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Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Verordnung (EU) Nr. 904/2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

WAS IST DER ZWECK DER VERORDNUNG?

Sie legt Verfahren fest, die den Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Zusammenarbeit, den Austausch von Informationen und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer ermöglichen. Sie stellt also sicher, dass:

  • die Mehrwertsteuer korrekt festgesetzt und angewendet wird;
  • Mehrwertsteuerbetrug erkannt und verhindert wird;
  • Mehrwertsteuereinnahmen geschützt werden.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Zentrale Verbindungsbüros

Jeder Mitgliedstaat benennt ein zentrales Verbindungsbüro als Kontaktstelle für die anderen Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission. Das Verbindungsbüro muss eine Liste der benannten Beamten und Verbindungsstellen führen, die Informationen mit den Behörden in anderen Mitgliedstaaten austauschen können. Wenn Beamte oder Verbindungsstellen ein Ersuchen oder eine Antwort auf ein Ersuchen um Informationen entgegennehmen oder übermitteln, müssen sie ihr zentrales Verbindungsbüro darüber informieren.

Informationsaustausch

Länder können unter Nutzung eines Standardformulars andere Mitgliedstaaten um Informationen ersuchen, um die richtige Festsetzung grenzüberschreitender Umsätze zu ermöglichen. Die ersuchten Behörden müssen den ersuchenden Behörden innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt des Eingangs eines Ersuchens antworten, oder innerhalb eines Monats, wenn den ersuchten Behörden die angeforderten Informationen bereits vorliegen.

Bestimmte Informationen werden automatisch ausgetauscht, wenn:

  • die vom Herkunftsmitgliedstaat übermittelten Informationen für das Kontrollsystem des Bestimmungsmitgliedstaats, in dem die Besteuerung erfolgen soll, notwendig sind;
  • ein Grund zu der Annahme besteht, dass in dem Bestimmungsmitgliedstaat ein Verstoß gegen die Mehrwertsteuervorschriften begangen wurde oder begangen werden wird;
  • im Bestimmungsmitgliedstaat die Gefahr eines Steuerverlusts besteht.

Mitgliedstaaten können auch spontan Informationen austauschen und die Länder, mit denen diese Informationen ausgetauscht werden, um Rückmeldung ersuchen.

Mitgliedstaaten können die Übermittlung von Informationen ablehnen, wenn:

  • die Auskunftsersuchen der ersuchenden Behörde innerhalb eines bestimmten Zeitraums einen unverhältnismäßig großen Aufwand verursachen würden;
  • die ersuchende Behörde ihre üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat;
  • sie zur Preisgabe eines Geschäfts-, Industrie- oder Berufsgeheimnisses führen oder wenn sie gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde.

Speicherung von Informationen

Jeder Mitgliedstaat muss die folgenden aktualisierten Informationen für mindestens fünf Jahre speichern:

  • Informationen, die in den von Steuerpflichtigen mit Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer abgegebenen zusammenfassenden Meldungen (Liste der Personen, an die sie Waren geliefert haben) übermittelt werden;
  • Angaben zu Personen, denen der Mitgliedstaat eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zugeteilt hat;
  • Angaben zu ungültig gewordenen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern;
  • Informationen über nichtansässige Steuerpflichtige.

Die Informationen werden dann durch ein elektronisches System, das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) mit allen Mitgliedstaaten ausgetauscht.

Mit der Verordnung (EU) 2020/283 wird eine Änderung eingeführt, nach der die Kommission verpflichtet ist, ein zentrales elektronisches Zahlungsverkehrssystem (CESOP) zu entwickeln, zu pflegen, zu hosten und auf technischer Ebene zu verwalten, um mutmaßlichen Mehrwertsteuerbetrug zu untersuchen oder Mehrwertsteuerbetrug aufzudecken. CESOP speichert die von den Mitgliedstaaten gesammelten Zahlungsdaten, aggregiert sie pro Begünstigten und gleicht sie mit den anderen Informationen ab, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 ausgetauscht werden. Daten in CESOP werden nur Sachverständige für Betrugsbekämpfung aus Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. Dies wird ab dem 1. Januar 2024 gelten.

Mit der Richtlinie (EU) 2020/285 werden vereinfachte Vorschriften eingeführt, um den Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten für kleine Unternehmen zu verringern und ein vorteilhafteres steuerliches Umfeld zu schaffen, das ihnen hilft, zu wachsen und den grenzüberschreitenden Handel effizienter zu gestalten. Kleine Unternehmen können die vereinfachten Mehrwertsteuer-Vorschriften in Anspruch nehmen, wenn ihr Jahresumsatz unter einem von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten Schwellenwert bleibt, der nicht höher als 85 000 EUR sein darf. Unter bestimmten Bedingungen werden auch kleine Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, die diese Schwelle nicht überschreiten, die vereinfachte Regelung in Anspruch nehmen können, wenn ihr Gesamtjahresumsatz in der gesamten EU 100 000 EUR nicht übersteigt. Diese neuen Vorschriften gelten ab 1. Januar 2025.

