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Document 32007D0319

2007/319/EG: Entscheidung der Kommission vom 8. September 2006 über die staatliche Beihilfe C 45/04 (ex NN 62/04) zugunsten des tschechischen Stahlherstellers Třinecké železárny, a. s. (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 5245) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 119 vom 9.5.2007, p. 37–44 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2007/319/oj

9.5.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 119/37


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 8. September 2006

über die staatliche Beihilfe C 45/04 (ex NN 62/04) zugunsten des tschechischen Stahlherstellers Třinecké železárny, a. s.

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 5245)

(Nur die tschechische Fassung ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/319/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, und insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 dieses Vertrags,

gestützt auf das Protokoll Nr. 2 zum Beitrittsvertrag aus dem Jahre 2003 über die Umstrukturierung der tschechischen Stahlindustrie,

gestützt auf die Aufforderung an die beteiligten Länder, ihre Bemerkungen gemäß den oben aufgeführten Bestimmungen (1) vorzubringen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   DAS VERFAHREN

(1)

Am 12. November 2003 wurde die Kommission informiert, dass die tschechische Regierung eine Entschließung zur Vollendung der Umstrukturierung der tschechischen Stahlindustrie angenommen hat — einen Lösungsvorschlag für das Unternehmen Třinecké železárny, a. s. (nachstehend nur „TZ“). Die Entschließung besagte, dass die Regierung beabsichtigt, TZ eine staatliche Beihilfe in Höhe von annähernd 1,9 Mrd. CZK (ca. 67 Mio. EUR) (2) zu gewähren.

(2)

In dieser Entschließung erklärte die tschechische Regierung ihr Einverständnis mit folgenden Transaktionen:

Die tschechische Regierung erwirbt von TZ mit Hilfe der Tschechischen Konsolidierungsagentur (CKA) einen Eigentumsanteil in Höhe von 10,54 % an dem Unternehmen ISPAT Nova Hut (INH), das sich im Besitz von TZ befindet. Den Preis dieser Aktien bestimmt das Finanzministerium in Abstimmung mit dem Ministerium für Industrie und Handel.

Die CKA überträgt 10 000 Stück Anleihen mit einem Gesamtnominalwert von 1 Mrd. CZK (35 Mio. EUR), emittiert von der Firma TZ und gegenwärtig gehalten von der CKA, auf deren Emittenten, das Unternehmen TZ, für einen Gesamtkaufpreis von 100 Mio. CZK (3,5 Mio. EUR), d. h. reine 10 % ihres Nominalwertes.

(3)

Die Entschließung führt gleichzeitig an, dass beide Transaktionen erst nach Erhalt eines positiven Entscheids des Amtes für den Schutz des Wettbewerbs (OPC), der nach Konsultation mit der Europäischen Kommission erlassen wurde, gültig werden können.

(4)

Im Schreiben vom 26. November 2003 forderte die Kommission Informationen über die oben genannten Transaktionen an.

(5)

Am 10. Dezember 2003 und am 7. Januar 2004 fanden Zusammenkünfte des tschechischen Regierungspräsidenten und des Ministers für Industrie und Handel mit dem Kommissar für Wettbewerb statt. Es wurde vereinbart, dass die letzte Darlegung der oben genannten Entschließung respektiert wird (siehe Punkt 3).

(6)

Am 20. Februar 2004 erhielt die Kommission eine Beschreibung aller Projekte, für die die tschechische Regierung dem Unternehmen eine staatliche Beihilfe gewähren will. Am 17. März 2004 fanden in Brüssel fachliche Beratungen zwischen den Abteilungen der Kommission und Vertretern der tschechischen Behörden sowie dem betreffenden Unternehmen statt.

(7)

Am 29. März und am 29. April 2004 übersandte die Kommission den tschechischen Behörden Bemerkungen, in denen sie anführte, dass auf der Grundlage der bereitgestellten Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der geplante Kauf der von dem Unternehmen TZ an der Firma INH gehaltenen Aktien durch die tschechische Regierung den Marktpreis übersteigen könnte, wodurch es zur Gewährung einer staatlichen Beihilfe für das oben genannte Unternehmen TZ kommen könnte. Gleichzeitig führte sie an, dass die staatliche Beihilfe, aus der die unterschiedlichen Projekte des Unternehmens TZ finanziert werden könnten, mit den bestehenden Regeln der Gemeinschaft für die Gewährung einer staatlichen Beihilfe unvereinbar zu sein scheint.

(8)

Am 22. und 30. April 2004 bewilligte das Amt für den Schutz des Wettbewerbs die staatliche Beihilfe für das Unternehmen TZ.

(9)

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 informierte die Kommission die Tschechische Republik, dass sie beschlossen hat, in der Angelegenheit der erwähnten Maßnahmen ein Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags einzuleiten, und forderte bestimmte Informationen an.

(10)

Die Entscheidung der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die beteiligten Parteien auf, ihre Stellungnahmen zu diesen Maßnahmen einzureichen. Sie erhielt keine einzige Stellungnahme.

(11)

Mit den Schreiben vom 31. Januar 2005, eingegangen am 1. Februar 2005, antwortete die Tschechische Republik auf einige Fragen, die Eingang in den Beschluss über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens fanden.

(12)

Mit Schreiben vom 18. April 2005 erbat die Kommission zusätzliche Informationen, die mit dem Schreiben vom 16. Mai 2005, eingegangen am 18. Mai 2005, vorgelegt wurden.

(13)

Mit Schreiben vom 4. Juli 2005 erbat die Kommission eine Beschreibung einiger von den tschechischen Behörden zitierter Dokumente, die mit dem Schreiben vom 21. Juli 2005, eingegangen am 25. Juli 2005, zugesandt wurden.

