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Document 32003D0002

    2003/2/EG: Entscheidung der Kommission vom 22. November 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.512 — Vitamine) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 3695) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 6 vom 10.1.2003, p. 1–89 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2003/2(1)/oj

    32003D0002

    2003/2/EG: Entscheidung der Kommission vom 22. November 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.512 — Vitamine) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 3695) (Text von Bedeutung für den EWR)

    Amtsblatt Nr. L 006 vom 10/01/2003 S. 0001 - 0089


    Entscheidung der Kommission

    vom 22. November 2001

    in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen

    (Sache COMP/E-1/37.512 - Vitamine)

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 3695)

    (Nur der deutsche, der englische, der französische und der niederländische Text sind verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2003/2/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum,

    gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1216/1999(2), insbesondere auf die Artikel 3 und 15 Absatz 2,

    auf die Entscheidung der Kommission vom 6. Juli 2000 zur Einleitung des Verfahrens in dieser Sache,

    nachdem den beteiligten Unternehmen Gelegenheit gegeben worden ist, sich nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel 85 und 86 EG-Vertrag(3) zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äußern,

    nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

    in Kenntnis des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten in dieser Sache,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    1. SACHVERHALT

    1.1. ZUSAMMENFASSENDE DARSTELLUNG DES VERSTOSSES

    (1) Diese Entscheidung, mit der Geldbußen für Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen verhängt werden, ist an folgende Unternehmen gerichtet:

    - F. Hoffmann-La Roche AG (Roche),

    - BASF AG (BASF),

    - Aventis SA (ehemals Rhône-Poulenc) (Aventis),

    - Lonza AG (Lonza),

    - Solvay Pharmaceuticals BV (Solvay),

    - Merck KgaA (Merck),

    - Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd (Daiichi),

    - Eisai Co. Ltd (Eisai),

    - Kongo Chemical Co. Ltd (Kongo),

    - Sumitomo Chemical Co. Ltd (Sumitomo),

    - Sumika Fine Chemicals Ltd (Sumika),

    - Takeda Chemical Industries Ltd (Takeda),

    - Tanabe Seiyaku Co. Ltd (Tanabe).

    (2) Während der in dieser Entscheidung aufgeführten Zeiträume haben die Unternehmen, die die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3 und H sowie Folsäure, Betacarotin und Carotinoide herstellen und in der Gemeinschaft und dem EWR anbieten, entgegen den Artikeln 81 Absatz 1 EG-Vertrag und 53 EWR-Abkommen eine Reihe aneinander anschließender Vereinbarungen getroffen oder sich an solchen Vereinbarungen beteiligt; im Rahmen dieser Vereinbarungen haben sie für die einzelnen Produkte Preise festgelegt und Absatzquoten zugewiesen, Preissteigerungen vereinbart und umgesetzt, Preisbekanntmachungen entsprechend ihren Vereinbarungen herausgegeben, die Produkte zu den vereinbarten Preisen verkauft, einen Mechanismus zur Überwachung und Sicherung der Einhaltung ihrer Vereinbarungen geschaffen und an regelmäßigen Zusammenkünften zur Umsetzung ihrer Pläne teilgenommen.

    a) Beteiligte, Produkte, Dauer

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    b) Beteiligte nach Produkten

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    1.2. DIE INDUSTRIE

    1.2.1. VITAMINE

    (3) Vitamine sind eine Mikronährstoffgruppe verschiedener organischer Verbindungen, die dem menschlichen und dem tierischen Körper zwecks Sicherung des normalen Wachstums, der normalen Entwicklung und des Gesundheitsschutzes in kleinen Mengen über die Nahrung zugeführt werden müssen. Sie haben unterschiedliche physiologische Funktionen im Organismus und zeigen verschiedene Wirkungsweisen. Einige Vitamine sind wichtige Quellen bestimmter für den Stoffwechsel erforderlicher Coenzyme, andere wiederum sind am Stoffwechsel anderer Vitamine beteiligt. Alle bekannten Vitamine können auf chemischem Wege synthetisch hergestellt werden.

    (4) Bis auf sehr wenige Ausnahmen kann der lebende Organismus selbst keine Vitamine herstellen. Sie müssen über die Nahrung oder Nahrungsergänzungen zugeführt werden. Es gibt etwa 15 Hauptvitamine.

    (5) Vitamine werden oftmals nach ihren Lösungseigenschaften eingeteilt. Von den im vorliegenden Fall relevanten Produkten sind Vitamin C und der Vitamin-B-Komplex wasserlöslich und die Vitamine A, E und D fettlöslich.

    (6) Mischfuttermittel enthalten die für die Gesundheit und das Wachstum der betreffenden Tiere erforderlichen Vitamine. Der menschlichen Nahrung werden Vitamine zugegeben, um die bei der Verarbeitung auftretenden Verluste auszugleichen oder das Produkt damit anzureichern. Ferner dienen sie als Antioxidantien oder als Farbstoffe. Vitamine für pharmazeutische Zwecke werden als Nahrungsergänzungen in Tabletten- oder Kapselform verkauft. In der Kosmetikindustrie werden Vitamine Haut- und Körperpflegeprodukten zugegeben.

    (7) Vitamine als Bulkware werden je nach Produkt und Anwendung in verschiedener Form vertrieben: in kristalliner Form, in Öl, mit Schutzüberzug oder in einer Pulvermatrix.

    (8) Die Produkte, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, sind die synthetischen Substanzen als Bulkware, die zu nachstehender Gruppe von Vitaminen und eng damit zusammenhängenden Produkten gehören: A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, Biotin (H), Folsäure (M), Betacarotin und Carotinoide.

    (9) Zu jeder Gruppe von Vitaminen gehören diese damit zusammenhängenden Substanzen, die in ihren eigenen biologischen Bereich über dieselben Eigenschaften verfügen. Jede Gruppe hat spezifische Stoffwechselfunktionen und ist deshalb mit den anderen Gruppen nicht austauschbar. Darüber hinaus ergeben die verschiedenen Gruppen von Vitaminen einen zusätzlichen Synergieeffekt, wenn sie miteinander kombiniert werden.

    1.2.2. DIE VITAMINMÄRKTE UND -PRÄPARATE - ÜBERSICHT

    (10) Mit einem Gesamtmarktanteil von ca. [40-50] %, [20-30] % bzw. [5-15] % sind Roche, die BASF und Aventis (ehemals Rhône-Poulenc)(4) die drei größten Hersteller von Vitaminen.

    (11) Sowohl Roche als auch die BASF stellen ein breites Spektrum an Vitaminen für die Tierernährung und den Humanbereich (für pharmazeutische und Ernährungszwecke) her.

    (12) Der Erzeugnisbereich Vitamine von Aventis beschränkt sich auf die Tierernährung, wobei das Unternehmen die Vitamine A und E selbst herstellt und bestimmte andere Vitamine für den Weiterverkauf von anderen Herstellern bezieht.

    (13) Der Gesamtmarkt an Vitaminen als Bulkware (1999) wird auf etwa 3,25 Mrd. EUR geschätzt.

    (14) Während sich das Produktionsvolumen an Vitaminen für die Tierernährung mit Ausnahme von Cholinchlorid - Vitamin B4 -, das nicht Gegenstand des Verfahrens ist, weltweit auf etwa 60000 Tonnen pro Jahr beläuft, entfallen auf den Bereich Gesundheit und Ernährung des Menschen ca. 65000 Tonnen.

    (15) Der Markt des EWR für die Produkte, die Gegenstand des Verfahrens sind, hatte im Jahr 1998 einen Wert von etwa 800 Mio. ECU (zu Preisen ab Werk).

    (16) Die Vitamine A und E machen zusammen 50 % des Gesamtvitaminmarktes aus. Im Jahr 1998, dem letzten vollen Jahr der Kartellabsprachen für diese Produkte, belief sich der Vitamin-E-Markt in der Gemeinschaft auf 250 Mio. ECU; bei Vitamin A wurden Umsätze in Höhe von insgesamt etwa 150 Mio. ECU verzeichnet.

    (17) Der Umsatz von Vitamin-C-Bulkware, der 1995 250 Mio. ECU betrug, ging auf 120 Mio. ECU zurück seit Beendigung der Kartellabsprachen Ende 1995 fielen die Preise um mehr als 50 %.

    (18) Im Zeitraum 1994-1998 hatte der Wert des Vitaminmarkts(5) in der Gemeinschaft bzw. im EWR die folgende Größenordnung:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Quelle:

    Statistische Angaben zu den Marktanteilen von HLR.

    In Tabelle I im Anhang erfolgt eine Aufschlüsselung der einzelnen Vitamine nach den Mitgliedstaaten im gleichen Zeitraum.

    (19) Bei etwa 70 % der Produktion der Vitamine A und E handelt es sich um Futtermittelqualität und bei 30 % um Nahrungsmittel- und Pharmaqualität für den Humanbereich. Vom Vitamin C sind 80 % für den menschlichen Verbrauch bestimmt.

    (20) Neben dem Verkauf von Vitaminen als Bulkware in Futtermittelqualität, von denen ein großer Teil für die so genannten Vormischeinrichtungen bestimmt ist, in denen die Vitamine mit anderen Nährstoffen zu einem pulverförmigen oder fluessigen Produkt verarbeitet werden, das bei der Herstellung von Futtermitteln verwendet wird, verfügen die beiden Großhersteller Roche und BASF, die beide vorwärtsintegriert sind, über eigene Produktionseinrichtungen für Vormischfutter. Das Gleiche gilt auch für Rhône-Poulenc. Ein beträchtlicher Teil der Vitaminproduktion in "Futtermittelqualität" wird nicht auf dem "freien" Markt verkauft, sondern bei der eigenen Herstellung von Vormischfutter eingesetzt. Unter "Vormischfutter" sind Futtermischungen zu verstehen, die neben Vitaminkonzentraten andere Nährstoffe und Arzneistoffe enthalten, die dem Grundfuttergemisch in kleinen Mengen beigegeben werden. Die restliche Produktionsmenge wird an den Großhandel, Vormischeinrichtungen oder direkt an die Futtermittelhersteller verkauft.

    (21) Die Vitaminhersteller verkaufen die Nahrungsmittel-/Pharmaqualität ihrer Produkte in "reiner" Form an Zwischenabnehmer wie andere Vitaminhersteller, Hersteller von Vitaminzubereitungen, die das Erzeugnis in konzentrierter Form kaufen, wie auch an Händler und Wiederverkäufer. Vitaminhersteller, die bestimmte benötigte Vitamine nicht selbst herstellen, können ihre Bedarfsmengen von anderen Hersteller beziehen.

    1.2.2.1. Die einzelnen Märkte für Vitaminpräparate

    Vitamin A und E

    (22) Vitamin A ist eine fettlösliche chemische Substanz mit einer Vielzahl von Anwendungen, hauptsächlich in der Tierfutterindustrie. Kleinere Mengen von Vitamin A werden auch an die Ernährungs- und Pharmaindustrie verkauft. Der Umsatz in Bezug auf die Kosmetikindustrie ist außerordentlich gering. Vitamin A ist für normales Wachstum sowie für die Gesundheit von Haut, Augen, Zähnen, Zahnfleisch und Haaren erforderlich.

    (23) Vitamin E ist ebenfalls eine fettlösliche chemische Substanz mit einer Vielzahl von Anwendungen bei der tierischen und menschlichen Ernährung sowie in der Pharma- und Kosmetikindustrie. Vitamin E ist zur Bildung und Wirkweise von roten Blutkörperchen, Muskeln und sonstigem Gewebe erforderlich. Es kann entweder aus natürlichen Quellen gewonnen oder als synthetisches Erzeugnis hergestellt werden. Es besteht nur eine sehr geringe Konkurrenzüberschneidung zwischen synthetischem und natürlichem Vitamin E, das nur bei Humananwendungen auftritt.

    (24) Der größte Teil der synthetischen Vitamin-E-Lieferungen geht an die Tierfutterindustrie; der Rest wird von der Pharma- und Nahrungsmittelindustrie sowie von der Kosmetikindustrie abgenommen, die jedoch erst seit 1996 als ein nennenswerter Käufer des Produkts auftritt.

    (25) Die Vitamine A und E zusammen machen etwa 60 % der weltweiten Nachfrage nach Vitaminen für die Tierernährung aus. Vitamin A und E werden zumeist vom gleichen Kundenkreis bezogen, insbesondere der Futtermittelindustrie. Der Bedarf an Vitamin E in der Welt liegt bei etwa 22000 Tonnen im Jahr, bei Vitamin A sind es ca. 15000 Tonnen.

    (26) Die synthetische Herstellung von Vitamin A und E ist auf Roche zurückzuführen. Bis Ende der 60er Jahre, als Rhône-Poulenc mit dem Verkauf von Vitamin A für die Tierernährung begann, hatte das Unternehmen bei diesen beiden Vitaminen eine Monopolstellung inne. Die BASF stieß 1970 auf den Markt für diese beiden Produkte vor, und kurz danach nahm Rhône-Poulenc Vitamin E, ausschließlich für die Tierernährung, in sein Produktsortiment auf. Auch der japanische Produzent Eisai begann im Jahr 1967 mit der Vermarktung von Vitamin E für die Tier- und Humanernährung in Europa; Vitamin A wird von dem Unternehmen jedoch nicht hergestellt.

    (27) Somit liefern Roche und die BASF die Vitamine A und E für die tierische und menschliche Ernährung, Rhône-Poulenc beide Vitamine nur für die tierische Ernährung und Eisai Vitamin E sowohl für die tierische als auch die menschliche Ernährung. Der einzige nennenswerte sonstige Hersteller von Vitamin A ist das russische Unternehmen Bel Vitamini mit etwa 7-9 % Anteil am Gesamtmarkt. Wie bei Vitamin E konnten kleine chinesische Hersteller ihren Gesamtanteil von weniger als 1 % im Jahr 1989 auf 7 % Ende der 90er Jahre allmählich steigern.

    (28) 1998 hatte der Markt für Vitamin A (Bulkware) im EWR einen Wert von etwa 125 Mio. ECU und der Markt für Vitamin E von 250 Mio. ECU. Im Zeitraum 1990 bis 1998 stieg der Durchschnittspreis für Vitamin A im EWR von etwa 38,80 ECU/kg auf 54,50 ECU (siehe Tabelle II im Anhang). Bei den Preisen für Vitamin E ist im EWR im gleichen Zeitraum ein Anstieg von 18,60 ECU/kg auf 31,10 ECU zu verzeichnen (siehe Tabelle III im Anhang).

    Vitamin B1

    (29) Aufgrund seiner Coenzymfunktionen ist Vitamin B1 (Thiamin) für den Kohlenhydratstoffwechsel erforderlich. Ein Mangel an Vitamin B1 führt zu Wachstums- und nervösen Störungen. Vitamin B1 ist ein wasserlösliches Vitamin, das in der Tier- und Humanernährung wie auch in der pharmazeutischen Industrie eingesetzt wird. Die chemische Synthese ist ein komplexer Prozess, der 15 bis 17 Einzelschritte umfasst.

    (30) Die wichtigsten Hersteller sind Roche, Takeda und einige chinesische Hersteller. BASF stellte die eigene Produktion von Vitamin B1 im Jahr 1989 ein und schloss einen Liefervertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren mit Roche ab.

    (31) In Europa lagen die Preise für Vitamin B1 (Futtermittelqualität) zunächst bei 32,50 ECU/kg, stiegen dann bis 1993 auf 38,00 ECU/kg, bevor sie 1994 deutlich abfielen und 1996 einen Tiefstwert von 16 ECU/kg erreichten (siehe Tabelle IV im Anhang). 1994 hatte der europäische Vitamin-B1-Markt einen Wert von etwa 18 Mio. ECU (1998: 15 Mio. ECU).

    Vitamin B2

    (32) Das in allen lebenden Zellen zu findende Vitamin B2 spielt im Zellstoffwechsel bei zahlreichen Reaktionen unter Energiebeteiligung eine Rolle. Die Riboflavin-Coenzyme sind für die Umwandlung der Vitamine B6 und Folsäure in eine wirksame aktive Form unerlässlich.

    (33) Vitamin B2 wird hauptsächlich in der Futtermittelindustrie verwendet. Lediglich 30 % der Produktionsmenge sind für die Nahrungsmittel- und Pharmabranche bestimmt.

    (34) Mit Marktanteilen von 55 % bzw. 30 % (1990) sind Roche und die BASF die größten Produzenten von Vitamin B2. Der drittgrößte Hersteller war 1990 Takeda mit 11 %. Weitere Hersteller sind in Russland, China und den Vereinigten Staaten zu finden. Vitamin B2 wird bislang nur von Roche und Takeda synthetisch hergestellt; die anderen Hersteller wenden ein Fermentationsverfahren an.

    (35) Im Jahr 1991 lag in Europa der Preis für Riboflavin in Futtermittelqualität bei etwa 43 ECU/kg. Er stieg dann 1994 auf etwa 56 ECU an, bevor er auf den gegenwärtigen Stand von 40 EUR fiel (siehe Tabelle V im Anhang). Der europäische Markt für Vitamin B2 hatte 1995 einen Wert von etwa 44 Mio. ECU (1998: 34 Mio. ECU).

    Vitamin B5

    (36) Vitamin B5 (Pantothensäure, auch als Calpan bezeichnet) spielt beim Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsel eine entscheidende Rolle und ist deshalb für die Erhaltung und Wiederherstellung aller Zellen und Gewebe von Bedeutung. Ein ernährungsbedingter Calpanmangel beim Menschen führt zu einer Vielzahl klinischer Symptome. Bei Tieren äußert sich ein Vitamin-B5-Mangel in verzögertem Wachstum, Unfruchtbarkeit, neuromuskulären und dermatologischen Störungen sowie plötzlichen Todesfällen.

    (37) Calpan wird in zwei Formen hergestellt: eine reine, als D-Calpan bezeichnete Form, die für die Humanernährung und als Zusatzstoff für die tierische Ernährung bestimmt ist, und eine Mischform, DL-Calpan, die 45 % D-Calpan und 55 % reaktionsträgen Füllstoff enthält und ausschließlich in der Tierernährung verwendet wird. Aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung beträgt der Preis für D-Calpan das Zweifache dessen von DL-Calpan.

    (38) Auch bei Vitamin B5 (Calpan) gehören Roche und die BASF zu den weltweit führenden Herstellern; der dritte Großhersteller ist Daiichi in Japan. Weitere, kleinere Hersteller sind in Japan, China, Polen und Rumänien zu finden.

    (39) Auf Roche und die BASF entfallen etwa zwei Drittel des europäischen und des Weltmarkts.

    (40) Roche, BASF und Daiichi stellen ausschließlich D-Calpan her; der größte Abnehmer ist die Futtermittelindustrie. Alps (Japan) sowie weitere Unternehmen in Rumänien und Polen produzieren DL-Calpan.

    (41) Im Futtermittelsektor, für den der weitaus größte Teil der Produktion bestimmt ist, werden D-Calpan und DL-Calpan an Vormischeinrichtungen verkauft, die Calpan mit anderen Vitaminen vermischen und das Gemisch an Futtermittelhersteller verkaufen.

    (42) Daiichi stellt keine Vormischungen her. Roche und die BASF sind jedoch im nachgelagerten Produktionssektor vertreten; beide Unternehmen besitzen und betreiben in Europa etwa sieben Vormischanlagen. Sie verkaufen D-Calpan sowohl an ihre eigenen Vormischbetriebe (Eigenbedarf) als auch an fremde Vormischeinrichtungen.

    (43) Im Jahr 1990 lag der Preis für D-Calpan in Europa bei etwa 12 ECU/kg. Zur Zeit liegt er bei 20 EUR/kg (Tabelle VI im Anhang). Der europäische Markt für Calpan hatte 1998 einen Wert von etwa 35 Mio. ECU.

    Vitamin B6

    (44) Vitamin B6 (Pyridoxin) wirkt als Coenzym vieler Enzyme, die am Aminosäurestoffwechsel beteiligt sind, und spielt eine entscheidende Rolle beim Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel. Ausgewachsene Wiederkäuer nehmen im allgemeinen ausreichend Vitamin B6 mit der Nahrung auf, der Wachstumsprozess von Jungtieren erfordert jedoch zusätzliche Vitamingaben. Vitamin B6 wird sowohl in der Tier- als auch Humanernährung eingesetzt und in der pharmazeutischen Industrie verwendet.

    (45) Die wichtigsten Produzenten von Vitamin B6 sind Roche, Takeda, Daiichi und einige chinesische Firmen. Die BASF und Merck stellten ihre Produktion 1991/92 ein und beziehen ihren Bedarf heute von Roche.

    (46) Im Jahr 1989 hatte Roche bei Vitamin B6 einen Anteil am Weltmarkt von etwa 40 %, Daiichi von 12 % und Takeda von 11 %. Während die chinesischen Produzenten 1989 über einen Weltmarktanteil von nur 3 % verfügten, belief sich dieser 1997 bereits auf 16 %. Laut Roche wurde 1993 mit etwa 48 % ein außergewöhnliches Zwischen-"Hoch" erreicht.

    (47) Im Jahr 1990 lag der Preis für Vitamin B6 in Europa bei etwa 25 ECU/kg, bis Anfang 1993 stieg er auf 46,50 ECU/kg. Heute liegt er bei 20 EUR/kg (siehe Tabelle VII im Anhang). Der Markt der Gemeinschaft für Vitamin B6 hatte 1994 einen Wert von etwa 15 Mio. ECU. Heute wird sein Wert mit ca. 11 Mio. EUR angesetzt.

    Folsäure

    (48) Die Folsäure gehört zum Vitamin-B-Komplex und umfasst mehrere Verbindungen, die auch als Folate oder Folacin bezeichnet werden. Sie spielt eine wichtige Rolle beim Stoffwechsel der DNA und RNA, den Trägern der genetischen Information bei allen lebenden Organismen. Nehmen werdende Mütter während der Schwangerschaft Folsäure in ausreichender Menge auf, vermindert sich das Risiko von Neuralrohrdefekten beim Neugeborenen. Folsäuremangel kann beim Menschen ferner zur Anämie führen. Eine unzureichende Folsäurezufuhr verursacht beim Tier Anämie, und bei Gefluegel beeinträchtigt sie die Legeleistung und Befiederung.

    (49) Hergestellt wird Folsäure von Roche in Europa und Takeda, Kongo und Sumika, einer Tochtergesellschaft von Sumitomo, in Japan. Während Roche Folsäure vorrangig für die eigene Produktion von Vormischungen herstellt, erzeugen die japanischen Folsäurehersteller mit Ausnahme einer Tochtergesellschaft von Takeda keine Vormischungen; diese bietet ihr Produkt auf dem japanischen Markt an.

    (50) Bis 1989 kam nahezu die gesamte auf dem Weltmarkt angebotene Folsäuremenge von den drei japanischen Herstellern. Roche verfügte damals nicht über eine eigene Folsäureproduktion, sondern bezog seinen Bedarf von Takeda. 1988/89 kündigte Roche dann die Liefervereinbarung und nahm die eigene Produktion auf.

    (51) Im Jahr 1991 belief sich die Nachfrage nach Folsäure weltweit auf ca. 300 Tonnen bzw. einen Wert von etwa 30 Mio. USD (25 Mio. ECU). Der europäische Markt hatte einen Wert von etwa 9-10 Mio. ECU. Im gleichen Jahr betrug der Preis für Folsäure (pro kg) in Europa 160 DEM (80 ECU). Derzeit liegt er bei etwa 100 DEM (50 EUR).

    Vitamin C

    (52) Vitamin C (Ascorbinsäure) gehört zur Gruppe der wasserlöslichen Vitamine und findet vorrangig in der Humanernährung und der pharmazeutischen Industrie Anwendung. Vitamin C ist unerlässlich für die Bildung von Collagen im lebenden Organismus, einer Interzellularsubstanz, die Körperstrukturen aufbaut und eine wichtige Rolle bei der Bildung von Muskeln, Knochen, Gefäßgewebe und Knorpeln spielt. Ascorbinsäuremangel führt zu Skorbut (Gewebeschwächung und interkapillare Blutungen).

    (53) Es wird angenommen, dass Vitamin C zusammen mit Vitamin E und Betacarotin als Antioxidationsmittel und vorbeugend gegen degenerative Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs wirkt (es verhindert die Umwandlung von Nitraten in krebserregende Stoffe). Der Mensch muss Vitamin C über die Nahrung aufnehmen. Im Organismus der meisten Tiere, die Lebensmittel liefern (ausgenommen Fisch), ist Vitamin C synthetisierbar, dennoch kann eine Ergänzung der Eigenproduktion erforderlich sein. Ferner wird Vitamin C als Antioxidationsmittel zur Erhaltung der Farbe oder des Aromas von Lebensmitteln verwendet.

    (54) Roche hatte bis in die 70er Jahre, als Takeda (Japan), Merck (Deutschland) und die BASF auf den Markt vordrangen, eine Monopolstellung bei der Produktion von Vitamin C inne. Im Jahr 1990 hatte Roche einen Anteil am Weltmarkt von 40 %, Takeda von 23 % und Merck und die BASF zusammen von etwa 14 %. In Europa belief sich der Anteil von Roche auf 36 %, von Takeda auf 11,5 % und der von BASF/Merck auf 24 %.

    (55) 1990 betrug der Preis für Vitamin C in Europa 11,50 ECU/kg. Nachdem er 1993/94 einen Zwischenhöchststand von etwa 15 ECU/kg erreicht hatte, betragen die Preise derzeit 7,50 EUR/kg (siehe Tabelle VIII im Anhang). Im Jahr 1990 hatte der Vitamin-C-Weltmarkt einen Wert von 650 Mio. ECU. Der europäische Markt hatte einen Wert von etwa 210 Mio. ECU. Im letzten Jahr des Bestehens des Kartells (1995) belief sich der Wert des europäischen Marktes auf etwa 250 Mio. ECU (derzeitiger Jahreswert: 120 Mio. EUR).

    Vitamin D3

    (56) Vitamin D3, wie die Vitamine A und E fettlöslich, wird entweder in reiner Form oder häufiger in einer Mischung mit Vitamin A, bekannt als "AD3", vertrieben. Nur etwa 10 % des Marktes für Vitamin D3 (nach Wert) entfallen auf den Einsatz für die Humanernährung: Das Gros der Produktion kommt in Tierfutter zum Einsatz.

    (57) Vitamin D3 ist für ein gesundes Knochenwachstum notwendig. Es wird für die Aufnahme von Kalzium und Phosphor aus dem Dünndarm, deren Reabsorption in den Nieren sowie für die Mineralisation der Knochen benötigt. Ferner ist Vitamin D3 auch für eine einwandfreie Funktionsweise von Muskeln, Nerven, Blutgerinnung und Zellwachstum entscheidend. Ein Mangel führt bei Kindern zu Rachitis und bei Erwachsenen zu Knochenerweichung, bei Tieren zu einem verminderten Wachstum und zu Funktionsstörungen an den unteren Extremitäten sowie bei Gefluegel zu dünnen Eierschalen.

    (58) Das erste Unternehmen, das Vitamin D3 in industriellen Mengen herstellte, war Duphar (vormals Teil von Philips und jetzt zu Solvay gehörig). Anfang der 90er Jahre stellte Solvay Pharmaceuticals etwa die Hälfte des weltweiten Bedarfs an Vitamin D3 her, jedoch lag der Anteil des Unternehmens am "Drittmarkt" weit darunter. Der Grund dafür war, dass etwa 40 % der Vitamin-D3-Produktion von Solvay in konzentrierter Form an das Unternehmen Rhône-Poulenc geliefert wurde, das es dann in einem AD3-Kombinationsprodukt oder einer Mischung unter eigenem Namen vermarktete.

    (59) Roche, die BASF und Rhône-Poulenc sind im Markt vorwärtsintegriert und haben ihre eigene Produktion von Vitaminvormischungen, bei der Vitamin D3 verbraucht wird. Solvay produziert keine Mischungen oder Vormischungen. Das Unternehmen liefert das reine Produkt an andere Vitaminhersteller (wie Rhône-Poulenc), Hersteller von Vitamin-Wirkstoffzubereitungen (die es in konzentrierter Form kaufen), Vertriebshändler und Weiterverkäufer sowie Vormischfirmen und Futtermittelhersteller.

    (60) Vitamin D3 wird in mehreren unterschiedlichen Produktformen zu unterschiedlichen Preisen vermarktet. Die Hersteller verwenden die Form D3 500 (Futtermittelqualität) als Marktqualität. 1993 wies der Preis von Vitamin D3 in Futtermittelqualität erhebliche Schwankungen zwischen den verschiedenen Ländern Europas auf. Der europäische Markt für Vitamin D3 hatte 1998 einen Wert von etwa 20 Mio. ECU.

    Vitamin H

    (61) Biotin (Vitamin H), ein wasserlösliches Vitamin, unterstützt die Verwertung von Protein, Folsäure und Vitamin B12 (letztgenanntes Vitamin ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens). Dabei kommen etwa 20 unterschiedliche Verfahren zum Einsatz (Tanabe arbeitet an der Entwicklung eines Fermentationsprozesses, der jedoch noch nicht kommerziell genutzt wird). Biotin wird in reiner und verdünnter Form vertrieben.

    (62) Ca. 90 % der Biotin-Produktion entfallen auf den Futtermittelsektor. Der Rest wird in der pharmazeutischen Industrie verwendet. In den USA wird Biotin in Futtermittelqualität in einer 1%igen verdünnten Form verkauft. In Europa und andernorts findet für die Futtermittelqualität eine 2%ige Lösung Verwendung. Die Pharmaqualität wird in reiner Form vermarktet.

    (63) Die Hauptproduzenten von Biotin sind Roche, Sumitomo, Tanabe, Lonza und Merck. Lonza hat die Produktion von Biotin 1996 eingestellt. Mit einem Weltmarktanteil von derzeit ca. [45-55] % ist Roche der größte Biotinhersteller, gefolgt von Sumitomo und Tanabe mit einem Anteil von je [15-25] %. Der Anteil von Merck am Weltmarkt liegt bei etwa [5-15] %. Merck liefert den größten Teil seines produzierten Biotins (90 %) an die BASF in Futtermittelqualität 1 % und 2 % Konzentrationen.

    (64) In Europa hat der Biotin-Markt heute einen Wert von ca. 25 Mio. EUR (1995: 36 Mio. ECU). Der Preis der Biotinqualität für die Humanernährung/Pharmazie (100 % reines Biotin) wird auf Grammbasis angegeben. 1990 lag der Preis in Europa bei ca. 6,8 ECU/g (14 DEM/g) und blieb bis ungefähr 1995 stabil. Seit dieser Zeit ist er stetig gefallen. Derzeit liegt der Preis bei 3,0 ECU/g. Der Preis für Biotin in Futtermittelqualität betrug 1990 3,5 ECU/g (für den Wirkstoff). 1995 begann er zu fallen. Derzeit liegt er bei 1,0 ECU/g.

    Betacarotin und Carotinoide

    (65) Genau genommen handelt es sich bei diesen Produkten nicht um Vitamine. Betacarotin ist ein Provitamin des Vitamins A, das natürlich in Pflanzen vorkommt. Nach der Einnahme wird es vom lebenden Organismus in Vitamin A umgewandelt. Der überwiegende Teil der Betacarotin-Produktion wird von der Nahrungsmittel- und auch von der Pharmaindustrie abgenommen.

    (66) Die Carotinoide werden meistens als Pigmente für Nahrungsmittel und Kosmetika sowie zur Färbung von tierischem Fleisch eingesetzt. Carotinoide werden allgemein nach der Färbung klassifiziert, die sie nach Verzehr durch Tiere im Fleisch dieser Tiere hervorrufen: Canthaxanthin und Citranaxanthin werden zur Rot- bzw. Goldfärbung eingesetzt und werden als die roten Carotinoide bezeichnet.

    (67) Roche und die BASF sind weltweit die einzigen Hersteller dieser Produkte. Mit einem Marktanteil von 90 % war Roche bis Anfang der 90er Jahre der dominierende Hersteller. 1991 erweiterte die BASF ihre Produktionsanlagen für Betacarotin, und gegen Ende 1992 hatte das Unternehmen seinen Marktanteil für dieses Produkt auf 21 % verdoppelt.

    (68) 1993 hatte der europäische Markt für Betacarotin einen Wert von ca. 45 Mio. ECU und verzeichnete bis 1998 einen weiteren Anstieg auf ungefähr 76 Mio. ECU. Auf Deutschland entfällt mehr als die Hälfte des Betacarotin-Verbrauchs in der Gemeinschaft bzw. im EWR. 1993 betrug der Preis für Betacarotin 677 ECU/kg. Heute liegt er bei 748 EUR/kg. Der Gemeinschaftsmarkt für Canthaxanthin (wichtigstes Carotinoidprodukt) hat inzwischen eine Größenordnung von jährlich 50 Mio. EUR erreicht. Derzeit liegt der Preis für Canthaxanthin bei ca. 1250 EUR/kg.

    1.2.3. DER RÄUMLICH RELEVANTE MARKT FÜR DIE VITAMINE A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, FOLSÄURE, BETACAROTIN UND CAROTINOIDE

    (69) Nach Auffassung der Kommission erstrecken sich die Märkte für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide zumindest auf den gesamten EWR. Allerdings gibt es einige Anzeichen, wonach für jedes der Vitaminpräparate weltweite Märkte existieren.

    (70) Im entscheidungserheblichen Zeitraum wurden die Vitaminmärkte für alle erwähnten Produkte im Wesentlichen von einem weltweit führenden Unternehmen, Roche, und einer sehr bedeutenden Präsenz zweier anderer Hersteller, nämlich BASF und Takeda, beherrscht, wobei auf die letzteren die Vitamine B1, B6 und C entfielen. Durch die Verbindung von Roche mit einem der beiden anderen Hersteller wurden im EWR und weltweit Marktanteile von über 50 % für jedes der betreffenden Vitaminpräparate erzielt.

    (71) Transportkosten und tarifäre Handelshemmnisse konnten zwar etwas höhere Kosten bewirken, doch hielten diese die Hersteller der jeweiligen Vitaminpräparate nicht von einem weltweiten Handel ab. Dies geht daraus hervor, dass zahlreiche in Japan niedergelassene Unternehmen in Europa Handel trieben. Darüber hinaus verkauften alle wichtigen Unternehmen die verschiedenen Produkte auf den hauptsächlichen Regionalmärkten (Amerika, Asien, Europa).

    (72) Schließlich wird der weltweite Charakter der Märkte für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide auch durch Aufbau, Organisation und Arbeitsweise des jeweiligen Kartells bestätigt.

    (73) Die Kommission geht deshalb davon aus, dass die Märkte für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide Weltmärkte sind.

    1.2.4. ZWISCHENSTAATLICHER HANDEL

    (74) Die Vitaminproduktion als Bulkware konzentriert sich in Europa auf einige wenige Standorte. Roche stellt Vitamin A und E in Sisseln, Schweiz, her, die BASF in Ludwigshafen (Deutschland) und Rhône-Poulenc in Commentry (Frankreich). Vitamin C wird heute von Roche in Dalry, Schottland (das Werk Grenzach in Deutschland, das Vitamin C herstellte, wurde 1994 geschlossen), und von der BASF in Grenaa, Dänemark, hergestellt. Der dritte europäische Hersteller ist Merck in Deutschland. Roche stellt in Grenzach (Deutschland) den Vitamin-B-Komplex her. Die Produktionsstätten der BASF befinden sich in Ludwigshafen und Grenaa.

    (75) Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der EWR-Länder importiert ihren Gesamtbedarf an Bulkware-Vitaminen, wobei die Bezugsländer zumeist andere Mitgliedstaaten sind (Dänemark, Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich).

    1.2.5. DIE PRODUZENTEN

    1.2.5.1. Roche

    (76) Die Hoffmann-La Roche AG ist eine der größten Firmengruppen der Welt, die Pharmazeutika und Körperpflegeprodukte herstellt und über Forschungseinrichtungen verfügt. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Basel (Schweiz) und besitzt Produktionseinrichtungen in mehreren Mitgliedstaaten.

    (77) Im Jahr 1998 belief sich der weltweite Umsatz des Konzerns auf 24,66 Mrd. CHF (15,3 Mrd. ECU), der Nettogewinn betrug 4,4 Mrd. CHF, was 18 % des Umsatzes entspricht. Dabei hatte der Unternehmensbereich Vitamine und Feinchemikalien einen Anteil von 15 % am Gesamtumsatz der Firmengruppe (3,63 Mrd. CHF). Bei Vitaminen betrug der Umsatz weltweit 1,96 Mrd. CHF, bei Carotinoiden, die auch Gegenstand des Verfahrens sind, obgleich es sich dabei streng genommen nicht um Vitamine handelt 650 Mio. CHF. 1998 belief sich der Gewinn des Geschäftsbereichs vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf 869 Mio. CHF (24 % des Umsatzes) bzw. 539 Mio. ECU. Der Betriebsgewinn betrug 673 Mio. CHF (= 417 Mio. ECU). Hoffmann-La Roche ist der größte Hersteller von Vitaminen sowohl weltweit als auch in Europa. Das Unternehmen begann im Jahr 1935 mit der Herstellung von Vitamin C mittels chemischer Synthese und erweiterte seitdem sein Produktionsprogramm auf die gesamte Vitaminpalette. Insgesamt hat das Unternehmen einen Anteil von ca. 50 % am Weltmarkt der Vitaminbranche. Von allen Vitaminherstellern kann Hoffmann-La Roche auf das umfangreichste Produktionssortiment verweisen. Ferner liefert Roche auch von anderen Herstellern bezogene Vitaminpräparate, so dass das Unternehmen das vollständige Vitaminsortiment für alle möglichen Anwendungsbereiche anbietet: Tierfutter, menschliche Ernährung, pharmazeutische und kosmetische Produkte(6).

    (78) Der Geschäftsbereich "Vitamine und Feinchemikalien" von Hoffmann-La Roche hat seinen Sitz in Kaiseraugst in der Nähe von Basel. Vitamine und Carotinoide machen 72 % des Umsatzes des Geschäftsbereichs aus. (Weitere Erzeugnisse des Geschäftsbereichs sind Futtermittelenzyme, Emulgatoren, Citronensäure und Fettsäuren.)

    (79) Für "strategische Fragen" ist die Leitung des Geschäftsbereichs zuständig, während operative Angelegenheiten in den Verantwortungsbereich der fünf Gebietszentren für Europa, Nordamerika, Lateinamerika, den asiatisch-pazifischen Raum und China fallen.

    (80) Roche Vitamins Europe SA, die Marketing- und Vertriebsorganisation für Europa, den Nahen Osten, Afrika und Indien, hat ihren Sitz in Muttenz. [...] In Venlo (Niederlande) und Village-Neuf (Frankreich) befinden sich die Vertriebszentren für Europa.

    (81) Im entscheidungserheblichen Zeitraum waren der Leiter des Geschäftsbereichs "Vitamine und Feinchemikalien", der ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung der Hoffmann-La Roche AG ist, sowie der Marketingleiter für Vitamine die leitenden Mitarbeiter mit der höchsten Position, die für den Vitaminbereich zuständig waren.

    1.2.5.2. BASF

    (82) Die BASF AG ist ein nach den gesetzlichen Bestimmungen Deutschlands strukturiertes multinationales chemisches Unternehmen mit Sitz in Ludwigshafen, Deutschland. Ihre Produkte reichen von Öl und Gas, chemischen Grundprodukten, Kunststoffen, hochveredelten Chemikalien bis hin zu Pflanzenschutzmitteln und Pharmazeutika. Im Jahr 1997 belief sich der Umsatz des BASF-Konzerns (einschließlich Tochtergesellschaften, an denen die BASF Anteile von wenigstens 50 % besitzt) auf 54 Mrd. DEM (27,45 Mrd. ECU).

    (83) Das Kerngeschäft der BASF ist in fünf Segmente unterteilt: Chemikalien, Kunststoffe und Fasern, Farbmittel und Veredlungsprodukte, Gesundheit und Ernährung, Öl und Gas. Das Segment Gesundheit und Ernährung beinhaltet den Bereich der Feinchemikalien, zu dem wiederum die Vitamine für die Human- und Tierernährung gehören. Die BASF stellt in Europa, Nord- und Südamerika und in China Vitamine als Bulkchemikalien und vitaminhaltige Vormischungen her.

    (84) In Europa verfügt das Unternehmen über Anlagen zur Vitaminherstellung am Konzernsitz in Deutschland (Ludwigshafen) und an drei weiteren Standorten in Dänemark: Grenaa, Ballerup und Dianalund. Die Vitaminpräparate, die jeweils zum Produktionsprogramm von Roche und BASF gehören, sind die Vitamine A, E, B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide. Bei zwei weiteren Vitaminen (B1 und H) ist die BASF ein wichtiger Lieferant von Bulkware, obgleich das Unternehmen diese Vitamine nicht selbst produziert. 1989 stellte die BASF ihre eigene Produktion von Vitamin B1 ein, blieb jedoch weiterhin ein wichtiger Lieferant dieses Vitamins durch den Bezug des Produkts von anderen Herstellern. Ferner bezieht die BASF den größten Teil der Biotinproduktion (Vitamin H) eines weiteren deutschen Herstellers (Merck) für den Weiterverkauf.

    (85) Im entscheidungserheblichen Zeitraum waren die für den Vitaminbereich der BASF zuständigen leitenden Mitarbeiter der Leiter des Geschäftsbereichs "Feinchemikalien" und der Marketingleiter für "Vitamine".

    (86) Der Leiter des Geschäftsbereichs "Feinchemikalien" war der für den Vitaminbereich zuständige Mitarbeiter der obersten Leitungsebene und einem Vorstandsmitglied der BASF direkt rechenschaftspflichtig.

    (87) Der Marketingleiter für Vitamine war dem Leiter des Geschäftsbereichs "Feinchemikalien" direkt unterstellt und trug als leitender Mitarbeiter des Unternehmens die alleinige Verantwortung für den Vitaminbereich.

    1.2.5.3. Rhône-Poulenc (heute Aventis)

    (88) Rhône-Poulenc, dessen Firmensitz sich in Courbevoie, Frankreich, befindet, war ein international tätiges Unternehmen auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung, Produktion und des Marketings von organischen und anorganischen chemischen Zwischenprodukten, Spezialchemikalien, Fasern, Kunststoffen, Pharmazeutika und Agrochemikalien.

    (89) Die drei Kernbereiche des Unternehmens waren Pharmazeutika, Pflanzenschutzmittel/ Tiergesundheit und Spezialchemikalien. Der Gesamtumsatz des Konzerns betrug im Jahr 1998 86,8 Mrd. FRF (13,15 Mrd. ECU).

    (90) Am 1. Dezember 1998 gaben Rhône-Poulenc und die Hoechst AG, ein deutscher Chemieproduzent, den geplanten Zusammenschluss ihres Geschäftsfeldes Life Sciences zu dem neuen Unternehmen "Aventis" (das zu je 50 % den beiden Muttergesellschaften gehören sollte) und die Aufgabe ihrer Chemiebereiche über einen Zeitraum von drei Jahren bekannt. Als nächster Schritt war die vollständige Fusion der beiden Muttergesellschaften vorgesehen.

    (91) Im Mai 1999 wurde vorbehaltlich der Zustimmung ordnungsrechtlicher und sonstiger Instanzen ein beschleunigtes Programm für die geplante Fusion bekannt gegeben. Am 9. August 1999 beschloss die Kommission nach Maßgabe von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(7), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1310/97(8), keine Einwände gegen den Zusammenschluss zu erheben und diesen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären(9).

    (92) Am 15. Dezember 1999 wurde der Vollzug der Fusion bekannt gegeben. Aventis wird von einem aus vier Mitgliedern bestehenden Vorstand und einer Geschäftsführung aus den vier Vorstandsmitgliedern und fünf weiteren leitenden Mitarbeitern geleitet. Die neue Firmengruppe gliedert sich in die beiden Unternehmensbereiche Aventis Pharma und Aventis Agriculture. Zu Aventis Agriculture gehören die Kulturpflanzenforschung, Pflanzenbiotechnologie, Tierernährung und Tiergesundheit. Der Geschäftsführer von Aventis Agriculture, Herr A. Godard, ehemals Leiter des Geschäftsbereichs "Pflanzen- und Tiergesundheit" von Rhône-Poulenc, gehört ebenfalls der Geschäftsführung von Aventis an. Das neue Unternehmen hat seinen Sitz in Straßburg.

    (93) Rhône-Poulenc Animal Nutrition (RPAN) war eine 100%ige Tochter von Rhône-Poulenc, die Futter-Zusatzmittel einschließlich Vitaminen und Aminosäuren für Gefluegel, Schweine und Wiederkäuer herstellte und diese vertrieb. Sie wurde in "Aventis Animal Nutrition" umbenannt. RPAN war direkt dem Geschäftsbereich "Pflanzen- und Tiergesundheit" von Rhône-Poulenc SA unterstellt.

    (94) Die Zentrale von RPAN befindet sich in Antony in der Nähe von Paris. Ferner betreibt das Unternehmen regionale Vertriebszentralen für Europa, den Nahen Osten und Afrika (mit Sitz in Frankreich), Nordamerika, Südamerika und den asiatisch-pazifischen Raum. Zu den von RPAN hergestellten wichtigsten Futtermittelzusätzen gehören Vitamin A und E (für Gefluegel- und Schweinefutter) sowie Methionin, eine essentielle Aminosäure, die hauptsächlich dem Futter von Gefluegel zugegeben wird (und nicht Gegenstand des Verfahrens ist). Die Vitamine A und E werden in Commentry (Frankreich) hergestellt. Etwa 90 % der von Rhône-Poulenc produzierten Vitamine werden in "reiner" Form verkauft, der Rest in Vormischfutter.

    (95) RPAN stellte ausschließlich Vitamine für die Tierernährung her; sein Vorgänger, AEC, ist um das Jahr 1988 aus dem Vitamingeschäft für den Humanbereich ausgestiegen.

    (96) Der für den Geschäftsbereich "Vitamine" von Rhône-Poulenc zuständige leitende Mitarbeiter war der Leiter und Geschäftsführer von Rhône Poulenc Animal Nutrition.

    (97) Bis zur Fusion mit Hoechst war RPAN der Kontrolle des Leiters des Geschäftsbereichs AGRO von Rhône-Poulenc (1997 in "Pflanzen- und Tiergesundheit" umbenannt) unterstellt. Nach der Fusion mit Hoechst entspricht diese Position dem Posten des Geschäftsführers von Aventis Agriculture.

    1.2.5.4. Lonza

    (98) Bei der Lonza AG handelt es sich um ein im Jahr 1897 in der Schweiz gegründetes Chemieunternehmen. Im Jahr 1994 übernahm die damalige Alusuisse AG die Lonza AG als selbständig geführte Tochtergesellschaft, die daraufhin in die Alusuisse-Lonza-Gruppe (Algroup) einging.

    (99) Die Gruppe, die zu den größten Industrieunternehmen der Schweiz zählt, war 25 Jahre lang in den Bereichen Aluminium, Verpackung von Pharmazeutika und Kosmetika sowie Chemikalien und Energie tätig. 1998 gliederte die Algroup in Vorbereitung auf die geplante Fusion der Bereiche Aluminium- und Spezialverpackung mit denen von Pechiney und Alcan die Geschäftsfelder "Chemikalien" und "Energie" aus dem Tätigkeitsprofil der Gruppe aus(10).

    (100) Das ausgegliederte Unternehmen ist für die Produktion von Feinchemikalien, Lebensmittelzusätzen und Biotechnologieprodukten weltweit sowie für die Energieerzeugung in der Schweiz zuständig und trägt den Namen Lonza Group AG.

    (101) Trotz mehrfacher Umstrukturierung der Muttergesellschaft wurde die Lonza AG nie mit einem anderen Unternehmen fusioniert, sondern ist ein eigenständig geführtes Unternehmen geblieben.

    (102) 1998 belief sich der Nettoumsatz des nunmehr als Lonza Group AG operierenden Unternehmens auf 2,153 Mrd. CHF (2,340 Mrd. ECU) und das Betriebsergebnis auf 292 Mio. CHF (182 Mio. ECU). Für den Geschäftsbereich "Fein- und Spezialchemikalien" der Lonza Group wurde die Lonza AG (eine 100%ige Tochter) mit Sitz in Basel gegründet. 1998 betrug der Nettoumsatz der Lonza AG 1,012 Mrd. CHF (627 Mio. ECU).

