Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32011H0715(02)

    Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2011 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2011 und zur Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Konvergenzprogramm Bulgariens für 2011-2014

    ABl. C 209 vom 15.7.2011, p. 5–9 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    15.7.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 209/5


    EMPFEHLUNG DES RATES

    vom 12. Juli 2011

    zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2011 und zur Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Konvergenzprogramm Bulgariens für 2011-2014

    2011/C 209/02

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 3,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 26. März 2010 nahm der Europäische Rat den Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) an; diese Strategie stützt sich auf eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

    (2)

    Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

    (3)

    Am 12. Januar 2011 nahm die Kommission den ersten Jahreswachstumsbericht an, mit dem ein neuer Zyklus wirtschaftspolitischer Steuerung in der EU und gleichzeitig das erste Europäische Semester einer in der Strategie Europa 2020 verankerten integrierten Ex-ante-Politikkoordinierung eingeleitet wurden.

    (4)

    Am 25. März 2011 billigte der Europäische Rat (im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Februar und 7. März 2011 und im Anschluss an den Jahreswachstumsbericht der Kommission) die Prioritäten für Haushaltskonsolidierung und Strukturreform. Er betonte die Notwendigkeit, der Wiederherstellung solider Staatshaushalte und der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, dem Abbau der Arbeitslosigkeit durch Reformen des Arbeitsmarkts sowie neuen Anstrengungen zur Steigerung des Wachstums Priorität einzuräumen. Er forderte die Mitgliedstaaten auf, diese Prioritäten in konkrete Maßnahmen umzusetzen und sie in ihre Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme und nationalen Reformprogramme aufzunehmen.

    (5)

    Am 25. März 2011 ersuchte der Europäische Rat die am Euro-Plus-Pakt teilnehmenden Mitgliedstaaten außerdem, ihre Verpflichtungen so zeitig vorzulegen, dass sie in ihre Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme und nationalen Reformprogramme aufgenommen werden können.

    (6)

    Am 15. April 2011 legte Bulgarien seine Konvergenzprogrammaktualisierung 2011 für den Zeitraum von 2011 bis 2014 und sein nationales Reformprogramm für 2011 vor. Da beide Programme zusammenhängen, wurden sie parallel bewertet.

    (7)

    Die Wirtschaftskrise unterbrach eine Phase starken Wachstums, das durch erhebliche direkte Investitionszuflüsse aus dem Ausland und eine Kreditausweitung gespeist wurde. Im zweiten Quartal 2010 stieg das BIP wieder an, nachdem es von seinem Höchststand kumulativ um 7,1 % auf einen Tiefstwert gefallen war, was real zu einem im Großen und Ganzen unveränderten BIP für 2010 insgesamt führte. Die größten Impulse für das Wachstum gingen von dem starken Anstieg der Exporte und der Bestandsaufstockung aus. Der gesamtstaatliche Haushaltssaldo, der vor der Krise noch einen Überschuss auswies, verzeichnete 2009 ein Defizit von 4,7 % des BIP und 2010 von 3,2 % des BIP. Während Produktion und Beschäftigung in den exportorientierten Unternehmen stiegen, bremste die gedämpfte Aktivität im Bau- und Immobiliensektor sowie im Einzelhandel den Aufschwung im letzten Jahr. Von der Produktionskorrektur waren vor allem die Beschäftigten betroffen, deren Zahl seit dem Höchststand 2008 um etwa 358 000 zurückging. Damit dürfte die Arbeitslosenquote, die 2010 um mehrere Prozentpunkte auf 10,2 % stieg, mittelfristig nicht mehr auf das Vorkrisenniveau zurückfallen.