(14)

Durch elektronische Mitteilung vom 10. August 2005 informierten die tschechischen Behörden die Kommission über neue Fakten.

(15)

Mit Schreiben vom 28. September 2005 erbat die Kommission weitere Informationen, die im Verlaufe der Zusammenkunft mit den tschechischen Behörden am 29. September 2005 sowie mit Schreiben vom 18. Oktober 2005, eingegangen am 19. Oktober 2005, vorgelegt wurden.

(16)

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 erbat die Kommission weitere Informationen, die im Schreiben vom 20. März 2006, eingegangen am 21. März 2006, vorgelegt wurden. In diesem Schreiben gaben die tschechischen Behörden an, dass die Stilllegungsbeihilfe nicht ausgezahlt wird, da das Unternehmen TZ seine Geschäftsstrategie geändert hat.

(17)

Mit Schreiben vom 18. Juli 2006 erbat die Kommission weitere Informationen, die im Schreiben vom 16. August 2006 vorgelegt wurden.

a)   Im April 2004 angenommene Maßnahmen

(18)

Am 14. April 2004 fasste die Regierung der Tschechischen Republik einen Beschluss, nach welchem sie dem Unternehmen TZ einen Kaufpreis von 1 250 CZK pro Aktie für 1 306 920 Aktien des Unternehmens INH zahlte, die sich im Besitz von TZ befinden und die 10,54 % des Grundkapitals der Firma INH ausmachen. Am 22. April 2004 entschied das OPC, dass diese Transaktion keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darstellt. Die Transaktion fand am Ende desselben Monats statt.

(19)

Am 30. April 2004 genehmigte das OPC die Gewährung einer staatlichen Beihilfe zugunsten der Firma TZ in Form der Übertragung von Anleihen mit einem Gesamtnominalwert von rund 576,7 Mio. CZK (20 Mio. EUR) für Vorhaben in den Bereichen Umwelt, Forschung und Entwicklung, Ausbildung und Stilllegung im Zeitraum von 2004—2006. Bestandteil dessen war auch eine Beihilfe in Höhe von 44 088 300 CZK (1,5 Mio. EUR) für Ausbildungsvorhaben und 4 152 500 CZK (0,14 Mio. EUR) für die Stilllegung.

b)   Informationen über das Unternehmen

(20)

Das Unternehmen TZ wurde Mitte der 90er Jahre privatisiert und ohne staatliche Unterstützung vollständig umstrukturiert.

(21)

Hauptgegenstand der Tätigkeit von TZ ist die metallurgische (Stahl-)Produktion mit einem geschlossenen metallurgischen Zyklus. Neben Koks, Roheisen und Stahl produziert das Unternehmen vor allem in Walzwerken hergestellte Erzeugnisse, d. h. Blöcke, Brammen, Knüppel, Walzdraht, Betonstahl sowie leichten, mittleren und schweren Profilstahl. Das Unternehmen TZ ist außerdem der einzige Schienenhersteller in der Tschechischen Republik.

2.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(22)

Der Beschluss der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, erstreckte sich auf drei vom Staat zugunsten von TZ angenommene Maßnahmen, und zwar den Kauf von Aktien, Ausbildungsbeihilfen und Stilllegungsbeihilfen. Weitere Maßnahmen, die eine Beihilfe beinhalten (Forschung und Entwicklung sowie Umweltschutz), wurden als den geltenden Regeln entsprechend betrachtet und sind nicht Gegenstand des gegenwärtigen Verfahrens (4). In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens äußerte die Kommission Zweifel daran, ob die drei von der Tschechischen Republik vor dem Beitritt durchgeführten Maßnahmen nicht eine verdeckte Umstrukturierungsbeihilfe für TZ darstellen, was im Widerspruch zum Protokoll Nr. 2 des Beitrittsvertrages aus dem Jahr 2003 (im Weiteren nur „Protokoll Nr. 2“) stehen würde.

(23)

Im Zusammenhang mit der Beihilfe für Ausbildung und Stilllegung hegte die Kommission Zweifel, ob diese alle Anforderungen der entsprechenden Regeln für staatliche Beihilfen der Gemeinschaft, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe (5) gültig waren, erfüllt. Die der Kommission im Februar und März 2004 vorgelegten Dokumente legten weder Ziel noch Bedingungen dieser beiden Maßnahmen, die eine Beihilfe beinhalten, offen. Die in den Entschließungen des OPC angeführten unklaren Informationen ermöglichten keine Prüfung, ob diese Beihilfe tatsächlich in Einklang mit den entsprechenden Regeln gewährt wurde.

(24)

Im Zusammenhang mit dem Kauf der von TZ gehaltenen INH-Aktien hatte die Kommission Zweifel, ob der vom Staat gezahlte Preis von 1 250 CZK pro Aktie für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber akzeptabel wäre und ob er keine Beihilfe zugunsten des Verkäufers beinhaltet. Im März 2004 genehmigte nämlich die tschechische Kommission für Wertpapiere (CSC) der Firma INH den Rückkauf der eigenen Aktien, die an der Börse mit 550 CZK notiert sind. In ihrem Angebot an die CSC unterlegte die Firma INH den angebotenen Preis durch ein Sachverständigengutachten. Die Kommission stellte fest, dass der Staat den einige Wochen zuvor von der CSC genehmigten, weit niedrigeren Preis nicht in Betracht gezogen und der Zahlung des von ihrem eigenen Gutachter — der Firma KPMG — errechneten Preis zugestimmt hatte.

(25)

Auch die Bezeichnung der Entschließung der Regierung der Tschechischen Republik Nr. 1126, angenommen am 12. November 2003, die angibt, dass diese Entschließung die „Vollendung der Umstrukturierung der Stahlindustrie — den Lösungsvorschlag für das Unternehmen Trinecke zelezarny, a. s.“, betrifft, vervielfachte die Zweifel der Kommission.

