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Document 32009D0613

    2009/613/EG: Entscheidung der Kommission vom 8. April 2009 über die Maßnahme(n) C 7/07 (ex NN 82/06 und NN 83/06) des Vereinigten Königreichs zugunsten von Royal Mail (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 2486) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 210 vom 14.8.2009, p. 16–35 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2009/613/oj

    14.8.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 210/16


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

    vom 8. April 2009

    über die Maßnahme(n) C 7/07 (ex NN 82/06 und NN 83/06) des Vereinigten Königreichs zugunsten von Royal Mail

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 2486)

    (Nur der englische Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2009/613/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 erster Unterabsatz,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den oben genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    1.   VERFAHREN

    (1)

    Am 3. Dezember 2002 legte die Deutsche Post AG („DP“) Beschwerde gegen eine mutmaßliche Quersubventionierung des Paketversandgeschäfts der Royal Mail Group plc („Royal Mail“ oder „RM“) ein.

    (2)

    In Beantwortung der Auskunftsverlangen der Kommission übermittelten die Behörden des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (das „Vereinigte Königreich“) mit Schreiben vom 25. Februar 2003 und 13. Februar 2004 sowie E-Mail vom 17. Dezember 2003 Informationen über die in der Beschwerde vorgebrachten Sachverhalte. In diesem Rahmen wurde auch über weitere staatliche Maßnahmen im Zusammenhang mit RM informiert.

    (3)

    Am 27. Mai 2003 genehmigte die Kommission eine Reihe von Maßnahmen zugunsten von Post Office Limited („POL“), einer Tochtergesellschaft von RM (Sache N 784/02) (2). Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden POL Ausgleichszahlungen aus Rücklagen („der Postrücklage“) gewährt, die aus überschüssiger Liquidität von RM stammen. Mit Beschluss vom 22. Februar 2006 erhob die Kommission keinen Einwand gegen die Fortführung einer dieser Maßnahmen (zur Finanzierung des ländlichen Postnetzes von POL) für einen bestimmten Zeitraum (Sache N 166/05) (3).

    (4)

    Am 8. Oktober 2003 reichte die DP Klage ein (T-343/03) und beantragte die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission in der Sache N 784/02 mit der Begründung, durch diese Entscheidung sei ihre Beschwerde CP 206/02 implizit abgelehnt worden. Am 16. November 2005 wies das Gericht erster Instanz die Klage der DP mit der Begründung zurück, dass die Entscheidung in der Sache N 784/02 keine Abweisung der Beschwerde implizierte und die Kommission entsprechende Untersuchungen durchführte (wie aus der Korrespondenz, die dem Gericht vorgelegt wurde, hervorging).

    (5)

    Auf der Grundlage von Artikel 232 EG-Vertrag forderte die DP die Kommission mit Schreiben vom 10. August 2006 auf, sich binnen einer Frist von zwei Monaten zu ihrer Beschwerde aus dem Jahr 2002 zu äußern. Dieses Schreiben enthielt zudem Angaben über eine Reihe neuer mutmaßlicher staatlicher Beihilfemaßnahmen. Da es sich bei diesen Maßnahmen um andere als jene handelte, die Gegenstand der Beschwerde aus dem Jahr 2002 waren, wurde die Beschwerde separat behandelt und unter der Referenznummer CP 221/06 bzw. später NN 83/06 erfasst. Bei den mutmaßlichen Beihilfemaßnahmen handelte es sich um die folgenden:

    a)

    die Einrichtung eines mit 850 Mio. GBP ausgestatteten Treuhandkontos zur Finanzierung der Renten von RM;

    b)

    die Entscheidung des Wirtschaftsministeriums, ein RM gewährtes Darlehen von 844 Mio. GBP auf 900 Mio. GBP aufzustocken;

    c)

    den Verstoß gegen die Entscheidung der Kommission in der Sache N 166/05, staatliche Beihilfe zur Finanzierung des ländlichen Postnetzes, weil 150 Mio. GBP unmittelbar aus dem Staatshaushalt und nicht, wie in der Entscheidung genehmigt, aus einer speziellen, zweckgebundenen Rücklage an POL überwiesen wurden.

    (6)

    In Beantwortung der Auskunftsverlangen der Kommission legten die Behörden des Vereinigten Königreichs mit Schreiben vom 6. Oktober und 31. Oktober 2006 Angaben zu den geäußerten Beschwerden vor. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 ergänzte das Vereinigte Königreich diese Informationen hinsichtlich der unter Erwägungsgrund 3 beschriebenen Maßnahmen zugunsten von POL.

    (7)

    Mit Schreiben vom 27. Oktober 2006 reichte das Mail Competition Forum (MCF), eine Einrichtung zur Vertretung neuer Teilnehmer auf dem Postmarkt des Vereinigten Königreichs, eine Beschwerde im Zusammenhang mit dem Treuhandkonto zur Finanzierung der Renten von RM ein, das auch Gegenstand der zweiten Beschwerde der DP war. Der Beschwerde des MCF wurde die Referenznummer CP 164/06, später NN 82/06, zugewiesen. Eine nicht vertrauliche Fassung der Beschwerde wurde den Behörden des Vereinigten Königreichs am 20. November 2006 übermittelt. Die Behörden des Vereinigten Königreichs äußerten sich zu dieser Beschwerde mit Schreiben vom 19. Dezember 2006.

    (8)

    Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 setzte die Kommission die DP darüber in Kenntnis, dass zur Fortführung der Untersuchungen in Bezug auf die Beschwerde CP 206/02 keine ausreichenden Gründe vorlagen. Sollte sich die DP nicht binnen 20 Werktagen äußern, würde die Beschwerde als zurückgezogen betrachtet. Innerhalb der genannten Frist ging keine Rückmeldung ein. Die Beschwerde wurde daher als zurückgezogen betrachtet.

    (9)

    Am 7. Dezember 2006 meldete das Vereinigte Königreich die geplante Verlängerung einer anderen Maßnahme zugunsten von POL (Förderung zur Rückzahlung von Verpflichtungen — N 784/02) an, die andernfalls 2007 auslaufen sollte. Die Kommission genehmigte diese Beihilfe unter der Referenznummer N 822/06 mittels Entscheidung vom 7. März 2007 (4).

    (10)

    Am 8. Februar 2007 informierte das Vereinigte Königreich die Kommission über die Einzelheiten einer Ankündigung im Zusammenhang mit der „Rentenmaßnahme“, einer Darlehensfazilität in Höhe von 900 Mio. GBP, sowie ein neues Darlehen in Höhe von 300 Mio. GBP für Royal Mail.

    (11)

    Am 21. Februar 2007 leitete die Kommission hinsichtlich der nachstehenden Maßnahmen eine Untersuchung ein:

    a)

    ein 2001 zu einem Fixzinssatz gewährtes Darlehen in Höhe von 500 Mio. GBP zur Finanzierung von Akquisitionen im Ausland. Geplante Rückzahlung: nach 2021;

    b)

    Darlehensfazilitäten in Höhe von 1 Mrd. GBP, die Royal Mail 2003 aus staatlichen Quellen zur Verfügung gestellt wurden. Davon sollten 900 Mio. GBP über das Jahr 2007 hinaus verlängert werden;

    c)

    die „Rentenmaßnahme“: Einrichtung eines „Treuhandkontos“ in Höhe von 850 Mio. GBP zur Verlängerung des Zeitraums zur Bewältigung des gegenwärtigen Defizits des Rentenfonds von Royal Mail und damit zur Senkung der Rentenbeiträge für die kommenden Jahre;

    d)

    das am 8. Februar 2007 angekündigte Darlehen in Höhe von 300 Mio. GBP.

    (12)

    Mit der Entscheidung vom 21. Februar wurde die Rücknahme der Beschwerde CP 206/02 bestätigt und festgehalten, dass die Kommission keinen Einwand gegen die Finanzierung der genehmigten Beihilfemaßnahmen für POL aus dem Haushalt statt aus der Postrücklage erhebt.

    (13)

    Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 setzte die Kommission das Vereinigte Königreich von ihrer Entscheidung in Kenntnis, aufgrund der in Erwägungsgrund 11 angeführten Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

    (14)

    Die Entscheidung der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (5). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

    2.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

    2.1.   Die Begünstigte der angeblich rechtswidrigen Beihilfe

    (15)

    Die Begünstigte der angeblich rechtswidrigen Beihilfe ist die Royal Mail Group plc, später Royal Mail Group Ltd („RM“), ein 100 %iges Staatsunternehmen (mit der Royal Mail Holdings plc als Holdinggesellschaft). RM ist der größte Postdienstleister im Vereinigten Königreich und verfügte bis Ende 2005 über ein gesetzliches Monopol für die meisten grundlegenden Dienste des Briefversands. Das Postfilialnetz wird von POL, einer Tochtergesellschaft von RM, unterhalten.

    (16)

    Vor 2001 wurden Postdienstleistungen im Vereinigten Königreich von The Post Office Corporation, einem durch das Postgesetz 1969 geschaffenen Staatsbetrieb, erbracht. Die Aktiva und Passiva von The Post Office Corporation wurden im Rahmen des Postdienstleistungsgesetzes 2000 am 26. März 2001 an Consignia Holdings (nunmehr Royal Mail Holdings plc) und ihre Tochtergesellschaft Consignia plc (nunmehr RM) übertragen.

    (17)

    RM betreibt mit Parcelforce einen getrennten Paketversand, der in der Beschwerde der DP aus dem Jahr 2002 als Begünstigter genannt wurde. Parcelforce verfügt über ein eigenes Nabe-Speiche-System. 2003 wurde ein Teil des Paketversandgeschäfts (einschließlich der Bereitstellung eines Universaldienstes für in Postfilialen abgegebene Pakete) von Parcelforce an die Briefversandabteilung von RM übergeben und wird nun über dessen Infrastruktur betrieben. Parcelforce befördert derzeit nur Pakete, die rasch zugestellt werden müssen.

    2.2.   Finanzielle Verwaltung der Begünstigten und Beziehung zum Staat

    (18)

    Vor der Restrukturierung und Vermögensübertragung im Jahr 2001 schüttete The Post Office Corporation keine Dividenden an die Behörden des Vereinigten Königreichs aus und war dazu auch nicht verpflichtet. Das Unternehmen musste jedoch einen Teil der jährlich erzielten Überschüsse in Staatsanleihen oder Einlagen beim National Loans Fund investieren. Diese als Betriebsvermögen klassifizierten Investitionen, die auch häufig als „Staatsobligationen“ bezeichnet werden, blieben nach der Vermögensübertragung 2001 Eigentum von RM und besaßen zum 31. März 2002 einen Wert von 1 800 Mio. GBP. Infolge der Vorschriften der Behörden des Vereinigten Königreichs vom 30. Januar 2003 gemäß Abschnitt 72 des Postgesetzes 2000 legte RM dieses Vermögen in Form eine speziellen Rückstellung (der „Postrücklage“) zur weisungsgemäßen Verwendung für spezifische Maßnahmen an.

    2.3.   Die von der Untersuchung betroffenen Maßnahmen

    2.3.1.   Das Darlehen von 2001

    (19)

    Im Februar 2001 gewährten die Behörden des Vereinigten Königreichs RM ein Darlehen von 500 Mio. GBP für die Finanzierung von ausländischen Erwerbungen in den operativen Bereichen Brief- und Postversand. Das Darlehen muss zwischen 2021 und 2025 zurückgezahlt werden und wurde zu einem Zinssatz von durchschnittlich rund 5,8 % gewährt. Die Behörden des Vereinigten Königreichs haben der Kommission gegenüber schriftlich erklärt, dass dieses Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurde und sie Berater hinzugezogen hätten, um genau dies sicherzustellen. Als Sicherstellung für das Darlehen dienten die Anteile von RM an der General Logistics Systems International Holdings BV und verschiedene andere Vermögenswerte von RM. Das Darlehen wurde nicht bei der Kommission angemeldet.

    2.3.2.   Die Darlehensfazilitäten

    (20)

    Im Jahr 2003 stellten die Behörden des Vereinigten Königreichs RM verschiedene Darlehensfazilitäten für die Finanzierung ihres „Erneuerungsplans“ (einschließlich der Umstrukturierung von Parcelforce) zur Verfügung. Diese von den Behörden des Vereinigten Königreichs als marktübliches Bündel bezeichneten Fazilitäten wurden zwischen RM und den Behörden des Vereinigten Königreichs ausgehandelt. Sie umfassten eine Darlehensfazilität des National Loans Fund („NLF“) in Höhe von 544 Mio. GBP, die durch den Kassenbestand von RM besichert ist (insbesondere durch Mittel aus der Postrücklage), sowie zwei Anleihen, die die britischen Behörden von RM erwarben (in Höhe von 300 Mio. GBP bzw. 200 Mio. GBP). Diesbezüglich haben die Behörden des Vereinigten Königreichs ebenfalls im Schriftwechsel mit der Kommission erklärt, dass diese Darlehensfazilitäten zu marktüblichen Bedingungen eingeräumt wurden und Berater hinzugezogen worden seien, um dies zu gewährleisten. Bis Oktober 2006 waren diese Fazilitäten, mit Ausnahme eines Ausnutzungstests in Höhe von 50 Mio. GBP, der binnen 7 Tagen zurückgezahlt wurde, nicht in Anspruch genommen worden. Die Fazilität in Höhe von 200 Mio. GBP war im Oktober 2006 bereits abgelaufen. Dennoch zahlte RM eine Bereitstellungsprovision in Höhe von ca. 2,5 Mio. GBP. Diese Darlehensfazilitäten wurden nicht bei der Kommission angemeldet.

    (21)

    Im Mai 2006 teilten die Behörden des Vereinigten Königreichs mit, dass sie die verbleibenden Darlehensfazilitäten verlängern und von 844 Mio. GBP auf 900 Mio. GBP aufstocken würden. Am 31. Oktober 2006 ließen die Behörden des Vereinigten Königreichs wissen, dass die genaue Verlängerungsvereinbarung noch nicht feststünde, geplant seien jedoch marktübliche Bedingungen, so dass das Darlehen keine Beihilfe darstellen werde.

