitwirkt, in dem alle politischen Ebenen der Mitgliedstaaten - von der Gemeinde bis zur Region mit Gesetzgebungskompetenzen - ihren Platz haben und Mitverantwortung übernehmen müssen(26);

3.16. fordert das Europäische Parlament und insbesondere seine Delegation im Konvent für die Zukunft der Europäischen Union auf, dafür Sorge zu tragen, dass zum einen der Konvent dem Erfordernis Rechnung trägt, die Zuständigkeiten der Regionen und Kommunen politisch und rechtlich zu gewährleisten, und dass zum anderen der Ausschuss der Regionen an jeder Neubestimmung und Neuverteilung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union voll beteiligt wird.

Brüssel, den 13. März 2002.

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Albert Bore

(1) ABl. C 253 vom 12.9.2001, S. 25.

(2) ABl. C 374 vom 23.12.1999, S. 11; ABl. C 226 vom 8.8.2000, S. 60.

(3) ABl. C 198 vom 14.7.1999, S. 73.

(4) Vgl. Memorandum des AdR zur Mitwirkung des AdR an der strukturierten Debatte über die Zukunft der Union (CdR 325/2001 fin).

(5) Vgl. Schlusserklärung des AdR "Neue europäische Entscheidungsstrukturen: Wege zu mehr Demokratie und Bürgernähe" (CdR 379/2000 fin).

(6) Vgl. Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Subsidiaritätsprinzip "Für eine echte Subsidiaritätskultur! Ein Appell des Ausschusses der Regionen" (CdR 302/98 fin).

(7) Vgl. Entschließung des AdR zur Vorbereitung des Europäischen Rates von Laeken und zur Weiterentwicklung der Europäischen Union im Rahmen der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 (CdR 104/2001 fin).

(8) Vgl. Bericht des AdR über die "Bürgernähe" (CdR 436/2000 fin).

(9) Vgl. Stellungnahme des AdR zu dem Bericht der Kommission an den Europäischen Rat "Eine bessere Rechtsetzung 1999" (CdR 18/2000 fin).

(10) Vgl. Bericht des AdR zur "Bürgernähe" (CdR 436/2000 fin).

(11) Vgl. Entschließung des Ausschusses der Regionen vom 14. November 2001 zur Vorbereitung des Europäischen Rates von Laeken und zur Weiterentwicklung der Europäischen Union im Rahmen der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 (CdR 104/2001 fin).

(12) Vgl. Entschließung des Ausschusses der Regionen vom 14. November 2001 zur Vorbereitung des Europäischen Rates von Laeken und zur Weiterentwicklung der Europäischen Union im Rahmen der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 (CdR 104/2001 fin).

(13) Vgl. Memorandum zur Mitwirkung des Ausschusses der Regionen an der strukturierten Debatte über die Zulunft der Union (CdR 325/2001 fin).

(14) Vgl. Stellungnahme des AdR zu dem Bericht der Kommission an den Europäischen Rat "Eine bessere Rechtsetzung 1999" (CdR 18/2000 fin).

(15) Vgl. Entschließung des AdR zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin).

(16) Vgl. Entschließung des AdR zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin).

(17) Vgl. Bericht des AdR über die "Bürgernähe" (CdR 436/2000 fin).

(18) Vgl. Stellungnahme des AdR zu der "Umsetzung des EU-Rechts seitens der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften" (CdR 51/1999 fin).

(19) Vgl. Stellungnahme des AdR zu dem Bericht der Kommission an den Europäischen Rat "Eine bessere Rechtsetzung 1999" (CdR 18/2000 fin).

(20) Vgl. Entschließung des AdR zur Vorbereitung des Europäischen Rates von Laeken und zur Weiterentwicklung der Europäischen Union im Rahmen der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 (CdR 104/2001 fin).

(21) Vgl. Entschließung des AdR zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin).

(22) Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Berichten der Kommission an den Europäischen Rat: Eine bessere Rechtsetzung 1998/1999 (A5-0269/2000).

(23) Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1-22).

(24) Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Berichten der Kommission an den Europäischen Rat: Eine bessere Rechtsetzung 1998/1999 (A5-0269/2000).

(25) Vgl. Entschließung des AdR zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin).

(26) Vgl. Entschließung des AdR zum Ergebnis der Regierungskonferenz 2000 und zur Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (CdR 430/2000 fin).

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