(26)

Aus diesem Grunde entschied die Kommission zu untersuchen, ob die genannten drei Maßnahmen nicht eine verdeckte Umstrukturierungsbeihilfe für den Stahlhersteller TZ darstellen und somit nicht im Widerspruch zum Protokoll Nr. 2 stehen.

3.   STELLUNGNAHME DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK

(27)

Die tschechischen Behörden legten der Kommission Beschreibungen aller Vorhaben von TZ zur Ausbildung der Beschäftigten im Zeitraum von 2004—2006 vor, die das OPC bewertete und auf deren Grundlage eine staatliche Beihilfe gewährt wurde. Weiterhin erläuterten sie eingehend alle Aktivitäten im Rahmen der allgemeinen und fachlichen Ausbildung und gaben an, wie die Ausbildungsbeihilfe den Wissensstand der Mitarbeiter des Unternehmens verbessert und erhöht, und somit auch deren Befähigung zur beruflichen Eingliederung unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen des Marktes.

(28)

Die Ausbildungsvorhaben, die von 2004 bis 2006 umgesetzt werden sollten, basieren auf einem komplexen, in viele unterschiedliche Kurse unterteilten Ausbildungsprogramm (persönliche Entwicklung, Kommunikation, Marketing, Schulungen auf dem Gebiet der Leitung, Durchführung von Wirtschaftsprüfungen, neue Technologien, Ingenieurwesen, Qualität usw.). Die beihilfefähigen Gesamtkosten für dieses Vorhaben betragen […] (6) CZK. Die Gesamtbeihilfe beläuft sich auf 44 088 300 CZK (1,5 Mio. EUR).

(29)

In ihrem Schreiben vom 20. März 2006 führten die tschechischen Behörden an, dass sie die Stilllegungsbeihilfe in Höhe von 4 152 500 CZK (0,14 Mio. EUR), die einen Teil der Abfindung für die Arbeitnehmer an dem stillgelegten Ofen deckt, nicht zahlen werden, da das Unternehmen TZ seine Geschäftsstrategie geändert hat.

(30)

Die tschechischen Behörden behaupten, dass sie wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gehandelt haben, als sie den von der CSC genehmigten Preis von 550 CZK nicht berücksichtigten und sich nachfolgend mit dem Verkäufer — TZ — allein auf der Grundlage ihres Sachverständigengutachtens (Gutachten der KPMG) auf einen Preis einigten. Zur Bekräftigung dieser Behauptung legten die tschechischen Behörden mehrere Tatsachen vor, unter anderem auch die nachfolgenden.

(31)

Erstens erklären sie, dass sich der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber dessen bewusst ist, dass das Interesse des Unternehmens (in diesem Falle INH) beim Rückkauf der eigenen Aktien darin besteht, den niedrigsten Preis zu zahlen. Deshalb wird ein rationaler Investor im Laufe der Aushandlung des Aktienpreises mit dem Verkäufer nicht annehmen, dass der im Rahmen des Angebotes vorgeschlagene Rückkaufpreis den Marktwert darstellt.

(32)

Zweitens behaupten die tschechischen Behörden, dass aus der Tatsache, dass der von INH angebotene Preis durch ein Sachverständigengutachten unterlegt und von der CSC genehmigt worden war, nicht geschlussfolgert werden kann, dass dieser den Marktwert der Aktien darstellt:

a)

Was also das Sachverständigengutachten betrifft, so ist sich ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bewusst, dass der Sachverständige von der Firma INH ausgewählt wurde und bezahlt wird, die ein besonderes Interesse an der Festlegung eines niedrigen Kaufpreises hat. Deshalb kann an der Unparteilichkeit des Sachverständigengutachtens gezweifelt und der Verdacht des Bestrebens nach Erzielung eines niedrigeren Kaufpreises geäußert werden;

b)

Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die CSC den Preis genehmigt hatte, betonen die tschechischen Behörden, dass die CSC im Unterschied zu der von der Kommission im Beschluss über die Einleitung geäußerten Hypothese ein Angebot auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften und ihrer internen Methodik „Sachverständigengutachten für Zwangsangebote zur Übernahme und öffentliche Entwürfe von Kaufverträgen für Teilhaberwertpapiere“ bewertet und nicht befugt ist, den Aktienpreis selbst festzulegen oder das Sachverständigengutachten durch eine eigene Analyse zu ersetzen. Die CSC hat lediglich entschieden, ob alle für das Angebot zum Rückkauf von Aktien des Unternehmens und für die fachliche Bewertung vorgeschriebenen rechtlichen Erfordernisse eingehalten wurden.

(33)

Drittens führen die tschechischen Behörden neben der letzten Betrachtung an, dass die CSC, bevor sie letztendlich im März 2004 ihr Einverständnis erklärte, bereits einen Antrag der INH und einen von LNM (größter Aktionär der INH) abgelehnt hatte. In beiden Fällen wies nämlich das Sachverständigengutachten, das die Grundlage für den angebotenen Preis bildete, schwerwiegende Mängel auf, was die vorgeschriebenen Anforderungen an ein Sachverständigengutachten betrifft. Nachfolgend stellte die Gesellschaft INH einen neuen Antrag auf der Grundlage einer fachlichen Bewertung, die alle vorgeschriebenen Forderungen erfüllte. Die CSC hatte keinen Grund mehr, diesen letzten Antrag abzulehnen und genehmigte ihn nachfolgend. Laut den tschechischen Behörden würde ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die vorhergehende zweifache Ablehnung durch die CSC als Bestätigung der Annahme auslegen, dass die Unternehmen INH und LNM mittels dieser im Gutachten der CSC aufgedeckten Mängel versucht haben, das Unternehmen unterzubewerten, damit für die Aktien, deren Rückkauf sie planten, der niedrigste Preis gezahlt werden würde.

