Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 51997IR0303

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Agenda 2000: Finanzierung der Europäischen Union nach 1999 unter Berücksichtigung der Erweiterungsperspektiven und der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts"

ABl. C 64 vom 27.2.1998, p. 40 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51997IR0303

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Agenda 2000: Finanzierung der Europäischen Union nach 1999 unter Berücksichtigung der Erweiterungsperspektiven und der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts"

Amtsblatt Nr. C 064 vom 27/02/1998 S. 0040


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Agenda 2000: Finanzierung der Europäischen Union nach 1999 unter Berücksichtigung der Erweiterungsperspektiven und der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts" (98/C 64/06)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf seinen Beschluß vom 11. Juni 1997, gemäß Artikel 198c Absatz 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft eine Stellungnahme zum Thema "Agenda 2000: Finanzierung der Europäischen Union nach 1999 unter Berücksichtigung der Erweiterungsperspektiven und der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts" abzugeben und die Fachkommission 1 "Regionalentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, lokale und regionale Finanzen" mit der Vorbereitung dieser Stellungnahme zu beauftragen,

gestützt auf das Dokument der Europäischen Kommission "Agenda 2000: Eine stärkere und erweiterte Union" (KOM(97) 2000 endg.),

gestützt auf den von der Fachkommission 1 am 3. Oktober 1997 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 303/97 rev. 2) (Berichterstatter: Herr Behrendt und Frau Nielsen),

verabschiedete auf seiner 20. Plenartagung am 19. und 20. November 1997 (Sitzung vom 20. November) folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Am 16. Juli 1997 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre "Agenda 2000: Eine stärkere und erweiterte Union". Sie kommt damit einer Aufforderung des Europäischen Rates vom Dezember 1995 nach und legt in einem Gesamtdokument unmittelbar nach Abschluß der Regierungskonferenz eine Mitteilung über den künftigen Finanzrahmen der Union vor, in dem die Erweiterungsperspektive berücksichtigt wird. Damit wird der von der Regierungskonferenz erweiterte institutionelle und vertragliche Rahmen der Europäischen Union mit Inhalt erfuellt. Der Zusammenhang mit dem zur nationalstaatlichen Ratifikation anstehenden Vertrag von Amsterdam ist unabweisbar.

1.2. Der Ausschuß der Regionen nimmt mit Interesse den Ansatz der Kommission zur Kenntnis, mit einem komplexen Herangehen die Frage der Finanzierung der vor der Union stehenden Aufgaben im Kontext der Osterweiterung, der Sicherung von innerer und äußerer Handlungsfähigkeit der EU, der Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung von mehr Beschäftigung zu analysieren. Damit wird zugleich klargestellt, daß die anstehenden Entscheidungen über die künftige Finanzierung der Union eine komplexe integrationspolitische Beurteilung erfordern und daß die notwendigen Anpassungen, Reformen und Veränderungen der EU nicht allein durch die Erweiterung verursacht werden.

2. Finanzrahmen 2000-2006

2.1. Für die Finanzierung der Aufgaben der Europäischen Union im Zeitraum 2000-2006 sieht der von der Kommission in der AGENDA vorgeschlagene neue Finanzrahmen insgesamt 745,5 Milliarden ECU (Mittel für Verpflichtungen, Preisbasis 1997) vor. Das sind im Jahresdurchschnitt 106,5 Milliarden ECU gegenüber einem maximalen Ausgabenplafonds von 97,8 Milliarden ECU im Jahre 1999, dem letzten Jahr der vom Europäischen Rat 1992 in Edinburgh beschlossenen finanziellen Vorausschau. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Kommission ab 2002 mit den ersten Beitritten neuer Mitglieder rechnet und ab diesem Zeitraum auch entsprechende Haushaltssteigerungen vorgesehen sind. Für die Jahre 2000 und 2001 soll die Ausgabenobergrenze um 2 Milliarden ECU angehoben werden. Der Ausschuß der Regionen betrachtet diesen von der Kommission vorgeschlagenen Ausgabenrahmen als eine gute Ausgangsbasis, um in den Verhandlungen zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen zu einem Kompromiß zu gelangen, der zwischen den Erfordernissen nationaler Sparzwänge, der Haushaltsdisziplin aller Ebenen und der Notwendigkeit angemessener Finanzierung der Union und ihrer Politiken zu vermitteln vermag.

2.2. Die Ausgaben der Gemeinschaft sollen im künftigen Finanzrahmen zu 44,2 % der Gemeinsamen Agrarpolitik, zu 36,9 % der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts sowie jeweils zu knapp 7 % den internen bzw. externen Politiken zugute kommen. 5,4 % sind für Verwaltungsausgaben und Reserven vorgesehen. Der Ausschuß der Regionen merkt an, daß bei dieser Ausgabenstruktur die unmittelbaren Bedürfnisse regionaler und kommunaler Gebietskörperschaften mit Entwicklungsrückstand und strukturellen Umstellungsproblemen Berücksichtigung finden, hält es jedoch nach wie vor für notwendig, die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts weiterzuentwickeln, um die Rückstände der am stärksten benachteiligten Regionen zu verringern. Zugleich ist festzustellen, daß der Anteil der Gemeinschaftsausgaben zugunsten der Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Europas, einschließlich der Förderung von Forschung, Technologie und Innovation, vergleichsweise gering ausfällt. Langfristig wird zu überprüfen sein, ob die Struktur des Gemeinschaftshaushaltes den strategischen Herausforderungen, vor denen die Union steht, entspricht.

2.3. Der Ausschuß begrüßt es, daß die Kommission einen Finanzrahmen unter Beibehaltung der im gültigen Eigenmittelbeschluß festgelegten Ausgabenobergrenze von 1,27 % des Bruttosozialprodukts der EU vorschlägt. Die Kommission erkennt damit an, daß die Ausgaben der Gemeinschaft nur in Abhängigkeit vom realisierten Wirtschaftswachstum der EU ausgedehnt werden dürfen und daß angesichts der Haushaltssituation und der Sparzwänge in allen Mitgliedstaaten auch auf Unionsebene alle Möglichkeiten für Einsparungen genutzt werden müssen.