    1.2.5.5. Solvay

    (103) Die Solvay Pharmaceuticals NV mit Sitz in Weesp (Niederlande) ist Teil der Pharma-Gruppe der Solvay SA, des belgischen Chemikalienherstellers. Bis 1980 gehörte das Unternehmen dem Industriekonzern Philips an. Hergestellt werden pharmazeutische Präparate für die Humanmedizin. Im Vitaminbereich stellt das Unternehmen nur Vitamin D3 her und vertreibt dieses. 1998 belief sich der Gesamtumsatz auf 788 Mio. NLG (355 ECU).

    1.2.5.6. Merck

    (104) Die in Darmstadt (Deutschland) ansässige Merck KgaA stellt Erzeugnisse aus dem Bereich Pharmazie und Gesundheit her. Gegründet wurde das Unternehmen als Tochtergesellschaft der E. Merck oHG, einer allgemeinen Personengesellschaft aus dem Jahr 1827, die 75 % des Kapitals hält.

    (105) Bis Mitte 1995 befand sich der Betrieb in Besitz der E. Merck oHG. Im Juli des genannten Jahres wurde dann die Merck KGaA gegründet, der die Geschäfte übertragen wurden. Heute fungiert die E. Merck oHG lediglich als Holdinggesellschaft.

    (106) 1998 machte der Gesamtumsatz (alle Produkte) 8,1 Mrd. DEM (4,12 Mrd. ECU) aus. Von den von Merck hergestellten Produkten sind die Vitamine C und H (Biotin) für das vorliegende Verfahren relevant. Den größten Teil der Biotinproduktion von Merck bezieht die BASF, die das Erzeugnis als Bulkware weiterverkauft.

    1.2.5.7. Daiichi

    (107) Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd wurde 1915 gegründet. Sein umfangreiches Produktsortiment umfasst verschreibungspflichtige Pharmazeutika, Selbstmedikationsprodukte und veterinärmedizinische Produkte.

    (108) Im Jahr 1998 belief sich der Umsatz des Unternehmens auf 280,805 Mrd. JPY (2,92 Mrd. ECU). Relevant ist hier die Produktion von Vitamin B5 (Calpan) und B6.

    1.2.5.8. Eisai

    (109) Eisai Co. Ltd mit Sitz in Osaka ist ein führendes japanisches Pharma- und Arzneimittelunternehmen, das sich auf die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel spezialisiert hat.

    (110) 1998 (das Geschäftsjahr endete am 31. März 1999) betrug der Gesamtumsatz des Unternehmens 284,860 Mrd. JPY (1,95 Mrd. ECU), wovon 3 % auf Europa entfielen. Im Vitaminsektor produziert Eisai lediglich Vitamin E, das ca. [5-15] % des Gesamtumsatzes ausmacht.

    1.2.5.9. Kongo

    (111) Kongo Chemical Company Ltd in Toyama (Japan) ist ein in Privatbesitz befindlicher Hersteller pharmazeutischer Präparate.

    (112) Der Gesamtumsatz im Jahr 1998 betrug 4,097 Mrd. JPY(28 Mio. ECU). Das einzige für das Verfahren relevante Produkt ist Folsäure.

    1.2.5.10. Sumitomo

    (113) Bei Sumitomo Chemical Company Ltd in Osaka und Tokio handelt es sich um eines der größten Chemieunternehmen Japans, dessen Produktpalette Grundchemikalien, petrochemische Erzeugnisse, Feinchemikalien, Agrochemikalien und Pharmazeutika umfasst.

    (114) Der Gesamtumsatz der Firmengruppe betrug in dem am 31. März 1999 abgelaufenen Geschäftsjahr 927,7 Mrd. JPY (6,3 Mrd. ECU). Relevant für das Verfahren sind die Produkte Biotin (Vitamin H) und Folsäure.

    1.2.5.11. Sumika

    (115) Sumika Fine Chemicals Company in Osaka (Japan) ist eine 100%ige Tochter von Sumitomo Chemical Company.

    (116) Hervorgegangen ist das Unternehmen aus der im April 1992 vollzogenen Fusion von Yodogawa Pharmaceutical mit Daiei Chemical Industries und Okayama Chemicals, bei der es auch den neuen Namen erhielt.

    (117) Im 1999 endenden Geschäftsjahr belief sich der Gesamtumsatz des Unternehmens auf 19,345 Mrd. JPY (132,5 Mio. ECU). Für das Verfahren ist das Produkt Folsäure relevant.

    1.2.5.12. Takeda

    (118) Takeda Chemical Industries Ltd, das seinen Sitz ebenfalls in Osaka hat und 1925 gegründet wurde, stellt Industriechemikalien, Arzneimittel, Kosmetika und Körperpflegemittel her. Takeda gehört zu den international führenden Herstellern von Pharmazeutika, es ist der größte japanische Vitaminhersteller und einer der weltweit führenden Herstellern von Vitaminen als Bulkware. Von den Produkten des Unternehmens Takeda sind die Vitamine B1, B2, B6, C und Folsäure für das Verfahren relevant.

    (119) Der Gesamtumsatz von Takeda betrug im Jahr 1998 841,816 Mrd. JPY (5,7 Mrd. ECU). Der im Ausland erzielte Umsatz hatte einen Anteil von 16,1 % am Gesamterlös. Nahrungsmittel und Vitaminpräparate machten 10 % des Umsatzes aus.

    1.2.5.13. Tanabe

    (120) Bei Tanabe Seiyaku Co. Ltd in Osaka handelt es sich um eines der führenden Pharmaunternehmen Japans. Im Jahr 1998 hatten die pharmazeutischen Erzeugnisse einen Anteil von 81 % am Erlös, weitere Produkte des Unternehmens waren u. a. Lebensmittelzusätze und kosmetische Erzeugnisse. 1998 betrug der Gesamtumsatz 216 Mrd. JPY (1,6 Mrd. ECU). Die im Ausland erzielten Umsätze hatten 1998 einen Anteil von 13,8 % am Erlös.

    (121) Das für das Verfahren relevante Produkt des Unternehmens ist Biotin. Tanabe bezieht Vitamine als Bulkware von anderen Herstellern einschließlich Roche (Vitamin B1 und C) und verwendet diese entweder selbst in der eigenen nachgelagerten Produktion oder vertreibt sie als Händler.

    (122) Der größte europäische Abnehmer von Biotin ist [...].

    1.2.6. UMSATZ UND MARKTGRÖSSE

    (123) Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die relative Bedeutung des jeweiligen Unternehmens auf dem Weltmarkt und dem EWR-Markt sowie über deren jeweilige Größe(11):

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Bei den folgenden Tabellen ist in der ersten Spalte der Name des betreffenden Unternehmens angegeben. Die zweite Spalte enthält Daten für den weltweiten Umsatz mit dem betreffenden Vitaminpräparat im letzten vollständigen Kalenderjahr des Verstoßes und in Klammern den Bereich des Marktanteils des Unternehmens am betreffenden Weltmarkt während der Dauer des Verstosses. Die dritte Spalte enthält dieselben Angaben wie Spalte 2, jedoch in Bezug auf den EWR-Markt für das Vitaminpräparat anstatt den Weltmarkt. Alle Zahlen sind Näherungswerte.

    Vitamin A

    Umsatz (1998, in Mio. EUR) und Marktanteil (1990-1998)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin E

    Umsatz (1998, in Mio. EUR) und Marktanteil (1990-1998)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin B1

    Umsatz (1993, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1993)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin B2

    Umsatz (1994, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1994)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin B5

    Umsatz (1998, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1998)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin B6

    Umsatz (1993, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1993)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin C

    Umsatz (1994, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1994)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin D3

    Umsatz (1997, in Mio. EUR) und Marktanteil (1994-1997)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Vitamin H

    Umsatz (1993, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1993)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Folsäure

    Umsatz (1993, in Mio. EUR) und Marktanteil (1991-1993)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Betacarotin

    Umsatz (1998, in Mio. EUR) und Marktanteil (1992-1998)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Carotinoide

    Umsatz (1998, in Mio. EUR) und Marktanteil (1993-1998)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    1.3. DAS VERFAHREN

    (124) Am 12. Mai 1999 teilte Rhône-Poulenc der Kommission mit, dass es sie gemäß der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (Kronzeugenregelung)(12) über seine Beteiligung und die weiterer Hersteller am europäischen Geschehen eines [...] Vitaminkartells in Kenntnis zu setzen wünscht und sich bei den Untersuchungen kooperativ zeigen wird.

    (125) Rhône-Poulenc übergab der Kommission am 19. Mai 1999 eine schriftliche Zusammenfassung der Aktivitäten auf dem Markt für Vitamin A und E, die, wie das Unternehmen zugab, einen Verstoß gegen Artikel 81 EG-Vertrag darstellen.

    (126) Am 25. Mai 1999 übergab Rhône-Poulenc der Kommission ergänzende Informationen, die weitere Einzelheiten zum Kartell enthielten.

    (127) Am 4. bzw. 6. Mai 1999 schrieben Roche und BASF an die Kommission, worauf sie am 17. Mai 1999 gemeinsam vorstellig wurden. Roche und die BASF wandten sich gemeinsam an die Kommission und teilten ihr mit, dass sie bereit sind, ihren Beitrag zur Aufklärung zu leisten, ohne jedoch zu diesem Zeitpunkt Erklärungen abzugeben oder Beweisunterlagen vorzulegen.

    (128) Am 26. Mai 1999 verlangte die Kommission von Roche und der BASF nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 Auskünfte über ihre Beteiligung an den Absprachen hinsichtlich der Vitamine A, B2, B5, C, E, Betacarotin und Vormischungen (die in den Verfahren in den Vereinigten Staaten aufgeführten Produkte, siehe Erwägungsgründe 149 bis 154).

    (129) Jedes Unternehmen legte der Kommission eine Erklärung vor, worin Verstöße gegen Artikel 81 eingeräumt wurden: Roche am 4. Juni und BASF am 15. Juni 1999. Diese Erklärungen umfassten lediglich jene Vitaminpräparate, die Gegenstand der Strafverfolgung in den Vereinigten Staaten waren. Was Vormischungen anbetrifft, so behaupteten die Produzenten, dass es wohl sporadische Gespräche zu den Vormischungen in Europa gegeben habe, jedoch keine wirksamen Absprachen auf diesem Erzeugnissektor getroffen wurden, da die Verkäufe zumeist in der "reinen" Produktform erfolgten(13).

    (130) Mit Schreiben vom 23. Juni 1999 übermittelte die BASF der Kommission eine umfangreiche Dokumentation, die hauptsächlich die unter dem Kartell für die vorstehend Vitaminpräparate ab 1989 erfolgten Mengenkontrollen und Überwachungsmechanismen betraf.

    (131) Ferner übergab Roche der Kommission mit Schreiben vom 22. Juni 1999 eine umfassende Dokumentation über die bei Vitamin A, E, B5, Betacarotin und Carotinoid erfolgten Mengenkontrollen.

    (132) In den Schreiben vom 9. und 16. Juli 1999, mit denen Roche das Auskunftsverlangen der Kommission beantwortete, übermittelte das Unternehmen detaillierte Angaben und Unterlagen zu den für die Vitamine A, E, B5, C und Betacarotin getroffenen Absprachen. Am 30. Juli 1999 schließlich übermittelte es Informationen zu den Vereinbarungen hinsichtlich der Vitamine B1, B6, D3, H und Carotinoiden. Am 16. Juli 1999 übermittelte die BASF Informationen über die Beratungen zu den Vitamin A, E, B5 und C und kam damit ebenfalls dem Auskunftsverlangen der Kommission nach.

    (133) Mit Schreiben vom 29. Juni 1999 übermittelte Solvay Pharmaceuticals BV eine Notiz zu restriktiven Maßnahmen bei Vitamin D3, der am 14. September 1999 weitere Informationen und Beweismaterial folgten.

    (134) Am 19. und 20. August 1999 wandte sich die Kommission an Takeda, Daiichi, Tanabe, Sumitomo, Lonza und Merck und forderte diese Unternehmen auf, nähere Angaben zu dem bestehenden Verdacht der Beteiligung an Preisabsprachen in Bezug auf bestimmte Vitamine zu machen. Die Aufforderung erstreckte sich nicht auf alle Produkte, bei denen ein Verdacht auf Absprachen seitens der Unternehmen bestand(14).

    (135) Von Takeda erhielt die Kommission am 9. September 1999 eine Reihe von Unterlagen zu den Vitaminen B1, B2, B6, C und Folsäure. (Das Unternehmen gab an, diese bereits vor Erhalt des Auskunftsverlangens nach Artikel 11 zusammengestellt zu haben.) Über die Vitamine B1 und B6 erteilte das Unternehmen am 18. und 20. Oktober 1999 eine Antwort. Es übermittelte darüber hinaus weitere Unterlagen über Folsäure. Am 10. Januar 2000 beantwortete das Unternehmen ein Auskunftsverlangen vom 15. November 1999 betreffend Folsäure.

    (136) Daiichi hatte der Kommission bereits am 2. Juli 1999 und damit vor Erhalt des Auskunftsverlangens nach Artikel 11 (das sich auf Vitamin B6 bezog) einen beachtlichen Umfang an Unterlagen über Vitamin B5 zur Verfügung gestellt.

    (137) Daiichi kam dem Auskunftsverlangen der Kommission vom 19. August 1999 nach. Es bestritt nicht seine Beteiligung an Preisabsprachen bei Vitamin B6 - zumindest nicht bis Mitte 1994.

    (138) Mit Schreiben vom 11. Oktober 1999 räumte Tanabe seine Beteiligung an Absprachen mit anderen Herstellern von Biotin von Oktober 1994 bis 1995 ein.

    (139) Am 12. Oktober 1999 erhielt die Kommission von Eisai eine Akte mit Unterlagen und eine Erklärung über wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vitamin E.

    (140) In seinem Antwortschreiben vom 5. November 1999 gab Sumitomo häufige Kontakte zu anderen Biotinherstellern zu, behauptete jedoch, dass es sich dabei nicht um ein wettbewerbsfeindliches Verhalten seinerseits gehandelt habe.

    (141) Lonza reagierte mit Schreiben vom 24. September 1999 auf das Auskunftsverlangen der Kommission und räumte die Teilnahme an mehreren multilateralen Treffen mit anderen Biotin-Herstellern und den wettbewerbsfeindlichen Charakter dieser Treffen ein.

    (142) In seinem Antwortschreiben vom 26. Oktober 1999 gab Merck die Teilnahme an Beratungen mit Wettbewerbern über Preise bei Biotin zu. Am 22. November 1999 übergab das Unternehmen eine Reihe von relevanten Unterlagen, die Absprachen auf diesem Produktsektor betrafen.

    1.3.1. DAS VERWALTUNGSVERFAHREN

    (143) Am 6. Juli 2000 leitete die Kommission im vorliegenden Fall das Verfahren ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die Adressaten der vorliegenden Entscheidung an.

    (144) Den Unternehmen stand die Ermittlungsakte der Kommission über eine CD-ROM zur Verfügung, die alle in der Akte zugänglichen Unterlagen enthielt. Diese CD-ROM wurde ihnen kurz nach der Herausgabe der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugesandt.

    (145) Sumitomo und Sumika machen geltend, dass sie keinen vollständigen Zugang zu der Akte gehabt hätten, da die Kommission nicht in allen Fällen nichtvertrauliche Fassungen oder eine ausführliche Beschreibung des Inhalts dieser Unterlagen zur Verfügung gestellt habe und somit die Verteidigungsrechte der beiden Unternehmen verletzt haben könnte.

    (146) Dieses Argument ist zurückzuweisen. Die Kommission legte mittels CD-ROM eine vollständige Kopie aller in ihrer Akte des Falls sowohl vollständig als auch teilweise zugänglichen Unterlagen vor einschließlich der nichtvertraulichen Fassung der teilweise zugänglichen Unterlagen. Diese CD-ROM ging allen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu. Eine beschreibende Liste des Inhalts der nichtzugänglichen Unterlagen wurde erstellt und denselben Adressaten zugesandt.

    (147) Nach ihrer schriftlichen Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte nahmen alle Adressaten dieser Entscheidung mit Ausnahme von Solvay, Kongo und Sumika an der mündlichen Anhörung zu dem Fall vom 12. Dezember 2000 teil. Bei der Anhörung erhielten die Unternehmen auch Gelegenheit, die schriftlichen Antworten der anderen Beteiligten zu kommentieren, die ihnen vorher bereits zugänglich gemacht worden waren.

    (148) In ihren schriftlichen Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkt bestritt mit Ausnahme von Sumitomo und Sumika im Wesentlichen keiner der Hersteller die Sachlage, auf die die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte gründete.

    1.3.2. VERFAHREN IN ANDEREN RECHTSORDNUNGEN

    (149) Am 8. Mai 1998 richtete der District Court of Northern Texas (Bezirksgericht) im Zusammenhang mit Untersuchungen des Justizministeriums zum Vitaminmarkt in einem Verfahren vor eine Grandjury (für die Eröffnung von Strafverfahren zuständige Behörde) eine Ladung (subpoena) an das US-Tochterunternehmen von Roche.

    (150) Gemäß den Informationen des District Court Dallas vom 20. Mai 1999 wird Roche und der BASF ein Verstoß gegen Section 1 Sherman Act (amerikanisches Kartellgesetz) von 1890 (15 USC § 1) vorgeworfen, da die Unternehmen an abgestimmten Maßnahmen zur Unterdrückung und Ausschaltung des Wettbewerbs durch Preisfestsetzung und Zuweisung von Absatzquoten bei bestimmten Vitaminen in den USA und anderen Ländern beteiligt gewesen sein sollen. Auch Einzelpersonen wurden strafrechtlich zu ahndende Verstöße gegen das amerikanische Kartellgesetz vorgeworfen. Dabei handelte es sich um folgende Vitamine und Zeiträume:

    - Vitamine A und E: von Januar 1990 bis Februar 1999;

    - Vitamin B2: von Januar 1991 bis mindestens Herbst 1995;

    - Vitamin B5: von Januar 1991 bis mindestens Dezember 1998;

    - Vitamin C: von Januar 1991 bis mindestens Herbst 1995;

    - Betacarotin: von Januar 1991 bis mindestens Dezember 1998;

    - Vitamin-Vormischungen: von Januar 1991 bis mindestens Dezember 1997.

    (151) Entsprechend einer mit den Vereinigten Staaten getroffenen Vereibarung bekannten sich BASF und Roche des wettbewerbsbeschränkenden Zusammenwirkens schuldig und wurden zu einer Geldstrafe von 225 Mio. USD bzw. 500 Mio. USD verurteilt. Zwei Mitarbeiter der obersten Führungsebene von Roche, die Herren [...] (*) und [...] (*), die beide Mitglied der Geschäftsleitung waren, bekannten sich im Sinne der Anklage schuldig und wurden zu den vereinbarten Haftstrafen von vier bzw. fünf Monaten sowie zu persönlich zu zahlenden Geldstrafen verurteilt.

    (152) Am 9. September 1999 erklärten sich Takeda, Eisai und Daiichi einverstanden, sich schuldig zu bekennen und für ihre Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen auf dem Vitaminmarkt Geldstrafen in Höhe von insgesamt 137 Mio. USD zu zahlen.

    (153) Nachdem Rhône-Poulenc mit den US-Behörden zusammengearbeitet hatte, wurde dem Unternehmen unter der für Unternehmen geltenden Amnestieregelung des Justizministeriums ein bedingter Schutz vor Strafverfolgung gewährt.

    (154) In den USA wurden wegen Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen auf dem Vitaminsektor im Wesentlichen folgende Geldstrafen verhängt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (155) Auch in Kanada wurden Commissioner for Competition umfangreiche Untersuchungen des Preiskartells durchgeführt, da die Preisabsprachen den Wettbewerb beim Verkauf und bei der Lieferung von Vitaminen als Bulkware in Kanada beeinträchtigt hatten.

    (156) Am 22. September 1999 bekannten sich Roche, BASF, Rhône-Poulenc, Daiichi und Eisai vor dem Federal Court of Canada (Trial Division) der wettbewerbsbeschränkenden Abrede zwecks Verhinderung oder unbilliger Einschränkung des Wettbewerbs und somit eines Verstoßes gegen Section 45 Competition Act 1985 schuldig.

    (157) In den strafrechtlichen Verfahren wurden die folgenden Geldstrafen verhängt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    1.3.3. BEWEISUNTERLAGEN

    (158) Zu den der Kommission vorliegenden wichtigsten Beweisunterlagen zählen:

    - Erklärung von Rhône-Poulenc vom 19. Mai 1999 sowie Anhänge ("Rhône-Poulenc Statement" - Erklärung von Rhône-Poulenc),

    - Ergänzende Erklärung von Rhône-Poulenc vom 25. Mai 1999 sowie Anhänge ("Rhône-Poulenc Supplemental Statement" - Ergänzende Erklärung von Rhône-Poulenc),

    - Erklärung von Roche vom 2. Juni 1999 ("Hoffmann-La Roche Statement" - Erklärung von Hoffmann-La Roche),

    - Erklärung der BASF vom 15. Juni 1999 ("BASF Statement" - Erklärung der BASF),

    - Erklärung von Solvay (zu Vitamin D3) vom 29. Juni 1999 ("1st Solvay Statement" - 1. Erklärung von Solvay),

    - Dokumentation von Roche, übergeben mit Schreiben vom 22. Juni 1999 (Bündel A),

    - Dokumentation der BASF, übergeben mit Schreiben vom 23. Juni 1999 (Bündel B),

    - Antwort von Roche vom 9. Juli 1999 zu Vitamin E gemäß Artikel 11 sowie Anhang 1-14 (Bündel C),

    - Erklärung von Daiichi vom 9. Juli 1999 (Daiichi Statement - Erklärung von Daiichi) zu Vitamin B5 sowie Beweisunterlagen (Bündel D),

    - Antwort von Roche (Vitamine A, E, B2, B5, C usw.) vom 16. Juli 1999 gemäß Artikel 11 sowie Anhänge,

    - Antwort der BASF (Vitamine A, E, B5, C) vom 16. Juli 1999 gemäß Artikel 11 sowie Tabellen,

    - Schreiben von Roche vom 30. Juli 1999 bezüglich Vitamin B1, B6, D3, Biotin und Carotinoiden sowie Anhänge,

    - Erklärung von Solvay Pharmaceuticals BV vom 14. September 1999 sowie Anhänge ("2nd Solvay Statement" - 2. Erklärung von Solvay),

    - Dokumentation von Takeda in bezug auf Absprachen zu B1, B2, B6, C und Folsäure, vorgelegt am 7. September 1999 (Bündel E),

    - Dokumentation von Takeda in bezug auf Absprachen zu Folsäure, vorgelegt am 18. Oktober 1999 (Bündel F),

    - Antwort von Takeda vom 18. und 20. Oktober 1999 auf das Auskunftsverlangen zu Vitamin B1 und B6,

    - Erklärung von Eisai vom 12. Oktober 1999 sowie beigefügte Unterlagen (Eisai Statement - Erklärung von Eisai),

    - Antwort von Tanabe vom 11. Oktober 1999 auf das Auskunftsverlangen zu Biotin sowie Anhänge,

    - Antwort von Merck vom 26. Oktober 1999 auf das Auskunftsverlangen zu Biotin,

    - Schreiben von Merck vom 22. November 1999 als Antwort auf das Auskunftsverlangen zu Vitamin B1 und B6,

    - Antwort von Takeda vom 10. Januar 2000 auf das Auskunftsverlangen zu Folsäure.

    1.4. DIE KARTELLE

    (159) Dieser Abschnitt enthält eine Beschreibung der Sachlage in Bezug auf das jeweilige Kartell bei den verschiedenen betroffenen Märkten für Vitaminpräparate, d. h. den Märkten für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide.

    1.4.1. DIE VITAMINE A UND E

    1.4.1.1. Ursprung und Grundstruktur der Kartelle

    (160) Laut Angaben der europäischen Produzenten war Ende der 80er Jahre bei den Preisen sowohl für Vitamin A als auch Vitamin E wettbewerbsbedingt ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Roche führt den "dramatischen" Preisverfall bei Vitamin E auf die "Preisoffensive" von Eisai im Jahr 1989 zurück (für die sinkenden Preise bei Vitamin A macht Roche die aggressive Preispolitik von Rhône-Poulenc verantwortlich). Im Sommer 1989 fanden wenigstens zwei Zusammenkünfte auf der obersten Führungsebene statt, die erste unter Teilnahme von Roche und BASF am 7. Juni in Basel und die zweite in Zürich, an der auch Rhône-Poulenc teilnahm. Obere Führungskräfte von Roche, BASF und Rhône-Poulenc trafen sich im bzw. vor oder nach September 1989 erneut in Zürich. Die Zusammenkunft dauerte zwei Tage. Eisai nahm nicht daran teil; laut Angaben von Roche sollte Eisai in einer zweiten Phase hinzugezogen werden.

    (161) Rhône-Poulenc führte an, dass Roche mit seinem Marktanteil von 50 % zufrieden war, die BASF eine Erweiterung ihres Marktanteils wünschte, der zum damaligen Zeitpunkt 30 % betrug, und Rhône-Poulenc seinen Anteil von 15 % gerne erhöht hätte, jedoch erkennen musste, dass dies nicht möglich war.

    (162) Die BASF lieferte eine recht detaillierte Beschreibung der im September 1989 in Zürich stattgefundenen Zusammenkunft, die zur Schaffung des Kartells für Vitamin A und E führte.

    (163) Am ersten Tag der Gespräche bestimmten die in den jeweiligen Unternehmen für das Vitaminmarketing zuständigen leitenden Mitarbeiter zusammen mit einigen Produktmanagern die Größe des Marktes für Vitamin A und E und nahmen im Anschluss daran eine Aufteilung des Weltmarkts und der Regionalmärkte unter den vier Produzenten ausgehend von den im Jahr 1988 erzielten Umsätzen der Unternehmen vor.

    (164) Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass damit die Weltmarktanteile der betreffenden Hersteller stabilisiert werden sollten. Die Marktanteile wurden auf den Stand von 1988 eingefroren. Bei Erweiterung des Marktes konnten die einzelnen Unternehmen ihre Umsätze nur entsprechend den vereinbarten Quoten und in Übereinstimmung mit dem Marktwachstum, nicht aber auf Kosten eines Wettbewerbers erhöhen.

    (165) Am zweiten Tag nahmen auch die Leiter der Geschäftsbereiche "Feinchemikalien" (bzw. des entsprechenden Bereichs) und die Vitamin-Marketingleiter der einzelnen Unternehmen an der Zusammenkunft teil, um die vereinbarten Quoten zu genehmigen und eine Basis des "Vertrauens" in die Einhaltung der Absprachen unter den Beteiligten zu schaffen. Ferner erhielt die Maxime "Preis vor Menge" als Grundlage für das Kartell Zustimmung, und konkrete Preisniveaus wurden diskutiert.

    (166) Den Angaben der BASF zufolge besaßen die einzelnen Produzenten von Vitamin A im Jahr 1988, dem "Basisjahr" für die Festlegung der Quoten, die folgenden Marktanteile:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (167) Zu Vitamin E legte die BASF auch Angaben über die 1988 getätigten Umsätze vor, die nachstehenden Prozentsätzen entsprachen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (168) Im Zusammenhang mit der Festlegung der Quoten kann eine leichte Bereinigung dieser Zahlen erfolgt sein. Laut Angaben der BASF wurden bei der Zusammenkunft in Zürich die folgenden globalen Marktanteile vereinbart:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Von Roche werden die dargestellten Quoten für Vitamin A bestätigt.

    (169) Im Herbst 1998 hielten die europäischen Hersteller eine zweite Zusammenkunft in Basel ab, um den Rahmen und die Verfahrensweise des Kartells ausführlicher zu erarbeiten. Für jede Region einschließlich Europa wurden die Marktanteilquoten weiter nach Ländern aufgegliedert, so dass alle Zuteilungen insgesamt dem zugewiesenen Regionalanteil entsprachen und die Regionalanteile zusammen die Weltquoten ergaben.

    (170) Es wurde eine Einschätzung des Marktes für 1990 vorgenommen und die Prognose abgestimmt; die prozentualen Quoten für die einzelnen Unternehmen wurden dann für den Weltmarkt, die regionalen und die nationalen Märkte in Absatzkontingente auf Tonnenbasis umgerechnet.

    (171) Solange das Kartell bestand, fand diese Veranstaltung jeweils im Spätsommer bzw. Herbst eines jeden Jahres statt und wurde als "Budget" bezeichnet.

    Struktur und Teilnehmer

    Struktur der regelmäßigen Zusammenkünfte

    (172) Im Zuge der Verfestigung des Kartells entstand eine komplexe Struktur regelmäßiger Zusammenkünfte. Dabei sind vier Ebenen zu unterscheiden:

    Oberste Ebene

    (173) Diese Ebene vertraten die in den Unternehmen für den Bereich "Vitamine" zuständigen höchsten leitenden Mitarbeiter, wozu die Leiter der Geschäftsbereiche und in einigen Fällen auch die Marketingleiter für Vitamine gehörten. Sie hatten die Aufgabe, die Vereinbarung leitungsmäßig zu unterstützen, die Gesamtstrategie festzulegen und die Einhaltung der Vereinbarung durch alle Parteien zu sichern.

    Marketingleiter

    (174) Die Vitamin-Marketingleiter (die zum Teil auch an den Zusammenkünften auf der obersten Ebene teilnahmen) fassten Beschlüsse zur praktischen Durchsetzung der Vereinbarungen und nahmen die endgültige "Budget"-Zuweisung vor. An einigen Beratungen nahmen auch die Leiter der Geschäftsbereiche teil. Pro Jahr fanden zwei oder drei Zusammenkünfte statt.

    Globale Produktmarketingebene

    (175) Diese Ebene umfasste die für das Produktmarketing von Vitamin A und E auf globaler Ebene zuständigen Manager. Ihre Beratungen fanden vierteljährlich statt und dienten der Überwachung der Einhaltung der Quotenregelungen.

    Regionale Produktmarketingebene

    (176) Pro Jahr fanden etwa vier Treffen auf dieser Ebene statt, die von den regionalen Leitungsgremien organisiert wurden und an denen die Marketingleiter für die einzelnen Regionen (einschließlich Europas) teilnahmen. Zu den Diskussionsgegenständen gehörte die Preisfestsetzung für einzelne Kunden. In den Zuständigkeitsbereich dieser Gruppe fielen ebenfalls:

    - Überwachung der Umsätze hinsichtlich der Einhaltung der "Budget"-Zuweisungen für die regionale Ebene und gegebenenfalls Vornahme von Bereinigungen,

    - Ermittlung relevanter Marktentwicklungen in der Region,

    - Umsetzung der auf einer höheren Ebene vereinbarten Preissteigerungen.

    (177) Oftmals wurden die regionalen Beratungen für Europa mit globalen operativen Treffen auf einer höheren Ebene verbunden.

    (178) Von BASF wurden die üblichen Teilnehmer der Sitzungen in dem betreffenden Zeitraum benannt.

    Wechselseitige Beziehungen zwischen den einzelnen Gruppen

    (179) Die Aktivitäten des Kartells waren auf die Erarbeitung und Umsetzung des Jahres-"Budgets" ausgerichtet. In dieser und anderer Beziehung lehnten sich dessen Mechanismen recht eng an die Prinzipien der betrieblichen Finanzverwaltung und -kontrolle an.

    (180) Die von der BASF benannten Marketingleiter (von Rhône-Poulenc als "top vitamins operations managers", die Topmanager der Vitaminbereiche, bezeichnet) trafen sich üblicherweise im August. Bei diesen Zusammenkünften wurden die global erzielten Absatzzahlen ausgetauscht, eine Schätzung von Marktgröße und Marktwachstum im Folgejahr vorgenommen sowie die "Budget"-Zuweisungen für das kommende Jahr vorbereitet.

    (181) Diese als "Budget Meetings" ("Budget"-Beratungen) bezeichneten Veranstaltungen wurden ausnahmslos von Roche organisiert und fanden in Hotels in oder in der Nähe von Basel statt. Laut Angaben von Rhône-Poulenc gab Roche zunächst anhand von Tabellen eine Übersicht über den jeweiligen Marktstand, die auf den von den anderen Unternehmen in Vorbereitung dieser Beratungen telefonisch übermittelten Angaben beruhte.

    (182) Preiserhöhungen wurden normalerweise von diesem Forum beschlossen: Im Allgemeinen erfolgte die Anhebung in Schritten von 5 %. Die endgültigen Entscheidungen zur Preisentwicklung fielen zumeist in der zweiten Jahreshälfte, wobei Preissteigerungen üblicherweise am 1. April des Folgejahres wirksam wurden.

    (183) Wurde eine Preiserhöhung beschlossen, gab im Allgemeinen Roche diesen Schritt als erstes Unternehmen öffentlich bekannt (offensichtlich bat das Unternehmen jedoch auch gelegentlich die BASF, die Öffentlichkeit als erste von solchen Preissteigerungen zu unterrichten).

    (184) Nach der "Budget"-Beratung im August trafen die drei Geschäftsbereichsleiter (für Rhône-Poulenc der Leiter des RPAN-Bereichs) zusammen. Bei dieser Gelegenheit legten die auf den "Budget"-Beratungen vertretenen Bereichsleiter und Marketingleiter die Ergebnisse des Vorjahres dar.

    (185) Die Beratungen fanden ebenfalls in Hotels in Basel oder Umgebung statt. Auf diesen von Roche organisierten und geleiteten Beratungen erläuterte Roche die Marktentwicklungen, und die Geschäftsbereichsleiter erörterten die Größe des Marktes, Erhöhungen der Marktanteile, Preisbewegungen und lösten bestehende Probleme.

    (186) Die obersten Führungskräfte von Roche, BASF und Rhône-Poulenc, die das Vitamingeschäft überwachten, trafen ein- oder zweimal jährlich in Basel, Paris und Frankfurt zusammen, wobei die Treffen offensichtlich turnusmäßig von den jeweiligen Unternehmen organisiert wurden. Laut Angaben von Rhône-Poulenc gab es dabei keine konkrete Tagesordnung. Es handelt sich jedoch vermutlich um die von Roche beschriebenen Beratungen. Ihr Zweck bestand darin, die Unterstützung der obersten Führungsebene für das Kartell zu demonstrieren und die Gesamtstrategie festzulegen.

    (187) Die Regionaltreffen für Europa wurden üblicherweise ebenfalls von Roche organisiert und in Basel abgehalten. Diese Beratungen wurden in dem Monat angesetzt, der auf das Ende des jeweiligen Quartals folgte. Die für das regionale Marketing zuständigen Leiter erstatteten der übergeordneten Leitungsebene Bericht über Marktentwicklungen, die dann wiederum die erforderlichen Beschlüsse fasste.

    (188) Die an den regionalen Zusammenkünften für Europa teilnehmenden Führungskräfte setzten sich jede Woche zwecks Überwachung der Preis- und Absatzvereinbarungen und Erörterung in Bezug auf einzelne Kunden telefonisch miteinander in Verbindung. Monatlich informierten sie sich gegenseitig über die auf den einzelnen nationalen Märkten erzielten Absatzmengen an Vitamin A und E. (Roche setzte die anderen Unternehmen über die monatlichen Verkäufe von Eisai auf dem europäischen Markt insgesamt ohne Aufschlüsselung auf die einzelnen Ländern in Kenntnis.)

    Mengenkontrollmechanismus: "Budgets"

    Allgemeines

    (189) Die Grundüberlegung des Kartells bestand darin, die Marktanteile bei beiden Produkten auf den Stand von 1988 einzufrieren.

    (190) Die drei größten europäischen Produzenten haben der Kommission Tabellen und Arbeitsblätter vorgelegt, die für die Berechnung, Prüfung und Vereinbarung der Absatzquoten bei Vitamin A und E für die einzelnen regionalen und nationalen Märkte erarbeitet und dafür verwendet wurden.

    (191) Die von der BASF vorgelegten Unterlagen sind wahrscheinlich das umfangreichste Material über die "Budget"-Zuweisungen, aus dem die Funktionsweise des Mengenkontrollmechanismus ersichtlich ist. Zum größten Teil bestehen die BASF-Dokumente aus a) Arbeitsblättern oder Hilfsmaterial für die Erarbeitung des jährlichen "Budgets" für die einzelnen Hersteller auf Länderbasis und b) Grafiken, in denen der tatsächliche Absatz der einzelnen Hersteller ihren jeweiligen "Budgetmengen" gegenübergestellt wird, d. h. ihren Quoten für die regionalen und nationalen Märkte, sowohl auf Jahresbasis als auch für kürzere Zeiträume (die Absatzzahlen wurden monatlich ausgetauscht).

    (192) Die von Roche vorgelegten Unterlagen bestehen aus a) Arbeitsblättern, die auf der Grundlage der von den anderen Produzenten gemachten Angaben erarbeitet wurden und die Vereinbarungen über Mengenzuweisungen und die von den Teilnehmern übermittelten monatlichen und jährlichen Ergebnisse enthalten, sowie b) Grafiken, die zur Vorbereitung von "Budget"-Erörterungen und Beratungen erstellt wurden.

    (193) Die "Budget"-Dokumentation für das Jahr 1998 ist repräsentativ für den Gesamtkomplex und kann als Beispiel dienen(15).

    Vitamin A

    (194) Für die gesamte "Region" (einschließlich Osteuropa, Afrika und Naher Osten) wurden Quoten von 45,3 % für Roche, 31,6 % für BASF und 23,3 % für Rhône-Poulenc vorgeschlagen.

    (195) Für Westeuropa insgesamt werden Quoten von 44,3 % für Roche, 32,1 % für BASF und 23,6 % für Rhône-Poulenc angeführt.

    (196) Die für das gesamte Jahr aufgeführten Zahlen wurden kumulativ auf monatlicher Basis aufgerechnet, um die Einhaltung der vereinbarten Marktanteile durch alle Beteiligten zu sichern. Lag der Absatz eines der Unternehmen über der zugewiesenen Quote, musste es eine "Drosselung" vornehmen, damit die anderen aufholen konnten. Zeigte sich am Ende eines Jahres, dass ein Hersteller seine Quote deutlich überschritt, musste er Vitamine von den anderen Unternehmen abkaufen, um diese für die dadurch verursachten Quotenunterschreitungen zu entschädigen.

    Vitamin E

    (197) Für Vitamin E wurde eine ähnliche computergestützte Datenbank geführt, wenn auch erstens separate Grafiken für "Futtermittel", "Pharma(zeutika)" und "Gesamt" vorliegen und zweitens die Mengenangaben in metrischen Tonnen erfolgt sind.

    (198) Auch hier ist aus der von der BASF für das Jahr 1998 zur Verfügung gestellten Dokumentation die Funktionsweise des Systems ersichtlich, das von 1989 bis 1997 nach diesem Schema funktionierte.

    (199) Bezeichnet werden die drei wichtigsten Produzenten in den Arbeitsblättern für Vitamin E wiederum mit "1", "2" und "3"; "4" bezieht sich auf Eisai und "5" auf die anderen Hersteller.

    Mindest- und Zielpreise

    (200) Auf ihrer Zusammenkunft auf der obersten Leitungsebene im September 1989 im Hotel Baur au Lac in Zürich stimmten die Geschäftsbereichsleiter von Roche, BASF und Rhône-Poulenc dem Grundsatz "Preis vor Menge" zu.

    (201) Die Entscheidungen, ob, wann und um wie viel Prozent die Preise angehoben werden sollten, trafen die Vitamin-Marketingleiter bei ihren regelmäßig stattfindenden Zusammenkünften. Eine endgültige Entscheidung erfolgte im Allgemeinen in der zweiten Jahreshälfte, wobei die Preiserhöhung üblicherweise am 1. April des Folgejahres in Kraft trat.

    (202) Zu Beginn des Kartells hatten sich die Beteiligten über eine Preissteigerung von etwa 10 % für die Vitamine A und E geeinigt.

    (203) Die Parteien vereinbarten im Normalfall, dass ein Hersteller die Preiserhöhung als erster "bekannt gibt", entweder in einer Fachzeitschrift oder durch direkte Kommunikationskanäle mit einem größeren Kunden. Sobald die Preissteigerung von einem Kartellmitglied angekündigt worden war, zogen die anderen in der Regel nach.

    (204) Auf Weise konnten die abgestimmten Preissteigerungen im Fall einer Beanstandung als Ausdruck der Preisführerschaft auf einem oligopolistischen Markt dargestellt werden.

    (205) Der Kommission liegen Unterlagen über die interne Preisfestsetzung und das Geschäftsgebaren von Roche wie auch BASF vor, aus denen ersichtlich ist, dass beide Hersteller üblicherweise auf der Basis von "Listen"-Preisen (bzw. "Ziel"- und "Mindest"-Preisen) operierten.

    (206) Deutlich wird die Anwendung der Preisziele im "Kalkulationsblatt" für Vitamin A und E von Roche, das die Geschäftsbereiche im März 1991 erhielten.

    (207) Bei Vitamin A wurde 1991 eine Preissteigerung (in CHF) von 5-10 % angestrebt (bei Ausgleich des USD/DEM-Kursgefälles zwecks Abwehr der Börsenmakler). Während die verantwortlichen Leiter angewiesen wurden, den Anteil am Weltmarkt von 48 % zu halten, wurden sie auch zur Einhaltung des Prinzips "Preisziel vor Mengen-/Marktanteilsziel: Keine Mengenüberschreitung durch Unterlaufen des Preisziels" (vgl. die Maxime "Preis vor Menge", Erwägungsgrund 200) aufgefordert.

    (208) Aus dem Blatt sind die im 2. und 3. Quartal 1991 für die einzelnen Produktformen geltenden "Listen"- und "Mindest"-Preise in DEM und USD ersichtlich.

    (209) Zur Durchsetzung der Preiserhöhung ergeht an den Geschäftsbereich die folgende Warnung für den europäischen Markt: "Die derzeitigen DEM-Preise bei Futtermitteln sind im 2. Quartal 1991 strengstens einzuhalten. Preissteigerungen von 10 % sind vorzubereiten und im Mai mit sofortiger Wirkung für Spot-Aufträge und alle Verträge des 3. Quartals bekannt zu geben. Die Preise für die Bereiche Ernährung/Pharma sind strikt anzuwenden." (Ähnliche Anweisungen wurden für Vitamin E erteilt.)

    (210) Im Rahmen der abgestimmten Initiative von 1991 erfolgte eine quartalsweise Neubestimmung der Preise; ab Anfang 1993 stiegen die Preise im Normalfall einmal pro Jahr, im Allgemeinen mit Wirkung vom 1. April, wobei gegebenenfalls zum 1. Oktober eine weitere Erhöhung vorgenommen werden konnte.

    Arbeitsweise des Kartells zwischen 1989 und 1997

    (211) Im ersten Jahr des Bestehens des Kartells trafen sich die leitenden Mitarbeiter von Roche, BASF und Rhône-Poulenc zwecks Konkretisierung ihrer Vereinbarungen recht häufig. So hat Rhône-Poulenc etwa neun Beratungen in Basel vom Januar 1990 bis Januar 1991 aufgeführt.

    (212) Ferner gab es getrennte Beratungen zwischen Roche und Eisai zu Vitamin E, die in einem internen Vermerk von Roche mit dem Titel "Eisai history" dokumentiert sind; diese Treffen begannen mit einer Sitzung auf oberster Ebene im September 1990 in Japan.

    (213) Am 25. Oktober 1990 fand in Basel ein Nachfolgetreffen statt, auf dem die Führungskräfte von Eisai die Bereitschaft ihres Unternehmens erklärten, dem "Club" beizutreten, jedoch unter der Bedingung, dass die Mitglieder ihre Absatzdaten austauschen.

    (214) Auf einer trilateralen Zusammenkunft vom 30. Oktober 1990 in Basel stimmten die drei europäischen Hersteller einer Aufnahme von Eisai für zunächst 5 Jahre zu. Dem Unternehmen wurde vorbehaltlich möglicher Steigerungen entsprechend dem Marktwachstum eine Quote von 1600 Tonnen zugewiesen. Die Vorteile für Eisai lägen in einem garantierten Absatzvolumen sowie höheren Preisen.

    (215) Da Eisai den größten Teil des Jahres 1990 nicht fest in die Absprachen über Vitamin E eingebunden war und ein größeres Absatzvolumen als erwartet erzielte, führten die Absprachen in diesem Jahr nicht zu einer spürbaren Preissteigerung.

    (216) Im Dezember 1990 wurde das Werk von Rhône-Poulenc, das Vitamin E herstellte, bei einem Brand stark beschädigt. Die großen Produzenten vertraten nun die Auffassung, dass die Kunden angesichts des mangelnden Angebots an dem Produkt einen höheren Preis in Kauf nehmen würden (ebenso gelangten sie zu dem Schluss, dass der Mangel an Vitamin E auch für eine gleichzeitige Preiserhöhung von Vitamin A genutzt werden könne).

    (217) Obgleich Rhône-Poulenc dieses unvorhersehbare Ereignis als Katalysator für die Konsolidierung des Kartells bezeichnet, geht aus der Beschreibung der Ereignisabfolge von BASF und Roche hervor, dass der Rahmen des Kartells wie auch der Mechanismus für seine Umsetzung bereits Ende 1989 vereinbart wurden.

    (218) Nach dem so genannten "Gipfel", der am 8. und 9. Januar 1991 in Japan unter Beteiligung führender Persönlichkeiten der drei europäischen Produzenten und von Eisai stattfand (siehe Erwägungsgrund 234), bekräftigte Eisai seine Bereitschaft zum Beitritt zur Vereinbarung für eine weltweite Absatzmengenzuteilung bei Vitamin E, worauf seine Quote von 10 auf 11 % erhöht wurde. Eisai hat die Gespräche mit Wettbewerbern hinsichtlich des Antitrustrechts offensichtlich rationell geführt, denn mit jeder der drei Parteien traf das Unternehmen getrennt für jeweils 20 Minuten zusammen; von Eisai werden diese Zusammenkünfte fälschlich als "Höflichkeitsbesuche" bezeichnet. Was Eisai mit diesem Täuschungsmanöver auch immer bezweckt haben mag, der Effekt wurde durch seine Einladung aller drei Wettbewerber zu einer "gemeinsamen Beratung" unmittelbar im Anschluss in ein Restaurant negiert, bei der (laut eigenen Angaben von Eisai) ein "geregeltes Marketing"-System vorgeschlagen und erörtert wurde.

    (219) Die Vereinbarung wurde einige Wochen später anlässlich eines Besuches führender Persönlichkeiten von Roche in Japan und eines Zusammentreffens mit Eisai bestätigt (siehe Erwägungsgrund 236).

    (220) Durch die feste Einbindung von Eisai in die Volumen- und Preisvereinbarungen in Bezug auf Vitamin E und bedingt durch das mangelnde Angebot konnten die vier Produzenten die Preise für dieses Produkt im Jahr 1991 spürbar erhöhen. (Bis zur Wiederaufnahme der Produktion in seinem Werk erhielt Rhône-Poulenc Lieferungen von Roche und der BASF.) Gleichzeitig und parallel zu den Preissteigerungen für Vitamin E vereinbarten die drei europäischen Produzenten Preiserhöhungen bei Vitamin A, die sie auch umsetzten.

    (221) Im Zeitraum 1991-1994 war bei beiden Vitaminen ein spürbarer Preisanstieg zu verzeichnen. 1991 belief sich die Steigerung auf etwa 10 % (siehe Erwägungsgrund 202). Laut Angaben von Roche bestand das Ziel nach 1994 darin, das erreichte Preisniveau zu halten.