(34)

Viertens führen die tschechischen Behörden an, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber einen Preis von 550 CZK in Anbetracht der Tatsache, dass dieser einem übertrieben niedrigen Bonitätsindex (P/E) entspricht, für eine Unterbewertung halten wird. Dieser Index ist das Ergebnis des Anteils des Aktienpreises und des Reingewinns an den Aktien. Auf der Grundlage des Reingewinns der Firma INH für das Jahr 2003, der zu Beginn des Jahres 2004, als die Transaktion vorgenommen wurde, geschätzt werden konnte, ergibt der Aktienpreis von 550 CZK einen P/E-Index von ca. 1,25 an. Der Aktienpreis in Höhe von 1 250 CZK ergibt einen P/E-Index von 2,8, der völlig an der Untergrenze des P/E-Indexbereiches lag, der sich bei den an der Börse notierten Stahlherstellern beobachten lässt. Mit anderen Worten entsprach der von dem Gutachter des Unternehmens INH errechnete Preis einer sehr niedrigen Bewertung des Unternehmens, die nicht mit der Bewertung der Unternehmen übereinstimmte, die gegenwärtig in der Stahlbranche auf den Finanzmärkten aktiv waren.

(35)

Abschließend führen die tschechischen Behörden an, dass das öffentliche Angebot der Firma INH für den Rückkauf ihrer Aktien zu einem Preis von 550 CZK in starkem Maße ungehört blieb. Die Mehrzahl der betroffenen Investoren beschloss, ihre Aktien nicht zu diesem Preis zu verkaufen. Einige von ihnen legten letztendlich sogar Beschwerde ein, die eine angebliche Verletzung ihrer Rechte betraf.

4.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

4.1.   Rechtlicher Rahmen

(36)

Das Protokoll Nr. 2 ermöglicht die Gewährung einer staatlichen Umstrukturierungsbeihilfe für die tschechische Stahlindustrie im Zusammenhang mit deren Umstrukturierung im Zeitraum zwischen den Jahren 1997 und 2003 in einer maximalen Höhe von 14 147 Mio. CZK (453 Mio. EUR). Das Protokoll knüpft die Gewährung der staatlichen Beihilfe an mehrere Bedingungen, u. a. an die Wiederherstellung der Rentabilität und die Verpflichtung zur Stilllegung.

(37)

Ziffer 1 des Protokolls Nr. 2 bestimmt, dass „ungeachtet der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags die von der Tschechischen Republik für die Umstrukturierung bestimmter Teile ihrer Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sind“, sofern unter anderem die in dem genannten Protokoll festgelegten Bedingungen erfüllt sind.

(38)

Ziffer 3 des Protokolls Nr. 2 bestimmt, dass „nur den in Anhang 1 aufgeführten Unternehmen im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für die tschechische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden können“. TZ wird in Anhang 1 nicht erwähnt.

(39)

Der letzte Satz von Ziffer 6 des Protokolls Nr. 2 untersagt es, der tschechischen Stahlindustrie weitere Beihilfen zu Umstrukturierungszwecken zu gewähren. Zu diesem Zweck gibt Ziffer 20 der Kommission die Vollmacht, „geeignete Schritte, die von jedem betreffenden Unternehmen die Rückzahlung der Beihilfen verlangt, die unter Verstoß gegen die in diesem Protokoll festgelegten Bedingungen gewährt wurden“, einzuleiten, sofern sich bei der Überwachung der Umstrukturierung herausstellt, dass die Bedingungen durch die Gewährung „zusätzlicher unzulässiger staatlicher Beihilfen für die Stahlindustrie“ verletzt wurden.

(40)

Die Frist für die Gewährung von Umstrukturierungsbeihilfen für die tschechische Stahlindustrie gemäß dem Europäischen Vertrag wurde vom Rat bis zum 31. Dezember 2006 verlängert. Diese Vereinbarung erkannte das Protokoll Nr. 2 an. Um dieses Ziel erfüllen zu können, bezieht sich das Protokoll auf den Zeitraum vor dem Beitritt und danach. Genauer gesagt, die Vereinbarung genehmigte eine begrenzte Summe der Umstrukturierungsbeihilfe für die Jahre 1997—2003 und untersagt jegliche weitere staatliche Beihilfe zu Umstrukturierungszwecken für die tschechische Stahlindustrie in den Jahren 1997—2006. In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich deutlich von anderen Bestimmungen des Beitrittsvertrages aus dem Jahre 2003, wie z. B. dem in Anhang IV festgelegten Übergangsmechanismus („existierende Beihilfe“), der sich nur auf die vor dem Beitritt gewährte staatliche Beihilfe bezieht, sofern sie „auch noch nach dem“ Beitrittsdatum gültig ist. Auf das Protokoll Nr. 2 kann also Bezug genommen werden wie auf ein lex specialis, der auf dem betreffenden Gebiet alle anderen Bestimmungen des genannten Beitrittsvertrages ersetzt.

(41)

Demzufolge, auch wenn sich die Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags üblicherweise nicht auf vor dem Beitritt gewährte Beihilfen beziehen würden, die nach dem Beitritt nicht mehr anwendbar sind, erweitern die Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 die Kontrolle der staatlichen Beihilfe gemäß EG-Vertrag auf jegliche Beihilfe, die vor dem Beitritt mit dem Ziel der Umstrukturierung der tschechischen Stahlindustrie in den Jahren 1997—2006 gewährt wurde.