2.4. Die Kommission legt ihrem Finanzrahmen ein geschätztes Wirtschaftswachstum von 2,5 % jährlich für die derzeitigen 15 Mitgliedstaaten und von 4 % jährlich für die Länder, deren Beitritt vorgesehen ist, zugrunde. Diese Wachstumsprognosen bergen verschiedene Unsicherheiten in sich und in der Mitteilung "Agenda 2000" selbst werden Prognosen für die Entwicklung der Bevölkerung und des Gesamtarbeitsplatzangebots aufgestellt, die mit dieser optimistischen Hypothese über die Wirtschaftsentwicklung nicht ganz übereinstimmen, so daß es zu begrüßen ist, daß die Kommission selbst eine Nichtauslastung der Eigenmittelobergrenze vorsieht. Die von der Kommission geplanten Ausgaben schöpfen die Obergrenze in den Jahren 2000-2001 nur bis 1,24 % und in den Folgejahren bis 1,22 % des BSP der EU aus. Mit diesem Spielraum können Schwankungsbreiten des Wirtschaftswachstums von etwa 2 % ausgeglichen werden.

2.5. Weiterer Spielraum ergibt sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen, in den Haushaltsplänen der Union vorgesehenen Ausgaben und den geplanten Obergrenzen. Beispielsweise plant die Kommission selbst für den Haushaltsentwurf 1999 eine Ausschöpfung der Eigenmittelobergrenze bis zu 1,15 % BSP, während im Vorschlag des Finanzrahmens für 1999 eine Obergrenze von 1,25 % zugrundegelegt wird. Der Ausschuß der Regionen plädiert zwar nicht für eine Absenkung der im Finanzrahmen vorgesehenen Obergrenzen, er bittet aber die Kommission um nähere Erläuterung der Differenz zwischen den aktuellen Haushaltsansätzen und den Daten für das Jahr 1999, wie sie als Ausgangsbasis des neuen Finanzrahmens dargestellt wurden. Zugleich weist der Ausschuß darauf hin, daß es sich bei den Mittelansätzen des neuen Finanzrahmens um Maximalwerte handelt, die - wie im laufenden Finanzrahmen - von den jeweiligen Haushaltsentwürfen der Kommission nach Möglichkeit zu unterschreiten sind. Dies betrifft insbesondere den Zeitraum bis zum Beitritt der ersten neuen Mitgliedstaaten, in dem anderenfalls reale Steigerungen der Ausgaben um über 10 % angesichts der Sparzwänge, denen vor allem die regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften unterliegen, nicht vermittelbar wären.

3. Künftiges Finanzierungssystem

3.1. Da die im Zeitraum der nächsten finanziellen Vorausschau erforderlichen Ausgaben unter Beibehaltung der bisherigen Eigenmittelobergrenze von 1,27 % des BSP finanziert werden sollen, sieht die Kommission weder aus technischen noch aus rechtlichen Gründen die Notwendigkeit einer Änderung des dem Finanzierungssystem zugrundeliegenden Eigenmittelbeschlusses. Der Ausschuß der Regionen bedauert, daß die Kommission mit dieser Schlußfolgerung ihren Bericht über die Funktionsweise des Finanzierungssystems vorwegnimmt, zu dem sie laut Artikel 10 des Eigenmittelbeschlusses vom 31. Oktober 1994 verpflichtet ist und den sie für 1998 angekündigt hat.

3.2. Zu einer Analyse des Finanzierungssystems gehört gemäß Artikel 10 des genannten Beschlusses neben der Frage der ausreichenden Finanzmittel und der Eigenmittelobergrenze insbesondere auch die Einschätzung der aktuellen und künftigen Finanzbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union - einschließlich der Analyse eventueller Haushaltsungleichgewichte bestimmter Mitgliedstaaten - sowie eine Bewertung der verschiedenen Eigenmittelquellen. Der Ausschuß der Regionen erachtet die Argumentation der Kommission in der Agenda 2000 zu diesen Fragen als nicht ausreichend und fordert die Kommission auf, im Zuge des erwähnten, für 1998 vorgesehenen Berichts detailliert Stellung zu nehmen.

3.3. Die Kommission gesteht selbst zu, daß noch zu prüfen sein wird, ob das gegenwärtige System die Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungskraft ausrichtet. In einigen Mitgliedstaaten werden intensive Diskussionen darüber geführt. Diese Diskussionen gilt es ernst zu nehmen, da sie die Funktionsweise, aber auch die Akzeptanz der Europäischen Union in Politik und Öffentlichkeit berühren.

3.4. Der Ausschuß der Regionen bekräftigt, daß der europäische Integrationsprozeß nicht einfach nach dem Saldo der Einnahmen und Ausgaben des Haushaltes bzw. der Zahlungen und Rückfluesse in die Mitgliedstaaten bewertet werden kann. Andererseits ist es legitim, daß die Mitgliedstaaten, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften die finanziellen Rückwirkungen der auf Gemeinschaftsebene gefaßten Beschlüsse analysieren, so wie dies auch auf nationaler Ebene der Fall ist. Der Ausschuß der Regionen weist jedoch darauf hin, daß jede einseitige Betrachtung dieser sogenannten Nettosalden die Union zu einem Instrument des pauschalierten Finanztransfers degradieren und die Gemeinschaftspolitiken ihrer sachlichen und materiellen Grundlage berauben würde. Während sich die Beiträge der Mitgliedstaaten zum Gemeinschaftshaushalt an ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leitungskraft orientieren müssen, sollten auf der Ausgabenseite, die die Rückfluesse in die Mitgliedstaaten bestimmt, integrationspolitische Erwägungen im Vordergrund stehen.

