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Document 51999AC0069

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu: - dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geldinstituten", und - dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute"

ABl. C 101 vom 12.4.1999, p. 64–70 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51999AC0069

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu: - dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geldinstituten", und - dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute"

Amtsblatt Nr. C 101 vom 12/04/1999 S. 0064 - 0070


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu:

- dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geldinstituten", und - dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute" () (1999/C 101/15)

Der Rat beschloß am 12. November 1998, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu den vorgenannten Vorschlägen zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 19. Januar 1999 an. Berichterstatter war Herr Burani.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 360. Plenartagung (Sitzung vom 27. Januar 1999) mit 36 Ja-Stimmen bei 1 Nein-Stimme und 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Der elektronische Geschäftsverkehr und seine absehbare rasche Verbreitung ist ein Phänomen, das aufgrund seiner vielfältigen Aspekte einer Regelung auf europäischer und weltweiter Ebene bedarf. Derzeit plant und verwirklicht die Kommission entsprechend ihrer institutionellen Funktion als Urheberin von Vorschlägen eine Reihe von Initiativen zur Einführung gemeinsamer europäischer Rechtsvorschriften für die Mitgliedstaaten, wobei nicht übersehen wird, daß Europa sich in einem globalen Kontext befindet, was eine harmonische Anwendung der Regeln auf weltweiter Ebene notwendig macht.

1.2. Der elektronische Geschäftsverkehr erfordert in seinen Anwendungen beim Anbieten und Erwerb von Gütern und Dienstleistungen eine rasche und sichere, für die Beteiligten und die Glaubwürdigkeit des Gesamtsystems vorteilhafte Abwicklung von Gut- und Lastschriften. Es wurde bereits eine Reihe von Systemen initiiert, die im wesentlichen darin bestehen, daß dem Nutzer Geldbeträge zur Verfügung gestellt werden, die in einem Computer abgespeichert sind und dem Empfänger elektronisch überwiesen werden können. In diesem Zusammenhang spricht man von "Netzgeld" oder "Softwaregeld". Wie die Kommission in der Einleitung ihrer Begründung feststellt, handelt es sich hierbei nicht um ein, sondern um das künftige Zahlungsinstrument für den elektronischen Geschäftsverkehr im Internet.

1.3. Neben dem Softwaregeld entwickeln sich weniger komplizierte Zahlungsmittel, die allen Bürgern zugänglich sind, auch wenn diese nicht über einen PC verfügen oder keinen Zugang zum Internet oder zu ähnlichen, geschlossenen oder offenen Systemen haben: vorausbezahlte Karten - im Prinzip Chipkarten, auf denen zuvor entrichtete Beträge gespeichert sind und die im Zuge kleinerer Zahlungen nach und nach "entladen" werden; dabei handelt es sich praktisch um die elektronische Version der Geldbörse mit Kleingeld.

1.4. Die Ausgabe von E-Geld () kann unter technischen, handels- und finanzrechtlichen sowie geldpolitischen Aspekten betrachtet werden. Die Kommission beabsichtigt mit ihrem Vorschlag eine Regelung der beiden letzteren Aspekte, oder besser gesagt, sie befaßt sich mit den finanzrechtlichen Aspekten und trägt dabei Rückwirkungen der Ausgabe von E-Geld auf den Geldumlauf - der ausschließlich in die Zuständigkeit der Zentralbanken fällt - indirekt Rechnung.

1.5. Die Kommission ist der Auffassung, daß die aufsichtsrechtlichen Aspekte der Ausgabe von E-Geld geregelt werden müssen. Das bedeutet, daß die Emittenten als Finanzinstitute zu betrachten sind und demgemäß den Bestimmungen der Ersten und Zweiten Bankenrichtlinie unterliegen, natürlich mit den Anpassungen und Ausnahmen, die notwendig sind, um dem besonderen, eingeschränkten Tätigkeitsfeld von Nichtbanken Rechnung zu tragen, die ausschließlich als Emittenten von E-Geld tätig werden. Solche Institute werden nachfolgend als "E-Geldinstitute" bezeichnet; der Ausschuß verwendet hierfür die Abkürzung "EGI".

2. Vorbemerkungen

2.1. Der Ausschuß stimmt dem Vorschlag der Kommission zu. Der Markt, d.h. die Gesamtheit der Unternehmen und Verbraucher, muß vor Initiativen geschützt werden, die sich der in jedem Mitgliedstaat gesetzlich vorgesehenen behördlichen Kontrolle der Solididät des Finanzsystems entziehen. Die Einbeziehung der EGI in den Anwendungsbereich der Bankenrichtlinien wird daher vom Ausschuß begrüßt. Allerdings kann der Ausschuß nicht umhin, einige grundsätzliche Vorbehalte zu äußern, die nicht so sehr die Richtlinienvorschläge selbst als vielmehr die Folgen einer "minimalistischen" Anwendung der Richtlinien betreffen. Diese Folgen sind vielleicht auf den ersten Blick nicht offensichtlich, aber gerade deshalb muß jede einzelne Vorschrift im Lichte ihrer Auswirkungen auf andere Bereiche als die aufsichtsrechtliche Kontrolle eingehend untersucht werden.

