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Document 32001D0323

    Entscheidung der Kommission vom 29. November 2000 über eine Beihilfe, die Italien fünf EGKS-Stahlunternehmen gewähren will (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 3933)

    ABl. L 113 vom 24.4.2001, p. 8–13 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2001/323/oj

    32001D0323

    Entscheidung der Kommission vom 29. November 2000 über eine Beihilfe, die Italien fünf EGKS-Stahlunternehmen gewähren will (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 3933)

    Amtsblatt Nr. L 113 vom 24/04/2001 S. 0008 - 0013


    Entscheidung der Kommission

    vom 29. November 2000

    über eine Beihilfe, die Italien fünf EGKS-Stahlunternehmen gewähren will

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 3933)

    (Nur der italienische Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2001/323/EGKS)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, insbesondere auf Artikel 4 Buchstabe c),

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a) in Verbindung mit Protokoll 14,

    gestützt auf die Entscheidung Nr. 2496//96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (im Folgenden "Stahlbeihilfekodex" genannt)(1),

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln(2) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I. Das Verfahren

    (1) Mit Schreiben vom 27. September 1999 hat Italien fünf Beihilfevorhaben zugunsten von EGKS-Unternehmen angemeldet, die im Zusammenhang mit Investitionen dieser Unternehmen für Energiesparmaßnahmen in den Jahren 1986-1994 stehen. Mit Schreiben vom 23. November 1999 (Eingangsvermerk vom 20. Januar 2000) lieferte Italien der Kommission weitere Informationen.

    (2) Mit Schreiben vom 13. März 2000 setzte die Kommission Italien von ihrer Entscheidung in Kenntnis, wegen der in Rede stehenden Maßnahme das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 5 Stahlbeihilfekodex einzuleiten.

    (3) Die Entscheidung der Kommission, das Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 5 Stahlbeihilfekodex einzuleiten, wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften(3) veröffentlicht. Die Kommission forderte alle Beteiligten auf, sich zu der in Rede stehenden Beihilfe zu äußern.

    (4) Die Kommission erhielt zwei Stellungnahmen; eine von der UK Steel Association und eine von der Ständigen Vertretung des Vereinigten Königreichs bei der Europäischen Union. Diese Stellungnahmen wurden an Italien weitergeleitet, das mit Schreiben vom 6. September 2000 die erbetenen Bemerkungen dazu vorlegte.

    II. Ausführliche Beschreibung der Beihilfe

    (5) Die Beihilfe bezieht sich auf Investitionen, die von fünf EGKS-Stahlunternehmen in den Jahren 1986-1994 getätigt wurden und die im Folgenden kurz dargestellt werden:

    5.1. Acciaierie e Ferriere Leali SpA: Die Investitionen betreffen den Austausch des vorhandenen heizölbetriebenen Wärm- und Glühofens gegen einen neuen methangasbetriebenen Ofen mit einer Verbrennungsanlage mit Strahlungsgewölbe, einer feuerfesten Auskleidung mit hoher Wärmeisolierfähigkeit und einem Wärmetauscher für die Rauchgas-Wärmerückgewinnung zur Vorwärmung der Verbrennungsluft. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 1,44 Mrd. ITL (0,745 Mio. EUR) und das Beihilfevorhaben auf 273 Mio. ITL (0,141 Mio. EUR); die Intensität der Beihilfe beträgt 19 %. Die Investitionen wurden 1986 getätigt, die Stellung des Beihilfeantrags durch das Unternehmen erfolgte 1992.

    5.2. Acciaierie e Ferriere Beltrame, Vicenza SpA: Die Investitionen betreffen die Errichtung einer weiteren Stranggießanlage parallel zu der vorhandenen Anlage, die zur Fertigung von Halbzeug für andere Konzernunternehmen weiter in Betrieb bleibt. Die neue Stranggießanlage ist so konstruiert, dass das Halbzeug direkt den Wärmöfen der Profilwalzwerke zugeführt werden kann. Darüber hinaus eignet sie sich zur Fertigung von Sonderprofilen für die Produktion von Breitflanschträgern bei einem größeren Ausstoß als zuvor. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 10,23 Mrd. ITL (5,3 Mio. EUR) und das Beihilfevorhaben auf 1,8 Mrd. ITL (0,93 Mio. EUR); die Intensität der Beihilfe beträgt 18 %. Die Investitionen wurden 1991 getätigt, die Stellung des Beihilfeantrags durch das Unternehmen erfolgte 1992.