    (8)

    Gestützt auf die Bewertung der Konvergenzprogrammaktualisierung gemäß Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass sich das makroökonomische Szenario, das den haushaltspolitischen Projektionen zugrunde liegt, auf Wachstumsprojektionen stützt, die günstiger sind als die Prognosen der Kommissionsdienststellen. Trotzdem sieht das aktualisierte Konvergenzprogramm eine Korrektur des übermäßigen gesamtstaatlichen Defizits 2011 entsprechend den Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2010 sowie danach weitere Reduzierungen vor. Nach einer erheblichen vorgezogenen Haushaltsanpassung von strukturell über 2 Prozentpunkten 2010 liegt die haushaltspolitische Anstrengung 2011 deutlich unter der empfohlenen Anpassung von mindestens 0,75 % des BIP, im Durchschnitt des gesamten Zeitraums des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit liegt die haushaltspolitische Anstrengung jedoch über 1 % des BIP. Für den Zeitraum von 2012 bis 2014 enthält die Aktualisierung jedoch nur unzureichende Angaben zu den geplanten haushaltspolitischen Maßnahmen, mit denen die Haushaltsziele dieser Jahre erreicht werden sollen. Das nach unten korrigierte mittelfristige Ziel eines strukturellen Defizits von 0,6 % des BIP, das 2014 erreicht werden soll, ist nach wie vor ehrgeiziger als das geforderte Minimum. Es entspricht den Zielen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und soll zum Ende des Konvergenzprogrammzeitraums (2014) erreicht werden. Die nach der geplanten Korrektur des übermäßigen Defizits 2011 für 2012-2014 vorgesehene durchschnittliche strukturelle haushaltspolitische Anstrengung pro Jahr liegt jedoch deutlich unter der empfohlenen jährlichen strukturellen Verbesserung von mindestens 0,5 % des BIP. Angesichts der sich nach und nach verbessernden Wirtschaftsprognosen sollte das Konvergenzprogramm schnellere Fortschritte zur Erreichung der mittelfristigen Ziele anstreben. Bei einer vorsichtigen Schätzung des mittelfristigen Potenzialwachstums erscheinen die Projektionen für den Anstieg der Haushaltsausgaben 2012-2013 optimistisch und stellen damit mittelfristig ein Risiko für die strukturelle Haushaltsposition dar.

    (9)

    Eine Korrektur des übermäßigen Defizits wie geplant bis Ende 2011 wird dazu beitragen, Vertrauen zurückzugewinnen und die Glaubwürdigkeit der Politik zu stärken. Mittelfristig ist die Erreichung des Ziels eines geringen strukturellen Defizits von 0,6 % des BIP wichtig, um zu gewährleisten, dass die derzeitige Währungspolitik durch die Haushaltspolitik unterstützt wird. Die Konsolidierung des Haushalts wird jedoch durch Ineffizienz im öffentlichen Sektor behindert, was zu einem erheblichen Ausgabendruck führen kann, während die Haushaltseinnahmen strukturell niedriger ausfallen dürften als in den Boom-Jahren vor der Krise. Notwendig sind daher ehrgeizige Reformen der öffentlichen Finanzen, um die notwendige haushaltspolitische Anpassung vorzunehmen und die Finanzierung der erforderlichen strukturellen Reformen sowie die notwendige Kofinanzierung von EU-geförderten Projekten zu sichern.

    (10)

    Die Finanzlage Bulgariens war in dem günstigen wirtschaftlichen Umfeld vor der Krise gut. Die Haushaltsziele wurden regelmäßig eingehalten und es wurden beachtliche Haushaltspuffer geschaffen. 2009 war der Haushalt unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise erstmals seit Jahren defizitär und die Haushaltsregeln, die einen ausgeglichenen Haushalt oder ein Haushaltsplus sowie öffentlich Ausgaben von unter 40 % des BIP vorschreiben, wurden gebrochen. Dies war zum Teil auf Schwächen bei der Ausgabenplanung und -kontrolle zurückzuführen. Auch zeigt sich hier, dass die konjunkturellen Mehreinnahmen aus der lebhaften Wirtschaftstätigkeit vor der Krise für relativ große Ad-hoc-Ausgabensteigerungen und für Senkungen bei den Sozialversicherungssätzen genutzt wurden. Angesichts dieser Probleme hat die Regierung mehrere Initiativen zur Verbesserung der Ausgabenkontrolle und der Überwachungs- und Berichtssysteme ergriffen und u. a. ein umfassendes Gesetzespaket verabschiedet, um die Haushaltsvorschriften und den mittelfristigen Haushaltsrahmen zu stärken. Damit dürften sich Haushaltsdisziplin und Berechenbarkeit der Politik verbessern, auch ist davon auszugehen, dass sich die makroökonomische Volatilität verringert und eine weniger prozyklische Haushaltspolitik sichergestellt ist. Nach der jüngsten Bewertung der Kommission erscheinen die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen als mittel.