    (222) Die gleichzeitige und einheitliche Einführung der Preissteigerungen für die Vitamine A und E führte zu Beschwerden seitens lokaler Vormischunternehmen bei den französischen Behörden. Am 28. Januar 1993 führten die französischen Behörden eine Überprüfung durch. Roche informierte Takeda am 8. Februar 1993 auf einer Beratung zu Vitamin C über das Ergebnis dieser Maßnahme. Takeda nahm ihre abschätzige Haltung gegenüber diesen Nachprüfungen entsprechend zur Kenntnis:"Bei der Nachprüfung wurde nichts festgestellt. Ferner wurde der Bereich RPAN untersucht, was jedoch ebenfalls ergebnislos verlief. Eine derartige Untersuchung fand bereits 1991 statt, es ergaben sich jedoch keinerlei Beweise. Für R sind diese Überprüfungen kein Problem: sie sind jedoch vorsichtig in Bezug auf den Umgang mit Unterlagen." [Originalzitat Englisch]

    (223) Bis Anfang 1994 war bei Vitamin A und E ein deutlicher Preisunterschied (etwa 10 %) zwischen Europa und den Vereinigten Staaten entstanden. Makler nutzten diese Gelegenheit zu "Arbitrage"-Geschäften. Aus diesem Grund ließ Roche seine Gebietsleiter auf einer Beratung vom 1.-4. Februar 1994 wissen, dass "dem europäischen Markt hinsichtlich der Preisfestsetzung für 1994 höchste Priorität zukommt ... Unser Ziel besteht darin, den Preis für Vitamin A um 2 DEM und für Vitamin E um 1 DEM zu erhöhen. Die Mengen sind streng zu kontrollieren." Die BASF hatte bereits im September 1993 die Aufmerksamkeit ihrer europäischen Vertriebsorganisationen auf diese Erscheinung gelenkt.

    (224) Am 14. Februar 1994 kündigte BASF über die Fachpresse Preissteigerungen im Umfang von 5 % bei den Vitaminen A und E an. An die Absatzbüros ging die Anweisung, mit sofortiger Wirkung neue "Limit"-Preise anzuwenden: Die Mindeststeigerung belief sich bei Vitamin A auf 2 DEM und bei Vitamin E auf 1 DEM.

    (225) Der schnelle Anstieg in der Nachfrage nach Vitamin E für die Humanernährung machte im Jahr 1994 eine Änderung der dem Unternehmen Rhône-Poulenc zugewiesenen Quote erforderlich. Zwecks Einhaltung des vereinbarten Anteils von 16 % am Gesamtmarkt war Rhône-Poulenc gezwungen, seinen Absatz im Bereich Tierernährung zu erhöhen. Im August 1994 einigten sich die Hersteller auf eine Obergrenze bei den Futtermitteln von 21 % für Rhône-Poulenc. Für den Fall, dass das Unternehmen mit der festgelegten Quotenerhöhung in diesem Bereich den vollen Anteil von 16 % insgesamt nicht erreicht, wurde vereinbart, dass die beiden anderen europäischen Hersteller das Produkt zwecks Ausgleich der Mindermenge von Rhône-Poulenc aufkaufen. Ausgleichskäufe wurden von Roche im Jahr 1996 und von Roche und BASF 1997 getätigt.

    (226) Laut Aussagen der BASF haben die Parteien während des Bestehens des Kartells stets nach Möglichkeiten gesucht, kleinere Wettbewerber (in China, Russland) auf dem europäischen Markt auszuschalten bzw. diese davon abzuhalten, auf den Markt vorzudringen.

    Weiterbestand der Kartelle nach den Untersuchungen in den Vereinigten Staaten

    (227) Ende 1997 wurde in den Vereinigten Staaten bekannt gegeben, dass das US-amerikanische Justizministerium zwecks Untersuchung etwaiger strafrechtlicher Handlungen auf dem Vitaminsektor in Verletzung von Artikel 1 des amerikanischen Kartellgesetzes eine Anklagejury einberufen habe.

    (228) Den Teilnehmern der Zusammenkünfte war zu diesem Zeitpunkt das Interesse der Antitrustbehörden an ihren geheimen Absprachen bereits bekannt, und sie bemühten sich darum, Anzahl und Häufigkeit ihrer Kontakte auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das letzte trilaterale Treffen fand im November 1997 in Basel statt. Dabei wurde beschlossen, künftig nur noch auf bilateraler Basis zusammenzukommen.

    (229) Laut Angaben von Rhône-Poulenc vereinbarte der damalige Leiter des Bereichs Tier- und Pflanzengesundheit im Dezember 1997 telefonisch Zusammenkünfte mit seinen Partnern von Roche und BASF, um offensichtlich den "Rückzug" seines Unternehmens aus den Vereinbarungen bekannt zu geben. So soll er am 22. Dezember 1997 zunächst die BASF in Ludwigshafen und dann Roche an deren Firmensitz in Basel aufgesucht haben, um die Vereinbarungen zu Vitamin A und E zu kündigen.

    (230) Die Produktionsleitung des Bereichs Tierernährung von Rhône-Poulenc erhielt hiervon Anfang Januar 1998 Kenntnis.

    (231) Welche formellen oder offiziellen Anweisungen in diesem Zusammenhang auch immer ergangen sein mögen, die Wirklichkeit sah anders aus: Leitende Mitarbeiter aller drei Unternehmen beschlossen, die Zusammenarbeit in modifizierter Form und auf einer laut BASF "diskreteren Basis" fortzusetzen. Am 15. Januar 1998 fand ein Treffen zwischen Roche und Rhône-Poulenc und einige Tage später ein Treffen mit BASF statt. Beide Zusammentreffen werden von Roche als Beratung auf der obersten Leitungsebene und operative Beratung beschrieben. Beschlossen wurde, dass es keine weiteren Treffen aller Unternehmen geben wird, sondern lediglich, je nach Bedarf, zweiseitige Kontakte. Ein Jahr lang teilten sich die leitenden Mitarbeiter ihre monatlichen Absatzdaten von ihren jeweiligen Wohnsitzen aus mit. Dabei ging es darum, mögliche Abweichungen von den vereinbarten Quotenzuweisungen zu überwachen.

    (232) Die von BASF vorgenommene Zuweisung der Verantwortung für die Fortsetzung der Kontakte an "einige wenige Mitarbeiter" in den einzelnen Unternehmen ist im Lichte der von diesen ausgeübten Funktionen zu bewerten: Es handelte sich um die Vitamin-Marketingleiter in ihren Unternehmen und einen kaufmännischen Leiter von RPAN.

    (233) Letztmalig fanden diese Kontakte bekanntermaßen im Februar 1999 statt, dabei wurden die Absatzdaten für den Monat Januar ausgetauscht.

    Einbindung von Eisai

    (234) Eisai stellte nur Vitamin E her und nahm an keiner der Zusammenkünfte betreffend Vitamin A teil. Was den Teilbereich des Vitamins E anbetrifft, so nahmen die von Roche mit dem Ziel der Schaffung eines Kartells initiierten Kontakte bereits am 22./23. November 1989 in Tokio ihren Anfang. Dieser ersten Zusammenkunft folgte die von Eisai beschriebene Beratung von Basel am 8. Dezember 1989 mit den drei europäischen Produzenten. Jedoch behauptet Eisai, keine Verpflichtung hinsichtlich der Reduzierung der Produktion des Unternehmens eingegangen zu sein. Nach weiteren Treffen mit Roche in Europa und Japan und anhaltendem Druck von Roche lud Eisai die oberen Führungskräfte der drei europäischen Hersteller am 8./9. Januar 1991 zu einem "Gipfeltreffen" ein. Das Vorbringen von Eisai, bei dieser Gelegenheit ein widerstrebender Gast gewesen zu sein, der von dem groben Missbrauch der Geschäftsgepflogenheiten "überrascht" gewesen sei, wird durch den Wortlaut der Einladung an Roche widerlegt.

    (235) In der Einladung ist ausdrücklich vermerkt, dass das Ziel der Beratung darin bestand, die Absichten des Topmanagements im Hinblick auf die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien zu schaffen und die Art des nächsten "Gipfels" zu vereinbaren.

    (236) Einige Wochen später (30./31. Januar 1991) reisten leitende Mitarbeiter von Roche nach Japan, um dort einige japanische Vitaminproduzenten, einschließlich Eisai, getrennt aufzusuchen. Dabei wurde eine Preissteigerung von rund 10 % vereinbart (siehe Erwägungsgrund 207). Ferner wurde vereinbart, alle künftigen Kontakte ausschließlich auf bilateraler Basis zu führen: Hoffmann-La Roche sollte die BASF und Rhône-Poulenc über das Ergebnis der Beratungen in Kenntnis setzen. Daraufhin sollte Roche seine Position mit den beiden anderen europäischen Herstellern abstimmen und bei seinen Verhandlungen mit Eisai auch in deren Namen handeln.

    (237) Danach gab es keine multilateralen Treffen unter Beteiligung von Eisai mehr, und der Kommunikationskanal mit dem Kartell lief stets über Hoffmann-La Roche.

    (238) Üblicherweise wurde so verfahren, dass zunächst die drei europäischen Produzenten zusammentrafen, unabhängig davon, ob dies Beratungen auf der obersten Führungsebene, Gespräche zu "Budget"-Zuweisungen, Quartals- oder regionale Beratungen waren, und ein bis zwei Wochen später fand ein Treffen zwischen Hoffmann-La Roche und Eisai auf der jeweiligen Ebene statt.

    (239) Eisai setzte Hoffmann-La Roche über die von Eisai in den jeweiligen Regionen erzielten Absatzmengen des Unternehmens in Kenntnis. Im Gegenzug lieferte Hoffmann-La Roche Eisai die Gesamtabsatzzahlen für die drei europäischen Hersteller auf dem Weltmarkt und für die einzelnen Regionen. Getrennte Daten für die drei Hersteller stellte das Unternehmen nicht bereit.

    (240) Die Versuche von Eisai, sich im vorliegenden Verfahren als widerwilliger Teilnehmer von Absprachen, bei denen es lediglich um einen "Informationsaustausch" ging, darzustellen, stehen im Widerspruch zu der der Kommission vorliegenden Dokumentation von Hoffmann-La Roche, die von Eisai stammt und deren aktive Mitwirkung an der Schaffung eines Quotensystems belegt. Eisai selbst hat der Kommission Unterlagen vorgelegt, die im Zusammenhang mit diesen Treffen ausgearbeitet worden waren und die Eisais Behauptung widerlegen.

    (241) Eine von einem Eisai-Mitarbeiter für eine Zusammenkunft im Februar oder März 1995 erstellte Grafik zeigt die von Eisai in den Jahren 1990, 1993 und 1994 erzielten Ergebnisse in Nordamerika, Europa, Asien und Südamerika sowie den Plan für 1995. Aus Notizen für eine Erklärung von Eisai auf der gleichen Zusammenkunft ist ferner ersichtlich, dass sich das Unternehmen die Aufgabe gestellt hatte, seine Mitbewerber von seiner positiven Einstellung gegenüber der Kartellvereinbarung zu überzeugen:

    "Die im Januar 1991 abgehaltene Beratung wurde als 'Grundlage' anerkannt, und das 1990 erzielte Ergebnis war die Ausgangsmenge.

    Als das Unternehmen mit dem geringsten Marktanteil haben wir mit einem Anteil von 11,2 % (1990) begonnen, und Sie haben in Ihrem Plan (1991) einem Anteil von 11,9 % für unser Unternehmen zugestimmt (1991).

    Durch Einhaltung unseres Anteils von 11 % haben wir dem von Ihnen vorgeschlagenen grundlegenden Plan in jedem Jahr der Zusammenarbeit im (sic) CLUB entsprochen.

    Wir haben die Stellung und den Status der anderen respektiert.

    Ab der ersten Beratung haben wir unsere Absicht zur mittelfristigen (innerhalb von 5 Jahren) Erlangung eines Marktanteils von [5-15] % und langfristig (innerhalb von 10 Jahren) von [10-20] % mitgeteilt.

    Wie aus der Tabelle mit einer Gesamtaufstellung bis 1994 ersichtlich ist, sind wir niemals von den getroffenen grundlegenden Vereinbarungen und Absprachen abgewichen."

    [Originalzitat Englisch]

    (242) Durch die aktive Einbindung von Eisai in das Kartell (ganz gleich, welch künstlicher Hilfsmittel man sich bei der "Rechtfertigung" der Beratungen bediente) konnten die europäischen Produzenten das Preisniveau in Europa anheben, ohne Gefahr laufen zu müssen, von diesem japanischen Produzenten unterboten zu werden. Das Unternehmen Eisai selbst gibt zu, dass "es eine Politik der Preissteigerung verfolgte und sich den von anderen verkündeten Preiserhöhungen anschließen würde". In diesem Zusammenhang sind alle Behauptungen, dass die normalen Marktkräfte wirksam wurden, vor dem Hintergrund der vom Kartell verwandten, etwas eigenartigen Definition des Begriffs "Preisführerschaft" zu bewerten (siehe Erwägungsgründe 200-203).

    1.4.2. VITAMIN B1 (THIAMIN)

    1.4.2.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (243) Im Jahr 1989 wurden die folgenden Weltmarktanteile erreicht: Roche 44 %, BASF 13 %, Takeda etwa 31 % und chinesische Hersteller 9 %.

    (244) Laut Angaben von Hoffmann-La Roche ist die Kartellvereinbarung bei Vitamin B1 auf den Besuch des damaligen Marketingleiters für Vitamin in Tokio am 30. und 31. Januar 1991 zurückzuführen, bei dem er mit den Vertretern von Takeda (wie auch weiteren japanischen Vitaminproduzenten) zusammentraf. Die Teilnehmer tauschten Daten zu Tonnagen und Marktanteilen für das Jahr 1990 aus.

    (245) Der Zweck der Vereinbarung auf dem Vitamin-B1-Sektor bestand darin, durch Stabilisierung der Marktanteile und Zuweisung von Absatzvolumen auf der Grundlage der im Vorjahr erzielten Ergebnisse Preissteigerungen durchzusetzen.

    (246) Hoffmann-La Roche hat der Kommission keine detaillierten Angaben zu den Quotenzuweisungen für die einzelnen Regionen vorgelegt, diese sind jedoch aus den Angaben der BASF gegenüber der Kommission ersichtlich.

    (247) Im "Bezugsjahr" 1990 erzielten die Unternehmen in Europa die folgenden Umsätze und Marktanteile: Roche 280 t (38 %), BASF 142 t (20 %) und Takeda 300 t (42 %). (Ebenso werden die Prognosen für die einzelnen Regionen für 1991 und die "Ziele" für 1992 aufgeführt.)

    (248) Die BASF hat an diesem Treffen nicht teilgenommen, und in der Erklärung von Hoffmann-La Roche ist auch kein Hinweis auf die Einbindung des Unternehmens zu finden. Dennoch steht fest, dass die BASF an der Mengenkontrollregelung beteiligt war (siehe Erwägungsgründe 260-269).

    1.4.2.2. System für Mengenkontrolle und -überwachung

    (249) Während der wichtigste Protagonist Hoffmann-La Roche der Kommission kein Material zum "Budget" für Vitamin B1 übergeben hat (anders als bei Vitamin A und E), stellte Takeda relevante Dokumente in beträchtlichem Umfang einschließlich Tabellen und Sitzungsprotokolle zur Verfügung, aus denen die Funktionsweise der Mengenkontrolle und des Überwachungssystems hervorgeht:

    - Ein Dokument vom 5. Juni 1991 trägt die Überschrift "Vitamin B1 monitoring 1990" [Überwachung Vitamin B1 1990] und gibt den von Roche, BASF, Takeda und den chinesischen Produzenten in den einzelnen Regionen (Nordamerika, Lateinamerika, Japan, Europa usw.) erzielten Absatz (für die letztgenannten Hersteller vermutlich geschätzt) für das Jahr 1990 an.

    - Ein weiteres Dokument (mit gleichem Datum) ist mit "Market forecast 1991" [Marktprognose 1991] überschrieben, und ausgehend von einem für die jeweilige Region angenommenen Marktwachstum (für Europa 1,5 %) sind die Mengenzuweisungen für die einzelnen Produzenten für 1991 aufgeführt.

    - Ein anderes Dokument (ebenfalls mit gleichem Datum) unter der Überschrift "Market Monitoring 1st quarter 1991" [Marktüberwachung 1. Quartal 1991] enthält einen Vergleich des von Roche, BASF und Takeda tatsächlich erzielten Absatzes mit den Prognosen für die einzelnen Regionen.

    - Ein Dokument vom 20. Mai 1993 ist mit dem Titel "Market and Competition Monitor - Vitamin B1" [Markt- und Wettbewerbsüberwachung - Vitamin B1] versehen und vergleicht den im Jahr 1992 erzielten Absatz von Hoffmann-La Roche, BASF und Takeda, aufgeschlüsselt nach Regionen, mit ihren jeweiligen Zuweisungen.

    - Ein Dokument vom 5. November 1993 stellt den von Takeda 1992 erzielten Absatz seiner Quotenzuweisung für die jeweilige Region gegenüber und enthält eine Schablone (die noch auszufuellen ist) für den Vergleich des "Leistungs-Ists" eines Produzenten mit dem "Soll" für den Zeitraum Januar-Dezember 1993.

    - Ferner liegen ausgefuellte Schablonen für den vierteljährlichen Vergleich von "Zuweisung" und "Ergebnis" für Roche, Takeda und BASF für das Jahr 1993 vor.

    - Ähnliche Dokumente liegen für weitere Jahre vor.

    1.4.2.3. Zusammenkünfte des Kartells

    (250) Nach der ersten Beratung im Januar 1991 trafen sich die zuständigen Führungskräfte von Hoffmann-La Roche und Takeda regelmäßig in Tokio und Basel sowohl auf der "obersten Leitungsebene" als auch auf "operativer Ebene" zwecks Überwachung der Anwendung der Quotenregelung und Preisfestsetzung.

    (251) BASF nahm an den Beratungen nicht teil, erhielt jedoch eine Quote bei Vitamin B1, die auf den Beratungen erörtert wurde.

    (252) Angesichts der Tatsache, dass die Kartellabsprachen den gesamten sowohl von Roche als auch von Takeda produzierten Vitaminbereich betrafen (Vitamin B1, B2, B6, C und Folsäure), wurden auf den regelmäßigen Beratungen auch oftmals alle fünf Produkte behandelt. So wechselten die Teilnehmer von Roche auf der fachlichen Ebene, wenn die Diskussion zum nächsten Produkt überging (siehe z. B. Aufzeichnungen Takedas über eine zweitägige operative Beratung in Tokio im November 1992; am ersten Tage ging es um Vitamin C, während die Vormittagssitzung am zweiten Tag den Vitaminen B1, B2 und B6 gewidmet war).

    (253) Die Aufzeichnungen Takedas über ein Treffen im November 1992 sind charakteristisch für die Verfahrensweise bei den operativen Zusammenkünften:

    "VB1

    (1) Austausch der Ergebnisse für den Zeitraum Januar bis September

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Alle blieben unter den Erwartungen. B weist eine schwache Marktposition auf.

    Wechsel zu chinesischen Produkten

    Eher an der Sicherung des Preises als der Menge interessiert.

    (2) Quoten für 1993

    Wachstumsraten um etwa 2 % gestiegen.

    1992

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (3) Preis

    Unverändert: 43,00 USD, 74,00 DEM

    (4) Chinesische Produkte

    Takeda möchte seine traditionellen Kunden durch die Lieferung von Produkten in Futtermittelqualität, die nicht der Spezifikation entsprechen, schützen. Haben die Kunden erst einmal begonnen, chinesische Produkte zu verwenden, lassen sie sich kaum zurückgewinnen."

    [Originalzitat Englisch]

    (254) Ferner fanden zwischen Hoffmann-La Roche und Takeda bilaterale Beratungen in Basel statt, deren Gegenstand die gemeinsamen Produkte beider Unternehmen waren (Vitamin B1, B2, B6, C und Folsäure). Gelegentlich gab es auch bilaterale Gespräche zwischen Takeda und BASF, bei denen es um Vitamin B1 ging.

    1.4.2.4. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1994

    (255) Im Zeitraum 1991 bis etwa 1993 ließ das Kartell den Preis für Vitamin B1 allmählich ansteigen. 1991 hoben die Hersteller den Marktpreis von unter 65 DEM auf 68 DEM/kg an. Aus einer von Takeda vorgelegten Tabelle (mit Datum 29. März 1994) gehen die "Listen"- und "Mindest"-Preise für das Produkt in jeder geografischen Region einschließlich Europa hervor.

    (256) Ab 1. Januar 1992 betrug der "Listen"-Preis 76 DEM/geliefertes kg und der "Mindest"-Preis 74 DEM/kg. Die Hinweise der BASF zur Preisbestimmung vom 11. Dezember 1991 bestätigen den Mindestpreis von 74 DEM/kg.

    (257) Gegen Ende 1992 traten die Auswirkungen des Wettbewerbs seitens der chinesischen Produkte zutage, und die Hersteller erörterten, ob sie diese Konkurrenz einfach "ignorieren", wie sie dies bereits in der Vergangenheit getan hatten, oder die chinesische Produktion integrieren sollten. Im Juni 1993 hatten die Hersteller einen Preiswettbewerb im Hinblick auf bestimmte Kunden vereinbart, die chinesische Produkte bezogen.

    (258) Ende 1993 erfuhr diese Politik eine Bestätigung. Der grundlegende Plan sollte 1994 beibehalten werden. Zwecks Erhalt ihres Kundenstamms vereinbarten die Hersteller für ihre geschäftlichen Beziehungen zu wichtigen Kunden eine Anpassung an die Preise der chinesischen Hersteller von Vitamin B1 in Futtermittelqualität; der niedrige Preis sollte jedoch nicht allgemein gültig sein. Für Produkte in Nahrungsmittel- und Pharmaqualität sollten weiterhin höhere Preise gelten.

    (259) Angaben von Roche zufolge entschieden die beiden Hersteller 1994, dass ihre Vereinbarung keine Existenzberechtigung mehr hat, und lösten sie in der ersten Hälfte des Jahres 1994. Die letzte Beratung zu Vitamin B1 fand am 10. Juni des genannten Jahres statt. Bis etwa zur zweiten Hälfte des Jahres 1994 war der Marktpreis für die Futtermittelqualität von 38 ECU/kg auf ca. 28 ECU/kg gefallen. Die Entwicklung des Preisniveaus für Vitamin B1 während des Bestehens des Kartells und nach Beendigung der Kartellabsprachen ist aus Tabelle IV ersichtlich.

    1.4.2.5. Einbindung der BASF

    (260) Die BASF stellte die Produktion von Vitamin B1 1989 ein und bezog ihren Bedarf von diesem Zeitpunkt an von Hoffmann-La Roche. Zu diesem Zweck wurde ein Liefervertrag mit einer Laufzeit von zunächst 5 Jahren abgeschlossen. Während der Dauer des Kartells gehörte das Unternehmen zu den größten Lieferanten von Vitaminen (Bulkware) sowohl in der Gemeinschaft als auch weltweit.

    (261) Aus den der Kommission von Takeda vorgelegten Tabellen für Vitamin B1 unter der Überschrift "Market and Competition Monitor - Vitamin B1" [Markt- und Wettbewerbsüberwachung - Vitamin B1], die eindeutig für den Zweck der Überwachung abgestimmter Maßnahmen erstellt wurden, sind für Roche, Takeda und die BASF die "Prognosen" und "Einschätzungen" der Mengen, die auf Quartalsbasis in die wichtigsten geographischen Regionen einschließlich Europas geliefert wurden, ersichtlich.

    (262) In den Tabellen "Vitamin B1: Market forecast" [Vitamin B1: Marktprognosen] und in den kumulativen Tabellen, in denen bei allen Produzenten für das Jahr 1993 das "Ergebnis" der "Zuweisung" gegenübergestellt wird, sind auch Angaben für die BASF enthalten.

    (263) Im Memorandum von Takeda über die Zusammenkunft mit Roche im November 1992, auf der es um die fünf von beiden Unternehmen hergestellten Vitaminpräparate ging (einschließlich Vitamin B1), wird im Abschnitt "Exchange of Results for January through September" [Austausch der Ergebnisse im Zeitraum Januar bis September] für Takeda, Hoffmann-La Roche und die BASF (der BASF wurde für 1993 auch eine Quote zugeteilt) der "Plan" mit "dem Absatzergebnis" verglichen. Diese Informationen müssen von der BASF an Hoffmann-La Roche übermittelt worden sein.

    (264) Takedas umfassenderes Tagungsprotokoll bestätigt die Einbindung der BASF in die Quotenregelung. Roche stellt Folgendes fest:

    "Aufgrund des Einflusses chinesischer Produkte konnten weder R noch T noch B die geplanten Ergebnisse erreichen. Besonders betroffen ist B (- 50 t), wo Angleichungen auf jeden Fall befürwortet würden."

    [Originalzitat Englisch]

    (265) Roche hat zweifelsfrei von der BASF den Auftrag erhalten, in deren Namen zu sprechen. Im Protokoll heißt es weiter:

    "R: Wir würden hier gerne die Frage stellen, ob es eine Möglichkeit gibt, B zu helfen, da das Unternehmen so weit hinter dem Plan zurückliegt. (T entgegnete, dass die Produkte von B durch R verkauft würden, also solle, wenn B Hilfe benötige, R diese leisten)."

    [Originalzitat Englisch]

    (266) Von der BASF wird eine direkte Einbindung in das Vitamin-B1-Kartell bestritten. Gleichwohl hat das Unternehmen der Kommission handschriftliche Tabellen vorgelegt, die (gemäß ihren Aussagen) "die Informationen verdeutlichen, die die BASF durch einen Vertreter von Roche erhielt und die Absprachen zwischen Roche und Takeda bezüglich Vitamin B1 betreffen." (Ferner hat die BASF darauf verwiesen, dass das Unternehmen kein B1 herstellt.) Dabei liefert die BASF jedoch keine Erklärung für die aus den Tabellen ersichtliche Quotenzuteilung für das eigene Unternehmen (BASF) sowie "Roche" und "Tak". Für Europa (für andere geografische Regionen liegen ähnliche Berechnungen vor) sieht die Tabelle wie folgt aus:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (Die Zahlen für das "Bezugsjahr" 1990 stimmen mit den von Takeda gemachten Angaben überein.)

    (267) Die BASF räumt ein, dass sie von Roche über die Absprachen mit Takeda in Kenntnis gesetzt wurde, die wiederum keine Störung des Vitamin-B1-Marktes durch den Weiterverkauf seitens BASF wünschten: "Entsprechend der mit Takeda getroffenen Absprache teilte Hoffmann-La Roche der BASF die für Vitamin B1 geltenden Preise sowie die Mengen mit, die das Unternehmen in den einzelnen Regionen weiterverkaufen dürfe." [Originalzitat Englisch]

    (268) Bei den gelegentlichen bilateralen Treffen von Takeda und BASF ging es auch um den Preis von Vitamin B1. Während seines Besuchs in Tokio am 13. Juli 1993 erklärte der Vitamin-Marketingleiter der BASF, dass die BASF bei Vitamin C, B1 und B6 "sich der Preispolitik von R(oche) und T(akeda) anschließen wird ..., steigt der Preis, werden wir Ihrem Beispiel folgen." [Originalzitat Englisch]

    (269) Obgleich die BASF an den Beratungen von Roche und Takeda nicht teilnahm, steht die Einbindung des Unternehmen in die geheimen Absprachen zwecks Kontrolle des Vitamin-B1-Marktes nach alledem außer Frage.

    1.4.3. VITAMIN B2 (RIBOFLAVIN)

    1.4.3.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (270) Im Zeitraum 1988-1990 fiel der Preis für Vitamin B2 um etwa 12 %. Daraufhin beschlossen die beiden größten Hersteller, diese Entwicklung mittels koordinierter Maßnahmen umzukehren.

    (271) Am 14./15. Juli 1991 trafen Vertreter von Roche und BASF in Bottmingen (Schweiz) zusammen, um den Rahmen eines Kartells für Vitamin B2 zu vereinbaren. Auf dieser ersten Sitzung war Takeda zwar nicht vertreten, doch beabsichtigten die BASF und Roche, das Unternehmen in einer zweiten Phase einzubeziehen. (Zu diesem Zeitpunkt war Takeda bereits an den Kartellvereinbarungen für Vitamin B1 und C beteiligt.)

    (272) Ausgehend von ihrem im Jahr 1990 erzielten Absatz und der Einschätzung der Marktanteile der anderen Hersteller für die jeweiligen Jahre vereinbarten sie globale Quoten für den Zeitraum 1992 bis einschließlich 1994. Dabei wurden die folgenden Mengenquoten festgelegt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (273) Das Absatzverhältnis bei Vitamin B2 zwischen Roche und der BASF veränderte sich im Zeitraum 1990-94 von 65:35 auf 62:38. Erstmalig sollte das Quotensystem im Jahre 1992 Anwendung finden. Für das Jahr 1994 wurde für Roche und die BASF zusammen ein Anteil von 80 % am verfügbaren Weltmarkt berechnet. Takeda sollte einen Anteil von 13,5 % haben (angesichts der Zahlen für Takeda stellte die BASF fest: "If they go higher war?" [Wenn sie diesen Prozentsatz überschreiten, Krieg?]). Aus einer von der BASF zur Verfügung gestellten Unterlage ist die auf diesem Treffen getroffene Vereinbarung ersichtlich.

    (274) Im Laufe des Jahres 1991 reisten dann leitende Angestellte von Roche und BASF (getrennt) nach Japan, um Takeda zu überzeugen, der vorgeschlagenen Marktzuteilung bei Vitamin B2 zuzustimmen, was Takeda letztendlich Ende 1991/Anfang 1992 auch tat. Bei den während des Besuchs der Vertreter von Takeda in Basel am 13. April 1992 geführten Gesprächen über "die neue Preispolitik zur Sicherung einer kontinuierlichen Preissteigerung" ging es auch um Vitamin B2.

    1.4.3.2. Zusammenkünfte des Kartells

    (275) Das Kartell wurde in Form vierteljährlicher Sitzungen durchgeführt. Im Normalfall traf offensichtlich zunächst Roche mit Takeda zusammen, und im Anschluss daran fand eine separate bilaterale Beratung mit der BASF statt.

    (276) Bei den vierteljährlichen Beratungen sollte die Einhaltung der Quoten überwacht und der Absatz so gesteuert werden, dass die zugewiesenen Quoten eingehalten wurden. So wurde ein Kontrollsystem entwickelt, das dem bei den Vitaminen A-E angewandten Mechanismus entsprach (siehe Erwägungsgrund 283).

    (277) Das von Takeda angefertigte Protokoll einer Zusammenkunft mit Roche, die am 25. Mai 1993 in Zürich stattfand (überschrieben mit "Destroy after reading" [Nach dem Lesen zu vernichten]), kann als typisches Beispiel für die Veranstaltungen zu Vitamin B2 betrachtet werden:

    "1) VB2

    - Der Preisanstieg verläuft reibungslos, (R) (T)

    Zum Beispiel erzielte R in Europa im April einen Preis von 91,4 DEM (R),

    während T in Europa im März einen Preis von 88 DEM in Anwendung brachte.

    - Mit einem Anstieg der Nachfrage ist nicht zu rechnen, so dass eine quantitative Zunahme kaum möglich ist. (R)

    T erwartet für 1993 400 t, d. h. etwa die gleiche Menge wie 1992 (T).

    (...)

    - Lohmann(16)

    Da R und die BASF miteinander im Wettbewerb stehen, möchte Lohmann nicht die gesamte Menge von Konkurrenten kaufen, d. h., sie würden lieber von T kaufen. T sollte bei der Angebotseinreichung auf den Preis achten. Der Preis darf unter keinen Umständen zu niedrig liegen. (R)

    Verstanden, werden Kontakt zu Herrn [Mitarbeiter Takeda] aufnehmen."

    [Originalzitat Englisch]

    (278) Auch zwischen Takeda und der BASF fanden gelegentlich bilaterale Treffen zu Vitamin B2 (und anderen Produkten) statt, das Protokoll einer solchen Beratung ist in einem Memorandum vom 13. Juli 1993 zu finden (ebenfalls mit "Destroy after reading" [Nach dem Lesen zu vernichten] überschrieben):

    "VB2 Futtermittel

    (B) B nimmt in Europa einen Preis von 90-92 DEM. T bietet jedoch einen Preis von nur 85/86 DEM. Bitte so bald als möglich eine Korrektur vornehmen.

    (T) T verkauft zum Preis von DEM 88/90 DEM. Andererseits verursacht der geringere Preis von 86 DEM, den B Loevense in DK anbietet, Probleme.

    (B) Wir werden das morgen prüfen und Sie entsprechend informieren. Wir würden darum bitten, mit den Preisen generell nicht unter 90 DEM zu gehen.

    (T) Einverstanden."

    [Originalzitat Englisch]

    1.4.3.3. Die Quoten

    (279) Im Anschluss an den Beitritt von Takeda zu den Kartellabsprachen für Vitamin B2 wurden die jährlichen Quoten intensiv ausgehandelt, wobei Takeda eine höhere Zuteilung forderte. Aus einem Takeda-Vermerk von einer Sitzung im bzw. kurz vor oder nach November 1992 über den Bereich der Vitamine einschließlich B2 geht hervor:

    "VB2 Januar - September

    (1) Quotenentscheidungen

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Gesamt 384

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Der Bereichsleiter wünschte eine Steigerung auf 500 Tonnen innerhalb von 5 Jahren (1991).

    R unterlief bei der Schätzung für 1991 ein Rechenfehler (...).

    Eine Überschreitung der Quote sollte zulässig sein, wenn sich diese nicht nachteilig auf die Preisbildung auswirkt."

    [Originalzitat Englisch]

    (280) Takedas mengenmäßige Absichten beunruhigten Roche eindeutig. Dazu stellt Takeda im Protokoll der Beratung mit Roche, die am 17. November 1992 in Tokio stattfand (und Vitamin B2 betraf), Folgendes fest:

    "R nahm eine zurückhaltende Position in Bezug auf die von T geplante Steigerung der Umsatzmengen bei VB6 ein und kam immer wieder auf die Feststellung von T zurück, dass dieses Unternehmen seinen Umsatz innerhalb von 5 Jahren auf 500 Tonnen erhöhen will."

    [Originalzitat Englisch]

    (281) Roche schlug Takeda 1993 eine Quote von 385/390 Tonnen vor, die dann 1994 auf 420 Tonnen steigen sollte. Takeda äußerte sich dazu wie folgt:

    "T: Da unsere Produktionskapazität noch nicht feststeht, kennen wir unsere Produktionsmenge noch nicht. Obgleich noch keine Zahlen vorliegen, möchte Herr ... 1993 einen Absatz von 500 Tonnen erreichen. Wenn wir uns in der Mitte zwischen diesem Wert und Ihrem Vorschlag von 390 treffen würden, wären dies etwa 440/445 Tonnen. (R stellte keine weiteren Forderungen)."

    [Originalzitat Englisch]

    Siehe auch einen Takeda-Vermerk über ein Treffen vom 21. April 1993 als Hinweis auf die Drosselung von Takeda bei seinen Mengenansprüchen).

    (282) Für 1994 erklärte sich Takeda bereit, seinen Absatz bei rund 410 Tonnen zu belassen. Bei einer Zusammenkunft mit Roche im Baseler Hilton-Hotel am 9. Februar 1994 tauschten die Teilnehmer die im Jahre 1993 erzielten Absatzergebnisse bei Vitamin B2 sowie die für 1994 geplanten Absatzzahlen aus:

    "T: Mit einem Ergebnis von 421 t im Jahr 1993 bewegen wir uns ganz in der Nähe der vereinbarten Menge, und wir planen für 1994 einen ähnlichen Absatz zwischen etwa 420 und 440 t. Bezüglich des Preises werden wir die Politik von R voll und ganz unterstützen und bei den Produkten in USD einen Mindestpreis auf cif-Basis von 69,00 USD/115,00 DEM und bei Futtermitteln von 61,00 USD/92,00 DEM (Lieferpreis USA) anstreben ... In Europa wird B Mitte Februar einen Preisanstieg für Futtermittel (4 %) ankündigen. T möchte den Mindestpreis zum 1. April von 92,00 DEM auf 97,00 DEM anheben. Da die Absatzmengen von T weiterhin niedrig bleiben, werden alle Anstrengungen auf eine Preiserhöhung gerichtet.

    b) Was die im Jahre 1993 von T erzielten Ergebnisse und die Planziffern für 1994 anbetrifft, so stimmen diese mit der grundlegenden Vereinbarung überein ...

    Für 1994 ist keine wesentlich höhere Nachfrage zu erwarten. Es werden Bemühungen um eine Preissteigerung in Europa und Aufrechterhaltung des Mindestpreises von 61,00 USD in den USA unternommen. R möchte, dass sich auch T dieser Preispolitik anschließt. (T erklärte sein Einverständnis.)"

    [Originalzitat Englisch]

    1.4.3.4. Mengenkontrolle und Überwachung

    (283) Wie bei den meisten anderen Vitaminen unterlagen auch die Quotenregelungen für Vitamin B2 einer kontinuierlichen Aktualisierung, Berichterstattung und Überwachung. Von der BASF wurden der Kommission Unterlagen über die Durchführung des Kontroll- und Überwachungssystems für Vitamin B2 vorgelegt, wofür nachstehende Angaben repräsentativ sind:

    - Umsatzdaten für jede Region (Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Fernost und Japan) für das Jahr 1995 und die ersten drei Monate von 1996 (I-III). Für Produzenten, die nicht an den Vereinbarungen beteiligt sind (ADM = Archer Daniels Midland; GUS = die russischen Produzenten), wurden Schätzungen vorgenommen;

    - Aus einem internen BASF-Arbeitsblatt gehen die eigenen Umsätze in dem jeweiligen Land hervor(17).

    1.4.3.5. Listen- und Mindestpreise

    (284) Während der Dauer des Kartells wurden regelmäßige Preissteigerungen vereinbart und Unterpreisgrenzen festgelegt. Takeda hat der Kommission zudem Tabellen mit den nach Regionen aufgeschlüsselten "Listen"- und "Mindest"-Preisen für die einzelnen Vitamine einschließlich B2 übergeben, die vom 1. Juni 1991 bis zum 1. April 1993 galten. Für Vitamin B2 wurden folgende Preise angegeben.

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (285) Die Entwicklung des Durchschnittspreisniveaus für Vitamin B2 während der Existenz des Kartells und nach deren Auflösung ist aus Tabelle V im Anhang ersichtlich.

    1.4.3.6. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1996

    (286) Die bei den Zusammenkünften getroffenen Entscheidungen zu Preisen und Mengen wurden von den einzelnen Unternehmen mittels Anweisungen an ihre Gebietsleiter umgesetzt. Im Zeitraum 1991-1993 sind bei B2 regelmäßige Preissteigerungen zu verzeichnen gewesen (siehe Erwägungsgrund 284).

    (287) Im Jahr 1993 mussten die Parteien erkennen, dass Coors, ein Produzent in den USA, größere Produktionskapazitäten für Vitamin B2 besitzt, als 1991 angenommen. Um nun zu verhindern, dass Coors durch den Export seiner Produktionsüberschüsse ihre Absprachen zunichte macht, vereinbarten Roche und die BASF, dass das erstgenannte Unternehmen 1993 115 Tonnen Vitamin B2 (dies entspricht der Hälfte der Produktionskapazität von Coors) von dem Hersteller aufkauft. Die BASF sollte wiederum 43 Tonnen von Roche beziehen. Das bedeutet eine Aufteilung der damit verbundenen Belastung unter den beiden Unternehmen im Verhältnis 62:38, das ihren Quoten entspricht.

    (288) Später verkaufte dann Coors seinen Betrieb zur Herstellung von Vitamin B2 an Archer Daniels Midland (ADM). 1995 schlossen Rhône-Poulenc und ADM einen Vertrag über den Verkauf des von ADM in den Vereinigten Staaten hergestellten Riboflavins durch Rhône-Poulenc in Europa. Die BASF wies auf die "ambivalente" Haltung von Roche insofern hin, dass manchmal der Preis Vorrang hatte, zu einem anderen Zeitpunkt wiederum die Menge. Die BASF sah keinen Sinn in Preiserhöhungen, die lediglich ADM den Zugang zum Markt erleichtern würden. Der Marktanteil von ADM in Europa stieg von nur 2 % auf 9 %, hauptsächlich zulasten von Roche. Das Preisniveau begann zu fallen. Roche behauptet, dass das Unternehmen Kenntnis von Täuschungsmanövern seitens Takeda habe, dessen angegebener Absatz um bis zu 20 % unter den tatsächlich erreichten Zahlen liege.

    (289) In einem "Confidential Memorandum" (Vertrauliches Memorandum) über eine Beratung am 16. März 1995 (vorrangig zu Vitamin C) mit Vertretern von Roche, BASF und E. Merck stellt Takeda Folgendes fest:

    "Es gab scharfe Kritik an unserer Überversorgung der Märkte mit B2.

    Wie zwischen Herrn [...] (Vertreter von Takeda) und Herrn [...] (Vertreter von Roche) vereinbart, sollte das Absatzvolumen von Takeda zwischen 380 t und maximal 420 t liegen. Entsprechend den statistischen Angaben zu den japanischen Ausfuhren (etwa 500 t,) zur Einfuhr von Rohstoffen und zu den Absatzmengen in Japan (etwa 80 t) beträgt das Absatzvolumen von Takeda 580 t, womit die Quote von 420 t um 40 % überschritten wird. Takeda soll die Gründe für diese Entwicklung sowie die Unternehmensstrategie hierzu darlegen.

    Hierauf haben wir nur Folgendes erwidert: Wir sehen uns nicht in der Lage, mengenmäßige Aussagen zu treffen. Nach Erörterung dieser Angelegenheit in unserem Unternehmen werden wir uns über die entsprechenden Kanäle an Sie wenden. Wir haben erkannt, dass wir unsere kooperative Haltung zur Frage der Preiserhöhung für V(itamin) C zu diesem Zeitpunkt nicht durch Darlegung unseres Standpunkts abschwächen dürfen."

    [Originalzitat Englisch]

    (290) Im Anschluss daran versicherte Takeda Roche, dass keine Erweiterung der Produktionsanlagen erfolgt sei: "Folglich erwarten wir künftig keine wesentlichen Steigerungen, gleichwohl können wir unser Absatzvolumen aber auch nicht verringern."

    (291) Aufgrund dieser Meinungsverschiedenheiten entschied sich Roche offensichtlich etwa im dritten Quartal 1995, die Kartellvereinbarung mit der BASF und Takeda zu kündigen.

    1.4.4. VITAMIN B5 (CALCIUM-D-PANTOTHENAT ODER CALPAN)

    1.4.4.1. Ursprung des Kartells

    (292) 1989 hatten Roche und Daiichi bei Calpan einen Anteil von jeweils 35 % am Weltmarkt, die BASF einen Anteil von 20 %.

    (293) Hintergrund für die Bildung des Kartells (laut Angaben von Daiichi) ist der in den 80er Jahren verzeichnete stetige Preisabfall bei den Vitaminen des B-Komplexes sowie die 1989/90 eingetretene Dollarschwäche, was dazu führte, dass Roche bei diesen Produkten keine Gewinne erwirtschaften konnte.

    (294) Angaben von Daiichi zufolge bestand von Anfang oder Mitte der 80er Jahre bis Ende 1989 eine abgestimmte Verhaltensweise zu Vitamin B5 zwischen Roche, der BASF und Daiichi.

    (295) Nach Aussagen von Daiichi erreichte diese abgestimmte Verhaltensweise jedoch nicht den Organisationsgrad der späteren Kartellabsprachen und "ging offensichtlich 1989/1990 zu Ende". [Originalzitat Englisch]

    (296) Etwa Anfang 1991 (laut Daiichi) bemühte sich Roche intensiv um die Entwicklung einer organisierten Form der Zusammenarbeit, die einen regelmäßigen Austausch der erzielten Preise und Absatzzahlen, die Festlegung von "Budgets" zwecks Erhaltung der Marktanteile sowie gemeinsame Preiserhöhungen umfasste. Daiichi stellte unmissverständlich fest, dass die Absprachen "von Roche organisiert, geleitet und kontrolliert wurden". [Originalzitat Englisch]

    (297) Laut Angaben von Daiichi reiste ein Vertreter von Roche kurz vor Weihnachten nach Tokio und forderte bei einem Treffen mit Daiichi eine Beschränkung der Produktion des Unternehmens. Roche habe nach eigenen Angaben den Calpan-Export Japans in andere Regionen (einschließlich Europas) zu "kontrollieren", ansonsten würden die Calpan-Preise fallen.

    (298) Roche schlug vor, dass die Produzenten feste Mengen als "Ausgangsmenge" benutzen und dann eine Vereinbarung entsprechend der Entwicklung der nationalen Nachfrage treffen, die zur Anpassung der Ausgangsmenge dienen könne. (In dieser Phase hatten die Gespräche laut Daiichi "konzeptionellen" Charakter, und es wurden keine Referenzmengen genannt.) Daiichi stellte fest, dass eine Regelung ohne die BASF nicht umgesetzt werden könne, worauf Roche entgegnete, dass es die BASF zu einem Treffen einladen würde, das der Vereinbarung einer Regelung für Calpan dienen solle.

    (299) Das erste "trilaterale" Treffen von Roche, BASF und Daiichi fand im ersten Quartal 1991 in Basel statt. Auf einer späteren Zusammenkunft in Basel Mitte 1991 machten die Teilnehmer - Roche, BASF und Daiichi - Angaben zu ihrem 1990 in den verschiedenen Regionen erzielten Calpan-Absatz, um eine Basis bzw. ein Bezugsjahr festzulegen.

    1.4.4.2. Grundstruktur des Kartells

    (300) Ab 1991 vereinbarten die drei Produzenten, den von ihnen kontrollierten Calpan-Weltmarktanteil (90 %) untereinander aufzuteilen.

    (301) So wurden allen Beteiligten sowohl für den Weltmarkt als auch auf regionaler Ebene prozentuale Quoten zugewiesen. Laut Daiichi waren diese von Jahr zu Jahr unterschiedlich und sahen im Zeitraum 1991-1999 wie folgt aus:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (302) Daiichi hat entsprechende Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass die drei Produzenten für das Bezugsjahr 1990 von der folgenden Umsatzaufteilung auf dem Weltmarkt ausgingen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (303) Diese Vereinbarung wurde über vierteljährliche "globale" Beratungen umgesetzt, die entweder in Europa oder Japan stattfanden. Zur Überprüfung der Einhaltung der zugewiesenen Quoten erfolgte ein vierteljährlicher (später monatlicher) Austausch der Absatzdaten. Ferner vereinbarten die Beteiligten Details gemeinsamer Preiserhöhungen einschließlich der Zielpreise.

    1.4.4.3. Ziel- und Mindestpreise

    (304) Für den Zeitraum vom 1. Oktober 1991 bis zum 1. April 1993 wurden folgende Ziel- und Mindestpreise festgesetzt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Aus den Preislisten von Roche und BASF geht eine Erhöhung des Ziel-/Listenpreises auf 39 DEM im Jahr 1994 (Mindestpreis 37,50 DEM; 1995: 40 DEM; 1997: 43 DEM) hervor.

    1.4.4.4. Budgets

    (305) Wie bei den anderen Vitaminen bestand die wichtigste Aufgabe des Kartells darin, das "Jahresbudget" festzulegen. Die drei Hersteller nahmen jährlich eine Schätzung der weltweiten Nachfrage vor, wobei sie von den im Vorjahr auf regionaler Ebene festgestellten Veränderungen ausgingen und die prognostizierten Mengen aufrechneten. Ferner erfolgte eine Schätzung der Produktionsmengen an DL-Calpan für Japan und Osteuropa. Davon ausgehend wurden für den Weltmarkt und die regionale Ebene Zielmengen festgelegt und prozentuale Marktanteile zugewiesen.

    (306) Jährlich wurden Diskussionen über den "escalation factor" (Gleitfaktor), d. h. das normale Marktwachstum, geführt, und es erfolgte eine Anpassung der Mengenzuweisungen entsprechend der zu erwarteten Steigerung der Nachfrage.

    (307) Laut Daiichi wurde das "Budget" anfangs drei bis sechs Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres erörtert, da sich die europäischen Hersteller bei diesen Berechnungen auf das Kalenderjahr bezogen. Um auch Daiichi gerecht zu werden, dessen Geschäftsjahr später endete, wurden die Beratungen dann auf den November verschoben.

    (308) Sowohl die BASF als auch Daiichi haben Dokumente vorgelegt, die sich auf die Budgets beziehen.