    5.3. Acciaierie e Ferriere Beltrame, S. Giorgio Nogaro SpA: Die Investitionen betreffen den Austausch eines heizölbetriebenen Wärm-Durchstoßofens gegen einen neuen methangasbetriebenen Ofen mt seitlichem Materialaustrag und Wärmetauscher für die Rauchgas-Wärmerückgewinnung zur Vorwärmung der Verbrennungsluft auf 400-450 °. Darüber hinaus umfassen die Investitionen einige Hilfsvorrichtungen für das Vorwalzgerüst wie die vor- und nachgeschalteten ortsfesten bzw. schwenkbaren Rollgänge und eine Einfädelvorrichtung. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 2,3 Mrd. ITL (1,2 Mio. EUR) und das Beihilfevorhaben auf 450 Mio. ITL (0,23 Mio. EUR); die Intensität der Beihilfe beträgt 20 %. Die Investitionen wurden 1989 getätigt, die Stellung des Beihilfeantrags durch das Unternehmen erfolgte 1992.

    5.4. Lucchini, Mura SpA: Die Investitionen betreffen den Austausch zweier vorhandener heizölbetriebener Öfen gegen einen neuen methangasbetriebenen Ofen mit einer Verbrennungsanlage mit Strahlungsbrennern, Hochleistungs-Automatisierungs- und Steuerungsvorrichtungen, einem Wärmetauscher für die Rauchgas-Wärmerückgewinnung zur Vorwärmung der Verbrennungsluft auf hohe Temperaturen und einer feuerfesten Keramikfaserauskleidung. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 5,5 Mrd. ITL (2,8 Mio. EUR) und das Beihilfevorhaben auf 930 Mio. ITL (0,48 Mio. EUR); die Intensität der Beihilfe beträgt 17 %. Die Investitionen wurden 1990 getätigt, die Stellung des Beihilfeantrags durch das Unternehmen erfolgte 1991.

    5.5. Lucchini, Lovere SpA: Die Investitionen betreffen die Umstellung der heizölbetriebenen Wärmöfen für Schmiedeblöcke auf Methangasbetrieb, den Austausch der Steuergeräte für die Wärmebehandlungsöfen, den Einsatz von Isolierhauben für den Warmblocktransport, die Umgestaltung der Kipp- und Abschlackvorrichtungen des Elektroofens, die Automatisierung des Vakuum-Inertgaseinblasens in die Pfanne, ein System zur kontinuierlichen Blockmessung sowie für die Steuerung des letzten Schneidevorgangs. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 800 Mio. ITL (0,41 Mio. EUR) und das Beihilfevorhaben auf 100 Mio. ITL (0,1 Mio. EUR); die Intensität der Beihilfe beträgt 23 %. Die Investitionen wurden 1994 getätigt, die Stellung des Beihilfeantrags durch das Unternehmen erfolgte 1992.

    (6) Rechtsgrundlage der Beihilfe ist das italienische Gesetz Nr. 10/1991 über die Umsetzung des nationalen Energieplans zur rationellen Energienutzung.

    III. Stellungnahme von Beteiligten

    (7) Die UK Steel Association und die Vertretung des Vereinigten Königreichs bei der Europäischen Union haben der Kommission Stellungnahmen zugeleitet, in der sie das Beihilfevorhaben der italienischen Behörden als unvereinbar mit den im Stahlbeihilfekodex enthaltenen Bestimmungen über Umweltschutzbeihilfen bezeichnen. Sie führen an, die Investitionen beträfen "neue Anlagen", die aus wirtschaftlichen Gründen und nicht aus Gründen des Umweltschutzes anstelle der alten Anlagen errichtet worden seien und somit gegen Gemeinschaftsrecht verstießen. Die UK Steel Association führt weiter aus, die Strangießanlage bei Beltrame sei parallel zu der bereits vorhandenen Anlage eingebaut worden und stelle eine Erweiterung der Produktionskapazität dar, was gegen die Gemeinschaftsvorschriften über Umweltschutzbeihilfen verstoße.