    2.3.3.   Das Renten-Treuhandkonto

    (22)

    Im Jahr 2006 gaben die Behörden des Vereinigten Königreichs 850 Mio. GBP aus dem Bargeldguthaben der Postrücklage von RM zur Einrichtung eines „Treuhandkontos“ frei, welches unter bestimmten Umständen, sollte RM nicht in der Lage sein, seinen Verpflichtungen nachzukommen, für den Royal Mail Pension Plan („RMPP“) in Anspruch genommen werden könnte. Diese Regelung wurde getroffen, weil laut Jahresbilanz von RM 2005/06, in der diese Kennzahl erstmals angeführt wurde, für die verschiedenen Rentenpläne von RM, von denen der RMPP bei weitem der wichtigste ist, ein Defizit (Überschuss der veranschlagten Passiva gegenüber den Aktiva auf der Grundlage bestimmter vorsichtiger Annahmen) von 5 600 Mio. GBP bestand. Der RMPP ist, wie andere betriebliche Altersvorsorgesysteme im Vereinigten Königreich, ein gefördertes Programm, das seine Verbindlichkeiten mit Vermögenswerten absichern muss. Den Behörden des Vereinigten Königreichs zufolge wäre RM aufgrund der veranschlagten Cashflows nicht in der Lage, dieses Defizit rasch auszugleichen und das Unternehmen gleichzeitig zu modernisieren. Aufgrund des Treuhandkontos kann RM mit den Treuhändern des RMPP einen längeren Zeitraum zur Bewältigung des Defizits vereinbaren und somit seine Rentenbeiträge für die ersten Jahre senken. Nach Auffassung der Behörden des Vereinigten Königreichs liegt eine solche Verwendung der Postrücklage im besten Geschäftsinteresse von RM. Indem die Behörden RM dabei unterstützen, seinen Erneuerungsplan ganz umzusetzen, steigt gleichzeitig der Wert ihrer Beteiligung. Ohne das Treuhandkonto und die aufgestockten Darlehensfazilitäten bestünde die Möglichkeit — so argumentieren die Behörden des Vereinigten Königreichs —, dass der Unternehmenswert verringert anstatt erhöht würde. Dementsprechend handelt es sich dabei um eine kaufmännisch korrekte Vorgangsweise.

    2.3.4.   Das neue Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP

    (23)

    Am 8. Februar 2007 kündigten die Behörden des Vereinigten Königreichs ihre Bereitschaft an, RM ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP zur Verfügung zu stellen. Dieses Darlehen wurde nicht bei der Kommission angemeldet. Aus den Bedingungen der Ankündigung ging klar hervor, dass dieses Darlehen Teil eines Maßnahmenbündels ist, zu dem auch das Renten-Treuhandkonto und die Darlehensfazilität zählen.

    2.4.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

    (24)

    In ihrer Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens äußerte die Kommission Zweifel an der Behauptung der Behörden des Vereinigten Königreichs, bei diesen Maßnahmen handle es sich nicht um Beihilfen, da sie unter marktüblichen Bedingungen erfolgten und Royal Mail daher keinen Vorteil verschafften. Das Brief- und Paketzustellgeschäft ist international, und die Kommission vertritt die Auffassung, dass ein selektiver Vorteil zugunsten von RM oder Parcelforce den Wettbewerb behindern und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen würde. Alle Maßnahmen erfolgten unter Verwendung unmittelbar vom Staat kontrollierter Gelder, die dementsprechend staatliche Mittel im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen. Alle Maßnahmen waren dem Staat zurechenbar und insofern selektiv, als sie nur RM gewährt wurden. Wenn Royal Mail durch diese Maßnahmen ein Vorteil entstand, wären alle Kriterien für Beihilfen erfüllt. Den mutmaßlichen Vorteil hat die Kommission im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die zur Einleitung des Verfahrens führten, gewürdigt.

    2.4.1.   Das Darlehen von 2001

    (25)

    Wie unter Erwägungsgrund 19 festgehalten, muss das Darlehen von 2001 zwischen 2021 und 2025 zurückgezahlt werden und wurde zu einem Zinssatz von durchschnittlich 5,8 % gewährt. Dieser Zinssatz liegt deutlich unter dem Referenzzinssatz, der zum Zeitpunkt der Unterrichtung der Kommission über die Gewährung des Darlehens im Jahr 2001 durch das Vereinigte Königreich galt (7,06 %). Die Behörden des Vereinigten Königreichs haben Nachweise dafür vorgelegt, dass sich die Renditestrukturkurve im Vereinigten Königreich zu diesem Zeitpunkt verflachte und daher für ein derart langfristiges Darlehen Zinssätze unterhalb des Referenzzinssatzes (für den damals Zinssätze für fünf Jahre herangezogen wurden), gewährt werden durften, ohne dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vorlag. Aus diesen Schriftstücken geht allerdings auch hervor, dass ein Teil des Darlehens bereits 1999 bzw. 2000 erteilt wurde. Dies widerspricht nicht nur zuvor übermittelten Informationen, sondern bezieht sich auch auf einen Zeitraum, in dem der Referenzzinssatz sogar bei 7,64 % (2000) lag. Die Kommission stellte außerdem fest, dass sich spätestens 2001 die Finanz- und Ertragslage von Royal Mail zu verschlechtern begann. Dies würde sich normalerweise in den Bedingungen eines Darlehens niederschlagen. Aus diesem Grund kann die Kommission bei der Würdigung eines Darlehens, das einem Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten gewährt wird, als Vergleichswert einen höheren Zinssatz als den Referenzzinssatz heranziehen.

    2.4.2.   Die Darlehensfazilitäten

    (26)

    Die Behörden des Vereinigten Königreichs hatten die Kommission darüber in Kenntnis gesetzt, dass die 2003 gewährten Darlehensfazilitäten bis Oktober 2006 nicht in Anspruch genommen worden waren. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass RM aus den Darlehensfazilitäten kein Vorteil erwuchs, da allein schon deren Verfügbarkeit dem Unternehmen eine „Option“ bot. Im Jahr 2003 war nicht absehbar, dass die Fazilitäten nicht genutzt werden würden. Die Bedingungen der Darlehensfazilitäten sind daher genauso zu würdigen wie das Darlehen von 2001. Es ist festzuhalten, dass diese Darlehensfazilitäten mit dem Erneuerungsplan von RM zusammenhingen.

    (27)

    Das NLF-Darlehen in Höhe von 544 Mio. GBP wurde zu 25 Basispunkten über dem LIBOR oder der entsprechenden Staatsobligation (6) gewährt, wobei der Referenzsatz 75 Punkte über dem Inter-Bank-Swap-Satz liegt. Die Behörden des Vereinigten Königreichs rechtfertigten die niedrige Marge mit der bereitgestellten Sicherheit, nämlich den Barreserven von RM. Die Kommission nahm jedoch zur Kenntnis, dass es sich bei diesen Reserven um staatliche Mittel handelt, welche die Behörden des Vereinigten Königreichs aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften kontrollierten. Die Kommission stellte daher in Frage, ob die Heranziehung dieser Reserven als Sicherheit geeignet war, die Zweifel am Beihilfecharakter der Maßnahme auszuräumen. Wäre das Darlehen ausgenutzt worden, hätten die eingesparten 50 Basispunkte den Wert der von RM entrichteten Bereitstellungsprovision wettgemacht.

    (28)

    Die Anleihen in Höhe von 300 Mio. GBP bzw. 200 Mio. GBP wurden zu 50 bzw. 200 Basispunkten über der entsprechenden Staatsobligation ausgegeben. Die Sicherstellung der größeren Anleihe erfolgte mittels einer Floating Charge über das gesamte Vermögen von RM. Die kleinere Anleihe war weniger gut besichert. Die Marge von 50 Basispunkten über einem auf Staatsanleihen (die üblicherweise unter dem Inter-Bank-Satz liegen) basierenden Satz legt nahe, dass das Darlehen über 300 Mio. GBP möglicherweise zu Bedingungen unterhalb des Referenzzinssatzes der Kommission gewährt wurde.

    (29)

    Die Behörden des Vereinigten Königreichs teilten der Kommission am 31. Oktober 2006 mit, dass über die Bedingungen zur Verlängerung der Darlehensfazilität von 2003, die im Oktober 2006 noch existierte (d. h. das Darlehen des National Loans Fund in Höhe von 544 Mio. GBP und die Anleihe über 300 Mio. GBP), noch verhandelt werde. Es würden Berater hinzugezogen, um sicherzustellen, dass es sich um marktübliche Bedingungen handelt.

    2.4.3.   Das Renten-Treuhandkonto

    (30)

    Den Informationen der Behörden des Vereinigten Königreichs zufolge war eine der Folgen des Treuhandkontos die Senkung der von RM an den RMPP entrichteten Rentenbeiträge zur Bewältigung des Defizits in den ersten Jahren. Die Kommission stellte fest, dass dies darauf hinweist, dass diese Maßnahme RM möglicherweise einen Vorteil verschaffen und daher eine Beihilfe darstellen könnte. Die Kommission bezweifelte das Argument, die Maßnahme lasse sich als Intervention im Rahmen des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers rechtfertigen. Dieses Argument wurde weder durch Prognosen noch Finanzanalysen gestützt.

    (31)

    Die Kommission beschloss, sich mit drei Aspekten zu beschäftigen: In Anbetracht dessen, dass die Rückstellungen innerhalb der Rücklage bereits von Royal Mail gehalten wurden und in dessen Unternehmensbilanz aufschienen, stellte sich erstens die Frage, ob die Einrichtung des Treuhandkontos trotz der Beteiligung der Behörden des Vereinigten Königreichs als kaufmännische Entscheidung von RM betrachtet werden konnte, die durch die anwendbaren Rechtsvorschriften bedingt war. Angesichts der besonderen Befugnisse der Behörden des Vereinigten Königreichs im Zusammenhang mit diesen Rücklagen war ein weiteres Thema, ob ein kaufmännisch handelnder Anteilseigner dieser Verwendung von Eigenkapital zustimmen würde. Als dritter Aspekt wurde untersucht, ob ein Anteilseigner in Anbetracht dessen, dass der Einsatz der Rückstellungen für die Renten von den Behörden erfordert, die POL-Maßnahmen aus dem Staatshaushalt zu finanzieren, bereit wäre, neues Kapital für ein derartiges Treuhandkonto einzubringen.

    2.4.4.   Das neue Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP

    (32)

    Die Darlehensbedingungen waren der Kommission zum Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung nicht bekannt. Die Kommission war daher nicht in der Lage zu beurteilen, ob es sich dabei um eine Beihilfe handelte. Da das Darlehen Teil eines Maßnahmenbündels war, in Bezug auf welches die Kommission eine Beihilfe nicht für unmöglich hielt, konnten die Darlehensbedingungen keinesfalls unabhängig davon beurteilt werden.

    2.4.5.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

    (33)

    Die Kommission äußerte ferner Zweifel daran, dass die Maßnahmen, falls diese sich als Beihilfen erweisen sollten, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Die Kommission hielt fest, dass die Rechtsgrundlage laut Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag nicht anwendbar schien, obwohl RM mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist. Das Darlehen und die Darlehensfazilitäten waren von den Behörden des Vereinigten Königreichs ausdrücklich für andere Vorhaben als die Erbringung derartiger Dienstleistungen, nämlich für die Akquisitionen von RM im Ausland und den 2003 angenommenen Erneuerungsplan, gewährt worden. Auch das Renten-Treuhandkonto stand nicht im Zusammenhang mit einer von RM erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.

    (34)

    Dementsprechend erschien Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag als einzige mögliche Grundlage für die Vereinbarkeit der Maßnahmen, sofern sie ein Beihilfeelement enthalten, mit dem Gemeinsamen Markt. Allerdings schienen die Maßnahmen keiner von der Kommission bislang ausgegebenen Regel zur Anwendung dieses Unterabsatzes zu entsprechen. Sollte es sich um eine staatliche Beihilfe handeln, bezweifelte die Kommission daher, dass die in Rede stehenden Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wären.

    3.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

    3.1.   Deutsche Post

    (35)

    Die DP bemerkte, dass die Untersuchung nur einen Teil der Beihilfen abdeckte, die Royal Mail in den vergangenen Jahren gewährt worden waren. Die Kommission hatte eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen durch das Vereinigte Königreich genehmigt, in deren Folge Royal Mail (nach Poste Italiane) der größte Beihilfeempfänger der letzten Jahre im Postsektor wurde. Die DP unterstrich, dass der liberalisierte Paketdienst von Royal Mail, Parcelforce, trotz dieser Maßnahmen viele Jahre lang erhebliche Verluste schrieb. Da Royal Mail gleichzeitig nicht genügend Einnahmen aus anderen Geschäften erzielte, um diese Verluste wettzumachen, mussten diese notwendigerweise aus staatlichen Mitteln gedeckt werden. Der Entscheidung der Kommission vom 19. Juni 2002 (Rechtssache C 61/99 — Deutsche Post AG (7)) zufolge stellt ein solcher Verlustausgleich eine Beihilfe dar, die nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Die DP bedauerte, dass die Kommission diesen Umstand, auf den die DP bereits in ihrer Beschwerde vom 3. Dezember 2002 hingewiesen hatte, im Rahmen des Verfahrens nicht berücksichtigt hatte.

    (36)

    In Bezug auf das Darlehen von 2001 stellte die DP fest, dass Royal Mail im Januar 1999 den deutschen Paketdienstleister German Parcel GmbH („German Parcel“) für 424 Mio. EUR erworben hatte. Im Herbst 1999 wurde die German Parcel GmbH Teil des neu gegründeten General Logistics System („GLS“). GLS tätigte zahlreiche weitere Erwerbungen auf dem europäischen Markt. Im Zeitraum 2000 bis 2003 erwirtschaftete Royal Mail kaum Gewinne zur Finanzierung dieser Übernahmen. Wurde die Darlehensfinanzierung dieser Ankäufe zu Bedingungen gewährt, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt nicht verfügbar waren, würde es sich um rechtswidrige Beihilfen handeln, die zurückgezahlt werden müssten.

    (37)

    In Bezug auf die Darlehensfazilitäten konnte die DP nicht nachvollziehen, warum Royal Mail die Erneuerung seiner Postinfrastruktur nicht aus den Gewinnen der vergangenen Jahre finanzierte (eigenen Angaben zufolge verbuchte Royal Mail im Geschäftsjahr 2005/06 einen Betriebsgewinn in Höhe von 355 Mio. GBP). Die Aufsichtsbehörde Postcomm hatte die Verpflichtung des Unternehmens zur Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bei der Genehmigung der Sätze bereits umfangreich berücksichtigt. Deshalb stand zu befürchten, dass sich die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen in Form von staatlichen Direktzahlungen, Darlehen und genehmigten Preismaßnahmen insgesamt in einer Überkompensation der Kosten für die Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auswirken, die den Beihilfevorschriften zufolge nicht zulässig ist. Dies könnte den Wettbewerb auf dem Sektor Brief-, Paket- und Expresskurier-Zustellung im Vereinigten Königreich, wo die DP 2006 einen Umsatz von über 1 000 Mio. EUR erzielte, erheblich beinträchtigen.