    (309) Die folgenden Angaben verdeutlichen die Funktionsweise der Regelung:

    - Aus einem Dokument gehen die 1995 erzielten Umsätze für den jeweiligen Hersteller, die "Budget"-Zuweisung für 1996 und der 1996 erzielte Umsatz ("1-12/96") hervor. "H" steht für Hoffmann-La Roche, "B" für die BASF und "D" für Daiichi. "A" ist Alps, ein japanischer Hersteller, der nicht an der Vereinbarung beteiligt war.

    - Aufgeführt sind die "regionalen" Marktanteile der drei Produzenten des Kartells für die Jahre 1992 und 1993 sowie für 1994, die "Budget"-Zuweisungen und der geschätzte Ist-Absatz ("HR"). Ein weiteres Dokument gibt Aufschluss über den Absatz von Roche und BASF für die ersten sechs Monate des Jahres 1994, aufgeschlüsselt nach Regionen.

    - Einem ursprünglich von Roche stammenden Dokument, das jedoch von Daiichi vorgelegt wurde, sind die ursprünglichen und überarbeiteten Budgetquoten für 1998, aufgeschlüsselt nach Regionen, zu entnehmen.

    - In einer weiteren Unterlage von Daiichi wird das monatliche Ergebnis der drei Produzenten mit dem Budget für 1998 verglichen.

    (310) Eine Berichterstattung über die Absatzmengen erfolgte vierteljährlich und später monatlich. Es gab keine formelle Ausgleichsregelung, aber laut Aussagen von Daiichi beklagte sich Roche, wenn Daiichi seine Quote überschritt, während das Unternehmen in der Praxis eine Abweichung bis zu 2 % tolerierte.

    1.4.4.5. Zusammenkünfte des Kartells

    (311) Im Zeitraum 1991-1998 trafen sich die Unternehmen regelmäßig. Von Daiichi wurde eine sehr ausführliche Darstellung dieser Beratungen vorgelegt.

    (312) Nach Bestätigung des Beitritts von Daiichi zum Kartell im Januar 1991 in Tokio und einer weiteren Zusammenkunft von Daiichi und Roche in Basel fand im Hotel Euler in Basel das erste trilaterale Treffen von Roche, BASF und Daiichi statt. Hinsichtlich der Teilnehmer und des genauen Datums werden unterschiedliche Angaben gemacht; während Roche der Meinung ist, dass dieses Treffen im ersten Quartal 1991 stattfand, meint Daiichi, dies sei etwas später gewesen.

    (313) Auf diesem Treffen wurde eine endgültige Vereinbarung über die Zuteilung von Marktanteilen erzielt. Die Tatsache, dass für 1991 ein "Budget" erarbeitet wurde, lässt darauf schließen, dass das Treffen Anfang des Jahres 1991 stattfand, wenn nicht sogar früher.

    (314) Am 2. Juni 1992 fand in Baden-Baden ein Treffen von Roche und der BASF "auf der obersten Leitungsebene" statt, das der "Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses" diente und auch Gespräche zu Calpan umfasste.

    (315) Im Anschluss daran fanden in Basel, Kaiseraugst (Sitz des Vitaminbereichs von Roche) und Tokio regelmäßig Treffen "auf der obersten Leitungsebene" und "operative" Beratungen statt. Im Allgemeinen traf Roche separat mit der BASF und Daiichi zusammen, es gab jedoch auch Ausnahmen. Im Oktober oder November wurden die "Budgets" für das Folgejahr erarbeitet.

    (316) Neben diesen Treffen erfolgte ein Austausch von Preisen und Mengen, zunächst bis 1996 oder 1997 vierteljährlich, dann auf Vorschlag der BASF monatlich.

    1.4.4.6. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1997

    (317) Während der Existenz des Kartells gelang es den drei Produzenten, den Preis für Vitamin B5 im Rahmen mehrerer gemeinsamer Aktionen in regelmäßigen Abständen zu erhöhen.

    (318) Die größten stufenweisen Preissteigerungen bei Calpan erfolgten im Zeitraum 1991-1993; dabei stiegen die Preise in Europa innerhalb von zwei Jahren um etwa 50 %.

    (319) Wie von Daiichi angegeben, erhielt das Unternehmen in regelmäßigen Abständen entweder von Roche oder der BASF die Mitteilung, dass einer von beiden eine Preissteigerung bekannt geben wird und wann dies erfolgen wird. Ferner wurde Daiichi aufgefordert, sich dieser Maßnahme "anzuschließen". Diese Ankündigungen erfolgten oft über die Fachpresse.

    (320) Im Zeitraum der Existenz des Kartells stieg der Preis für D-Calpan (Futtermittelqualität) in Europa von etwa 24 DEM/kg im Jahr 1990 auf 42 DEM/kg zu Beginn des Jahres 1998.

    (321) BASF und Roche war besonders daran gelegen, dafür zu sorgen, dass Wechselkursschwankungen nicht zu größeren Preisunterschieden zwischen den Regionen führen konnten, die dann wiederum einen Weiterversand seitens der Händler auslösen. Als der Wert des Dollars im Vergleich zur Deutschen Mark stieg, befassten sich die beiden europäischen Hersteller mit einer Anhebung der europäischen Preise, um Händler davon abzuhalten, das Produkt von Europa nach Nordamerika zu verkaufen; ein solcher Weiterversand bietet sich an, wenn der Preisunterschied 10 % beträgt(18).

    (322) Laut Daiichi gab es für die BASF und Roche einen weiteren strategischen Grund für die Erhöhung des Preises von Calpan (und auch anderer bei der Herstellung von Futtermitteln eingesetzter Vitamine). Beide Unternehmen verfügen dank eigener Herstellungskapazitäten für die verarbeiteten Vitamine über eine starke Marktposition bei den Vormischungen. Durch eine Anhebung der Preise für Vitamine, die bei der Herstellung von Vormischungen eingesetzt werden, pflegten sie ihre Konkurrenten im nachgelagerten Produktionssektor einem Preisdruck auszusetzen und letztlich die kleineren Vormischeinrichtungen allmählich vom Markt zu verdrängen.

    (323) Angaben von Daiichi zufolge sprach sich das Unternehmen im November 1997 gegen eine für das Frühjahr 1998 (von der BASF vorgeschlagene) Preiserhöhung von 42 DEM/kg auf 46 DEM/kg aus, was es zum Teil damit begründete, dass seine europäischen Abnehmer von Vormischungen bei einem solch hohen Preis einen starken Anreiz hätten, zu den DL-Calpan-Lieferanten in Polen und Rumänien zu wechseln. Doch selbst bei Ablehnung der Preiserhöhung durch Daiichi konnten die BASF und Roche (so Daiichi) den Preis anheben, da beide selbst Vormischungen herstellten und der DL-Konkurrenz nur in geringem Maße ausgesetzt seien. Diese Auffassung wurde von der BASF im Juni 1995 in ihren Hinweisen an die nationalen Verkaufsbüros mit der folgenden Aussage bekräftigt: "Mit DL-Calpan konkurrieren wir auch in Zukunft nicht!"

    (324) Die BASF gab die Preissteigerung bei Calpan (ebenso für die Vitamine A, E und B2) in der Ausgabe der Fachzeitschrift "Ernährungsdienst" vom 25. Februar 1998 bekannt. Die Preisgrenze wurde auf 44 DEM/kg festgesetzt.

    (325) Als sich die Kunden der BASF der Preiserhöhung widersetzten, unterstützte Roche die Aktion, indem das Unternehmen ebenfalls eine Anhebung auf 46 DEM/kg bekannt gab (im "Ernährungsdienst" vom 13. Juni 1998). Laut den Ausführungen von Daiichi führte die gemeinsame Aktion nicht zum Erfolg, da sich die Kunden gegen eine Preissteigerung wehrten und der Preisunterschied zwischen D-Calpan und dem DL-Calpan-Äquivalent zu groß war.

    (326) Die BASF und Roche erhielten Ende 1997 Kenntnis von den in den Vereinigten Staaten eingeleiteten Untersuchungen auf dem Vitaminsektor (siehe Erwägungsgründe 227-233). Ihre Sicherheitsvorkehrungen hatten sie bereits vor zwei Jahren verbessert, als der ADM-Fall bekannt wurde. Trotzdem wurden die Treffen im Zusammenhang mit Vitamin B5 nach dem November 1997 fortgesetzt, und am 17. November besuchten Vertreter von Roche Daiichi in Japan, um den neuen stellvertretenden Geschäftsführer und Leiter der Vitamin-Marketingabteilung ab 1. Januar 1998 vorzustellen.

    (327) Um den 16. Dezember 1997 herum trafen sich die Parteien in Basel, um das "Budget" für das darauf folgende Jahr aufzustellen. Erst am 16. April 1998 anlässlich eines globalen operativen Treffens in Japan unterrichtete der Leiter der Vitamin-Marketingabteilung von Roche Daiichi davon, dass das Unternehmen Mengen- und Preisdaten nicht mehr telefonisch mit einem niedrigrangigen kaufmännischen Leiter austauschen sollte; künftig würde der Leiter der Vitamin-Marketingabteilung von Roche die Daten persönlich übermitteln.

    (328) Auch 1998 fanden noch Beratungen statt, und Angaben zu Umsatzvolumen und Preisen wurden vierteljährlich und von Person zu Person ausgetauscht. Ein "Budget"-Plan für 1999 wurde aufgestellt. Der letzte Austausch von Umsatzmengen fand am 12. Februar 1999 bei einem Treffen zwischen Roche und Daiichi in Tokio statt. Da die Teilnehmer Kenntnis von den in den Vereinigten Staaten bevorstehenden Anklageerhebungen hatten, wurden die Absprachen eingestellt.

    (329) Die Entwicklung des Preisniveaus von Calpan während der Existenz des Kartells ist aus Tabelle VI im Anhang ersichtlich.

    1.4.5. VITAMIN B6 (PYRIDOXIN)

    1.4.5.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (330) Wie auch bei verschiedenen anderen Vitaminen lässt sich der Besuch führender Mitarbeiter von Roche am 30. und 31. Januar 1991 in Tokio als Ursprung der Kartellabsprachen zu Vitamin B6 werten. Diesmal wurde ein Treffen zwischen Roche, Takeda und Daiichi zwecks Absprache über Vitamin B6 abgehalten. Takeda war bereits seit April 1990 an - nicht ganz endgültigen - Beratungen mit Roche über Vitamin C beteiligt. Den Hintergrund für dieses Treffen bildete der Rückgang des Preises von Vitamin B6 um etwa 15-20 % im Zeitraum 1989-1990(19).

    (331) Die drei Produzenten von Vitamin B6 vereinbarten, ausgehend von dem im Jahr 1990 erzielten Absatz, eine Aufteilung des verfügbaren Weltmarktanteils (d.h. abzüglich des Anteils der chinesischen Hersteller) sowie Quoten für die einzelnen Regionen.

    (332) Im Jahr 1991 stand Vitamin B6 nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, da sich die BASF und Merck vom Markt zurückgezogen hatten. Zudem hatte Daiichi seine Produktion im August 1991 vorübergehend eingestellt, da eine alte Anlage stillgelegt wurde und das neue Werk erst im März 1992 die Produktion aufnehmen sollte.

    1.4.5.2. Ziel- und Mindestpreise

    (333) Analog zu den anderen Vitaminen wurden bei B6 Preissteigerungen mithilfe von "Listen"- und "Mindest"-Preisen durchgesetzt. Takeda legte der Kommission eine Tabelle vor, aus der die Preisentwicklung für verschiedene Vitamine einschließlich B6 ersichtlich ist (USA, Europa und "Übersee"):

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (334) Aus Takedas Aufzeichnungen über die Beratung mit Roche am 13. April 1992 in Basel, die den gesamten Bereich der in beiden Unternehmen hergestellten Vitamine betraf, geht hervor, dass der Preis von 90 DEM vom 1. Juli 1992 eigentlich der niedrigste Preis war, der Listenpreis lag bei 95 DEM.

    (335) In einem internen Vermerk von Daiichi vom 1. September 1992 ist ein Preis von 90 DEM für Vitamin B6 angegeben mit den handschriftlichen Anmerkungen "85-90 R" und "80-85 DPE" ("R" ist Roche und "DPE" Daiichi Pharmaceutical Europe).

    1.4.5.3. Zusammenkünfte des Kartells

    (336) Angaben von Roche zufolge fanden etwa zwei bilaterale Treffen pro Jahr entweder in Tokio, Basel oder in der Nähe von Basel statt, d. h., Roche traf sich separat mit Takeda und Daiichi. Daiichi und Takeda standen ferner in regelmäßigem bilateralem Kontakt, obwohl Daiichi behauptet, dass sich diese Kontakte hauptsächlich mit den Innenumsätzen bei Calpan befassten. Der Grund für diese Verfahrensweise war die mangelnde Bereitschaft japanischer Hersteller, sich an Treffen mit mehr als einem Wettbewerber gleichzeitig zu beteiligen.

    (337) Die Termine und Orte der Sitzungen wurden von Roche angegeben. Wie bei anderen Vitaminpräparaten fanden die Kartelltreffen sowohl auf der "obersten Führungsebene" als auch auf "operativer" Ebene statt. Takeda hat der Kommission Aufzeichnungen über verschiedene Treffen mit Roche vorgelegt, die sich gewöhnlich auf die in beiden Unternehmen hergestellten Vitamine einschließlich Vitamin B6 bezogen.

    1.4.5.4. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1994

    (338) Auf dem Treffen vom 13. April 1992 in Basel verwiesen die Teilnehmer auf die von dem beschriebenen Angebotsmangel verursachte "dramatische" Preissteigerung bei Vitamin B6 und gelangten zu dem Schluss, dass "sie den Preis weiter erhöhen können" [Originalzitat Englisch]. Laut Daiichi stieg der Preis in Europa von 51 DEM/kg im ersten Quartal 1991 auf rund 80 DEM/kg nur ein Jahr später. In Europa sollte mit Wirkung vom 1. Juli 1992 ein neuer Listenpreis für B6 von 95 DEM (Mindestpreis 90 DEM) eingeführt werden, der auch 1993 gelten sollte.

    (339) Auf der Beratung vom 17. November 1992 in Tokio konnten sich Takeda und Roche nicht auf die B6-Quoten für 1993 einigen. Takeda wies darauf hin, dass Roche versucht habe, eine Absatzsteigerung von Takeda für das Jahr 1993 zu verhindern, und das Unternehmen aufgefordert habe, eine Aussage zum Umfang der erwarteten Absatzsteigerung zu machen. Takeda gab eine unverbindliche Antwort. Bezüglich der Preise wollte Roche das damalige Niveau in Europa (90 DEM) halten (angeblich stimmte Daiichi dem zu). Roche wollte im Februar 1993 neue Preise ankündigen, und Takeda sollte sich anschließen(20).

    (340) Das "Fernost"-Treffen vom 21. April 1993 befasste sich mit der Aufrechterhaltung des Preisniveaus in Europa; die Quotenzuteilung sollte von einer Bewertung der realisierbaren Nachfrage abhängen. Roche schlug ein Dreier-Treffen, d. h. unter Einbeziehung von Daiichi, vor. Aus einem Takeda-Vermerk eines Gesprächs mit einem Vertreter von Roche geht hervor, dass Daiichi Einwände dagegen erhob.

    (341) Auf dem "europäischen" Treffen vom 25. Mai 1993 zwischen Takeda und Vertretern von Roche erörterten die Teilnehmer Daiichis Beziehungen zu ihren Unternehmen und stellten dabei fest, dass seine Strategie (zumindest bei B6) darin bestand, den Zusammenkünften fernzubleiben und seine Produktion "ungeachtet des Marktumfangs" zu verkaufen. Roche und Takeda vereinbarten, der Aufrechterhaltung der Preisniveaus größte Aufmerksamkeit zu widmen. Während Roche die Auffassung vertrat, dass die Absatzmengen entsprechend der Marktgröße zu verringern sind, war Takeda der Meinung, dass das Preisniveau selbst bei Steigerung der Mengen gehalten werden kann.

    (342) Im Jahr 1993 verloren alle drei Produzenten - Roche, Takeda und Daiichi - einen recht beachtlichen Marktanteil an die chinesischen Hersteller, die ihr Produkt Angaben zufolge unter den Herstellungskosten verkauften.

    (343) Im gleichen Jahr mussten Takeda und Roche feststellen, dass auch Daiichi zu den Billiganbietern zählte und beschlossen, dessen Preise zu übernehmen, jedoch keine Absenkung auf das Niveau der chinesischen Konkurrenten vorzunehmen.

    (344) Nach dem zweiten Quartal 1993 war bei Vitamin B6 ein krasser Preisverfall zu verzeichnen. Daiichi führt diese rückläufige Tendenz und das daraus resultierende niedrige Preisniveau a) auf das höhere Produktions- und Absatzvolumen der chinesischen Hersteller und die von Roche initiierte spürbare Preisreduzierung (28 %) vom Juli 1994 zur Angleichung an das chinesische Niveau zurück.

    (345) Am 20. Juli 1993 erörterten Takeda und Roche auf einem Treffen in Tokio die Lage bei Vitamin B6. Takeda teilte mit, dass Daiichi nunmehr einen niedrigeren Preis und eine höhere Menge anstrebe.

    (346) Roche gab an, dass das Unternehmen "eine trilaterale Beratung wünschte, an der auch Daiichi teilnimmt, aber sowohl T(akeda) als auch Daiichi sprachen sich dagegen aus". Takeda erwiderte: "Wir möchten, dass R Daiichi überzeugt"(21). [Originalzitate Englisch]

    (347) Auf ihrer Zusammenkunft vom 9. Februar 1994 in Basel beschlossen Takeda und Roche, die Marktlage angesichts der chinesischen Konkurrenz in der ersten Hälfte des Jahres zu beobachten und nach Vorliegen der Ergebnisse für den Zeitraum Januar bis Juni Entscheidungen zu ihrer weiteren Vorgehensweise zu treffen. Dies ist die letzte dokumentierte Zusammenkunft zwischen Takeda und Roche über Vitamin B6.

    (348) Angaben von Roche zufolge hatten die Parteien in der ersten Hälfte des Jahres 1994 erkannt, dass die Vereinbarung zu Vitamin B6 aufgrund der Importe aus China nicht mehr erfuellbar ist, und beschlossen die Auflösung des Kartells.

    (349) Die letzten bekannten Treffen zwischen Roche und den japanischen Wettbewerbern zu Vitamin B6 fanden am 10. Juni (Takeda) und 15. Juni 1994 (Daiichi) in Tokio statt.

    (350) Laut Roche gab es nach Einstellung der Absprachen zu B6 separate Treffen zwischen dem Unternehmen und den japanischen Produzenten, auf denen andere Vitamine behandelt wurden und auch ein Austausch von "Informationen über Preistendenzen" bei Vitamin B6 erfolgte.

    (351) Ab dem zweiten Quartal 1994 hatte Roche seine Preislisten geändert und den "Mindest"-Preis mit 75 DEM/kg festgelegt (bei einem Zielpreis von 95 DEM). Eine weitere Preissenkung wurde ab dem dritten Quartal vorgenommen (Zielpreis 65 DEM; Mindestpreis 53 DEM).

    (352) Daiichi seinerseits streitet die Beteiligung an der Zusammenarbeit zwischen den Vitamin-B6-Herstellern im Zeitraum 1991 bis Mitte 1994 nicht ab.

    (353) Die Entwicklung des durchschnittlichen Preisniveaus von Vitamin B6 ist aus Tabelle VII im Anhang ersichtlich.

    1.4.6. FOLSÄURE

    1.4.6.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (354) Die Kartellabsprachen zu Folsäure begannen wie bei verschiedenen anderen Produkten mit dem Besuch führender Persönlichkeiten von Roche im Januar 1991 in Tokio und konkret mit dem Treffen zwischen dem Unternehmen und Takeda (siehe Erwägungsgrund 244).

    (355) Bei diesem Treffen hat Roche einen Plan für Absatzquoten und Mindestverkaufspreise für Folsäure vorgelegt und Takeda gebeten, diese mit Kongo und Yodogawa (dem Vorgänger von Sumika) abzustimmen. Laut Takeda willigten die japanischen Produzenten aufgrund der Marktposition von Roche ein.

    (356) Roche behauptet, dass Takeda "im Hinblick auf den Informationsaustausch" den ersten Anlauf unternahm; dies soll Ende 1992 erfolgt sein. Ferner hätten nur zwei Treffen stattgefunden, und alle getroffenen Quotenvereinbarungen seien schon nach kurzer Zeit "überholt" gewesen.

    (357) Wie bei allen anderen Vitaminen beruhten die geheimen Absprachen zu Folsäure auf einer Quotenregelung. Das der Quotenzuweisung zugrunde liegende Prinzip bestand in der Aufteilung des Weltmarkts zwischen Roche und den drei japanischen Herstellern. Ausgehend von den 1990 erzielten Ergebnissen erhielten Roche einen Anteil von 42 % und die Japaner von 58 %. (Die Aufteilung der Quote von 58 % untereinander wurde von den japanischen Herstellern entsprechend ihrer im Jahr 1990 erzielten Umsatzleistung vorgenommen.) Die jährlichen Mengenquoten (nach Regionen) sollten die Einhaltung der vereinbarten prozentualen Gesamtaufteilung von 42:58 sicherstellen, jedoch gleichzeitig die natürliche Wachstumsrate nicht behindern.

    (358) Für 1991 wurden die folgenden Mengenzuteilungen vorgenommen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (359) Vorgesehen war eine quartalsweise Kontrolle der Einhaltung der Zielquoten; bei Bedarf konnten die Hersteller Ausgleichsregelungen treffen. Auch bei Folsäure wurde das übliche System der vereinbarten Listen- und Mindestpreise in Anwendung gebracht.

    1.4.6.2. Mengenkontrolle und Überwachung

    (360) Von Takeda wurden der Kommission umfangreiche Arbeitsblätter und Tabellen vorgelegt, aus denen die Berechnung der Absatzquoten für die jeweiligen Jahre und der Vergleich des tatsächlich erzielten Absatzes ("Result" [Ergebnis]) mit den Quoten ("Allocation" [Zuweisung]) ersichtlich ist.

    (361) Die folgenden Unterlagen haben Beispielcharakter und verdeutlichen die Funktionsweise der Quotenregelung:

    - quartalsweise Überwachung der Umsätze auf Einhaltung der Quoten (insgesamt erreichten die Produzenten zum Ende des Jahres die Zielvorgabe);

    - aus einer Tabelle vom 20. November 1992 geht hervor, wie die vorläufigen Zuweisungen für 1993 vorgenommen wurden. Für alle vier Regionen erfolgte eine Bestimmung der Gesamtnachfrage für das Jahr 1993 sowie ausgehend von dem zu erwartenden Marktwachstum eine Anpassung der Quoten der einzelnen Produzenten für 1992 zwecks Aufrechterhaltung der vereinbarten prozentualen Marktaufteilung von 42:58;

    - die mit "Market and Competition Monitoring" [Markt und Wettbewerbsüberwachung] überschriebene Unterlage vom 24. Juni 1994 vergleicht die Voraussagen mit den im ersten Quartal 1994 von den einzelnen Produzenten erzielten Umsätzen;

    - die Tabelle "Allocation 94" [Zuweisungen 94] veranschaulicht die Entwicklung der zugewiesenen Quoten im Zeitraum 1991-1993 und vergleicht diese mit den Zahlen für 1994 (der gesamte verfügbare Markt abzüglich der chinesischen Produzenten beläuft sich auf 275 Tonnen; entsprechend den vereinbarten Anteilen entfallen auf Roche 115 Tonnen und auf die japanischen Produzenten 160 Tonnen);

    - Aufschlüsselung des Plans für 1994 nach Region;

    - Tabelle vom 30. Januar 1995 mit den von den Produzenten im Zeitraum 1991-1993 erzielten Ergebnissen (für 1994 wurden keine Eintragungen vorgenommen).

    1.4.6.3. Listen- und Mindestpreise

    (362) Im Herbst eines jeden Jahres wurde der Mindestverkaufspreis in DEM für Europa und in US-Dollar für die sonstigen Märkte festgelegt. Für jedes Land wurde ein Mindestpreis unter Zugrundelegung des entsprechenden Wechselkurses festgesetzt.

    (363) Takeda hat für den Zeitraum 1991-1994 eine Preisliste mit den in den einzelnen Regionen (USA, Kanada, Europa, Übersee) geltenden "Listen"- und "Mindest"-Preisen vorgelegt. Für Europa wurden die nachstehenden Preise vereinbart:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Ab Oktober 1992 durften die japanischen Produzenten das Produkt zum alten Preis (d. h. einem Preis, der unter dem von Roche lag) verkaufen.

    1.4.6.4. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1994

    (364) Takeda und Roche führten vierteljährlich Kartellberatungen durch. Während der Besuche von Roche in Japan, bei denen dessen Vertreter Gespräche mit Takeda zu den Vitaminen des B-Komplexes führten, wurde Folsäure auf separaten Sitzungen behandelt, an denen zumindest in einigen Fällen auch Vertreter von Kongo und Yodogawa (später Sumika(22)) teilnahmen. Bei den Beratungen in Europa vertrat Takeda die anderen japanischen Hersteller.

    (365) Vor den vierteljährlichen Treffen zwischen Takeda und Roche erfolgte unter den japanischen Herstellern eine Abstimmung im Rahmen einer unter dem Namen "Yosankai" ("Folsäuregruppe") bekannten Gruppe, ursprünglich eine Handelsorganisation des MITI (Ministerium für internationalen Handel und Industrie Japans).

    (366) Takeda setzte Kongo und Yogodawa (später Sumika) über die Wünsche und Vorschläge von Roche in Kenntnis und stellte die Umsatzergebnisse zusammen. Das Unternehmen vertrat die beiden japanischen Hersteller in den Verhandlungen mit Roche.

    (367) Auf den regelmäßigen Zusammenkünften zwischen Takeda und Roche wurden die Absatzergebnisse der vier Unternehmen bei Folsäure anhand der von diesen vorgelegten Berichte analysiert. Bei Überschreitung der zugewiesenen Quoten durch eines der Unternehmen erfolgte eine Berichtigung zwecks Ausgleich der zusätzlichen Absatzmengen.

    (368) Auf der ersten dokumentierten Zusammenkunft, die am 13. April 1992 in Basel stattfand, berichtete Takeda, dass es sein Angebot bewusst beschränkt, um auf diese Art und Weise den Preis anheben zu können, obgleich weiterhin Händler auf dem Markt mit Billigangeboten aufwarten. Ferner warnte Takeda Roche davor, Vormischungen zu Billigpreisen anzubieten. (Takeda hatte Kenntnis davon erhalten, dass Roche Folsäure "rein" zum vereinbarten Preis von 190 DEM/kg, die Folsäure enthaltende Vormischung jedoch zu lediglich 150 DEM verkaufte; die japanischen Unternehmen verkauften keine Vormischungen.)

    (369) An dem Treffen vom 17. November 1992 in Tokio nahmen Vertreter von Sumika und Kongo teil. Diesmal beklagte sich Roche darüber, dass die japanischen Hersteller unter dem Listenpreis verkauften ("Stellen Sie das bitte schnell ab." [Originalzitat Englisch]). Takeda verteidigte die japanischen Hersteller mit dem Hinweis auf den Verkauf von Vormischungen durch Roche. Es sei durchaus möglich, dass Roche das Produkt "rein" zum Listenpreis anbiete (und auf diese Weise Kunden verliere), doch verletze es Treu und Glauben, da es seine Folsäure zum größten Teil in Form von Vormischungen verkaufe und seine Verluste ausgleiche, indem es Folsäure enthaltende Vormischungen zu einem niedrigen Preis verkaufe.

    (370) Laut Takeda war Roche daran interessiert, dass die japanischen Produzenten den unabhängigen Vormischeinrichtungen, die Roches Konkurrenten in diesem Erzeugnissektor waren, Folsäure weiterhin zu hohen Preisen verkauften, da sie dadurch einem Preisdruck ausgesetzt wurden. Roche konnte diese Konkurrenten durch Verkauf der eigenen Vormischungen zu künstlich niedrig gehaltenen Preisen unterbieten. Diese Diskussionen führten dazu, dass Roche sich bereit erklärte, den Preis für Vormischungen zu erhöhen, und die japanischen Firmen versprachen, ihre Preise für Folsäure so bald als möglich an die Listenpreise anzugleichen.

    (371) Die neuen Quoten für 1993 wurden auf der Grundlage eines geschätzten Gesamtmarktvolumens von 320 Tonnen (20 Tonnen mehr als 1992) festgelegt. Jedoch sollten die Zuweisungen im Folgejahr überprüft werden. Takeda betonte, dass die "Absatzquoten nur unter der Voraussetzung des Bemühens um Absatzsteigerung festgelegt werden sollten" [Originalzitat Englisch]. Roche hielt sein Versprechen, die Nachfrage nach Folsäure weltweit zu verdoppeln, das das Unternehmen bei der Inbetriebnahme einer eigenen Folsäure-Produktionsanlage abgegeben hatte. Aber auch Takeda konnte auf intensive Bemühungen um Zugang zu neuen Märkten verweisen.

    (372) Auf der Beratung zu Folsäure, die im Februar 1993 in Japan stattfand und an der alle japanischen Produzenten wie auch Roche teilnahmen, wurde die genaue Aufteilung der Mengenzuweisungen für 1993 auf die einzelnen Regionen ausführlich erörtert. Zwar waren diese ausgehend von einem Gesamtmarkt von 320 Tonnen bereits vereinbart worden, jedoch wünschten Takeda und Kongo Änderungen.

    (373) Schließlich blieben die regionalen Zuweisungen für Roche und Sumika unverändert; bei Takeda wurde eine Verlagerung von 2 Tonnen zwischen den USA und der Gemeinschaft vorgenommen, und für Kongo erfolgte eine vollständige Neuverteilung zwecks Erhöhung des Absatzes des Unternehmens in Europa.

    (374) Erneut beklagte sich Roche über die Preisgestaltung der japanischen Hersteller: Sie verkauften das Produkt in Europa zu einem Preis von 169-178 DEM, also weit unter den vereinbarten 195 DEM, während der übliche Preis von Roche 205 DEM und der Listenpreis sogar 215 DEM betrug.

    (375) Damals planten die Hersteller für alle Vitamine eine Preisanhebung zum 1. April 1993. Sofern die Bedingungen dies zuließen, wollte Roche im Rahmen dieser Maßnahme auch den Preis für Folsäure von 215 DEM auf 225 DEM/kg anheben.

    (376) Zum großen Verdruss von Roche wurde der vereinbarte Mindestpreis in keiner Region eingehalten. So führt das Unternehmen an, dass die japanischen Produzenten auf allen Treffen stets versprachen "we will try" [wir werden es versuchen], ohne dass dem Versprechen ernsthafte Bemühungen folgten. Sie mussten (so Roche) bis Ende Februar eine Entscheidung zu den Preisen ab April treffen.

    (377) Auf dem nächsten Treffen vom 25. Mai 1993 in Zürich meldete Takeda steigende Preise. Bis zum Beginn des nächsten Jahres wurde eine Preissteigerung um 7 % erwartet. Die japanischen Hersteller bemühten sich um Einhaltung der Listenpreise und stimmten einer weiteren Preiserhöhung für Januar 1994 zu. Jedoch sollten im Oktober/November weitere Gespräche stattfinden, da sie eine genaue Beobachtung der Markttendenzen für erforderlich hielten.

    (378) Auf ihrer "Yosankai"-Beratung vom 24. September 1993 analysierten die japanischen Produzenten die einzelnen Märkte und stellten fest, dass sich eine Preissteigerung in Europa nur schwer realisieren lässt und die tatsächlich erzielten Preise trotz ihrer Anstrengungen, den Mindestpreis von 195 DEM durchzusetzen, eher bei 180-185 DEM liegen. (Ferner erklärten sie, dass die auf einer Gesamtmenge von 320 Tonnen beruhenden Absatzquoten einer Änderung bedürfen.)

    (379) Sie stellten fest, dass das Vordringen preisgünstiger chinesischer Folsäure auf dem Weltmarkt, einschließlich Europa, bewirke, dass die Steigerung der Preise und die Erreichung der Quoten schwierig sei.

    (380) So lagen die im Jahr 1993 erzielten Ergebnisse deutlich unter der erwarteten Nachfrage und den vereinbarten Mengenzuweisungen; in Europa wurde bei einer zugewiesenen Menge von 110,6 Tonnen für die vier Produzenten ein Gesamtumsatz von 80 Tonnen erreicht.

    (381) Für 1994 musste eine Reduzierung der Mengenquoten entsprechend der zu erwartenden Nachfrage von 275 Tonnen (Europa, 96,3) vorgenommen werden. Aus den Ergebnissen für dieses Jahr ging jedoch ein beträchtliches Defizit von etwa 50 t hervor. Laut Takeda war der Verkaufspreis Ende 1993 wegen einer großen Menge chinesischen Materials, die auf den Markt gelangte, eingebrochen.

    (382) Laut Takeda teilte auf dem Treffen mit Roche vom 10. Juni 1994 in Tokio sein Geschäftsführer des Geschäftsbereichs Vitamine und Feinchemikalien dessen Gegenüber bei Roche mit, dass die Abmachung "nicht mehr in Kraft sei". Dies ist das letzte bekannte Treffen zwischen La Roche und Takeda in Bezug auf Folsäure.

    (383) In seiner Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestreitet Sumika einige der von der Kommission beschriebenen Fakten. Allerdings räumt Sumika gleichzeitig ein, dass es den größten Teil dieser Fakten weder bestätigen noch widerlegen könne, da es zu den Personen, die zum betreffenden Zeitpunkt für Folsäure zuständig waren, keinen Kontakt mehr habe. Sumika weist auf einige faktische "Irrtümer" hin, die seiner Meinung nach Zweifel an der Verlässlichkeit zumindest einiger von Takeda vorgelegter Beweise aufkommen ließen. Diese betreffen hauptsächlich die Namen der Personen, die an bestimmten Sitzungen teilgenommen haben sollen, und die Art der Beratung auf einigen Sitzungen.

    (384) Gleichwohl räumt Sumika ein, dass es an dem Treffen vom 17. November 1992 und an dem Treffen vom Februar 1993, an denen Roche beteiligt war, teilgenommen hat. Ferner räumt es eine Teilnahme an den Yosankai-Treffen ein.

    (385) In Bezug auf den Zeitraum 1991 bis 1993 räumt Sumika ein, dass "Takeda Sumika und Kongo aufforderte, in den ihm vorliegenden Zollabfertigungsstatistiken, die in den von der japanischen Regierung regelmäßig veröffentlichten Handelsstatistiken enthalten sind, anzugeben, welche Ausfuhren auf sie entfielen". [Originalzitat Englisch]. Sumika sieht sich außerstande, Angaben über das Jahr 1993 zu machen, bestätigt jedoch, dass von Mitte 1993 bis 1995 die Unternehmen auf Wunsch von Takeda erneut gegenseitig ihre Ausfuhrumsätze offen legten.

    (386) Sumika bestreitet die Schlussfolgerung der Kommission, dass Takeda in den Verhandlungen mit Roche als "Vertreter" der beiden anderen japanischen Unternehmen aufgetreten sei. Allerdings stimmt dies vollständig mit den Tatsachen überein, wie sie sowohl von Takeda als auch von Roche beschrieben wurden; hinzu kommt die Tatsache, dass die Aufschlüsselung der japanischen Ausfuhren auf den Yosankai-Treffen sorgfältig berechnet wurde.

    (387) Die Kommission stellt fest, dass die von Sumika zur Bestreitung der Tatsachen vorgebrachten Argumente durch die von Sumika selbst eingeräumten Tatsachen und durch die ausführlichen, von Roche und Takeda vorgelegten Beweise widerlegt werden. Sie sind daher zurückzuweisen.

    1.4.7. VITAMIN C (ASCORBINSÄURE)

    1.4.7.1. Ursprung des Kartells

    (388) Das Kartell auf dem Vitamin-C-Sektor entstand 1990-1991, Angaben zufolge nach einem Preisverfall von 10 % in einem Jahr. Am 7. April 1990 traf der Vitamin-Marketingleiter von Roche in Basel mit dem Vertreter von Takeda zusammen. Eine weitere Beratung auf der obersten Leitungsebene zwischen den beiden führenden Produzenten fand am 4. September 1990 im Zürcher Hotel Schweizer Hof statt.

    (389) Im Januar 1991 kam es in der Schweiz zu einem Treffen von Roche, BASF und Merck (auf unterer Leitungsebene), bei dem der für den 30. und 31. Januar vorgesehene Besuch leitender Mitarbeiter von Roche und der BASF in Tokio vorbereitet wurde.

    (390) Am 30./31. Januar 1991 trafen Mitarbeiter von Roche mit ihren Kollegen bei Takeda in Tokio zusammen. Zu diesem Zusammentreffen kam es anlässlich des Besuchs leitender Mitarbeiter von Roche (und BASF) in Japan, die Gespräche mit mehreren japanischen Vitaminproduzenten führten, um sich deren definitiver Zusage zum Beitritt zu den Kartellvereinbarungen bei verschiedenen Produkten (einschließlich der Vitamine E, B1, B6, C) zu versichern.

    (391) Eine weitere Zusammenkunft von Roche und Takeda auf der obersten Ebene zu Vitamin C fand am 10. April 1991 statt. Da das Kartell im Mai auf "operativer" Ebene bereits funktionierte (siehe Erwägungsgrund 420), müssen die einzelnen Bedingungen also spätestens Anfang 1991 vereinbart worden sein.

    1.4.7.2. Grundstruktur des Kartells

    (392) Der allgemein anerkannte Grundsatz, auf dem das Vitamin-C-Kartell beruhte, bestand darin, dass der bestehende Weltmarktanteil der vier Hersteller stabilisiert werden sollte.

    (393) Zwecks Festlegung der Quoten bestimmten die Beteiligten zunächst, ausgehend von ihrem eigenen Absatz und dem geschätzten Absatz der chinesischen und osteuropäischen Produzenten von Vitamin C, das Gesamtmarktvolumen. Der erwartete Absatz Dritter wurde sodann abgezogen und der verbleibende Markt als der "verfügbare Markt" bezeichnet. Die Bestimmung der Zielmengen der jeweiligen Hersteller für den bevorstehenden Zeitraum erfolgte auf der Grundlage ihrer Schätzung des "verfügbaren Marktes".

    (394) Die Zuweisungen beruhten auf den 1990 erzielten Anteilen am verfügbaren Markt (Roche 52 %, T 30 %, Merck 10 % und BASF 8 %).

    (395) Es sollte eine "parallele Entwicklung von Absatz und Marktanteil" erreicht werden, d. h., die Quoten wurden zwecks Berücksichtigung einer größeren Nachfrage angepasst, während die jährlich für die einzelnen Regionen festgelegten prozentualen Anteile und Ziele beibehalten wurden. Die Kontrolle des Absatzes erfolgte vierteljährlich, und wenn erforderlich, wurden entsprechende Korrekturen vorgenommen.

    (396) Wie auch bei den anderen Vitaminen vereinbarten die Hersteller Zielpreise und stimmten ihre Preiserhöhungen ab.

    (397) Für die größeren nationalen Märkte wurden die Hauptkunden bestimmt. Dabei ging es darum, einen Absatzplan für diese festzulegen, so dass die Produzenten ihre Bemühungen um Anhebung der Preise auf dem Markt verstärken konnten (siehe Erwägungsgründe 402-406).

    1.4.7.3. Budgets

    (398) Das Quotensystem wurde einer ständigen Kontrolle unterzogen, die den bei den Vitaminen A und E angewandten Maßnahmen ähnelte und die Festlegung und Umsetzung von "Budgets" beinhaltete. Die folgenden repräsentativen Beispiele (von 1993 und 1994) verdeutlichen die Funktionsweise des Budgetsystems während der Existenz des Kartells:

    - Aus einem Dokument(23) ist die Zuweisung von Absatzmengen für Vitamin C an die einzelnen Unternehmen auf regionaler Basis für 1993 und 1994 ersichtlich.

    - Ein auf dem Treffen vom 25. Mai 1993 verwendeter Vermerk mit handschriftlichen Anmerkungen eines Mitarbeiters von (BASF): Die Zahlen im Kasten "2nd estimation" [2. Schätzung] beschreiben die vorgesehene neue Marktaufteilung.

    - Ein Dokument (überschrieben mit "Confidential" [Vertraulich]) enthält 1. das "Ist" (d. h. erzielter Absatz) für Roche, Takeda, Merck und BASF in den einzelnen geografischen Regionen für 1992 (in Anmerkungen wird der tatsächlich erzielte Absatz mit dem Budget verglichen) und 2. das eigene "Budget" der BASF für 1993, das mehrfach überarbeitet wurde. Die Anmerkung steht in der rechten unteren Ecke: "1993 muss Kompensation für ein Zuviel von Takeda 1992 erfolgen (burden sharing)."

    - Ein weiteres Dokument enthält die Korrekturen für das "Budget" 1993, die aufgrund der Beratung vom 5. August 1993 vorgenommen wurden.

    - Aufschlüsselung des Absatzes der einzelnen Hersteller nach Land und Region für 1994: Hier scheint ein (erfolgloser) Versuch zur Verschleierung der eigentlichen Bedeutung der aufgeführten Daten unternommen worden zu sein. Das Arbeitsblatt hat vier Spalten, die mit "VIPS", "Lager", "Captive Use" [Eigenverbrauch] und schließlich "Ist" überschrieben sind. Aus einer handschriftlichen Anmerkung geht jedoch hervor, dass die Werte in den Spalten in Wirklichkeit die von "Roche", "Tak", "Merck" und "BASF" sind.

    1.4.7.4. Ziel- und Mindestpreise

    (399) Zu Beginn wurden die Preise vierteljährlich festgelegt (später dann jährlich). Dabei fand das übliche System der "Listen"-, "Ziel"- und "Mindest"-Preise Anwendung; für Europa wurden DEM-Preise angegeben.

    (400) Im ersten Jahr (1991) bestand das Ziel darin, den Marktpreis von 20 DEM/kg durch quartalsweise Anhebung des "Mindest"-Preises auf den "Listen"-Preis von 24 DEM/kg zu erhöhen. Die "Mindest"-Preise wurden in der jeweiligen Landeswährung zum 1. März, 1. Juli, 1. Oktober (letztere Preisanhebung nur in Frankreich und Italien) und 1. Januar 1992 festgelegt. Die Mindestpreise betrugen 20,50 DEM, 22 DEM und 24 DEM.

    (401) Nachstehend sind die "Listen"- und "Mindest"-Preise für Vitamin C (und andere Vitamine) aufgeführt, die vom 1. Januar 1992 bis 1. April 1994 galten.

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    1.4.7.5. Kundenzuweisung/Hauptkunden

    (402) Zwecks Untermauerung ihrer gemeinsamen Bemühungen um Anhebung des Preises für Vitamin C auf allen Märkten hatten die Produzenten ein gut durchdachtes System für ihre Arbeit mit "Hauptkunden" entwickelt, d.h. wichtige Einzelkunden, für die ein detaillierter Absatzplan vereinbart wurde.

    (403) Aus Takedas Anmerkungen zu einem Treffen mit Roche vom 15./16. Mai 1991 ist ersichtlich, wie dieses System damals funktionierte. Für jeden ausgewiesenen "Hauptkunden" schätzten die Hersteller dessen jährlichen Gesamtbedarf, führten den zum damaligen Zeitpunkt gezahlten Preis an, stellten fest, ob die Lieferungen auf der Grundlage eines Mengenvertrages oder eines Vertrages mit fester Laufzeit erfolgten, und vereinbarten, wer im Jahr 1991 welche Mengen liefert.

    (404) In einigen Fällen bestand ein Hersteller auf seinem Recht, einen bestimmten "traditionellen" Kunden ausschließlich selbst zu beliefern; in anderen Fällen wurde gefordert, dass die Aufträge des Kunden nach einer festgelegten Formel aufgeteilt werden.

    (405) Im Mai 1993 erfolgte eine Überarbeitung des Zuweisungssystems für Hauptkunden. Die neue Verfahrensweise wird in den Anmerkungen von Takeda zu einem Treffen aller vier Produzenten, das am 25. Mai in Zürich stattfand, beschrieben.

    "Umgang mit Hauptkunden

    1) Seit 1991 wird eine Zuweisung wichtiger europäischer Kunden vorgenommen, jedoch ist dabei kaum Erfolg zu verzeichnen. Um eine bessere Kontrolle der Hauptkunden zu gewährleisten, sollte sich jeweils ein Unternehmen um einen Kunden kümmern. (Gegenwärtig kontrolliert R.) (Vorsitzender bei der Entscheidungsfindung)

    Beispiel:

    B: Puratos

    M: Astra

    T: Kabi Pharma

    R: Bayer

    2) Forderung nach unverzüglicher Umsetzung zur Erfolgsmessung (dies wird von B nachdrücklich gefordert). T entgegnete, dass das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt Stellung nehmen wird, da es sich hierbei um eine europäische Angelegenheit handelt, die einer Vereinbarungen mit Hamburg bedarf(24). T stimmte dem Ansatz aber grundsätzlich zu.

    3) Da R ein hohes Routineauftragsvolumen besitzt, unterstützte das Unternehmen diesen Vorschlag vehement. Da der Vorschlag jedoch bedeuten würde, dass R die Kontrolle über alle Hauptkunden verliert, lässt sich kaum mit Bestimmtheit sagen, wie das Unternehmen trotz seiner nach außen vorgetragenen Zustimmung denkt. Aus diesem Grund ist R direkt zu dieser Angelegenheit zu befragen."

    [Originalzitat Englisch]

    (406) Bei den Beratungen auf technischer Ebene machten die vier Hersteller zum Teil sehr ausführliche Angaben zu ihren Lieferungen an die jeweiligen Hauptkunden und zu den ihnen angebotenen Preisen. Ein - nicht immer erfolgreich - angewandter Kunstgriff war der Verbraucher-"Schutz"(25):

    "ASTRA(S)

    R und T unterstützen M und B.

    M und B teilten den Anteil.

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Die Zuweisung des Anteils verlief bei Puratos erfolglos. Insbesondere T verzeichnete aufgrund seiner Einhaltung der Preise einen Anteilsrückgang. Die von B getroffenen Vorkehrungen waren ungenügend. T übernahm bei Astra den Anteil von 1993, erreichte jedoch 1994 null."

    [Originalzitat Englisch]

    1.4.7.6. Coca Cola

    (407) Zu den weltweit größten Kunden zählte Coca Cola. Der Gesamtbedarf an Vitamin C des Unternehmens beläuft sich auf über 1000 Tonnen pro Jahr. In Bezug auf diesen Hauptkunden, der einen Sonderstatus genoss (Coca Cola handelte mit seinen Lieferanten einen weltweit geltenden Liefervertrag aus), vereinbarten die Vitaminhersteller untereinander die Aufteilung der Lieferaufträge sowie die angebotenen Preise. Im Protokoll der bilateralen Beratung vom 10. November 1993 heißt es:

    "(6) Pool-Vertrag mit Coca Cola 1994

    Erstes Angebot

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Die Verhandlungstermine für Puerto Rico wurden noch nicht festgelegt.

    [Originalzitat Englisch]"

    (408) Bei späteren Treffen erörterten die Produzenten ihre jeweiligen Anteile an den Liefermengen für Coca Cola in den einzelnen Regionen:

    "(4) Vertrag mit Coca Cola 1994

    - R musste einem geringeren Anteil zustimmen. In den USA wurde das Problem in lokalen Diskussionen geklärt. Eingang von Aufträgen von Kellogg.

    - Europa: Von B und M wurde auf dem Treffen der vier Parteien die Forderung nach Aufbesserung [sic] erhoben.

    - Die von T für Österreich vorgesehenen 9 Tonnen zu einem Cif-Preis von 17,00 USD scheinen eine Strafe zu sein, die Herr [...] R auferlegt hat. Daran ist nichts zu ändern, wenn Herr [...] von teureren Quellen kauft."

    [Originalzitat Englisch]

    (409) Bei weiteren Gesprächen, die sich mit der gemeinsamen Strategie gegenüber Coca Cola befassten, wies Roche die Teilnehmer darauf hin, dass Merck und die BASF ihre Preise geringfügig (unter den Stand des Angebots von Roche) gesenkt und den Zuschlag für einen "Pool-Vertrag" für Europa erhalten hatten. Die BASF verteidigte sich damit, dass das Unternehmen von Coca Cola zu einer Preissenkung gezwungen wurde.