3.5. Gleichwohl erkennt auch die Kommission an, daß in einigen Fällen zeitweilige Haushaltsungleichgewichte entstehen können, die bei der Bemessung des Beitrages zum Gemeinschaftshaushalt Berücksichtigung finden müssen. Demgemäß könnte das Finanzsystem der EU um einen Korrekturmechanismus ergänzt werden für den Fall, daß die Finanzbeiträge die wirtschaftliche und finanzielle Leistungskraft eines Mitgliedstaates unzumutbar übersteigen. Der Ausschuß der Regionen bittet die Kommission, diese Überlegungen in ihren Bericht über das Finanzsystem einzubeziehen. Da der Eigenmittelbeschluß der Zustimmung und Ratifizierung in allen Mitgliedstaaten unterliegt, können Änderungen nur im Einvernehmen aller erzielt werden. Diese Tatsache sollte jedoch nicht davon abhalten, mögliche Ergänzungen zu analysieren und ernsthaft zu verhandeln.

4. Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

4.1. Der Ausschuß der Regionen bekräftigt in bezug auf diesen Aspekt den Standpunkt, den er in seiner Stellungnahme zu dem "Ersten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt" (Artikel 130 b des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) () dargelegt hat, insbesondere was die Beibehaltung der Dimension der Kohäsionspolitik betrifft. Er betont erneut, daß die Strukturpolitik der Gemeinschaft zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt beigetragen hat, indem sie in den benachteiligten Regionen und den Regionen mit rückläufiger industrieller Entwicklung eine Steigerung des Wirtschaftswachstums und die Schaffung neuer Chancen bewirkt hat.

4.2. Der Ausschuß der Regionen bekräftigt, daß es sich bei der Politik zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes um einen Grundpfeiler der Europäischen Union handelt, der angesichts der bevorstehenden Erweiterung vor enormen Herausforderungen steht. Er unterstützt den Vorschlag der Kommission, die künftige Strukturpolitik der EU in den bisherigen und in den neuen Mitgliedstaaten im Rahmen der geltenden Eigenmittelobergrenze und unter Beibehaltung eines Anteils der Strukturausgaben von 0,46 % am Bruttosozialprodukt der Union zu finanzieren.

4.3. Damit würden für die künftige Strukturpolitik der EU im Bereich der jetzigen 15er-Gemeinschaft 230 Milliarden ECU (209,7 Milliarden ECU Strukturfonds, 20,3 Milliarden ECU Kohäsionsfonds zu Preisen von 1997), für die neuen Mitgliedstaaten 38 Milliarden ECU und als Hilfen zur Vorbereitung des Beitritts 7 Milliarden ECU zur Verfügung stehen. Durch diese Mittelansätze wird klargestellt, daß die Erweiterung der EU nicht auf Kosten der schwächsten und problembeladensten Regionen der Gemeinschaft finanziert werden soll. Zugleich können neue Mitgliedstaaten von Anfang an in die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU - und damit in die europäische Solidarität - gleichberechtigt einbezogen werden.

4.4. Der Ausschuß der Regionen erkennt an, daß diese Zielstellung nur bei Ausrichtung der Förderung auf die bedürftigsten Regionen und die gravierendsten Probleme des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts realisierbar sein wird. Durch Konzentration wird sicherzustellen sein, daß für die künftigen Empfängerregionen die Förderung im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2006 nicht unter das 1999 erreichte Niveau absinkt. Von daher begrüßt der Ausschuß auch, daß die Gesamtübertragungen der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds künftig 4 % des Bruttoinlandsproduktes des jeweiligen Mitgliedstaates nicht übersteigen sollen. Mit dieser Obergrenze wird Absorbtionsproblemen in den Mitgliedstaaten gegebenenfalls vorbeugt.

4.5. Alle Regionen, insbesondere die ärmeren und abgelegeneren Regionen, werden in zunehmendem - wenn auch unterschiedlichem - Maße wettbewerbsverschärfende Bedingungen im Rahmen einer verstärkten Globalisierung, wie z. B. aufgrund der Liberalisierung der Agrarpolitik, durch den Binnenmarkt, die Wirtschafts- und Währungsunion und die Erweiterung der Union, zu spüren bekommen. Sie müssen sich daher auf neue Bedingungen einstellen und gleichzeitig die negativen sozialen Folgen dieser Umstellung begrenzen.

4.6. Daher pflichtet der Ausschuß der Kommission darin bei, daß dem ungleichen Vermögen der Regionen, eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen und sich neuen Arbeitsmarktbedingungen anzupassen, weiterhin Aufmerksamkeit gebührt, daß die Unterstützung einer ausgewogenen geographischen Entwicklung der EU einerseits und der Entwicklung ihrer Humanressourcen andererseits fortgesetzt und einer integrierten regionalen Entwicklungsstrategie Gewicht beigemessen werden muß, in der Produktivinvestitionen mit der Stärkung der Humanressourcen einhergehen.

4.7. Der Ausschuß der Regionen bestätigt die Notwendigkeit der Konzentration der Leistungen. Sie darf nicht mit einer schematischen Reduktion der "förderfähigen Bevölkerung" gleichgesetzt werden; eine stärkere Konzentration der Finanzmittel auf sachliche Schwerpunkte der einzelnen Regionen ist auch durch eine Differenzierung des Förderniveaus möglich. Er teilt die Auffassung, daß Regionen, die auf Unterstützung verzichten müssen, einer Übergangsregelung bedürfen, um die bisher erzielten Ergebnisse bewahren und eine Umstellung auf neue Bedingungen fortsetzen zu können. Die Übergangsregelungen sind in einer Weise zu treffen, daß sie dem Grundsatz der Mittelkonzentration nicht zuwiderlaufen. Der Ausschuß bittet um genauere Angaben zum Inhalt solcher Übergangsregelungen.