    (11)

    In den Boom-Jahren vor der Krise war eine erhebliche Anspannung auf dem Arbeitsmarkt zu verzeichnen, wobei Löhne und Gehälter schneller stiegen als die Produktivität. Dies führte zu einem Ansteigen des allgemeinen Lohnniveaus, das sich dem EU-Durchschnitt näherte. Der Anstieg der Löhne und Gehälter erreichte mit einer Jahresrate von nahezu 20 % im vierten Quartal 2007 seinen Höhenpunkt. Mit dem Abschwung stiegen Löhne und Gehälter weniger schnell, auch wenn 2010 der Anstieg mit fast 10 % für Beschäftigte mit Arbeitsverträgen (etwa 65 % der Arbeitskräfte) nach wie vor relativ hoch war.

    (12)

    Die Hindernisse für die Partizipation am Arbeitsmarkt spiegeln die Verschlechterung der Situation auf dem Arbeitsmarkt während der Krise wider und liegen zum Teil darin, dass aktive Arbeitsmarktstrategien nur unzureichend vorhanden sind, sowie an unterfinanzierten öffentlichen Arbeitsämtern. Die Qualität der öffentlichen Dienste, die für Aktivierung, Arbeitsplatzsuche und Umschulung zuständig sind, ist ungenügend. Die geringen Kapazitäten zur Überwachung und Bewertung der Programmergebnisse erfordern weitere Verstärkung, um den Prozess der politischen Planung zu verbessern. Einem jüngsten Bericht zufolge, der vom Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik in Auftrag gegeben worden war („Bewertung der Nettoeffekte der Aktivierungsmaßnahmen in Bulgarien“) würden individuellere und qualitativ bessere Dienstleistungen sowie eine bessere Infrastruktur der Arbeitsämter die Arbeitslosen effizienter bei der Arbeitsplatzsuche unterstützen.

    (13)

    Die Wirtschaftskrise ist nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt spürbar. Die Arbeitslosenquote stieg von 2008 bis 2010 von 5,4 % auf 10,2 %, wobei sie 2010 bei den 15-24-Jährigen 23,2 % erreichte. Die Krise traf insbesondere geringqualifizierte Arbeitnehmer (einschließlich einen großen Teil der Roma-Minderheit), die nahezu 70 % der Arbeitslosen bilden. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen (46 % im Jahr 2010) liegt über dem EU-Durchschnitt (2010: 40 %), so dass möglicherweise das Risiko besteht, dass sich dieser Anteil strukturell verfestigt. Die Aktivierungsrate bei jungen Arbeitslosen verharrte bei weniger als zwei Dritteln des EU-Durchschnitts (2009: 29,5 %, EU: 43,8 %). Ihre Beschäftigungsrate bei jungen Menschen lag im Jahr 2009 bei 24,8 % (EU: 35,2 %). Bulgarien hat auch den höchsten Anteil an jungen Menschen, die weder in Ausbildung noch beschäftigt sind (19,5 % der 15-24-Jährigen). Einer der Hauptgründe, weshalb junge Menschen nur schwer am Arbeitsmarkt partizipieren, ist der Mangel an Möglichkeiten, Ausbildung und Arbeit, insbesondere durch Praktika und eine fachliche Ausbildung, miteinander zu verbinden, was den Übergang zum Arbeitsmarkt erleichtern würde.