Mehrwertsteuererstattung

Die Mitgliedstaaten leiten die Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer, die sie von Steuerpflichtigen erhalten, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, an die Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten der Erstattung weiter. Die Weiterleitung erfolgt auf elektronischem Weg innerhalb von fünfzehn Tagen nach Eingang des Antrags. Die Behörden der Mitgliedstaaten der Erstattung müssen den Behörden der anderen Mitgliedstaaten mitteilen, ob:

  • sie zusätzliche elektronisch verschlüsselte Informationen über die Art und Dienstleistungen der Antragsteller benötigen; oder
  • sie von den Antragstellern eine Beschreibung ihrer Geschäftstätigkeiten anhand harmonisierter Codes verlangen.

Nicht-EU-Länder

Sofern die Amtshilfevereinbarungen mit dem betreffenden Nicht-EU-Land es zulassen, kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats Informationen, die sie von diesem Land erhält, an jeden Mitgliedstaat, der diese Informationen anfordert, oder an andere möglicherweise interessierte Mitgliedstaaten weiterleiten. Die Behörden der Mitgliedstaaten können Informationen an Nicht-EU-Länder weiterleiten, wenn:

  • der Mitgliedstaat, von dem die Informationen stammen, zustimmt;
  • das betreffende Nicht-EU-Land der Zusammenarbeit beim Nachweis der Rechtswidrigkeit von mutmaßlich gegen die Mehrwertsteuervorschriften verstoßenden Umsätzen zugestimmt hat.

Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug

Die Verordnung begründet Eurofisc, ein Netzwerk aus Sachverständigen für Betrugsbekämpfung, das es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Mehrwertsteuerdaten gemeinsam zu verarbeiten und Frühwarnungen über Unternehmen auszutauschen, die einer Mehrwertsteuerbetrugsbeteiligung verdächtigt werden. Eurofisc koordiniert zudem sämtliche Folgemaßnahmen, die von Steuerbehörden infolge seiner Betrugswarnung begonnen werden. Eurofisc kann außerdem mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und Europol zusammenarbeiten, wenn dies erforderlich ist.

Elektronischer Geschäftsverkehr

Als Teil eines Maßnahmenpakets zur Modernisierung des Mehrwertsteuersystems der EU und zu dessen Anpassung an den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern in der EU ändert die Verordnung (EU) 2017/2454 die Verordnung (EU) Nr. 904/2010, indem sie Vorschriften einführt, die die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden zwischen den Mitgliedstaaten verstärken. Die Verordnung zur Änderung von 2017 stellt sicher, dass die Erbringung von Dienstleistungen und Fernverkäufe von Gegenständen gemäß der Richtlinie (EU) 2017/2455 (zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG – siehe Zusammenfassung und 2009/132/EG – siehe Zusammenfassung) abgedeckt sind. Sie findet Anwendung ab Januar 2021.

Die Verordnung schreibt unter anderem vor, dass:

  • die Identifikationsnummer für die Zahlung der Mehrwertsteuer vorab mitgeteilt werden muss, damit die Zollbehörden deren Gültigkeit bei der Einfuhr von Gegenständen überprüfen können;
  • die Anforderungen von Aufzeichnungen und die behördlichen Ermittlungen, die Mitgliedstaaten von Steuerpflichtigen ersuchen bzw. gegen diese einleiten, vom Land der Identifizierung* koordiniert werden.

Anfang 2020 verabschiedete die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2020/21 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer sowie die Durchführungsverordnung (EU) 2020/194, in der Einzelheiten zur Arbeitsweise der einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer für den Verkauf von Online-Waren festgelegt wurden.

Beide Durchführungsverordnungen tragen dazu bei, dass die Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat des Endverbrauchers gezahlt wird, was zu einer gerechteren Verteilung der Steuereinnahmen auf die Mitgliedstaaten führt.

Aufgrund der COVID-19-Krise gelten diese neuen Vorschriften für die Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr erst ab dem 1. Juli 2021, anstatt am 1. Januar 2021 in Kraft zu treten (Durchführungsverordnung (EU) 2020/1318). Diese zusätzliche Zeit war nötig, um es allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, die erforderlichen IT-Systeme zur Umsetzung und Anwendung dieser Änderungen fertigzustellen.

WANN TRITT DIE VERORDNUNG IN KRAFT?

Sie ist am 1. Januar 2012 in Kraft getreten.

HINTERGRUND

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Land der Identifizierung. Der Mitgliedstaat, in dem die steuerpflichtige Person für die Nutzung des Systems einer kleinen einzigen Anlaufstelle registriert ist.

HAUPTDOKUMENT

Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1-18).

Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) 2020/283 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bei der Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 1-6).

Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 in Bezug auf die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und den Informationsaustausch zur Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sonderregelung für Kleinunternehmen (ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 13-23).

Durchführungsverordnung (EU) 2020/194 der Kommission vom 12. Februar 2020 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates hinsichtlich der Sonderregelungen für Steuerpflichtige, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen sowie Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union tätigen (ABl. L 40 vom 13.2.2020, S. 114-124).

Siehe konsolidierte Fassung.

Durchführungsverordnung (EU) 2020/21 der Kommission vom 14. Januar 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 79/2012 zur Regelung der Durchführung bestimmter Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 11 vom 15.1.2020, S. 1-2).

Siehe konsolidierte Fassung.

Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1-6).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7-22).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie 2009/132/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 zur Festlegung des Anwendungsbereichs von Artikel 143 Buchstaben b und c der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen (ABl. L 292 vom 10.11.2009, S. 5-30).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1-118).

Siehe konsolidierte Fassung.

Letzte Aktualisierung: 15.06.2022

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