4.8. Der Ausschuß unterstützt den Vorschlag der Kommission für

- ein neues Ziel 1, durch das den Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand hohe Priorität eingeräumt und eine Sonderregelung für die nördlichsten, dünnbesiedelten Regionen und Gebiete in äußerster Randlage getroffen wird,

- ein neues Ziel 2 zur wirtschaftlichen und sozialen Umstellung von Regionen im wirtschaftlichen Wandel, die mit Strukturproblemen in den Bereichen Industrie und Dienstleistungen zu kämpfen haben, von ländlichen Gebieten mit rückläufiger Entwicklung und von der Fischerei abhängigen Gebieten und Problemgebieten in Städten sowie

- ein neues horizontales Ziel 3, mit dem die jetzigen Ziele 3 und 4 koordiniert werden, d.h. Integration der am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen in die Erwerbstätigkeit und allgemeine Qualifikationsverbesserung der Arbeitskräfte im Hinblick auf neue Wettbewerbsbedingungen.

Der Vorschlag ermöglicht eine Konzentration auf die Regionen und Problemgruppen mit dem größten Bedarf und trägt gleichzeitig der Tatsache Rechnung, daß strukturelle Probleme in allen EU-Mitgliedstaaten auftreten können.

4.9. Der Ausschuß bittet um eine Erläuterung der Kriterien für die Förderungsfähigkeit im Rahmen des neuen Ziels 2 unter maßgeblicher Berücksichtigung der Arbeitslosenquote und des Pro-Kopf-BIP der betroffenen Gebiete und unbeschadet sonstiger sozioökonomischer Indikatoren. Wegen der Schwierigkeiten, die die Erfassung städtischer und ländlicher Gebiete mit ganz unterschiedlichen Problemlagen im einheitlichen Förderregime des neuen Ziel 2 mit sich bringt, sollte jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit eingeräumt werden, in einer Rahmenkulisse regions- und problemspezifische Förderungsschwerpunkte zu setzen. Zu diesem Zweck sind brauchbare Förderkriterien und taugliche Indikatoren für die verschiedenen regionalen Problemkonzentrationen heranzuziehen. Im Hinblick auf die Förderung für den ländlichen Raum ist der Ausschuß der Regionen der Auffassung, daß die für das derzeitige Ziel 5b geltenden strukturellen Aspekte - niedrige Einkommen in der Landwirtschaft, Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe und Anfälligkeit der Gebiete bei GAP-Reformen - auch weiterhin die wesentlichen Kriterien für die Festlegung der von den Strukturfonds begünstigten Gebiete sein müssen. Der Ausschuß unterstreicht, daß die Arbeitslosenquote im ländlichen Raum aufgrund der sehr geringen Bevölkerungsdichte nur begrenzt als Kriterium zur Beurteilung der wirklichen Wirtschaftslage dienen kann.

4.10. Der Ausschuß unterstützt den Vorschlag, die Leistungen im Rahmen der neuen Ziele 1 und 2 in Form eines mehrjährigen Programms je Region zu vereinfachen. Nach Ansicht des Ausschusses muß dies auch im Rahmen eines neuen Ziels 3 möglich sein muß. Solche Programme sollten durch die regionalen Partnerschaften erstellt und verwaltet werden, wobei eine größere finanzielle Flexibilität zwischen den Fonds wünschenswert wäre.

4.11. Der Ausschuß unterstützt den Vorschlag, 5 % der strukturpolitischen Haushaltsmittel für die Gemeinschaftsinitiativen bereitzustellen, diese zu vereinfachen und ihre Anzahl zu begrenzen. Die Inhalte der derzeitigen Gemeinschaftsinitiativen INTERREG, LEADER und EMPLOYMENT sollten aber jedenfalls erhalten bleiben. Bei der Gemeinschaftsinitiative INTERREG, der eine besondere Aufgabe in der Heranführung der beitrittswilligen Staaten zukommt und nach deren Muster die Abwicklung von Phare-CBC Programmen zu gestalten wäre, ist auch eine ausreichende Dotierung für die grenzüberschreitende Kooperation an Binnengrenzen sicherzustellen. Weiterhin ist ein Prozent der Strukturmittel für Pilotprojekte und innovative Maßnahmen vorzusehen. Besonders die letztgenannten tragen durch Erfahrungsaustausch über die Durchführung der EU-Politiken, die Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Regionen beeinflussen, zur regionalen Entwicklung bei. Zusätzlich zu den thematischen Vorschlägen der Kommission sollte jedoch eine Option auf eine Gemeinschaftsinitiative zur Flankierung des industriellen oder sektoralen Wandels offengehalten werden, um flexibel auf unvorhergesehene regionale Strukturprobleme von übergreifender Bedeutung, die u.a. durch sektorale Krisenentwicklungen entstehen können, reagieren zu können.

4.12. Der Ausschuß ist jedoch der Auffassung, daß es für den Nutzwert sowohl der Gemeinschaftsinitiativen als auch der innovativen Maßnahmen entscheidend ist, ein breites Spektrum von Themen, Formen der Zusammenarbeit und Projektgrößen zu ermöglichen sowie einfache und durchschaubare Kriterien, eine unbürokratische Verwaltung und eine bürgernahe, d.h. möglichst dezentrale Verwaltungsstruktur zu gewährleisten. Die Möglichkeit, auch kleine Pilotprojekte zu unterstützen, sollte gewahrt bleiben.

4.13. Der Ausschuß der Regionen ersucht die Kommission um eine Erläuterung ihres Vorschlags zur Bildung einer Reserve in Höhe von 10 % der Strukturfondsmittel, die aufgrund der Halbzeitevaluierung unter den Regionen, welche die wirksamste Strukturpolitik betrieben haben, verteilt werden sollte. Der Ausschuß hält diesen Vorschlag für sehr problematisch.