    IV. Bemerkungen Italiens

    (8) In seiner Stellungnahme bestreitet Italien die Argumente, die die Kommission in ihrer Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens vorgebracht hat. Die italienischen Behörden vertreten folgende Ansicht:

    8.1. Was die Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Beihilfen durch die Kommission angeht, so beharren die italienischen Behörden darauf, dass diese nicht allein auf der Grundlage der anzuwendenden Rechtsvorschriften erfolgen könne, sondern müsse die Kommission bei ihrer Entscheidung auch den ihr vorliegenden Hintergrundinformationen und Daten Rechnung tragen.

    8.2. Die getätigten Investitionen würden dank ihrer spezifischen Merkmale nicht nur zu Energieeinsparungen führen, sondern parallel dazu - gegenüber dem vorherigen Zustand - auch zu einer deutlichen Verringerung der Emission verschiedener Schadstoffe (Schwefeloxide, Stickoxide, Stäube) in die Atmosphäre sowie zu einer erheblichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Die italienischen Behörden weisen den Vorwurf zurück, sie seien den Nachweis schuldig geblieben, dass es sich bei den getätigten Investitionen nicht um allgemeine Investitionen handelt und dass ihre Auswirkung auf die Umwelt nicht von sekundärer Bedeutung ist gegenüber den mit ihnen verfolgten wirtschaftlichen Zielen. Den italienischen Behörden zufolge konnte bei der Prüfung der Beihilfeanträge durch das Industrieministerium mit Hilfe unabhängiger Sachverständiger bestätigt werden, dass mit den Investitionen vorrangig Umweltschutzziele verfolgt wurden. Dass es sich nicht um allgemeine, aus wirtschaftlichen Gründen getätigte Investitionen handelt, ergebe sich auch daraus, dass in allen fünf in Rede stehenden Fällen das Verhältnis zwischen dem jährlichen Produktionskostenvorteil und den getätigten Investitionen unter dem im entsprechenden Zeitraum üblichen Zinssatz liege.

    8.3. Zur Feststellung der Kommission, keines der beteiligten Unternehmen habe legitimerweise erwarten können, in den Genuss der Beihilfen zu kommen, erklären die italienischen Behörden, den zur Zeit der Antragstellung geltenden gemeinschaftlichen Vorschriften über Beihilfen für die Stahlindustrie (Stahlbeihilfekodex von 1989 und von 1991) zufolge seien Beihilfen zugunsten des Umweltschutzes zulässig gewesen. Der Titel des Gesetzes Nr. 10/1991 laute "Bestimmungen zur Umsetzung des nationalen Energieplans im Hinblick auf eine rationelle Energienutzung", und in Artikel 1 des Gesetzes sei ausdrücklich vorgesehen, "die Umweltverträglichkeit der Energienutzung" zu verbessern. Daraus ziehen die italienischen Behörden die Schlussfolgerung, die beteiligten Unternehmen hätten sich zum damaligen Zeitpunkt berechtigte Hoffnungen auf Anerkennung der ökologischen Zielsetzung der Investitionen und Zuerkennung der Beihilfen machen können. Die Tatsache, dass in allen fünf Fällen das Verhältnis zwischen dem jährlichen Produktionskostenvorteil und den getätigten Investitionen unter dem im entsprechenden Zeitraum üblichen Zinssatz gelegen habe, mache nicht nur deutlich, dass mit den Investitionen Ziele des Umweltschutzs verfolgt wurden, sondern sei auch ein eindeutiger Beweis für die "Notwendigkeit der Beihilfe".

    8.4. Die Stellung der Anträge auf Beihilfen zu den (von 1986 bis 1994) getätigten Investitionen durch die Unternehmen im Zeitraum 1991/92 sei im Einklang mit den Bestimmungen in Artikel 21 des am 31. Juli 1991 von der Kommission genehmigten Gesetzes Nr. 10/1991 erfolgt, denen zufolge auch auf der Grundlage früher geltender Gesetze gestellte Beihilfeanträge, über die noch nicht entschieden wurde, genehmigt werden können. Die in Rede stehende Maßnahme sei aus Gründen, die mit der Komplexität der Durchführungsbestimmungen und nachfolgenden rechtsetzenden Ereignissen zusammenhängen, erst 1991 anngemeldet worden.

    8.5. Zu der von der Kommission zum Ausdruck gebrachten Befürchtung, die Beihilfe könne im Fall ihrer Genehmigung und Auszahlung für andere als die vorgesehenen Zwecke verwendet werden, erklären die italienischen Behörden, die Unternehmen hätten bei der Planung der Investitionen damit gerechnet, die Beihilfen innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu erhalten. Da sie aber immer noch auf sich warten ließen, seien die Konten zu den einzelnen Investitionen nach wie vor in Höhe der entsprechenden Beträge ungedeckt und könne der Ausgleich der Konten erst nach Eingang der Beihilfen erfolgen. Diese würden somit für genau den Zweck verwendet, für den ihre Genehmigung erfolgen werde.