    (38)

    Die DP forderte die Kommission auf, die mutmaßlichen Beihilfen, die in der Entscheidung über die Einleitung der Untersuchung genannt werden, insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen für Royal Mail bereits genehmigten Maßnahmen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

    3.2.   TNT Post UK Limited

    (39)

    In einer ersten Reaktion auf die Eröffnung des Verfahrens fand die Untersuchung bei TNT Post UK Ltd („TNT“), als Mitglied des Mail Competition Forum, das eine Beschwerde hinsichtlich der Rentenmaßnahme eingebracht hatte, volle Unterstützung. Als neuer Marktteilnehmer war TNT von jeder Art der Finanzierung, die nicht auf der Grundlage marktüblicher Bedingungen erfolgte, direkt betroffen. Eine derartige Finanzierung hieße, dass Royal Mail in der Lage wäre, seine Preise künstlich niedrig zu halten und damit die Wettbewerbsfähigkeit von TNT einzuschränken.

    (40)

    TNT entnahm der Zwischenbilanz der Royal Mail Group Limited (ehemals plc), dass die „Royal Mail Group plc in Bezug auf ihre Kreditfazilitäten beim Staat in Zahlungsverzug ist, die Zahlungsverpflichtung jedoch vom Wirtschaftsministerium als Kreditgeber formell ausgesetzt wurde“. TNT brachte vor, dass unter diesen Voraussetzungen kein marktwirtschaftlich handelnder Geldgeber bereit wäre, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, es sei denn, dass sich das erhöhte Ausfallsrisiko hinsichtlich Zinsen und Kapitalrückzahlung in den Darlehensbedingungen niederschlägt. TNT bemerkte weiter, Royal Mail habe in einem eigenen Dokument vom März 2007 mit dem Titel „Royal Mail’s position on the interim review“ bestätigt, dass die Refinanzierung von der Klärung der Preisüberwachung und der Finanzierung des Rentendefizits über 17 Jahre abhängt. TNT erachtet dies als unangemessen langen Zeitraum. Würde sich herausstellen, dass diese Finanzierung auf nicht kommerziellen Investitions- oder Darlehensbedingungen basiert, wiese dies darauf hin, dass die Frist zu lange gewählt ist. Dementsprechend wären die Preisobergrenzen der Postregulierungsbehörde Postcomm zu niedrig angesetzt. Als Wettbewerber, so TNT, sei es von Preisobergrenzen für Geschäftspost, bei deren Festsetzung von staatlicher Finanzierung ausgegangen wird, und einer ungewöhnlich langen Aufschubphase für die Bewältigung des Defizits des Rentenfonds unmittelbar betroffen.

    (41)

    TNT legte ein weiteres Schreiben vor, das deutlich nach dem offiziellen Ende der Frist für die Abgabe von Stellungnahmen lag, von der Kommission jedoch trotzdem berücksichtigt wurde. TNT hatte die beiden staatlichen Finanzierungsquellen von Royal Mail analysiert, also i) die Darlehensfinanzierung und ii) die Freigabe staatlich kontrollierter Rücklagen zur Einrichtung eines von den Treuhändern des Rentenfonds von Royal Mail verwaltetes Treuhandkontos. Dabei gelangte TNT zu der Schlussfolgerung, dass beide Finanzierungen durch einen kaufmännisch handelnden Investor nicht gewährt worden wären.

    (42)

    Die Darlehen von 2001 wurden im Februar 2001 als unbesicherte Kredite mit einer Laufzeit von durchschnittlich beinahe 21 Jahren und einem Fixzinssatz von durchschnittlich 5,84 % gewährt. Im Monat der Darlehensgewährung lag der 20-Jahres-Swapsatz (zum GBP-LIBOR) zwischen 5,87 % und 6,12 %. Daraus lässt sich ableiten, dass die staatlichen Darlehen zu einem im Vergleich zu den gültigen Inter-Bank-Sätzen vergünstigten Satz vergeben wurden, während für unbesicherte Unternehmenskredite unter normalen Umständen ein Aufschlag oberhalb der Inter-Bank-Sätze zur Anwendung gelangt. Dass dies auch für Royal Mail gilt, beweist der Aufschlag von 0,25 % auf den LIBOR, den private Kreditinstitute für Darlehen mit einer wesentlich kürzeren Laufzeit von Royal Mail verlangten. TNT bemerkte auch, dass Aufschläge bei längeren Laufzeiten erheblich steigen. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen gelangte TNT zu der Schlussfolgerung, dass eine Geschäftsbank Royal Mail das Darlehen über 500 Mio. GBP nicht zu den veröffentlichten Konditionen gewährt hätte. Tatsächlich hätte ein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen einen wesentlich höheren Zinssatz erfordert.

    (43)

    In Bezug auf die im Jahr 2003 ausgegebenen Anleihen (d. h. die Darlehensfazilitäten) sieht TNT die Lage etwas anders, da die Anleihen anscheinend durch Vermögen von Royal Mail besichert waren. Je nach dem Wert dieses Vermögens (der, wie die verfügbaren Informationen nahelegten, recht hoch schien) wäre eine Verringerung des Aufschlags auf den LIBOR zu erwarten. Nur die Höhe dieser Verringerung stünde in Frage, doch da TNT keine Informationen darüber vorlagen, welchen Zinssatz Royal Mail tatsächlich bezahlte, war es schwierig festzustellen, ob er von Seiten Royal Mails und des Vereinigten Königreichs kaufmännisch gerechtfertigt werden kann.

    (44)

    Hinsichtlich der im Jahr 2007 gewährten Darlehen stellte TNT fest, dass sich die Marktüblichkeit der Bedingungen nicht beurteilen ließ, da diese nicht bekannt waren. Außerdem bestand anscheinend ein Zusammenhang zwischen dem neuen Darlehen, dem Treuhandkonto und der bestehenden Darlehensfazilität. Ein kommerzieller Kreditgeber hätte unter normalen Umständen weder auf Verzugsklauseln im Rahmen vorhandener Fazilitäten verzichtet (wie aus Anmerkung 3 auf Seite 18 des Halbjahresabschlusses von Royal Mail (8) hervorgeht, in der es heißt: „Die Royal Mail Group plc ist zum 24. September 2006 verschuldet, vor allem infolge des Rentendefizits seines wichtigsten Altersvorsorgesystems, des Royal Mail Pension Plan. Demzufolge verletzt Royal Mail seine Zahlungsverpflichtungen in Bezug auf seine staatlichen Kreditfazilitäten. Die Zahlungsverpflichtung wurde jedoch vom Wirtschaftsministerium als Kreditgeber formell ausgesetzt.“) noch zusätzliche Darlehensfinanzierung gewährt.

    (45)

    Im Hinblick auf die Rentenmaßnahme stellte TNT in Frage, ob die Übertragung des als „Postrücklage“ bezeichneten nicht betrieblichen Vermögens und des entsprechenden Kapitals bei der Restrukturierung von Royal Mail im März 2001 zu marktüblichen Bedingungen erfolgte. TNT zufolge hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Anteilseigner höchstwahrscheinlich kein Unternehmen gegründet, das eine Darlehensforderung beinhaltete (deren Schuldner der Anteilseigner ist), und anschließend einen vergleichbaren Kapitalbeitrag geleistet. TNT bemerkte, dass bei der „Privatisierung“ des niederländischen Äquivalents KPN 1989 eine ähnliche Vereinbarung existierte. Die Eröffnungsbilanz von KPN 1989 als niederländische Aktiengesellschaft (N.V.) enthielt jedoch weder die entsprechenden Vermögenswerte noch Rücklagen.

    (46)

    Laut TNT dient die Übertragung der Gelder durch die Behörden des Vereinigten Königreichs in ein Treuhandkonto als Garantie für den Rentenfonds. Der Vorteil für Royal Mail besteht in diesem Zusammenhang darin, dass das Defizit über einen längeren Zeitraum ausgeglichen und die Eigenmittel zur Stärkung des Unternehmens eingesetzt werden konnten. Hätte Royal Mail das Defizit sofort abdecken müssen (wenn die Rentenverbindlichkeiten in der Bilanz bereits als ein solches Defizit ausgewiesen worden wären), wäre dies mit erheblichen Verlusten und einem Rückgang des Eigenkapitals sowie — mit möglicherweise schwerwiegenderen Folgen — einer Verringerung der finanziellen Mittel einhergegangen. Unter üblichen Marktbedingungen kann ein Unternehmen, das Mittel benötigt, diese auf dem Schuldenmarkt aufnehmen oder zusätzliches Kapital über die Aktienmärkte beschaffen. Im Falle von Royal Mail gab es scheinbar eine dritte Möglichkeit, nämlich eine höhere Flexibilität der Preisobergrenze bei der Preiskontrolle durch die Regulierungsbehörde. Die Preise könnten erheblich ansteigen, ohne ein missbräuchlich hohes Niveau zu erreichen. Da für das Inkrafttreten der Preiskontrolle die Zustimmung von Royal Mail erforderlich war, konnte Royal Mail darauf Einfluss ausüben, wobei diese Möglichkeit dem Anteilseigner bekannt war.

    (47)

    TNT stellte fest, dass ein Kreditnehmer, der auf dem Schuldenmarkt ein Darlehen aufnimmt, überzeugend darlegen muss, dass er zur Rückzahlung der Verpflichtungen aus künftigen Cashflows in der Lage ist. Zur Kapitalbeschaffung am Aktienmarkt muss ein Unternehmen sogar noch stichhaltiger nachweisen können, dass es für den Anteilseigner aus dem investieren Kapitalbeitrag einen erheblichen Ertrag generieren kann. Als einziger Anteilseigner von Royal Mail hätte das Vereinigte Königreich alle erforderlichen Prüfungen vornehmen müssen, um festzustellen, ob Royal Mail in einer besseren finanziellen Lage wäre, wenn es seinen Erneuerungsplan umsetzen könnte. Die entscheidende Frage war, ob eine weitere Investition durch die Freigabe von Mitteln aus Rückstellungen eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung darstellte oder ob sie gleichbedeutend damit war, „gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen“. Jede derartige Entscheidung würde dringend eine solide Analyse des Ertrags erfordern, der sich aus einer solchen Zusatzinvestition ergäbe. Da keine schlüssigen Nachweise dafür vorliegen, dass der Erneuerungsplan — der durch die Freigabe von Geldern aus den Rücklagen ermöglicht wurde — dem Anteilseigner einen angemessenen Investitionsertrag bringt, vertrat TNT die Auffassung, dass diese Entscheidung nicht auf einer marktwirtschaftlichen Grundlage getroffen wurde.

    4.   STELLUNGNAHME DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS

    4.1.   Das Darlehen von 2001

    (48)

    In Bezug auf das Darlehen von 2001 stellte das Vereinigte Königreich klar, dass dieses Darlehen seinen Ursprung 1999 nahm, als der Staat die Strategie von Royal Mail unterstützte, die Wettbewerbsfähigkeit seines Kerngeschäfts durch bestimmte Übernahmen zu stärken. Bei der Zustimmung zu dieser Strategie berücksichtigten die Behörden insbesondere den bei der Arbeit von Royal Mail an der Erreichung seines strategischen Ziels prognostizierten Ertrag. Für das fünfte Jahr seiner Gesamtakquisitionsstrategie hatte Royal Mail ein 40 %iges Umsatz- und ein 210 %iges Ertragswachstum vorausberechnet. Bei Gesprächen über die Finanzierung der Übernahmen, insbesondere jener von German Parcel, bei der es sich um die erste wichtige ausländische Erwerbung von Royal Mail handelte, wünschten die Behörden des Vereinigten Königreichs eine Finanzierung dieser (und künftiger) Transaktionen von Royal Mail durch ein Darlehen des staatlichen NLF zu marktüblichen Bedingungen. Dieses Vorgehen reflektierte die Absicht des Vereinigten Königreichs, Royal Mail marktwirtschaftlichen Regeln zu unterwerfen und einen fairen Wettbewerb mit anderen Unternehmen auf dem Postsektor zu gewährleisten, während sich der Markt nach und nach öffnete.

    (49)

    Da der NLF 1999 nicht in der Lage war, die Darlehen zu gewähren, stimmte der Staat einer vorübergehenden Finanzierung der Geschäfte durch die Ausnützung von Barreserven in der Bilanz zu. Dieser Entscheidung lag der grundsätzliche Ansatz des Vereinigten Königreichs zugrunde, dem zufolge Einrichtungen der öffentlichen Hand keine Darlehen an den privaten Kapitalmärkten aufnehmen sollten. Die Zinsen für das Darlehen des NLF sollten ab dem Datum (9) fällig werden, zu dem Royal Mail auf seine Barreserven zugriff, als existierte das Darlehen ab diesem Zeitpunkt, um (wie ursprünglich geplant) die Zwischenfinanzierung für das Unternehmen neutral zu gestalten. Das Vereinigte Königreich legte der Kommission ein Schreiben vom 12. Januar 1999 vor, mit welchem die Behörden des Vereinigten Königreichs Royal Mail ihre Zustimmung zur Übernahme von German Parcel gaben und das nähere Angaben zur Finanzierung enthält.

    (50)

    Um die strategische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der von Royal Mail vorgeschlagenen Akquisitionen zu analysieren, zogen die Behörden des Vereinigten Königreichs für die Übernahme von German Parcel einen externen Berater hinzu. Für spätere Erwerbungen, die ebenfalls aus dem Darlehen in Höhe von 500 Mio. GBP finanziert wurden und die Einwilligung der Behörden des Vereinigten Königreichs erforderten, wurde Deloitte & Touche LLP („Deloitte“) konsultiert. Dieses Unternehmen bewertete jede Übernahme einzeln, bevor die Behörden des Vereinigten Königreichs ihr Einverständnis dazu gaben. Deloitte sprach sich gegen keine der Akquisitionen aus.

    (51)

    Darüber hinaus war Deloitte bei der Festsetzung marktüblicher Zinssätze für Vorschüsse aus dem NLF an Royal Mail und insbesondere bei der Beurteilung der Bonität von Royal Mail auf der Grundlage seiner Kreditwürdigkeit als vom Staat unabhängiges Unternehmen beratend tätig. Deloitte bewertete das Kreditausfallrisiko von RM als eine Funktion geschäftlicher und finanzieller Risiken und ermittelte unter Berücksichtigung von Vergleichswerten und Finanzierungskoeffizienten ein Kreditrating zwischen AA und AA. Zudem empfahl Deloitte, den Royal Mail gewährten Zinssatz anhand von Zinssätzen vergleichbar bewerteter Emittenten aufgrund eines „Preisindex“ von Aufschlägen für dieses Kreditrating im Vergleich zu Staatsanleihen zu ermitteln. Auf dieser Grundlage rangierte der Royal Mail gewährte Aufschlag zwischen 76 und 165 Basispunkten.