4.14. Der Ausschuß bedauert, daß in der Agenda nicht in größerem Umfang Anweisungen zur Stärkung der Partnerschaft gegeben werden. In mehreren Mitgliedstaaten besteht auf der Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nur begrenzter Einfluß auf die Erstellung der Programme und die Verhandlungen über ihre Genehmigung. Der Ausschuß bekräftigt erneut seinen Standpunkt in dieser Frage und verweist auf die Initiativstellungnahmen zum Thema "Ansichten der Regionen und Kommunen zur Gestaltung einer europäischen Strukturpolitik nach 1999" () sowie zum Thema "Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Anwendung des Partnerschaftsprinzips der Strukturfonds" ().

4.15. Der Ausschuß der Regionen erkennt an, daß der Kohäsionsfonds einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Gemeinschaft leistet, und erwartet, daß die Überprüfung der einschlägigen Verordnung des Fonds bis spätestens 1999 im Lichte der Vorschläge vorgenommen wird, die die Kommission in der Agenda 2000 macht.

5. Agrarpolitik

5.1. Für die reformierte Agrarpolitik der Europäischen Union sind im Zeitraum 2000-2006 insgesamt 329,2 Milliarden ECU an Ausgaben (Agrarleitlinie) vorgesehen. Damit bleiben die Kosten der Gemeinsamen Agrarpolitik der größte Ausgabenposten (ca. 45 %) des EU-Haushaltes. Für neue Mitgliedstaaten (einschließlich der Hilfen zur Vorbereitung auf den Beitritt) sind im Agrarbudget 18,8 Milliarden ECU enthalten.

5.2. Der Ausschuß begrüßt das von der Kommission verfolgte Ziel einer grundlegenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Rahmen eines globalen Ansatzes im Sinne der Vereinbarungen des Jumbo-Rates und bei verstärkter Förderung von umwelt- und qualitätsgerechter Produktion sowie nachhaltiger Entwicklung des ländlichen Raumes. Der Großteil des landwirtschaftlichen Einkommens muß aber auch künftig über die Verkaufserlöse erzielt werden. Die von der Kommission vorgeschlagenen Preissenkungen auf Weltmarktniveau ohne gleichzeitige Einhaltung von weltweiten Mindeststandards werden nur unzureichend ausgeglichen und führen zu einem Abbau des Außenschutzes, wodurch die Verhandlungsposition der Gemeinschaft beeinträchtigt und außerdem die Landwirtschaft bestimmter Regionen, insbesondere der südlichen, der kleinstrukturierten und futterbauorientierten, gefährdet werden könnten. Bevölkerungsarme Regionen im hohen Norden, gebirgige Gebiete und solche mit spezifischen Handicaps, wie z. B. besonderen klimatischen Bedingungen, übersäuerten Böden oder kurzen Vegetationsperioden, bedürfen einer besonderen Berücksichtigung bei der künftigen Reform der GAP. Der Ausschuß der Regionen begrüßt daher den Vorschlag in der Agenda 2000, der Förderung benachteiligter Agrargebiete neben der umweltfreundlichen Landwirtschaft, dem Vorruhestand und der Erstaufforstung einen eigenständigen Rang im Rahmen der flankierenden Maßnahmen zur GAP einzuräumen. Der Ausschuß der Regionen bedauert zudem, daß in der Agenda 2000 die Junglandwirte keine Erwähnung finden. Die Probleme und Perspektiven von jungen Landwirten sollten im Rahmen von Vorschlägen zur Reform der GAP stärker berücksichtigt werden.

5.3. Hinsichtlich des Finanzplanung der Gemeinsamen Agrarpolitik macht der Ausschuß darauf aufmerksam, daß die nach den Vorschlägen der Agenda bisher bezifferbaren Ausgleichszahlungen für die Landwirte zu Einkommensverlusten führen würden, die in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht tragbar wären. Interpretationsprobleme bestehen insbesondere dahingehend, ob die Landwirte von einer hinreichenden Dauerhaftigkeit der Ausgleichszahlungen ausgehen können, die zukunftsorientierte Investitionen erlaubt. Die Kommission schlägt diesbezüglich vor, daß zusätzlich zu den Ausgleichszahlungen im kommenden Zeitraum im Rahmen einer kohärenten Politik für den ländlichen Raum verstärkt horizontale und flankierende Maßnahmen finanziert werden sollen, die allen Landwirten und in ihren Wirkungen allen Unionsbürgern zugute kommen. Der Ausschuß der Regionen teilt die Auffassung, daß Teil einer kohärenten Politik für den ländlichen Raum auch alternative Beschäftigungsmöglichkeiten und soziale wie auch umweltpolitische Anliegen sein müssen, wie z. B. die verstärkte Nutzung der heimischen und vor Ort verfügbaren erneuerbaren Energiequellen.

5.4. Der Ausschuß der Regionen fordert die Kommission auf, diese Maßnahmen kurzfristig zu konkretisieren, da sich andernfalls die wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen der vorgeschlagenen Entwicklungen der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht vollständig abschätzen lassen. Der Ausschuß mißt den Absichten der Kommission, diese Maßnahmen - ebenso wie Interventionen zur Unterstützung der Fischerei in Küstengebieten - horizontal einzusetzen und "auf Initiative der Mitgliedstaaten auf geeigneter Verwaltungsebene dezentralisiert durchzuführen", großes Gewicht bei.

5.5. Der Ausschuß der Regionen fordert die Kommission unter Hinweis auf seine Stellungnahme zur Gemeinsamen Agrarpolitik und Osterweiterung vom 15. und 16. Januar 1997 auf, das Subsidiaritätsprinzip stärker zu berücksichtigen und die agrarpolitische Durchführungskompetenz entsprechend zu regeln. Dabei sind der gemeinsame rechtliche Rahmen und die Einhaltung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik zu beachten und ausreichende Differenzierungsmöglichkeiten vorzusehen.