    8.6. Zur Ansicht der Kommission, bei Beurteilung der angemeldeten Beihilfen nach Maßgabe des Stahlbeihilfekodex erscheine ihre Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftsvorschriften äußerst zweifelhaft, bringen die italienischen Behörden die folgenden weiteren Bemerkungen vor:

    8.6.1. Was die Einbeziehung der Abschreibungskosten der Investitionen in die Berechnung des Produktionskostenvorteils angeht, so verweisen sie noch einmal auf die übliche buchhalterische Praxis zur Berechnung der Produktionskosten. Da die Abschreibungskosten ein normaler Bestandteil der Produktionskosten seien, steht nach Ansicht der italienischen Behörden außer Frage, dass ihnen Rechnung zu tragen ist.

    8.6.2. Was den Zeitraum angeht, für den der Kostenvorteil berechnet wird, so teilen die italienischen Behörden mit, sie hätten die gemäß den in Italien geltenden gesetzlichen Bestimmungen berechneten jährlichen Abschreibungssätze verwendet. Für die fünf in Rede stehenden Investitionsvorhaben ergeben sich aus den im Gesetz festgelegten Koeffizienten die entsprechenden Zeiträume, in denen die in Form niedrigerer Produktionskosten entstehenden Vergünstigungen gegengerechnet werden; bei vier der Projekte sind dies 100/15 = 6,67 Jahre und bei einem 100/17,5 = 5,71 Jahre

    (9) Als Antwort auf die Stellungnahmen Dritter erklären die italienischen Behörden, bei den fünf Investitionsvorhaben gehe es nicht um die Neuinstallation von Anlagen, sondern um den Austausch bzw. die Installation bestimmter Bauteile von Produktionslinien für die Fertigung von Strängen und Profilen mit dem Ziel einer Senkung des Energieverbrauchs (mit entsprechenden positiven Auswirkungen auf die Umwelt). Diese Maßnahmen seien erforderlich gewesen, um die mit einer Umstellung der vorhandenen Bauteile auf den geringeren Energieverbrauch verbundene lange Betriebsunterbrechung (mit entsprechenden fixen Kosten) zu vermeiden. Was die Bemerkungen bezüglich einer Kapazitätserweiterung im Werk Beltrame angeht, so bestreitet Italien, dass sich die Produktionskapazität des Unternehmens erhöht habe, denn diese hänge von den drei Walzwerken ab, die den Engpass der Produktionsanlage darstellten.

    V. Würdigung der Beihilfe

    Rechtliche Grundlage

    (10) Rechtliche Grundlage für die Beurteilung aller der Kommission in den Jahren 1997 bis 2001 gemeldeten Beihilfen für Stahlunternehmen ist der Stahlbeihilfekodex. Nach Artikel 3 des Kodex sind Beihilfen zulässig für Stahlunternehmen, die Investitionen zur Verbesserung des Umweltschutzes tätigen wollen. Die Vorschriften und Bedingungen für die Gewährung solcher Beihilfen sind im Anhang zum Stahlbeihilfekodex und im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen(4) festgelegt.

    (11) Laut dem Stahlbeihilfekodex und dem Gemeinschaftsrahmen dürfen solche Beihilfen nur gewährt werden, wenn sie zur Verwirklichung eines höheren Umweltschutzniveaus erforderlich sind. Investitionsbeihilfen, die einem Unternehmen im Hinblick auf die Verwirklichung eines Umweltschutzzieles gewährt werden, sollen ein Anreiz für das Unternehmen sein, umweltschutzrelevante Investitionen durchzuführen. Die einschlägigen Vorschriften sehen zwei Situationen vor: Zum einen kann es vorkommen, dass das Unternehmen derartige Investitionen nicht durchführen muss, weil es gesetzlich nicht dazu verpflichtet ist (Überschreitung der geltenden gesetzlichen Mindestbestimmungen), sich aber wegen der in Aussicht gestellten finanziellen Unterstützung dennoch dazu entschließt. Zum anderen können Investitionen aber auch durch das Inkrafttreten neuer Normen notwendig werden, und in diesem Fall stellt die Beihilfe für das Unternehmen einen Anreiz zur unverzüglichen Durchführung der entsprechenden Investitionen dar. Für diesen Fall heißt es im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen: "Die Beihilfen können nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt werden"(5).