(42)

Das Protokoll Nr. 2 bezieht sich nicht auf andere Maßnahmen der der tschechischen Stahlindustrie für Sonderzwecke gewährten staatlichen Beihilfe, die man aus anderen Gründen als vereinbar bezeichnen kann, wie z. B. die Beihilfe für Forschung und Entwicklung, die Umweltschutzbeihilfe, die Ausbildungsbeihilfe, die Stilllegungsbeihilfe usw. Diese Beihilfen beinhaltenden Maßnahmen fallen nicht in den Geltungsbereich der Artikel 87 und 88, sofern sie vor dem Beitritt gewährt wurden und nach dem Beitritt nicht mehr gültig sind. In jedem Falle schränkt das Protokoll nicht die Möglichkeit ein, tschechischen Stahlunternehmen andere Arten der Beihilfe EG-rechtskonform zu gewähren. Selbstverständlich schränkt es nicht die Möglichkeit ein, Maßnahmen anzunehmen, die nicht als Beihilfe klassifiziert wurden, zum Beispiel Kapitaleinlagen in Einklang mit dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Andererseits wird eine tschechische Stahlunternehmen betreffende Maßnahme, die eine staatliche Beihilfe darstellt und die man nach anderen Regeln als nicht vereinbar mit dem gemeinsamen Markt betrachten kann, als Umstrukturierungsbeihilfe betrachtet — in Anbetracht des ergänzenden Charakters dieser Qualifikation — oder in jedem Falle als Beihilfe im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der tschechischen Stahlindustrie, und somit wird sich das Protokoll Nr. 2 darauf beziehen.

(43)

Die Kommission kann also in Einklang mit ihrer gängigen Praxis und mit Ziffer 20 des Protokolls Nr. 2 die Maßnahmen in einem förmlichen Prüfverfahren wie in Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags festgelegt, bewerten, wenn sie Zweifel daran hat, dass die tschechischen Behörden Stahlunternehmen Beihilfen gewährt haben, die aus einem anderen Grunde als der Umstrukturierung mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar sind, und dass die Tschechische Republik demnach das Protokoll Nr. 2 nicht einhält. Anwendung findet ebenfalls die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (7).

4.2.   Existenz der Beihilfe

(44)

Ausbildungssubventionen zugunsten der TZ stellen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags dar. Sie werden vom Staat oder aus staatlichen Mitteln finanziert. Diese zusätzlichen Finanzmittel können den wirtschaftlichen Wettbewerb in der Gemeinschaft stören, indem sie TZ Vorteile gegenüber Mitbewerbern einräumen, die die Beihilfe nicht beziehen. Und letztendlich sind die Geschäfte zwischen den Mitgliedstaaten in der Stahlbranche, in der TZ ein nicht zu übersehender Akteur ist, bedeutend, also stört die Beihilfe wahrscheinlich auch die Geschäfte zwischen den Mitgliedstaaten.

(45)

Wegen einer Änderung der Geschäftsstrategie zahlen die tschechischen Behörden TZ keine Beihilfe für die Stilllegung, die einen Teil der Abfindung für die Arbeiter an den stillgelegten Öfen deckt. Das Unternehmen erhält also den Zuschuss in Höhe von 4 152 500 CZK (0,146 Mio. EUR), der ihm entsprechend den Bedingungen versprochen worden war, nicht. Diese Maßnahme der tschechischen Behörden ist also gegenstandslos.

(46)

Die Kommission bewertet in der Rangfolge, in der im vorangegangenen Abschnitt die „Stellungnahmen der Tschechischen Republik“ dargelegt werden, die von den tschechischen Behörden mit dem Ziel vorgelegten Tatsachen, ihre Behauptung zu beweisen, dass sie wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber (8) gehandelt haben, als sie im Rahmen der Verhandlungen mit dem Verkäufer nicht den von INH vorgeschlagenen und von der CSC genehmigten Preis von 550 CZK berücksichtigten.

(47)

Die Kommission erkennt die erste Behauptung der tschechischen Behörden an, dass der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber und auch der Verkäufer wissen, dass das Interesse des Unternehmens (d. h. in diesem Falle von INH) beim Rückkauf der eigenen Aktien darin besteht, den niedrigsten Preis zu bezahlen. Deshalb werden ein rationaler Investor und der Verkäufer im Rahmen der Verhandlungen der Aktienpreise an den im Rahmen dieses Angebotes vorgeschlagenen Preis für den Rückkauf mit Argwohn herangehen. Sie werden ihn nur dann für das Abbild des Marktwertes halten, wenn dieser Preis von weiteren Tatsachen untermauert wird. Wenn z. B. dieses Angebot auf Rückkauf abgeschlossen wird und bei den Investoren auf Erfolg stößt, was bedeutet, dass ein bedeutender Prozentsatz der Investoren bereit ist, seine Aktien für diesen Preis zu verkaufen, dann wird der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber diesen Preis üblicherweise in Betracht ziehen. In diesem Falle war das Angebot auf Rückkauf zum Zeitpunkt der Transaktion jedoch immer noch offen und es lagen keinerlei Informationen vor, die darauf hingedeutet hätten, dass es sich um einen Erfolg handelt.