    (14)

    Trotz eines überdurchschnittlichen Bildungsniveaus liegt in Bulgarien der Anteil derjenigen mit geringen Kenntnissen im Lesen und Rechnen bei 40 %. Hier zeigt sich, dass im Bildungswesen noch Spielraum für Verbesserungen im Sinne einer besseren Abstimmung mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes besteht. Ausgehend von den positiven Ergebnissen der jüngsten Reform zur Dezentralisierung des Schulwesens dürfte das anstehende Gesetz zur Vorschul- und Schulbildung einige noch ausbaufähige Lösungen bereithalten (etwa hinsichtlich der finanziellen Autonomie, der Quoten des Vorschulbesuchs, der externen Bewertung sowie der Rechenschaftspflicht). Die Schulabbrecherquote (14,7 % im Jahr 2009) liegt nahe dem EU-Durchschnitt, ist jedoch besonders hoch bei den Roma (dort wurde der Anteil 2008 auf 43 % geschätzt). Der Anteil der Hochschulabschlüsse (27,9 % im Jahr 2009) liegt weiterhin unter EU-Durchschnitt (32,2 %). Bulgarien ist mit seiner Hochschulreform deutlich in Verzug. Das bereits 2010 vorgelegte, jedoch wieder zurückgezogene neue Hochschulgesetz wäre ein hilfreicher Schritt, um den Reformbedarf anzugehen.

    (15)

    Die 2010 beschlossene Rentenreform ist weder an die Lebenserwartung noch an die Situation im Gesundheitswesen und beim System der Langzeitpflege gekoppelt. Da die meisten Maßnahmen in der zweiten Hälfe des Umsetzungszeitraums (2011 bis 2026) wirksam werden, könnten sowohl die Umsetzung als auch die Tragfähigkeit der ersten Säule des Rentensystems gefährdet werden.

    (16)

    In Bulgarien ist die Armutsrate sehr viel höher als im EU-Durchschnitt (41,9 % der Bevölkerung leiden unter schwerer materieller Benachteilung verglichen mit 8,1 % für die EU). Das Armutsrisiko der Älteren liegt bei etwa 66 % und damit erheblich über dem EU-Durchschnitt. In den letzten Jahren hat es Anzeichen einer Verschlechterung der Lebensbedingungen gegeben. Angesichts der demografischen Situation hängt die Erreichung der Ziele des nationalen Reformprogramms für die Armutsbekämpfung weitestgehend von einem fundierten politischen Konzept für ältere Arbeitnehmer und Benachteiligte sowie von angemessenen sozialen Transferleistungen ab. Im nationalen Reformprogramm wird die Entwicklung einer praktischen Strategie für die Integration von Roma angekündigt (etwa 10 % der Bevölkerung (3)), um die verschiedenen Hindernisse in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Gesundheit und Wohnen mit einem einzigen umfassenden Plan angehen zu können.

    (17)

    Die geringe Effizienz des öffentlichen Dienstes ist weiterhin ein Wachstumshemmnis. Mit der jüngsten Reform wurde die öffentliche Verwaltung zwar gestrafft, Fragen der Qualifikation des Personals oder der Qualität der Kernfunktionen wurden jedoch nicht angegangen. Die Versorgung mit Breitband-Festnetzen ist in Bulgarien mit 14,9 %, dem zweitniedrigsten Anteil in der EU, sehr gering, was auch die Verbreitung sämtlicher elektronisch bereitgestellter Dienste behindert.

    (18)

    Der Anteil der Unregelmäßigkeiten bei der öffentlichen Auftragsvergabe erreicht 60 % aller überprüften Verfahren und liegt sogar noch höher bei öffentlichen Infrastrukturprojekten, bei denen die Behörden zu einer nachträglichen Kontrolle verpflichtet sind. Die Kapazität der Agentur für die Überprüfung der öffentlichen Finanzen wurde 2006 deutlich verringert, so dass die Agentur von 2007 bis 2009 nur 12 % sämtlicher Vergabeverfahren nachträglich kontrollierte. Neuere Änderungen des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen und das Gesetzes über die öffentliche Finanzprüfung sind vom Ministerrat gebilligt und in das parlamentarische Verfahren überwiesen worden

    (19)

    Die Energieintensität der bulgarischen Wirtschaft zählt zu den höchsten in der EU. Ein eklatantes Beispiel hierfür sind die Heizungen in Privathaushalten, wobei die schlecht instandgehaltenen Wohnblocks den größten Teil des Problems darstellen. Neueste Veränderungen bei den Fördervorschriften schaffen die Möglichkeit, EU-Strukturfonds für Investitionen in die Energieeffizienz zu nutzen. Bei fallenden Einnahmen aus Energie- und Verkehrssteuern im Verhältnis zum BIP und zur deutlich über dem EU-Durchschnitt liegenden Besteuerung der Arbeit wurden bislang nur wenige Investitionen getätigt. Der Zugang zum Energiemarkt wurde durch einen geringeren Wettbewerb und undurchsichtige Preisfestsetzungsmechanismen behindert.