    (12) Nach dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen sind Beihilfen, die angeblich Umweltzwecken dienen, in Wirklichkeit aber allgemeine Investitionen fördern, vom Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrahmen grundsätzlich ausgeschlossen. Beihilfefähig sind lediglich die zur Verwirklichung von Umweltschutzzielen erforderlichen Mehrkosten.

    (13) Nach dem Anhang zum Stahlbeihilfekodex muss im Fall von Beihilfen, die einen Anreiz für eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus bilden sollen, der Investor nachweisen, dass eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen wurde, die zusätzliche Investitionen erfordern, d. h., dass man den Umweltnormen auch mit einer kostengünstigeren Lösung hätte gerecht werden können. Wenn aufgrund dieses deutlich höheren Umweltschutzniveaus die Produktionskosten zurückgehen, werden gemäß dem Stahlbeihilfekodex alle wirtschaftlichen Vorteile gegengerechnet.

    Würdigung der von den italienischen Behörden vorgebrachten Bemerkungen

    (14) Wie oben dargestellt, fällt eine Beihilfe dann in den Anwendungsbereich von Artikel 3 Stahlbeihilfekodex, wenn sie zum einen als Anreiz zur Durchführung der in Rede stehenden Investitionen wirkt und wenn zum anderen mit den Investitionen Umweltschutzziele verfolgt werden.

    (15) Im vorliegenden Fall erfolgte die Durchführung der Investitionen und die Stellung der Beihilfeanträge auf der Grundlage der Stahlbeihilfekodices von 1985, 1989 und 1991(6), denen zufolge staatliche Umweltschutzbeihilfen nur bei Investitionen zulässig sind, die der Erfuellung neuer verbindlicher Umweltnormen dienen. Italien hat nie behauptet, dass dies für die Unternehmen der Grund zur Durchführung der Investitionen war. Die Unternehmen nahmen die Investitionen vor, obwohl ihnen klar war, dass eine Beihilfegewährung auf der Grundlage des anzuwendenden Gesetzes nicht werde erfolgen können. Somit spielte die Möglichkeit der Gewährung einer Beihilfe bei ihren Entscheidungen keine entscheidende Rolle.

    (16) Gleichwohl legen die italienischen Behörden dar, die betroffenen Unternehmen hätten die legitime Erwartung haben können, die beantragten Beihilfen zu erhalten, da sowohl nach dem im fraglichen Zeitraum geltenden Stahlbeihilfekodex als auch nach dem Gesetz Nr. 10/1991 die Gewährung von Beihilfen zu Umweltzwecken zulässig gewesen sei. Hierzu ist jedoch festzustellen, dass ein Gesetz, das ganz allgemein staatliche Beihilfen zu Umweltzwecken zulässt, keine legitime Grundlage für solche Erwartungen darstellt, wenn die geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften klare Bedingungen für deren Vergabe enthalten; dies gilt umso mehr, wenn die getätigten Investitionen in den gesetzlichen Bestimmungen gar nicht vorgesehen sind.

    (17) Des Weiteren versuchen die italienischen Behörden die legitimen Erwartungen der Unternehmen sowohl mit der nachträglichen Antragstellung als auch mit der verspäteten Anmeldung der Maßnahmen bei der Kommission zu rechtfertigen. Es ist schwer nachzuvollziehen, wieso diese zeitlichen Verzögerungen Erwartungen rechtfertigen sollen, die ohne sie gar nicht hätten entstehen können. Die Unternehmen können nicht behaupten, sie hätten sich zur Durchführung der Investitionen im Zeitraum 1986-1994 entschieden, weil sie sich berechtigte Hoffnungen auf Beihilfen machten, die sich nicht auf zum fraglichen Zeitpunkt geltende gesetzliche Bestimmungen stützen, sondern auf Vorschriften, die erst 5-13 Jahre später eingeführt werden. Nur im Fall der Anwendung von Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt der tatsächlichen Anmeldung der Beihilfen bereits in Kraft waren, bestuende Anlass, den Rechtfertigungsgrund der zeitlichen Verzögerung zu prüfen. Wie jedoch die italienischen Behörden selbst eingeräumt haben, kann die Beurteilung der 1999 erfolgten Anmeldung nur auf der Grundlage des gegenwärtig geltenden Stahlbeihilfekodex erfolgen.