    "- T stellte fest, dass die Vorgespräche aus Sicht des Unternehmens erfolgreich verliefen und es R unterstützt (der japanische Markt hat sich genauso entwickelt, wie von T erhofft). Jedoch wäre es angebracht, wie auch von B und M betont, wenn bei der nächsten Gelegenheit mehr Zeit für die Diskussion des Verhaltens gegenüber Coca Cola zur Verfügung stuende. Sie schlugen vor, dass die Preise bei der nächsten Gelegenheit nicht einheitlich gestaltet werden, sondern eine Differenzierung nach Ländern vorgenommen wird, so dass auf den einzelnen Märkten unterschiedliche Preise angeboten werden können. Andernfalls werde Coca Cola stets versuchen, alle Verträge zu dem niedrigeren Marktpreis abzuschließen. (Alle drei Parteien schienen dem Vorschlag zuzustimmen). Bei der nächsten Gelegenheit wird sich eine Vorberatung mit den Preisangeboten für die einzelnen Regionen befassen." [Originalzitat Englisch]

    (410) Bei den Gesprächen zum Bedarf von Coca Cola im Jahr 1995 schlug Roche vor, dass sich die Hersteller "zusammensetzen" sollten, um unverzüglich ihre Position abzustimmen, wenn Coca Cola im Oktober mit der Suche nach Lieferanten beginnt. Die BASF und Merck stimmten dem Vorschlag von Roche sofort zu; Takeda wollte sich bei den Einzelheiten nicht festlegen (bei dem Treffen handelte es sich um die erste multilaterale Beratung zu Vitamin C "im Land einer Gegenpartei", an der das Unternehmen teilnahm), sagte jedoch zu, dass "wir unsere Zusammenarbeit wie bisher gewähren könnten".

    (411) Selbst auf der letzten dokumentierten Zusammenkunft zu Vitamin C im August 1995 stimmten sich die Produzenten hinsichtlich der bevorstehenden (separaten) Verhandlungen mit Coca Cola ab:

    "R(oche) gab an, dass Coca Cola für [1996] alle Unternehmen auffordern würde, bis Ende Oktober/Anfang November ein Angebot abzugeben, und Anfang Dezember würden in Puerto Rico Gespräche zwischen Coca Cola und den einzelnen Unternehmen stattfinden (...). Ferner stellte R fest, dass das Gesamtabsatzvolumen in diesem Jahr aufgrund einer rückläufigen Nachfrage in Europa und in den USA geringer ausfallen würde als in den Vorjahren. (...) Unser Unternehmen [Takeda] erklärte, dass wir im Jahr 1996 die Position beibehalten sollten, dass die japanischen und US-amerikanischen Firmen die wichtigsten Lieferanten sind und wir das Preisniveau von 1995 halten wollen, obgleich derzeit eine Preisanhebung kaum durchzusetzen ist. Alle Länder vereinbarten, dass sie einen höheren Preis anbieten werden."

    [Originalzitat Englisch]

    1.4.7.7. Pfizer-Vertrag

    (412) Ferner erörterte das Kartell die Lieferverträge von Roche mit dem Pharmazieunternehmen Pfizer. Dieser Vertrag wurde alle zwei Jahre erneuert. Aus Takedas Bericht über die Beratungen des Unternehmens mit Roche im Februar 1993 geht Folgendes hervor:

    "1. Lieferung an Pfizer stoppen

    R liefert etwa 2000 Tonnen an Pfizer. Es ist jedoch nicht in der Lage, den Preis ordentlich zu kontrollieren, so dass die Lieferungen in diesem Geschäftsjahr eingestellt werden.

    R möchte, dass Takeda Pfizer nicht beliefert, wenn Pfizer in dieser Angelegenheit an Takeda herantritt. Wir werden Tokio in Kenntnis setzen, und T wird Pfizer ebenfalls nicht beliefern."

    [Originalzitat Englisch]

    (413) Es hat den Anschein, dass es für Takeda wichtig wurde, dass Roche die Lieferungen an Pfizer einstellt oder zumindest die Liefermengen drastisch reduziert. In dem detaillierten Protokoll von Takeda über die bilaterale Zusammenkunft am 10. November 1993 in Japan werden die Gespräche zu diesem Punkt wie folgt dargestellt:

    "(4) Liefervertrag zwischen Pfizer und R

    R hatte T mitgeteilt, dass der derzeitige Vertrag Ende 1993 ausläuft. Diesmal hat das Unternehmen jedoch erklärt, dass der Vertrag nächstes Jahr, d. h. Ende 1994, ausläuft. Als wir diese Diskrepanz hinterfragten, lautete die Antwort, dass der Vertrag alle 2 Jahre erneuert werde und die Laufzeit des Vertrages 1994 ende.

    Das Unternehmen erwähnte zwar, dass die Lieferungen seit 1993 rückläufig seien, doch blieb die Frage nach der Liefermenge und dem Umfang des Lieferrückgangs in Tonnen unbeantwortet.

    Bei den Lieferregionen konnte es ferner die regionalen Lieferungen nicht prüfen, da Pfizer ganz Europa beliefert und die einzige Dokumentation über den Vertrieb in den Berichten Pfizers enthalten ist."

    [Originalzitat Englisch]

    (414) Roche berichtete später, dass der Vertrag nach seinem Ablaufen im Dezember 1994 nicht wieder erneuert würde. Roche bat die anderen Hersteller, keine Lieferungen vorzunehmen; BASF und Takeda bestätigten, dass Pfizer nicht an sie herangetreten ist.

    1.4.7.8. Zusammenkünfte des Kartells

    (415) Wie bei den anderen Vitaminen wurden Quartalsberatungen mit dem Ziel der Umsetzung der Kartellvereinbarungen abgehalten. Im Zeitraum von 1991 bis Mai 1993 fanden die Treffen normalerweise in Basel statt. Während dieses Zeitraums nahmen Roche, BASF und Merck an diesen Beratungen teil. (Takeda weigerte sich, an den multilateralen Zusammenkünften des Kartells mit der BASF und Merck teilzunehmen, traf aber zu "Eins-zu-Eins"-Gesprächen mit Roche zusammen.)

    (416) Diese Quartalsberatungen, auf denen Roche für Takeda sprach, hatten folgende Probleme zum Inhalt:

    - Überwachung der Vereinbarung,

    - Aktualisierung, um eine Abstimmung zwischen Ist-Werten und Zielvorgaben vorzunehmen,

    - Absprachen zu Preisen und Marktanteilen.

    (417) Die teilnehmenden Produzenten (und Takeda) teilten Roche ihre Verkaufszahlen mit, das wiederum die Gesamtergebnisse pro Unternehmen an die Gruppe weiterleitete.

    (418) Die Vertreter von Roche trafen sich normalerweise separat mit Takeda. Diese Beratungen fanden entweder in Tokio oder in Basel statt. Manchmal ging es bei den bilateralen Treffen zwischen Roche und Takeda um das von beiden hergestellte Vitaminsortiment (Vitamin B1, B2, B6, C und Folsäure); andere Beratungen des Kartells beschäftigten sich nur mit dem Thema Vitamin C.

    (419) In der Tat lud Roche Takeda am 13. April 1992 zur Teilnahme an den europäischen Quartalsberatungen unter Beteiligung von Roche selbst, der BASF und Merck ein. Takeda hatte die Einladung jedoch "due to our company policy" [aufgrund unserer Firmenpolitik] abgelehnt. "Sollte es jedoch ein wichtiges Thema geben, wie beispielsweise einen Absatzzuteilungsplan, werden wir versuchsweise an der Beratung teilnehmen. Selbstverständlich setzen wir die Gespräche mit R wie derzeit fort." [Originalzitat Englisch]. Ab Mai 1993 nahm Takeda an den multilateralen Treffen teil.

    1.4.7.9. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1995

    (420) Die erste bilaterale Zusammenkunft zwischen Roche und Takeda, über die eine detaillierte Aufzeichnung vorliegt, fand am 15./16. Mai 1991 statt. Die Vertreter von Takeda trafen sich mit dem bei Roche für Vitamin C zuständigen Leiter, den beiden Produktmanagern und den für die einzelnen europäischen Regionen zuständigen Gebietsleitern.

    (421) Anliegen der Beratung war "die Diskussion (...) der Ergebnisse, die aufgrund der Preiserhöhung im März und April erzielt worden waren, sowie die Bestimmung des Mindestpreises für das dritte Quartal, das vierte Quartal '91 und das erste Quartal '92 nach Ländern mit (den) vier Gebietsmanagern unter Berücksichtigung von Bedarf und Anteil der Großkunden." [Originalzitat Englisch] (Takeda hatte eine Preiserhöhung mit Wirkung vom 1. März bekannt gegeben.)

    (422) Takeda fasst die Ergebnisse der Zusammenkunft wie folgt zusammen: "Wir haben die Hauptkunden anhand der Ergebnisse von '90 und auf der Grundlage des Plans '91 mit den noch zu den alten Preisen bestehenden Ausnahmeverträgen, die vor dem 1. März 1991 festgelegt wurden, bestätigt." [Originalzitat Englisch]

    (423) Der Mindestpreis für das dritte Quartal wurde vereinbart, jedoch akzeptierte Takeda in dieser Phase nicht den Vorschlag von Roche, die europäischen Verkaufsquoten für 1991 auf Basis der einzelnen Länder festzulegen.

    (424) Das Treffen war von Roche einberufen worden. Das Unternehmen erklärte, dass das derzeitige Preisniveau von 20,50 DEM zu niedrig sei und man schon in den vergangenen 4 bis 5 Jahren versucht habe, das Preisniveau zu erhöhen. Die BASF folge auf lokaler Ebene nicht immer der Preisgestaltung von Roche (so das Unternehmen); die oberste Geschäftsleitung der BASF hatte Roche jedoch zugesagt, dass sie (Roche), wenn sie feststellen, dass die Preise von BASF den Markt stören, die Führungsspitze der BASF informieren können, die dann ihrerseits "(would) change the local organization" [die Organisation auf lokaler Ebene verändern würden].

    (425) Takeda beschwerte sich darüber, dass das Unternehmen wohl das für Europa verbindliche neue Preisniveau mit Wirkung vom 1. März bekannt gemacht hatte, ihm aber Absatzvolumen an Roche und BASF verloren gegangen sei, da diese unter dem vereinbarten Preis verkauft hätten. Wenn Takeda keinen Beweis dafür erhielte, dass die europäischen Hersteller im Mai und Juni seinem Preis folgten, würde es gegen die europäischen Hersteller "vorgehen". Roche versuchte, die Situation zu entschärfen, indem das Unternehmen erklärte, dass seit 1. März keine neuen Aufträge unter dem neuen Preisniveau entgegengenommen worden seien, es jedoch noch unerledigte Verträge zum alten Preis gebe.

    (426) Bis ins kleinste Detail werden die Gespräche mit den Gebietsleitungen von Roche für jedes Land beschrieben. Es wird eine Einschätzung der Gesamtnachfrage für 1991 und ein Austausch der im Vorjahr (1990) erreichten Ist-Werte vorgenommen. Ferner werden die Hauptkunden des jeweiligen Markts bestimmt und zugeteilt, die mit ihnen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen werden individuell besprochen und Informationen über genaue Bedarfsangaben in Tonnen sowie die angebotenen bzw. anzubietenden Preise ausgetauscht. In einigen Fällen wird eine ganz spezifische Vereinbarung über die Aufteilung ihrer Aufträge bzw. die Erhöhung des Preises getroffen. Für jeden nationalen Markt wird für das Jahr 1991 ein "Absatzplan" vereinbart.

    (427) Aus Takedas Bericht über die Reaktion des Unternehmens auf den Vorschlag von Roche, Absatzquoten für jeden nationalen Markt festzusetzen, ist die ambivalente Haltung von Takeda zu den Wettbewerbsregeln und den Kartellgesetzen ersichtlich:

    "Seiner [Gebietsleiter von Roche für Westeuropa] Meinung nach reicht es nicht aus, die Zahlen für die Hauptkunden auszutauschen, sondern sie (...) müssen zur Durchsetzung unserer Strategie auch Land für Land festgesetzt werden.

    Nicht nur Herr [...], sondern auch die Leute von Basel haben uns nachdrücklich gebeten, die Zahlen nach Ländern festzusetzen.

    Wir haben ihren Vorschlag aufgrund rechtlicher Gesichtspunkte (sic) abgelehnt, aber sie werden ihn auf der nächsten Beratung am 23. Mai 1991 wieder unterbreiten."

    (428) Der Bericht von Takeda endet mit einer Auflistung der Mindestpreise, die in jeder nationalen Währung mit Wirkung ab 1. März, 1. Juli und 1. Oktober 1991 sowie 1. Januar 1992 (siehe Erwägungsgrund 400) vereinbart wurden.

    (429) Anfang 1993 wurden die weltweit erzielten Absatzergebnisse für 1992 ausgetauscht und Takeda nachgewiesen, dass das Unternahmen seine Quote um 4 % überschritten hatte. Die Situation stellte sich wie folgt dar: Takeda 104 % der Quote, Roche 95,6 %, Merck 85,6 % und BASF 88,5 %.

    (430) Für das Jahr 1993 schätzten die Hersteller den Weltmarkt auf insgesamt 43225 t, die auf der Grundlage des Absatzplans von 1992 aufgeteilt werden sollten. Vonseiten Takedas wurde argumentiert, dass es unfair sei, wenn sich die Ergebnisse von 1992 nicht in den Quoten für 1993 widerspiegelten. Einer Partei, der es nicht gelinge, angemessene Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Absatzquoten zu erfuellen, sollte (so Takeda) der ihr zugedachte Anteil reduziert werden. Roche bestand jedoch darauf, an der Basisvereinbarung festzuhalten (siehe Erwägungsgründe 392-397).

    (431) Ungefähr zu dieser Zeit begannen die chinesischen Hersteller von Vitamin C, die erhebliche Investitionen in neue Produktionsanlagen getätigt hatten, in den Weltmarkt für Vitamin C einzudringen. Mit ihren niedrigen Preisen und steigenden Mengen brachten sie die Kartellabsprachen der anderen Hersteller durcheinander. (Eine von dem Kartell erörterte kurzfristige Lösung bestand darin, chinesische Produkte aufzukaufen.)

    (432) Anfang 1993 hielt die BASF im Hauptsitz des Unternehmens in Ludwigshafen eine Beratung mit Roche und Merck ab, bei der es um die von ihnen wahrgenommene Bedrohung seitens der chinesischen Produzenten ging. Auf diesem Treffen wurde von Roche vorgeschlagen, dass die europäischen Produzenten und Takeda ihre Produktion einschränken und die Preise im zweiten, dritten und vierten Quartal von 1993 anheben sollten. Roche behauptet demgegenüber, es habe damals die Preise für Vitamin C um 12 % senken wollen.

    (433) Aus von der BASF vorgelegten, wohl detaillierten Aufzeichnungen dieser Beratung geht hervor, dass entgegen den heutigen Behauptungen von Roche die "Ziel"-Preise für das II., III. und IV. Quartal 25 DEM, 26 DEM bzw. 27 DEM betragen sollten. In der Tat wird im Protokoll der Beratung mit den Gebietsleitern von Roche, die vom 15. bis 18. Juni 1993 stattfand, von einer "stabilen" Preispolitik für Vitamin C gesprochen.

    (434) Die beiden anderen europäischen Hersteller stimmten dem Vorschlag von Roche zu, die Produktion zu drosseln, sofern Takeda dem zustimmt. Takeda war damit einverstanden.

    (435) Der Bericht von Takeda vom 19. April 1993 über die Preispolitik von Roche bestätigt, dass Roche die ab 1. April geltende Preissteigerung über die Fachpresse bekannt gemacht hatte (Listenpreis: 28,00 DEM/kg) (obgleich in Wirklichkeit von Roche erwartet wurde, dass es echte Anstrengungen zur Erhöhung der effektiven Preise in Europa erst ab Juli unternehmen würde).

    (436) Am oder um den 25. Mai 1993 hielten die Produzenten ein Folgetreffen am Zürcher Flughafen ab. Dabei handelte es sich um die erste multilaterale Beratung, an der Takeda teilnahm. Auf dieser Beratung unterbreitete Roche Takeda den Vorschlag, die Produktion so zu drosseln, dass eine 5 %ige Reduzierung der für das Jahr 1993 zugewiesenen Produktionszahlen erreicht würde. Takeda stimmte einer generellen Senkung um 5 % nicht zu, sondern argumentierte, dass "es vernünftiger wäre, die zugewiesenen Produktionsmengen den in den unterschiedlichen Gebieten erreichten Ist-Werten anzupassen." [Originalzitat Englisch] Dieser Gegenvorschlag hätte für Takeda eine berichtigte Quote weltweit von 13014 t gegenüber der ursprünglichen Zuteilung von 13310 t bedeutet.

    (437) Es wurde ein Kompromiss dahin gehend erzielt, dass die drei europäischen Hersteller ihre Quote um 2,5 % und Takeda um 2,2 % verringern sollten, wobei wahrscheinlich weitere Beratungen notwendig sein würden, um zu ermitteln, ob weitere Anpassungen erforderlich sind. Die BASF legte ihre Arbeitsunterlagen für dieses Treffen vor, aus denen die Einzelheiten des Vorschlags für eine 5%ige Verringerung und die Kompromisslösung hervorgehen.

    (438) Des Weiteren wurde auf dieser Zusammenkunft in Zürich auch eine prinzipielle Einigung über die Durchsetzung eines Plans zur Verbesserung des Systems der Kundenzuordnung erreicht, indem jedem Produzenten die Verantwortung für einen bestimmten Hauptkunden übertragen wurde.

    (439) Eine weitere Beratung der vier Hersteller fand am 5. August 1993 in den Geschäftsräumen der BASF in Frankfurt statt. Darüber wurde von Takeda ein detailliertes Memorandum aus dieser Zeit vorgelegt. Nach einem Austausch der Daten wurde bestätigt, dass die 2,5%ige Reduzierung (als "freiwilliges Ziel" bezeichnet) im Verlaufe des ersten Halbjahres 1993 mehr oder minder erreicht worden sei. In Europa wurden die Preise auf 25,00 DEM erhöht.

    (440) Angesichts der unerwarteten Steigerung der chinesischen Exporte wiederholten die europäischen Produzenten ihren Vorschlag, eine 5 %ige Senkung der Produktion vorzunehmen. Diesem Vorschlag widersetzte sich Takeda: Der US-Markt für Vitamin C zeige ein schnelles Wachstum und es wäre absurd (so die Argumentation von Takeda), steigende Absätze in Amerika durch Drosselung in anderen Regionen zu kompensieren.

    (441) Roche wiederholte die Grundprinzipien der 1991 erreichten Vereinbarung (der Vertreter der BASF hielt sie schriftlich fest). Jedes Unternehmen erarbeitete eigene Vorschläge für den Plan zur Reduzierung des Produktionsvolumens. Der von Takeda unterbreitete Vorschlag zur Drosselung dieser Mengen (das Unternehmen hatte sich selbst die geringste Reduzierung zugedacht) rief lautstarke Proteste seitens der anderen Teilnehmer hervor. Aus den Aufzeichnungen von Takeda geht hervor, dass es "sich als unmöglich erwies, eine Einigung in dieser Angelegenheit zu erzielen."

    (442) Der BASF zufolge stellten die drei europäischen Produzenten Takeda jedoch vor ein Ultimatum: Entweder Takeda stimme der Drosselung des Absatzes von Vitamin C zu, oder sie würden aus der Vereinbarung ausscheiden. "Takeda gab nach, und die vier Unternehmen vereinbarten neue geringere Mengenzuteilungen für Vitamin C." [Originalzitat Englisch]

    (443) Im Protokoll Takedas über die Beratung mit Roche auf Arbeitsebene, die am 10. November 1993 in Tokio zu mehreren Vitaminen stattfand, wird bestätigt, dass in der Beratung vom August neue Mengenzuteilungen für Vitamin C vereinbart worden waren: Die Verkaufsergebnisse der vier Unternehmen im Zeitraum Januar bis September lagen "im Rahmen der Zuweisung von 73,6 %". [Originalzitat Englisch]

    (444) Takeda wandte sich jedoch wieder seinem Lieblingsthema zu, dass es nämlich "unvernünftig sei, die Anteile von 1990 uneingeschränkt aufrechtzuerhalten, und dass Einschnitte bei den Zuteilungen für B und M, die direkt von den chinesischen Erzeugnissen beeinflusst sind, in Erwägung gezogen werden müssten." [Originalzitat Englisch]. Roche antwortete, für den Fall, BASF und Merck gegenüber Einschnitte in den zugeteilten Mengen erwähnt würden, sie sich nicht mehr an den Plan halten und mit ihren niedrigen Preisen ein Chaos auf dem Markt verursachen würden: "Es ist daher notwendig, diese grundlegende Vereinbarung zur Beibehaltung der Anteile aufrechtzuerhalten. Das aktuelle System sollte beibehalten werden, da es jetzt von höchster Bedeutung ist, die derzeitigen Preise zu halten." [Originalzitat Englisch]

    (445) Roche schlug für die Mengenzuteilungen für 1994 eine Neuregelung (mit "aktiven" und "passiven" Quoten für jede Region) vor. In der Beratung des "Top-managements", die an dem darauf folgenden Tag stattfand, wurde die Mengenzuteilung für 1994 in Verbindung mit vorläufigen Plänen zur Erhöhung des Marktpreises in Europa ab 1. Januar auf 25,00 DEM und ab 1. April auf 26,00 DEM vereinbart.

    (446) Am 8. Februar 1994 vereinbarten alle vier Vitamin-C-Hersteller auf einer Zusammenkunft in Basel, ihre Basisvereinbarung (Einfrieren ihrer Marktanteile auf dem Stand von 1990) 1994 fortzuführen. Während von den drei europäischen Produzenten die Bedeutung der Beibehaltung der Marktanteile von 1990 unterstrichen wurde, zeigte Takeda ernste Vorbehalte und (war nach eigenen Angaben) nur zu einem Kompromiss bereit, um sicherzustellen, dass BASF und Merck die vierseitigen Gespräche fortsetzen würden (sie hatten gedroht auszusteigen, falls Takeda nicht bereit wäre, sich an die in der Vereinbarung von 1990 festgelegten Marktanteile zu halten).

    (447) Nach dem üblichen Informationsaustausch über die 1993 erzielten Ergebnisse, wobei jedes Unternehmen die Gründe für etwaige Abweichungen von den Zielvorgaben erläuterte, wurde von Takeda der Vorschlag unterbreitet, die vier Hersteller sollten ihren Anteilen entsprechend chinesische Produkte aufkaufen, um sie auf diesem Weg vom Markt zu nehmen. Da diese Vorgehensweise Auswirkungen auf die in der "Basisvereinbarung" von 1990 festgelegten Anteile gehabt hätte, die von Roche nachdrücklich als unveränderlich bezeichnet wurden, wurde der Takeda-Vorschlag abgelehnt. Wie in den Vorjahren wurde daher in der Planung für das Jahr 1994 chinesisches Material aus der Schätzung der Gesamtnachfrage ausgeschlossen. Die Preispolitik für Europa wurde bestätigt, jedoch wurde schließlich beschlossen, ab 1. April 1994 25,50 DEM statt 26,00 DEM einzuführen.

    (448) Die chinesischen Hersteller verkauften auch weiterhin zu Preisen, die die Stabilität des Kartells bedrohten. Laut BASF kam es infolgedessen bis 1995 zu einem Preisverfall für Vitamin C um ca. ein Drittel.

    (449) Zu diesem Zeitpunkt entsandte Takeda regelmäßig einen Vertreter zu den europäischen Treffen, obwohl es anscheinend hinsichtlich einer dauernden Beteiligung durch Takeda unverbindlich blieb. Laut des BASF waren die vierteljährlichen europäischen Treffen von zunehmenden Spannungen zwischen Roche und Takeda gekennzeichnet; Roche beschuldigte die japanischen Hersteller des Betrugs durch Falschangabe ihres tatsächlichen Absatzes.

    (450) Im März 1995 wurden die regionalen Quoten für jeden Produzenten für das Jahr 1995 als "verbindlich und endgültig" bestätigt.

    (451) Roche behauptet, das Unternehmen habe Mitte 1995 bekannt gegeben, dass es aus den Vereinbarungen zu Vitamin C aussteige. Die letzte Zusammenkunft fand offenbar im August 1995 in Hongkong statt. In den umfassenden Aufzeichnungen von Takeda gibt es jedoch keinen Hinweis darauf, dass auf dieser globalen Beratung, die am 24. August stattfand, die vier Produzenten tatsächlich beschlossen haben, ihre Absprachen zu beenden. Die Geschäfte wurden jedoch wie bisher fortgesetzt: Es wurden Prognosen für den Zeitraum Juli bis Dezember 1995 gestellt und die Absatzquoten und die Mindestpreise für jede Region festgesetzt.

    (452) Bei dieser Zusammenkunft kam jedoch ein unangenehmes Ärgernis zur Sprache, das ihre Absprachen stören konnte. Wegen der in den Vereinigten Staaten von Amerika laufenden strafrechtlichen Ermittlungen, die auch ADM betrafen, einigten sich die vier Unternehmen in dieser Beratung auf "absolute Geheimhaltung".

    "Ferner vereinbarten die vier Unternehmen, vorläufig jeden direkten Kontakt mit der Tochter (sic) in den USA einzustellen. Kontakte würden nur über die Zentrale (...) laufen. Der Grund dafür liegt darin, dass R(oche) USA aufgefordert worden ist, Unterlagen in Verbindung mit (einer Ermittlung in Sachen) Zitronensäure vorzulegen. Darüber hinaus sind wir besorgt, dass die Kommission nach den Sommerferien Schritte einleiten könnte, wenngleich die Situation in den USA derzeit keinen Einfluss auf Europa hat."

    [Originalzitat Englisch]

    (453) Wie üblich überprüften die Hersteller die von ihnen erzielten Absatzmengen (für den Zeitraum Januar bis Juni 1995) sowie den (für den Zeitraum Juli bis Dezember) verfügbaren Gesamtmarkt.

    (454) In Europa war die Gesamtnachfrage gesunken, während der Zustrom von chinesischem Material rasch zugenommen hatte. Gegenüber einer Prognose für den "verfügbaren Markt" in Europa in Höhe von 11078 t für das Jahr 1995 musste die Schätzung auf 9500 t nach unten korrigiert werden. Takeda hält fest: "... auf der Regionalversammlung am 11. August, an der unser Vertriebsunternehmen teilnahm, war eine Reduzierung der Absatzquoten für die Unternehmen festgelegt worden, und den reduzierten Absatzmengen wurde bereits von den vier Unternehmen zugestimmt." [Originalzitat Englisch]

    (455) Im Gegensatz zu den Behauptungen der BASF, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Preise auf nur 15 DEM/kg gefallen waren, geht aus den Aufzeichnungen von Takeda über die Beratung vom 24. August hervor, dass der von den vier Produzenten auf der europäischen Regionalversammlung vereinbarte Mindestverkaufspreis in Höhe von 24-23,50 DEM/kg bestätigt wurde. Roche rückte sogar mit der Vorschau heraus, dass der Preis für Europa bei 24 DEM/kg bleibe.

    (456) Bei einer separaten bilateralen Zusammenkunft zwischen Takeda und Roche bat Takeda sogar um eine "Prüfung und Revision" der Vereinbarung, worauf Roche antwortete "es gibt mit dem derzeitigen System kein Problem, und die beiden anderen Unternehmen würden keinen Änderungen zustimmen." [Originalzitat Englisch]

    (457) Es ist nicht dokumentiert, zu welchem genauen Zeitpunkt die Vereinbarung über Vitamin C beendet wurde, aber bis Mitte 1996 war Roches niedrigster Preis auf ca. 20 DEM/kg reduziert worden (Listenpreis 25 DEM/kg).

    (458) Eine Übersicht über die Entwicklung des Preisniveaus für Vitamin C während der Existenz des Kartells und nach dessen Beendigung wird in Tabelle VIII im Anhang gegeben.

    1.4.8. VITAMIN D3

    1.4.8.1. Ursprung des Kartells

    (459) Solvay und Roche stellen die Ereignisse um die Entstehung der Kartellabsprachen unterschiedlich dar. Roche schreibt die Initiative Solvay zu. Solvay habe schon im Verlaufe des Jahres 1992 (erfolglos) Kontakte mit den anderen Produzenten aufgenommen, um diese für die Bildung eines Kartells zu interessieren. Im Gegensatz zu Solvay behauptet Roche, kein besonderes Interesse an einer Erhöhung des Preises für reines D3 gehabt zu haben. Roche zufolge bestand das Interesse des Unternehmens darin, den Preis für D3 niedrig zu halten, um auf diesem Wege den Absatz des weit profitableren Vitamins A in der AD3-Verbindung anzukurbeln. [In Wirklichkeit wurde die Strategie von Roche in Bezug auf Vitamin D3 schon im März 1991 wie folgt dargestellt: "Preisziele und Preiserhöhungen sind mit Vitamin A (AD3) zu koordinieren. Preisvereinbarungen sind strikt umzusetzen."] [Originalzitat Englisch] Laut Roche ließ Solvay nicht locker und überzeugte schließlich die anderen, einem Treffen Anfang 1994 zuzustimmen.

    (460) Solvay wich ursprünglich der Frage aus, welches Unternehmen das Kartell ins Leben rief. In den Stellungnahmen, die das Unternehmen nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorlegte, behauptet Solvay jedoch, dass es der letzte Vitamin-D3-Hersteller gewesen sei, an den man sich wegen des Kartells gewandt habe, das von den Vitamin-A-Herstellern (Roche, RPAN und BASF) ins Leben gerufen worden sei. Durch die beiden größeren Wettbewerber, die beide Vitamin A, D3 und andere Vitamine produzierten, sei es in eine riskante Lage gebracht worden; diese konnten es nämlich durch eine Senkung des Preises für D3 vom Markt verdränden. Solvay hatte 1990 beschlossen, nicht wieder in den Markt für Vitamin A einzusteigen, blieb jedoch bei seiner Produktion von Vitamin D3. 1991 hatte Roche die Lieferungen von Vitamin A an Solvay eingestellt. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde die BASF, die zuvor D3 von Solvay bezogen hatte, selbst eigenständiger Hersteller von D3, was dazu führte, dass der Absatz von Solvay um 25 % sank.

    (461) Wer auch immer die Initiative ergriffen hat, Übereinstimmung besteht darüber, dass die Zusammenkünfte der drei Produzenten im Hinblick auf die Schaffung eines formellen Kartellsystems für Vitamin D3 etwa Anfang 1994 begannen.

    (462) An dem ersten Treffen, das vermutlich am 11. Januar 1994 in Basel stattfand, nahmen Roche, BASF und Solvay teil. Auf diesem Treffen konzentrierten sie sich auf die Festlegung der weltweiten Gesamtnachfrage nach Vitamin D3 und ihre jeweiligen Anteile daran. Es wurde ein Konsens über die jeweiligen Anteile erreicht: Solvay 41 %, Roche 38 % und BASF 21 %.

    (463) Die drei Hersteller vereinbarten, den Status quo beizubehalten. Keiner sollte versuchen, Marktanteile der anderen durch Preissenkungen zu erobern. Für das Jahr 1994 schätzten sie den Weltmarkt für Vitamin D3 (Futtermittelqualität) mit ca. 1450 TU ein. Dieser Bedarf sollte wie folgt aufgeteilt werden: Solvay 600 TU, Roche 550, BASF 300. Im Hinblick auf die Pharmaqualität, die BASF nicht produzierte, sollte der Markt im Verhältnis 50:50 zwischen Solvay und Roche aufgeteilt werden. Ferner wurde vereinbart, für jede Region Mindest- und Zielpreise zu vereinbaren.

    1.4.8.2. Mengenquoten

    (464) Auf der Grundlage ihrer Prognose über den Gesamtmarkt und der Beibehaltung ihrer jeweiligen Marktanteile legten die Parteien jährliche Zielmengen für die Welt, Europa und die USA fest.

    (465) Die Funktionsweise des Systems ist aus folgenden Unterlagen ersichtlich:

    - In einem Dokument werden die erzielten Umsätze im ersten Halbjahr 1994 den Zielvorgaben und der Leistung jedes Produzenten, ausgedrückt in Form eines Indexes, gegenübergestellt.

    - Ein weiteres Dokument zeigt die weltweit und in jeder Region erzielten Mengen für 1995 (Europa ist weiter aufgeschlüsselt in separate Zahlen für Frankreich und Deutschland). Des Weiteren wird ein Vergleich zu 1994 ("Ist '94") sowie zu den Zielen für 1996, basierend auf der gleichen Größe des Gesamtmarkts (1600 t) wie 1995, vorgenommen. Anmerkung: I ist Roche, II ist BASF, III ist Solvay Pharmaceutical und IV ist Rhône-Poulenc (in der Zuteilung für Solvay enthalten).

    1.4.8.3. Ziel- und Mindestpreise

    (466) Für das 2. Quartal 1994 einigten sich die Hersteller für Europa auf einen "Listen"-Preis von 25 DEM und einen "Mindest"-Preis von 23,50 DEM. Der "Listen"-Preis wurde 1995 aufrechterhalten, doch wurde der "Mindest"-Preis mit Wirkung vom 1. April auf 24 DEM angehoben und in der jeweiligen Landeswährung festgesetzt (82 FRF, 24500 ITL, 2000 ESP, 9,80 GBP, 495 BEF, 27 NLG). Im August 1997 vereinbarten die Produzenten eine Erhöhung des Listenpreises um 20 % auf 30 DEM/kg.

    1.4.8.4. Zusammenkünfte des Kartells

    (467) Die Zusammenkünfte der drei Hersteller fanden zweimal jährlich statt und wurden von den Mitgliedern abwechselnd in unterschiedlichen Ländern organisiert. Normalerweise fand das erste Treffen im Februar und das zweite im September statt.

    (468) Rhône-Poulenc nahm an diesen Gesprächen nicht teil, wurde aber im Voraus darüber in Kenntnis gesetzt. Das Unternehmen übergab Solvay die einschlägigen Angaben vor den Beratungen und wurde im Anschluss per Telefon über die Ergebnisse informiert.

    (469) Jedes Treffen wies dasselbe Muster auf. Zunächst gab der Organisator seine Absatzzahlen (Mengenangaben) für die vorangegangenen 6 bzw. 12 Monate bekannt. Im Anschluss daran nannten die anderen Teilnehmer ihre Verkaufszahlen.

    (470) Die künftige Marktnachfrage wurde geschätzt und Vereinbarungen dazu getroffen. Auf der Grundlage dieses Marktüberblicks konnten die Teilnehmer die Ist-Werte mit den Zielvorgaben vergleichen und die Mengenquoten für den nächsten Zeitraum zuteilen. Normalerweise erfolgte diese Zuteilung entsprechend den jeweils vereinbarten Marktanteilen. Des Weiteren wurden auf diesen Beratungen die Listen- und Mindestpreise festgelegt.

    1.4.8.5. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1994-1998

    (471) Die von Solvay bereitgestellte Dokumentation gibt ein umfassendes Bild über die Entwicklung des Kartells im Laufe der Jahre.

    (472) In ihrer ersten Beratung im Januar 1994 legten die Produzenten "Listenpreise" und "Mindestpreise" für jede Region für das zweite Quartal 1994 fest. Der Listenpreis betrug 25 DEM und der Mindestpreis 23,50 DEM. In einer Ecke der Aufzeichnung von Solvay ist handschriftlich vermerkt: "BASF verkündet den Preis zuerst." [Originalzitat Englisch]

    (473) In den Preisrichtlinien, die von der BASF am 9. März 1994 für das 2. Quartal an ihre nationalen Absatz-Tochtergesellschaften herausgegeben wurden, wurden diese angewiesen, die Untergrenze von 23,50 DEM nach dem 1. April nicht mehr zu unterschreiten. Allerdings galt die von Solvay praktizierte Vermarktung des Produkts ausschließlich über Vertreter als ein ständiges Hindernis bei der Durchsetzung von Preissteigerungen.

    (474) Am 9. Februar 1995 tauschten die Hersteller die Mengenangaben für das Vorjahr aus. Der Markt für Futtermittelqualität für 1995 wurde mit 1490 TU eingeschätzt und sollte wie folgt untereinander aufgeteilt werden: Roche 565, BASF 325 und Solvay 600.

    (475) Preise wurden u. a. für die verschiedenen nationalen Märkte in der Gemeinschaft festgesetzt. Für Deutschland wurde der Listenpreis in Höhe von 25 DEM bestätigt, wobei ein Mindestpreis von 24 DEM ab 1. April gelten sollte (bestätigt durch Anweisungen der BASF zur Preisgestaltung für das 2. Quartal 1995).

    (476) Am 20. März 1996 tauschten die Hersteller ihre Zahlen für das Jahr 1995 aus. Der für den Markt 1996 geschätzte Wert wurde in Höhe des in 1995 erreichten Niveaus (1600 TU) festgelegt. Für 1996 wurden die folgenden Ziele vorgegeben: Welt: Roche 600, BASF 350, Solvay (einschließlich Rhône-Poulenc) 650; Westeuropa: 150, 100 bzw. 240.

    (477) Auf der trilateralen Zusammenkunft vom 14. Februar 1997 wurde festgestellt, dass die weltweit realisierten Verkäufe in der Futtermittelqualität (1541 TU) 1996 unter den für das Jahr geschätzten Bedarf in Höhe von 1600 TU gefallen waren.

    (478) Auf der bilateralen Beratung, die mit Solvay am 10. Juli 1997 in Basel abgehalten wurde, informierte Roche Solvay, dass es bereit sei, einer 20%igen Preiserhöhung in Europa "unter Führung" von Solvay zuzustimmen: Roche würde "see to it" [dafür sorgen], dass die BASF und Rhône-Poulenc der Preiserhöhung für D3 und für das Kombinationsprodukt AD3 folgen.

    (479) Im Rahmen der Gespräche während des trilateralen Treffens vom 2. August 1997 wurde u. a. auch diese Preiserhöhung behandelt, die Solvay im September bekannt geben und die ab 1. Oktober wirksam werden sollte. Die Preiserhöhung wurde von Solvay im "Ernährungsdienst" vom 23. August 1997 ordnungsgemäß bekannt gegeben. Der Preis des Referenzprodukts Duphasol D3500 sollte von 25 DEM/kg auf 30 DEM/kg steigen.

    (480) Auf dieser Zusammenkunft informierte Roche die anderen Teilnehmer, dass infolge der kartellrechtlichen Untersuchungen in den USA die Geschäftsführung eine Anweisung erteilt habe, die regelmäßigen Treffen einzustellen. Dennoch wurden die Kontakte auf bilateraler Basis fortgesetzt, wobei Solvay die Zahlen von der BASF am 4. Februar 1998 entgegennahm und das Ergebnis Roche im April und der BASF am 25. Juni 1998 vorlegte.

    1.4.8.6. Einbindung von Rhône-Poulenc

    (481) Obgleich Rhône-Poulenc selbst kein D3 produzierte, hatte das Unternehmen als einer der Hauptlieferanten des Mischprodukts AD3 ein besonderes Interesse an den Ergebnissen der Gespräche.

    (482) Solvay zufolge fanden Beratungen mit Rhône-Poulenc etwa zweimal pro Jahr statt. Solvay stellte die Zahlen von Rhône-Poulenc vor den dreiseitigen Treffen mit der BASF und Roche zusammen und informierte Rhône-Poulenc über das Ergebnis der Beratungen.

    (483) Rhône-Poulenc war eine Quote zugeteilt worden (diese ist in der Zuweisung an Solvay enthalten und in den Quotentabellen entweder als "IV" oder "IIIa" angegeben). Rhône-Poulenc muss sich dieser Zuweisung bewusst gewesen sein (denn die Firma gab ihre Zahlen an Solvay weiter), und wie Solvay feststellt, "spielte die Firma eine aktive Rolle gegenüber SP im Hinblick auf den Umgang mit H-LR und BASF" [Originalzitat Englisch].

    1.4.9. VITAMIN H (BIOTIN)

    1.4.9.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (484) Anfang der 90er Jahre begann der Biotinpreis zu fallen. Vertreter von Roche hatten während ihrer regelmäßigen Besuche in Japan gegenüber den japanischen Unternehmen geäußert, dass sie mit Roche zusammenarbeiten und unnötigen Wettbewerb vermeiden sollten.

    (485) Während ihrer individuellen Besuche bei Tanabe (zu technischen Fragen) hatten leitende Mitarbeiter von Roche begonnen, die Haltung zur Problematik von Zielpreisen für Biotin vorsichtig zu sondieren. (Tanabe verweist auch auf spätere Treffen im März und Mai 1991, bei denen Roche "tried to introduce target prices" [versuchte, Zielpreise einzuführen]).

    (486) In Europa wurden die Kundenwerbungen von Roche in unverblümterer Form zum Ausdruck gebracht. Laut Merck bestand Roche darauf, dass die Firma (Merck) zu einer "Beratung über Biotin" kommen sollte (auf der Merck die BASF vertreten sollte, da Letztere die gesamte Produktion von Merck entsprechend einer Koproduktionsvereinbarung realisierte. Da die BASF selbst kein Biotin herstellte, wurde die Firma auch nicht direkt eingeladen).

    (487) Die erste bekannte multilaterale Beratung der fünf Produzenten fand am 14. Oktober 1991 in Lugano, Schweiz, auf Initiative von Roche statt, das während der Beratungen den Vorsitz führte(26). Die Teilnehmer waren Vertreter von Roche, Lonza, Merck, Sumitomo und Tanabe.

    (488) Der Vertreter von Roche bat zu Beginn die Teilnehmer, die Biotin-Mengen, die jedes Unternehmen im fraglichen Zeitraum (wahrscheinlich im letzten Jahr) in Nordamerika, Europa und der "übrigen Welt" verkauft hatte, bekannt zu geben. Die mündlich bekannt gegebenen Zahlenwerte bezogen sich auf "reines" Biotin. Jeder Hersteller musste somit seinen Umsatz mit verdünnten Präparaten in ein 100 %-Präparat-Äquivalent umrechnen.

    (489) Der Austausch der Absatzzahlen erfolgte im Hinblick auf eine Vereinbarung, die weltweiten Anteile der fünf Hersteller am "verfügbaren" Markt "einzufrieren" (Gesamtvertrieb weltweit minus Lieferungen der Firma Il Sung, eines koreanischen Herstellers).

    (490) Laut Roche war der zwischen den Teilnehmern vorherrschende "Grad des Misstrauens so signifikant", dass es zu keiner Einigung über einen Mechanismus zur Festlegung von Zielmengen für die kommenden Quartals- und Halbjahreszeiträume kam. Tanabe bestätigt, dass die Teilnehmer sich nicht über einen Mechanismus zur kontinuierlichen Festlegung von Zielmengen einigen konnten. Merck teilte jedoch mit, dass anhand der von Roche vorgelegten Vorschau des für 1992 zu erwartenden Marktes die Verkaufsmengen für jeden Hersteller dennoch vereinbart wurden. Diese Aussage wird durch die schriftliche Beweismittel bestätigt.

    (491) Die BASF wurde (obgleich sie an den Beratungen zu Biotin nicht teilnahm) von Merck und Roche umfassend über die zwischen den fünf Produzenten erzielten Vereinbarungen informiert und brachte die Einzelheiten sorgsam zu Papier. Doch nicht alle Teilnehmer waren über die indirekte Beteiligung der BASF im Bilde.

    (492) Eine Tabelle (überschrieben mit "Biotin (100 %) Market Shares of Competitors" [Biotin (100%ig) Marktanteile der Wettbewerber]) macht die Grundlage des Kartellsystems deutlich (die kursiv gedruckten Spalten stehen für handschriftliche Anmerkungen im Original):

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (493) Die Vorschau basiert auf einem geschätzten Marktwachstum von 4 bis 5 % in den USA, 2 % in Europa und 7 % in Asien. In der linken unteren Ecke steht der folgende handschriftliche Vermerk:

    "Basisjahr 90 + 10 % = 92

    Budget 92 gemacht; Wirkung auf Japan

    Merck + BASF will nicht zurückfallen, wenn andere steigen (fair burden sharing)."

    (494) Die Aufzeichnungen enthalten auch detaillierte Berechnungen zur Aufteilung der Merck nominell unter der Kartellvereinbarung zugeteilten Quote von 2400 kg (bzw. 2500) zwischen Merck und BASF: Von 2500 kg soll BASF 2200 erhalten und Merck 300; in Europa soll die Teilung bei BASF 1400 und Merck 160 liegen.

    1.4.9.2. Listen- und Mindestpreise

    (495) Des Weiteren vereinbarten die Parteien bei der ersten Zusammenkunft auch einen Listen- und einen Mindestpreis, der für Europa in DEM/kg für 2%iges Biotin in Futtermittelqualität und für 100%ig reines Biotin für die Humanernährung festgelegt wurde. Wie aus den Aufzeichnungen von BASF ersichtlich ist, war geplant, den Preis in zwei Schritten zu erhöhen: am 1. Januar und am 1. April 1992. Für die 2%ige Lösung der Futtermittelqualität sahen die Lieferpreise wie folgt aus:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Für die Pharmaqualität betrugen die Preise:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (Bestätigt von Merck aus Unterlagen mit Anweisungen zur Anwendung dieser Preisparameter).

    (496) Sowohl vor als auch nach diesem Treffen stand der Merck-Vertreter mit den für Biotin zuständigen Verkaufsleitern von BASF in Verbindung, um die jeweiligen Marktdaten zu erhalten und sie über die Ergebnisse der Beratungen zu unterrichten.

    1.4.9.3. Zusammenkünfte des Kartells

    (497) Die anschließenden Beratungen fanden etwa zweimal jährlich statt und hatten den Austausch der Absatzdaten und die Diskussion der Preisgestaltung für Biotin zum Inhalt. Es gab kein ausgeklügeltes Marktüberwachungs- und Berichterstattungssystem, wie es bei anderen Vitaminen zum Einsatz kam.

    (498) Normalerweise wurde so verfahren, dass der Vertreter von Roche die anderen Produzenten vorab anrief und sie zur nächsten Zusammenkunft einlud. Im Verlaufe dieser Telefonate ließ er sich von den anderen Produzenten die erzielten Absatzzahlen für "reines" Biotin für den Zeitraum der vorangegangenen drei (bzw. sechs) Monate geben.

    (499) Laut Roche waren auf mehreren der anschließenden multilateralen Beratungen "hochrangige" Teilnehmer zugegen; die Delegation von Roche wurde vom Marketingleiter für Vitamine angeführt. Die Tatsache, dass diese Beratungen an Orten wie dem Hotel Baur au Lac in Zürich und dem Hotel President in Genf stattfanden, spricht für die Beteiligung von Vertretern der obersten Ebene der Geschäftsleitung.

    (500) Entsprechend der Beschreibung von Tanabe folgten die Treffen alle dem gleichen Muster wie die erste "Start-Beratung". Manchmal wurden Beschwerden über das Marktverhalten des einen oder anderen Teilnehmers geäußert: Es würde zu Niedrigpreisen verkauft oder der eine oder andere Kunde sei zu einem Niedrigpreis abgeworben worden.

    (501) Neben den "offiziellen" multilateralen Beratungen war der Biotin-Markt auch Gegenstand zwangloser Gespräche am Rande der bilateralen Treffen im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit zwischen Roche, Lonza, Sumitomo und Tanabe.

    (502) Von Roche wurden drei Treffen auf hoher Ebene zusätzlich zu der ersten "Start-Beratung" in Lugano angegeben (7. April 1992 in Zürich, 25. August 1992 in Nara (Japan) und Anfang (tatsächlich 25. Januar) 1993 in Genf; ferner habe es einige weitere Treffen nach demselben Muster und mit denselben Teilnehmern gegeben.

    (503) Von Tanabe werden diese Beratungen und zwei weitere beschrieben: am 26. Oktober 1993 in Osaka, Japan, und am 19. April 1994 in Tokio. Die Beratung in Tokio war die letzte multilaterale Sitzung, an die sich Tanabe erinnern kann. Merck gab ein weiteres Treffen im Jahr 1993 in Zürich an.