2.2. Ein grundsätzlicher Vorbehalt betrifft die Grundkonzeption der Richtlinie, die auf eine ziemlich schwache aufsichtsrechtliche Kontrolle ausgerichtet ist und die Erfordernisse einer Überwachung in weitem Sinn nicht berücksichtigt. Diese Feststellung erfordert eine Erläuterung: die Ausgabe von elektronischem Geld ist in erster Linie ein monetäres Phänomen: sie schöpft kein Geld, sondern ersetzt es - zumindest insoweit, als E-Geld gegen Abhebung von Bargeld oder Belastung eines Kontos ohne Gewährung eines Kredits ausgegeben wird. Mit der Einführung der einheitlichen Währung fällt die Überwachung der Euro-Währungsfluesse in die Kompetenz einer zentralen Institution - der Europäischen Zentralbank -, während die aufsichtsrechtliche Kontrolle weiterhin in den Kompetenzbereich der einzelnen nationalen Behörden fällt. Es besteht somit eine unvermeidbare Dyskrasie von Kompetenzen und Aufgaben, die - würden die Richtlinienvorschläge in ihrer derzeitigen Form angewandt - allein durch die vorgesehene Zusammenarbeit zwischen der europäischen Währungsbehörde und den nationalen Aufsichtsbehörden schwer gelöst werden kann.

2.3. Ein weiterer offensichtlicher Mangel der Richtlinie besteht darin, daß ihre Auswirkungen auf die Zahlungssysteme nicht berücksichtigt wurden, die der Kontrolle und Verantwortung der Währungsbehörde unterstehen. Diese Systeme werden allgemein als eine Aufgabe von öffentlichem Interesse betrachtet. Die Interoperabilität der E-Geldsysteme - eine unerläßliche Voraussetzung, um ihre Effizienz für den Binnenmarkt und insbesondere den elektronischen Handel zu gewährleisten - erfordert, daß die Emittenten an Clearing- und Zahlungsausgleichssystemen teilnehmen. Die Zulassung zu solchen Systemen ist äußerst strengen Regeln unterworfen, die von der Notwendigkeit bestimmt werden, systemimmanenten Risiken vorzubeugen: dank einer einfachen Überprüfung dieser Regeln kann man feststellen, daß die E-Geldinstitute, die den minimalistischen Normen des vorliegenden Richtlinienvorschlags entsprechen, schwerlich die notwendigen Anforderungen erfuellen, um Teil der Zahlungssysteme zu werden. Zwar ist die Teilnahme an einem Zahlungsausgleichsverfahren über zugelassene Zwischenstellen möglich, aber eine strenge Kontrolle aller Teilnehmer des Systems ist dennoch unerläßlich. Diese Kontrolle muß darüber hinaus möglichst auf einheitlicher Ebene stattfinden, da das in einem EU-Staat geschaffene E-Geld in den übrigen Mitgliedstaaten frei zirkulieren kann.

2.4. Ein weiterer grundsätzlicher Vorbehalt betrifft den Begriff E-Geld. Unter dieser Bezeichnung wurden zwei Produkte zusammengefaßt, die einige Eigenschaften gemeinsam haben, sich jedoch in technischer und technologischer Hinsicht, insbesondere aber in bezug auf ihre Bestimmung und ihre Auswirkungen am Markt wesentlich unterscheiden.

2.5. Die gemeinsamen Merkmale () sind die Möglichkeit der Verwendung ohne Genehmigung einer Bank oder eines Dritten sowie die Anonymität der Verwendung: Sobald ein Bankguthaben oder ein Bargeldbetrag in E-Geld umgetauscht wurden, können diese unter der alleinigen Kontrolle des Besitzers umlaufen und Dritten überwiesen werden, ohne daß ihre Herkunft im Prinzip nachvollziehbar wäre. Diese Eigenschaften machen das E-Geld zum idealen Instrument für die Geldwäsche oder andere unzulässige Zwecke. Die Kommission ist sich dieser Gefahr bewußt, scheint sie jedoch zu unterschätzen, da sie in der Begründung in Klammern darauf hinweist, daß die Geldwäsche-Richtlinie "natürlich" für E-Geldinstitute gelten wird (). Der WSA ist der Auffassung, daß die Möglichkeit der Verwendung von E-Geld für kriminelle Zwecke einer der besorgniserregendsten Aspekte ist und daß die Regelung dieses Bereiches in jeder Hinsicht darauf ausgerichtet sein muß, die Gesellschaft vor dieser Gefahr zu schützen.

2.6. Die unterschiedliche Bestimmung schlägt sich darin nieder, daß Softwaregeld grundsätzlich zur Überweisung beliebiger Geldbeträge - von wenigen Cent für die Nutzung einer Internetseite bis zu potentiell grenzenlosen Summen zu Handels-, Finanz- oder irgendwelchen anderen Zwecken - eingesetzt werden kann. Vorausbezahlte Karten sind dahingegen das ideale Instrument zur Bezahlung kleiner Beträge, eignen sich jedoch kaum für nicht bestimmungsgemäße Verwendungen. Softwaregeld kann daher unterschiedslos von großen Unternehmen oder von Verbrauchern genutzt werden, während die vorausbezahlte Karte im Prinzip nur von Verbrauchern genutzt werden kann. Angesichts der Besonderheiten von Geldwäschegeschäften und der Höhe der übertragbaren Geldbeträge stellen vorausbezahlte Karten ein sehr geringes Risiko dar (). Softwaregeld ist hingegen das ideale Instrument des anonymen und unkontrollierten Geldtransfers ().