    (18) Weiter teilt Italien mit, die fünf Unternehmen hätten für die einzelnen Investitionen Konten eröffnet, die noch immer in Höhe der in Rede stehenden Beträge ungedeckt seien und erst dann ausgeglichen werden könnten, wenn über die Beihilfen entschieden wurde. Nach Ansicht der italienischen Behörden beweist dies, dass die Beihilfen, wenn jetzt ihre Auszahlung erfolgt, genau zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie genehmigt wurden. Umweltschutzbeihilfen sollen die Stahlunternehmen dazu anregen, ein höheres Umweltschutzniveau anzustreben als in den geltenden gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen bzw. neue Umweltschutzbestimmungen rascher anzuwenden. Die Tatsache, dass bei den Unternehmen im Zusammenhang mit den beantragten Beihilfen auf den Zeitraum 1986-1994 zurückgehende Deckungslücken vorliegen, ist kein Beweis für eine solche Anreizwirkung, sondern ein rein buchungstechnischer Umstand.

    (19) Wie oben aufgezeigt, war die in Rede stehende Maßnahme weder für die Unternehmen zur Durchführung der Investitionen erforderlich noch hatte sie Anreizwirkung, so dass es sich nicht um nach dem Stahlbeihilfekodex zulässige Beihilfevorhaben handelt. Eine weitere Bedingung, bei deren Erfuellung die Beihilfe nach diesem Kodex zulässig wäre, ist die Absicht, mit Hilfe der Investition ein deutlich über den Mindestanforderungen liegendes Umweltschutzniveau zu erreichen. Italien hat nicht nachgewiesen, dass der Investor eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen hat. Es wurden weder Informationen zu den zulässigen Werten geliefert, die mit Hilfe der Investitionen unterschritten werden sollten, noch wurde angegeben, in welchem Umfang dies erfolgen würde. Die erklärte Absicht der Investitionsmaßnahmen besteht allein darin, den Energieverbrauch zu senken, mit dem Nebeneffekt eines geringeren Schadstoffausstoßes.

    (20) Die italienischen Behörden betonen darüber hinaus, die Investitionen seien zu Umweltschutzzwecken getätigt worden und die Beihilfe sei notwendig, weil das Verhältnis zwischen dem jährlichen Produktionskostenvorteil und den Investitionskosten unter dem im fraglichen Zeitraum geltenden Zinssatz liege. Abgesehen davon, dass dieses Verhältnis nach Ansicht der Kommission nicht korrekt berechnet wurde, ist die Frage, ob sich eine Investition innerhalb des steuerlichen Abschreibungszeitraums amortisiert, weder ein Kriterium zur Beurteilung der Investitionsgründe noch zur Beantwortung der Frage, ob die Beihilfe notwendig war, um eine Anreizwirkung zu erzielen.

    (21) Weiter widerspricht Italien der in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens dargelegten Ansicht der Kommission, dass die Beihilfe nicht die im Stahlbeihilfekodex für die Genehmigung von Umweltschutzbeihilfen festgelegten Bedingungen erfuellt. Doch den Argumenten der italienischen Behörden kann nicht gefolgt werden, und die geplante Maßnahme erscheint auf der Grundlage der Gemeinschaftsvorschriften in jedem Fall als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar - selbst wenn die Investitionen zu Umweltschutzzwecken erfolgt wären und die Beihilfe notwendig wäre.

    21.1. Die italienischen Behörden betonen, dass die Berechnung des mit Hilfe der Investitionen erzielten Kostenvorteils gemäß den normalen für die Bestandteile der Produktionskosten geltenden buchhalterischen Regeln erfolgt sei. Aber auch wenn die Kommission die Berechnung der normalen Bestandteile der Produktionskosten nicht beanstandet, kann sie doch nicht zulassen, dass bei der Berechnung des einem Unternehmen aus einer Investition erwachsenden finanziellen Vorteils die Abschreibungskosten der Investition berücksichtigt werden. Wie in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens ausgeführt, würde dies praktisch die doppelte Berechnung der Kosten ein und derselben Investition bedeuten, wodurch die Investition selbst zu einem Bestandteil der Kosten und damit grundsätzlich beihilfefähig würde. Angestrebt wird aber, dass das Unternehmen mit staatlichen Mittel geförderte Investitionen zur Verwirklichung von Umweltschutzzielen nicht zum eigenen Vorteil verwendet.