5.6. Im Bereich der Agrarstrukturpolitik wiederholt der Ausschuß der Regionen seine Forderung, die Gemeinsame Agrarpolitik im Sinne der Partnerschaft zu vereinfachen und die Gestaltung der Durchführungssysteme den Mitgliedstaaten und Regionen zu überlassen und gleichzeitig von der für die GAP-Reform bisher kennzeichnenden Aufsplitterung abzurücken, die zur Vorlage einer Fülle häufig widersprüchlicher Dokumente geführt hat.

5.7. Es ist gerade für das Zusammenspiel dieser verschiedenen Instrumente entscheidend, von einer breit angelegten Entwicklungsstrategie und einem umfassenden Programm für die einzelne Region auszugehen, das die regionalen Regierungen und die lokalen Autoritäten unter Beteiligung der sozialen und wirtschaftlichen Partner ausarbeiten und verwalten. Die Regionen haben bei der Entwicklung des ländlichen Raums und der von der Fischerei abhängigen Gebiete sowie in den Bereichen Raumplanung, Infrastruktur, Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Umwelt- und Naturschutz ohnehin Koordinierungsaufgaben wahrzunehmen.

5.8. Der Ausschuß der Regionen tritt nachhaltig dafür ein, eine Erweiterung der EU umgehend möglich zu machen, ohne die Leistungsfähigkeit familienbezogener bäuerlicher Strukturen zu gefährden. Die Absicht der Kommission, für Ausgleichszahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Marktorganisation individuelle betriebliche Obergrenzen vorzusehen, muß jedoch im Hinblick auf die Auswirkungen in den Regionen überprüft werden. Der Ausschuß der Regionen spricht sich für eine kostengerechte Ausgestaltung der Ausgleichszahlungen aus.

5.9. Der Ausschuß stimmt mit der Kommission darin überein, daß Umweltschutz in der Landwirtschaft für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes von großer Bedeutung ist, und unterstützt den Vorschlag, entsprechende Maßnahmen auszubauen und gezielt durch Aufstockung der Haushaltsmittel sowie ggf. durch höhere Kofinanzierungssätze der EU zu fördern. In Fällen, wo diese Maßnahmen auf regionaler Ebene verwaltet werden, besteht zweifelsohne die Möglichkeit einer besseren Kohärenz zwischen diesen Umweltinstrumenten und den übrigen Strukturinstrumenten für den ländlichen Raum. Diese Maßnahmen müssen aber von Maßnahmen der Marktordnungspolitik (Ausgleichszahlungen) und der Agrarstrukturpolitik klar unterscheidbar bleiben; jede dieser Maßnahmenkategorien muß als eigenständiges Instrumentarium mit jeweils unterschiedlichen Zielsetzungen erhalten und weiterentwickelt werden. Nur so bleiben die für die Landwirtschaft getätigten Ausgaben für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziebar.

5.10. Der Ausschuß der Regionen begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene Neukonzeption des Instrumentariums für die agrarische Strukturförderung, insbesondere im Hinblick darauf, daß damit künftig auch die Förderung von Gemeinschaftsprojekten außerhalb von Zielgebieten möglich wird. Es ist jedoch sicherzustellen, daß die agrarische Strukturförderung in ihrer Substanz erhalten bleibt.

6. Erweiterung

6.1. Für neue Mitgliedstaaten - einschließlich der Hilfen zur Vorbereitung auf den Beitritt - sollen im künftigen Finanzrahmen nach Vorstellung der Kommission 74,8 Milliarden ECU zu Preisen von 1997 zur Verfügung stehen. Der Ausschuß der Regionen begrüßt diesen Mittelansatz und bekräftigt bei dieser Gelegenheit die politische, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit sowie die historische Chance, die die Osterweiterung für die Einigung unseres Kontinents darstellt. Der Ausschuß begrüßt, daß mit den vorgesehenen Mitteln die Beitrittsvorbereitungen, vor allem auch im Struktur- und Agrarbereich, intensiviert werden und neue Mitgliedstaaten von Anfang an gleichberechtigt in den Genuß europäischer Solidarität kommen können.

6.2. Im Interesse realistischer und finanzierbarer Szenarien bekennt sich der Ausschuß zu einem stufenweisen Vorgehen im Erweiterungsprozeß, das Beitritte nach Maßgabe des Fortschritts der konkreten Beitrittsverhandlungen vorsieht. Im Interesse des Erhalts einer glaubwürdigen Beitrittsperspektive für die übrigen beitrittswilligen Länder weist der Ausschuß der Regionen jedoch darauf hin, daß die Union bei der Intensivierung der Heranführungsstrategie, beim strukturierten Dialog sowie bei der vorgesehenen Europakonferenz in ihren Anstrengungen zur Unterstützung jener Beitrittskandidaten, die nicht im Zeitraum bis 2006 Mitglieder der EU werden können, nicht nachlassen darf. Der Ausschuß unterstreicht, daß die Erfuellung der vom Europäischen Rat von Kopenhagen festgelegten Beitrittskriterien eine unabdingbare Beitrittsvoraussetzung bleibt.

6.3. Der Ausschuß macht darauf aufmerksam, daß die vorgeschlagene Heranführungshilfe im Zusammenhang mit der interregionalen Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa zu verstehen ist. Die interregionale Zusammenarbeit stellt einen wichtigen Beitrag zur europäischen Integration und Kohäsion dar. Sie umfaßt u.a. die Entwicklung von Wirtschafts- und Verwaltungskapazität auf dezentraler Ebene. Das ist eine Voraussetzung dafür, daß die künftigen Mitgliedstaaten zu den EU-Politiken beitragen, aus ihnen - nicht zuletzt aus der Strukturpolitik - Nutzen ziehen und die EU-Rechtsetzung, deren größter Teil heute auf dezentraler Ebene umgesetzt wird, wirksam durchführen können.

6.4. Der Ausschuß verweist hierzu auf seine Stellungnahme zum Thema "Die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft der beitrittswilligen Länder Mittel- und Osteuropas auf die Politiken der EU (Wirkungsanalyse)" ().

