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OGAW: organisatorische Anforderungen und Verhaltensregeln

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie 2010/43/EU zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG im Hinblick auf organisatorische Anforderungen, Interessenkonflikte, Wohlverhalten, Risikomanagement und den Inhalt der Vereinbarung zwischen Verwahrstelle und Verwaltungsgesellschaft

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

Mit dieser Richtlinie werden die Durchführungsbestimmung für Verwaltungsgesellschaften festgelegt, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)* verwalten, sowie Wohlverhaltensregeln und Bestimmungen zur fairen Behandlung von OGAW bei Interessenkonflikten.

Darüber hinaus werden darin die Anforderungen an das Risikomanagement für OGAW festgelegt.

Sie ist Teil einer Reihe von vier Durchführungsmaßnahmen, die gemeinsam im Jahr 2010 verabschiedet wurden. Die anderen drei sind:

WICHTIGE ECKPUNKTE

Geltungsbereich

Die Richtlinie gilt für:

  • Verwaltungsgesellschaften von OGAW,
  • Verwahrstellen*,
  • Investmentgesellschaften, die keine Verwaltungsgesellschaft bestimmt haben.

Verwaltungsverfahren und Kontrollmechanismen

Verwaltungsgesellschaften müssen:

  • Entscheidungsprozesse und eine klare, dokumentierte Organisationsstruktur umsetzen;
  • sicherstellen, dass die relevanten Personen* angemessen über die Verfahren unterrichtet werden;
  • angemessene interne Kontrollmechanismen umsetzen;
  • die interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen praktizieren und aufrechterhalten;
  • Aufzeichnungen über ihre Geschäftstätigkeit und interne Organisation führen.

Die Verwaltungsgesellschaften müssen Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit von Daten aufrechterhalten. Ferner müssen sie transparente Verfahren für die Bearbeitung von Anlegerbeschwerden anwenden.

Sie haben außerdem für funktionsfähige Rechnungslegungsverfahren zum Schutz der Anteilinhaber* zu sorgen. Die OGAW-Rechnungslegung muss so gestaltet sein, dass Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des OGAW jederzeit direkt ermittelt werden können. Die Rechnungslegungsgrundsätze müssen den Rechnungslegungsvorschriften der OGAW-Herkunftsländer entsprechen.

Interne Kontrollmechanismen

Die Geschäftsleitung der Verwaltungsgesellschaft:

  • trägt die Verantwortung dafür, dass die allgemeine Anlagepolitik bei jedem verwalteten OGAW umgesetzt wird, und überwacht für jeden verwalteten OGAW die Genehmigung der Anlagestrategien;
  • sorgt dafür, dass die allgemeine Anlagepolitik ordnungsgemäß umgesetzt wird;
  • stellt regelmäßig die Angemessenheit der internen Verfahren, nach denen die Anlageentscheidungen getroffen werden, fest;
  • billigt regelmäßig die Grundsätze für das Risikomanagement;
  • stellt eine dauerhafte Compliance-Funktion sicher.

Eine dauerhafte Compliance-Funktion, mit der notwendigen Autorität und dem Zugang zu allen relevanten Informationen, ist verantwortlich dafür:

  • die Angemessenheit und Wirksamkeit der Maßnahmen, Grundsätze und Verfahren, sowie der Schritte, die zur Beseitigung etwaiger Defizite der Verwaltungsgesellschaft bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten unternommen wurden, zu bewerten;
  • die für die Dienstleistungen und Tätigkeiten zuständigen Personen im Hinblick auf die Erfüllung der für Verwaltungsgesellschaften festgelegten Pflichten zu beraten und zu unterstützen.

Verwaltungsgesellschaften müssen über eine ständige, operativ unabhängige Risikomanagement-Funktion verfügen. Diese Funktion hat die Aufgabe:

  • die Risikomanagement-Grundsätze und -Verfahren umzusetzen;
  • für die Einhaltung der OGAW-Risikolimits zu sorgen;
  • das Leitungs- oder Verwaltungsorgan bei der Ermittlung des Risikoprofils der einzelnen verwalteten OGAW zu beraten;
  • dem Leitungs- oder Verwaltungsorgan Bericht über den Risikomanagement-Prozess zu erstatten;
  • der Geschäftsleitung Bericht über den aktuellen Risikostand bei ihrem verwalteten OGAW zu erstatten;
  • die Vorkehrungen und Verfahren für die Bewertung von OTC-Derivaten zu überprüfen und gegebenenfalls zu verstärken.