(48)

Was die zweite Behauptung der tschechischen Behörden betrifft, so betont die Kommission, dass die Besonderheiten des Falles bewertet werden müssen. Erstens existierte kein Preis an der Börse, der als eindeutiger und unzweifelhafter Hinweis auf den Marktwert des Unternehmens gelten könnte (9). Um das Unternehmen bewerten zu können, war es notwendig, Prognosen über die künftigen Geldströme oder Dividenden aufzustellen und dann deren gegenwärtigen Wert zu berechnen. Zweitens hat das bewertete Unternehmen eine umfangreiche Umstrukturierung durchlaufen. Der Staat hat das Unternehmen, das er noch unlängst kontrollierte, an eine große private Stahlgruppe verkauft. Diese verpflichtete sich, das Unternehmen zu modernisieren und bedeutende Investitionen vorzunehmen. In Anbetracht dieser dramatischen Veränderung in der Firma und in deren Leitung war es nicht möglich, die vergangenen Finanzangaben als zuverlässige Richtschnur für die Abschätzung der künftigen Resultate zu betrachten. Die Prognosen der künftigen Geldströme oder Dividenden ließen sich nicht auf der bisherigen beobachteten Entwicklung aufbauen. Abschließend kann gesagt werden, dass die Bewertung des Unternehmens von Prognosen abhängig war, für die es nicht möglich war, eine unstrittige Grundlage zu finden. Die Kommission stimmt zu, dass unter diesen spezifischen Umständen aus der Tatsache, dass der von INH vorgeschlagene Preis durch ein Sachverständigengutachten belegt und von der CSC genehmigt wurde, nicht geschlussfolgert werden kann, dass er den Marktwert der Aktien darstellt:

a)

Die Kommission erkennt an, dass im Zusammenhang mit dem Sachverständigengutachten der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber und der Verkäufer wissen, dass der Gutachter von der Firma INH ausgewählt und bezahlt wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bewertung der Firma INH allein aus den Hypothesen über die künftige Entwicklung, die in Anbetracht der kürzlich erfolgten Privatisierung schwer zu überprüfen war, abgeleitet werden konnte und nicht aus den beobachtbaren Kenngrößen, kann ein bestellter Berater eine konservative Hypothese über die künftige Entwicklung aufstellen, um zu dem Preis zu gelangen, den die vergebende Firma erwartet, ohne irgendwelche Formfehler begangen zu haben und seinen Ruf zu gefährden. Die Kommission ist der Auffassung, dass die vom Gutachter gemachten und von INH ausgewählten Prognosen tatsächlich konservativ waren (siehe unten).

b)

Auf der Grundlage der von den tschechischen Behörden vorgelegten Informationen stellte die Kommission fest, dass die CSC keine eigene Analyse des Aktienwertes vorgenommen hatte, die das von INH vorgelegte Sachverständigengutachten ersetzen könnte. Die CSC entschied lediglich, ob alle vorgeschriebenen Erfordernisse für die Abgabe eines Angebots für den Rückkauf der Aktien des Unternehmens sowie für eine fachliche Bewertung erfüllt waren. In diesem Falle stellte die Kommission fest, dass die Bewertung von Hypothesen zur Entwicklung des Unternehmens, das dramatische Veränderungen durchlief, ausgehen musste und nicht von Faktoren, wie es der Aktienpreis an der Börse oder die vergangenen finanziellen Angaben sind, die die CSC formal überprüfen kann. Die Kommission vermerkt, dass aus den von den tschechischen Behörden vorgelegten Informationen hervorgeht, dass die CSC, wenn die fachliche Bewertung keinerlei Mängel und Unstimmigkeiten enthält, tatsächlich nicht nur aus dem Grunde, dass diese aus „konservativen“ Hypothesen hervorgeht, ablehnen kann, und somit zu einem niedrigeren Preis für die bewerteten Aktien gelangt.

(49)

Die Kommission erkennt die dritte, von den tschechischen Behörden vorgelegte Tatsache an, und zwar dass der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber die vorhergehende zweifache Ablehnung durch die CSC als Bestätigung der Annahme auslegte, dass die Unternehmen INH und LNM (Mehrheitsaktionär der INH, der die treibende Kraft dieser Operation ist, denn sie erwirbt Aktien von INH, die das Unternehmen zurückgekauft hat) versucht haben, das Unternehmen INH unterzubewerten, um für die Aktien, die sie zurückkaufen wollten, den niedrigstmöglichen Preis zu bezahlen.

(50)