    (504) Sumitomo streitet ab, dass das Verhalten seiner Mitarbeiter einen Verstoß gegen Artikel 81 EG-Vertrag darstellen könnte. Das Unternehmen gibt jedoch die Teilnahme an zwei Plenarsitzungen mit seinen Mitbewerbern zu (in Nara am 25. August 1992 und Genf am 25. Januar 1993) und behauptet in Bezug auf das Genfer Treffen, dass sein Vertreter damals über die Anwesenheit von anderen Parteien außer Roche "überrascht" gewesen sei, da mit Roche eine harmlose bilaterale Geschäftsberatung geplant gewesen sei. Sumitomo behauptet, dass sein Vertreter diese unerwarteten Treffen als "unangenehm" empfunden und nachdrücklich darauf hingewiesen habe, dass das Thema unangebracht sei.

    (505) Sumitomo wird allerdings von den anderen Herstellern (Roche, Tanabe, Merck) als regelmäßiger Teilnehmer der Treffen bezeichnet, und nach Aussagen von Tanabe teilte sich Tanabe stets die Kosten der Treffen in Japan mit Sumitomo.

    1.4.9.4. Arbeitsweise des Kartells im Zeitraum 1991-1994

    (506) Kurz nach der ersten Zusammenkunft des Kartells im Oktober 1991 stieg der Marktpreis für Biotin leicht an und blieb danach über die Dauer des Bestehens des Kartells relativ stabil.

    (507) In seiner der Kommission vorgelegten internen kommerziellen Dokumentation bezieht sich Tanabe häufig auf den "Zielpreis", und wenngleich aus naheliegenden Gründen keine Verbindung zu irgendeiner Vereinbarung hergestellt wird, ist klar, dass es sich dabei um die in den Kartellberatungen festgelegten Zielpreise handelt. (Anmerkung: Tanabe gibt die Zielpreise für die 2%ige Lösung für Futtermittelqualität in DEM oder FRF pro Kilogramm an).

    (508) Ab etwa Anfang 1993(27) wurden die Zielpreise auf Länderbasis in Landeswährung anstatt für Europa insgesamt festgesetzt. Durch diese Änderung sollte die durch Wechselkursschwankungen hervorgerufene Unsicherheit ausgeräumt werden, wenn der Preis nur in DEM festgesetzt wurde.

    (509) Entsprechend den Preisanweisungen der BASF an die nationalen Vertriebsbüros vom 25. Juni 1993 hatte sich der Preis für Biotin stabilisiert und war im 2. Quartal 1994 sogar gestiegen. Eine weitere Verbesserung wurde aufgrund der von Roche angewendeten Strategie "Preis vor Menge" erwartet.

    (510) Mitte 1994 gab der Marktpreis jedoch, teilweise aufgrund koreanischer Einfuhren, allmählich nach(28). Laut dem von Tanabe erstellten Bericht über die Treffen wurden sowohl Tanabe als auch Sumitomo auf den Treffen von Roche dafür verantwortlich gemacht, dass sie die Ziele nicht erfuellt hätten.

    (511) Ende des ersten Quartals 1994 berichtet die BASF, dass die Produzenten in Europa zu folgenden Preisen verkaufen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (512) Allerdings sagte BASF voraus, dass Roche seine starre Haltung zur Preisbildung beibehalten werde und die anderen den Versuch unternehmen würden, ihre Preise zu verbessern.

    (513) Roche behauptet, dass die Umsetzung der Vereinbarung auf operativer Ebene Anfang 1994 endete. Die Beratung vom 19. April 1994 in Tokio sei das letzte multilaterale Treffen dieser Art im Hinblick auf Biotin gewesen, obgleich Roche nicht leugnet, dass in späteren bilateralen Beratungen auf oberer Ebene zu technischen Fragen auch ein gewisser Informationsaustausch über Marktpreise erfolgte. (Tanabe sagt, das Unternehmen "könne nicht ausschließen", dass während der Beratungen mit Roche auch Gespräche über den Biotin-Markt stattgefunden haben). Von Merck und Lonza wird vorgebracht, dass der Verstoß im April 1994 beendet worden sei.

    (514) Wenngleich nach April 1994 möglicherweise nur sporadische Kontakte stattgefunden haben, so räumt Tanabe doch ein, die Zielpreise bis Januar 1995 angewendet zu haben. In Anweisungen vom 29. Dezember 1994 fordert Tanabe sein europäisches Tochterunternehmen nachdrücklich auf, sich an die Zielpreise für 2%iges Biotin in der jeweiligen nationalen Währung zu halten (und beklagt "starke Konkurrenz" vonseiten Sumitomos und Lonzas als Ursache für einen Sturz des Markpreises). (Tanabe deutet an, von den Zielpreisen in Telefonaten mit Roche erfahren zu haben.)

    (515) Merck behauptet, dass sein Vertreter auf einem von Roche irgendwann 1995 in dessen neuem Hauptverwaltungsgebäude organisierten Treffen angekündigt habe, dass Merck nicht mehr bereit sei, an den Treffen teilzunehmen; Lonza gab die gleiche Erklärung ab.

    (516) In Bezug auf die Treffen zwischen Roche und Sumitomo vom 14. Juni 1994 sowie im Zeitraum zwischen 30. November und 9. Dezember 1995 behauptet Roche, dass diese lediglich die Lieferung von Thiolacton, einem wichtigen Zwischenprodukt für die Herstellung von Biotin, von Sumitomo an Roche betroffen hätten.

    1.4.9.5. Einbindung der BASF

    (517) Die BASF stellt selbst kein Biotin her und nahm an keiner der multilateralen Beratungen teil. Zur Deckung des Bedarfs der BASF zum Weiterverkauf an Futtermittelhersteller bekommt das Unternehmen Zulieferungen von Merck. Merck beharrt darauf, dass die Firma aufgrund einer exklusiven Koproduktionsvereinbarung mit der BASF Letztere bei den Zusammenkünften des Kartells vertreten habe. Merck behauptet, dass es mit zwei Mitarbeitern von BASF in Verbindung gestanden habe, die auch an den Kartellsitzungen für andere Vitamine beteiligt gewesen seien.

    (518) In der Erklärung der BASF gegenüber der Kommission erwähnt BASF nicht, Merck beauftragt zu haben, sie bei den Beratungen zu vertreten, doch teilte BASF von sich aus mit, dass sich Mitarbeiter von Merck und BASF am 22. Oktober 1991 in Ludwigshafen getroffen hätten und es in diesem Gespräch angeblich um die Koproduktionsvereinbarungen für Biotin gegangen sei. (Dieser Termin lag nur eine Woche nach der ersten bekannten multilateralen Beratung in Lugano.) Merck informierte die BASF bei dieser Gelegenheit nicht nur über die Zuweisung der Marktanteile für Biotin, sondern "instruierte Herrn [...] (von BASF) auch über die Preise, zu denen die BASF Biotin weiterverkaufen sollte und setzte ihn über eine für den 1. April 1992 angesetzte Preiserhöhung in Kenntnis". [Originalzitat Englisch]

    (519) Die von der BASF über diese Beratung geführten detaillierten Aufzeichnungen und die dazugehörigen Kalkulationen (sowie die Überarbeitung) der Quotenregelung liegen der Kommission vor. BASF stand selbst direkt mit Roche in Kontakt.

    1.4.10. BETACAROTIN UND CAROTINOIDE

    1.4.10.1. Ursprung und Grundstruktur des Kartells

    (520) Zwischen Roche und BASF bestanden bereits 1991 Kontakte(29). Am 22. oder 23. September 1992 trafen Vertreter der beiden Unternehmen in Basel zusammen, um ihre jeweiligen Anteile am Betacarotin-Markt abzustimmen.

    (521) Die Parteien vereinbarten, dass es der BASF gestattet sein sollte, ihren Marktanteil von 21 % bis zum Jahr 2001 jährlich um 1 % zu erhöhen. In dem bezeichneten Jahr würde der Marktanteil dann bei 30 % begrenzt. Schwankungen des Anteils waren von Region zu Region gestattet, sofern die Gesamtquote nicht überschritten würde. Jede Überschreitung der Quote war gegebenenfalls durch Kompensationskäufe von der geschädigten Partei auszugleichen. Ferner wurden Absprachen zur Koordinierung künftiger Preiserhöhungen getroffen.

    1.4.10.2. Zusammenkünfte des Betacarotin-Kartells ab 1992

    (522) Die Quartalstreffen zu Betacarotin wurden in Basel am gleichen Ort und bei der gleichen Gelegenheit wie die Kartellberatungen zu Vitamin A-E abgehalten. So wie bei den Vitaminen A und E arbeiteten die Parteien ein detailliertes "Budget" aus, die Ist-Verkäufe wurden mit den budgetierten Quoten verglichen, das künftige Marktwachstum wurde eingeschätzt und Zeitpunkt und Grössenordnung von Preiserhöhungen vereinbart.

    1.4.10.3. Die Einbeziehung von Carotinoid in die Kartellabsprachen ab 1993: Canthaxanthin und Astaxanthin

    (523) Carotinoide werden nach der Färbung klassifiziert, die sie nach Verzehr durch Tiere im Fleisch dieser Tiere hervorrufen; Canthaxanthin und Cintranaxanthin verleihen dem Fleisch eine rötliche oder gelbliche Färbung und werden daher als "rote" Carotinoide bezeichnet, während Astaxanthin bei Fütterung an Lachs oder andere Fische in deren Fleisch eine rosa Färbung bewirkt und daher als "rosafarbenes" Carotinoid bezeichnet wird.

    (524) Wie bei Betacarotin hat Roche den Markt für Carotinoide bis Anfang 1990 kontrolliert. Die BASF hatte ihren Anteil bei den roten Carotinoiden bis 1993 auf ca. 33 % erhöht (zu dieser Zeit produzierte die BASF das "rosafarbene" Carotinoid Astaxanthin nicht).

    (525) Roche wollte den Marktanteil der BASF für die roten Carotinoide einschränken. Demgegenüber war die BASF der Meinung, dass dieses Unternehmen der Zustimmung von Roche bedürfe, um einen Anteil am Markt für (rosafarbenes) Astaxanthin zu bekommen.

    (526) Im Mai 1993 trafen sich die beiden Produzenten in Basel und vereinbarten, dass die BASF zu Beginn ihren Anteil an roten Carotinoiden für 1994 auf 29 % senken sollte. Im Anschluss daran sollte es dem Unternehmen gestattet sein, seine Quote jährlich um 1 bis 2 % zu erhöhen, bis schließlich im Jahr 2002 eine "Obergrenze" erreicht wäre.

    (527) Im August 1994 vereinbarten die Hersteller einen Zeitplan für den kontrollierten Einstieg der BASF in den Markt für (rosafarbenes) Astaxanthin. Die BASF errichtete zu diesem Zweck ein neues Werk, das 1996 den Betrieb aufnehmen sollte.

    (528) Zunächst wurde der BASF für Astaxanthin ein Marktanteil von 4 % für 1996 zugebilligt, der dann in mehreren "Schritten" bis zum Jahr 2002 auf 20 % ansteigen sollte: 7 % (1997), 9 % (1998), 14 % (1999), 16 % (2000) und 18 % (2001). Während der Bauzeit der neuen Produktionsanlage von BASF sollte Roche Astaxanthin für Marketingzwecke vor Produktionsaufnahme und für Probeläufe an die BASF liefern.

    (529) Sollte die BASF-Anlage, deren Produktionsaufnahme für 1996 geplant war, nicht bis 1999 in Betrieb gehen, sollte die Vereinbarung für "rosafarbenes" Carotinoid nicht realisiert werden.

    (530) Die Carotinoid-Treffen wurden quartalsweise bei der gleichen Gelegenheit wie die Betacarotin-Treffen abgehalten. Grundsätzlich nahmen stets dieselben Personen daran teil. In manchen Jahren fanden öfter Zusammenkünfte statt.

    1.4.10.4. Budgets

    (531) Beide Produzenten haben der Kommission Arbeitsblätter oder tabellarische Aufstellungen übergeben, aus denen die Arbeitsweise des Überwachungssystems zur Mengenkontrolle für Betacarotin (und die Carotinoide) ersichtlich ist. Die BASF hat eine umfangreiche Sammlung von Unterlagen für den Zeitraum von 1992 bis Ende 1998 zur Verfügung gestellt.

    (532) Die Budgetübersichten sind zumeist nach dem gleichen Schema aufgebaut und wurden offensichtlich häufig aktualisiert. Die folgenden Unterlagen sind repräsentativ für Betacarotin:

    - Gegenüberstellung für jede geografische Region (Europa ist wie folgt aufgeschlüsselt: Britische Inseln, Skandinavien, Westeuropa, Iberische Halbinsel, Süd- und Mitteleuropa usw.) nach geplantem und tatsächlich realisiertem Absatz ("Plan" und "Ist") von der BASF und Roche für den Zeitraum Januar bis Juni 1996;

    - das geplante Budget für jeden Produzenten für das Jahr 1997;

    - Tabelle (mit handschriftlichen Eintragungen), aus der die von jedem Produzenten in den Jahren 1992, 1993 und im ersten Halbjahr 1994 erreichten Verkaufszahlen ersichtlich sind. Ferner ist das "Budget" für 1994 und ein vorläufiges Budget für 1995 enthalten. (Es werden auch Angaben zu den roten Carotinoiden gemacht);

    - Aus einer Unterlage mit der Überschrift "Sales estimate per 18/10-98" [Geschätzter Absatz per 18.10.1998] geht hervor, dass die Absprachen sogar noch Ende 1998 praktisch umgesetzt wurden.

    1.4.10.5. Fortsetzung der Kartellabsprachen nach 1997

    (533) Regelmäßige Beratungen zu Betacarotin und den Carotinoiden fanden mindestens bis Herbst 1997 statt. Laut Roche fand das letzte operative Treffen Ende 1997 oder Anfang 1998 statt. Zu diesem Zeitpunkt machte sich bei den Parteien die Sorge breit, dass ihre häufigen Kontakte die unwillkommene Aufmerksamkeit der Wettbewerbsbehörden auf sich lenken könnten. In den USA hatten bereits Ermittlungen auf dem Markt für Vitamine begonnen.

    (534) Selbst zu dieser Zeit wurde das Kartell nicht etwa beendet, sondern die Parteien trafen die Entscheidung, seltener und mit größerer Umsicht zusammenzukommen. Laut Roche hat das letzte Treffen mit einem Austausch von Absatzdaten (jedoch ohne die Festsetzung von Zielmengen) am 27. März 1998 stattgefunden. Im weiteren Verlauf des Jahres 1998 wurden die Absatzdaten per Post ausgetauscht (wahrscheinlich über die Privatanschriften), wobei man genauso verfuhr wie im Fall der Vereinbarung für die Vitamine A und E. Die BASF gibt an, dass die Vereinbarungen in dieser Weise bis Ende 1998 weitergeführt wurden.

    1.5. ART UND ZUVERLÄSSIGKEIT DES BEWEISMATERIALS

    (535) In dem vorliegenden Fall hat der größte Teil der betreffenden Unternehmen zugegeben, an rechtswidrigen Preisabsprachen und Marktaufteilungsvereinbarungen im Widerspruch zu Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag (und mithin auch Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen) beteiligt gewesen zu sein.

    (536) Von fast allen Herstellern wurden entweder freiwillig oder infolge der Auskunftsverlangen der Kommission detaillierte sachdienliche Angaben gemacht und die Zuwiderhandlungen zugegeben.

    (537) Stets wurden durch die Partei, die eine Erklärung abgab, die anderen Hersteller belastet. In vielen Fällen wurden Initiative und Hauptverantwortung für die rechtswidrigen Machenschaften einem (oder mehreren) anderen Herstellern zugeschrieben. Die Rolle der verschiedenen Hersteller wird recht detailliert behandelt.

    (538) Die gegenüber der Kommission abgegebenen Erklärungen von Unternehmen, die in eine schwerem, im Verborgenen ausgeführte Verletzung der Wettbewerbsregeln verstrickt sind, müssen mit einer gewissen Vorsicht behandelt werden, insbesondere, wenn seitens der Unternehmen versucht wird, die damit verbundenen Ereignisse zu beschönigen, um sie so in einem besseren Lichte erscheinen zu lassen, z. B. durch eine Verharmlosung ihres Anteils an der Verletzung der Wettbewerbsregeln.

    (539) In der vorliegenden Rechtssache verlässt sich die Kommission jedoch nicht auf die unbestätigten Erklärungen nur eines Beteiligten aus einer begrenzten Anzahl von beteiligten Parteien. In erster Linie sind die unterschiedlichen Darstellungen der in Frage stehenden Ereignisse durch die verschiedenen Hersteller, einschließlich der Hauptakteure, erstaunlich schlüssig und stimmen in Bezug auf die einschlägigen Fakten bemerkenswert überein.

    (540) Des Weiteren sind die rechtserheblichen Tatsachen nicht nur in den Erklärungen der Hersteller detailliert enthalten, sondern sie werden auch hinreichend durch eine Vielzahl zeitgleicher Notizen und Buchhaltungsbelege untermauert, die der Kommission von den verschiedenen Herstellern zur Verfügung gestellt wurden. Wenngleich die Hersteller nicht alle gleichartige Schriftstücke vorgelegt haben (so bestehen die Unterlagen von Roche beispielsweise fast ausschließlich aus "Budget"-Kalkulationen, und es sind so gut wie keine zeitgleich geführten Beratungsprotokolle vorhanden, obschon die Vertreter des Unternehmens an Hunderten von Beratungen mit den Wettbewerbern teilgenommen haben müssen), so zeigen die Unterlagen für das jeweilige Produkt zusammengenommen dennoch umfassend und vollständig Ursprung, Hintergrund, Grundgedanken und die praktische Durchführung der heimlichen Absprachen, an denen die Hersteller beteiligt waren.

    (541) Ist erst einmal nachgewiesen, dass i) eine Vereinbarung bestand und praktisch umgesetzt wurde und ii) jeder der mutmaßlich Beteiligten sich daran hielt, dann ist für den Nachweis einer Zuwiderhandlung kein unmittelbarer Beweis notwendig, dass jeder Teilnehmer an jeder einzelnen Handlung des Kartells über seine gesamte Dauer beteiligt war oder ihr zugestimmt hat. Sowohl Gründe des materiellen Rechts als auch der Beweisführung sprechen gegen eine derartige Forderung.

    (542) Angesichts der besonderen Geheimhaltung eines Kartells und der spezifischen Merkmale einer "Vereinbarung" im Kontext des Kartellrechts müssen die rechtserheblichen Tatsachen in einem Kartellfall oft durch mittelbare Beweise oder durch eine Kombination von mittelbaren und unmittelbaren Beweisen belegt werden.

    (543) Angesichts des Umfangs und des beweisrechtlichen Wertes der vorhandenen schriftlichen Beweismittel ist es im vorliegenden Fall kaum notwendig, diese Beweismethode anzuwenden: Zum größten Teil liegen unmittelbare Beweise für die Existenz und die Realisierung der Vereinbarung in Form von "Budget"-Unterlagen sowie umfangreicher Notizen aus den Beratungen vor.

    (544) Natürlich gibt es gewisse Lücken in den schriftlichen Beweismitteln. Sollte es notwendig sein, diese Lücken zu schließen, so sind Rückschlüsse von anderen bewiesenen Sachverhalten aus zulässig.

    (545) Neben der Tatsache, dass die Dokumentation aus der betreffenden Zeit selbst einen rechtserheblichen Beweis der Sachverhalte, auf die sie sich bezieht, darstellt, bekräftigt sie größtenteils die Darstellungen, die von den Herstellern in ihren Erklärungen gegenüber der Kommission abgegeben wurden und erhärtet damit ihre Zuverlässigkeit. In diesem Zusammenhang stellen kleinere Unstimmigkeiten (z. B. im Hinblick auf den genauen Termin einer Zusammenkunft oder die Teilnehmer eines bestimmten Treffens), die beim näheren Vergleich der Erklärung eines Herstellers mit der Erklärung oder den Dokumenten festgestellt werden, die von einem anderen Hersteller stammen, keine wesentliche Einschränkung der Glaubwürdigkeit einer Erklärung dar. Andererseits stehen in bestimmten Fällen - zu den beachtenswertesten gehören die von Eisai bei Vitamin E (Erwägungsgrund 240) und Sumitomo bei Biotin (Erwägungsgrund 504) - die Versuche der Produzenten, sich zu rechtfertigen, indem sie behaupten, an den Beratungen mit den Wettbewerbern widerwillig oder ahnungslos teilgenommen zu haben, im Widerspruch zu den schriftlichen Beweisen.

    (546) In anderen Fällen wie bei BASF in Bezug auf Vitamin B1 und Biotin (Erwägungsgründe 260-269 und 517-519) sowie bei Rhône-Poulenc in Bezug auf Vitamin D3 (Erwägungsgründe 481-483) hat sich herausgestellt, dass ein Unternehmen, das ein bestimmtes Vitamin nicht selbst hergestellt hat (aber dennoch ein wichtiger Verkäufer gewesen ist und in seiner Erklärung die Beteiligung an geheimen Absprachen in Bezug auf dieses Produkt nicht zugegeben hat), dennoch voll und ganz am Kartell beteiligt gewesen ist.

    2. RECHTLICHE WÜRDIGUNG

    2.1. DER EG-VERTRAG UND DAS EWR-ABKOMMEN

    2.1.1. ZUSAMMENHANG ZWISCHEN EG-VERTRAG UND EWR-ABKOMMEN

    (547) Die Absprachen galten für alle Länder im EWR, d. h. alle Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island (es gibt keine Informationen über Verkäufe an Liechtenstein). Die infrage stehenden Absprachen erstreckten sich auf Österreich, Schweden und Finnland vor ihrem Beitritt zur Gemeinschaft am 1. Januar 1995.

    (548) Das EWR-Abkommen, das dem EG-Vertrag analoge Wettbewerbsbestimmungen enthält, trat am 1. Januar 1994 in Kraft. In dieser Entscheidung wird daher das EWR-Abkommen, insbesondere Artikel 53 Absatz 1, von diesem Zeitpunkt an auf die Absprachen, die beanstandet werden, angewendet.

    (549) Auf Absprachen, die den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, ist Artikel 81 EG-Vertrag anzuwenden; was die Arbeitsweise des Kartells in den EFTA-Staaten betrifft, die Teil des EWR sind ("EFTA/EWR-Staaten"), sowie deren Auswirkung auf den Handel zwischen der Gemeinschaft und EFTA/EWR-Staaten oder zwischen EFTA/EWR-Staaten, ist Artikel 53 EWR-Abkommen anzuwenden.

    2.1.2. ZUSTÄNDIGKEIT

    (550) Gemäß Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe c) und Absatz 3 EWR-Abkommen ist die Kommission im vorliegenden Fall für die Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen zuständig, da die Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft hatten.

    2.2. ANWENDUNG VON ARTIKEL 81 EG-VERTRAG UND ARTIKEL 53 EWR-ABKOMMEN

    2.2.1. ARTIKEL 81 ABSATZ 1 EG-VERTRAG UND ARTIKEL 53 ABSATZ 1 EWR-ABKOMMEN

    (551) Als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar verbietet Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung und des Absatzes oder die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen.

    (552) Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen (für den Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag als Vorlage diente) enthält ebenfalls ein Verbot von Vereinbarungen usw., ersetzt jedoch die Voraussetzungen a) der Beeinträchtigung des Handels "zwischen Mitgliedstaaten" durch "zwischen den Vertragsparteien" und b) der Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes durch "innerhalb des unter das (EWR-)Abkommen fallenden Gebiets".

    2.2.2. VEREINBARUNGEN UND AUFEINANDER ABGESTIMMTE VERHALTENSWEISEN

    (553) Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verbieten Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen.

    (554) Eine "Vereinbarung" liegt dann vor, wenn sich die Parteien an einen gemeinsamen Plan halten, der ihr individuelles geschäftliches Verhalten begrenzt oder zu begrenzen geeignet ist, indem die Richtung ihrer gemeinsamen Handlungen oder Unterlassung von Handlungen am Markt festgelegt wird. Schriftform ist nicht erforderlich. Es müssen keinerlei Formalitäten erfuellt sein, und es sind keine vertraglichen Sanktionen oder Durchsetzungsmaßnahmen erforderlich. Die tatsächliche Vereinbarung kann ausdrücklich oder durch das Verhalten der Parteien impliziert sein.

    (555) In seinem Urteil vom 20. April 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-305/94, T-306/94, T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij N.V. und andere/Kommission (PVC II), Slg. 1999, II-931, hat das Gericht erster Instanz festgestellt (Erwägungsgrund 715): "Nach ständiger Rechtsprechung reicht es für eine Vereinbarung im Sinne des Artikels [81 Absatz 1] aus, dass die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in bestimmter Weise zu verhalten."

    (556) Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag(30) unterscheidet zwischen "Vereinbarungen", "Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen" und "aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen". Damit soll eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen erfasst werden, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrages im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Rs. 48/69, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1972, 619, Erwägungsgrund 64).

    (557) Die in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit verlangen nicht die Ausarbeitung eines eigentlichen "Plans"; sie sind vielmehr im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrages zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenkt. Obwohl dieses Selbständigkeitspostulat nicht das Recht der Unternehmen beseitigt, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen, steht es jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Wettbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (verb. Rs. 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73, 55/73, 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie und andere/Kommission, Slg. 1975, 1663).

    (558) Eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag kann auch dann vorliegen, wenn die für die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Vertrags erforderliche Gewissheit nicht gegeben ist. Im Fall eines komplexen Kartells von langer Dauer kann der Begriff "Vereinbarung" daher zu Recht nicht nur auf jeden Gesamtplan oder die ausdrücklich vereinbarten Konditionen angewandt werden, sondern auch im Hinblick auf die Umsetzung dessen, was auf der Grundlage der gleichen Mechanismen und in Verfolgung des gleichen gemeinsamen Zwecks vereinbart wurde.

    (559) Wie der Gerichtshof (in Bestätigung des Urteils des Gerichts erster Instanz) in der Rechtssache C-49/92P, Kommission/Anic Partecipazioni SpA, Slg. 1999, I-4f125, Erwägungsgrund 81, ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Wortlaut von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag, dass die Vereinbarung nicht nur in einer gesonderten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem Verhaltensablauf bestehen kann.

    (560) Für den Zeitraum seines Bestehens kann ein Kartell als fortgesetzte Zuwiderhandlung gewertet werden. Dabei mag die Vereinbarung von Zeit zu Zeit durchaus verändert werden, oder ihre Mechanismen können angepasst bzw. verstärkt werden, um neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Dieser Bewertung tut keinen Abbruch, dass ein oder mehrere Elemente aus einer Serie von Handlungen oder eines kontinuierlichen Verhaltensablaufs möglicherweise schon für sich betrachtet Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

    (561) Obschon ein Kartell eine gemeinsame Unternehmung ist, kann doch jeder Beteiligte seine eigene besondere Rolle spielen, wie auch einer oder mehrere eine dominierende Stellung als Anführer innehaben können. Interne Konflikte und Rivalitäten oder sogar Betrug stehen nicht der Tatsache entgegen, dass die Absprachen eine Vereinbarung/aufeinander abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, wenn ein gemeinsames und fortdauerndes Ziel gegeben ist.

    (562) Dass jede an einem Kartell beteiligte Partei die Rolle spielen kann, die ihren eigenen spezifischen Gegebenheiten angemessen ist, schließt die Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung als Ganzes nicht aus. Eingeschlossen darin sind auch Handlungen, die von anderen Beteiligten ausgeführt werden, die aber den gleichen rechtswidrigen Zweck verfolgen und die gleiche wettbewerbsschädigende Wirkung haben. Ein Unternehmen, das sich an einer gemeinsamen rechtswidrigen Unternehmung durch Handlungen beteiligt, die zur Realisierung des gemeinsamen Ziels beitragen, ist über den gesamten Zeitraum seines Festhaltens an dem gemeinsamen Plan gleichermaßen auch für die Handlungen der anderen Beteiligten im Rahmen der gleichen Zuwiderhandlung verantwortlich. Das ist mit Sicherheit dann der Fall, wenn nachgewiesen ist, dass sich das fragliche Unternehmen des rechtswidrigen Verhaltens der anderen beteiligten Parteien bewusst war oder ein solches hätte vorhersehen oder erkennen können und dennoch bereit war, das Risiko einzugehen (Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Kommission/Anic, Erwägungsgrund 83).

    (563) Dafür dass ein Unternehmen an einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag beteiligt ist, ist es nicht notwendig, dass es regelmäßig (oder überhaupt) an Beratungen mit anderen Herstellern am gleichen Ort und zur gleichen Zeit teilnimmt. Jedenfalls besteht im Rahmen eines Preiskartells keine Notwendigkeit, sich zu treffen, um den Plan umzusetzen. Ferner kann eine Partei als Vertreter der anderen bei der Durchsetzung des gemeinsamen Plans und in Beratungen mit anderen Beteiligten agieren.

    (564) Schließlich sei noch angemerkt, dass sich ein Unternehmen jederzeit einer bereits zwischen anderen Unternehmen getroffenen Vereinbarung anschließen kann. Einige Teilnehmer können abspringen, und andere können im Verlaufe der rechtswidrigen Unternehmung dazu kommen; nichtsdestotrotz bleibt es eine einzelne kontinuierliche Vereinbarung.

    2.2.3. DIE ART DER ZUWIDERHANDLUNG IM VORLIEGENDEN FALL

    (565) Im vorliegenden Verfahren geht es um 12 Vitamine und mit diesen eng verbundene Produkte sowie um 13 unterschiedliche Hersteller, von denen die meisten nur eine begrenzte Anzahl von Vitaminen produzieren.

    (566) Roche - der weltweit größte Vitaminproduzent - ist der einzige Hersteller, der in Bezug auf alle Vitamine, die Gegenstand dieses Verfahrens sind, in Kartellabsprachen verwickelt ist.

    (567) Ungeachtet der Zahl der Hersteller, des unterschiedlichen Grades der Beteiligung an den Treffen und der Vielzahl ihrer Produktsortimente weisen die heimlichen Absprachen die folgenden gemeinsamen Merkmale auf:

    - Die Kartellabsprachen erstreckten sich auf das gesamte Sortiment der von Roche hergestellten Vitamine.

    - Der Modus operandi war für die verschiedenen Vitaminprodukte im Wesentlichen gleich, wenn nicht sogar identisch ("Budgets", Wahrung des Status quo bei den Marktanteilen, Kompensationsabsprachen, "Ziel"- und "Mindest"-preise, Beratungsstrukturen usw.).

    - Die heimlichen Absprachen im Hinblick auf die verschiedenen Vitamine stellten keine spontanen oder willkürlichen Entwicklungen dar, sondern waren vielmehr geplant, durchdacht und von den gleichen Personen auf höchster Leitungsebene bei Roche und den anderen Unternehmen gesteuert.

    - Der tatsächliche Beginn für die weltweiten Kartellabsprachen war identisch für die Vitamine B1, B2, B5, B6, C und Folsäure (etwas früher lag er für die Vitamine A und E, die praktisch das Basismodell für den Plan darstellten), nämlich der Besuch oberer Führungskräfte von Roche (und BASF) am 30./31. Januar 1991 in Japan.

    - Die Preiserhöhungen für die unterschiedlichen Vitamine wurden üblicherweise bei der gleichen Gelegenheit bekannt gegeben und gemacht.

    - Roche und die BASF verkauften einen wesentlichen Teil ihrer Produktion in Form von Vormischungen, die mehrere Vitamine enthalten (die sich daraus unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten ergebenden Auswirkungen sind bereits beschrieben worden).

    (568) Haupttriebkraft und Hauptbegünstigter der kollusiven Absprachen war Roche. Mit einem Marktanteil von ca. 50 % ist das Unternehmen der größte Vitaminhersteller weltweit. Die Produktion von Vitaminen war ein Kerngeschäft der Gruppe und machten 8 % ihres Gesamtumsatzes aus. Die Beteiligung einiger Mitglieder der obersten Leitungsebene bestätigt, dass die Absprachen in einen strategischen Plan eingebettet waren, der auf höchster Ebene entwickelt und gebilligt wurde und dem Ziel diente, den Vitaminweltmarkt durch Einsatz illegaler Mittel zu beherrschen und zu kontrollieren.

    (569) BASF, der zweitgrößte Vitaminhersteller weltweit, übernahm im Kielwasser der Führungsrolle von Roche eine außerordentlich wichtige Aufgabe. Die beiden großen europäischen Produzenten bildeten eine gemeinsame Front bei der Entwicklung und Umsetzung der Absprachen mit den japanischen Herstellern. Zusammen gelang es ihnen, Eisai für ihren "Vitamin-E-Club" zu gewinnen (siehe Erwägungsgründe 211-219). Roche agierte später bei seinen Verhandlungen mit Eisai als der gemeinsame Vertreter.

    (570) Bei den anderen Vitaminprodukten folgten die Kartellabsprachen grundsätzlich dem gleichen Schema, das zu Beginn für die Vitamine A und E eingeführt worden war (mit gewissen Abweichungen bei Vitamin H). Roche agierte als Beauftragter und vertrat die europäischen Produzenten (BASF, Lonza, Merck) bei den Zusammenkünften und Verhandlungen, die in Japan und im Fernen Osten abgehalten wurden.

    (571) Als einer der weltweit größten Produzenten von Vitaminen als Bulkware war Takeda voll und ganz an den Kartellabsprachen für Vitamin C, den Vitaminen B1, B2, B6 sowie Folsäure beteiligt. Die Beteiligung von Takeda an den Absprachen bei dem jeweiligen Vitaminpräparat war den Plänen von Roche förderlich, die rechtswidrige Koordinierung der Vitaminmärkte zu sichern, auf denen es tätig war, wozu auch die Märkte für das gemeinsam mit Takeda angebotene Sortiment an Vitaminpräparaten gehörten.

    (572) Die übrigen Vitaminhersteller waren alle aktive und willfährige Mitglieder der Kartellabsprachen auf den jeweiligen Produktmärkten für Vitaminpräparate, auf denen sie tätig waren. Selbst wenn sie nicht die Initiative ergriffen haben, stehen die Versuche einiger Produzenten, insbesondere Sumitomo und Eisai, sich so darzustellen, als wären sie fast zufällig in die geheimen Absprachen hineingezogen worden, doch in völligem Widerspruch zu den schriftlichen Beweismitteln. Von Sumitomo wird nicht bestritten, dass es an verschiedenen bilateralen und multilateralen Treffen mit anderen Biotin-Herstellern teilgenommen hat. Gleichwohl behauptet dieses Unternehmen, dass die Kommission nicht über ausreichende Beweise verfügt bzw. die ihr zur Verfügung stehenden Beweise nicht ordnungsgemäß gewürdigt hat und dass sie keinerlei Beweis dafür erbringt, dass sich Sumitomo tatsächlich an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen beteiligt hat. Die von Sumitomo vorgebrachten Hauptargumente bestehen darin, dass die Behauptungen, auf die sich die Kommission stützt, eine voneinander abweichende Beschreibung des Sachverhalts liefern und dass die Kommission die in ihrem Besitz befindlichen Informationen selektiv verwertet. Generell ist Sumitomo der Auffassung, dass der von der Kommission beschriebene Sachverhalt für die Annahme des Vorliegens einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 des Vertrags nicht ausreicht. Sumika kommt in Bezug auf das Folsäure-Kartell zu einer ähnlichen Schlussfolgerung. Das Unternehmen macht geltend, dass die Kommission ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen sei und deshalb nicht mit hinreichender Sicherheit die Beteiligung von Sumika an einem Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags nachgewiesen habe.

    (573) Diese Behauptungen sind zurückzuweisen. Zunächst liegt es in der Natur der Sache, dass sich die Kommission bei ihren Bemühungen, den Sachverhalt des Falls anhand verschiedener und zwangsläufig parteiischer Quellen aufzuklären, naturgemäß Ungereimtheiten und/oder Widersprüchen gegenübersehen kann. Gleichwohl wird die Tatsache, dass Sumika und Sumitomo an mehreren Treffen teilnahmen und dass deren Gegenstand in der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Folsäure- bzw. Biotin-Markt bestand, durch das Vorbringen der anderen Kartellbeteiligten bestätigt. Von Sumika und Sumitomo wird selbst bestätigt, dass sie an mehreren Treffen teilnahmen, die sich nach Auffassung der Kommission als Kartellzusammenkünfte bezeichnen lassen und deren Zweck eindeutig darin bestand, den Wettbewerb auf den betreffenden Märkten zu beschränken. Da es keinen Hinweis darauf gibt, dass sich Sumika bzw. Sumitomo offen von den Absprachen distanzierten, hat die Kommission begründeten Anlass zu der Schlussfolgerung, dass sich Sumika und Sumitomo an kollusiven Absprachen in Bezug auf Folsäure bzw. Biotin beteiligten (vgl. Rs. T-334/94, Sarrió/Kommission, Slg. 1998, II-1439, Erwägungsgrund 118).

    (574) Sowohl im Fall der BASF als auch im Fall von Rhône Poulenc ist die Beteiligung dieser Unternehmen an den Kartellabsprachen im Hinblick auf bestimmte Vitaminprodukte, die sie nicht selbst hergestellt haben (BASF: Biotin; Rhône-Poulenc: D3) ebenfalls nachgewiesen(31).

    (575) Den verschiedenen Vitaminkartellen gemeinsam ist die Präsenz von Roche und BASF, den beiden weltweit führenden Vitaminherstellern, bei allen Vitaminabsprachen, die darauf abzielte, jeden echten Wettbewerb zwischen ihnen in der Gemeinschaft und im EWR bei fast sämtlichen wichtigen Vitaminen auszuschalten.

    (576) Ab Januar 1990, beginnend mit den Vitaminen A und E, die zusammen etwa 60 % des Bedarfs an Vitaminen für die Tierernährung ausmachen, und gefolgt von den Vitaminen B1, B2, B5, C, D3, H, Betacarotin und Carotinoiden (die ihr gemeinsames Sortiment bilden; BASF vermarktet weder Vitamin B6 noch Folsäure), haben diese beiden Produzenten zusammen mit Rhône-Poulenc, Takeda und anderen einen geheimen und ausgeklügelten Mechanismus eingeführt, um den Markt für die genannten Vitamine zu kontrollieren, ihre jeweiligen Marktanteile festzulegen und ihre Preise so abzustimmen, dass sie im Grunde genommen im Markt nicht mehr als Wettbewerber, sondern als Mitglieder einer engen Partnerschaft agierten.

    (577) Die geheimen Absprachen in Bezug auf die meisten der genannten Vitamine basierten im Wesentlichen auf dem gleichen Modell und folgten dem gleichen Schema und der gleichen Funktionsweise, nämlich:

    - Erarbeitung, Vereinbarung und Realisierung sowie Überwachung eines Jahres- "Budgets";

    - quartalsweiser bzw. monatlicher Austausch von Informationen über Absatz, Mengen und Preise;

    - Anpassung der erreichten Ist-Verkäufe, um den im "Budget" zugeteilten Quoten zu entsprechen;

    - Festlegung einer formalen Struktur und Hierarchie der unterschiedlichen Leitungsebenen, oft mit sich überschneidender Mitgliedschaft auf höchster Leitungsebene;

    - Rolle von Roche als Verbindungselement für Kollusion mit den japanischen Herstellern.

    (578) Es gab jedoch gewisse Schwankungen im Hinblick auf die Zuteilung der Marktanteilsquoten. Bei den Vitaminen A und E bestand das Grundprinzip (zum Beispiel) im Einfrieren der Marktanteile in Höhe der 1988 erreichten jeweiligen prozentualen Werte; bei Betacarotin sollte der Anteil von der BASF um 1 % pro Jahr bis zum Jahr 2001 erhöht und anschließend bei 30 % gehalten werden. Für Biotin (Vitamin H) bestand die allgemeine Vereinbarung darin, die Marktanteile auf den Niveaus von 1992 zu stabilisieren; vierteljährliche Überwachungsmechanismen waren im Einzelnen jedoch nicht vorgesehen.

    (579) Nach Auffassung der Kommission weist das wettbewerbswidrige Verhalten in Bezug auf die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide im Hinblick auf jedes Vitaminpräparat alle Merkmale vollständiger Vereinbarungen im Sinne von Artikel 81 EG-Vertrag auf.

    (580) Angesichts der Kontinuität und Ähnlichkeit der eingesetzten Methoden hält es die Kommission für angemessen, den Komplex der Vereinbarungen zu den unterschiedlichen Vitaminen in ein und demselben Verfahren zu behandeln. Deshalb fasst die Kommission mehrere Verstöße in einer einzigen Entscheidung zusammen.

    (581) In seiner Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärte Roche, es habe nichts dagegen einzuwenden, dass die Kommission die verschiedenen Kartellvereinbarungen zusammen in einem Verfahren behandele, doch sei es nicht damit einverstanden, dass die verschiedenen Kartellvereinbarungen wie eine einzige Absprache behandelt würden. Jede Kartelluntersuchung sei auf den betreffenden Produktmarkt zu beschränken, d. h. auf das betreffende Vitamin. Außerdem sei ihm nicht bekannt, dass es Belege für eine Vereinbarung der einzelnen Vitaminhersteller gebe, eine "koordinierte Gesamtregelung" für die ganze Vitaminbranche zu treffen.

    (582) Die Kommission hat die verschiedenen Vitaminproduktmärkte sowie die betreffenden Zuwiderhandlungen im Detail beschrieben. Die Behandlung mehrerer getrennter Zuwiderhandlungen in einem einzigen Verfahren besagt keinesfalls, dass die verschiedenen Kartelle als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Aus der Sachverhaltsdarstellung im ersten Teil der Entscheidung und aus den Erwägungsgründen 567 bis 577 geht jedenfalls hervor, dass die kollusiven Absprachen bei den einzelnen Vitaminen weder spontan noch zufällig erfolgten, sondern von denselben Personen auf der höchsten Führungsebene von Roche und den anderen Unternehmen geplant, umgesetzt und geleitet wurden.

    (583) Die Kommission hat die Vereinbarungen über jedes einzelne Vitamin geprüft und die an den Wettbewerbsverstößen auf den jeweiligen Vitaminmärkten Beteiligten identifiziert. Zwar sind einige der Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, an einigen der Verstöße nicht beteiligt, doch kann sich jeder Adressat aus der Entscheidung ein eindeutiges Bild der gegen ihn erhobenen Vorwürfe machen (verb. Rs. 40-48/73 usw., Suiker u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Erwägungsgrund 111).

    (584) Nach Auffassung der Kommission handelt es sich bei den festgestellten Kartellvereinbarungen zu den einzelnen Vitaminpräparaten in allen Fällen um eigenständige Zuwiderhandlungen, obwohl sie demselben Schema folgten. Zu berücksichtigen ist auch die besondere Rolle von Hoffmann-La Roche und BASF, die im Hinblick auf eine Aufteilung der Vitaminmärkte an allen Absprachen beteiligt waren(32). Allerdings macht die Kommission keinen Hersteller für eine Absprache bei Produkten verantwortlich, an der er nicht beteiligt war (siehe die Tabelle unter Erwägungsgrund 2 und unter den Erwägungsgründen 565-574).

    (585) Der Umstand, dass die japanischen Hersteller an den Plenarsitzungen mit den europäischen Herstellern normalerweise nicht teilnahmen, beeinträchtigt in keiner Weise die Bewertung als vollständige Beteiligung an einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag. Sie waren nicht nur an den Plänen zum Aufbau eines Kartells für die verschiedenen Produktmärkte beteiligt, sondern durch die Vermittlung von Roche und gelegentlich anderer waren sie auch bei der kontinuierlichen Realisierung und Durchsetzung dieser Maßnahmen in vollem Umfang beteiligt.

    (586) Bei bestimmten Produkten war die Beteiligung an den Absprachen nicht auf die Hersteller selbst beschränkt. Was die Verhaltensweise der BASF im Hinblick auf Vitamin B1 und Biotin betrifft, so war das Unternehmen, obwohl selbst kein Produzent dieser Produkte, doch voll und ganz mit den Produzenten dieser Produkte in die Struktur zur Festsetzung von Preisen und Handhabung von Quoten eingebunden. Aus ähnlichen Gründen muss auch Rhône-Poulenc als an der Vereinbarung zu Vitamin D3 vollbeteiligte Partei angesehen werden, obwohl das Unternehmen dieses Vitamin nicht hergestellt hat.

    (587) Die BASF hat 1989 die Produktion von Vitamin B1 eingestellt, aber die Belege (siehe Erwägungsgründe 261-269) zeigen, dass das Unternehmen an den Quotenregelungen beteiligt war. Bei den Zusammenkünften mit Takeda wurde BASF durch Roche vertreten und erhielt von Roche Anweisungen im Hinblick auf die von BASF anzusetzenden Preise. Die Rolle der BASF bei Biotin ging auch weit über eine bloße Zustimmung und Ermutigung zu rechtswidrigem Verhalten hinaus. Die BASF war Mitempfänger und Begünstigte der Merck zugeteilten Quote.

    2.2.4. WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNG

    (588) Mit den Vereinbarungen in Bezug auf die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide wurde jeweils die Einschränkung des Wettbewerbs in der Gemeinschaft und im EWR bezweckt und bewirkt.

    In Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag sind als wettbewerbseinschränkend ausdrücklich folgende Vereinbarungen genannt:

    - die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen,

    - die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung,

    - die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen.

    (589) Dies sind die wesentlichen Merkmale jeder der horizontalen Absprachen im vorliegenden Fall. Der Preis als das Hauptinstrument des Wettbewerbs, die verschiedenen kollusiven Absprachen und die von den Herstellern angewendeten Mechanismen zielten letzten Endes alle auf eine für sie vorteilhafte Aufblähung des Preises ab, wobei der Preis über dem Niveau liegt, das sich unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs ergeben hätte. Die Marktaufteilung und die Preisfestsetzung bewirken ihrem Wesen nach eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen.

    (590) Zu den Hauptaspekten der Vereinbarungen und Absprachen, die als wettbewerbseinschränkend charakterisiert werden können, gehören:

    - Zuteilung von Märkten und Marktanteilsquoten,

    - Vereinbarung aufeinander abgestimmter Preiserhöhungen,

    - Vereinbarung von Ziel- und Mindestpreisen,

    - Abstimmung des Vorgehens bei der Durchsetzung dieser Preiserhöhungen auf den unterschiedlichen Märkten,

    - Anpassung ihrer jeweiligen Verhaltensweise und Preisbildung, um zu gewährleisten, dass die vereinbarten Quoten eingehalten werden, und in einigen Fällen Schaffung von "Kompensationsmöglichkeiten" zur Anpassung der Ist-Verkäufe an die Quoten,

    - Unterstützung der Durchsetzung der Preiserhöhungen durch Abstimmung des Vorgehens und Behandlung von "Schlüsselkunden",

    - Aufteilung der Geschäftstätigkeit mit spezifischen Kunden(33).

    (591) Um die Durchsetzung ihrer wettbewerbseinschränkenden Vereinbarungen zu gewährleisten, entwickelten die Beteiligten ein Berichterstattungs- und Überwachungssystem und wandten es an (außer im Fall von Vitamin H). Ferner nahmen sie an regelmäßigen Beratungen teil und nutzten andere Kontaktmöglichkeiten, um die Wettbewerbseinschränkungen zu vereinbaren und sie nach Bedarf umzusetzen und/oder zu ändern.

    (592) Ferner ist es erheblich, dass die Hauptproduzenten (insbesondere BASF und Roche), die selbst Vormischungen herstellten und Vitamine an andere Hersteller von Vormischungen lieferten, eine Stellung innehatten, die ihnen erlaubte, "Druck" auf die Margen auszuüben und damit das Geschäft ihrer Kunden durch Erhöhung der Preise für Vitamine tatsächlich oder potenziell schädigten.