Die Verwaltungsgesellschaften müssen ein Verfahren einrichten, das bestimmte relevante Personen davon abhält:

  • ein persönliches Geschäft zu tätigen oder einer anderen Person zu einem solchen Geschäft zu raten oder zu verhelfen;
  • Informationen weiterzugeben, die andere Personen im Hinblick auf die Wahl ihrer Transaktionen beeinflussen könnten.

Verwaltungsgesellschaften müssen dafür Sorge tragen, dass jedes Portfoliogeschäft aufgezeichnet wird, um künftig Informationen zu den Einzelheiten des Auftrags und des ausgeführten Geschäfts bereitstellen zu können.

Zeichnungs- und Rücknahmeaufträge* müssen ebenfalls zentral erfasst und aufgezeichnet werden. Diese Aufzeichnungen werden anschließend für mindestens fünf Jahre aufbewahrt.

Interessenkonflikte

Folgende Situationen können zu Interessenkonflikten führen, wenn:

  • die Verwaltungsgesellschaft oder eine relevante Person oder eine Person, die direkt oder indirekt mit der Gesellschaft verbunden ist, voraussichtlich einen finanziellen Vorteil erzielen oder einen finanziellen Verlust vermeiden wird, was zulasten des OGAW geht;
  • die Verwaltungsgesellschaft oder die besagte Person am Ergebnis einer für den OGAW oder einen anderen Kunden erbrachten Dienstleistung ein Interesse hat, das sich nicht mit dem Interesse des OGAW an diesem Ergebnis deckt;
  • die Verwaltungsgesellschaft oder die besagte Person einen Anreiz hat, die Interessen eines anderen Kunden über die Interessen des OGAW zu stellen;
  • die Verwaltungsgesellschaft oder die besagte Person für den OGAW und für einen anderen Kunden die gleichen Tätigkeiten ausführt;
  • die Verwaltungsgesellschaft oder die besagte Person unberechtigterweise einen Anreiz in Form von Geld, Gütern oder Dienstleistungen erhält.

Die Verwaltungsgesellschaften sind gehalten, wirksame Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten schriftlich festzulegen, die die Unabhängigkeit der relevanten Personen bewahren.

Wohlverhaltensregeln

Verwaltungsgesellschaften müssen:

  • im besten Interesse der OGAW und ihrer Anteilinhaber handeln;
  • ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen;
  • dem Anteilinhaber, dessen Zeichnungs- oder Rücknahmeauftrag sie ausgeführt haben, diese Ausführung bestätigen.

Was die Sorgfaltspflichten angeht, müssen Verwaltungsgesellschaften:

  • im besten Interesse der OGAW und der Marktintegrität bei der Überwachung der Anlagen große Sorgfalt walten lassen;
  • über ausreichendes Wissen und ausreichende Erkenntnisse über die Anlagen, in die die OGAW investiert werden, verfügen;
  • gewährleisten, dass Anlageentscheidungen, die für die OGAW getroffen werden, mit deren Anlagestrategie und Risikolimits übereinstimmen;
  • Analysen in Bezug auf den Beitrag, den die Anlage zur Zusammensetzung des OGAW-Portfolios leistet, anstellen.

Verwaltungsgesellschaften:

  • müssen Verfahren festlegen, die für die redliche Ausführung der für OGAW getätigten Portfoliogeschäfte sorgen;
  • dürfen keinen OGAW-Auftrag
    • zusammen mit dem Auftrag eines anderen OGAW oder sonstigen Kunden oder
    • zusammen mit einem Auftrag für eigene Rechnung ausführen.

Einzelheiten der Vereinbarung zwischen Verwahrstelle und Verwaltungsgesellschaft

Die „Vereinbarungsparteien“ müssen Folgendes in die Vereinbarung aufnehmen:

  • Bestimmungen zu den einzuhaltenden Verfahren;
  • Bestimmungen zum Informationsaustausch und den Pflichten in Bezug auf Geheimhaltung und Geldwäsche;
  • Bestimmungen zur Beauftragung von Dritten;
  • Bestimmungen zu etwaigen Änderungen und zur Beendigung der Vereinbarung.