Was die vierte Behauptung der tschechischen Behörden betrifft, so stellte die Kommission fest, dass zum Zeitpunkt der Vorbereitung der von INH und vom Staat im ersten Quartal 2004 in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten der Gewinn von INH für das gesamte Jahr 2003 noch nicht bekannt war, sich aber dennoch auf der Grundlage der Ziffern für das erste Quartal, die bereits bekannt waren, schätzen ließ. Die Schätzungen des in beiden Gutachten angegebenen Reingewinns für das gesamte Jahr 2003 sind also ähnlich. Basierend auf dem für das Jahr 2003 angenommenen Reingewinn ergibt sich aus dem Aktienpreis von 550 CZK ein P/E-Index von ca. 1,5. (Die tschechischen Behörden errechneten einen P/E-Index von 1,25 auf der Grundlage des tatsächlichen Gewinns, der zu jenem Zeitpunkt unbekannt war und der sich als höher erwies, als beide Gutachter prognostiziert hatten, und somit auch einen niedrigeren P/E-Index). Die zweite Zahl ist sehr niedrig. Der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber bewertet das Unternehmen mit einem solch niedrigen Preis, nur weil er künftig eine außerordentliche negative Entwicklung der Reineinnahmen erwartet. Die Kommission stellte fest, dass der von INH beauftragte Gutachter tatsächlich der Auffassung ist, dass der im Jahr 2003 erzielte Reingewinn außergewöhnlich war, und nimmt an, dass die Gewinne in den Folgejahren um zwei Drittel fallen werden. Mit anderen Worten, dieser Gutachter setzt für die auf das Jahr 2003 folgenden Jahre eine nahezu vollständige Wende zu der Gewinnhöhe im Jahr 2002 (0,9 Mrd. CZK) voraus, als das Unternehmen INH noch unter einer schlechten Leitung und mangelnden Investitionen litt, weil es dem Staat gehörte. Der Gutachter sagt einen geringen Anstieg der Erlöse und eine begrenzte Senkung der Kosten voraus. Die Kommission stellte fest, dass die fachliche Bewertung offensichtlich nicht erklärt, weshalb das Unternehmen LNM, das zu Beginn des Jahres 2003 die Kontrolle über INH übernommen hatte, nicht in der Lage wäre, das Unternehmen umzustrukturieren, die Betriebskosten und den Kosteninput zu senken und gewinnträchtigere Erzeugnisse zu entwickeln sowie die Geschäftsbeziehungen auszubauen. Im Gegensatz dazu ergibt der errechnete Preis von 1 250 CZK des vom Staat bestellten Gutachters, der Firma KPMG, einen P/E- Index von 3 bis 3,5. Dies liegt an der Untergrenze der Spanne des P/E-Indexes, wie er zu jener Zeit auf den Finanzmärkten bei den Stahlherstellern zu beobachten war. In diesem niedrigen Index zeigt sich die vorsichtige Prognose der Gewinnentwicklung. Die KPMG sieht also einen (begrenzten) Gewinnrückgang nach dem Jahr 2003 voraus. Deshalb gibt die KPMG, genauso wie der von INH bestellte Gutachter, die günstige Situation auf dem Stahlmarkt im Jahr 2003 und deren zyklischen Charakter zu. Die KPMG geht jedoch auch davon aus, dass die betriebliche Umstrukturierung des ehemaligen staatlichen Unternehmens unter der Kontrolle von LNM fortgesetzt wird, dank der Integration in eine große Stahlgruppe günstigere Inputquellen gefunden werden und die Produktion auf Erzeugnisse mit einem höheren Mehrwert umorientiert wird. Abschließend stimmt die Kommission zu, dass der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber einen Preis von 550 CZK in Anbetracht der Tatsache, dass dieser einem ausgesprochen niedrigen P/E-Index entspricht, als Unterbewertung betrachten könnte, was man auf der Grundlage der erwarteten Verbesserung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens, die man nach der Privatisierung sowie nach den Investitionen und dem Umstrukturierungsprogramm, eingeleitet durch den neuen privaten Aktionär, in angemessenem Maße erwarten könne, nur schwer begründen kann.

(51)

Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die Kombination der vier vorhergehenden Tatsachen eine Erklärung ermöglicht, weshalb der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber zum Zeitpunkt des Kaufs durch die Regierung nicht ernsthaft den im Rahmen des Rückkaufs von INH vorgeschlagenen und von CSC genehmigten Preis von 550 CZK in Betracht ziehen könne und weshalb kein seriöses Verhandlungsinstrument geschaffen werden konnte, das den Verkäufer zwingen konnte, den Preis zu senken. Da kein anderer zugänglicher Referenzpreis existierte, könnte der marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber also mit dem Verkäufer auf der Grundlage des von seinem Gutachter errechneten Preises (10) verhandeln. Da der von der tschechischen Regierung gezahlte Preis in der von der KPMG errechneten Preisspanne liegt, wurden diese staatlichen Mittel in einer für den marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber akzeptablen Weise investiert. Die Kommission ist also der Auffassung, dass der Aktienkauf keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 darstellt. Die Kommission möchte betonen, dass diese Schlussfolgerung voll und ganz von den besonderen Umständen dieses Falles abhängt.

(52)

Und letztendlich erkennt die Kommission an, dass — was die fünfte, von den tschechischen Behörden vorgelegte Tatsache betrifft, und zwar dass das öffentliche Angebot des Unternehmens INH für den Rückkauf seiner Aktien zu einem Preis von 550 CZK in starkem Maße unreflektiert blieb — dies zum Zeitpunkt der analysierten Transaktion noch nicht bekannt war, und gelangt schließlich zu dem Schluss, dass diese Tatsache nicht begründen kann, weshalb der Staat den vorgeschlagenen Preis nicht in Betracht gezogen hat.

4.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe

(53)

Wie sie in den Erwägungsgründen 42 und 43 erläutert, muss die Kommission die mögliche Vereinbarkeit der als staatliche Beihilfe bewerteten Maßnahme mit den geltenden Verordnungen bewerten, um sicherzustellen, dass sie keine Umstrukturierungshilfe darstellt, die im Rahmen des Protokolls Nr. 2 untersagt ist.

(54)

Die Ausbildungsbeihilfe wird auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung von Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags zu Ausbildungsbeihilfen (11) bewertet.

(55)

Der Unterschied zwischen fachlicher Ausbildung und allgemeiner Ausbildung wird durch Artikel 2 der genannten Verordnung geregelt. Fachliche Ausbildung wird in Artikel 2 Buchstabe d der genannten Verordnung definiert als Ausbildung, die den Unterricht mit direkter und grundsätzlicher Beziehung zur gegenwärtigen oder künftigen Stellung des Beschäftigten im Beihilfe empfangenden Unternehmen umfasst und Qualifikationen gewährt, die auf andere Unternehmen und Arbeitsgebiete nicht oder nur in begrenztem Umfang übertragbar sind.

(56)

Allgemeine Ausbildung wird in Artikel 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 definiert als Ausbildung, die einen Unterricht umfasst, der sich nicht oder nicht entscheidend auf die gegenwärtige oder künftige Stellung der Beschäftigten im Beihilfe empfangenden Unternehmen bezieht, die jedoch Qualifikationen gewährt, die in breiterem Maße auf andere Unternehmen oder Arbeitsgebiete übertragbar sind und somit wesentlich die Möglichkeiten der beruflichen Eingliederung des Arbeitnehmers verbessern.