2.7. Dieser Aspekt erfordert - und der Ausschuß betont dies mit Nachdruck - eine Klärung in bezug auf die Möglichkeiten der Wiedereinschleusung von Schwarzgeld in den Wirtschaftskreislauf. Vorausbezahlte Karten werden normalerweise mit relativ geringen Geldbeträgen "geladen": maximal 250 ECU nach Angaben der Kommission (), meist jedoch mit bis zu ca. 150 ECU. Das Laden erfolgt bei den von Kreditinstituten ausgegebenen Karten mittels einer Abhebung von einem Bankkonto; aufgrund der hier erörterten Richtlinie können EGI Karten gegen Barzahlung ausgeben. Wenn die auf den Karten gespeicherten Beträge innerhalb der oben angegebenen Grenzen bleiben, dürfte die Verwendung dieser Karten kein Anlaß zur Besorgnis sein.

2.7.1. Beim Softwaregeld ist der Fall anders gelagert: In den wenigen bislang bekannten Anwendungen funktioniert das "Laden" im Prinzip mittels einer Überweisung von einem Bankkonto, das seinerseits durch Einzahlungen gespeist wird, die gemäß den Vorschriften zur Verhinderung der Geldwäsche einer Aufsicht unterliegen (Kenntnis des Kunden, Überprüfung der Herkunft der Mittel usw.). Es besteht also ein "Filter" zur Prävention: Mit dem - kontrollierten - Bargeld wird, bevor dieses zu anonymem Softwaregeld wird, ein auf einen bestimmten Namen lautendes Bankguthaben gespeist. Bei EGI verwandelt sich das Bargeld direkt in anonymes Softwaregeld, das in Echtzeit an jeden beliebigen Bestimmungsort transferiert werden kann - ein für Kriminelle idealer Umstand. Schon eine oberflächliche Kenntnis der verwendeten Techniken (Verschlüsselung von Botschaften, Verschachtelungen usw.) ermöglicht eine Risikoabschätzung. Der WSA empfiehlt der Kommission nachdrücklich, diesen Aspekt mit größter Aufmerksamkeit zu prüfen, denn auch wenn die Geldwäsche-Richtlinie formal auf EGI Anwendung findet, wird die Kontrolle ihrer tatsächlichen Anwendung äußerst schwierig.

2.8. Auch die Auswirkungen am Markt sind unterschiedlich: Während derzeit vorausbezahlte Karten unter Risikoaspekten noch keinen Anlaß zur Besorgnis geben, kann von Softwaregeld bereits jetzt eine erhebliche potentielle Gefahr für den Markt ausgehen. Wie in den Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln der vorgeschlagenen Richtlinie deutlich wird, ist diese Frage von nicht geringer Bedeutung.

2.9. Ferner werden vorausbezahlte Karten im Zahlungsverkehr mit unmittelbarem Kundenkontakt ("face-to-face") eingesetzt; Softwaregeld ist hingegen ein Zahlungsmittel beim Fernabsatz, und zwar grundsätzlich für jeden beliebigen Betrag. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Produkte, die nur schwer unter einer gemeinsamen Regelung zusammengefaßt werden können, zumindest im Hinblick auf die die Emittenten betreffenden Vorschriften.

2.10. Ein letzter grundsätzlicher Vorbehalt betrifft die internationalen Aspekte. In ihrer Begründung weist die Kommission darauf hin, daß in anderen Ländern die Regulierung von EGI nicht erfolgt ist (USA) bzw. geprüft wird (Japan), ohne jedoch für die Anerkennung der weder regulierten noch kontrollierten EGI von Drittstaaten, die auf dem Gebiet der Europäischen Union tätig werden könnten, Schlüsse zu ziehen, geschweige denn Regeln aufzustellen. Die Zweite Bankenrichtlinie - die auf die EGI ausgedehnt wird - regelt die Niederlassungsfreiheit von Kreditinstituten aus Drittstaaten, die in ihrem Herkunftsland registriert sind und einer Beaufsichtigung unterliegen (). Andererseits handelt es sich bei der Ausgabe von E-Geld um die Erbringung von Dienstleistungen ohne Niederlassung; dies wird durch den hier erörterten Richtlinienvorschlag zu EGI bestätigt, in dem ausdrücklich festgestellt wird, daß "im Tausch gegen elektronisches Geld erhaltene Gelder (...) nicht als Einlagen (...) [gelten]" (vgl. Artikel 2 Absatz 4). Demgemäß ist Artikel 3 der Zweiten Bankenrichtlinie nicht anwendbar, wonach "Personen und Gesellschaften, die keine Kreditinstitute sind" die Entgegennahme von Einlagen zu untersagen ist.

2.11. Bei wörtlicher Auslegung der im vorigen Punkt genannten Bestimmungen wäre die Ausgabe von E-Geld durch Gesellschaften aus Drittstaaten, die nicht als Kreditinstitute registriert sind und keiner Regelung unterliegen, eine Finanzdienstleistung durch nicht zugelassene Zwischenstellen und mithin eine untersagte Tätigkeit. Eine derartige Schlußfolgerung ist nach Auffassung des WSA allerdings angesichts der Eigenschaften von E-Geld in der Praxis schwer anwendbar. Es ist nicht absehbar, wie die Verwendung von E-Geld (Softwaregeld) eines Emittenten aus einem Drittstaat durch einen europäischen Empfänger oder das Angebot von Softwaregeld-Dienstleistungen durch einen amerikanischen Emittenten an europäische Kunden kontrolliert und verhindert werden könnte.