    (593) Merck macht geltend, dass die Kommission die wesentlichen Tatsachen nicht den in Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag aufgeführten Kategorien zuordnet und eine unzureichende und verallgemeinernde Beschreibung der erhobenen Vorwürfe vorlegt. Die Kommission weist dieses Argument zurück. Die wesentlichen Tatsachen in Bezug auf die jeweiligen Verstöße bei den einzelnen betroffenen Vitaminmärkten werden inin Teil 1 besonders ausführlich dargelegt. Die wichtigsten der ermittelten Wettbewerbseinschränkungen betreffen jeden Verstoß, der sich auf die einzelnen Vitaminmärkte auswirkt. Dieser Grad der Übereinstimmung zwischen den kollusiven Vereinbarungen und Absprachen zwischen den verschiedenen Beteiligten rechtfertigt hinreichend eine gemeinsame rechtliche Würdigung des Sachverhalts und bedeutet nicht, dass die Kommission Hersteller für Kollusion bei Produkten verantwortlich macht, an der sie nicht beteiligt waren (siehe Tabelle unter Erwägungsgrund 2).

    (594) Angesichts des offenkundig wettbewerbswidrigen Zwecks der Vereinbarungen ist es nicht erforderlich, eine nachteilige Wirkung auf den Wettbewerb nachzuweisen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Juli 2001, verb. Rs. T-202/98, T-204/98 und T-207/98, British Sugar u. a./Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Erwägungsgründe 72-73).

    (595) Marktaufteilung und Preisfestsetzung stellen ihrem Wesen nach eine Wettbewerbseinschränkung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag dar. Relativ unabhängig vom Erfolg bzw. von der Vereinbarung der Unternehmen zur Kontrolle des in Frage stehenden Marktes (der Märkte) haben die Produzenten eine kontinuierliche, hoch entwickelte Maschinerie zur Steuerung ihres Geschäftsverhaltens im Kontext einer vermeintlichen wechselseitigen Solidarität und gemeinsamer kommerzieller Interessen in Gang gesetzt.

    2.2.5. AUSWIRKUNG AUF DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN UND ZWISCHEN VERTRAGSSTAATEN DES EWR-ABKOMMENS

    (596) Die fortbestehende Vereinbarung zwischen den Herstellern hatte eine spürbare Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Vertragsstaaten des EWR-Abkommens.

    (597) Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag bezieht sich auf Vereinbarungen, die der Verwirklichung eines Gemeinsamen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten entweder durch Aufteilung der nationalen Märkte oder durch Beeinträchtigung der Wettbewerbsstruktur innerhalb des Gemeinsamen Marktes schaden könnten. In gleicher Weise ist Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen auf Vereinbarungen anwendbar, die der Realisierung eines homogenen Europäischen Wirtschaftsraums entgegenstehen.

    (598) Nach ständiger Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte "ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder eine abgestimmte Verhaltensweise geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlichenr Umstände mit hinreichender Wahrscheinichkeit voraussehen lässt, dass sie den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinne beeinflussen kann" (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Juli 2001, verbundene Rechtsachen T-202/98, T-204/98 und T-207/98, British Sugar und andere/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Erwägungsgrund 78).

    (599) Die Märkte für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide sind durch ein erhebliches Handelsvolumen zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet (siehe Erwägungsgründe 74 f.). Auch das Handelsvolumen zwischen der Gemeinschaft und der EFTA ist beträchtlich: Norwegen und Island importieren ihren Bedarf zu 100 %, hauptsächlich aus der Gemeinschaft, und vor dem Beitritt haben Österreichs, Finnlands und Schwedens ihren gesamten Bedarf an Bulk-Vitaminen importiert.

    (600) Die Anwendung der Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und 53 Absatz 1 EWR-Abkommen auf ein Kartell ist jedoch nicht auf den Teil der Verkäufe der Mitglieder beschränkt, der den tatsächlichen Transfer von Waren von einem Staat in einen anderen ausmacht. Damit diese Bestimmungen angewendet werden können, ist es andererseits aber auch nicht notwendig nachzuweisen, dass das individuelle Verhalten jedes Beteiligten - im Gegensatz zum Kartell als Ganzes - den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt hat (siehe Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-13/98, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1992, II-1021, Erwägungsgrund 304).

    (601) Im vorliegenden Fall erstreckten sich die Kartellabsprachen praktisch auf den gesamten Handel innerhalb von Gemeinschaft und EWR in dieser wichtigen Industriebranche. Ferner ist Voraussetzung, dass die Existenz von Preisfestsetzungs- und Quotenmechanismen zu einer automatischen Abweichung der Handelsabläufe von dem Verlauf, den sie normalerweise genommen hätten, geführt hat oder hätte führen können (siehe Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen 209 bis 215 und 218/78, Van Landewyck/Kommission, Slg. 1980, 3125, Erwägungsgrund 170).

    (602) Sumika behauptet, dass es in Bezug auf Folsäure keine nennenswerte Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gegeben habe, weil der europäische Marktwert lediglich etwa 10 Mio. EUR betragen habe und weil der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt worden sei.

    (603) Zunächst ist die von Sumika implizit vorgebrachte Behauptung, eine Wettbewerbseinschränkung in Bezug auf einen Markt von 10 Mio. EUR habe keine nennenswerte Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten, zurückzuweisen. Die Auswirkung einer Wettbewerbseinschränkung ist im Hinblick auf die potenzielle Auswirkung der Einschränkung auf den betreffenden Markt ungeachtet des Geldwerts des Produktmarkts zu beurteilen. Im vorliegenden Fall war die wettbewerbswidrige Absprache geeignet, sich auf den gesamten EWR-Markt für Folsäure auszuwirken.

    (604) Zweitens ist auch das Vorbringen, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt worden sei, zurückzuweisen. Das von Sumika vorgebrachte Argument, dass "Hoffmann-La Roche Folsäure hauptsächlich für die Einarbeitung in seine Vormischungen und nicht zum Verkauf auf dem europäischen Markt bzw. auf anderen Märkten herstellte" [Originalzitat Englisch], ist zurückzuweisen. So geht aus dem von Sumika vorgebrachten Argument hervor, dass sich die beschränkende Absprache auf den Preis von Produkten (den Vormischungen) auswirkte, die im gesamten EWR gehandelt wurden und zwangsläufig den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten. Darüber hinaus vermarkteten japanische Hersteller, die nicht über Produktionsanlagen in Europa verfügten, Folsäure in ganz Europa, was sich auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirkte. Schließlich diente die Kartellabsprache zwischen Roche und den japanischen Folsäure-Herstellern dazu, die Ausfuhren in den EWR zu beschränken, was eine beschränkende Wirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel zur Folge hatte.

    (605) Merck behauptet, dass die Kommission die Auswirkung der Absprachen bei den Vitaminen C und H auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht nachweist. Die Kommission ist nicht verpflichtet, die Auswirkung der Absprachen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nachzuweisen, sondern muss vielmehr nachweisen, dass das Verhalten geeignet ist, eine derartige Wirkung zu zeitigen. Merck seinerseits trägt keinerlei Argumente vor, die schlüssig widerlegen, dass die Absprachen bei den Vitaminen C und H geeignet sind, derartige Wirkungen zu zeitigen.

    2.2.6. WETTBEWERBSREGELN, DIE AUF FINNLAND, ISLAND, NORWEGEN, ÖSTERREICH UND SCHWEDEN ANZUWENDEN SIND

    (606) Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum trat am 1. Januar 1994 in Kraft. Für den Zeitraum vor diesem Termin, in dem das Kartell operierte, ist die einzige anzuwendende Bestimmung für das hier vorliegende Verfahren Artikel 81 EG-Vertrag. Was die Kartellabsprachen im Hinblick auf Österreich, Finnland, Island, Norwegen und Schweden (zu jenem Zeitpunkt Mitgliedstaaten der EFTA) betrifft, so fallen sie nicht unter Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag.

    (607) In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1994 galten die Bestimmungen des EWR-Abkommens für die sechs EFTA-Mitgliedstaaten, die dem EWR beigetreten waren. Somit stellte das Kartell eine Verletzung von sowohl Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen als auch von Artikel 1 Absatz 1 EG-Vertrag dar; die Kommission ist für die Anwendung beider Bestimmungen zuständig. Die Einschränkung des Wettbewerbs in fünf EFTA-Staaten fällt in dem betreffenden Einjahreszeitraum in den Anwendungsbereich von Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen.

    (608) Seit dem Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens am 1. Januar 1995 ist Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag auf das Kartell anzuwenden, soweit es sich auf diese Märkte ausgewirkt hat. In Island und Norwegen stellte das Kartell weiterhin einen Verstoß gegen Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen dar.

    (609) Praktisch ergibt sich, dass die Kartellabsprachen, soweit sie Österreich, Finnland, Island, Norwegen und Schweden betrafen, ab 1. Januar 1994 eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des EWR und/oder der Gemeinschaft darstellten.

    2.2.7. DAUER DES VERSTOSSES

    (610) Obwohl es einige Anzeichen dafür gibt, dass bereits vor 1989 Kontakte zwischen einigen Vitaminherstellern bestanden haben können, beschränkt die Kommission ihre Würdigung im Rahmen von Artikel 81 und die Verhängung etwaiger Geldbußen auf den Zeitraum ab September 1989 (den Monat des Treffens in Zürich, bei dem die Kartellstruktur für die Vitamine A und E vereinbart wurde).

    (611) Insoweit als die Kartellabsprachen zu dem jeweiligen Vitaminpräparat Österreich, Finnland, Island, Norwegen und Schweden betrafen, stellten sie vor dem 1. Januar 1994, als das EWR-Abkommen in Kraft trat, selbstverständlich keine Verstöße gegen die Wettbewerbsvorschriften dar.

    (612) In diesem Abschnitt werden getrennt für jedes Vitamin die Faktoren dargelegt, die für die Ermittlung der Dauer der Beteiligung des jeweiligen Herstellers erheblich sind.

    2.2.7.1. Vitamine A und E

    (613) Die drei europäischen Produzenten, d. h. Roche, BASF und Rhône-Poulenc, schlossen die rechtswidrigen Vereinbarungen im September 1989(34).

    (614) Die Zugehörigkeit von Eisai zum Kartell kann terminlich spätestens mit der Beratung in Basel am 9. Januar 1991 angesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt bekräftigten die leitenden Mitarbeiter des Unternehmens ihre Bereitschaft, dem "Club" beizutreten(35).

    (615) Die Kollusion der vier Produzenten wurden bis Februar 1999 fortgesetzt(36).

    2.2.7.2. Vitamin B1

    (616) Die Vitamin-B1-Absprachen zwischen Roche, BASF und Takeda begannen im Januar 1991. Nach Auskunft der Hersteller fand die letzte Kartellzusammenkunft im Juni 1994 statt; dieses Datum gilt als Enddatum des Verstoßes(37).

    (617) Es ist davon auszugehen, dass die BASF über die Gesamtdauer der Existenz des Kartells, also von Januar 1991 bis Juni 1994, Mitglied gewesen ist(38).

    2.2.7.3. Vitamin B2

    (618) Die beiden Haupthersteller, Roche und BASF, vereinbarten am 14./15. Juli 1991 den Rahmen für das Vitamin-B2-Kartell(39). Die Beteiligung von Takeda an den heimlichen Absprachen begann im Januar 1992 bzw. kurz davor oder danach(40).

    (619) Die Absprachen wurden bis September 1995 fortgesetzt(41).

    2.2.7.4. Vitamin B5

    (620) Nachweislich haben sich Roche, die BASF und Daiichi mindestens seit Januar 1991 am Kartell beteiligt(42).

    (621) Diese Kartellabsprachen wurden mindestens bis zu dem Treffen in Tokio am 12. Februar 1999 fortgesetzt(43).

    2.2.7.5. Vitamin B6

    (622) Die Vitamin-B6-Absprachen zwischen Roche, Daiichi und Takeda begannen ebenfalls Januar 1991(44).

    (623) Die letzte bekannte Zusammenkunft zu diesem Produkt fand im Juni 1994 statt, und dies Datum wird als Ende der Zuwiderhandlung angesetzt, obwohl die Parteien ihren "Informationsaustausch über Preistrends" über einen unbekannten Zeitraum fortsetzten(45).

    2.2.7.6. Folsäure

    (624) Die Absprachen zwischen Roche, Takeda, Kongo und Sumika über Folsäure begannen Anfang Januar 1991. Das letzte bekannte Treffen für dieses Produkt fand im Juni 1994 statt. Dieses Datum gilt als das Enddatum des Verstoßes(46).

    2.2.7.7. Vitamin C

    (625) Für den hier vorliegenden Zweck kann davon ausgegangen werden, dass für alle Produzenten die Absprachen ebenfalls im Januar 1991 begannen. Roche, die BASF und Merck trafen sich im Januar, und kurze Zeit nach diesem Treffen (30./31. Januar) fuhr Roche nach Tokio, um die Vereinbarung mit Takeda unter Dach und Fach zu bringen(47).

    (626) Die letzte dokumentierte Kartellzusammenkunft fand im August 1995 in Hongkong statt. Ungeachtet der Tatsache, dass die Parteien weiterhin Preisprognosen für spätere Zeiträume aufstellten, gilt dieses Datum als das Enddatum des Verstoßes(48).

    2.2.7.8. Vitamin D3

    (627) Für den hier vorliegenden Zweck setzt die Kommission als Anfangsdatum das Datum des ersten eingeräumten Treffens zwischen Roche, BASF und Solvay im Januar 1994(49) an.

    (628) Obschon die letzte Plenarsitzung zwischen Solvay, Roche und BASF im August 1997 stattfand, setzten die Parteien ihre Kartellabsprachen bis Juli 1998 fort(50).

    2.2.7.9. Vitamin H

    (629) Bei Biotin wird davon ausgegangen, dass die Kollusion im Oktober 1991 mit der Beratung in Lugano begannen, an der Roche, Lonza, Merck, Sumitomo und Tanabe teilnahmen(51).

    (630) Das letzte bekannte Treffen für dieses Produkt fand am 19. April 1994 statt. Obwohl nach diesem Datum weitere Kontakte zwischen Roche und Tanabe stattfanden, gilt dieses Datum als das Enddatum des Verstoßes(52).

    2.2.7.10. Betacarotin und Carotinoide

    (631) Die BASF gibt zwar zu, zwischen 1988 und 1991 "gelegentliche Kontakte" mit Roche gehabt zu haben, die Kommission wird jedoch den 22. September 1992 als Beginn der Kartellabsprachen zu Betacarotin(53) ansetzen und Mai 1993 für Carotinoide(54).

    (632) Die Absprachen für diese beiden Produkte waren bis Dezember 1998 wirksam(55).

    2.2.8. ADRESSATEN: IDENTITÄT DER UNTERNEHMEN UND RECHTSNACHFOLGE

    (633) In der Sachverhaltsdarstellung in Teil 1 wurde festgestellt, dass sich Roche, BASF, Solvay, Merck, Lonza AG, Daiichi, Eisai, Kongo, Sumitomo, Sumika, Takeda und Tanabe direkt an den kollusiven Absprachen zu verschiedenen Vitaminkartellen beteiligten. Infolgedessen haftet jedes Unternehmen für seine jeweiligen Verstöße und ist deshalb Adressat der vorliegenden Entscheidung.

    (634) Im vorliegenden Fall hat Rhône-Poulenc seit der Beendigung oder der mutmaßlichen Beendigung seiner Beteiligung an verschiedenen rechtwidrigen Vereinbarungen seine Rechtsform geändert.

    (635) Eine Änderung der Rechtsform oder der Firma entbindet ein Unternehmen nicht von seiner Haftung für wettbewerbswidriges Verhalten. Aus diesem Grund kann die Haftung auf einen Rechtsnachfolger übergehen, wenn das Unternehmen, das die Rechtsverletzung begangen hat, rechtlich nicht mehr existiert. Der Grund hierfür liegt darin, dass im EG-Vertrag (und im EWR-Abkommen) das Unternehmen Rechtssubjekt der Wettbewerbsregeln ist - eine Konzeption, die nicht notwendigerweise derjenigen der juristischen Person im einzelstaatlichen Handels-, Gesellschafts- bzw. Steuerrecht entspricht.

    (636) Der Begriff "Unternehmen" wird im EG-Vertrag nicht definiert. Das Gericht erster Instanz hat festgestellt, dass "das den Unternehmen in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrags u. a. auferlegte Verbot [...] sich an wirtschaftliche Einheiten [richtet], die jeweils in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel bestehen, mit der dauerhaft ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und die an einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Vorschrift beteiligt sein kann" (Rechtssache T-352/94, Mo Och Domsjö AB/Kommission, Slg. 1998, II-1989, Erwägungsgrund 87).

    (637) Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass zwar die Unternehmen Rechtssubjekt der Wettbewerbsregeln sind, für die Durchsetzung dieser Regeln und die Auferlegung und Vereinnahmung von Geldbußen jedoch eine spezifische Rechtspersönlichkeit ermittelt werden muss, die für das Verhalten dieses Unternehmens verantwortlich zeichnet und an die die Entscheidung gerichtet werden kann.

    (638) Wie das Gericht erster Instanz in der Rechtssache T-6/89, Enichem Anic/Kommission, Slg. 1991, II-1695, festgestellt hat, ist, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung und dem Zeitpunkt, zu dem das betreffende Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden soll, die für den Betrieb dieses Unternehmens verantwortliche Person aufgehört hat, rechtlich zu existieren, zunächst die Gesamtheit der materiellen und personellen Faktoren festzustellen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, um sodann zu ermitteln, auf wen die Verantwortung für den Betrieb dieser Gesamtheit übergegangen ist.

    (639) Die juristische Person, der die Geldbuße auferlegt wird, kann sich daher von derjenigen unterscheiden, die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung existierte.

    (640) Im Fall von Rhône-Poulenc, das, wie unter Abschnitt 1.2.5.3 ausgeführt, entscheidenden Einfluss auf seine 100%ige Tochtergesellschaft RPAN, die an den Kartellabsprachen zu den Vitaminen A, E und D3 direkt beteiligt war, ausübte, ist die Kommission der Ansicht, dass die Zuwiderhandlung Rhône-Poulenc zuzurechnen ist. Aus der Fusion mit Hoechst am 15. Dezember 1999, d. h. zehn Monate nach dem Ende der Verstöße auf den Vitamin-A- und E-Märkten und 17 Monate nach dem Ende der Verstöße bei Vitamin D3, ging ein neues Unternehmen - Aventis - hervor. Aus RPAN wurde AAN, ein Geschäftsbereich innerhalb des aus der Fusion hervorgegangenen neuen Unternehmens Aventis SA, für den Aventis SA verantwortlich ist. Diesbezüglich ist nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte "..., wenn eine Zuwiderhandlung bewiesen ist, die natürliche oder juristische Person zu ermitteln, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden kann. Hat jedoch zwischen dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung und dem Zeitpunkt, zu dem das betreffende Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden soll, die für den Betrieb dieses Unternehmens verantwortliche Person aufgehört, rechtlich zu existieren, so ist zunächst die Gesamtheit der materiellen und personellen Faktoren festzustellen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, um sodann so ermitteln, wem die Verantwortlichkeit für den Betrieb dieser Gesamtheit übertragen worden ist, damit sich das Unternehmen seiner Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung nicht deshalb entziehen kann, weil die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für seinen Betrieb verantwortliche Person nicht mehr besteht." (Verb. Rechtssachen PVC II, T-305/94 u. a., Slg. 1999, II-931, Erwägungsgrund 953).

    (641) In Anbetracht der Kontinuität zwischen Rhône-Poulenc und Aventis SA (vgl. in diesem Zusammenhang die für das Vitamingeschäft des Unternehmens zuständigen Positionen und Mitarbeiter unter Erwägungsgründen 92 f.), der Tatsache, dass Rhône-Poulenc SA (vor der Fusion mit Hoechst) und später Aventis SA während des Verwaltungsverfahrens der einzige Gesprächspartner der Kommission war, nachdem es sich selbst spontan und freiwillig an die Kommission gewandt hatte, sowie der Tatsache, dass das Unternehmen zu keiner Zeit seine Kenntnis der Kartellabsprachen, an denen RPAN direkt beteiligt war, ableugnete oder den ihm zur Last gelegten Verstoß bestritt, wird die vorliegende Entscheidung an Aventis SA gerichtet (siehe Rs. C-286/98 P, Stora Kopparbergs Bergslags AB/Kommission, Slg. 2000, I-9925, Erwägungsgrund 29)(56).

    (642) In anderen Fällen stellt sich zwar die Frage der Rechtsnachfolge nicht, aber es ist notwendig, die zuständige juristische Person innerhalb der Gruppe zu ermitteln, an die die Entscheidung zu richten ist. Im Fall von Solvay Pharmaceuticals BV handelt es sich um eine von ihrer Muttergesellschaft Solvay SA funktionell getrennte Einheit, die direkt an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Die Kommission richtet die Entscheidung deshalb an Solvay Pharmaceuticals BV.

    (643) Was die Lonza AG angeht, so ist diese zwar 1994 von Alusuisse übernommen worden (Alusuisse wurde später dann in die Lonza Group AG aufgespalten), war jedoch stets ein eigenständig geführtes Unternehmen, so dass die Entscheidung an die Lonza AG gerichtet ist.

    (644) Sumitomo war unmittelbar am Vitamin-H-Kartell (Biotin) beteiligt, so dass die diesbezügliche Entscheidung an das Unternehmen selbst gerichtet ist. Sumika, eine 100%ige Tochtergesellschaft von Sumitomo, die als eine von ihrer Muttergesellschaft funktionell getrennte rechtliche Einheit operiert, wurde im April 1992 nach der Fusion dreier Sumitomo-Töchter (darunter Yodogawa Chemicals, die bis dahin Folsäure herstellte und vertrieb) gegründet. Yodogawa und die Rechtsnachfolgerin Sumika waren am Folsäure-Kartell beteiligt, so dass die Entscheidung, soweit sie dieses Produkt betrifft, an dieses Sumika gerichtet ist.

    2.2.9. ANWENDBARKEIT VON VERJÄHRUNGSFRISTEN

    (645) Gemäß Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft(57) verjährt die Befugnis der Kommission, wegen Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts Geldbußen oder Sanktionen festzusetzen, in fünf Jahren. Bei fortdauernden Zuwiderhandlungen beginnt die Verjährung jedoch erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist(58). Die Verjährung wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem(59).

    (646) Wie in der vorliegenden Entscheidung festgestellt, waren die Unternehmen Lonza AG, Kongo Chemical Co. Ltd, Sumitomo Chemical Co. Ltd, Sumika Fine Chemicals Ltd und Tanabe Seiyaku Co. Ltd direkt an den Vorgängen beteiligt, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegen, und haben sich somit an einem Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen beteiligt.

    (647) In allen Fällen ist davon auszugehen, dass die Unternehmen ihre Beteiligung an den Kartellabsprachen, an denen sie jeweils beteiligt waren (Vitamin H bzw. Folsäure) mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt eingestellt haben, an dem die Kommission ihre Ermittlungen einleitete. Die Verstöße in Bezug auf Vitamin H und Folsäure endeten am 19. April 1994 bzw. im Juni 1994. Ihre ersten schriftlichen Auskunftsersuchen in Bezug auf Vitamin H und Folsäure versandte die Kommission am 20. August 1999 bzw. am 15. November 1999.

    (648) Die Verstöße in Bezug auf die Vitamine B1 und B6 endeten in beiden Fällen im Juni 1994. Die Kommission versandte ihr erstes schriftliches Auskunftsverlangen in Bezug auf die Vitamine B1 und B6 am 19. August 1999. Deshalb ist davon auszugehen, dass die BASF AG, Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd, F. Hoffmann-La Roche AG und Takeda Chemical Industries Ltd ihre Beteiligung an den Kartellabsprachen in Bezug auf Vitamin B1 bzw. B6 mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt einstellten, an dem die Kommission ihre Ermittlungen einleitete.

    (649) Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 ist deshalb anwendbar, so dass gegen Lonza AG, Kongo Chemical Co. Ltd, Sumitomo Chemical Co. Ltd, Sumika Fine Chemicals Ltd und Tanabe Seiyaku Co. Ltd trotz deren Beteiligung an den Verstößen im Rahmen der vorliegenden Entscheidung keine Geldbußen verhängt werden. Auch im Fall der BASF AG, Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd, F. Hoffmann-La Roche AG, Merck KgaA und Takeda Chemical Industries Ltd werden wegen Beteiligung an den Absprachen über die Vitamine B1, B6, H (Biotin) oder Folsäure keine Geldbußen verhängt.

    (650) In ihren jeweiligen Antworten auf die Mitteilung von Beschwerdepunkten behaupten Sumika und Sumitomo, dass selbst dann, wenn ihnen ein Verstoß nachgewiesen würde, ein derartiger Verstoß nicht mehr Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sein könne, da er verjährt sei.

    (651) Dieses Argument ist zurückzuweisen. Die Vorschriften über die Verjährungsfristen betreffen ausschließlich die Anwendung von Geldbußen oder Sanktionen. Sie haben keinerlei Einfluss auf die Befugnis der Kommission, gegen Kartelle zu ermitteln und gegebenenfalls Untersagungsentscheidungen zu erlassen.

    2.3. ABHILFEN

    2.3.1. ARTIKEL 3 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 17

    (652) Stellt die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 EG-Vertrag fest, so kann sie die Unternehmen verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 abzustellen.

    (653) Im vorliegenden Fall unternahmen die Teilnehmer an den die einzelnen Vitaminprodukte betreffenden Kartellen alles Erdenkliche, um ihr rechtswidriges Verhalten zu verschleiern. In ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte stellte die Kommission fest, dass es nicht möglich war, mit absoluter Sicherheit zu erklären, dass die Verstöße eingestellt worden waren.

    (654) In ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte behaupteten die Unternehmen zwar, dass sie ihre Beteiligung an den Verstößen eingestellt hätten, doch muss die Kommission der Klarheit halber von den Unternehmen, an die sich die vorliegende Entscheidung richtet und die weiterhin auf dem Vitamin-Markt tätig sind, verlangen, dass sie die Zuwiderhandlungen abstellen (falls dies noch nicht geschehen sein sollte) und künftig von jeder Vereinbarung, aufeinander abgestimmten Verhaltensweise oder Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen, die eine gleiche oder ähnliche Zielsetzung oder Wirkung haben, Abstand nehmen.

    2.3.2. ARTIKEL 15 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 17

    2.3.2.1. Allgemeine Erwägungen

    (655) Nach Artikel 15 Absatz 2 Verordnung Nr. 17(60) kann die Kommission durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von 1000 EUR bis zu 1 Mio. EUR oder über diesen Betrag hinaus bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und/oder Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen.

    (656) Angesichts der Art der in Rede stehenden Vereinbarungen, wie sie aus der Sachverhaltsdarstellung in dieser Entscheidung deutlich wird, und der Maßnahmen, mit denen die Vereinbarungen umgesetzt wurden, konnten die Unternehmen nicht übersehen, dass ihr Verhalten eine Beschränkung des Wettbewerbs zum Ziel hatte. Die Kommission stellt daher fest, dass jedes einzelne Kartell eine vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen darstellt.

    (657) Bei der Festsetzung der Geldbuße muss die Kommission alle erheblichen Umstände und insbesondere die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen, die die zwei ausdrücklich in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 genannten Kriterien sind.

    (658) Die Rolle des jeweiligen Unternehmens bei den Verstößen wird individuell beurteilt. Insbesondere berücksichtigt die Kommission bei der zu verhängenden Geldbuße erschwerende oder mildernde Umstände und wendet gegebenenfalls die Kronzeugenregelung an.

    2.3.2.2. Grundbetrag der Geldbußen

    (659) Der Grundbetrag wird entsprechend der Schwere und der Dauer des Verstoßes festgesetzt.

    (660) Im vorliegenden Fall wurden in acht getrennten Märkten für Vitaminpräparate (Vitamine A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und Carotinoide) durch Bußgeld zu ahndende Verstöße begangen.

    (661) Angesichts der Kontinuität der Verstöße sowie der Gleichartigkeit der Merkmale und Methoden werden die Schwere der auf diesen Märkten begangenen Verstöße, deren tatsächliche Auswirkungen auf den Markt und die Größe der räumlich relevanten Märkte im selben Abschnitt bewertet. Weitere Kriterien, die bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes berücksichtigt werden, um der Wirtschaftskraft eines Unternehmens und gleichzeitig einer hinreichenden Abschreckung Rechnung zu tragen, werden für die Unternehmen bei dem jeweiligen Produktmarkt getrennt bewertet. Angesichts der unterschiedlichen Dauer der Verstöße auf dem jeweiligen betroffenen Produktmarkt wird dieses Kriterium ebenfalls getrennt bewertet.

    Schwere

    (662) Bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen wird die Kommission die Art der Zuwiderhandlungen, ihre tatsächliche Auswirkung auf den Markt, soweit dies feststellbar ist, sowie die Größe des relevanten geografischen Marktes berücksichtigen.

    Art des Verstoßes

    Alle Produkte (Vitamine A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und Carotinoide)

    (663) Wie ausgeführt, bestanden die vorliegenden Verstöße hauptsächlich aus Praktiken der Marktaufteilung und der Preisfestsetzung, die ihrem Wesen nach sehr schwerwiegende Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen darstellen.

    (664) Die Absprachen in Bezug auf die Vitamine A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und Carotinoide stellten vorsätzliche Verstöße gegen die Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen dar. Im vollen Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens haben die führenden Hersteller ein geheimes und institutionalisiertes System aufgebaut, dessen Ziel die Einschränkung des Wettbewerbs in einem wichtigen Wirschaftszweig war.

    (665) Die Kartellabsprachen durchdrangen die Vitaminbranche und wurden in den meisten Fällen auf der höchsten Ebene der betroffenen Unternehmen konzipiert, gesteuert und unterstützt. Ihrem Wesen nach führten diese Absprachen automatisch zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung, die ausschließlich den beteiligten Herstellern zugute kam und zulasten ihrer Kunden und letztlich der allgemeinen Öffentlichkeit ging.

    (666) Nach Auffassung der Kommission stellten deshalb die Verstöße in Bezug auf die Vitamine A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und Carotinoide ihrem Wesen nach sehr schwerwiegende Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen dar.

    Die Auswirkung der Verstöße auf die verschiedenen Märkte für Vitaminpräparate im EWR

    (667) Nach Auffassung der Kommission wirkten sich die von den Herstellern begangenen Verstöße, die für die entscheidungserheblichen Zeiträume mindestens über 80 % des Welt- und EWR-Markts für die Vitamine A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und Carotinoide ausmachten, tatsächlich auf die entsprechenden Produktmärkte im EWR aus. Die Preise wurden nicht nur abgestimmt, sondern auf dem jeweiligen Markt auch durchgesetzt.

    (668) Roche behauptet, dass nicht alle während der Dauer der Kartelle auf den Märkten beobachteten Preissteigerungen auf die Kartellaktivitäten zurückzuführen waren ebenso wenig wie die nach der Beendigung der Kartelle auf den Märkten beobachteten Preisrückgänge. In Bezug auf die beobachteten Preissteigerungen ist Roche davon überzeugt, dass die Vitaminpreise aus zahlreichen wirtschaftlich bedingten Gründen wie Wechselkursschwankungen, Kapazitätsengpässen und Änderungen bei der Nachfrage bzw. beim Angebot Anfang der 90er Jahre ungeachtet eines Kartellverhaltens bei den Vitaminherstellern wesentlich gestiegen seien. Desgleichen ist Roche davon überzeugt, dass sich die überwiegende Mehrzahl der nach der Beendigung der Kartelle beobachteten Preisrückgänge durch wirtschaftliche Faktoren erklären lassen, die nicht mit der Einstellung der Kartellaktivität im Zusammenhang stehen, wie beispielsweise eine aggressive Expansion chinesischer Hersteller auf den jeweiligen Vitaminmärkten.

    (669) Im Gegensatz dazu vertritt die Kommission die Auffassung, dass die erhebliche Preissteigerung bei den Vitaminen A, E, C, B2, B5, D3, Betacarotin und den Carotinoiden während der Dauer der Kartelle im Lichte der Tatsache zu beurteilen ist, dass sich die Kartellmitglieder über Zielpreise, die Zuteilung von Marktanteilen und über Berichterstattungs- und Überwachungssysteme für das jeweils betroffene Vitaminpräparat abstimmten(61). Selbst wenn es zuträfe, dass auch ohne ein Kartell die Preise auf demselben Stand geblieben wären, den sie infolge des Kartells erreicht hatten, so wäre dies auf jeden Fall nur ein Indiz dafür, dass das Kartell ineffizient bzw. nicht ehrgeizig genug war. Mit dem Argument wird die Feststellung der Kommission nicht stichhaltig widerlegt, dass die tatsächlich durchgeführten Preissteigerungen aufgrund der Aktivitäten der Kartellbeteiligten erfolgten. Diese Feststellung ergibt sich aus beobachteten und eingeräumten Tatsachen. Roche hätte nachweisen müssen, dass die Preissteigerungen nicht durch das Kartell verursacht wurden.

    (670) In Bezug auf die Vitamin-C-Vereinbarungen führt Merck aus, dass sie sich für dieses Unternehmen als schwierig durchzusetzen und als in der Praxis unwirksam erwiesen hätten und keine quantitativen Absätze bewirkt hätten. Merck behauptet, dass die Zielpreise knapp über den Marktpreisen festgesetzt worden seien und dass der von nicht am Kartell beteiligten Vitamin-C-Herstellern gehaltene Marktanteil (30 %) bedeutete, dass ein beträchtlicher Anteil des Marktes von den Absprachen nicht berührt war. Somit vertritt Merck die Auffassung, dass der infolge der kollusiven Absprachen erzielte Preis knapp über dem Preis lag, der erzielt worden wäre, wenn die Absprachen nicht existiert hätten.

    (671) Im Gegensatz zu dem von Merck vorgebrachten Argument vertritt die Kommission die Auffassung, dass die erhebliche Preissteigerung bei Vitamin C zwischen 1991 und 1995 im Lichte der Tatsache zu beurteilen ist, dass sich die Kartellmitglieder über Zielpreise, die Zuteilung von Marktanteilen und ein Berichterstattungs- und Überwachungssystem abstimmten(62). Wie bei der Antwort auf die Argumentation von Roche kann die Frage, inwieweit die Preise ohne das Kartell anders ausgefallen wären, zwar Anlass zu Vermutungen geben, doch bewirkte die bewusste Durchsetzung der Kartellabsprachen ein ernstes Risiko, dass die Preise höher als unter normalen Wettbewerbsbedingungen ausfielen. Merck seinerseits legt keine Nachweise zur Widerlegung dieser Schlussfolgerung vor.

    (672) Zusammenfassend vertritt die Kommission die Auffassung, dass die von der vorliegenden Entscheidung betroffenen Parteien die Feststellung in Bezug auf die tatsächliche Auswirkung der Verstöße auf den einzelen Vitaminmärkten im EWR nicht widerlegen konnten.

    Der Umfang des räumlich relevanten Marktes

    (673) Zur Beurteilung der Schwere des Verstoßes ist die Feststellung von Bedeutung, dass jeder einzelne Verstoß den gesamten Gemeinsamen Markt und - ab dessen Gründung - den gesamten EWR umfasste.

    Zwischenfeststellung

    (674) Unter Berücksichtigung der Art der hier geprüften Verstöße, deren Auswirkung auf die jeweils betroffenen Märkte für Vitaminpräparate und der Tatsache, dass jeder einzelne Verstoß den gesamten Gemeinsamen Markt und - nach dessen Gründung - den gesamten EWR betraf, ist die Kommission der Auffassung, dass die von der vorliegenden Entscheidung betroffenen Unternehmen sehr schwere Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen begangen haben, für die die voraussichtliche Geldbuße jeweils mindestens 20 Mio. EUR betragen würde.

    (675) Zur Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße berücksichtigt die Kommission überdies die Größe jedes einzelnen Vitaminmarkts.

    (676) Merck führt aus, dass im vorliegenden Fall sein Verstoß in Bezug auf Vitamin C nicht als sehr schwer angesehen werden könne, da es sich nur marginal an diesen Absprachen beteiligt habe.

    (677) Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Fest steht, dass Preis- und Marktaufteilungskartelle im Sinne der Leitlinien der Kommission zur Methode der Festsetzung von Geldbußen(63) als sehr schwere Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 gelten. Die besonderen Merkmale des Verstoßes in Bezug auf den Vitamin-C-Markt, d. h. dessen Auswirkung auf den Markt und die Größe des räumlich relevanten Marktes, bestätigen diese Schlussfolgerung. Auf jeden Fall würde sich dadurch, dass die Beteiligung an einem Kartell nur marginal ist, was hier nicht zutrifft, nicht der Zweck des Kartells ändern, der im vorliegenden Fall auf einen sehr schweren Verstoß hinausläuft, sondern lediglich der Grad der Beteiligung eines Unternehmens.

    Differenzierte Behandlung

    (678) Innerhalb der Gruppe der sehr schweren Verstöße ermöglicht es die vorgesehene Staffelung der infrage kommenden Geldbußen, die Unternehmen unterschiedlich zu behandeln, um das tatsächliche wirtschaftliche Vermögen der Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen, dem Wettbewerb einen spürbaren Schaden zuzufügen, und die Geldbuße auf eine Höhe festzusetzen, die eine hinreichende Abschreckungswirkung gewährleistet. Die Kommission hält dies in Fällen wie dem vorliegenden für besonders notwendig, bei denen ein erheblicher Größenunterschied zwischen den an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen besteht.

    (679) Unter den Gegebenheiten dieses Falles, der mehrere Unternehmen betrifft, ist es bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen erforderlich, das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung der Zuwiderhandlung jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen.

    (680) Zu diesem Zweck können Unternehmen in Gruppen entsprechend ihrer relativen Bedeutung in dem jeweils betroffenen Markt für Vitaminpräparate unterteilt werden. Die Zuordnung eines Unternehmens zu einer bestimmten Gruppe kann gegebenenfalls geändert werden, um insbesondere dem Erfordernis einer wirksamen Abschreckung Rechnung zu tragen.

    (681) Die Kommission hält es für angemessen, die relative Bedeutung eines Unternehmens auf dem jeweils betroffenen Markt für Vitaminpräparate anhand seines jeweiligen weltweiten Produktumsatzes zu beurteilen. Diese Auffassung wird durch die Tatsache gestützt, dass jedes Kartell seinem Wesen nach global angelegt war, dessen Zweck unter anderem in der Aufteilung der weltweiten Märkte bestand, um dadurch Wettbewerbsreserven vom EWR-Markt fernzuhalten. Außerdem gibt der Weltumsatz eines Kartellteilnehmers auch einen Hinweis auf seinen Beitrag zur Wirksamkeit des Kartells insgesamt bzw. die Instabilität, die das Kartell bei seiner Nichtteilnahme getroffen hätte. Der Vergleich wird auf der Grundlage des weltweiten Produktumsatzes im letzten vollen Kalenderjahr der Zuwiderhandlung vorgenommen(64).

    (682) Im folgenden Abschnitt sind für das jeweilige Vitamin getrennt die Faktoren dargelegt, die für die Festlegung der für den jeweiligen Hersteller relevanten Kategorie maßgebend sind.

    Vitamin A

    (683) Aus der Tabelle in Abschnitt 1.2.6 geht hervor, dass Roche der größte Hersteller von Vitamin A auf dem Weltmarkt war. Somit ist dieses Unternehmen der ersten Kategorie zuzuordnen. BASF und Aventis, die erheblich niedrigere Marktanteile auf dem Weltmarkt hatten, werden der zweiten Kategorie zugerechnet.

    (684) Auf dieser Grundlage gilt als angemessener Ausgangsbetrag für die Geldbuße wegen des Verstoßes auf dem Vitamin-A-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche: 30 Mio. EUR,

    - BASF und Aventis: 18 Mio. EUR.

    Vitamin E

    (685) Aus der Tabelle in Abschnitt 1.2.6 geht hervor, dass Roche und BASF die beiden Haupthersteller von Vitamin E auf dem Weltmarkt waren. Somit kommen diese Unternehmen in die erste Kategorie. Eisai und Aventis, die erheblich niedrigere Marktanteile (weniger als ein Drittel des Anteils von Roche) auf dem Weltmarkt hatten, kommen in die zweite Kategorie.

    (686) Auf dieser Grundlage gilt als angemessene Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Vitamin-E-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche und BASF: 35 Mio. EUR,

    - Eisai und Aventis: 10,5 Mio. EUR.

    Vitamin B2

    (687) Roche war der Haupthersteller von Vitamin B2 auf dem Weltmarkt (siehe Tabelle unter 1.2.6). Somit ist dieses Unternehmen der ersten Kategorie zuzuordnen. BASF und Takeda, die erheblich niedrigere Marktanteile auf dem Weltmarkt (etwa die Hälfte des Anteils von Roche oder weniger) hatten, kommen in die zweite Kategorie.

    (688) Auf dieser Grundlage gilt als angemessene Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Vitamin-B2-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche: 20 Mio. EUR,

    - BASF und Takeda: 10 Mio. EUR.

    Vitamin B5

    (689) Aus der Tabelle in Abschnitt 1.2.6 geht hervor, dass Roche und Daiichi die beiden Haupthersteller von Vitamin B5 auf dem Weltmarkt waren. Somit kommen diese Unternehmen in die erste Kategorie. Die BASF, die erheblich niedrigere Marktanteile auf dem Weltmarkt (etwa die Hälfte des Anteils von Roche) hatte, kommt in die zweite Kategorie.

    (690) Auf dieser Grundlage gilt als angemessene Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Vitamin-B5-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche und Daiichi: 20 Mio. EUR,

    - BASF: 14 Mio. EUR.

    Vitamin C

    (691) Aus der Tabelle in Abschnitt 1.2.6 geht hervor, dass Roche und Takeda die beiden Haupthersteller von Vitamin C auf dem Weltmarkt mit Marktanteilen in Höhe von 40 % bzw. 24 % waren. Somit werden diese Unternehmen der ersten Kategorie zugeordnet. BASF und Merck, die sehr viel niedrigere Marktanteile auf dem Weltmarkt (jeweils weniger als 9 %) hatten, kommen in die zweite Kategorie.

    (692) Auf dieser Grundlage gilt als angemessene Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Vitamin-C-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche und Takeda: 30 Mio. EUR,

    - BASF und Merck: 7,5 Mio. EUR.

    Vitamin D3

    (693) Aus der Tabelle in Abschnitt 1.2.6 geht hervor, dass Roche und Solvay Pharmaceuticals die beiden größten Hersteller von Vitamin D3 auf dem Weltmarkt mit Marktanteilen von 40 % bzw. 32 % waren. Somit kommen diese Unternehmen in die erste Kategorie. BASF und Aventis, die mit 15 % bzw. 9 % sehr viel niedrigere Marktanteile auf dem Weltmarkt hatten, kommen in die zweite Kategorie.

    (694) Auf dieser Grundlage gilt als angemessene Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Vitamin-D3-Markt unter Berücksichtigung der Kategorien, die sich aus der Anwendung des Kriteriums der relativen Bedeutung eines Unternehmens auf dem betreffenden Markt ergeben, folgender Betrag:

    - Roche und Solvay Pharmaceuticals: 10 Mio. EUR,

    - BASF und Aventis: 4 Mio. EUR.

    Betacarotin

    (695) Angesichts der Marktmerkmale des Weltmarkts für Betacarotin, d. h. im Wesentlichen zwei Haupthersteller auf dem Produktmarkt, ist es in diesem besonderen Fall nicht angebracht, getrennte Kategorien zwischen den Unternehmen zum Zweck der Festlegung der angemessenen Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Betacarotin-Markt aufzustellen. Diese Ausgangsgrundlage wird für Roche und BASF auf 20 Mio. EUR festgesetzt.

    Carotinoide

    (696) Angesichts der Marktmerkmale des Weltmarkts für Carotinoide, d. h. im Wesentlichen zwei Haupthersteller auf dem Produktmarkt, ist es in diesem besonderen Fall nicht angebracht, getrennte Kategorien zwischen den Unternehmen zum Zweck der Festlegung der angemessenen Ausgangsgrundlage für die Geldbuße in Bezug auf den Verstoß beim Markt für Carotinoide aufzustellen. Diese Ausgangsgrundlage wird für Roche und BASF auf 20 Mio. EUR festgesetzt.

    Hinreichende Abschreckung

    (697) Um zu gewährleisten, dass die Geldbuße eine hinreichende abschreckende Wirkung hat, und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Großunternehmen über juristische und wirtschaftliche Kenntnisse und Infrastrukturen verfügen, die es ihnen ermöglichen, leichter zu erkennen, dass ihr Verhalten einen Verstoß darstellt, und sich der Konsequenzen aus diesem Verhalten nach dem Wettbewerbsrecht bewusst zu werden, bestimmt die Kommission, ob eine weitere Anpassung der Ausgangsgrundlage für das jeweilige Unternehmen erforderlich ist.

    (698) In den Fällen von BASF, Roche und Aventis vertritt die Kommission die Auffassung, dass die angemessene Ausgangsbasis für eine Geldbuße, die sich aus dem Kriterium der relativen Bedeutung auf dem betreffenden Markt ergibt, eine weitere Anpassung nach oben erforderlich macht, um der Größe dieser Unternehmen und deren Gesamtressourcen Rechnung zu tragen.

    (699) Auf der Grundlage des Vorstehenden vertritt die Kommission die Auffassung, dass es das Erfordernis der Abschreckung notwendig macht, den Ausgangsbetrag der jeweiligen Geldbußen für die einzelnen Vitamin-Märkte, wie unter den Erwägungsgründen 683 bis 696 ermittelt, wie folgt anzuheben:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Dauer des Verstoßes

    (700) In diesem Abschnitt wird getrennt für das jeweilige Vitamin die Dauer des Verstoßes für den jeweiligen Hersteller dargelegt.

    Vitamin A

    (701) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche, BASF und Aventis von September 1989 bis Februar 1999 in Bezug auf den Vitamin-A-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Langzeit-Verstoß von neun Jahren und sechs Monaten. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(65) erhöht sich deshalb um 90 % für jedes Unternehmen.

    Vitamin E

    (702) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche, BASF und Aventis von September 1989 bis Februar 1999 in Bezug auf den Vitamin-E-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Langzeit-Verstoß von neun Jahren und sechs Monaten. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(66) erhöht sich deshalb um 90 % für jedes Unternehmen.

    (703) Eisai begann seine Beteiligung im Januar 1991 und beging deshalb einen Langzeit-Verstoß von acht Jahren. Der Ausgangsbetrag seiner aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbuße(67) erhöht sich deshalb um 80 %.

    Vitamin B2

    (704) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche und BASF von Juli 1991 bis September 1995 in Bezug auf den Vitamin-B2-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Verstoß von vier Jahren und drei Monaten, d. h. von mittlerer Dauer. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(68) erhöht sich deshalb um 40 % für jedes Unternehmen.

    (705) Takeda beging seit Beginn seiner Beteiligung im Januar 1992 einen Verstoß mittlerer Dauer von drei Jahren und neun Monaten. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbuße(69) erhöht sich deshalb um 35 %.

    Vitamin B5

    (706) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche, BASF und Daiichi von Januar 1991 bis Februar 1999 in Bezug auf den Vitamin-B5-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Langzeit-Verstoß von acht Jahren. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(70) erhöht sich deshalb um 80 % für jedes Unternehmen.

    Vitamin C

    (707) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche, BASF, Merck und Takeda von Januar 1991 bis August 1995 in Bezug auf den Vitamin-C-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Verstoß von vier Jahren und acht Monaten, d. h. von mittlerer Dauer. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(71) erhöht sich deshalb um 45 % für jedes Unternehmen.

    Vitamin D3

    (708) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche, BASF, Solvay und Aventis von Januar 1994 bis Juni 1998 in Bezug auf den Vitamin-D3-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Verstoß von vier Jahren und sechs Monaten, d. h. von mittlerer Dauer. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(72) erhöht sich deshalb um 40 % für jedes Unternehmen.

    Betacarotin

    (709) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche und BASF von September 1992 bis Dezember 1998 in Bezug auf den Betacarotin-Markt gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Langzeit-Verstoß von sechs Jahren und vier Monaten. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(73) erhöht sich deshalb um 60 % für jedes Unternehmen.

    Carotinoide

    (710) Nach Auffassung der Kommission verstießen Roche und BASF von Mai 1993 bis Dezember 1998 in Bezug auf den Markt für Carotinoide gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 53 Absatz 1 des EWR-Abkommens. Sie begingen einen Langzeit-Verstoß von fünf Jahren und acht Monaten. Der Ausgangsbetrag der aufgrund der Schwere des Verstoßes ermittelten Geldbußen(74) erhöht sich deshalb um 55 % für jedes Unternehmen.

