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Document 32021H0729(20)

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2021

ST/9245/2021/INIT

ABl. C 304 vom 29.7.2021, p. 93–97 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/93


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2021

(2021/C 304/20)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) aufgestellte allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In dieser Mitteilung legte die Kommission dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge der COVID-19-Pandemie zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Sie hat die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Ihre Aktivierung ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Darin empfahl er Österreich, im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Österreich, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Nach der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sollten die haushaltspolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten werden sowie zeitnah, befristet und zielgerichtet sein. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Ferner sollten die Mitgliedstaaten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Österreichs den haushaltspolitischen Empfehlungen der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 insgesamt Rechnung trug und die meisten der in der Übersicht über die Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützten.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Am 19. Februar 2021 trat die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) in Kraft, mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. Der fiskalische Gesamtkurs, der die nationalen Haushalte und die Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen. Gleichzeitig sollte die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. Die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung tragen. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken ihre Haushalte darauf ausrichten, dass 2022 ein stützender haushaltspolitischer Kurs beibehalten wird, wobei den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung zu tragen ist. Die Mitgliedstaaten mit hohen Schuldenständen sollten eine umsichtige Finanzpolitik verfolgen, dabei aber an den staatlich finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche hochwertige Investitionsvorhaben und Strukturreformen zu finanzieren. Für die Zeit nach 2022 sollte haushaltspolitisch weiter berücksichtigt werden, wie kräftig die Erholung ausfällt, wie sich die wirtschaftliche Unsicherheit entwickelt und wie tragfähig die öffentlichen Finanzen sind. Eine Neuausrichtung der Haushaltspolitik, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem den Standpunkt, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel auf einer Gesamtbewertung der Wirtschaftslage beruhen solle, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als ein zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiter Rechnung getragen.

(8)

Am 28. April 2021 legte Österreich im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat validierten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Österreichs im Jahr 2020 auf 8,9 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP), während sich der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 83,9 % des BIP erhöhte. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -9,6 % des BIP, wobei diskretionäre budgetpolitische Maßnahmen im Umfang von 6,8 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Österreich Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 3,5 % des BIP bereit; der Umfang der 2020 tatsächlich in Anspruch genommenen staatlichen Garantien wird von der Kommission auf etwa 2 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Österreichs erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht rasch genug zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 als vorsichtig anzusehen. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge soll das reale BIP 2021 um moderate 1,5 % und 2022 wieder um kräftige 4,7 % wachsen. Dagegen erwartet die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2021 für das Jahr 2021 ein reales Wachstum von 3,4 % und für das Jahr 2022 ein reales Wachstum von 4,3 %. Der Unterschied zwischen den beiden Projektionen ist vor allem den unterschiedlichen Prognosestichtagen geschuldet, die zur Folge hatten, dass die Kommission die gegen Ende April 2021 veröffentlichte unerwartet gute BIP-Schnellschätzung für das erste Quartal noch berücksichtigen konnte. Darüber hinaus werden in den Projektionen der Kommission auch die in Teilen des Landes durchgeführten Lockerungen vom April 2021 und die Ankündigung der Regierung berücksichtigt, ab Mitte Mai 2021 weitreichende Lockerungen der Einschränkungen vorzunehmen.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 8,9 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,4 % des BIP im Jahr 2021, während sich die Schuldenquote 2021 auf 89,6 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge dürfte die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) -9,2 % des BIP betragen, worin die diskretionären budgetpolitischen Maßnahmen im Umfang von 5,8 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen sind im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021 der Kommission weniger günstig. Nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission dürfte sich das gesamtstaatliche Defizit 2021 auf 7,6 % des BIP verbessern, während die Schuldenquote den Projektionen zufolge 2021 auf 87,2 % des BIP ansteigen wird. Hauptgrund ist, dass die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission ein günstigeres makroökonomisches Szenario zugrunde legt.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Österreich budgetpolitische Maßnahmen verabschiedet, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne künftige Fiskalpfade vorwegzunehmen. Die Maßnahmen sollten die öffentlichen Finanzen also nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Österreich 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung im Zeitraum 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären Maßnahmen scheinen weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um Investitionsprämien, die Einführung einer degressiven Abschreibung und einer Einkommensteuersenkung sowie um Vermögenstransfers handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von ungefähr 0,1 % des BIP, die das mittelfristige Potenzialwachstum und somit die Nachhaltigkeit unterstützen dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2020 auf 0,02 %, 2021 auf 0,1 %, 2022 auf 0,3 %, 2023 auf 0,3 % und 2024 auf 0,2 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen der Frühjahrsprognose vollumfänglich berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Produktionslückenschätzungen mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Haushaltspolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Politikreaktion zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von haushaltspolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 wurden befristete Notfallmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Notfallmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Beschäftigte und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; die Beendigung dieser Maßnahmen durch die zuständigen Behörden hängt davon ab, dass sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der fiskalische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der fiskalische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Notfallmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem fiskalischen Gesamtkurs soll im Rahmen der Analyse auch bewertet werden, ob die nationalen Haushaltspolitiken vorsichtig sind und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die im Einklang mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel steht. Ein Hauptaugenmerk liegt daher auf der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen.

(17)

Laut seinem Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit Österreichs 2022 auf 4,3 % des BIP zurückgehen, was vor allem auf das projizierte kräftige Wirtschaftswachstum von real 4,7 %, die erwartete Erholung am Arbeitsmarkt und den kräftigen privaten Konsum zurückzuführen sein wird. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 88,1 % des BIP sinken. Diese Projektionen sind im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021 der Kommission weniger günstig. Nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission dürfte sich das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 3,0 % des BIP verbessern, während die Schuldenquote den Projektionen zufolge 2022 auf 85,0 % des BIP sinken wird. Dies liegt vor allem daran, dass unterschiedliche makroökonomische Szenarien herangezogen wurden. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und der spezifischen Methodik, die den vorstehend genannten Herausforderungen Rechnung trägt, wird der fiskalische Gesamtkurs — bei dem berücksichtigt wird, wie sich aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanzierte Investitionen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022 auswirken — schätzungsweise neutral sein (0,0 % des BIP) (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (7). Auch der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben infolge der COVID-19-Krise Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die auf die Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie auf den ökologischen und den digitalen Wandel ausgerichtet ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Nach den im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen mittelfristigen Haushaltsplanungen soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Das gesamtstaatliche Defizit soll die Marke von 3 % des BIP also im Jahr 2023 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der fiskalische Gesamtkurs — bei dem berücksichtigt wird, wie sich aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanzierte Investitionen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage auswirken — im Durchschnitt der Jahre 2023 und 2024 auf 0,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte vermindern. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgehen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der Reformen unberücksichtigt, die im Aufbau- und Resilienzplan enthalten sind und dem Potenzialwachstum Österreichs daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 88,1 % des BIP im Jahr 2023 auf 87,6 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Es wird davon ausgegangen, dass in Österreich mittelfristig mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das Stabilitätsprogramm 2021 und die Maßnahmen Österreichs zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT ÖSTERREICH,

1.   

im Jahr 2022 unter Berücksichtigung des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses einen stützenden finanzpolitischen Kurs beizubehalten und die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der budgetpolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die zur Finanzierung der politischen Prioritäten notwendigen Finanzmittel bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, gegebenenfalls auch durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 129).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


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