(57)

Die Tschechische Republik legte genaue Informationen über die angebotenen Ausbildungskurse vor. Auf der Grundlage dieser Informationen konnte sich die Kommission überzeugen, dass der von der Tschechischen Republik praktizierte Unterschied zwischen allgemeiner und fachlicher Ausbildung in Einklang mit Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 steht. Die als allgemeine Ausbildung qualifizierten Kurse betreffen also Qualifikationen wie Leitung, persönliche Entwicklung, Kommunikations-, Marketing- und Auditorfähigkeiten, die in starkem Maße auf andere Firmen oder Arbeitsgebiete übertragbar sind. Auf der gleichen Grundlage wurden Kurse, die in erster Linie die Erzeugnisse, neue Technologien, das Ingenieurwesen, technische Projekte, das Umweltmanagement und die Verbesserung der Qualität betreffen und die nur in begrenztem Maße auf andere Funktionen anwendbar waren, als fachliche Ausbildung gemäß Artikel 2 Buchstabe d der genannten Verordnung qualifiziert. Nach den der Kommission vorgelegten Informationen war die Ausbildungsbeihilfe zur Erreichung der gesteckten Ziele unerlässlich.

(58)

Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 definiert die beihilfefähigen Kosten für ein Ausbildungsprojekt und verlangt, dass die Informationen über die Kosten transparent und in einzelne Positionen aufgeschlüsselt sind. Die Tschechische Republik legte der Kommission detaillierte Informationen zu den Kosten für die Projekte vor, und zwar derart in einzelne Positionen aufgeschlüsselt, dass es möglich ist, diese Kosten mit den in Artikel 4 Absatz 7 der genannten Verordnung aufgeführten Kosten zu identifizieren. Es wurde festgestellt, dass diese Informationen in Einklang mit den Anforderungen von Artikel 4 Absatz 7 der genannten Verordnung stehen.

(59)

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Intensität der von der Tschechischen Republik gewährten Beihilfe mit dem Höchstsatz der gemäß Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 genehmigten Beihilfe übereinstimmt. Die Intensität der angebotenen Beihilfe entspricht also dem entsprechend der Verordnung für fachliche bzw. allgemeine Ausbildung genehmigten Grad in Bezug auf Großbetriebe in einem Gebiet, das für eine regionale Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a des EG-Vertrags qualifiziert ist.

(60)

Abschließend kann gesagt werden, dass die Beihilfe in Einklang mit den in der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 festgelegten Anforderungen steht.

5.   SCHLUSSBETRACHTUNG

(61)

Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 44 088 300 CZK (1,55 Mio. EUR) zugunsten des Unternehmens TZ in Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 steht.

(62)

Die Stilllegungsbeihilfe in Höhe von 4 152 500 CZK (0,14 Mio. EUR) wird dem Unternehmen TZ nicht ausgezahlt, da TZ seinen Geschäftsplan geändert hat.

(63)

Der Kauf der von TZ gehaltenen INH-Aktien stellt keine staatliche Beihilfe dar.

(64)

Diese drei Maßnahmen stellen also keine verdeckte Umstrukturierungsbeihilfe für TZ, die im Widerspruch zum Protokoll Nr. 2 stehen würde, dar —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 44 088 300 CZK zugunsten der Třinecké železárny, a. s. steht in Einklang mit den in der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 festgelegten Kriterien und stellt keine Umstrukturierungsbeihilfe gemäß Protokoll Nr. 2 des Beitrittsvertrages aus dem Jahr 2003 dar.

Der Kauf der sich im Besitz der Třinecké železárny, a. s. befindenden Aktien der ISPAT Nova Hut stellt keine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Tschechische Republik gerichtet.

Brüssel, den 8. September 2006

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 22 vom 27.1.2005, S. 2.

(2)  Der in dieser Entschließung verwendete Umrechnungskurs beträgt 1 EUR = 28,43 CZK (zum 20. September 2006) und dient nur zur Information.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Die tschechischen Behörden informierten die Kommission mit Schreiben vom 20. März 2006, dass sie eventuell Änderungen dieser Vorhaben erwägen. Die Kommission ist unter der Bedingung damit einverstanden, dass diese Veränderungen gemäß Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags bekannt gegeben werden.

(5)  Die anderen Maßnahmen im Rahmen der gewährten Beihilfe entsprechen vollständig den Weisungen der Gemeinschaft zu staatlichen Beihilfen für den Schutz der Umwelt (ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3) und dem Rahmen der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen für Forschung und Entwicklung (ABl. C 45 vom 17.2.1996, S. 5).

(6)  Geschäftsgeheimnis.

(7)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

(8)  Der Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers ist bereits seit langem vom Gerichtshof anerkannt, siehe z. B. Urteil des EuGH vom 21. März 1991, ALFA Romeo, Rechtssache C-305/89, Slg. 1991, I-603 (Randnummern 19 ff.).

(9)  In ihrem Einleitungsbeschluss erkennt die Kommission an, dass der Preis der INH-Aktien, der an der Prager Wertpapierbörse beobachtet werden kann, kein zuverlässiger Parameter für den Wert der 10 %igen Eigentumsbeteiligung am INH-Kapital ist, obwohl der Preis an der Börse normalerweise den besten Parameter für den Wert von Aktien darstellt. Die Monats- und Jahresstatistiken zeigen in der Tat, dass der Wert der Geschäfte stark begrenzt ist. Der Preis an der Börse ist also kein Ergebnis der Interaktion der höheren Anzahl bedeutender Investoren.

(10)  So weit weist die fachliche Bewertung keine Mängel auf. In der Entscheidung über die Einleitung eines förmlichen Prüfungsverfahrens äußerte die Kommission jedoch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der in diesem Bericht wiedergegebenen Auffassungen. Auch die oben dargelegte Analyse zeigt nicht, dass deren Schlussfolgerungen unangemessen sind.

(11)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 3. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1976/2006 (ABl. L 368 vom 23.12.2006, S. 85).


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