    (52)

    Royal Mail wünschte ein Darlehen mit langer Laufzeit, da es die übernommenen Unternehmen zur Umsetzung seiner Strategie langfristig behalten wollte. Aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt marktüblichen Zinssätze (als langfristige Zinssätze wesentlich niedriger lagen als kurzfristige) verlangte Royal Mail Laufzeiten von 20 bzw. 25 Jahren, wie für die langfristigen Übernahmen angemessen. Dadurch wurde eine Rückzahlung der aufgenommenen Gesamtsumme in einzelnen Tranchen zu 100 Mio. GBP in jedem der Jahre 2021 bis 2025 möglich, so dass Royal Mail nicht verpflichtet ist, die gesamten 500 Mio. GBP in einem einzigen Jahr abzudecken. Die Laufzeiten der einzelnen Darlehenstranchen lagen zwischen 20 und 25 Jahren, was in Anbetracht der relativen Attraktivität langfristiger Zinssätze zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich ist. Die Kreditraten basierten auf gleichartig unbesicherten, ausgewiesenen, mit AA bewerteten Zahlungsverpflichtungen mit Laufzeiten von 20 bzw. 25 Jahren. Daraus wurden jährliche Sätze interpoliert, um einen angemessenen Satz für das Royal-Mail-Darlehen zu ermitteln.

    (53)

    Das Vereinigte Königreich brachte vor, bei den Referenzzinssätzen der Kommission handle es sich nicht um zulässige Vergleichswerte für das Darlehen von 2001. Dies insbesondere, weil die Zinssätze der Kommission auf 5-Jahres-Laufzeiten basieren, während das fragliche Darlehen eine langfristige Verpflichtung über 20 bis 25 Jahre darstellte. Das Royal Mail gewährte Darlehen basierte auf marktüblichen Sätzen, die ähnlich positionierten Kreditnehmern für langfristige Verpflichtungen gewährt wurden. Zudem bewegte sich die Zinsstrukturkurve im Vereinigten Königreich in den Jahren 1999 bis 2000 (dem für die Berechnung der Zinsen relevanten Zeitraum) nach unten, wodurch die Geldbeschaffung für Unternehmen günstiger wurde.

    (54)

    Für das Darlehen wurde keine Sicherheit verlangt, da das Kreditrating von Royal Mail für Verpflichtungen bis 1 000 Mio. GBP bei AA lag. Das geplante Darlehen würde die Verschuldung von Royal Mail unterhalb dieses Niveaus halten und die überwiegende Mehrheit der Außenstände von Royal Mail mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr auf sich vereinen. Bei der Aushandlung der Darlehensfazilitäten von 2003 beschlossen die Behörden des Vereinigten Königreichs jedoch, die Darlehen über 500 Mio. GBP aus dem Jahr 2001 in dieselbe Form zu gießen wie die Vereinbarungen von 2003. Das daraus resultierende neue Dokument ließ Betrag, Laufzeit und Zinssätze unverändert; in Anbetracht des allgemeinen Anstiegs der Unternehmensverschuldung wurde die Besicherung über die GLS-Anteile im Rahmen der neuen Fazilitäten jedoch auch auf das Darlehen von 2001 ausgedehnt. Gleichzeitig wurde das Darlehen durch eine Fixed und Floating Charge über bestimmte Teile des Vermögens von Royal Mail besichert.

    4.2.   Die Darlehensfazilitäten

    4.2.1.   Die 2003 gewährten Fazilitäten

    (55)

    Das Vereinigte Königreich übermittelte weitere Einzelheiten über die 2003 gewährten Darlehensfazilitäten. Die Bedingungen sahen eine Besicherung der Darlehen durch bestimmte Kassenbestände in der Bilanz von Royal Mail vor. Das mit den Verpflichtungen verbundene besonders niedrige Risiko rechtfertigte daher eine Marge von […] (10). Zur Bemerkung der Kommission, dass diese Kassenbestände staatliche Mittel darstellten, welche die Behörden des Vereinigten Königreichs aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften kontrollierten und deren Einsatz als Sicherheit Zweifel hinsichtlich des Beihilfecharakters der Maßnahmen daher nicht notwendigerweise zerstreuten, äußerten die Behörden des Vereinigten Königreichs, dass versucht wurde, die Kassenbestände und anderen Vermögenswerte des Unternehmens unter Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Grundsätze so zu verwenden, dass das Unternehmen im Hinblick auf die Fazilitäten wirksamen Regeln unterworfen wurde. Die Behörden wiesen Royal Mail Kraft ihrer Vollmacht gemäß Abschnitt 72 des Postdienstleistungsgesetzes 2000 an, ihre Kassenbestände beim NLF, die auf die gesammelten geschäftlichen Erträge zurückgehen (und ca. 1 800 Mio. GBP betragen), auf eine spezielle Rückstellung in der Bilanz von Royal Mail (die Postrücklage) zu übertragen. Eine separate Einverständniserklärung erlaubte die Nutzung von 549 Mio. GBP der Rücklage als Sicherstellung für die Darlehen des NLF in Höhe von 544 Mio. GBP.

    (56)

    In Beantwortung der Fragen der Kommission im Zusammenhang mit der von Royal Mail entrichteten Bereitstellungsprovision für die Darlehensfazilitäten des NLF führte das Vereinigte Königreich aus, dass die jährliche Bereitstellungsprovision in diesem Fall […] Basispunkte vom Darlehenswert betrug. Das sind […] % der verlangten Marge von […] Basispunkten über dem LIBOR. Das Vereinigte Königreich gab an, dass Bereitstellungsprovisionen nach marktüblichen Gepflogenheiten generell 50 % oder weniger der Marge über dem LIBOR betragen, und legte Beispiele hierfür vor. Relativ niedrige Margen — in der Größenordnung von 50 Basispunkten oder weniger — waren für vorrangige Verpflichtungen in diesem Zeitraum üblich. Angesichts der Tatsache, dass die Verfügbarkeit anderer Fazilitäten (der Anleihen) davon abhing, dass das Parlament die Bereitstellung von Mitteln für das entsprechende Ministerium zu dem Zeitpunkt genehmigen musste, zu dem die von Royal Mail ausgegebenen Anleihen erworben werden mussten, war für diese anderen Fazilitäten keine Bereitstellungsprovision erforderlich, da diese Fazilitäten Royal Mail niemals wirklich zur Verfügung gestellt wurden. Gängige Praxis in der Privatwirtschaft ist es in solchen Fällen, dass eine Bereitstellungsprovision erst fällig wird, wenn der Kreditgeber alle erforderlichen internen Genehmigungen eingeholt hat, so dass die Mittel dem Kreditnehmer formell (und ohne weitere Bedingungen) zur Verfügung gestellt werden.

    (57)

    Das Vereinigte Königreich beschrieb außerdem die Analyse, die vor der Gewährung der vorgesehenen Darlehensfazilitäten durchgeführt wurde. Dazu gehörte auch die Berechnung des Nettogegenwartswerts („NPV“) der Cashflow-Erträge aus der vorgeschlagenen Refinanzierung sowie einigen alternativen Optionen. Für die vorgeschlagene Option wurde ein Rückfluss von […] GBP geschätzt, während jener der Alternativen maximal […] GBP betrug. Das Vereinigte Königreich bestätigte weiter, dass die im Jahr 2003 gewährten Fazilitäten mit Ausnahme eines Ausnutzungstests, dessen Rückzahlung binnen einer Woche erfolgte, nicht in Anspruch genommen wurden. Sie liefen aus bzw. wurden in die 2007 gewährten Fazilitäten aufgenommen.

    4.2.2.   Die 2007 gewährten Fazilitäten

    (58)

    Das Vereinigte Königreich erläuterte, dass die 2007 gewährte Finanzierung aus einer vorrangigen Darlehensfazilität in Höhe von 900 Mio. GBP bestand. Diese ist Bestandteil eines Finanzierungsbündels, zu dem auch die Rentenmaßnahme und das nachrangige Darlehen über 300 Mio. GBP zählen. Mit den Darlehensfazilitäten sollen die Restrukturierung und das Investitionsprogramm von Royal Mail einschließlich redundanter Kosten finanziert werden. Das vorrangige Darlehen über 900 Mio. GBP ersetzt und erweitert die 2003 gewährten Darlehensfazilitäten in Höhe von 844 Mio. GBP und ist in zwei Tranchen unterteilt: Die Tranche von […] GBP darf nur für Restrukturierungsaktivitäten genutzt werden, während […] GBP als allgemeines Umlaufkapital für das Unternehmen (mit Ausnahme von Post Office Limited) vorgesehen sind. Die Maßnahme trat am 19. März 2007 in Kraft. Ihre Laufzeit beträgt […] Jahre ab diesem Datum. Die Marge liegt in den ersten […] Monaten […] Basispunkte über dem entsprechenden LIBOR (11). Danach hängt die Marge von der Höhe der Schuldendienstdeckung (Rentabilität als Vielfaches der Zinszahlungen) ab, sie muss jedoch mindestens […] Basispunkte betragen. Die Fazilität in Höhe von 900 Mio. GBP ist durch Anteile an einer neuen, von Royal Mail gegründeten Tochtergesellschaft, Royal Mail Estates Limited, besichert, die praktisch alle Vermögenswerte des Unternehmens (außer jenen von Post Office Limited) mit einem von Atis Real im September 2006 auf […] GBP geschätzten Marktwert hält.

    (59)

    Das Vereinigte Königreich beschrieb die getroffenen Maßnahmen, um die Einhaltung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers zu gewährleisten, wies jedoch darauf hin, dass die Marktüblichkeit des Finanzierungsbündels von 2007 als Ganzes gewürdigt werden muss (vgl. Erwägungsgründe 64 und 65). Sowohl Credit Suisse als auch Deloitte waren, unter anderem auch durch den Vergleich mit realen Darlehen auf dem Markt, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Fazilität und der Zinssatz zu marktüblichen Konditionen gewährt werden. Obwohl aus der Analyse hervorging, dass die Laufzeit von sieben Jahren am oberen Ende der Bandbreite des Marktes angesiedelt ist, scheinen Bearbeitungsgebühr, Bereitstellungsprovision und Ausnutzungs- und Verzugstests den Marknormen für auf der Grundlage der Darlehen von Royal Mail (in diesem Fall vor allem auf Immobilien) besicherte Kredite zu entsprechen. Die Besicherung erfolgte nicht marktüblich (über Anteile statt Anlagevermögen), doch das Vereinigte Königreich erachtete dies vom Standpunkt des Kreditgebers aus in puncto Kosten, Wahl des Zeitpunkts und aus Verwaltungsgründen sogar für günstiger.

    (60)

    Was das Vorbringen von TNT hinsichtlich der Verletzung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Staat durch RM und deren formelle Aussetzung durch das Wirtschaftsministerium anbelangt, erläuterte das Vereinigte Königreich, dass die Aussetzungserklärung eine reine Formsache infolge der Einführung neuer Rechnungslegungsgrundsätze für Renten (FRS17) und nicht das Ergebnis einer Verschlechterung der Geschäftslage des Unternehmens war. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Fazilitäten von 2007 nicht, wie von TNT in den Raum gestellt, „zusätzlich“, sondern anstelle der Darlehen von 2003 gewährt wurden.

    4.3.   Die Rentenmaßnahme

    (61)

    Das Vereinigte Königreich erläuterte das Vorgehen beim Abschluss der Treuhandvereinbarung einschließlich der Sicherheiten, die den Treuhändern des Rentenfonds für den Betrag zur Verfügung gestellt wurden — für den Fall, dass das Treuhandkonto über 850 Mio. GBP durch die Postrücklage in Höhe von 796 Mio. GBP und eine Kapitalspritze im Wert der verbleibenden 54 Mio. GBP finanziert würde. Die Vereinbarung erlaubt den Treuhändern die Inanspruchnahme der Sicherheit für die Treuhandkonten beim Auftreten bestimmter beschränkter Verzugsereignisse, vor allem, wenn das entsprechende Unternehmen (Royal Mail Holdings plc oder Royal Mail Group Limited) aufgrund von Zahlungsunfähigkeit abgewickelt wird oder die durch die Treuhandkonten gestellte Sicherheit nicht mehr realisierbar ist. Die Besicherungsvereinbarung hält auch fest, unter welchen Umständen Gelder aus der Sicherheit freigegeben werden können. Dies ist hauptsächlich dann der Fall, wenn der Rentenfonds ein Liquiditätsniveau von 75 % erreicht. Sobald die Mittel aus der durch die Besicherungsvereinbarung mit der Royal Mail Holdings geschaffenen Sicherheit freigegeben werden, haben die Parteien anerkannt, dass der Anteilseigner beschließen kann, dass das Treuhandvermögen in Höhe von 850 Mio. GBP (zuzüglich angefallener Zinsen) aus der Sicherheit aufgrund der Vollmacht laut Postdienstleistungsgesetz 2000 oder anderer anwendbarer Rechte und Befugnisse dem Anteilseigner überlassen werden kann.

    (62)

    Die Bereitstellung des Treuhandkontos führte dazu, dass die Treuhänder einem Zeitraum von 17 Jahren für die Bewältigung des Rentendefizits zustimmten. Die Behörden des Vereinigten Königreichs wiesen auf Stellungnahmen der Regulierungsbehörde des Rentenfonds hin, dass Aufschubphasen von über zehn Jahren besonders genau geprüft würden. Dabei spiele auch eine Rolle, ob die Treuhänder ein „Eventualguthaben“ (wie ein Treuhandkonto) eingesetzt hatten, um Risiken im Zusammenhang mit dem Bewältigungsplan gering zu halten. Das Vereinigte Königreich widersprach der Andeutung der Kommission, die Treuhandvereinbarung habe es Royal Mail ermöglicht, seine Rentenbeiträge zu senken, mit dem Argument, was ohne Treuhandkonto passiere, sei verhandlungsabhängig und könne nicht vorhergesagt werden. Eine Ablehnung hätte die Verfügbarkeit von Mitteln für geschäftliche Investitionen gefährdet.