2.12. Somit bestehen objektive Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Instrumenten, mit denen die Aufsichtsbehörden unterbinden könnten, daß ein Unternehmen aus einem Drittstaat per Telematik Finanzdienstleistungen auf dem Gebiet der Union anbietet. Die bestehenden Vorschriften sind deutlich, aber ihre mangelnde Einhaltung könnte weit über einen einfachen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit hinausgehen: es könnten unkontrollierbare Währungsströme entstehen. Der Ausschuß kann hierzu keine Lösungen vorschlagen, sondern beschränkt sich darauf, auf diesen sehr wichtigen Aspekt aufmerksam zu machen.

2.13. Schließlich ist der Ausschuß besorgt über die Auswirkungen, die eine allzu "minimalistische" Rechtsetzung auf den Verbraucherschutz haben könnte. Die Beaufsichtigung der EGI soll vermeiden, daß diese Schwierigkeiten bei der Erfuellung ihrer Verbindlichkeiten haben oder hierzu nicht in der Lage sind. Der Grundsatz gilt natürlich für alle Kreditinstitute, und dessen Ausdehnung auf EGI ist absolut akzeptabel. Dennoch sind, wie die Praxis zeigt, trotz der Aufsicht Zwischenfälle möglich. In diesen Fällen genießen die Verbraucher keinen Schutz vor dem Verlust ihres Eigentums, da E-Geld nicht als "Einlage" betrachtet wird und somit nicht von Einlagegarantiefonds gedeckt ist. Das kann zu Recht mit dem Argument begründet werden, daß ein solcher Schutz angesichts der Geringfügigkeit der bei den vorausbezahlten Karten in Frage stehenden Beträge nicht unverzichtbar ist; beim Softwaregeld, wo potentiell sehr viel bedeutendere Beträge auf dem Spiel stehen, ist dieses Argument hingegen haltlos.

2.14. Das Hauptproblem betrifft im übrigen den Aspekt des Schutzes des Marktes im allgemeinen und insbesondere der E-Geld-Gläubiger im Anschluß an den Absatz von Waren oder Dienstleistungen. Bei Insolvenz eines EGI könnten die E-Geld-Gläubiger ihre Ansprüche nicht einfordern. Für den einzelnen Gläubiger wäre dabei die Höhe des Anspruches möglicherweise nicht sehr erheblich, aber die Summe der Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesamtmarkt könnte so hoch sein, daß sie für die Zahlungssysteme und den Markt selbst ein systemimmanentes Risiko birgt. Diese Bemerkung erlangt besondere Bedeutung, wenn man berücksichtigt, daß die Mehrheit der Gläubiger aus Klein- und Mittelbetrieben des Handels-, Fremdenverkehrs- oder Dienstleistungssektors besteht. Man sollte sich von den derzeit relativ geringen Beträgen nicht irreleiten lassen. Wenn es zutrifft, daß - wie die Kommission es formuliert - "im voraus bezahlte Karten (...) potentiell auf längere Sicht einen erheblichen Teil der Bargeldzahlungen ersetzen [können]" und daß "Softwaregeld sich als das Zahlungsinstrument für den zunehmenden elektronischen Geschäftsverkehr im Internet" () erweist, können bald immense Summen auf dem Spiel stehen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Wirtschaftsakteure sowohl bereits bei der Aufnahme als auch insbesondere bei der Ausübung ihrer Wirtschaftstätigkeit strengen, permanenten und gründlichen Kontrollen zu unterziehen. Hierbei handelt es sich um Bedingungen, die nach Auffassung des Ausschusses unverzichtbar sind und denen im Richtlinienvorschlag offenbar nicht in befriedigender Weise Rechnung getragen wurde.

2.15. Die Einrichtung eines Garantiefonds für E-Geld, der die Eigentümer und Nutzer bei Konkurs des Emittenten schützt, wäre wohl schwierig und kostspielig, und seine Verwaltung dürfte noch problematischer sein; da keine Alternativlösungen vorliegen, gewinnt die Empfehlung im vorhergehenden Absatz noch an Bedeutung.

3. Besondere Bemerkungen zum Vorschlag für eine Richtlinie über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeiten von E-Geldinstituten ()

3.1. Artikel 1: Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen und Beschränkung des Tätigkeitsbereichs

3.1.1. Die Bestimmung des Begriffs "elektronisches Geld" nach Absatz 3 Buchstabe b) dieses Artikels ist offenbar unbefriedigend, da hierdurch zwei Produkte unter einer Bezeichnung zusammengefaßt werden, die in Wirklichkeit, wie oben (Punkt 2.2 bis 2.7) ausgeführt, unterschieden werden müssen. Die Begriffsbestimmungen in Absatz 3 Buchstabe b) Ziffer iii) (elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten) und Ziffer iv) (elektronische Transfers von Kleinbetragszahlungen) eignen sich gut für vorausbezahlte Karten, aber durchaus nicht für Softwaregeld.

3.1.2. Insbesondere zu Absatz 3 Buchstabe b) Ziffer iv) merkt der Ausschuß an, daß der Begriff "Kleinbetragszahlungen" zu ungenau und für eine Richtlinie, die Klarheit erfordert, nicht akzeptabel ist. Es ist nicht klar, was die Kommission unter dem Begriff "Kleinbetragszahlungen" versteht, und dieser kann in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt werden. Auch werden in keinem Artikel des Vorschlags Grenzen für E-Geld-Beträge festgelegt. Durch dieses Versäumnis wird nach Ansicht des Ausschusses die implizite Begrenzung in der Begriffsbestimmung der Kommission unwirksam oder unlogisch (s. Ziffer 3.7, 3.7.1 und 3.7.2 dieses Dokuments).