    Schlussfolgerung zu den Grundbeträgen

    (711) Dementsprechend setzt die Kommission die Grundbeträge der Geldbußen wie folgt fest:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    2.3.2.3. Erschwerende Umstände

    Führende Rolle bei den Verstößen

    (712) Nach Auffassung der Kommission waren Roche und BASF gemeinsam Anführer und Anstifter der kollusiven Absprachen in Bezug auf das gemeinsame Sortiment der von ihnen hergestellten Vitaminpräparate, so dass ihre Rolle bei den verschiedenen Kartellen als erschwerender Umstand gilt(75).

    (713) Entscheidendes Ergebnis der wettbewerbswidrigen Vereinbarungen auf dem jeweiligen Produktmarkt für Vitaminpräparate war die Zusammenlegung der Marktmacht, über die die Beteiligten auf den jeweiligen Märkten verfügten. Die Wirkung war für die Unternehmen am größten, die das breiteste Angebot an Vitaminpräparaten herstellten und verkauften, d. h. Roche und BASF.

    (714) Als Lieferanten eines breiten Sortiments von Vitaminpräparaten genossen diese Unternehmen zahlreiche Vorteile. Insbesondere war ihre Position gegenüber ihren Kunden stärker als bei Unternehmen, die ein einziges oder eine geringe Zahl von Produkten verkauften, da sie ein Produktsortiment anbieten konnten und auf sie ein größerer Geschäftsanteil entfiel. Zusätzlich verfügten sie über eine größere Flexibilität zur Strukturierung von Preisen, Werbeaktionen und Rabatten sowie über ein weit größeres Potenzial für Kopplungsgeschäfte. Ferner konnten sie bei ihren Absatz- und Marketingaktivitäten größere Größen- und Verbundvorteile erzielen. Schließlich wäre jede implizite (bzw. explizite) Drohung einer Nichtbelieferung sehr viel glaubwürdiger ausgefallen.

    (715) Die Wirkung dieser Vorteile auf die Wettbewerbsstruktur eines Marktes hängt von Faktoren ab, die auf dem gesamten Vitaminmarkt anzutreffen waren. Nachgelagerte Wirtschaftsbeteiligte (Großhändler, Zwischenhändler und Groß-Endverbraucher) kaufen in großem Umfang ein Sortiment von Vitaminpräparaten, die alle von den an den kollusiven Absprachen Beteiligten geliefert wurden. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Vormischbetriebe. Für alle Vitaminpräparate machte der kombinierte Marktanteil der Vitaminhersteller etwa 70 %, bei einigen Produkten sogar knapp 100 % aus. Die relative Stärke der Wettbewerber auf dem jeweiligen Vitaminmarkt war deshalb gering oder nicht existent.

    (716) Da diese Unternehmen über ein breites Produktsortiment auf getrennten, jedoch eng miteinander verknüpften Produktmärkten verfügten, nahm ihr Gesamtvermögen zur Umsetzung und Aufrechterhaltung der von ihnen getroffenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen erheblich zu.

    (717) Die beiden großen europäischen Produzenten bildeten wirkungsvoll eine gemeinsame Front bei der Entwicklung und Umsetzung der kollusiven Absprachen mit den japanischen Unternehmen und anderen europäischen Herstellern. Roche arbeitete darauf hin, einen strategischen Plan zur Beherrschung und Kontrolle des Weltmarkts aller von ihm hergestellten Vitaminpräparate (die einen ganz erheblichen Teil aller im Handel erhältlichen Vitamine darstellten) umzusetzen. In Verbindung mit BASF arbeitete Roche darauf hin, den gesamten wirksamen Wettbewerb zwischen ihnen in der Gemeinschaft und im EWR im fast gesamten Sortiment wichtiger Vitamine aufzuheben(76). Dabei ist die besondere Rolle von Roche als Haupttriebkraft und Hauptbegünstigtem dieser kollusiven Absprachen hervorzuheben.

    (718) Dieser erschwerende Umstand rechtfertigt eine Erhöhung des Grundbetrags der Roche aufzuerlegenden Geldbußen um 50 % und eine Erhöhung des Grundbetrags der BASF aufzuerlegenden Geldbußen um 35 % für deren Verstöße in Bezug auf die Märkte für die Vitamine A, E, B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide.

    2.3.2.4. Mildernde Umstände

    Ausschließlich passive oder "Mitläufer"-Rolle bei dem Verstoß

    (719) In Bezug auf den Vitamin-C-Markt behauptet Merck, dass seine Rolle darauf beschränkt gewesen sei, die von Roche und Takeda aufgestellten Anweisungen zu befolgen, und dass es generell bei den Vitamin-C-Beratungen nur eine Nebenrolle gespielt habe.

    (720) Merck muss als ein aktives Mitglied des Kartells beim Vitamin-C-Markt gelten. Seine Vertreter nahmen an mehreren Kartellzusammenkünften teil. Das Unternehmen war an Beratungen über Preise und der Überwachung der Absatzmengen beteiligt(77). Seine aktive Beteiligung an den Preisberatungen widerspricht auch dem von Merck vorgebrachten Argument, es sei lediglich Preisfolger gewesen. Die Beteiligung von Merck war Teil des Gesamtplans des Kartells zur Kontrolle des Weltmarkts und zur Einbeziehung der wichtigsten Hersteller.

    (721) In Bezug auf den Vitamin-E-Markt behauptet Eisai, dass es bei den von den europäischen Herstellern aufgestellten Kartellabsprachen nur am Rande beteiligt gewesen sei und nicht die ausführlichen Angaben erhielt, die diese untereinander austauschten. Auch habe es wegen seiner Verträge mit unabhängigen Vertriebsgesellschaften, die nicht an den Absprachen beteiligt gewesen seien, keine Preissteigerungen gegenüber einzelnen Kunden durchsetzen können.

    (722) Nach Auffassung der Kommission war Eisai ein aktives Mitglied des Kartells beim Vitamin-E-Markt. Dadurch, dass das Unternehmen seine Kontakte mit den europäischen Herstellern größtenteils über Roche abwickelte und dass unabhängige Vertriebsgesellschaften den größten Teil von dessen Absatz im EWR durchführten, wird es nicht zu einem weniger aktiven Kartellbeteiligten. Wie unter den Erwägungsgründen 240 bis 242 dargelegt, werden die Versuche von Eisai, sich als ein passives Mitglied bei diesem Verstoß darzustellen, durch die der Kommission vorgelegten Unterlagen widerlegt.

    (723) Somit gibt es im Fall Merck bzw. Eisai keine mildernden Umstände, die eine Verringerung der verhängten Geldbuße rechtfertigen würden.

    (724) In Bezug auf den Vitamin-D3-Markt behauptet Aventis, dass sich die Rolle von Rhône-Poulenc darauf beschränkte, auf Wunsch von Solvay diesem Unternehmen historische Mengendaten vorzulegen; es habe sich nie an den Treffen des Dreier-Kartells beteiligt und eine ausschließlich passive Rolle übernommen. Aufgrund seiner geringen Rolle auf diesem Markt und seiner lediglich passiven Beteiligung seien Rhône-Poulenc nicht einmal unabhängige Marktquoten zugeteilt worden, sondern seine Zuteilung sei stets in die von Solvay einbezogen worden.

    (725) Die Kommission trägt der Tatsache Rechnung, dass Rhône-Poulenc bei dem Vitamin-D3-Verstoß nur eine passive Rolle spielte. Das Unternehmen nahm an keiner der Kartellzusammenkünfte teil und erhielt keinen individuellen Marktanteil zugeteilt. Dieser mildernde Umstand rechtfertigt eine Verringerung der Aventis für seinen Verstoß in Bezug auf den Vitamin-D3-Markt aufzuerlegenden Geldbußen um 50 % des Grundbetrags.

    Nichtumsetzung der fraglichen Vereinbarungen

    (726) In Bezug auf den Vitamin-C-Markt behauptet Merck, dass das Unternehmen zu keinem Zeitpunkt seine Produktion bzw. seinen Absatz eingeschränkt habe, um den Absprachen nachzukommen, und dies auch nicht bei den abgestimmten Preisen bzw. den zugeteilten Quoten getan habe, und zitiert hierzu mehrere Unterlagen in der Kommissionsakte.

    (727) In Bezug auf den Vitamin-B5-Markt behauptet Daiichi, dass das Unternehmen nicht immer den Absprachen nachgekommen sei, da es wirtschaftliche Anreize gehabt habe, um von den abgestimmten Preisen und Mengen abzuweichen. Hierzu gehörten die Konkurrenz vonseiten chinesischer Hersteller und der potenzielle Schaden für seine Kunden, die Vormischungen herstellten und direkte Wettbewerber gegenüber Roche und BASF auf diesem Markt gewesen seien. Diese regelmäßige Nichtumsetzung von Zielpreisen und die begrenzte Umsetzung der Marktaufteilungsbeschränkungen hätten die Auswirkungen der Absprachen auf den Markt abgemildert, behauptet Daiichi.

    (728) Hierzu stellt die Kommission fest, dass die Umsetzung von Vereinbarungen über Zielpreise nicht zwangsläufig erfordert, dass diese genauen Preise angewandt werden. Von einer Umsetzung der Vereinbarung kann gesprochen werden, wenn die Parteien ihre Preise festsetzen, um sie in Richtung des vereinbarten Ziels zu verändern. Dies war bei den Kartellen in Bezug auf die Märkte für die Vitamine C und B5 der Fall. Der Tatsache, dass ein Unternehmen, das sich nachweislich an kollusiven Absprachen mit seinen Mitbewerbern über Preise beteiligt hat, nicht in der mit seinen Mitbewerbern vereinbarten Weise auf dem Markt verhalten hat, ist nicht notwendigerweise bei der Festsetzung des Betrags der aufzuerlegenden Geldbuße als milderndem Umstand Rechnung zu tragen. Ein Unternehmen, das trotz kollusiver Absprachen mit seinen Mitbewerbern eine mehr oder weniger unabhängige Marktpolitik verfolgt, versucht möglicherweise lediglich, das Kartell zum eigenen Vorteil zu nutzen (Rechtssache T-308/94, Cascades SA/Kommission, Slg. 1998, II-925, Erwägungsgrund 230).

    (729) In Bezug auf die Umsetzung der Mengenabsprachen steht fest, dass die Kartellmitglieder die ihnen zugeteilten Mengen als Mindestmengen auffassten. Solange jede Partei in der Lage war, zumindest die zugeteilten Mengen zu verkaufen, wurde die Vereinbarung eingehalten. Dies war bei den Kartellen in Bezug auf die Märkte für die Vitamine C und B5 der Fall.

    Beendigung des Verstoßes nach Intervention der Kommission

    (730) Merck behauptet, dass es Anspruch auf Verringerung der Geldbuße habe, da es seine Beteiligung an den kollusiven Absprachen bei Vitamin C über vier Jahre vor dem Zeitpunkt einstellte, an dem die Kommission ihre eigenen Ermittlungen einleitete.

    (731) In ihren Leitlinien zu Geldbußen hat die Kommission erklärt, dass sie den Grundbetrag der Geldbuße dann verringert, wenn die Täter einen Verstoß unmittelbar zum Zeitpunkt der Intervention durch die Kommission einstellen, insbesondere dann, wenn sie Prüfungen durchführt.

    (732) Nach Auffassung der Kommission kann dann, wenn die Unternehmen den Verstoß aus eigener Initiative vor der Intervention einstellen, wie es Merck im Fall des Vitamin-C-Kartells tat, diese einseitige Maßnahme vonseiten des Unternehmens nicht als ein mildernder Umstand ausgelegt werden. Um in den Genuss mildernder Umstände zu gelangen, muss das Unternehmen einen direkten Zusammenhang zwischen seiner freiwilligen Einstellung des Verstoßes und dem Tätigwerden der Kommission nachweisen. Somit besteht den Leitlinien der Kommission zufolge kein Anlass, die Geldbuße für Merck zu verringern.

    Weitere mildernde Umstände

    (733) Merck behauptet, dass sein Motiv für die Beteiligung an den Vitamin-C-Vereinbarungen nicht in der Gewinnerzielung, sondern vielmehr darin bestanden habe, dass es das Produkt mit Verlust herstellte, weil es für die Aufrechterhaltung seiner industriellen Infrastruktur in seinem Werk in Darmstadt (Deutschland) von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Die Tatsache, dass "Merck ... ein spezifisches Interesse an der fortgesetzten Herstellung von Vitamin C (hatte), dass nicht mit einer Gewinnerzielungsabsicht zusammenhing", sollte bei der Festsetzung der Geldbuße als ein mildernder Umstand gelten. [Originalzitat Englisch]

    (734) Die Kommission weist das von Merck vorgebrachte Argument zurück. Nach Auffassung der Kommission stellt generell weder ein aus einem Kartell nicht erzielter Gewinn noch ein aufgrund der Beteiligung an einem Kartell erlittener wirtschaftlicher Schaden einen mildernden Umstand bei der Festsetzung der Geldbuße dar.

    (735) Merck macht geltend, dass der von seiner Geschäftsführung am 12. September 2000 für seine Angestellten erlassene "Verhaltenskodex" in Bezug auf Wettbewerbsregeln als ein weiterer mildernder Umstand gelten sollte. Desgleichen behauptet Eisai, dass das von diesem Unternehmen 1999 eingeführte Programm zur Einhaltung der Rechtsvorschriften ebenfalls als ein mildernder Umstand gelten sollte.

    (736) Die Kommission begrüßt alle Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen, um ihre Mitarbeiter für bestehende Wettbewerbsvorschriften zu sensibilisieren. Gleichwohl können weder die von Eisai noch die von Merck ergriffene Initiative die Kommission von ihrer Pflicht entbinden, den vorliegenden, sehr schweren Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften zu ahnden.

    (737) Somit lautet die Schlussfolgerung der Kommission, dass mit Ausnahme von Aventis auf die Unternehmen, die sich an den Verstößen in Bezug auf die Märkte für die Vitamine A, E, B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide beteiligten, keine mildernden Umstände anwendbar sind.

    2.3.2.5. Anwendung der Kronzeugenregelung

    (738) Die Adressaten der vorliegenden Entscheidung haben zu verschiedenen Phasen der Ermittlung und in Bezug auf unterschiedliche Ermittlungszeiträume im Zusammenhang mit den Verstößen mit der Kommission zu dem Zweck zusammengearbeitet, in den Genuss der in der Kronzeugenregelung der Kommission dargelegten Begünstigung zu gelangen. Um den gerechtfertigten Erwartungen der betreffenden Unternehmen in Bezug auf die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen auf der Grundlage ihrer Zusammenarbeit gerecht zu werden, prüft die Kommission im nachstehenden Abschnitt, ob die betroffenen Parteien die in der entsprechenden Mitteilung dargelegten Voraussetzungen erfuellt haben.

    Nichtfestsetzung oder wesentlich niedrigere Festsetzung einer Geldbuße und/oder erheblich niedrigere Festsetzung der Geldbuße

    (739) Aventis behauptet, dass es der erste Hersteller gewesen sei, der den Ermittlungsbeamten unaufgefordert die Existenz der Kartelle bei den Vitaminen A und E offen legte. Erst nachdem Roche und BASF erfuhren, dass Aventis der Anklagejury der Kartellbehörde des amerikanischen Justizministeriums freiwillig seine Zusammenarbeit angeboten hatte, beeilten sich diese Unternehmen, der Kommission sowie den Vereinigten Staaten und Kanada ihre Mitarbeit anzubieten.

    (740) Darüber hinaus weist Aventis darauf hin, dass es seine Beteiligung an den rechtswidrigen Tätigkeiten vor deren Offenlegung gegenüber der Kommission eingestellt, das gesamte ihm vorliegende Beweismaterial geliefert, während der gesamten Ermittlung eine kontinuierliche und vollständige Zusammenarbeit aufrechterhalten und nicht zu rechtswidrigem Verhalten angestiftet habe.

    (741) Nach Auffassung der Kommission war Aventis tatsächlich das erste Unternehmen, das entscheidendes Beweismaterial über die Existenz eines internationalen Kartells lieferte, das den EWR auf den Märkten für die Vitamine A und E betraf. Dieses entscheidende Beweismaterial wurde mit den von Aventis am 19. und 25. Mai 1999 abgegebenen Erklärungen vorgelegt. Ferner erfuellte es alle sonstigen in Abschnitt B der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen.

    (742) Die Kommission kommt daher zu dem Ergebnis, dass Aventis die in Abschnitt B der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Aventis eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es mit der Kommission nicht zusammengearbeitet hätte, um 100 %.

    (743) Roche und BASF waren nach Auffassung der Kommission durch die Vorlage des Hauptmaterials an die Kommission zwischen dem 2. Juni 1999 und dem 30. Juli 1999 die ersten Unternehmen, die der Kommission entscheidendes Beweismaterial für die Existenz von Kartellabsprachen in Bezug auf die Märkte für die Vitamine B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide vorlegten. Das von Roche und BASF in Bezug auf die Kartelle bei den Vitaminen A und E vorgelegte Beweismaterial war sehr erheblich und wurde in einer frühen Phase des Verfahrens der Kommission vorgelegt.

    (744) Gleichzeitig ist die Kommission jedoch der Ansicht, dass Roche und BASF als Anstifter handelten bzw. eine entscheidende Rolle bei den rechtswidrigen Aktivitäten in Bezug auf die Produktmärkte für die Vitamine A, E, B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide spielten (siehe Erwägungsgründe 567-569 und 584). Deshalb erfuellt keines der beiden Unternehmen die Voraussetzung in Abschnitt B Buchstabe e) der Kronzeugenregelung und hat somit keinen Anspruch auf eine niedrigere Festsetzung gemäß Abschnitt B oder C dieser Mitteilung, auch wenn es die anderen Voraussetzungen erfuellen sollte.

    (745) Zwar haben Roche und BASF als erste entscheidende Belege für Kartellabsprachen in Bezug auf die Märkte für die Vitamine B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide vorgelegt und dadurch anderen Unternehmen die Möglichkeit genommen, die Kronzeugenregelung in dieser Hinsicht in Anspruch zu nehmen, doch waren sie selbst gleichzeitig Anstifter des Kartells bzw. spielten eine bedeutende Rolle bei den rechtswidrigen Aktivitäten. Keines der Unternehmen erfuellt daher in Bezug auf die Kartellabsprachen über die Vitamine B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide die Voraussetzungen a) bis e) bzw. b) bis e) in Abschnitt B der Kronzeugenregelung. Eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß Abschnitt B oder C der Kronzeugenregelung kommt somit für keines der Unternehmen in Betracht.

    Spürbare Ermäßigung der Geldbuße

    (746) Gemäß Abschnitt D der Mitteilung kann ein Unternehmen, das nicht alle in den Abschnitten B oder C dargelegten Voraussetzungen erfuellt, trotzdem eine spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße um 10-50 % erhalten, wenn (beispielsweise)

    - ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung eines Verstoßes beitragen;

    - ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.

    (747) Roche und BASF haben Beweismaterial und Unterlagen einschließlich Material aus dem für die Zuwiderhandlung relevanten Zeitraum sowie ausführliche Unternehmenserklärungen vorgelegt. Zuvor hatte sich sowohl Roche als auch BASF am 4. Mai bzw. 6. Mai 1999 mit der Kommission in Verbindung gesetzt, um ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit anzuzeigen.

    (748) Diese Unterlagen enthielten detailliertes Beweismaterial über die Organisationsstruktur der Kartellabsprachen auf den Märkten der Vitamine A, E, B2, B5, C, D3, Betacarotin und Carotinoide und trugen entscheidend dazu bei, wesentliche Aspekte der Zuwiderhandlungen zu belegen und/oder zu bestätigen (siehe auch Erwägungsgrund 743).

    (749) Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd, Solvay Pharmaceuticals BV und Takeda Chemical Industries Ltd legten am 9. Juli 1999, am 14. September 1999 bzw. am 7. September 1999 Beweismaterial und Unterlagen, insbesondere ausführliche Unternehmenserklärungen, vor, die nicht Gegenstand einer spezifischen Anforderung der Kommission waren. Zuvor hatte jedes dieser Unternehmen die Kommission über seine Absicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission unterrichtet: Daiichi am 9. Juni 1999, Solvay am 21. Juni 1999 und Takeda am 29. Juni 1999.

    (750) Diese Unterlagen enthielten Einzelheiten zu Organisation und Struktur der Kartelle bei den Vitaminen B5 (Daiichi), D3 (Solvay), B2 und C (Takeda) und trugen erheblich dazu bei, wichtige Aspekte der auf dem jeweiligen Markt für Vitaminpräparate begangenen Verstöße festzustellen und/oder zu bestätigen.

    (751) Eisai Co. Ltd wandte sich am 27. Juni 1999 an die Kommission und teilte seine Absicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission mit. Am 12. Oktober 1999 legte das Unternehmen eine Unternehmenserklärung und zusätzliche Unterlagen in Bezug auf das Vitamin-E-Kartell vor, die nicht Gegenstand einer spezifischen Anforderung der Kommission waren. Dieses Beweismaterial lieferte Einzelheiten zu Organisation und Struktur des Vitamin-E-Kartells, enthielt Erklärungen ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens und trug dazu bei, wichtige Aspekte des Verstoßes festzustellen und/oder zu bestätigen. Gleichwohl verfügte die Kommission zum Zeitpunkt der Übersendung bereits über einschlägiges entscheidendes Beweismaterial, insbesondere von Roche und BASF.

    (752) Merck KgaA teilte am 26. Oktober 1999 nach dem Eingang eines Auskunftsverlangens vom 20. August 1999 gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 bezüglich seiner Aktivitäten auf dem Vitamin-H-Markt seine Absicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission mit. Merck legte Unterlagen über das Vitamin-H-Kartell vor, die nicht Gegenstand einer spezifischen Anforderung der Kommission waren, jedoch nicht über das Vitamin-C-Kartell. In seiner Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bestätigte Merck, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände in Bezug auf das Vitamin-C-Kartell gründete, im Wesentlichen nicht bestreitet.

    (753) Ferner bestätigte Aventis SA durch seine Einlassungen vom 19. und 25. Mai 1999(78), dass es die Tatsachen, auf die die Kommission ihre Ausführungen zu dem Vitamin-D3-Kartell stützte, im Wesentlichen nicht bestreitet.

    (754) F. Hoffmann-La Roche AG, BASF AG, Aventis SA, Solvay Pharmaceuticals BV, Merck KgaA, Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd, Eisai Co. Ltd und Takeda Chemical Industries Ltd arbeiteten mit der Kommission vor der Annahme der Mitteilung der Beschwerdepunkte zusammen, trugen wesentlich zur Feststellung der Verstöße, an denen sie beteiligt waren, bei und/oder bestritten im Wesentlichen nicht den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützte.

    (755) Angesichts der Tatsache, dass jede Zusammenarbeit im Rahmen der Kronzeugenregelung freiwillig und insbesondere außerhalb der Ausübung jeglicher Ermittlungsbefugnis erfolgen muss, sind die von diesen Unternehmen vorgelegten Informationen nach Auffassung der Kommission de facto zu einem wesentlichen Teil integrativer Bestandteil ihrer Antworten auf das formelle Auskunftsverlangen der Kommission. Die von den Unternehmen vorgelegten Informationen gelten deshalb nur insofern als freiwillige Beiträge im Sinne der Kronzeugenregelung, als sie über die gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 angeforderten Informationen hinausgehen.

    (756) Solvay macht geltend, dass es das erste Unternehmen gewesen sei, das durch seine Erklärung vom 29. Juni 1999 entscheidendes Beweismaterial für die Existenz eines Vitamin-D3-Kartells geliefert habe.

    (757) Die Kommission muss dieses Argument zurückweisen. Die erste Erklärung von Solvay vom 29. Juni 1999 enthielt kein entscheidendes Beweismaterial zu dem Vitamin-D3-Kartell. Sie enthielt lediglich eine Übersicht über den Vitamin-D3-Markt im EWR und einige Hinweise, dass es zu einer Art Marktkoordinierung gekommen war. In seiner zweiten Erklärung vom 14. September 1999 legte Solvay ausführliche Informationen vor, die unter Umständen als entscheidendes Beweismaterial hätten gelten können. Allerdings wurde diese Informationen nach der Erklärung von Roche vom 30. Juli 1999 vorgelegt, die ausführliche Informationen über die kollusiven Absprachen enthielt und entscheidendes Beweismaterial für den Verstoß lieferte.

    (758) Merck macht geltend, dass es vor der Annahme der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu jedem Kontakt in Bezug auf Vitamin C seine Zusammenarbeit mit der Kommission angeboten habe. Nach Aussagen von Merck sei im Verlauf einer Sitzung mit Kommissionsbeamten am 26. Oktober 1999 dem Unternehmen zu verstehen gegeben worden, dass kein Interesse an Beiträgen von Merck in Bezug auf diese Kontakte bestehe. Merck führt weiter aus, dass dies nicht zum Nachteil von Merck verwendet werden könne.

    (759) Die Kommission muss dieses Vorbringen zurückweisen. Merck legt erstens nichts vor, was seine Behauptung belegen würde. Zum Inhalt der angeführten Sitzung wird in dem nachfolgenden Briefwechsel mit der Kommission nicht Stellung genommen. Zweitens stand es Merck völlig frei, mit der Kommission in Bezug auf das Vitamin-C-Kartell zu einem früheren Zeitpunkt zusammenzuarbeiten, als es dies tatsächlich tat. Wie erwähnt(79), legte das Unternehmen der Kommission schriftliches Beweismaterial zum Vitamin-H-Kartell vor und hätte ebenso in seinem Besitz befindliches Beweismaterial zum Vitamin-C-Kartell vorlegen können. Die Entscheidung zur Zusammenarbeit mit der Kommission und die von dem Unternehmen letztlich hierzu ergriffenen Maßnahmen müssen vonseiten des Unternehmens einseitig erfolgen.

    (760) Die Kommission geht daher davon aus, dass die F. Hoffmann-La Roche AG die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt der F. Hoffmann-La Roche AG eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit Kommission zusammengearbeitet hätte, um 50 %.

    (761) Die Kommission geht daher davon aus, dass die BASF die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt der BASF eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn sie nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 50 %.

    (762) Die Kommission geht daher davon aus, dass Solvay Pharmaceuticals BV die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Solvay Pharmaceuticals BV eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 35 %.

    (763) Die Kommission geht daher davon aus, dass Merck KgaA die in Abschnitt D Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Merck KgaA eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 15 %.

    (764) Die Kommission geht daher davon aus, dass Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 35 %.

    (765) Die Kommission geht daher davon aus, das Eisai Co. Ltd die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Eisai Co. Ltd eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 30 %.

    (766) Die Kommission geht daher davon aus, dass Takeda Chemical Industries Ltd die in Abschnitt D Absatz 2 erster Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Takeda Chemical Industries Ltd eine Verringerung der Geldbuße, die verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 35 %.

    (767) Die Kommission geht daher davon aus, dass Aventis SA die in Abschnitt D Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen erfuellt, und gewährt Aventis SA eine Verringerung der Geldbuße, die im Zusammenhang mit der Verletzung hinsichtlich des Vitamin D3 Kartells verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 10 %.

    Schlussfolgerung zur Anwendung der Kronzeugenregelung

    (768) Die Kommission ermäßigt die Geldbußen der Adressaten der vorliegenden Entscheidung unter Berücksichtigung der Art ihrer Zusammenarbeit und der in der Kronzeugenregelung dargelegten Voraussetzungen wie folgt:

    - F. Hoffmann-La Roche AG: eine Ermäßigung um 50 %,

    - BASF AG: eine Ermäßigung um 50 %,

    - Aventis SA: eine Ermäßigung um 100 % und 10 %,

    - Takeda Chemical Industries Ltd: eine Ermäßigung um 35 %,

    - Solvay Pharmaceuticals BV: eine Ermäßigung um 35 %,

    - Merck KgaA: eine Ermäßigung um 15 %,

    - Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd: eine Ermäßigung um 35 %,

    - Eisai Co. Ltd: eine Ermäßigung um 30 %.

    2.3.2.6. Von anderen Gerichten verhängte Strafen

    (769) Hoffmann-La Roche und Merck machen geltend, die Kommission solle die gegen diese Unternehmen für dasselbe Verhalten in den USA und in Kanada verhängten Strafen berücksichtigen und von einer etwaigen Geldbuße abziehen.

    (770) Hoffmann-La Roche trägt vor, dass in diesem Fall die Kommission den von US-amerikanischen und kanadischen Behörden verhängten Strafen Rechnung tragen sollte, weil die von der Kommission und diesen Behörden beanstandeten Handlungen identisch seien. Die bereits gezahlten Geldbußen sollten von weiteren von der Kommission zu verhängenden Geldbußen abgezogen werden. Das Erfordernis der abschreckenden Wirkung einer Geldbuße sei in seinem Fall bereits durch die von US-amerikanischen und kanadischen Behörden verhängten Geldbußen erfuellt.

    (771) Merck seinerseits steht auf dem Standpunkt, dass dann, wenn die Kommission die Geldbuße ohne Berücksichtigung der bereits von Merck gezahlten Geldbußen und Entschädigungsleistungen festsetzen würde, die - laut seiner Behauptung - generell dem "Auslandsfaktor" der betreffenden Absprache Rechnung getragen habe, Merck eine unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastung erleiden würde, zumal es aus der Beteiligung an den Absprachen keinerlei Gewinn gezogen habe.

    (772) Die Kommission weist alle von Roche und Merck vorgebrachten Argumente zurück. Ihrer Auffassung nach wirken sich andernorts, einschließlich in den Vereinigten Staaten, verhängte Geldbußen in keiner Weise auf Geldbußen aus, die für Verstöße gegen europäische Wettbewerbsvorschriften zu verhängen sind. Die Ausübung der (Straf-)Gerichtsbarkeit durch die Vereinigten Staaten (bzw. ein Drittland) gegen ein Kartellverhalten kann keinesfalls die Zuständigkeit der Kommission im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft beschränken oder ausschließen.

    (773) Insbesondere aber trifft es keinesfalls zu, dass die Kommission beabsichtigt, die beiden genannten Unternehmen für denselben Tatbestand zu bestrafen, für den sie von US-amerikanischen Gerichten verurteilt wurden. Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist Artikel 81 EG-Vertrag auf Wettbewerbseinschränkungen im Gemeinsamen Markt, und Artikel 53 EWR-Abkommen auf Wettbewerbseinschränkungen im EWR-Markt beschränkt. In derselben Weise üben die US-amerikanischen Kartellbehörden ihre Zuständigkeit nur so weit aus, wie das Verhalten eine unmittelbare und beabsichtigte Auswirkung auf den Handel der Vereinigten Staaten hat.

    (774) Schließlich ist die Möglichkeit, dass Unternehmen zivilrechtlich zur Zahlung von Schadenersatz veranlasst werden können, unerheblich. Die Zahlung von zivilrechtlichem Schadenersatz als Ausgleich für einen Schaden, der durch die Kartelle gegenüber einzelnen Unternehmen oder Verbrauchern verursacht wurde, lässt sich nicht mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen für rechtswidriges Verhalten vergleichen.

    2.3.2.7. Die Endbeträge der im vorliegenden Verfahren verhängten Geldbußen

    (775) Die gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 17 zu verhängenden Geldbußen werden wie folgt festgesetzt:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    (1) Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen:

    a) F. Hoffmann-La Roche AG durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide betrafen;

    b) BASF AG durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine A, E, B1, B2, B5, C, D3, H, Betacarotin und Carotinoide betrafen;

    c) Aventis SA durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine A, E und D3 betrafen;

    d) Lonza AG durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die den Markt der Gemeinschaft für Vitamin H betrafen;

    e) Solvay Pharmaceuticals BV durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für Vitamin D3 betrafen;

    f) Merck KgaA durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine C und H betrafen;

    g) Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine B5 und B6 betrafen;

    h) Eisai Co. Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für Vitamin E betrafen;

    i) Kongo Chemical Co. Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die den Markt der Gemeinschaft für Folsäure betrafen;

    j) Sumitomo Chemical Co. Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die den Markt der Gemeinschaft für Vitamin H betrafen;

    k) Sumika Fine Chemicals Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die den Markt der Gemeinschaft für Folsäure betrafen;

    l) Takeda Chemical Industries Ltd durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die die Märkte der Gemeinschaft und des EWR für die Vitamine B1, B2, B6, C und Folsäure betrafen, und

    m) Tanabe Seiyaku Co. Ltd. durch die Beteiligung an Vereinbarungen, die den Markt der Gemeinschaft für Vitamin H betrafen.

    (2) Die Verstöße erstreckten sich auf folgende Zeiträume:

    a) F. Hoffmann-La Roche AG, in Bezug auf

    - Vitamin A: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin E: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin B1: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Vitamin B2: von Juli 1991 bis September 1995,

    - Vitamin B5: von September 1991 bis Februar 1999,

    - Vitamin B6: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Vitamin C: von Januar 1991 bis August 1995,

    - Vitamin D3: von Januar 1994 bis Juni 1998,

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994,

    - Folsäure: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Betacarotin: von September 1992 bis Dezember 1998,

    - Carotinoide: von Mai 1993 bis Dezember 1998;

    b) BASF AG, in Bezug auf

    - Vitamin A: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin E: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin B1: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Vitamin B2: von Juli 1991 bis September 1995,

    - Vitamin B5: von September 1991 bis Februar 1999,

    - Vitamin C: von Januar 1991 bis August 1995,

    - Vitamin D3: von Januar 1994 bis Juni 1998,

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994,

    - Betacarotin: von September 1992 bis Dezember 1998,

    - Carotinoide: von Mai 1993 bis Dezember 1998;

    c) Aventis SA, in Bezug auf

    - Vitamin A: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin E: von September 1989 bis Februar 1999,

    - Vitamin D3: von Januar 1994 bis Juli 1998;

    d) Takeda Chemical Industries Ltd, in Bezug auf

    - Vitamin B1: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Vitamin B2: von Januar 1992 bis September 1995,

    - Vitamin B6: von Januar 1991 bis Juni 1994,

    - Vitamin C: von Januar 1991 bis August 1995,

    - Folsäure: von Januar 1991 bis Juni 1994;

    e) Merck KgaA, in Bezug auf

    - Vitamin C: von Januar 1991 bis August 1995,

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994;

    f) Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd, in Bezug auf

    - Vitamin B5: von September 1991 bis Februar 1999,

    - Vitamin B6: von Januar 1991 bis Juni 1994;

    g) Lonza AG, in Bezug auf

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994;

    h) Solvay Pharmaceuticals BV, in Bezug auf

    - Vitamin D3: von Januar 1994 bis Juni 1998;

    i) Eisai Co. Ltd, in Bezug auf

    - Vitamin E: von Januar 1991 bis Februar 1999;

    j) Kongo Chemical Co. Ltd, in Bezug auf

    - Folsäure: von Januar 1991 bis Juni 1994;

    k) Sumitomo Chemical Co. Ltd, in Bezug auf

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994;

    l) Sumika Fine Chemicals Ltd, in Bezug auf

    - Folsäure: von Januar 1991 bis Juni 1994;

    m) Tanabe Seiyaku Co. Ltd, in Bezug auf

    - Vitamin H: von Oktober 1991 bis April 1994.

    Artikel 2

    Die in Artikel 1 genannten Unternehmen stellen die in Artikel 1 erwähnten Verstöße unverzüglich ein, falls sie dies noch nicht getan haben.

    Sie enthalten sich künftig jeglicher Handlung und jeglichen Verhaltens im Sinne des Artikels 1 sowie jeglicher Maßnahme, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung hat.

    Artikel 3

    Wegen der in Artikel 1 genannten Verstöße werden folgende Geldbußen gegen folgende Unternehmen verhängt:

    a) F. Hoffmann-La Roche AG:

    - eine Geldbuße in Höhe von 85,5 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin A,

    - eine Geldbuße in Höhe von 99,75 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin E,

    - eine Geldbuße in Höhe von 42 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B2,

    - eine Geldbuße in Höhe von 54 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B5,

    - eine Geldbuße in Höhe von 65,25 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin C,

    - eine Geldbuße in Höhe von 21 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin D3,

    - eine Geldbuße in Höhe von 48 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Betacarotin,

    - eine Geldbuße in Höhe von 46,5 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Carotinoide;

    b) BASF AG:

    - eine Geldbuße in Höhe von 46,17 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin A,

    - eine Geldbuße in Höhe von 89,78 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin E,

    - eine Geldbuße in Höhe von 18,9 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B2,

    - eine Geldbuße in Höhe von 34,02 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B5,

    - eine Geldbuße in Höhe von 14,68 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin C,

    - eine Geldbuße in Höhe von 7,56 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin D3,

    - eine Geldbuße in Höhe von 43,2 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Betacarotin,

    - eine Geldbuße in Höhe von 41,85 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Carotinoide;

    c) Aventis SA: eine Geldbuße in Höhe von 5,04 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin D3;

    d) Takeda Chemical Industries Ltd:

    - eine Geldbuße in Höhe von 8,78 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B2,

    - eine Geldbuße in Höhe von 28,28 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin C;

    e) Merck KgaA: eine Geldbuße in Höhe von 9,24 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin C;

    f) Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd: eine Geldbuße in Höhe von 23,4 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin B5;

    g) Solvay Pharmaceuticals BV: eine Geldbuße in Höhe von 9,1 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin D3;

    h) Eisai Co. Ltd: eine Geldbuße in Höhe von 13,23 Mio. EUR wegen seines Verstoßes auf dem Markt für Vitamin E.

    Artikel 4

    Die Geldbußen sind binnen drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung auf folgendes Konto einzuzahlen:

    Kontonummer 642-0029000-95 der Europäischen Kommission bei:

    Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) SA

    Avenue des Arts, 43

    B-1040 Brüssel

    (Code SWIFT: BBVABEBB - Code IBAN BE76 6420 0290 0095).

    Nach Ablauf dieser Frist werden automatisch Zinsen zu dem Satz fällig, der am ersten Arbeitstag des Monats, in dem diese Entscheidung erlassen wurde, von der Europäischen Zentralbank für Hauptrefinanzierungsgeschäfte berechnet wird, zuzüglich 3,5 Prozentpunkte, d. h. 7,25 %.

    Artikel 5

    Diese Entscheidung ist gerichtet an:

    F. Hoffmann-La Roche AG

    CH-4070 Basel

    BASF AG

    D-67056 Ludwigshafen

    Aventis SA

    16, Avenue de l'Europe

    Espace Européen de l'Entreprise

    F-67300 Schiltigheim

    Takeda Chemical Industries Ltd

    12-10, Nihonbashi 2-Chome

    Chuo-Ku

    Tokyo 103-8668 Japan

    Merck KgaA

    Frankfurter Straße 250

    D-64293 Darmstadt

    Daiichi Pharmaceutical Co. Ltd

    14-10, Nihonbashi, 3-Chome

    Chuo-Ku

    Tokyo 103-8234 Japan

    Lonza AG

    Münchensteinerstraße 38

    CH-4002 Basel

    Solvay Pharmaceuticals BV

    C.J. Van Houtenlaan 36

    1381 CP Weesp

    Niederlande

    Eisai Co. Ltd

    6-10, Koishikawa, 4-Chome

    Bunkyo-Ku

    Tokyo 112-88 Japan

    Kongo Chemical Co. Ltd

    3, Himata

    Toyama-shi

    Toyama 9300912 Japan

    Sumitomo Chemical Co. Ltd

    27-1, Shinkawa 2-Chome

    Chuo-Ku

    Tokyo Japan

    Sumika Fine Chemicals Ltd

    3-1-21, Utajima

    Nishiyodogawa-ku

    Osaka 555-0021 Japan

    Tanabe Seiyaku Co. Ltd

    2-10 Dosho-machi 3-Chome

    Chuo-Ku

    Osaka 541-8505 Japan.

    Diese Entscheidung ist ein vollstreckbarer Titel nach Artikel 256 EG-Vertrag.

    Brüssel, den 21. November 2001

    Für die Kommission

    Mario Monti

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62.

    (2) ABl. L 148 vom 15.6.1999, S. 5.

    (3) ABl. L 354 vom 30.12.1998, S. 18.

    (4) Da die betreffenden Ereignisse vor der Gründung von Aventis im Dezember 1999 eintraten, wird das Unternehmen in der Tatsachenbeschreibung als "Rhône-Poulenc" bezeichnet.

    (5) Ohne die Vitamine B3, B4 und B12, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

    (6) 1976 wurde von der Kommission gegen Hoffmann-La Roche eine Geldbuße von 300000 RE wegen Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung (Treuerabatte) im Vitaminsektor verhängt (ABl. L 223 vom 16.8.1976, S. 27). Die Entscheidung wurde vom Europäischen Gerichtshof im Wesentlichen bestätigt, die Geldbuße wurde jedoch auf 200000 RE verringert (Slg. 1978, 1139).

    (7) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1.

    (8) ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1.

    (9) Sache IV/M.1378, Hoechst/Rhône Poulenc (ABl. C 254 vom 7.9.1999, S. 5).

    (10) Entscheidungen der Kommission vom 14. März 2000 (Sache COMP/M.1663).

    (11) In der Tatsachenbeschreibung wird der Markt mitunter als "Westeuropa" bezeichnet, da sich die Beteiligten normalerweise auf diesen Markt beziehen, der zwar nicht genau dem Markt des EWR entspricht, größenmäßig mit diesem jedoch nahezu identisch ist.

    (12) ABl. C 207 vom 18.7.1996, S. 4.

    (13) Der Begriff "rein" bezieht sich auf solche Vitamine, die als Mono-Produkt, d. h. nicht in Verbindung mit anderen Vitaminen oder Nährstoffen, verkauft werden. Normalerweise werden sie als Gegenbegriff zu dem Begriff "Mischungen" verwendet, der sich auf die Kombination mehrerer Vitamine im Hinblick auf eine bestimmte Spezifikation bezieht.

    (14) Im Fall von Lonza, Merck, Sumitomo und Tanabe bezogen sie sich auf Vitamin H, im Fall von Daiichi auf Vitamin B6 und im Fall von Takeda auf die Vitamine B1 und B6.

    (15) Ähnliche Unterlagen liegen für die meisten Jahre ab 1988 vor.

    (16) Lohmann ist ein in Cuxhaven (Deutschland) ansässiger Vertragshändler für Vitaminpräparate (zur Tierernährung), der Vitamine zum Weiterverkauf von den Herstellern bezieht. Nutrilo ist eine Tochtergesellschaft von Lohmann.

    (17) Der Gesamtbetrag für Ost- und Westeuropa in Höhe von 235,96 entspricht den Zahl 236.

    (18) Hoffmann-La Roche bestätigt im Allgemeinen diesen Aspekt der Preisabsprache; dieselben Überlegungen gab es auch bei den Vitaminen A und E.

    (19) Daiichi deutet an, dass es zwischen den Herstellern in den 80er Jahren heimliche Kontakte gegeben habe, die jedoch 1989 endeten, als die Preise drastisch zurückgingen.

    (20) Roche hat Daiichi als Teilnehmer angegeben, aber in der Aufzeichnung von Takeda ist dessen Anwesenheit nicht erwähnt.

    (21) Es ist nicht bekannt, ob ein solcher Versuch unternommen wurde.

    (22) Im April 1992 fusionierte Yodogawa mit zwei anderen Töchtern von Sumitomo Chemical Company zur Gründung von Sumika.

    (23) Der Verfasser hat die Namen der Hersteller nach ihren jeweiligen Zahlen I, II, III und IV eingefügt; "Soll" bezieht sich auf die "Budget"-Quote; "Ist" ist die Ist-Leistung.

    (24) Die europäische Niederlassung von Takeda befindet sich in Hamburg.

    (25) Bericht über das Treffen in Basel vom 8. Februar 1994.

    (26) Roche nahm die Hotelreservierung vor und zahlte den Raum.

    (27) Nach Überzeugung von Tanabe wurde dies von Roche auf dem Treffen vom 25. Januar in Genf vorgeschlagen.

    (28) Es gab sogar einen Vorschlag von Roche im Januar 1993, dass die übrigen Hersteller es für den Kauf des Il-Sung-Produkts entschädigten, um dieses vom Markt zurückzuziehen.

    (29) Laut BASF sogar früher.

    (30) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz zur Auslegung von Artikel 81 EG-Vertrag trifft in gleicher Weise auf Artikel 53 EWR-Abkommen zu. Jeder Verweis in diesem Text auf Artikel 81 bezieht sich daher auch auf Artikel 53.

    (31) Siehe Erwägungsgründe 517-519 und 481-483.

    (32) Siehe Erwägungsgründe 565-570.

    (33) Zum Beispiel Coca-Cola bei Vitamin C.

    (34) Siehe Erwägungsgrund 160.

    (35) Siehe Erwägungsgrund 236.

    (36) Siehe Erwägungsgrund 233.

    (37) Siehe Erwägungsgründe 244-259.

    (38) Siehe Erwägungsgründe 260-269.

    (39) Siehe Erwägungsgrund 271.

    (40) Siehe Erwägungsgrund 274.

    (41) Siehe Erwägungsgrund 291

    (42) Siehe Erwägungsgründe 296-299.

    (43) Siehe Erwägungsgrund 328.

    (44) Siehe Erwägungsgrund 330.

    (45) Siehe Erwägungsgrund 349.

    (46) Siehe Erwägungsgründe 354 und 382.

    (47) Siehe Erwägungsgründe 389-390

    (48) Siehe Erwägungsgrund 451.

    (49) Siehe Erwägungsgrund 462.

    (50) Siehe Erwägungsgründe 479-480.

    (51) Siehe Erwägungsgrund 487.

    (52) Siehe Erwägungsgrund 513.

    (53) Siehe Erwägungsgrund 520.

    (54) Siehe Erwägungsgrund 526.

    (55) Siehe Erwägungsgrund 534.

    (56) Der nachstehende Abschnitt über die Abhilfemaßnahmen bezieht sich deshalb lediglich auf Aventis SA.

    (57) ABl. L 319 vom 29.11.74, S. 1.

    (58) Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74.

    (59) Artikel 2 Absätze 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74.

    (60) Gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 2894/94 des Rates vom 28. November 1994 mit Durchführungsvorschriften zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum "gelten die Gemeinschaftsregeln zur Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 [jetzt Artikel 81 und 82] des EG-Vertrags [...] niedergelegten Grundsätze entsprechend." (ABl. L 305 vom 30.11.1994, S. 6).

    (61) Siehe Erwägungsgründe 194-210; 392-397; 272-277; 300-308; 520-522.

    (62) Siehe Erwägungsgründe 392-401.

    (63) ABl. C 9 vom 14.1.1998, S. 3.

    (64) Das heißt 1998 für Vitamin A, 1998 für Vitamin E, 1994 für Vitamin C, 1994 für Vitamin B2, 1998 für Vitamin B5, 1997 für Vitamin D3 und 1998 für Betacarotin und Carotinoide.

    (65) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (66) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (67) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (68) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (69) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (70) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (71) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (72) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (73) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (74) Siehe Erwägungsgrund 699.

    (75) Siehe Erwägungsgründe 160, 181, 183, 185, 187, 234, 236, 237, 271, 274, 275, 296, 314, 315, 319, 322, 388, 410, 418, 460, 462 und 478 zu Hoffmann-La Roche und Erwägungsgründe 160, 183, 271, 274, 319, 322, 388, 432, 437 und 439 zu BASF.

    (76) Siehe auch Erwägungsgründe 160-161; 270-271; 296-297; 388-391; 459-461 und 566-578.

    (77) Siehe Erwägungsgründe 420-454.

    (78) Siehe Erwägungsgrund 741.

    (79) Siehe Erwägungsgrund 752.

    ANHANG

    TABELLE I

    ZUSAMMENFASSUNG DES JÄHRLICHEN GESAMTGEMEINSCHAFTSMARKTS

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Quelle:

    gestützt auf Daten von Hoffmann-La Roche.

    BETACAROTIN

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN A

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN E

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN B2

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN C

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    PANTOTHENATE/CALPAN (B5)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN B1

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN B6

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    VITAMIN D3

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    CANTHAXANTHIN

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    BIOTIN (VITAMIN H)

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    TABELLE II

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    TABELLE III

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    TABELLE IV

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    TABELLE V

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    TABELLE VI

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    TABELLE VII

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    TABELLE VIII

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