    4.4.   Das Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP

    (63)

    Das Vereinigte Königreich bestätigte, Royal Mail ein Gesellschafterdarlehen in Form einer nachrangigen Forderung in Höhe von 300 Mio. GBP zum Zinssatz von […] % zur Verfügung gestellt zu haben, wobei die Zinsen bis zum Ende der Laufzeit des Darlehens gestundet wurden. Die Fazilität war zwei Jahre lang verfügbar. Das Ende ihrer Laufzeit lag nach dem Zeitpunkt des endgültigen Rückzahlungsdatums der vorrangigen Forderung […] bzw. der Freigabe der Mittel des Renten-Treuhandkontos. Die Bedingungen des nachrangigen Darlehens wurden, im Gegensatz zu einer Einzelfazilität, im Rahmen des Komplettbündels verhandelt. Das Vereinigte Königreich gab an, die Rückzahlung könne infolge des nachrangigen Charakters des Darlehens erst erfolgen, wenn das Renten-Treuhandkonto freigegeben werde. Dies zeigte sich auch in dem hohen Zinssatz, der angesichts der geschäftlichen Risiken oberhalb der von den Beratern für die entsprechenden Eigenkapital-Opportunitätskosten vorgeschlagenen Spanne lag. Die Vereinbarung wurde von den Beratern der Regierung als „vollkommen marktüblich“ bezeichnet.

    4.5.   Einhaltung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Zusammenhang mit dem Maßnahmenbündel von 2007

    (64)

    Dem Vereinigten Königreich zufolge wurden die Bestandteile des Maßnahmenbündels von 2007 als Elemente eines integrierten Pakets ausgehandelt und sollten nicht unabhängig voneinander beurteilt werden, wenngleich die einzelnen Bedingungen anhand marktüblicher Referenzwerte festgelegt wurden. Der marktübliche Charakter des Bündels und insbesondere der Treuhandvereinbarung wurde von Deloitte und Credit Suisse analysiert, auf deren Urteil sich der Staat verließ.

    (65)

    Deloitte bewertete den Unternehmenswert im Rahmen des strategischen Plans unter der Annahme, dass die Treuhandinvestition in Höhe von 1 Mrd. GBP erfolgt. Dieser Unternehmenswert wird ermittelt, indem die veranschlagten Vorfinanzierungs-Cashflows von den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens abgezogen werden. Laut Vereinigtem Königreich ist die Treuhandinvestition dann für einen realen, kaufmännisch handelnden Kapitalgeber geeignet, wenn:

    a)

    sie dem Investor einen positiven Kapitalwert bietet (Abzug der Nettoverbindlichkeiten, Wert des Rentendefizits und Treuhand-Nettokosten vom Unternehmenswert) und;

    b)

    durch die Unterlassung der vorgeschlagenen Investition in die Treuhandkonten kein höherer Wert erzielt werden könnte.

    Deloitte berechnete darüber hinaus einen dazugehörigen internen Zinsfuß. Dabei handelt es sich um den Diskontsatz künftiger Cashflows, der den Kapitalwert des Unternehmens auf […] reduzierte. Aus der von Deloitte durchgeführten Analyse ergab sich ein Kapitalwert nach der Investition von über […] GBP und ein interner Zinsfuß in Höhe von […]. Diese Ergebnisse hielten einer Reihe von Sensitivitätsanalysen stand. Untersucht wurden auch zwei alternative Szenarien ohne Treuhandinvestition, aus denen sich, so Deloitte, eine erhebliche potenzielle Minderung des Eigenkapitals ergab. Im Gegensatz dazu war durch die geplante Investition von einer deutlichen Wertsteigerung im Laufe der Zeit auszugehen.

    5.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN: VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE

    (66)

    Wie in der Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens dargelegt, hängt für jede der fraglichen Maßnahmen das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe davon ab, ob Royal Mail dadurch ein Vorteil im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag entsteht, da die anderen Kriterien klar erfüllt sind. Um festzustellen, ob die Maßnahmen RM einen Vorteil verschafften, untersucht die Kommission, ob ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Investor zur Finanzierung der Maßnahmen unter denselben Bedingungen bereit gewesen wäre.

    5.1.   Das Darlehen von 2001

    (67)

    Aus den Erläuterungen der Behörden des Vereinigten Königreichs geht hervor, warum die Zinssätze der Darlehenstranchen auf dem langfristigen (20 Jahre) Durchschnittssatz von 5,8 % basieren, der unterhalb des Referenzzinssatzes der Kommission liegt, der für kürzere Laufzeiten gilt (12). Aus dem in Erwägungsgrund 49 erwähnten Schreiben lässt sich außerdem entnehmen, wie das Darlehen 1999 zustande kam und wie damals die Bedingungen festgelegt wurden. Dadurch klären sich auch die von TNT (vgl. Erwägungsgrund 42) angesprochenen Aspekte, da TNT Vergleiche mit den 2001 geltenden Zinssätzen anstellte, die Sätze aber gar nicht in diesem Jahr festgelegt wurden. Die fehlende Besicherung des Darlehens (die jedenfalls bei der Gewährung der Darlehen von 2003 ergänzt wurde) lässt sich ebenfalls so erklären. Schließlich wird infolgedessen auch die Feststellung der Kommission in der Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens, dass sich zumindest 2001 die Finanz- und Ertragslage von Royal Mail zu verschlechtern begann, entkräftet. Dies war 1999, als das Darlehen gewährt wurde, und im Zeitraum 1999 bis 2000, als die Zinssätze festgelegt wurden, nicht der Fall.

    (68)

    Zu dem Zeitpunkt, als die Vereinbarung über die Darlehen getroffen wurde, erfolgte die Festlegung der Referenzzinssätze der Kommission gemäß der Mitteilung der Kommission zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze aus dem Jahr 1997 („Mitteilung über Referenzsätze 1997“) (13). In dieser Mitteilung legte die Kommission Sätze fest, die auf den Inter-Bank-Swap-Sätzen über fünf Jahre basieren und um einen Zuschlag erhöht werden. Sie behielt sich jedoch vor, einen kurzfristigen (z. B. LIBOR für ein Jahr) oder einen längerfristigeren (z. B. Sätze der Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von zehn Jahren) Basissatz als den Inter-Bank-Swap-Satz über fünf Jahre anzuwenden. Aufgrund der fixen, längeren Laufzeit der Darlehen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Anwendung eines solchen längerfristigeren Satzes in diesem Fall angemessen ist.

    (69)

    Die Kommission hat festgestellt, dass die verlangten Sätze im Rahmen eines Verfahrens berechnet wurden, bei dem tatsächlich am Markt beobachtete kommerzielle Darlehenstransaktionen mit der entsprechenden Staatsanleihe verglichen wurden (14). Der Aufschlag der Staatsanleihen bewegte sich zwischen 76 und 165 Basispunkten, was auf der Grundlage der in der Mitteilung über Referenzsätze 1997 genannten 75 Basispunkte ausreicht. Außerdem verglich die Kommission die verlangten Zinssätze mit den Inter-Bank-Swap-Sätzen für 20 Jahre zu den relevanten Daten. Die verrechneten Sätze stimmen sehr gut mit diesen Sätzen überein (generell weniger als 10 Basispunkte Abweichung). Die Kommission weist darauf hin, dass das Vereinigte Königreich und seine Berater nicht die entsprechenden Inter-Bank-Swap-Sätze oder andere veröffentlichte Sätze verwendeten, sondern marktübliche Vergleichssätze heranzogen. Angesichts dessen gelangt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass die fragliche Maßnahme Royal Mail keinen Vorteil verschaffte und daher keine staatliche Beihilfe darstellte.

    5.2.   Die Darlehensfazilitäten

    5.2.1.   Die 2003 gewährten Fazilitäten

    (70)

    Wie in der Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens ausgeführt, wurden diese Fazilitäten nie in Anspruch genommen, bevor sie 2007 erweitert oder angepasst wurden. Aus diesem Grund eröffnete die Kommission hinsichtlich der Bedingungen für dieses Darlehen kein Verfahren, und die Angemessenheit des vereinbarten Zinssatzes wird in der vorliegenden Entscheidung nicht beurteilt. Die Kommission warf jedoch die Frage auf, ob die Fazilitäten dem Unternehmen nicht trotzdem einen Vorteil in Form einer „Option“ boten, deren Beihilfecharakter untersucht werden sollte. In diesem Zusammenhang hat die Kommission festgestellt, dass für die zur Verfügung gestellten Fazilitäten, obwohl diese nicht in Anspruch genommen wurden, eine Bereitstellungsprovision in Höhe von […] pro Jahr entrichtet wurde. Die Kommission hat sich davon überzeugt, dass es sich dabei um einen marktüblichen Satz handelt, der als Prozentsatz der Marge über dem LIBOR des zugrunde liegenden Darlehens festgesetzt wird. Sowohl diese Vorgangsweise als auch der damit erzielte Wert ([…]) sind am Markt üblich (die Kommission fand Beispiele im Bereich von 16 bis 50 %). Andere Fazilitäten wurden niemals vom Parlament genehmigt und daher nicht zur Verfügung gestellt, wodurch keine Bereitstellungsprovision fällig wird. Die Kommission stellt daher fest, dass die 2003 gewährten Fazilitäten in der Praxis keine staatlichen Beihilfen für Royal Mail darstellten.

    5.2.2.   Die 2007 gewährten Fazilitäten

    (71)

    2007 wurden die offenen Fazilitäten aus dem Jahr 2003 (15) unter überarbeiteten Bedingungen durch eine „vorrangige Darlehensfazilität“ in Höhe von 900 Mio. GBP ersetzt. Die Kommission hat die Bedingungen dieser Fazilität einer Überprüfung unterzogen. Der vereinbarte Zinssatz liegt für die ersten 12 Monate […] Basispunkte über dem entsprechenden LIBOR. Im Anschluss daran schwankt der Satz in Abhängigkeit von der Schuldendienstdeckung, sinkt aber nie auf unter […] Basispunkte über dem relevanten LIBOR. Die Fazilität wird durch eine Floating Charge (16) über das Vermögen von Royal Mail, eine Fixed Charge über die Anteile der neuen Tochtergesellschaft Royal Mail Estates Ltd, die das Vermögensportfolio von RM hält, und eine Floating Charge über das Vermögen dieses Unternehmens besichert. Der Marktwert des von RM Estates gehaltenen Vermögens wurde mit […] GBP bewertet. Die Kommission hat diese Bedingungen unter Berücksichtigung der Mitteilung über Referenzsätze 1997, die zum Zeitpunkt der Festlegung der Bedingungen anwendbar war, bewertet. Da der Wert des als Sicherstellung für das Darlehen dienenden Vermögens die Darlehenshöhe um beinahe 50 % übersteigt, wird die Besicherung als „hoch“ eingestuft. Die Marge von […] bis […] Basispunkten über dem LIBOR reicht daher aufgrund der Mitteilung, die eine Marge von 75 Basispunkten vorsieht, aus (wie in Erwägungsgrund 68 ausgeführt, fasste die Kommission in der Mitteilung über Referenzsätze 1997 die mögliche Verwendung des LIBOR als Bewertungsgrundlage ins Auge). Zudem hat die Kommission die Informationen der Behörden des Vereinigten Königreichs über andere mit Immobiliengesellschaften besicherte Transaktionen zur Kenntnis genommen, aus denen hervorzugehen scheint, dass die Bedingungen anhand vergleichbarer kommerzieller Darlehen festgelegt wurden. Auf der Grundlage ihrer Analyse der Referenzsätze ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Darlehensfazilitäten — unabhängig gesehen — keine staatlichen Beihilfen darstellen.

    (72)

    Da die Fazilitäten von 2007 zusammen mit anderen Maßnahmen in einem Bündel gewährt wurden und das Vereinigte Königreich darauf besteht, dass die Komponenten des Finanzierungspakets aus dem Jahr 2007 nicht einzeln bewertet werden sollten, müsste die Kommission feststellen, ob die separate Beurteilung in Erwägungsgrund 71 beweiskräftig sein kann. Dieser Frage wird in Abschnitt 5.5 unten weiter nachgegangen.

    5.3.   Das Renten-Treuhandkonto

    5.3.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

    (73)

    Auf der Grundlage der Bemerkungen und Erläuterungen der Behörden des Vereinigten Königreichs konnte sich die Kommission ein Bild über den Mechanismus machen, auf dem die Rentenmaßnahme beruht. Wie in Erwägungsgrund 22 oben beschrieben, muss Royal Mail sein erhebliches Rentendefizit in seiner Bilanz ausweisen. Das Rentenrecht des Vereinigten Königreichs sieht vor, dass RM mit den Treuhändern einen Plan und insbesondere einen Zeitraum zur Abdeckung des Defizits durch Zahlungen in den Rentenfonds vereinbaren muss. Durch die Maßnahme war Royal Mail in der Lage, diesen Zeitraum auszudehnen, was sich auf seine Zahlungen auswirkt. Zu Beginn hielt die Kommission fest, dass sich für die Rechtsnatur der Maßnahme (also die Freigabe von Rückstellungen, die der Staat aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften kontrollierte, im Rahmen einer Treuhandvereinbarung zugunsten des Rentenfonds) in normalen, kommerziellen Transaktionen keine Entsprechung findet, obwohl die Überweisung von Mitteln an ein Treuhandkonto auf dem privaten Sektor vorstellbar ist (17). Zur Beurteilung der Behauptung des Vereinigten Königreichs, die Maßnahme sei zu marktüblichen Bedingungen erfolgt, musste die Kommission daher einen geeigneten Vergleichswert ermitteln.

    (74)

    Durch die Maßnahme werden vom Anteilseigner vollständig kontrollierte Mittel freigegeben, damit RM mit den Geldern ein Treuhandkonto einrichten konnte, um die Zahlungen an seinen Rentenfonds zur Abdeckung des Defizits zu senken (obwohl die Postrücklage formell in seiner Bilanz aufscheint, konnte RM diese Rückstellung und das entsprechende Vermögen nicht ohne staatliche Genehmigung nutzen). Obwohl diese Mittelfreigabe keine reine Kapitalspritze darstellt, lässt sie sich im Hinblick auf ihre Auswirkungen am besten in einen solchen Vorgang integrieren. Wären die Mittel nicht freigegeben worden, hätte Royal Mail das Treuhandkonto nicht ohne Kapital aus anderen Quellen oder den Einsatz anderer Rücklagen einrichten können. Es trifft zu, dass eine Rückkehr der Gelder unter staatliche Kontrolle nach der Freigabe des Treuhandkontos vorgesehen war. Infolge der dafür vorgesehenen langen Frist (17 Jahre), der damit zusammenhängenden Unsicherheit, ob die Mittel in der Praxis an den Anteilseigner retourniert werden können, sollte sich die Finanz- und Ertragslage von RM innerhalb dieses Zeitraums verschlechtern, und des Fehlens eines garantierten Zinsertrags verwarf die Kommission die Möglichkeit einer Integration des Vorgangs in die Gewährung eines Darlehens jedoch. Die Kommission war der Auffassung, dass diese Schlussfolgerung umso naheliegender war, als die Behörden des Vereinigten Königreichs am 31. März 2007, als die Postrückstellung nur 796 Mio. GBP betrug, neues Kapital in Höhe von 54 Mio. GBP zuschossen, um die Postrückstellung vor der Einrichtung des Treuhandkontos auf den vereinbarten Stand von 850 Mio. GBP zu bringen. Angesichts dieser Ausführungen und zur Analyse der Vereinbarkeit dieses Vorgehens mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers hat die Kommission die Freigabe von vom Anteilseigner vollständig kontrollierten Mitteln zur Verwendung als Kapitalspritze durch RM untersucht.