3.1.3. Die schwerwiegendsten Vorbehalte betreffen im übrigen die Qualität der EGI, die aufgrund der Bestimmungen von Absatz 3 Buchstabe a) und Buchstabe b) Ziffer i) elektronisches Geld in beliebiger Form ausgeben können. Wie oben ausgeführt, kann die Ausgabe von Softwaregeld eine sehr viel gewichtigere Tätigkeit sein und mit sehr viel ernsteren Folgen einhergehen als die Ausgabe von vorausbezahlten Karten. In der Richtlinie sollte klar zwischen diesen beiden Tätigkeiten getrennt werden, und die Emittenten von Softwaregeld sollten erheblich strengeren Bestimmungen unterworfen werden als derzeit vorgesehen.

3.2. Artikel 2: Anwendung der Bankrechtskoordinierungs-Richtlinien

3.2.1. Die vorgeschlagene Regelung für die Anwendbarkeit, die Ausnahmen und Abweichungen von aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen der EGI aufgrund der in Absatz 1, 2 und 3 dieses Artikels genannten Bankenrichtlinien kann den Anstoß zu übermäßig technischen Diskussionen geben, die eine lange und komplizierte, lediglich Fachleuten zugängliche Abhandlung erfordern würden. Nach einer zusammenfassenden - und natürlich auch technischen - Prüfung der gesamten Materie ist der Ausschuß der Auffassung, daß die Verpflichtung der EGI zu solider Geschäftsführung und Vermögensverwaltung eher theoretisch als tatsächlich gegeben ist. Für diesen Artikel gilt, was in Ziffer 3.5.1 und 3.5.2 zu Artikel 5 ausführlicher dargelegt wird: auch wenn verschiedene Behörden strengere Regeln anwenden werden, ist bereits offensichtlich, daß andere Behörden nicht bereit sein werden, ihnen dabei zu folgen.

3.2.2. Im letzten Absatz dieses Artikels wird angedeutet, daß nicht ausgegebene E-Geld-Beträge eventuell vertragsgemäß nicht rückzahlbar sind und mithin dem Emittenten zufallen. Die Auffassung des Ausschusses steht hierzu in völligem Widerspruch. Die Rückzahlbarkeit nicht ausgegebener Beträge muß stets ausdrücklich vorgesehen sein. Dabei geht es nicht nur um die grundsätzliche Anerkennung von Verbraucherrechten; juristisch ist die Unterlassung der Rückzahlung zweifellos als ungerechtfertigte Bereicherung () zu werten. Auch der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt nicht: Da die Ausgabe von E-Geld die Folge eines Adhäsionsvertrages ist, wäre jede Klausel, die einen unbilligen Vorteil für den Verkäufer vorsieht, nach den Richtlinien über den Konsumentenschutz rechtswidrig.

3.2.3. Die Einbeziehung der Rückzahlungspflicht hätte die bereits wenig fundierte, im ersten Teil des fraglichen Absatzes aufgestellte These erschüttert, wonach die Ausgabe von E-Geld keine Entgegennahme von Einlagen im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 89/646/EWG () darstellt. Der Ausschuß möchte auf diese eher willkürliche Einschätzung nicht näher eingehen, doch kann er nicht akzeptieren, daß zu deren Stützung die Verbraucherrechte beeinträchtigt werden sollen. Daher schlägt der Ausschuß vor, daß die Gewährleistung der Verbraucherinteressen in Form einer "Erstattung" der nicht ausgegebenen Beträge anstelle einer "Rückzahlung" erfolgt.

3.2.4. Insgesamt betrachtet ist nicht einzusehen, warum in eine Richtlinie zur aufsichtsrechtlichen Kontrolle eine Vorschrift aufgenommen werden soll, die die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Emittenten und dem Inhaber betrifft; wenn diese Vorschrift aber wirklich beibehalten werden soll, so muß sie genau das Gegenteil vorsehen: die eingezahlten, ungenutzten Beträge müssen immer erstattungsfähig sein.

3.3. Artikel 3: Anfangskapital und laufende Eigenkapitalanforderungen

3.3.1. Nach den Bestimmungen dieses Artikels müssen EGI über ein Anfangskapital von mindestens 500 000 ECU und jederzeit über ein Eigenkapital in Höhe von mindestens 2 % ihrer Finanzpassiva verfügen (für Kreditinstitute beträgt das Verhältnis 8 %). Der Ausschuß bezweifelt ernsthaft, daß diese Werte fundiert sind, insbesondere im Hinblick auf das Anfangskapital. Eine halbe Million ECU (Euro) ist zur Aufnahme einer soliden Wirtschaftstätigkeit, so begrenzt ihr Umfang auch sein mag, sicherlich nicht ausreichend. Angesichts des dauerhaft aufrechtzuerhaltenden Verhältnisses von 2 % zu den entgegengenommenen Finanzmitteln stellt sich die Frage, ob und wie ein so kleines Unternehmen - falls dessen Wirtschaftstätigkeit erfolgreich ist - die notwendigen Finanzmittel unverzüglich beschaffen kann.

