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Document 32022A0810(01)

    Stellungnahme der Kommission vom 8. August 2022 zum Plan für die Ableitung radioaktiver Stoffe vom Standort des Kernkraftwerks Paks II (zwei WWER-1200-Reaktoren) im Komitat Tolna, Ungarn (Nur der ungarische Text ist verbindlich) 2022/C 305/01

    C/2022/5589

    ABl. C 305 vom 10.8.2022, p. 1–2 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    10.8.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 305/1


    STELLUNGNAHME DER KOMMISSION

    vom 8. August 2022

    zum Plan für die Ableitung radioaktiver Stoffe vom Standort des Kernkraftwerks Paks II (zwei WWER-1200-Reaktoren) im Komitat Tolna, Ungarn

    (Nur der ungarische Text ist verbindlich)

    (2022/C 305/01)

    Die nachstehende Bewertung erfolgt gemäß den Bestimmungen des Euratom-Vertrags und unbeschadet möglicher weiterer Prüfungen, die gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und den aus ihm und dem abgeleiteten Recht erwachsenden Pflichten durchzuführen sind (1).

    Am 9. Februar 2021 erhielt die Europäische Kommission von der Ständigen Vertretung Ungarns gemäß Artikel 37 Euratom-Vertrag die Allgemeinen Angaben zum Plan für die Ableitung radioaktiver Stoffe (2) vom Standort des Kernkraftwerks Paks II.

    Zusätzliche Informationen zu diesem Plan wurden von der Kommission am 30. März, 9. Juni und 12. Juli angefordert und von der Ständigen Vertretung Ungarns am 27. April, 17. Juni und 23. Juli übermittelt. Darüber hinaus legten Vertreter der ungarischen Regierung auf der Vollversammlung der Sachverständigengruppe am 9. und 10. Juni 2021 (per Videokonferenz) ergänzende Informationen vor. Auf der Grundlage der Allgemeinen Angaben und der übermittelten zusätzlichen Informationen gelangt die Kommission zu folgender Stellungnahme:

    1.

    Die Entfernung des Standorts zum nächstgelegenen Mitgliedstaat (Kroatien) beträgt 75 km. Die Grenze des Nachbarlandes Serbien ist 66 km entfernt.

    2.

    Es ist nicht davon auszugehen, dass die Ableitungen flüssiger und gasförmiger radioaktiver Stoffe im Normalbetrieb eine gesundheitlich signifikante Exposition der Bevölkerung in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland zur Folge haben werden, wobei die Dosisgrenzwerte der Richtlinie über grundlegende Sicherheitsnormen (Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates) (3) zugrunde gelegt werden.

    3.

    Feste schwach- und mittelaktive Abfälle werden im unterirdischen nationalen Endlager für radioaktive Abfälle in Bátaapáti entsorgt. Abgebrannte Brennelemente werden vor Ort zwischengelagert (in einer neu zu errichtenden Anlage, die nicht Gegenstand dieser Stellungnahme ist). Das Referenzszenario sieht vor, dass die Brennelemente anschließend in einem tiefen geologischen Endlager in Ungarn entsorgt werden. Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente kann eine Option sein. Werden abgebrannte Brennelemente zur Wiederaufarbeitung in ein Drittland verbracht, so müssen sie zur Endlagerung nach Ungarn zurückverbracht werden, da gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie über die Entsorgung radioaktiver Abfälle (Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates (4)) bei der Verbringung abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufarbeitung in ein Drittland die abschließende Verantwortung für die sichere und verantwortungsvolle Endlagerung dieses Materials, einschließlich aller Abfälle, die als Nebenprodukt entstehen, beim Ursprungsmitgliedstaat verbleibt. Für den Fall, dass abgebrannte Brennelemente zur Endlagerung in ein Drittland verbracht werden, sollten folgende Anforderungen erfüllt sein: i) abgebrannte Brennelemente sind von der zuständigen ungarischen Regulierungsbehörde gemäß der Begriffsbestimmung in Artikel 3 Nummer 7 der Richtlinie als „radioaktive Abfälle“ anzusehen; ii) zum Zeitpunkt der Verbringung muss eine Vereinbarung über die Nutzung einer Anlage zur Endlagerung im Bestimmungsdrittland zwischen dem Bestimmungsdrittland und Ungarn in Kraft getreten sein; iii) die in Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie genannten Bedingungen müssen erfüllt sein, insbesondere die unter Buchstabe c genannte Bedingung, wonach das Bestimmungsdrittland über eine Anlage zur Endlagerung verfügen muss, die in Betrieb ist. Schließlich ist zu betonen, dass der Zweck der Verbringung abgebrannter Brennelemente (sowohl für die Wiederaufarbeitung als auch für die Endlagerung) klar festgelegt und von den zuständigen Behörden vorab mitgeteilt werden muss.

    4.

    Bei Störfällen der in den Allgemeinen Angaben betrachteten Art und den damit verbundenen nicht geplanten Freisetzungen radioaktiver Stoffe in der betrachteten Größenordnung wären die Dosen, die von der Bevölkerung eines anderen Mitgliedstaats oder Drittlands wahrscheinlich aufgenommen würden, unter Berücksichtigung der Referenzwerte der Richtlinie 2013/59/Euratom über grundlegende Sicherheitsnormen gesundheitlich nicht signifikant.

    5.

    Die übermittelten Allgemeinen Angaben und zusätzlichen Informationen enthalten Daten zur Analyse der Seismizität der Region rund um den Kernkraftwerkstandort (als seismisch mittelaktive Region eingestuft) und zur voraussichtlichen maximalen Stärke der seismischen Aktivität (Anhang I der Empfehlung 2010/635/Euratom der Kommission). Die Kommission fordert die ungarischen Behörden auf, die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Seismologie der Region rund um den Kernkraftwerkstandort weiterhin aufmerksam zu beobachten, etwaige Ergebnisse angemessen weiterzuverfolgen und die benachbarten Mitgliedstaaten und die Kommission auf dem Laufenden zu halten.

    Die Kommission gelangt somit zu dem Schluss, dass nicht davon auszugehen ist, dass die Durchführung des Plans zur Ableitung radioaktiver Stoffe aller Art aus den beiden WWER-Reaktoren des Kernkraftwerkstandorts Paks II im Komitat Tolna, Ungarn, im Normalbetrieb oder bei einem Störfall der in den Allgemeinen Angaben betrachteten Art und einer damit verbundenen nicht geplanten Freisetzung radioaktiver Stoffe in der betrachteten Größenordnung eine gesundheitlich signifikante radioaktive Kontamination des Wassers, Bodens oder Luftraums eines anderen Mitgliedstaats oder Drittlands verursachen wird, wobei die Bestimmungen der Richtlinie 2013/59/Euratom über grundlegende Sicherheitsnormen zugrunde gelegt werden.

    Brüssel, den 8. August 2022.

    Für die Kommission

    Kadri SIMSON

    Mitglied der Kommission


    (1)  Zum Beispiel sind gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Umweltaspekte näher zu prüfen. Die Kommission verweist unter anderem auf die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (in der durch die Richtlinie 2014/52/EU geänderten Fassung), die Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, die Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und auf die Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik.

    (2)  Ableitung radioaktiver Stoffe im Sinne der Nummer 1 der Empfehlung 2010/635/Euratom der Kommission vom 11. Oktober 2010 zur Anwendung des Artikels 37 des Euratom-Vertrags (ABl. L 279 vom 23.10.2010, S. 36).

    (3)  Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom (ABl. L 13 vom 17.1.2014, S. 1).

    (4)  Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (ABl. L 199 vom 2.8.2011, S. 48).


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