    (75)

    Zur Ermittlung der Vereinbarkeit von Kapitalspritzen mit dem Markt vergleicht die Kommission den Nettogegenwartswert der Beteiligung der Behörden mit der bzw. ohne die Investition, d. h. danach und davor (18). Ist die Differenz größer als die Kapitalspritze, so gilt diese als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar. Dieser „inkrementelle“ Ansatz ist erforderlich, da andernfalls nicht klar wäre, welcher Teil des Ertrags des Anteilseigners (Dividenden oder beim Verkauf der Beteiligung der Verkaufspreis) aus der Investition herrührt bzw. welcher davon unabhängig ist. Zur Berechnung des Werts einer Beteiligung vor bzw. nach einer Investition innerhalb eines bestimmten Zeitraums wird der Diskontwert künftiger Cashflows aus dieser Beteiligung innerhalb dieses Zeitraums (üblicherweise Dividenden, aber eine andere Möglichkeit wäre eine Kapitalherabsetzung) zu jeder Wertsteigerung innerhalb dieses Zeitraums addiert.

    (76)

    Die erste Antwort des Vereinigten Königreichs enthielt einen Bericht des Beraters Deloitte, aus dem ein interner Zinsfuß für die geplante Investition von […] hervorgehen sollte. Bei näherer Untersuchung zeigten sich jedoch mehrere Probleme im Zusammenhang mit der zu dessen Ermittlung angewendeten Methode.

    (77)

    Erstens betraf die Berechnung nur den Investitionsfall, statt einen Vergleich zwischen einem Szenario mit und ohne Investition vorzunehmen. In Reaktion auf diese Kritik teilte das Vereinigte Königreich mit, dass für ein Szenario ohne Investition von einem Kapitalwert in Höhe von […] ausgegangen wurde. Das Argument, dass sich aus dem Szenario ohne Investition ein Kapitalwert von […] ergab, wurde in dem Bericht von Deloitte jedoch weder angeführt noch bestätigt. Die Kommission war nicht der Auffassung, dass der ursprüngliche Bericht von Deloitte auf einer angemessenen Methodik basierte, nämlich auf einem Vergleich von Vorausberechnungen mit und ohne die Investition.

    (78)

    Zweitens wurde zur Bewertung der Beteiligung ein Unternehmenswert (d. h. die Summe der Forderungen der Darlehensgeber sowie der Anteilseigner) berechnet. Dabei wurden Cashflows auf Unternehmensebene sowie Endwert zugrunde gelegt und anschließend die Verpflichtungen abgezogen. Diese Vorgehensweise ist zwar nicht falsch, sie weist jedoch die freien Cashflows, die nur den Anteilseignern zur Verfügung stehen, nicht eindeutig aus. Diese bilden jedoch einen Indikator (wenngleich nicht den einzigen bestimmenden Faktor) dafür, ob eine Kapitalspritze mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar ist. Deshalb zieht die Kommission die Methode vor, bei der Cashflows, die direkt an den Anteilseigner ausgezahlt werden (Dividenden), abgezogen werden und ein Endwert angesetzt wird, der nicht dem Unternehmens- sondern dem Kapitalwert entspricht. Zu diesem Zweck müssen anstelle der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten die Eigenkapitalkosten als Diskontsatz verwendet werden. Diese Methode wurde auch in den oben zitierten Beihilfesachen der Landesbanken (vgl. Fußnote 17) angewendet.

    (79)

    Drittens wurden die in Erwägungsgrund 71 erörterte vorrangige Darlehensfazilität und die Freigabe der Postrückstellung in dieser Berechnung gemeinsam behandelt, obwohl die Überprüfung auf Darlehens- und Kapitalspritzen üblicherweise anders erfolgt (Überprüfung auf private Investoren vs. Überprüfung auf private Kreditgeber) und daher getrennt durchzuführen ist (19). Zwar ist es in großen Konzernen nicht ungewöhnlich, dass ein Anteilseigner gleichzeitig als Darlehensgeber agiert, die Kommission hält es angesichts des unterschiedlichen Charakters jedoch für schwierig, die beiden Maßnahmen innerhalb desselben Rahmens zu beurteilen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Auswirkungen der beiden Maßnahmen aufeinander unberücksichtigt bleiben sollen. Vielmehr basiert die Analyse der Freigabe der vom Anteilseigner vollständig kontrollierten Mittel zur Nutzung durch RM auf Cashflows, die die Annahme reflektieren, dass die in der vorliegenden Entscheidung behandelten Darlehen RM gewährt werden.

    (80)

    Deshalb forderte die Kommission das Vereinigte Königreich zur Vorlage einer inkrementellen Kapitalbewertung für den bestmöglichen, jedoch trotzdem realistischen Fall ohne Investition auf. Hinsichtlich der Angabe des alternativen Szenarios ergab die von RM durchgeführte Prognose ohne Investition (der „Manage for Cash Case“) […]. Deshalb entwarf Deloitte ein weiteres alternatives Szenario, das zu […] führte und in dem das Rentendefizit innerhalb von 12 statt 17 Jahren bewältigt wurde. Deloitte gelangte in diesem Fall jedoch zu der Schlussfolgerung, dass das Rentenproblem zwar kurzfristig wirksam angegangen werden konnte […]. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht sicher sein kann, dass diese Alternative das bestmögliche Szenario ohne Investition ist, das selbstverständlich die Grundlage für die Beurteilung durch einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber bilden würde. Allerdings könnten Zweifel hinsichtlich des Investitionsfalls durch jede vorstellbare „bessere Alternative“ verschärft werden.

    (81)

    Auf Ersuchen der Kommission legte das Vereinigte Königreich Zahlen vor, anhand welcher sich der Investitionsfall mit beiden Alternativen vergleichen ließ. Aus den in Erwägungsgrund 78 genannten Gründen verlangte die Kommission in den Prognosen die Berücksichtigung der freien Cashflows, die nur den Kapitaleignern zur Verfügung stehen, eines Kapitalwerts als Endwert und der Kapitalkosten als Diskontsatz.

    (82)

    Das Vereinigte Königreich legte die nachstehenden Vorausberechnungen vor (20). Die Tabelle enthält eine Berechnung der staatlichen Beteiligung im Investitionsfall sowie die Ergebnisse derselben Berechnung im alternativen Fall. Aufgrund dieser Zahlen beträgt der Wert der staatlichen Beteiligung im Investitionsfall […] GBP bzw. im alternativen Fall ohne Investition […] GBP.

    INVESTITIONSFALL — 1,15 Mrd. GBP

    Gegenwartswert

    Anfängliche Cashflows

    07/08

    08/09

    09/10

    10/11

    11/12

    12/13

    13/14

    14/15

    15/16

    16/17

    17/18

    18/19

    19/20

    20/21

    21/22

    22/23

    NPV Jahr 1-10 (diskontierter freier Cashflow ohne Forderungen)

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

     

     

     

     

     

     

     

    Endwert

    […]

    […]

     

    NPV der Postcomm-Vergütung

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Unternehmenswert

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Zins-Cashflows

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Ausnutzung und Rückzahlung von Darlehen/Investition von Mitteln

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Ausstehende Verbindlichkeiten zum Ende des Prognosezeitraums

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    […]

    Bewertung des Rentendefizits

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Treuhandguthaben inkl. Zinsen

    […]

    […]

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Treuhandrückzahlung (nicht zum Halbjahr)

    […]

    […]

     

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Treuhandbedarf

    […]

    […]

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Gesellschafterdarlehen

    […]

    […]

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Kapitalwert

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    ALTERNATIVER FALL

    Kapitalwert

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    Inkrementeller Kapitalwert

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    […]

    (83)

    Da die Differenz von […] GBP größer ist als die investierte Summe, bringt das Vereinigte Königreich vor, es habe gezeigt, dass die Investition vor einem kommerziellen Hintergrund erfolgte. Die Kommission hat jedoch festgestellt, dass diese Behauptung weiterer Untersuchung bedarf.

    (84)

    Aus der Tabelle geht Folgendes hervor:

    a)

    Die im Investitionsfall generierten Barmittel bringen den Kapitaleignern in den ersten […] Jahren des Plans keinen Ertrag.

    b)

    Der Investitionsfall zielt daher vor allem auf den für 2016/2017 prognostizierten Endwert ab.

    c)

    Im Investitionsfall werden in den ersten […] Jahren keine Barmittel erwirtschaftet. Die danach generierten Barmittel dienen bis 2013/2014 ausschließlich zur Abdeckung der Forderungen und des Rentendefizits.

    d)

    Für die Jahre 2016/2017 (und unter Berücksichtigung des Umstands, dass derart langfristige Prognosen nur begrenzt zuverlässig sind) generiert das alternative Szenario höhere Erträge, da das Rentendefizit, das die Gewinne in den Jahren 2013-2016 aufhebt, abgedeckt ist. Dieser Umstand erhöht die Bedeutung des Endwerts im Investitionsfall noch weiter.

    (85)

    Darüber hinaus hat die Kommission festgestellt, dass es schon über die ersten […] Jahre hinaus unsicher ist, ob die Zahlen in den Jahren […] tatsächlich Dividenden darstellen, die an den Anteilseigner ausgezahlt werden können. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich aus der Integration des Rentendefizits von RM in seine Bilanz (aufgrund neuer Rechnungslegungsgrundsätze) buchhalterisch ein negativer Unternehmenswert ergibt. Dadurch wird die Verteilung von Barmitteln in Form von Dividenden selbst ab […] erheblich eingeschränkt. Im vom Vereinigten Königreich vorgelegten Original-Bericht von Deloitte, […].

    (86)

    Infolge des Ertragsmusters für den Anteilseigner (praktisch der gesamte Ertrag resultiert aus dem Endwert und fast gar keiner aus Dividenden) vertritt die Kommission die Auffassung, dass ein privater Investor innerhalb der […] Jahre nach der Investition einige Barerträge erwarten würde und er nicht damit zufrieden wäre, dass der gesamte oder überwiegende Teil der Rendite aus dem Endwert im […] Jahr stammt. Da es sich beim Endwert im Wesentlichen um den Wert der Cashflows ab dem […] Jahr diskontiert auf das […] Jahr handelt, müsste der private Investor davon überzeugt werden, dass seine Investition, obwohl sie […] Jahre lang keinen Ertrag generiert, aufgrund der Aussichten nach dem […] Jahr trotzdem eine gute Investition darstellt. Weil für derartig langfristige Prognosen zahlreiche unvorhersehbare Variablen gelten und sie infolgedessen an sich nur begrenzt zuverlässig sind, glaubt die Kommission, dass ein privater Kreditgeber unter solchen Bedingungen nicht zur Investition bereit wäre. Dies gilt insbesondere für den Postsektor, dessen langfristige Zukunftsaussichten unsicher sind. Die Kommission hält auch für fraglich, ob ein solcher Investor bereit gewesen wäre, seine eigenen Interessen als Anteilseigner jenen der Arbeitnehmer/Rentner und der Schuldenabdeckung so weitgehend unterzuordnen.

    (87)

    Nicht nur, dass der Investitionsfall vor allem auf den für 2016/2017 prognostizierten Endwert abzielt; dieser Endwert kann zudem sowohl im Hinblick auf die Berechnungsmethode als auch auf die zugrunde liegenden Zahlen in Frage gestellt werden. Was die Methode anbelangt, so wurde der Endwert ermittelt, in dem der EBITDA im letzten Jahr mit einem Faktor multipliziert wurde, bei dem es sich um das Verhältnis zwischen Unternehmenswert und EBIDTA vergleichbarer Unternehmen aus dem Sektor handelt. Zu diesem Zweck wurden TNT und Deutsche Post/DHL ausgewählt, da RM, auch wenn es derzeit nicht mit diesen Unternehmen auf einer Stufe steht, dies nach […] Jahren des Investitionsplans jedoch erreichen soll. Das Ergebnis dieser Methode ist ein Unternehmenswert (in etwa Verpflichtungen plus Kapital), der nicht dem Ansatz in Erwägungsgrund 81 entspricht, der die Verwendung eines Kapitalwerts als Endwert erfordert. Wird ein angemessener Kapitalwert eingesetzt, verändert sich der Endwert erheblich — er sinkt. In Bezug auf die dem Endwert zugrunde liegenden Zahlen weist die Kommission insbesondere darauf hin, dass für den Ertrag von RM vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ein Wachstum von über […] pro Jahr im entsprechenden Zeitraum angenommen wurde. In einem gerade liberalisierten, regulierten und reifen Sektor hält die Kommission diese Prognose für äußerst optimistisch.

    (88)

    Die Kommission unterzog die vom Vereinigten Königreich vorgelegte Vorausberechnung durch Änderung der verwendeten Annahmen und Berechnungsmethoden verschiedenen Prüfungen, insbesondere hinsichtlich des Endwerts. Dabei wurde festgestellt, dass aufgrund der großen Bedeutung des Endwerts in den vorgelegten Zahlen schon kleine methodische Abweichungen, wie eine unterschiedliche Berechnung des Endwerts oder die Annahme eines weniger optimistischen Ertragswachstums, zu einer erheblich veränderten Bewertung der Investition führen würden.

    (89)

    Infolgedessen gelangte die Kommission nicht zu der Schlussfolgerung, dass die Freigabe von vom Anteilseigner vollständig kontrollierten Mitteln zur Einrichtung eines Treuhandkontos durch RM zur Senkung der Zahlungen, die das Unternehmen an seinen Rentenplan leisten muss, mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar ist.

    (90)

    Die Kommission hat daher eine Untersuchung der Vereinbarkeit eines möglichen Beihilfeelements der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vorgenommen (vgl. Abschnitt 6).