3.3.2. Angesichts der wesentlichen Unterschiede zwischen den Emittenten von vorausbezahlten Karten und den Emittenten von Softwaregeld schlägt der Ausschuß die Anhebung der Mindestkapitalbeträge auf 1 Millionen ECU (Euro) sowie 3 % für die ersteren und auf mindestens 3 Millionen ECU (Euro) sowie 6 % für letztere vor. Der Ausschuß hat Verständnis für die Bestrebung der Kommission, einer möglichst großen Anzahl neuer Wirtschaftsakteure den Zugang zu neuen Wirtschaftstätigkeiten zu ermöglichen, aber dieses Ziel kann und darf nicht durch eine Beeinträchtigung des Aufsichtsrechts erreicht werden, das - um noch einmal darauf hinzuweisen - dem Schutz des Marktes dient.

3.4. Artikel 4: Kapitalanlagebeschränkungen

3.4.1. In Absatz 1 dieses Artikels werden die Arten von Aktiva festgelegt, in denen EGI die entgegengenommenen Mittel anlegen können. Da EGI nicht als Kreditinstitute betrachtet werden, die diese Beträge in Finanzierungen anlegen, und angesichts der besonderen Tätigkeit von EGI sollen die betreffenden Aktiva prinzipiell ein Risikogewicht von 0 % aufweisen und hochliquide sein (Sichteinlagen und Schuldtitel). Dieser Grundgedanke scheint durchgehend befolgt zu werden, abgesehen von Absatz 1 Buchstabe b) Ziffer (iv), deren aktueller Wortlaut den Eindruck vermittelt, als sollten Investitionen in von jedem beliebigen nicht mit EGI verbundenen Unternehmen ausgegebene Kreditinstrumente erlaubt werden. Nicht alle auf dem Markt verfügbaren Kreditinstrumente sind sicher und liquide; der Ausschuß kann sich kaum vorstellen, daß diese Vorschrift so allgemein konzipiert sein soll. Daher regt er eine präzisere und restriktivere Neufassung dieses Punktes an.

3.4.2. Ansonsten erfordert der Artikel keine besonderen Kommentare. Der Ausschuß weist die Kommission im übrigen auf Absatz 6 hin, der die zuständigen Behörden verpflichtet, dafür zu sorgen, daß "unverzüglich" Abhilfe geschaffen wird, wenn der Wert der Aktiva den Betrag der Finanzpassiva unterschreitet. Es ist nicht deutlich, mit welchen Mitteln die Behörden Kenntnis von einer kritischen Situation erhalten sollen, wenn der folgende Artikel 5 vorschreibt, daß die zuständigen Behörden selbst die Einhaltung der Regeln durch die EGI "mindestens" zweimal jährlich auf der Grundlage der von den EGI bereitgestellten Daten überprüfen.

3.5. Artikel 5: Kontrolle durch die zuständigen Behörden

3.5.1. Dieser Artikel enthält den in der obigen Ziffer 3.4.2 erwähnten Widerspruch, der offenbar auf einen inakzeptablen Aufsichtsbegriff zurückgeht. Mit der Vorschrift, daß eine Prüfung anhand vorgelegter Daten alle sechs Monate stattfinden soll, wird die Notwendigkeit einer permanenten Beaufsichtigung von Unternehmen, die naturgemäß hochliquide und solvent sein müssen, unterbewertet. Es stimmt, daß in der Praxis die Aufsichtsbehörden einiger Länder strengere und mit den gesunden Grundsätzen der Überwachung übereinstimmende Regeln vorschreiben werden; aber dies schaltet nicht das Risiko aus, daß in anderen Ländern "minimalistische" Regeln erlassen werden und auf diese Weise eine Wettbewerbsverzerrung zwischen E-Geldinstituten verschiedener Länder entsteht. Ein solches Risiko ist um so realer, wenn man berücksichtigt, daß sich zu Beginn einige Länder gegen eine Richtlinie in diesem Bereich ausgesprochen haben: dazu gezwungen, sie anzunehmen, werden sie sie in ihrer "lockersten" Form in ihr Recht übernehmen.

3.5.2. Der Ausschuß ist sich nicht sicher, ob alle zuständigen nationalen Behörden in der Praxis aus eigener Initiative ein Konzept der sorgfältigen Beaufsichtigung verfolgen und die Lage jedes EGI in kurzen Abständen prüfen werden, was rechtzeitige Maßnahmen ermöglicht, wie dies bereits für alle Kreditinstitute der Regelfall ist. Artikel 5 sollte daher den einzelstaatlichen Behörden vorschreiben, die EGI derselben und ebenso häufigen Beaufsichtigung zu unterziehen wie die übrigen Finanzinstitute.

3.6. Artikel 6: Solide und umsichtige Geschäftsführung

3.6.1. Dieser Artikel geht auf die Bestimmungen der Zweiten Bankenrichtlinie zurück und enthält die aufgrund der besonderen Art der Tätigkeit von EGI notwendigen Anpassungen. Der Ausschuß hat hierzu keine besonderen Anmerkungen.

3.7. Artikel 7: Freistellung

3.7.1. Nach Absatz 1 dieses Artikels sind EGI mit rein nationaler Geschäftstätigkeit, a) deren Gesamtbetrag der Finanzpassiva (entgegengenommene und noch nicht verwendete E-Geld-Beträge) üblicherweise unter 10 Millionen ECU und in keinem Fall über 12 Millionen ECU liegt und b) die E-Geld für einen Hoechstwert von 150 ECU pro Verwender ausgeben, von verschiedenen Verpflichtungen freigestellt:

- von der Verpflichtung gemäß Artikel 1 Absatz 4 dieser Richtlinie, Finanzaktivitäten von anderen Aktivitäten zu trennen;

- von der Verpflichtung gemäß Artikel 3 Absatz 1, über ein Anfangskapital von mindestens 500 000 ECU zu verfügen;

- von der an bestimmte Bedingungen gebundenen Registrationspflicht gemäß Artikel 8;

- von der Einhaltung der Bestimmungen der Ersten und Zweiten Bankenrichtlinie.