    21.2. Italien besteht auch auf dem der Gegenrechnung der vom Unternehmen eingesparten Kosten zugrunde gelegten Zeitraum. Die Kommission kann jedoch der Ansicht nicht folgen, durch den im vorliegenden Fall von den italienischen Behörden angewandten Abschreibungszeitraum sei jede wirtschaftliche Begünstigung ausgeschlossen. Italien bleibt den Nachweis dafür schuldig und beschränkt sich darauf, die Länge des Abschreibungszeitraums als gesetzeskonform zu bezeichnen. Dem Stahlbeihilfekodex zufolge müssen alle Vorteile gegengerechnet werden. Nach Ansicht der Kommission kann dies nur dann erfolgen, wenn der Nutzungsdauer der Anlage Rechnung getragen wird. Im vorliegenden Fall kann keinesfalls anstelle der Nutzungsdauer der steuerliche Abschreibungszeitraum verwendet werden, denn ansonsten wäre die Anlage bereits als weitgehend veraltet zu betrachten.

    (22) Was die Bemerkungen der italienischen Behörden zu den Stellungnahmen von Beteiligten, insbesondere der UK Steel Association, hinsichtlich der Ausweitung der Kapazität angeht, so merkt die Kommission an, dass die italienischen Behörden die Möglichkeit einer Erhöhung der Produktionskapazität mit Hilfe der neuen Anlage keineswegs in Abrede stellen. Nach Ansicht Italiens ist allerdings allein ausschlaggebend, dass die von der Kapazität der Walzwerke begrenzte Gesamtproduktionskapazität des Unternehmens unverändert bleibt. Weder im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen noch im Stahlbeihilfekodex wird aber auf die Gesamtproduktionskapazität des Unternehmens Bezug genommen, sondern ausschließlich auf die zu ersetzende Anlage. Die beihilfefähigen Investitionskosten beschränken sich im Fall einer höheren Produktionskapazität der neuen Anlage auf die anfängliche Kapazität der Anlage.

    Vereinbarkeit der angemeldeten Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt

    (23) Wie oben dargestellt, hat Italien im Zuge des Verfahrens keine neuen Informationen geliefert, die es der Kommission erlauben würde, ihre in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens formulierte Beurteilung der angemeldeten Beihilfe zu ändern. Die Beihilfe fällt nicht in den Anwendungsbereich des Stahlbeihilfekodex.

    (24) Im Hinblick auf eine eventuelle Beurteilung der Beihilfe auf der Grundlage des Stahlbeihilfekodex, die bei Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Investitionen vorzunehmen wäre, ist festzustellen, dass Italien - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - nicht nachgewiesen hat, dass die Bedingungen des Kodex und vor allem auch die im Anhang enthaltenen Bedingungen erfuellt sind.

    (25) Die von Italien angemeldete Beihilfe zugunsten der fünf Stahlunternehmen ist deshalb mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Beihilfe in Höhe von insgesamt 3,6 Mrd. ITL (1,9 Mio. EUR), die Italien den Stahlunternehmen Acciaierie e Ferriere Leali SpA, Acciaierie e Ferriere Beltrame Vicenza SpA, Acciaierie e Ferriere Beltrame S. Giorgio Nogaro SpA, Lucchini Mura SpA und Lucchini Lovere SpA für Investitionen gewähren will, welche die Unternehmen im Zeitraum 1989-1994 zum Zweck der Energieinsparung tätigten, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

    Aus diesem Grund darf diese Beihilfe nicht gewährt werden.

    Artikel 2

    Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die getroffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

    Artikel 3

    Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

    Brüssel, den 29. November 2000

    Für die Kommission

    Mario Monti

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. L 338 vom 28.12.1996, S. 42.

    (2) ABl. C 148 vom 27.5.2000, S. 10.

    (3) Vergleiche Fußnote 2.

    (4) ABl. C 72 vom 10.3.1994, S. 3.

    (5) Punkt 3.2.3 Buchstabe A Absatz 1 Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen.

    (6) ABl. L 340 vom 18.12.1985, S. 1; ABl. L 38 vom 10.2.1989, S. 8; ABl. L 362 vom 31.12.1991, S. 57.

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