Risikomanagement-Grundsätze

Verwaltungsgesellschaften müssen:

  • effektive und dokumentierte Risikomanagement-Grundsätze festlegen, einschließlich für operationelle Risiken;
  • die Wirksamkeit der Risikomanagement-Grundsätze und die Einhaltung der Risikomanagement-Grundsätze durch die Verwaltungsgesellschaft bewerten und überprüfen;
  • die Risiken, denen die von ihnen verwalteten OGAW ausgesetzt sind oder sein könnten, jederzeit messen und managen können;
  • das OGAW-Gesamtrisiko mindestens einmal täglich berechnen.

Kontrahentenrisiko

Verwaltungsgesellschaften müssen:

  • für die Berechnung des Kontrahentenrisikos eines OGAW den positiven Neubewertungswert (Mark-to-Market-Wert) des OTC-Derivatkontrakts mit der Gegenpartei* zugrunde legen;
  • das Kontrahentenrisiko eines OGAW aus einem OTC-Derivat durch die Entgegennahme von ausreichend liquiden Sicherheiten, die ohne Wertverlust rasch veräußert werden können, mindern.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Die Richtlinie ist am 30. Juli 2010 in Kraft getreten und musste bis spätestens 30. Juni 2011 von den EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden.

HINTERGRUND

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW): Anlageinstrumente, die das Kapital der Anleger sammeln und dieses in ein Portfolio von Finanzinstrumenten wie Aktien, Anleihen und anderen Wertpapieren investieren.
Verwahrstelle: eine Einrichtung, die von dem OGAW und dem OGAW-Anlageverwalter unabhängig ist. Sie soll Betrug, Fehler in der Buchhaltung und Interessenkonflikte zwischen dem Verwalter und dem OGAW verhindern.
Anteilinhaber: jede natürliche oder juristische Person, die einen oder mehrere Anteile an einem OGAW hält.
Relevante Person: in Bezug auf eine Verwaltungsgesellschaft eine der folgenden Personen: ein Direktor, ein Gesellschafter oder eine vergleichbare Person oder ein Mitglied der Geschäftsleitung der Verwaltungsgesellschaft, ein Angestellter der Verwaltungsgesellschaft sowie jede andere natürliche Person, deren Dienste der Verwaltungsgesellschaft zur Verfügung gestellt und von dieser kontrolliert werden und die an der von der Verwaltungsgesellschaft erbrachten gemeinsamen Portfolioverwaltung beteiligt ist. Dazu zählen ebenfalls natürliche Personen, die im Rahmen einer Vereinbarung zur Übertragung von Aufgaben an Dritte unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen für die Verwaltungsgesellschaft beteiligt sind, welche der Verwaltungsgesellschaft die gemeinsame Portfolioverwaltung ermöglichen.
Zeichnungs- und Rücknahmeaufträge: Aufträge von Anlegern zur Zeichnung oder Rücknahme von Anteilen aus dem OGAW.
Gegenpartei: die Partei eines Geschäfts. Sie soll Betrug, Fehler in der Buchhaltung und Interessenkonflikte zwischen dem Verwalter und dem OGAW verhindern.

HAUPTDOKUMENT

Richtlinie 2010/43/EU der Kommission vom 1. Juli 2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf organisatorische Anforderungen, Interessenkonflikte, Wohlverhalten, Risikomanagement und den Inhalt der Vereinbarung zwischen Verwahrstelle und Verwaltungsgesellschaft (ABl. L 176 vom 10.7.2010, S. 42-61)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) Nr. 583/2010 der Kommission vom 1. Juli 2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die wesentlichen Informationen für den Anleger und die Bedingungen, die einzuhalten sind, wenn die wesentlichen Informationen für den Anleger oder der Prospekt auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier oder auf einer Website zur Verfügung gestellt werden (ABl. L 176 vom 10.7.2010, S. 1-15)

Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Verordnung (EU) Nr. 584/2010 der Kommission vom 1. Juli 2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Form und Inhalt des Standardmodells für das Anzeigeschreiben und die OGAW-Bescheinigung, die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel durch die zuständigen Behörden für die Anzeige und die Verfahren für Überprüfungen vor Ort und Ermittlungen sowie für den Informationsaustausch zwischen zuständigen Behörden (ABl. L 176 vom 10.7.2010, S. 16-27)

Richtlinie 2010/42/EU der Kommission vom 1. Juli 2010 zur Durchführung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Bestimmungen über Fondsverschmelzungen, Master-Feeder-Strukturen und das Anzeigeverfahren (ABl. L 176 vom 10.7.2010, S. 28-41)

Berichtigung

Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32-96)

Siehe konsolidierte Fassung.

Letzte Aktualisierung: 23.03.2018

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