3.7.2. Diese Bestimmungen gehen offensichtlich auf die Absicht zurück, "kleine" lokale Initiativen von Verpflichtungen freizustellen, die eventuell mit zu hohen Kosten verbunden sind. Die Konsequenzen könnten allerdings über das von der Kommission vorgesehene Maß hinausgehen. In der Praxis unterliegen EGI von "vernachlässigbarer" Bedeutung (sind entgegengenommene Beträge in Höhe von 10 Millionen ECU (Euro) tatsächlich vernachlässigbar?) keinen Bedingungen und - weitgehend - keiner Kontrolle. Eine derart liberale Maßnahme fördert zweifellos das Entstehen kleiner lokaler Systeme, doch stellt sich die Frage nach dem Nutzen für den Markt: einerseits wäre es unmöglich, die Entwicklungen des Phänomens zu kontrollieren, und andererseits würde die Verhütung von Mißbrauch und Insolvenz schwierig, wobei letztere Gefahr aufgrund des einfachen Marktzugangs auch für Initiativen kleinster Reichweite und für unprofessionelle Anbieter real gegeben ist.

3.7.3. Der Ausschuß erinnert diesbezüglich daran, daß die Kommission mehrfach die Interoperabilität der Zahlungssysteme empfohlen hat - eine von den Verbrauchern als unverzichtbar betrachtete und geforderte Bedingung, die jedoch mit den kleinen Systemen sicherlich nicht erreichbar ist.

3.7.4. Die Kommission räumt selbst ein, daß die Emission von E-Geld sicherlich kein Phänomen von vernachlässigbarer Bedeutung ist, indem sie zu Beginn ihrer Begründung darauf hinweist, daß die elektronische Geldbörse "potentiell einen erheblichen Teil der Bargeldzahlungen ersetzen" kann. Der Ausschuß stellt sich daher die Frage, ob die vom betreffenden Artikel vorgesehene Freistellung mit den Aussagen im Abschnitt "Geldpolitik" dieser Begründung vereinbar ist, wonach unter anderem "den potentiellen Auswirkungen der Ausgabe von E-Geld auf die Geldpolitik Rechnung zu tragen" ist. Das Phänomen muß daher unter all seinen Aspekten, auch wenn sie scheinbar nebensächlich sind, verfolgt werden.

3.7.5. Daneben ist zu berücksichtigen, daß die bereits bestehenden Initiativen von Sportvereinen und ähnlichen Einrichtungen das Einsammeln von Geldern (oder wie immer man es nennen mag) als bequeme und lukrative Einnahmequelle nutzen: Die Möglichkeit, in völliger Freiheit, ohne Kontrollen und vor allem ohne Trennung der Finanztätigkeiten von den "übrigen" Tätigkeiten zu handeln, bringt für die Verbraucher und den Markt erhebliche Risiken mit sich.

3.7.6. Der Ausschuß lehnt anschließend die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) vorgesehenen Freistellungen entschieden ab.

3.7.7. Bei dieser Gelegenheit sei noch eine weitere Bemerkung angefügt: Für E-Geld (wobei aber offensichtlich vorausbezahlte Karten gemeint sind) werden Freistellungen vorgesehen, wenn die Hoechstgrenze für die Ladung 150 ECU (Euro) beträgt; mit der Richtlinie soll also offenbar keine verbindliche Obergrenze festgelegt werden, bis zu der die E-Geld-Speicher, und insbesondere vorausbezahlte Karten, aufladbar sind. Auf die Festlegung einer Obergrenze als notwendige Verbraucherschutzmaßnahme sollte jedoch keinesfalls verzichtet werden.

3.7.7.1. Aufgrund der von der Kommission festgestellten "Anonymität" () einer vorausbezahlten Karte ist bei Verlust (oder Diebstahl) der Karte der Geldverlust - wie bei Bargeld - endgültig. Es muß vermieden werden, daß dem Verbraucher ein Zahlungsmittel bereitgestellt wird, dessen Verlust schweren Schaden nach sich zieht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Schaden innerhalb üblicherweise tragbarer Grenzen zu halten. Die Kommission hat bereits früher die Höhe eines tragbaren Schadens festgelegt. In der Empfehlung () zu den Beziehungen zwischen Karteninhabern und Kartenausstellern wurde vorgeschrieben, daß bei Verlust oder Diebstahl der Karte der Verbraucher - nur in bestimmten Fällen - bis zu einer Hoechstgrenze von 150 ECU selbst für den Schaden einzutreten hat.

3.7.7.2. Bei konsequenter Anwendung dieses Ansatzes muß die Kommission für vorausbezahlte Karten, die bei Verlust mit einem höheren Risiko behaftet sind als Kredit- und Debetkarten, dieselbe Hoechstgrenze von 150 ECU festlegen. Und wenn die vorausbezahlte Karte dazu dienen soll, "kleine" Zahlungen (siehe oben, Punkt 3.1.2 der vorliegenden Stellungnahme) durchzuführen, warum sollten dann auch Karten mit hohem, ja potentiell unbegrenztem Wert herausgegeben werden? Der WSA schlägt schließlich vor, in der Richtlinie die Hoechstgrenze von 150 Euro für das E-Geld ausdrücklich festzulegen; Softwaregeld, das ganz andere Eigenschaften hat, sollte keiner Hoechstgrenze unterliegen.