6.5. Im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Heranführungsstrategie der beitrittswilligen Länder weist der Ausschuß der Regionen auf die Bedeutung der Berücksichtigung der insbesondere in den Grenzgebieten nach wie vor bestehenden Strukturschwächen der EU-Mitgliedstaaten, die auch nach Beseitigung des Eisernen Vorhanges nicht abgebaut werden konnten, hin. Für diese Regionen sollte deshalb auch künftig der Einsatz strukturpolitischer Maßnahmen zur Anpassung an die geänderten Verhältnisse erwogen werden.

7. Interne und externe Politikbereiche

7.1. Die Kommission geht im ersten Teil ihrer Mitteilung "Agenda 2000" auf die Entwicklung der internen Politikbereiche ein, die künftig stärker als bisher auf die Notwendigkeiten der Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, auf Wachstum, neue Arbeitsplätze und moderne Beschäftigungssysteme ausgerichtet werden sollen. Für ihre Ausgaben in diesen internen Politikbereichen sieht die Kommission eine finanzielle Obergrenze von 51 Milliarden ECU (Preisbasis 1997) für den Zeitrahmen 2000-2006 vor. Das sind 7,3 % der Gesamtausgaben. Die Kommission räumt selbst ein, daß der Haushalt 1999 beträchtliche Spielräume in dieser Ausgabenrubrik aufweist. Diese Spielräume werden erforderlich sein, da die Abschätzung der finanziellen Folgen der Erweiterung und damit verbundener Anpassungen der internen Politikbereiche ausgesprochen kompliziert ist.

7.2. Nach Ansicht des Ausschusses haben die internen Politikfelder, von denen in der Agenda 2000 die Rede ist, zentrale Bedeutung für die weitere Entwicklung der Union. Dazu kommt, daß lokale und regionale Gebietskörperschaften eine wesentliche Rolle bei der Durchführung der verschiedenen internen Politiken spielen, wie z. B. auf folgenden Gebieten:

- bessere wirtschaftliche Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen, u.a. durch Beratung, Schaffung der Infrastruktur und der übrigen Rahmenbedingungen sowie umweltfreundliche Produktion;

- Entwicklung, Verbreitung und Nutzung der "immateriellen" Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung, d.h. Innovation, allgemeine und berufliche Bildung;

- Modernisierung der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, wobei Partnerschaften zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, der Wirtschaft und den Sozialpartnern neue Strategien zur Arbeitsplatzbeschaffung entwickeln und anwenden können.

7.3. Hinsichtlich der Ausgaben für externe Politiken erkennt der Ausschuß der Regionen an, daß im Gefolge der durch den Vertrag von Amsterdam gestärkten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch für die verstärkte Wahrnehmung ihrer weltpolitischen Verantwortung, der Europäischen Union die notwendigen Finanzmittel für Maßnahmen im Außenbereich zur Verfügung gestellt werden müssen. Hierfür sieht der Vorschlag der Kommission Ausgaben in Höhe von 49,9 Milliarden ECU vor. Dies sind 7,1 % der Gesamtausgaben und beinhaltet eine Ausgabensteigerung, die in etwa dem prognostizierten Wachstum des Bruttosozialprodukts der Gemeinschaft entspricht. Der Ausschuß begrüßt diese Entwicklung, zumal damit eine verstärkte internationale Zusammenarbeit der EU, insbesondere mit ihren unmittelbaren Nachbarn, beispielsweise den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und des ehemaligen Jugoslawien, mit Albanien, den Mittelmeerländern und der Türkei sowie umfassendere humanitäre Hilfen ermöglicht werden.

7.4. Der Ausschuß stellt jedoch sowohl zu den internen als auch zu den externen Politikbereichen fest, daß die Ausführungen der Kommission bedauerlicherweise keine ausreichende inhaltliche Untersetzung der vorgeschlagenen Finanzplanungen zulassen. Die Kommission wird deshalb gebeten, sich der sachlichen Begründung der Finanzplanung für die internen und der externen Politikbereiche in gesonderten Mitteilungen zu widmen und den Ausschuß entsprechend seiner Zuständigkeiten zu beteiligen.

8. Schlußfolgerungen

8.1. Der Ausschuß der Regionen begrüßt den Ansatz der Kommission, mit einem komplexen Herangehen die Frage der Finanzierung der vor der Union stehenden Aufgaben im Kontext der Osterweiterung, der Sicherung von innerer und äußerer Handlungsfähigkeit der EU, der Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung von mehr Beschäftigung darzustellen und in die notwendigen integrationspolitischen Zusammenhänge zu stellen.

8.2. Der Ausschuß begrüßt, daß die Kommission einen Finanzrahmen unter Beibehaltung der im gültigen Eigenmittelbeschluß festgelegten Ausgabenobergrenze von 1,27 % des Bruttosozialprodukts der EU vorschlägt. Er begrüßt zugleich, daß die Kommission diese Eigenmittelobergrenze nur bis 1,22 bzw. 1,24 % auszuschöpfen plant, um damit den Unsicherheiten der Wachstumsprognosen zu begegnen.

8.3. Zugleich weist der Ausschuß darauf hin, daß es sich bei den Mittelansätzen des neuen Finanzrahmens um Maximalrichtwerte handelt, die - wie im laufenden Finanzrahmen - von den jeweiligen Haushaltsentwürfen der Kommission nach Möglichkeit zu unterschreiten sind. Dies betrifft insbesondere den Zeitraum bis zum Beitritt der ersten neuen Mitgliedstaaten.

8.4. Der Ausschuß der Regionen bedauert, daß die Kommission den Schlußfolgerungen ihres Berichts über die Funktionsweise des Finanzierungssystems vorgreift, zu dem sie laut Artikel 10 des Eigenmittelbeschlusses vom 31. Oktober 1994 verpflichtet ist.