    (20)

    Bulgarien ist im Rahmen des Euro-Plus-Pakts eine Reihe von Verpflichtungen eingegangen. Bei den haushaltspolitischen Verpflichtungen soll die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durch Maßnahmen der Rentenreform, Maßnahmen zur Gewährleistung einer leistungsabhängigen Bezahlung im öffentlichen Sektor, indem Renten und Gehälter bis 2013 eingefroren werden, und durch die Stärkung des Haushaltsrahmens untermauert werden, wofür ein Finanzstabilitätspakt verabschiedet wird, der verbindliche Zahlen für die Haushaltsvorgaben enthält. Zur Förderung der Beschäftigung werden Maßnahmen ergriffen, um den Anteil undeklarierter Beschäftigung zu verringern und die Beteiligung am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Wettbewerbsfördernde Maßnahmen dienen der Reduzierung des Verwaltungsaufwands und der Erhöhung der eGovernance sowie der Verbesserung des Zugangs zu Bildung und der Leistungssteigerung des Bildungssystems. Die genannten Verpflichtungen beziehen sich auf drei der vier Bereiche des Pakts, der Finanzsektor ist ausgespart. Sie sind eine Fortsetzung der breiteren Reformagenda, die im Konvergenzprogramm und im nationalen Reformprogramm dargelegt wurde, und beschleunigen laufende Reformprojekte in den Bereichen Haushaltspolitik, öffentliche Verwaltung und Bildung. Die Verpflichtungen des Euro-Plus-Pakts wurden bewertet und bei den Empfehlungen berücksichtigt.

    (21)

    Die Kommission hat das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Euro-Plus-Pakt-Verpflichtungen bewertet. Sie hat dabei nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Bulgarien berücksichtigt, sondern auch die Einhaltung der EU-Vorschriften und -Richtungsvorgaben, da es notwendig ist, die generelle wirtschaftspolitische Steuerung der EU durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu stärken. Nach einer erheblichen vorgezogenen Haushaltsanpassung 2010 ist sie der Auffassung, dass die Pläne für die Haushaltskonsolidierung 2011 wie geplant umgesetzt werden sollten und das Defizit entsprechend der Empfehlung des Rats vom 13. Juli 2010 unter den Referenzwert von 3 % zurückgeführt werden sollte. Die Aktualisierung enthält jedoch nur unzureichende Angaben zu den geplanten Haushaltsmaßnahmen, mit denen die Haushaltsziele 2012-2014 erreicht werden sollen, auch hätten schnellere Fortschritte bei den ausgewählten mittelfristigen Zielen sichergestellt werden können. Die Stärkung des Haushaltsrahmens wird die Haushaltsdisziplin verankern und mittelfristig die Regierungspolitik berechenbar und glaubwürdig machen. Weitere Schritte sollten unternommen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Menschen bei der Arbeitsplatzsuche zu unterstützen, die schwächsten Gruppen angesichts vielseitiger Hindernisse zu schützen, die Kapazität der öffentlichen Verwaltung und des Gesetzgebers zu verbessern, die Ressourceneffizienz zu erhöhen und mehr Möglichkeiten für Investitionen und Wachstum zu eröffnen.

    (22)

    Angesichts dieser Bewertung und unter Berücksichtigung der Empfehlung des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 7 AEUV vom 13. Juli 2010 hat der Rat die Konvergenzprogrammaktualisierung 2011 Bulgariens geprüft; seine Stellungnahme (4) findet sich insbesondere in seinen nachstehenden Empfehlungen unter den Punkten 1 und 2. Unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 25. März 2011 hat der Rat das nationale Reformprogramm Bulgariens geprüft —

    EMPFIEHLT, dass Bulgarien im Zeitraum 2011-2012 folgende Maßnahmen ergreift:

    1.