3.8. Artikel 8: Bestandsschutz

3.8.1. Analog zu den Bestimmungen der Zweiten Bankenrichtlinie werden EGI, die ihre Tätigkeit vor dem Inkrafttreten der einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie bereits aufgenommen haben, als zugelassen betrachtet. Der Ausschuß hat hiergegen keine Einwände, empfiehlt jedoch, den bis zum 31. Dezember 1999 (in Artikel 9 vorgesehenes Datum für das Inkrafttreten der einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie) in Betrieb genommenen Systemen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Um zu verhindern, daß solche Systeme eilig zur Ausnutzung der "Gesetzeslücke" auf Gemeinschaftsebene geschaffen werden, wäre es möglicherweise besser gewesen, die Wahrung angestammter Rechte denjenigen Institutionen vorzubehalten, die zu einem bestimmten Datum, z. B. am 31. Juli 1998, bereits existierten.

4. Besondere Bemerkungen zum Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG ()

4.1. Der Ausschuß hat keine besonderen Bemerkungen zu diesem Richtlinienvorschlag, der eine logische Folge des vorhergehenden Vorschlages ist. Gemäß dieser Richtlinie fallen EGI unter den von der Ersten Bankenrichtlinie vorgesehenen und von der Zweiten Bankenrichtlinie übernommenen Begriff "Kreditinstitut".

4.2. Allerdings scheint in Artikel 3 eine Inkongruenz vorzuliegen: Die Richtlinie soll am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten, während die Richtlinie über die Beaufsichtigung von E-Geldinstituten (in Artikel 9) deren Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 1999 vorsieht. Dies würde dazu führen, daß zwischen dem Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie und dem 31. Dezember 1999 "Kreditinstitute" (EGI) bestehen, die im Gegensatz zu anderen, bereits von einer Regelung erfaßten "Kreditinstituten" (Banken) keiner europäischen Regelung unterliegen.

5. Schlußfolgerung

Der Ausschuß, der die Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens vertritt, stellt fest, daß die Kommission sich bei der Abfassung dieser Richtlinie vorwiegend von den Gesichtspunkten der Marktöffnung bei größtmöglichem Wettbewerb leiten ließ und folglich die Regelung auf das geringstmögliche Maß beschränkte. und dem 31.12.1999 "Kreditinstitute" (EGI) bestehen, werden seines Erachtens jedoch die Folgen der Anwendung dieser Richtlinie in anderen Bereichen, die zum Teil nicht im Zuständigkeitsbereich der Kommission liegen (monetäre Auswirkungen) oder nicht in eine Richtlinie über aufsichtsrechtliche Kontrolle gehören, der Schutz des Marktes (der Verwender - Verbraucher und Unternehmen), sowie der Schutz der Gesellschaft vor der organisierten Kriminalität. Unter diesen Gesichtspunkten bedarf die Richtlinie einer sorgfältigen Überarbeitung.

Brüssel, den 27. Januar 1999.

Die Präsidentin des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice RANGONI MACHIAVELLI

() ABl. C 317 vom 15.10.1998, S. 7-12.

() Hier bezeichnet der Begriff "E-Geld" sowohl Softwaregeld als auch vorausbezahlte Karten.

() KOM(1998) 461 endg., Begründung, "Was ist elektronisches Geld?"

() Artikel 2 Absatz 1 des Vorschlags für eine Richtlinie 98/0252 (COD).

() Allerdings ist auch in diesem Fall denkbar, daß eine Vielzahl kleiner Beträge, die beispielsweise aus dem Verkauf von Drogen auf der Straße stammen, auf einer "zentralen" Karte zusammenfließen, die frei und anonym verwendbar ist.

() Es bestehen zwar hochentwickelte Möglichkeiten, um die Etappen eines Geldtransfers nachzuvollziehen, doch verfügen Geldwäscher über ebenso hochentwickelte Techniken und Technologien zur Umgehung jeglicher Kontrolle.

() KOM(1998) 461 endg., Begründung, "Was ist elektronisches Geld?", letzter Absatz.

() Artikel 8 der Richtlinie 89/646, ABl. Nr. 386 vom 30.12.1989.

() KOM(1998) 461 endg.

() 98/0252 (COD).

() Dies ist nach Auffassung des Ausschusses bei Einmalkarten (wie Telefonkarten), die keine Rückzahlung vorsehen, der Fall. Diese Karten werden gleichwohl nicht von der Richtlinie erfaßt. Angesichts der damit eingezogenen Geldbeträge werden Verbraucherverbände allerdings auf diese Frage aufmerksam.

() Wortlaut des Artikels: "Die Mitgliedstaaten untersagen Personen oder Gesellschaften, die keine Kreditinstitute sind, die (...) Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums (...)."

() KOM(1998) 461 endg., Begründung, "Was ist elektronisches Geld?", vorletzter Absatz.

() KOM(97) 353 endg. vom 9.7.1997 und Stellungnahme des WSA: ABl. C 95 vom 30.3.1998.

() 98/0253 (COD).

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