    5.3.2.   Quantifizierung der Beihilfe

    (91)

    Die Maßnahme zugunsten von Royal Mail wirkt sich auf dessen Zahlungen in sein Altersvorsorgesystem zur Bewältigung des Rentendefizits aus. Diese Zahlungen können infolge der Maßnahme über einen längeren Zeitraum geleistet werden, als es sonst der Fall gewesen wäre. In den ersten Jahren sind diese Zahlungen daher niedriger (da RM das Defizit ohne die Maßnahme rascher abdecken und daher höhere Beiträge hätte leisten müssen), sie steigen jedoch in den späteren Jahren, wenn das Defizit andernfalls bereits abgedeckt gewesen wäre.

    (92)

    Die Würdigung dieses Vorteils durch die Berechnung des Nettogegenwartswerts der geänderten Cashflow-Zahlungen erfordert bestimmte Annahmen, vor allem hinsichtlich des ohne die Maßnahme zur Abdeckung des Defizits erforderlichen Zeitraums und der Auswahl eines Diskontsatzes. Die Kommission akzeptierte einen Zeitraum von 12 Jahren zur Abdeckung des Defizits, der die Grundlage des in Erwägungsgrund 80 analysierten alternativen Szenarios bot und der Postregulierungsbehörde des Vereinigten Königreichs von Royal Mail im Zusammenhang mit der Preisüberprüfung vorgelegt wurde. Diese Zahl übersteigt den Zeitraum von zehn Jahren, der von der Postregulierungsbehörde des Vereinigten Königreichs als Richtwert verwendet wird, geringfügig (21). In Anbetracht der Verwendung des Zeitraums von 12 Jahren für andere Zwecke und des hohen Defizits im Vergleich zur Unternehmensgröße, dessen Ausgleich daher generell längere Zeit erfordern wird, hält die Kommission dies für eine zulässige Annahme. Die Kommission hat einen Diskontsatz in Höhe von 12 % für die Kapitalkosten angesetzt. Auf dieser Grundlage beträgt der Wert der infolge der Maßnahme geänderten Rentenbeiträge für RM […] GBP.

    5.4.   Das Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP

    (93)

    Wie bereits bemerkt, ist das Gesellschafterdarlehen gegenüber den anderweitigen Verpflichtungen und den Interessen der Rentner nachrangig (es kann nicht vor der Freigabe des Treuhandkontos zurückgezahlt werden). Deshalb erwog die Kommission, ob die Maßnahme nicht in eine Kapitalspritze integriert werden sollte (vgl. auch Fußnote 19).

    (94)

    Die Kommission hat jedoch festgestellt (22), dass nachrangige Darlehen genauso wie vorrangige auf das Vorliegen einer Beihilfe hin untersucht werden können. Derartige Darlehen können demnach anhand der Vorgaben der Mitteilung über Referenzsätze (23) gewürdigt werden, wenngleich zu einem niedrigeren Rating als ihre vorrangigen Entsprechungen.

    (95)

    Die Mitteilung über Referenzsätze 1997, die 2007 anwendbar war, diente zur Festlegung von Sätzen unter Bezugnahme auf beobachtete Sätze mit einer spezifischen Laufzeit, nämlich fünf Jahren. Die Laufzeit der fraglichen Maßnahme sollte jedoch jener des Treuhandkontos entsprechen, das auf 17 Jahre angelegt war. Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens entwickelte sich die Zinsstrukturkurve im Vereinigten Königreich abwärts wie im Jahr 1999. Obwohl der Referenzsatz 5,9 % betrug, lag der Sterling-Zinsswap-Satz für 15 Jahre Ende März 2007 bei 5,2 %. Die in der Mitteilung über Referenzsätze 1997 verwendeten Richtwerte waren Inter-Bank-Swap-Sätze über fünf Jahre. Die Kommission erachtet die entsprechenden 15-Jahres-Sätze daher als angemessene Richtwerte für die zu untersuchende Maßnahme. Der Satz sollte um den Standardzuschlag von 75 Basispunkten laut Mitteilung auf 5,95 % erhöht werden.

    (96)

    Der so ermittelte Satz müsste weiter angepasst werden, um den Grad der Sicherheit und die Nachrangigkeit des Darlehens widerzuspiegeln.

    (97)

    Für das Gesellschafterdarlehen existieren keine Sicherstellungen. Seine Besicherung ist daher geringer als von Banken üblicherweise verlangt. Für solche Fälle sieht die Mitteilung über Referenzsätze 1997 eine Marge von 400 Basispunkten oder mehr über dem jeweiligen Richtwert vor, wenn keine private Bank das entsprechende Darlehen gewährt hätte. Wie schon bei früheren Entscheidungen der Kommission (24) auf der Grundlage der Mitteilung über Referenzsätze 1997 vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Satz um einen Aufschlag von 400 Basispunkten erhöht werden sollte, um die fehlende Besicherung zu reflektieren, sowie um 200 Basispunkte infolge der Nachrangigkeit des Instruments.

    (98)

    Aufgrund dessen, dass der Darlehenssatz von […] % die Summe von 5,95 % plus 600 Basispunkten übersteigt, kann die Kommission anerkennen, dass die Maßnahme — unabhängig bewertet — keine staatliche Beihilfe darstellt.

    (99)

    Da die Fazilitäten von 2007 zusammen mit anderen Maßnahmen in einem Bündel gewährt wurden, müsste die Kommission feststellen, ob eine solche unabhängige Beurteilung beweiskräftig sein kann. Dieser Frage wird in Abschnitt 5.5 weiter nachgegangen.

    5.5.   Separate Beurteilung der Maßnahmen von 2007

    (100)

    Die Kommission hat festgestellt, dass zwei der beiden Maßnahmen von 2007 unabhängig voneinander gesehen (Darlehensfazilitäten von 2007 und Gesellschafterdarlehen in Höhe von 300 Mio. GBP) keine staatlichen Beihilfen darstellen, war jedoch nicht in der Lage, dies auch für die Rentenmaßnahme zu gewährleisten. Da die Maßnahmen gemeinsam angekündigt wurden, muss die Kommission beurteilen, ob sich die Feststellung, dass keine Beihilfe vorliegt, angesichts der Rechtsprechung des Gerichts bestätigt (25).

    (101)

    Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass es sich bei den im Jahr 2007 erweiterten Darlehensfazilitäten tatsächlich um eine Fortsetzung der 2003 gewährten Maßnahmen unter veränderten Bedingungen handelte. Daraus folgt, dass die Rentenmaßnahme bei der ursprünglichen Gewährung der Fazilitäten noch nicht existierte. Auch zwischen dem Zweck der Darlehensfazilitäten und der Rentenmaßnahme kann unterschieden werden: Die Darlehensfazilitäten bilden eine externe Finanzierungsquelle für den Restrukturierungsplan von Royal Mail, während die Rentenmaßnahme eine Sicherheit für die Abdeckung des Defizits binnen 17 Jahren bietet. Wie oben ausgeführt, handelte es sich bei der Besicherung der Darlehensfazilitäten durch das Vermögen von RM um eine marktübliche Vorgehensweise. Die drei vom Gericht festgelegten maßgeblichen Gesichtspunkte (die zeitliche Abfolge, der Zweck und die Lage zu dem Zeitpunkt, zu dem die Maßnahme getroffen wurde) sprechen durchwegs für eine separate Würdigung des Beihilfecharakters der Darlehensfazilitäten.

    (102)

    Über das Gesellschafterdarlehen wurde erst nach den anderen 2007 gewährten Maßnahmen entschieden. Der ursprünglich angekündigte Finanzrahmen wurde um das Darlehen erweitert, um für Royal Mail infolge eines Rückgangs der voraussichtlichen Einnahmen innerhalb des Planzeitraums ausreichenden finanziellen Spielraum zur Umsetzung seines Restrukturierungsplans zu schaffen. Der Zweck des Gesellschafterdarlehens kann, ebenso wie bei den Darlehensfazilitäten, von jenem der Rentenmaßnahme unterschieden werden. Auch die Lage von RM zu dem Zeitpunkt, zu dem das Darlehen gewährt wurde, spricht nicht gegen die Feststellung, dass es sich nicht um eine Beihilfe handelt, da die Situation bereits in der Beurteilung der Angemessenheit des Zinssatzes berücksichtigt wurde.

    (103)

    Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die einzige Maßnahme, hinsichtlich welcher ein Beihilfeelement nicht ausgeschlossen werden kann und deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt infolgedessen gewürdigt werden muss, die Rentenmaßnahme ist. Diese Würdigung erfolgt im nachstehenden Abschnitt.

    6.   VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT

    6.1.   Grundlage für die Würdigung

    (104)

    Die Rentenmaßnahme könnte nur gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden. Dort heißt es, dass Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können (26). Die nachstehende Analyse untersucht die Maßnahme außerdem unter Berücksichtigung der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag auf die spezifische Situation bei Rentenmaßnahmen. Dementsprechend handelt es sich bei der vorliegenden Entscheidung nicht um eine Anwendung der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Abschnitt 3.3 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (27).

    6.2.   Die Vorgeschichte der Rentenvorkehrungen von Royal Mail

    (105)

    Zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Rentenmaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt ist zuerst die Vorgeschichte von Royal Mail und seinen Rentenvorkehrungen zu betrachten.

    (106)

    Im Jahr 1969 endete das Dasein von Royal Mail (damals unter dem Namen „Post Office“) als Regierungsabteilung. Das Unternehmen wurde im Rahmen des Postgesetzes 1969 in eine „Körperschaft öffentlichen Rechts“ überführt. Gemäß Abschnitt 43 Absatz 1 des Postgesetzes unterlagen die Rentenvorkehrungen für die Arbeitnehmer von Post Office der Genehmigung des Ministers für Post und Telekommunikation. Die Arbeitnehmer waren zwar offiziell keine Beamten mehr, behielten jedoch ihre erworbenen Rentenansprüche und erwarben weitere Rechte zu Bedingungen, die im Wesentlichen jenen des öffentlichen Dienstes entsprachen. Dabei wurde die Dauerrente als eine Funktion aus Dienstjahren und letztem Gehalt ermittelt. Dementsprechend handelte es sich insofern um ein System mit im Voraus festgelegten Leistungen, als die Rentenhöhe durch die Regeln des Programms bestimmt wurde. Das Rentensystem wurde von jenem des öffentlichen Diensts getrennt und in ein gefördertes Programm umgewandelt, in dem Anlagevermögen künftigen Verbindlichkeiten gegenüberstand (wie bei den anderen betrieblichen Altersvorsorgesystemen im Vereinigten Königreich).

    (107)

    In den Jahren 1987 und 2008 wurden erhebliche Änderungen an den Rentenvorkehrungen vorgenommen (wobei sich jene von 2008 bereits in Vorbereitung befanden, als die Rentenmaßnahme angenommen wurde). Nach der Überarbeitung der Bedingungen 1987 handelte es sich noch immer um ein System mit im Voraus festgelegten Leistungen, d. h., die Rente basierte auf dem letzten Gehalt, und ihre Höhe war proportional zur Anzahl der Dienstjahre. Seit der Änderung von 2008 ist der Rentenplan nun ein System mit festgelegten Beiträgen, d. h., die Höhe der Dauerrente der neuen Mitglieder ist abhängig vom Ertrag des Anlagevermögens des Rentenfonds. In beiden Fällen mussten neue Arbeitnehmer dem System unter den angepassten Bedingungen beitreten, während Mitarbeiter in bestehenden Arbeitsverhältnissen weiter Ansprüche unter den früheren oder vergleichbaren Bedingungen erwarben.

    6.3.   Frühere Entscheidungen der Kommission im Zusammenhang mit Rentenverpflichtungen und deren Anwendbarkeit auf die Lage von Royal Mail

    (108)

    In ihrer Entscheidung vom 16. Dezember 2003 über staatliche Beihilfen, die Frankreich EDF und der Strom- und Gaswirtschaft gewährt hat (28), erklärte die Kommission staatliche Beihilfen, mit denen die Unternehmen eines Sektors von spezifischen Pensionsverpflichtungen entlastet wurden, die über die allgemeinen Rentenverpflichtungen hinausgingen und aus der Zeit stammten, in der diese Unternehmen ein Monopol innehatten, für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt. Sie vertrat zudem die Auffassung, dass die teilweise Verringerung der Kosten, die aus dem Mechanismus zur Finanzierung spezieller Rentenrechte herrühren, die vor dem Zeitpunkt der Reform erworben wurden, eine staatliche Beihilfe darstellte, die im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden konnte. In ihrer Kontenanalyse gelangte die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass sich die Lage von EDF nicht wesentlich von der Situation der „gestrandeten Kosten“ im Energiebereich unterscheidet.

    (109)

    In ihrer Entscheidung vom 10. Oktober 2007 über staatliche Beihilfen, die Frankreich im Zusammenhang mit der Finanzierungsreform für die Ruhegehälter der bei La Poste beschäftigten Beamten gewährt hat (29), vertrat die Kommission den Standpunkt, dass die betreffenden Beihilfen La Poste von spezifischen Pensionsverpflichtungen entlasteten, die über die allgemeinen Rentenverpflichtungen hinausgingen und zu einer Zeit festgelegt wurden, als das Unternehmen ein Monopol innehatte. Diese Verpflichtungen rührten erstens aus den für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst zu entrichtenden höheren Rentenbeiträgen und zweitens aus der Notwendigkeit zur Gewährleistung eines Gleichgewichts der Altersvorsorge für diese Arbeitnehmer her.

    (110)

    Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelte, die jedoch im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar war. In diesem Zusammenhang hielt die Kommission fest, dass sich die Maßnahmen streng darauf beschränkten, gleiche Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern zu schaffen, und damit schließlich die Entwicklung des Wettbewerbs und die weitere Liberalisierung des Postsektors fördern würden. Die Kommission zog darüber hinaus eine Parallele zur EDF-Entscheidung, indem sie bemerkte, dass La Poste keine Beamten mehr einstellte, künftige Rentenzahlungen La Poste hinsichtlich Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern in eine vergleichbare Lage gegenüber seinen Wettbewerbern versetzten und die gesetzlichen Verpflichtungen von 1990, aus einer Zeit vor der Liberalisierung des Postsektors, die Wettbewerbsfähigkeit von La Poste in einem der Liberalisierung unterliegenden Umfeld beeinträchtigt hätten.

    (111)

    In Frankreich sind betriebliche Altersvorsorgemaßnahmen („Zweite Säule“) obligatorisch. Ihre Finanzierung erfolgt auf der Grundlage eines Umlageverfahrens. Generell befreit die Bezahlung der Beiträge den Arbeitgeber von der weiteren Verantwortung für die Finanzierung der resultierenden Rentenansprüche. Indem ein Gesetz aus dem Jahr 1990 La Poste zum Ausgleich seines Beamtenpensionssystems verpflichtete, wurde dem Unternehmen eine Bürde auferlegt, die andere Firmen nicht zu tragen hatten.