8.5. Der Ausschuß der Regionen weist zugleich darauf hin, daß jede einseitige Betrachtung sogenannter Nettosalden der Komplexität des Integrationsprozesses nicht gerecht wird. Während sich die Beiträge der Mitgliedstaaten zum Gemeinschaftshaushalt an ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leitungskraft orientieren müssen, sollten auf der Ausgabenseite, die die Rückfluesse in die Mitgliedstaaten bestimmt, integrationspolitische Erwägungen im Vordergrund stehen. Gleichwohl ist es legitim, daß die Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften die finanziellen Rückwirkungen der auf Gemeinschaftsebene gefaßten Beschlüsse analysieren. Für den Fall, daß die Finanzbeiträge die wirtschaftliche und finanzielle Leistungskraft eines Mitgliedstaates unzumutbar übersteigen, könnte das Finanzsystem der EU um einen Korrekturmechanismus ergänzt werden.

8.6. Durch die Mittelansätze für strukturpolitische Maßnahmen wird klargestellt, daß die Erweiterung der EU nicht auf Kosten der schwächsten und problembeladensten Regionen der Gemeinschaft finanziert werden soll. Zugleich können neue Mitgliedstaaten von Anfang an schrittweise in die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU gleichberechtigt einbezogen werden. Der Ausschuß unterstützt eine neue Ausrichtung der Zielgebiete, die eine Konzentration auf Regionen und Problemgruppen mit dem größten Bedarf ermöglicht, dem Umstand Rechnung trägt, daß Regionen mit Strukturproblemen in allen EU-Mitgliedstaaten vorkommen können, und anerkennt, daß sich alle Regionen auf neue Bedingungen umstellen müssen. Der Ausschuß unterstützt den Vorschlag für ein mehrjähriges Programm je Region und legt Wert darauf, daß diese Programme von regionalen Partnerschaften erstellt und verwaltet werden. Ausdrücklich bekräftigt er die Forderung, den lokalen und regionalen Instanzen neben den nationalen in diesem Zusammenhang weiterreichende Befugnisse zu geben. Der Ausschuß bedauert jedoch, daß die Agenda 2000 nicht ausführlicher Wege zu einer Stärkung der Partnerschaften aufzeigt.

8.7. Der Ausschuß der Regionen weist darauf hin, daß die Vorschläge der Kommission im Agrarbereich zu erheblichen Einkommensverlusten der Landwirte, insbesondere für die Familienbetriebe und die Kleinerzeuger, führen können. Er fordert die Kommission auf, im Interesse einer Gleichbehandlung aller Erzeuger in der Union weiterhin eine am Umfang der Preissenkungen bemessene Kompensation vorzusehen und das Subsidiaritätsprinzip im Bereich der Agrarpolitik ausreichend umzusetzen. Der Ausschuß unterstützt die Bemühungen der Kommission um eine kohärente Strukturpolitik im Hinblick auf eine wirtschaftlich, sozial und ökologisch dauerhafte Entwicklung des ländlichen Raumes und fordert die Kommission auf, die im Rahmen einer kohärenten Politik für den ländlichen Raum und für die von der Fischerei abhängigen Gebiete geplanten horizontalen und flankierenden Maßnahmen kurzfristig zu konkretisieren und auch gerecht zu dotieren, da andernfalls negative wirtschaftliche und soziale Wirkungen der vorgeschlagenen Entwicklungen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu befürchten sind. Der Ausschuß mißt der Möglichkeit, die Agrarstruktur- und Einkommenspolitik auf geeigneter Verwaltungsebene dezentralisiert durchzuführen, großes Gewicht bei. Durch eine breit angelegte Entwicklungsstrategie für die jeweilige Region, die von den regionalen Regierungen unter Anhörung der betreffenden Wirtschaftszweige erarbeitet und verwaltet wird, muß dabei ein kohärentes Vorgehen gesichert werden.

8.8. Der Ausschuß der Regionen nimmt den für die Heranführungsstrategie und den Beitritt neuer Mitglieder vorgesehenen Mittelansatz zur Kenntnis und begrüßt, daß mit den vorgesehenen Mitteln die Beitrittsvorbereitungen, vor allem auch im Struktur- und Agrarbereich, intensiviert werden und neue Mitgliedstaaten von Anfang an gleichberechtigt in den Genuß europäischer Solidarität kommen können. Der Ausschuß weist darauf hin, daß die interregionale Zusammenarbeit mit Ost- und Mitteleuropa zur Entwicklung wirtschaftlicher und verwaltungstechnischer Kapazität auf dezentraler Ebene und damit zur Heranführung und zur europäischen Integration beiträgt.

8.9. Aufgrund der in den an den Außengrenzen der EU liegenden strukturschwachen Regionen notwendigen Anpassungen im Falle der Erweiterung sollte auch künftig der Einsatz strukturpolitischer Maßnahmen erwogen werden.

8.10. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die Erweiterungspolitik flankiert werden muß durch ein besonderes Engagement zugunsten der Mittelmeerländer, da diese für den Entwicklungs- und Friedensprozeß im gesamten Mittelmeerraum immer stärker eine strategische Rolle spielen. Dieser Prozeß ist auch für die Stabilität in Europa eine wesentliche Voraussetzung.

8.11. Sowohl zu den internen als auch zu den externen Politikbereichen stellt der Ausschuß fest, daß die Ausführungen der Kommission in der Agenda bedauerlicherweise keine ausreichende inhaltliche Untersetzung der vorgeschlagenen Finanzplanungen zulassen. Die Kommission wird deshalb gebeten, sich der sachlichen Begründung der Finanzplanung für die internen und externen Politikbereiche in gesonderten Mitteilungen zu widmen und den Ausschuß der Regionen entsprechend seiner Zuständigkeiten zu beteiligen.

Brüssel, den 20. November 1997.

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Pasqual MARAGALL i MIRA

() ABl. C 379 vom 15.12.1997, S. 34.

() CdR 131/97 fin vom 19.11.1997.

() ABl. C 100 vom 2.4.1996, S. 72.

() CdR 280/97 fin vom 20.11.1997.

Top