    Fortsetzung der effizienten Haushaltsausführung, um das übermäßige Defizit 2011 gemäß der Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2010 zu korrigieren. Festlegung von Maßnahmen zur Untermauerung der Haushaltsstrategie für den Zeitraum 2012-2014. Nutzung der wirtschaftlichen Erholung um einen angemessenen Fortschritt mit Blick auf das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen, indem eine strenge Kontrolle des Ausgabenanstiegs geübt wird, während den wachstumsfördernden öffentlichen Ausgaben Vorrang eingeräumt wird.

    2.

    Ergreifen weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Vorhersehbarkeit der Haushaltsplanung und der Kontrolle ihrer Ausführung, auch mit periodengerechter Haushaltsberichterstattung, insbesondere durch Stärkung der finanzpolitischen Steuerung. Hierzu konzipieren und einführen von verbindlichen Haushaltsregeln und eines gut definierten mittelfristigen Haushaltsrahmens, um die Transparenz auf allen Verwaltungsebenen zu gewährleisten.

    3.

    Durchführung der mit den Sozialpartnern bei der laufenden Rentenreform vereinbarten Schritte, Beschleunigen einiger Schlüsselmaßnahmen die dazu beitragen würden, das tatsächliche Renteneintrittsalter zu erhöhen und das frühe Ausscheiden aus dem Beruf zu verringern, wie das stufenweise Erhöhen der für die Sozialversicherung zurückzulegenden Zeiten, und Stärkung von Maßnahmen, die es älteren Arbeitnehmern ermöglichen, länger beschäftigt zu bleiben.

    4.

    Im Einvernehmen mit den Sozialpartnern und gemäß der nationalen Praxis Förderung von Strategien mit dem Ziel, dass das Wachstum der Löhne und Gehälter die Entwicklungen bei der Produktivität besser widerspiegelt und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird, wobei die laufende Konvergenz berücksichtigt wird.

    5.

    Schritte zur Bekämpfung der Armut und zur Förderung der gesellschaftlichen Partizipation unternehmen, unter besonderer Berücksichtigung sensibler Gruppen, die mehrere Hemmnisse zu bewältigen haben. Maßnahmen ergreifen, um die öffentlichen Arbeitsämter zu modernisieren, damit sie besser in der Lage sind, Befähigungsprofile mit der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt abzugleichen und junge Menschen mit geringer Qualifikation stärker zu unterstützen. Voranbringen der Bildungsreform durch Verabschiedung eines Gesetzes für die Vorschul- und Schulbildung sowie ein neues Hochschulgesetz bis Mitte 2012.

    6.

    Beschleunigen der Anstrengungen zur Steigerung der Verwaltungskapazität in Kernfunktionen der Regierung und Behörden, damit der öffentliche Dienst effizienter bei der Bearbeitung von Anfragen der Bürger und Unternehmen wird; Einführung und effektive Durchführung von Maßnahmen, um öffentliche Vergabeverfahren auf der Grundlage von Risikoabschätzungen zu überprüfen und die Verwaltungskapazität zu erhöhen, damit Unregelmäßigkeiten vermieden und sanktioniert werden, um so die Qualität und den Nutzen öffentlicher Gelder zu verbessern.

    7.

    Hemmnisse für den Zugang, Gewinngarantien und Preiskontrollen abschaffen und die Unabhängigkeit der bulgarischen Energieregulierungsbehörden gewährleisten, um den Strom- und Gasmarkt für einen größeren Wettbewerb zu öffnen. Schaffen von Anreizen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden.

    Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2011.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    J. VINCENT-ROSTOWSKI


    (1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

    (2)  Für 2011 aufrechterhalten durch den Beschluss 2011/308/EU vom 19. Mai 2011 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 138 vom 26.5.2011, S. 56).

    (3)  Nach Schätzungen des Europarats.

    (4)  Gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


    Top