    (112)

    Die Rentenvorkehrungen im Vereinigten Königreich unterscheiden sich von jenen in Frankreich. Der Großteil der betrieblichen Altersvorsorgemaßnahmen wird aus der staatlichen Pensionsversicherung (dem „State Earnings Related Pension Scheme“) ausgegliedert. Die meisten großen Arbeitgeber verfügen über eigene Vorsorgesysteme. Dem Pensionsrecht des Vereinigten Königreichs zufolge müssen diese Programme einen Rentenanspruch bieten, der bestimmte Standards erfüllt. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, eine angemessene Finanzierung dieser Maßnahmen zu gewährleisten. Laut den gegenwärtig gültigen internationalen Finanzberichterstattungsnormen (IFRS) müssen Arbeitgeber Defizite im Zusammenhang mit derartigen Altersvorsorgesystemen in der Bilanz ausweisen. Aus diesem Grund unterscheiden sich die für Royal Mail geltenden Vorschriften, sein Defizit in die Bilanz aufzunehmen, nicht von jenen für andere Unternehmen. Allerdings ist die Höhe des Defizits auf Bedingungen zurückzuführen, die im Zusammenhang damit stehen, dass es sich bei Royal Mail früher um ein staatliches Unternehmen handelte.

    (113)

    Der sachliche und gesetzliche Hintergrund Royal Mails unterscheidet sich daher vom Kontext der EDF- und La-Poste-Entscheidungen. Trotzdem sind bestimmte Aspekte dieser Fälle nach Ansicht der Kommission auf Royal Mail anwendbar. Insbesondere legen die beiden Entscheidungen nahe, dass höhere Rentenbeiträge, die auf einen speziellen (und insbesondere Beamten-) Status zurückzuführen sind und aus einer Zeit stammen, in der das betreffende Unternehmen ein Monopol innehatte, als außergewöhnliche Kosten betrachtet werden können, deren Begleichung durch den Staat im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein kann.

    6.4.   Würdigung der Rentenmaßnahme

    (114)

    Im Falle von Royal Mail waren Rentenansprüche von Arbeitnehmern, die dem Altersvorsorgesystem vor 1987 beitraten, klar an jenen des öffentlichen Diensts ausgerichtet. Per 31. März 2007 gab es innerhalb des Rentensystems 153 125 pensionierte Mitglieder, die eine Rente bezogen und dem Vorsorgesystem unter den genannten Bedingungen beigetreten waren. Bei ihnen handelt es sich um ehemalige Mitarbeiter im Ruhestand, deren Dienste dem Unternehmen nicht mehr zugute kommen. Den Informationen der Behörden des Vereinigten Königreichs zufolge entsprechen die Bedingungen für nach 1987 neu beigetretene Mitglieder weder eindeutig dem staatlichen noch dem privaten Sektor, dem wahrscheinlich die Mitbewerber von RM auf dem gerade liberalisierten Postmarkt angehören. Wie bereits bemerkt, stehen diese Bedingungen neuen Arbeitnehmern seit 2008 nicht mehr zur Verfügung. Im Schnitt überstiegen die Verbindlichkeiten für Mitglieder, die dem Vorsorgesystem vor 1987 beitraten, jene von Mitgliedern, die zu den Bedingungen zwischen der Reform 1987 und der nächsten Reform 2008 beitraten, erheblich. Die Höhe dieser zusätzlichen Verbindlichkeiten wurde mit […] GBP pro Arbeitnehmer beziffert.

    (115)

    Infolgedessen weist das Vorsorgesystem von Royal Mail nach wie vor ein erhebliches Defizit aus, welches einzig darauf zurückzuführen ist, dass Arbeitnehmer zu den Bedingungen des öffentlichen Diensts eingestellt wurden, und zwar in einem Zeitraum, in dem Royal Mail ein Monopol in Bezug auf gewöhnliche Briefpost innehatte. Diese Voraussetzungen entsprechen jenen im La-Poste-Fall. Auf der Grundlage von vom Vereinigten Königreich vorgelegten Informationen hat die Kommission festgestellt, dass zusätzlich derartige Verpflichtungen in einer Höhe von […] GBP (das Produkt aus 153 125 mal […] GBP) existieren, wobei dieser Betrag wesentlich höher ist als der quantifizierte potenzielle Beihilfegehalt der Maßnahme in Höhe von […] GBP. Die Kommission hat es bei der Durchführung ihrer Analyse nicht für notwendig befunden, festzustellen, ob diese Verpflichtungen des Rentensystems den vollen Betrag der außergewöhnlichen Kosten darstellen, da jedenfalls klar ist, dass die Verpflichtungen den möglichen Beihilfegehalt der Maßnahmen übersteigen.

    (116)

    Die Kommission hat zudem festgestellt, dass — ebenso wie im Falle der in Erwägungsgrund 107 beschriebenen La-Poste-Maßnahmen — die Bedingungen, welche die zusätzlichen Kosten verursachten, neuen Arbeitnehmern bereits seit 1987 nicht mehr gewährt werden. Darüber hinaus hätten die aus den Bedingungen vor der Liberalisierung des Postsektors stammenden Verpflichtungen die Entwicklung wirksamen Wettbewerbs in einem der Liberalisierung unterworfenen Umfeld beeinträchtigt. Im Falle von Royal Mail wirkt sich die Maßnahme nicht auf Sozialversicherungsbeiträge und Steuern für gegenwärtige Arbeitnehmer aus und verschafft RM daher in dieser Hinsicht keine bessere Position gegenüber seinen Mitbewerbern.

    (117)

    Darüber hinaus hat die Kommission bemerkt, dass die Form der Maßnahme die Rentenverpflichtungen von Royal Mail intakt ließ und es dem Unternehmen nur erlaubte, das Defizit über einen längeren Zeitraum zu bewältigen, anstatt ihm die Verpflichtungen vollständig abzunehmen. Dies war der Fall bei der La-Poste-Maßnahme, in deren Rahmen dem Begünstigten seine Verpflichtungen dauerhaft erlassen wurden und er sie dementsprechend nicht in seiner Bilanz ausweisen musste. Bei Royal Mail ergibt sich durch die Maßnahme keine Änderung der Höhe des Rentendefizits, welches das Unternehmen gemäß internationaler Rechnungslegungsstandards in seiner Bilanz anführen muss. Das Unternehmen ist nach dem Rentenrecht des Vereinigten Königreichs nach wie vor verpflichtet, Schritte zur Abdeckung des Defizits zu unternehmen. Die Maßnahme sorgt nur für eine Verlängerung des dafür zur Verfügung stehenden Zeitraums. Während diesem Umstand bereits in der obigen Analyse, dass auf das Beihilfeelement […] GBP anstatt 850 Mio. GBP entfallen, Rechnung getragen wird, ist die Kommission der Auffassung, dass sich eine Maßnahme, die von einem Begünstigten verlangt, seine aufgelaufenen Verpflichtungen vollständig zu erfüllen, generell wahrscheinlich weniger wettbewerbsverzerrend auswirkt als eine Maßnahme, die eine Entlastung bewirkt.

    (118)

    Hinsichtlich der Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb ist festzustellen, dass die Zahlungen zur Abdeckung des Rentendefizits, die Royal Mail leisten muss und die infolge von Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und den Treuhändern des Rentenfonds festgelegt werden, keinen Schwankungen aufgrund der Einnahmen- und Ausgabenhöhe unterliegen. Die Verringerung der Zahlungen in den ersten Jahren infolge der Maßnahme wirkt sich daher nicht auf Grenzkosten und damit nicht auf kaufmännische Entscheidungen von Royal Mail, insbesondere über künftige Investitionen, aus (30). Die Kommission gelangt infolgedessen zu dem Schluss, dass die wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen der Maßnahme zu keiner Veränderung der Handelsbedingungen führen, die dem gemeinsamen Interesse im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag zuwiderläuft.

    (119)

    Auf dieser Grundlage hat die Kommission festgestellt, dass das Beihilfeelement der Rentenmaßnahme, soweit sie ein solches enthält, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

    7.   SCHLUSSFOLGERUNG

    (120)

    Die Kommission ist der Auffassung, dass das Beihilfeelement der Rentenmaßnahme, soweit sie ein solches enthält, einen Verstoß des Vereinigten Königreichs gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag darstellt. Die Kommission ist jedoch der Meinung, dass diese Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Ferner ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass es sich bei den anderen Maßnahmen nicht um staatliche Beihilfen handelt —

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Das Darlehen von 2001, die Darlehensfazilitäten und das Gesellschafterdarlehen von 2007 stellen keine staatlichen Beihilfen zugunsten von Royal Mail dar.

    Artikel 2

    Die Rentenmaßnahme ist, soweit sie eine staatliche Beihilfe darstellt, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

    Artikel 3

    Diese Entscheidung ist an das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gerichtet.

    Brüssel, den 8. April 2009

    Für die Kommission

    Neelie KROES

    Mitglied der Kommission


    (1)  ABl. C 91 vom 26.4.2007, S. 34.

    (2)  ABl. C 269 vom 8.11.2003, S. 23.

    (3)  ABl. C 141 vom 16.6.2006, S. 2.

    (4)  ABl. C 80 vom 13.4.2007, S. 5.

    (5)  Vgl. Fußnote 1.

    (6)  Schreiben der Behörden des Vereinigten Königreichs vom 31. Oktober 2006.

    (7)  ABl. L 247 vom 14.9.2002, S. 27.

    (8)  Royal Mail Holdings plc: nicht geprüfter Zwischenbericht für das am 24. September 2006 abgeschlossene Halbjahr.

    (9)  Tatsächlich bestand das „Darlehen von 2001“ aus 20 Darlehen zu je 25 Mio. GBP, deren Zinssätze davon abhängig sind, zu welchem Datum in den Jahren 1999 bis 2000 die entsprechende Inanspruchnahme der Barreserven erfolgte. Diese einzelnen Darlehen werden in der vorliegenden Entscheidung als „Tranchen“ des Darlehens von 2001 bezeichnet.

    (10)  Geschäftsgeheimnis.

    (11)  […]

    (12)  Die Laufzeit der Referenzzinssätze der Kommission betrug laut der bis 31. Dezember 2007 geltenden Methode 5 Jahre, also ein Jahr weniger als gemäß der Anfang 2008 angenommenen Mitteilung.

    (13)  ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3.

    (14)  Da das Darlehen aus mehreren Tranchen besteht, deren Zinssätze von der Laufzeit und dem Datum abhängen, zu dem die Mittel aus den Rücklagen von Royal Mail in Anspruch genommen wurden (vgl. Fußnote 6 oben), gilt für jede Tranche ein anderer Zinssatz. Dies erklärt den Durchschnittssatz in Höhe von 5,8 %. Der angewendete Zinssatz für Staatsanleihen entsprach jenem der Anleihe, die zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Tranche deren Laufzeit am ehesten entsprach.

    (15)  Ein Teil der Darlehensfazilitäten war zu diesem Zeitpunkt ausgelaufen, so dass der ausstehende Betrag auf 844 Mio. GBP lautete.

    (16)  Eine Floating Charge ist eine Form der Besicherung, die sich nicht auf einen bestimmten Vermögensgegenstand, sondern auf eine Vermögensklasse bezieht.

    (17)  Diese Möglichkeit wird im Regulierungsleitfaden 03, herausgegeben von der Rentenregulierungsbehörde des Vereinigten Königreichs im Februar 2006, in Absatz 104 unter „Finanzierung im Voraus festgelegter Leistungen“ genannt. Das Vereinigte Königreich führte jedoch keine Beispiele für die Anwendung dieser Möglichkeit an.

    (18)  Vgl. z. B. die Beihilfesachen im Zusammenhang mit den Landesbanken, wie die HSH-Entscheidung NN 71/05 sowie NN 72/05, NN 19/06 und NN 34/07.

    (19)  Das Vereinigte Königreich verlangt, dass bei Unternehmen der öffentlichen Hand ausschließlich der Staat als Darlehensgeber fungiert. Die Kommission will diese Vorgehensweise in der vorliegenden Entscheidung nicht in Frage stellen, vertritt jedoch die Auffassung, dass es möglich sein sollte, die Maßnahmen separat zu analysieren. Jedenfalls wäre es für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber höchst unüblich, gleichzeitig der einzige Anteilseigner eines Unternehmens, das nicht Bestandteil einer größeren Gruppe ist, wie Royal Mail, und die einzige Bank des Unternehmens zu sein.

    (20)  Für die Zwecke dieser Prognosen enthielt die Investition die 300 Mio. GBP des Gesellschafterdarlehens, da die Kommission an einem bestimmten Punkt des Untersuchungsverfahrens die Möglichkeit in Betracht zog, dass auch diese Maßnahme in das Kapital integriert werden könnte. Die Kommission hat sich schließlich — wie unten ausgeführt — entschlossen, diese Maßnahme als Darlehen zu würdigen. Eine Änderung ihrer Behandlung in der Tabelle würde nichts an der Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit des Renten-Treuhandkontos mit dem Markt ändern.

    (21)  Rentenregulierungsbehörde: Erklärung der Regulierungsbehörde, Mai 2006, „Regulierung der Finanzierung im Voraus festgelegter Leistungen“, Absatz 3.16.

    (22)  N 55/08 — Deutschland — GA/EFRE-Nachrangdarlehen. Vgl. auch Sache C 38/05 — Deutschland — Biria, die eine „stille Einlage“ betraf, welche im Rahmen der Mitteilung über Referenzsätze 1997 beurteilt wurde.

    (23)  Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3).

    (24)  Sachen C 38/05, Biria (ABl. L 183 vom 13.7.2007, S. 27); C 38/07, Arbel Fauvet Rail SA (ABl. L 238 vom 5.9.2008, S. 27); C 95/01, Siderurgica Añon (ABl. L 311 vom 26.11.2005, S. 22); C 20/2000, Sniace (ABl. L 108 vom 30.4.2003, S. 35).

    (25)  Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 15. September 1998 in der Rs. T-11/95, BP Chemicals Limited/Kommission, Slg.1998, II-3235, Rdnrn. 170 ff.

    (26)  Das Vereinigte Königreich hat sich hinsichtlich der Vereinbarkeit einer Royal Mail durch die Rentenmaßnahme gewährten staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nicht auf Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag berufen.

    (27)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

    (28)  ABl. L 49 vom 22.2.2005, S. 9.

    (29)  ABl. L 63 vom 7.3.2008, S. 16.

    (30)  Vgl. Randnr. 170 der La-Poste-Entscheidung.


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